Chirurgie der Narben - Plastisch- und Handchirurgische Klinik ...
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CME-FORTBILDUNG<br />
<strong>Chirurgie</strong> <strong>der</strong> <strong>Narben</strong><br />
Gr<strong>und</strong>lagen, Prävention <strong>und</strong> Behandlungsmethoden<br />
Die Literatur zeigt ein weites<br />
Spektrum an Empfehlungen<br />
zur Behandlung von <strong>Narben</strong> -<br />
bildungsstörungen, wobei<br />
insbeson<strong>der</strong>e Konturstörungen<br />
reifer <strong>Narben</strong> sehr gut<br />
chirurgisch behandelt werden<br />
können. Für Keloide <strong>und</strong><br />
hypertrophe <strong>Narben</strong> jedoch<br />
wurden bisher nur wenige<br />
Therapieansätze durch kontrollierte,<br />
randomisierte Studien<br />
evaluiert, so dass <strong>der</strong>zeit<br />
das Gros <strong>der</strong> Empfehlungen<br />
überwiegend empirisch<br />
ist. Mit zunehmendem<br />
Wissen über Ablauf <strong>und</strong> Fehler<br />
<strong>der</strong> <strong>Narben</strong>bildung wird<br />
man sich einerseits nochmals<br />
über die klinische <strong>Narben</strong>einteilung<br />
Gedanken machen<br />
müssen, um dann entsprechende<br />
Be handlungsstrategien<br />
stadiengerecht einsetzen<br />
zu können. An<strong>der</strong>erseits<br />
werden sich dadurch auch<br />
neue Therapieansätze entwickeln.<br />
Gunther Arco, Raym<strong>und</strong> E. Horch<br />
Jede Operation führt unweigerlich zu einer Narbe.<br />
Durch minimal-invasive Verfahren wird zwar<br />
seit längerem versucht, chirurgische Zugänge <strong>und</strong><br />
damit auch die Zugangsnarben zu minimieren, dennoch<br />
können auch kleinere <strong>Narben</strong> störend sein.<br />
Dass dieses Phänomen <strong>der</strong> <strong>Narben</strong>bildung nach<br />
chirurgischen Eingriffen als Problem empf<strong>und</strong>en<br />
wird, zeigt sich momentan an <strong>der</strong> aktuellen Diskussion<br />
über den Versuch einiger Chirurgen, mit Operationen<br />
durch den Magen, die Vagina o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Körperöffnungen – unter Inkaufnahme <strong>der</strong> bewuss -<br />
ten Perforation von Hohlorganen – zu versuchen,<br />
selbst kleinere <strong>Narben</strong> zu vermeiden. Die Begeisterung<br />
für die unter <strong>der</strong> Abkürzung NOTES bekannt<br />
gewordene Technik hat dazu geführt, dass neue chirurgische<br />
Instrumente entwickelt werden. Im gegenwärtigen,<br />
noch eher experimentellen Stadium werden<br />
hier sogar potenzielle neue Komplikationen in<br />
Kauf genommen, die man zu beherrschen glaubt.<br />
Die W<strong>und</strong>heilung, die <strong>Narben</strong>bildung <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />
Einflussfaktoren sind ein sehr komplexes <strong>und</strong> gleichzeitig<br />
wichtiges Thema, da sie seit jeher zum täglichen<br />
Brot des Chirurgen gehören. Nach einem<br />
gelungen Eingriff hofft je<strong>der</strong> Operateur, dass sich im<br />
Anschluss eine schöne Narbe bildet, weil die Patienten<br />
den Wert beinahe je<strong>der</strong> Operation zumindest<br />
zum Teil am kosmetischen Resultat eben dieser<br />
Narbe messen. Dies ist verständlich, weil in <strong>der</strong><br />
Regel die W<strong>und</strong>e <strong>und</strong> später die Narbe oft das Einzige<br />
sind, das <strong>der</strong> Patient mit eigenen Augen sehen<br />
kann [1]. Die Bildung einer kosmetisch o<strong>der</strong> funktionell<br />
störenden Narbe o<strong>der</strong> gar eines Keloids<br />
