(Saison 2009/2010): HBW Balingen-Weilstetten - Rhein-Neckar ...
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Grenzenlos<br />
Dunkerque HB GL<br />
Erfolgreich wie noch nie<br />
Die Nordfranzosen haben das begeisterungsfähigste Publikum des Landes<br />
Dunkerque ist ein beschauliches Städtchen an der Nordküste<br />
Frankreichs, in unmittelbarer Nähe zu Belgien.<br />
Anfang der 90er Jahre war der lokale Fußballverein<br />
USL Dunkerque indirekt an einer der größten Revolutionen<br />
der Sportgeschichte beteiligt, als sich der belgische<br />
Profi Jean-Marc Bosman vom FC Lüttich dem damaligen<br />
französischen Zweitligisten anschließen wollte.<br />
Der Wechsel platzte, weil Lüttich – obwohl der Vertrag<br />
Bosmans ausgelaufen war – eine völlig überhöhte Ablösesumme<br />
verlangte. Bosman ging bis vor der Europäischen<br />
Gerichtshof, der 1995 das „Bosman-Urteil“ fällte und<br />
das europäische Transfersystem zum Einsturz brachte.<br />
Seither dürfen Profi -Sportler in der Europäischen Union<br />
nach Ende des Vertrages ablösefrei zu einem anderen<br />
Verein wechseln, bestehende Restriktionen für Ausländer<br />
wurden zu Fall gebracht. Glücklich geworden ist<br />
Bosman nicht. „Ich bin durch die Hölle gegangen und<br />
habe 20 Jahre meines Lebens verloren“, sagt er heute.<br />
Scheidung, Alkohol, Pillen pfl asterten seinen Weg. Und<br />
der USL Dunkerque, für den er so gerne gespielt hätte, ist<br />
heute nur noch viertklassig. Dünkirchen, so der deutsche<br />
Name des Städtchens, hat aber auch positive Zeilen geschrieben.<br />
2002 wurde es von der Sportzeitung L’Équipe<br />
zur sportlichsten Stadt Frankreichs gekürt, und seit 1955<br />
zieht der Klassiker „Vier Tage von Dünkirchen“ die Radsport-Freunde<br />
in seinen Bann. Da wären aber auch die<br />
Handballer von Dunkerque Handball Grand Littoral.<br />
Richard Demaret sieht aus<br />
wie ein Eishockeyspieler in<br />
der Spätphase der Playoffs.<br />
Der Kreisläufer von Dunkerque<br />
HB GL fällt durch einen<br />
unkontrolliert gewachsenen<br />
Vollbart auf, als wolle er<br />
sich erst nach der nächsten<br />
Niederlage wieder rasieren.<br />
Viele Niederlage sind es in<br />
der Tat nicht, die die Nordfranzosen<br />
in dieser <strong>Saison</strong><br />
bislang hinnehmen müssen.<br />
Demaret („Die Abwehr ist<br />
im Handball das was der<br />
Karneval für Dünkirchen<br />
ist: unabdingbar!“) ist eher<br />
der Mann fürs Grobe, gerade<br />
mal ein Törchen hat er<br />
in der laufenden <strong>Saison</strong> erzielt.<br />
Das macht aber nichts,<br />
denn das Team von Trainer<br />
Yérime Sylla spielt derzeit<br />
so erfolgreich wie nie. Der<br />
1958 gegründete Klub steht<br />
mit nur drei Niederlagen hinter<br />
dem ewigen Spitzenduo<br />
Montpellier und Chambéry<br />
auf dem dritten Rang der<br />
Ligue Nationale und macht<br />
sich berechtige Hoffnungen<br />
auf die Vizemeisterschaft. In<br />
den vergangenen Jahren hatte<br />
Dunkerque stets Platz vier<br />
abonniert.<br />
Das Publikum in dieser<br />
historisch zu Flandern gehördenden<br />
Region gilt als<br />
positiv-verrückt. Doch auf<br />
eine ausgelassene Titel-Party<br />
wartete es bislang vergebens.<br />
Zwei Mal waren sie im Pokalwettbewerb<br />
nah dran, unter-<br />
lagen aber 1991 Vénissieux<br />
(19:22) und 2000 Montpellier<br />
(16:21), das neun der letzten<br />
zehn Wettbewerbe gewonnen<br />
hat. Beim 2000er Finale fuhren<br />
acht Reisebusse in Richtung<br />
Hauptstadt...<br />
Nach einem 28:21 im nahegelegenen<br />
Hazebrouck steht<br />
die Sylla-Sieben im Achtelfi<br />
nale und trifft nun zu Hause<br />
auf OC Cesson Handball.<br />
Im EHF-Pokal ist sie sogar<br />
schon eine Runde weiter.<br />
Das Achtelfi nal-Duell gegen<br />
GOG Svendborg überstand<br />
sie kampfl os, da die Dänen<br />
zahlungsunfähig sind und<br />
keine Mannschaft mehr zusammen<br />
bekamen. Mit dem<br />
Erreichen des Viertelfi nals<br />
haben die Nordfranzosen den<br />
größten internationalen Erfolg<br />
ihrer Historie eingestellt.<br />
In der Runde zuvor standen<br />
sie nach einem 24:29 bei Dinamo<br />
Minsk eigentlich schon<br />
kurz vor dem Aus. Doch im<br />
kleinen Hexenkessel der<br />
„Salle Dewerdt“ im Sportkomplex<br />
„Stades des Flan-<br />
51<br />
dres“ gingen die Weißrussen<br />
im Dünkirchener Torhagel<br />
unter. Zwar sah der bärtige<br />
Demaret erst die Gelbe Karte<br />
und fl og nach der dritten<br />
Zeitstrafe mit Rot vom Platz,<br />
aber Rechtsaußen Sébastien<br />
Bosquet – der einzige Spieler<br />
Dunkerques, der zum französischen<br />
EM-Kader gehörte<br />
– mit zwölf und Kreismann<br />
Mohamed Mokrani mit acht<br />
Treffern warfen einen 39:30-<br />
Sieg heraus.<br />
Zu den ausländischen Stützen<br />
gehören der ungarische<br />
Keeper Péter Tatai – der 2008<br />
im Kader von KC Veszprém<br />
stand, das gegen die <strong>Rhein</strong>-<br />
<strong>Neckar</strong> Löwen den Cup der<br />
Pokalsieger gewann – sowie<br />
der Isländer Ragnar Óskarsson<br />
(Kreis). Sie gehörten<br />
zwar bei der EM in Österreich<br />
nicht zu den Kadern ihrer<br />
Nationalmannschaften, aber<br />
immerhin sind sie gerade dabei,<br />
eines der erfolgreichsten<br />
– und positiven – Kapitel in<br />
der Sportstadt Dünkirchen zu<br />
schreiben. �