gehören somit naturgemäß zu den bekannten <strong>und</strong><br />
unangenehmen postoperativen Szenarien.<br />
Auch <strong>Narben</strong>, die primär heilen,<br />
können unbefriedigend sein, etwa wenn<br />
sie einen Konturfehler aufweisen<br />
Wenn <strong>der</strong> narbige Umbau einer W<strong>und</strong>e in einem<br />
sehr schmalen, etwas helleren Strich endet, so haben<br />
wir eine reife unauffällige Narbe als Resultat einer<br />
Primärheilung <strong>und</strong> alle sind zufrieden. Doch auch<br />
<strong>Narben</strong>, die primär heilen, können unbefriedigend<br />
sein, etwa wenn sie einen Konturfehler aufweisen<br />
(Abb. 1–3) o<strong>der</strong> dehiszent <strong>und</strong> atroph werden (Abb.<br />
4). Reife <strong>Narben</strong>, mit o<strong>der</strong> ohne Konturstörungen<br />
erkennt man daran, dass sie bereits erblasst sind.<br />
Eine Narbe, die noch stark gerötet erscheint, ist entwe<strong>der</strong><br />
noch unreif o<strong>der</strong> bereits hypertroph o<strong>der</strong> es<br />
handelt sich um ein Keloid. Obwohl sowohl hypertrophe<br />
<strong>Narben</strong> als auch Keloide seit langem bekann-<br />
a b c d<br />
Abb. 1a–d Schema verschiedener Konturstörungen: a) Erhabene Narbe bei erhöhter Spannung b) Taschenbildung<br />
bei diagonaler Kontraktur aufgr<strong>und</strong> einer schrägen Inzision c) Stufenbildung bei Adaptation von Hautseiten mit verschiedener<br />
Dicke (z.B. bei Lappen) d) Trapdoor-Phänomen bei halbkreisförmiger Kontraktur bei parallel verlaufenden<br />
<strong>Narben</strong><br />
17<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009
CME<br />
Bei <strong>der</strong> hypertrophen<br />
Narbe <strong>und</strong> beim Keloid<br />
kommt es zu nicht zu<br />
einem Rückgang <strong>der</strong><br />
Fibroblastenaktivität.<br />
18<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
te <strong>Narben</strong>bildungsstörungen sind, herrscht große<br />
Konfusion bei <strong>der</strong>en Unterscheidung – was hinsichtlich<br />
einer adäquaten Therapie jedoch von großer<br />
Bedeutung ist. Denn die beiden <strong>Narben</strong>bil<strong>der</strong><br />
Abb. 3 Trapdoor-Phänomen<br />
Abb. 4 Atrophe <strong>und</strong> dehiszente Narbe<br />
Abb. 2 Konturabfall<br />
bei unterschiedlicherDermis-/Subkutisdicke<br />
unterscheiden sich sowohl in <strong>der</strong> Morphologie, in<br />
<strong>der</strong> Histopathologie als auch in <strong>der</strong> Immunhistochemie<br />
<strong>und</strong> haben ebenso wenig gemeinsam wie ein<br />
Tumor <strong>und</strong> ein Trauma [2]. Hypertrophe <strong>Narben</strong><br />
<strong>und</strong> Keloide sind die größte Herausfor<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong><br />
<strong>Narben</strong>behandlung.<br />
Um diese Krankheitsbil<strong>der</strong> <strong>und</strong> die unterschiedlichen<br />
Behandlungsansätze besser zu verstehen, ist es<br />
hilfreich noch einmal den Ablauf <strong>der</strong> W<strong>und</strong>heilung<br />
in Erinnerung zu rufen (Abb. 5):<br />
1. Entzündungsphase (Inflammatory Phase, erster<br />
bis vierter Tag): Nach einer anfänglichen Entzündungsreaktion<br />
<strong>und</strong> Hyperämie kommt es zur Bildung<br />
eines Blutkoagels, mediatorenvermittelt wan<strong>der</strong>n<br />
neutrophile Granulozyten, Fibroblasten <strong>und</strong><br />
Monozyten in die W<strong>und</strong>e ein.<br />
2. Granulationsphase (Proliferation Phase, zweiter<br />
bis 16. Tag): Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen die Angioneogenese<br />
<strong>und</strong> Matrixneubildung, indem insbeson<strong>der</strong>e<br />
von Fibroblasten große Mengen Kollagene <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong>en Vorstufen synthetisiert werden.<br />
3. Epithelialisierungsphase (Remodeling Phase, fünfter<br />
bis 25. Tag): Es kommt zur Reifung <strong>und</strong> Organisation<br />
des Kollagen, wobei Typ-III-Kollagen zum<br />
Großteil in Typ-I-Kollagen umgewandelt wird <strong>und</strong><br />
eine Ausrichtung <strong>der</strong> Fasern stattfindet. Durch<br />
Hemmung <strong>der</strong> Gewebe-Metalloproteinasen (TMP)<br />
bauen Matrix-Metalloproteinasen das überschüssig<br />
produzierte Kollagen wie<strong>der</strong> ab.<br />
Bei <strong>der</strong> hypertrophen Narbe <strong>und</strong> beim Keloid<br />
kommt es nun nicht zu einem Rückgang <strong>der</strong> Fibro -<br />
blastenaktivität durch Apoptose <strong>und</strong> Hemmung <strong>der</strong><br />
TMP, vielmehr schreitet die Herstellung von extrazellulären<br />
Matrixproteinen ungehemmt <strong>und</strong> ohne<br />
Ausrichtung voran [3, 4]. Im histologischen Präparat<br />
finden sich sowohl bei hypertrophen <strong>Narben</strong> als<br />
auch bei Keloiden eine hohe Vaskularisation, ein<br />
vermehrtes Vorkommen von Myofibroblasten <strong>und</strong><br />
Fibroblasten sowie viele wirbelförmig angeordnete<br />
kollagene Faserbündel. Prädisponierend sind ein<br />
Hauttyp Fitzpatrick III <strong>und</strong> höher, ein jugendliches<br />
Lebensalter, erhöhte Hautspannung <strong>und</strong> das Ausmaß<br />
eines vorangegangenen Traumas [5]. Auch die<br />
Abb. 5 Zeitlicher Ablauf <strong>und</strong> Ineinan<strong>der</strong>greifen<br />
<strong>der</strong> Entzündungsphasen
chirurgische Technik gilt als ein wesentlicher Faktor<br />
für die Entstehung von <strong>Narben</strong>bildungsstörungen.<br />
Sollte nun trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine<br />
Störung <strong>der</strong> <strong>Narben</strong>bildung auftreten, gilt es diese<br />
richtig einzuschätzen, um zur richtigen Therapie zu<br />
gelangen. Konturstörungen bei reifen <strong>Narben</strong> sind<br />
Blickdiagnosen <strong>und</strong> somit sehr einfach zu stellen,<br />
ebenso die <strong>Narben</strong>, die eine funktionelle Störung an<br />
einem Gelenk bewirken. Schwieriger wird es hingegen<br />
schon zwischen einer unreifen Narbe, einer<br />
hypertrophen Narbe <strong>und</strong> einem Keloid zu unterscheiden.<br />
Da die Therapieansätze aber gänzlich<br />
unterschiedlich sind, ist es sehr wichtig die jeweiligen<br />
Störungen <strong>der</strong> <strong>Narben</strong>bildung korrekt zuzuordnen.<br />
Ein Keloid unterscheidet sich von <strong>der</strong><br />
hypertrophen Narbe makroskopisch<br />
dadurch, dass es über den ursprünglichen<br />
W<strong>und</strong>rand hinaus wächst<br />
Die unreife Narbe lässt sich durch zeitliche Anamnese<br />
gut herausfiltern: Die letzte Inzision/Trauma<br />
liegt weniger als sechs Monate zurück. Darüber hinaus<br />
zeigt sie eine rückläufige Tendenz bezüglich <strong>der</strong><br />
Rötung <strong>und</strong> Erhabenheit spätestens ab <strong>der</strong> sechsten<br />
Woche. Sollte keine rückläufige Tendenz vorliegen,<br />
muss davon ausgegangen werden, dass entwe<strong>der</strong> ein<br />
Keloid o<strong>der</strong> eine hypertrophe Narbe vorliegt. Ein<br />
Keloid unterscheidet sich von <strong>der</strong> hypertrophen<br />
Narbe makroskopisch dadurch, dass es über den<br />
ursprünglichen W<strong>und</strong>rand hinaus wächst [6]. Histologisch<br />
findet sich in den hypertrophen <strong>Narben</strong><br />
eine deutlich verringerte Organisation <strong>der</strong> kollage-<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
Abb. 6 Histologischer Schnitt aus einer hypertrophen<br />
Narbe<br />
Abb. 7 Histologischer Schnitt aus einem Keloid<br />
nen Fasern. Die Kollagenfaserbündel sind flach,<br />
schlecht von einan<strong>der</strong> abzugrenzen <strong>und</strong> liegen wellenförmig<br />
parallel zu Oberfläche. Beim Keloid hingegen<br />
findet sich eine noch deutlich schlechtere<br />
ultrastrukturelle Organisation: Es zeigen sich breite,<br />
eosinophile, lichtbrechende Fasern, die völlig ungeordnet<br />
liegen. Kollagene Faserbündel fehlen beina-<br />
Tabelle 1 Vancouver Scar Scale<br />
Unreife Narbe Eine gerötete, manchmal juckende o<strong>der</strong> schmerzende Narbe. Viele dieser <strong>Narben</strong> werden mit <strong>der</strong><br />
Zeit flach, die Pigmentierung kann heller, gleich o<strong>der</strong> dunkler als die Umgebungshaut sein.<br />
Gerade hypertrophe Narbe Eine gerötete, über das Hautniveau erhabene, manchmal juckende Narbe, die sich auf die ursprüngliche<br />
Verletzung/Inzision beschränkt. Sie tritt einige Wochen nach <strong>der</strong> Operation auf <strong>und</strong> kann innerhalb <strong>der</strong><br />
ersten drei bis sechs Monate deutlich wachsen. Nach einer statischen Phase bildet sie sich zum Teil zurück.<br />
Nach zwei Jahren Reifungszeit bleibt meist eine seilähnliche, etwas verbreitete <strong>Narben</strong>formation zurück<br />
(Abb. 8).<br />
Dehiszente hypertrophe Narbe Sie hat zusätzlich die Tendenz deutlich breiter zu werden als die ursprüngliche Verletzung/Inzision ohne<br />
diese jedoch zu verlassen (Abb. 9).<br />
Kleines Keloid Eine fokal entstandene, juckende, rote <strong>Narben</strong>formation, die die ursprüngliche Verletzung verlässt.<br />
Sie neigt sehr zu Rezidiven (Abb. 10).<br />
Großes Keloid Eine mehr als 0,5 cm große rote Narbe, die über die ursprüngliche Verletzung/Inzision hinaus wächst<br />
<strong>und</strong> typischerweise mit starkem Juckreiz bzw. Schmerzen verb<strong>und</strong>en ist. Das <strong>Narben</strong>wachstum kann<br />
mehrere Jahre anhalten (Abb. 11).<br />
CME<br />
Histologisch findet man<br />
bei hypertrophen <strong>Narben</strong><br />
eine deutlich verringerte<br />
Organisation <strong>der</strong><br />
kollagenen Fasern.<br />
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CME<br />
Die Wirkung von<br />
Silikongelfolien <strong>und</strong><br />
intraläsional verabreichtem<br />
Kortison ist ein klinisch<br />
häufig gesehener Effekt.<br />
20<br />
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CHIRURGIE DER NARBEN<br />
he vollständig. Die meisten Kapillaren in hypertrophen<br />
<strong>Narben</strong> <strong>und</strong> Keloiden sind durch überschießende<br />
Endothelzellbildung verschlossen, wodurch<br />
Abb. 9 Dehiszente hypertrophe Narbe<br />
Abb. 10 Kleines Keloid<br />
Abb. 11 Großes Keloid<br />
Abb. 8 Gerade<br />
hypertrophe<br />
Narbe<br />
sich eine deutliche Gewebehypoxie findet. Es wird<br />
angenommen, dass dies die Folge <strong>der</strong> gesteigerten<br />
Revaskularisierungsprozesse ist, die sich durch Bildung<br />
von sogenannten Kollagenknötchen auszeichnen.<br />
Diese bestehen aus einer dichten Ansammlung<br />
von Fibroblasten <strong>und</strong> von ihnen linear ausgehenden<br />
Kollagenfibrillen; im histologischen Schnitt ist dieses<br />
Bild ganz typisch für hypertrophe <strong>Narben</strong> <strong>und</strong><br />
Keloide [7–9] (Abb. 6, 7).<br />
Mustoe et al. empfehlen zur differenzierteren klinischen<br />
Einschätzung die „Vancouver Scar Scale“<br />
(Tabelle 1) heranzuziehen, die eigentlich zur Klassifizierung<br />
von Verbrennungsnarben (s. Abb. 8–11)<br />
entwickelt wurde [10].<br />
Therapieoptionen<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Stellenwert<br />
Es sind eine Reihe von Therapieoptionen beschrieben,<br />
doch nur wenige sind wirklich evidenzbasiert.<br />
Im folgenden Teil sollen die unterschiedlichen Möglichkeiten<br />
kurz vorgestellt werden:<br />
Konservative Therapiemaßnahmen<br />
Aus <strong>der</strong> großen Fülle <strong>der</strong> konservativen Therapieoptionen<br />
besitzen lediglich Silikongelfolien <strong>und</strong><br />
intraläsional appliziertes Kortison tatsächlich eine<br />
nachgewiesene Wirkung [10].<br />
Kortisoninjektionen: Intraläsional verabreichtes, liposomal<br />
geb<strong>und</strong>enes Kortison hat sich als effektive<br />
Therapie erwiesen mit Ansprechraten zwischen 50<br />
<strong>und</strong> 100 Prozent sowie Rezidivquoten zwischen<br />
neun <strong>und</strong> 50 Prozent. Bei Keloiden gilt es als Therapeutikum<br />
<strong>der</strong> ersten Wahl, bei hypertrophen <strong>Narben</strong><br />
als Mittel <strong>der</strong> zweiten Wahl [11–15]. Eine weitere<br />
Verbesserung lässt sich durch die Kombination mit<br />
<strong>der</strong> chirurgischen Exzision o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kryotherapie<br />
erzielen [16, 17]. Bei <strong>der</strong> Injektion empfiehlt es sich<br />
zuerst mit einem Lokalanästhetikum den <strong>Narben</strong>gr<strong>und</strong><br />
zu infiltrieren <strong>und</strong> anschließend die Triamcinolonlösung<br />
direkt in die Narbe spritzen, wobei ein<br />
Blanching-Effekt sichtbar sein sollte (Abb. 12).<br />
Silikongelfolien: Die Applikation von Silikongelfolien<br />
gilt allgemein als effektiv sowohl bei hypertrophen<br />
<strong>Narben</strong> als auch bei Keloiden. Die Behandlung<br />
führt zu einem deutlichen Rückgang <strong>der</strong> <strong>Narben</strong>masse<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rötung sowie zu einem Aufweichen<br />
<strong>der</strong> Narbe. Die Behandlung sollte frühestens ab dem<br />
14. postoperativem Tag beginnen, da das Silikon<br />
sich sonst sogar negativ auf die W<strong>und</strong>heilung aus-
Abb. 12 Applikation von intraläsionalem Kortison mit<br />
sichtbarem Blanching-Effekt<br />
Abb. 13 Silikongelfolie<br />
wirken kann. Silikonhaltige Cremes <strong>und</strong> Gele können<br />
bei Risikopatienten präventiv verwendet werden,<br />
während Silikongelfolien therapeutisch eingesetzt<br />
werden. Dabei sollte die Anwendung über<br />
einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten erfolgen<br />
[18, 19] (Abb. 13).<br />
Obwohl im klinischen Alltag viele weitere konservative<br />
Therapieansätze wie beispielsweise die Kompressionstherapie<br />
als Goldstandard gelten <strong>und</strong> vielfach<br />
mit teilweise sogar sehr guten Erfolg angewendet<br />
werden, beruhen sie jedoch entwe<strong>der</strong> auf empirischen<br />
Werten o<strong>der</strong> befinden sich sogar noch im<br />
experimentellen Stadium ohne vorliegende Langzeitergebnisse.<br />
Kompressionstherapie: Die sechs- bis zwölfmonatige<br />
Kompression von <strong>Narben</strong> mit durchschnittlichen<br />
Drücken von 15 bis 40 mmHg durch Tragen entsprechend<br />
geschnittener Kleidung bringt erfahrungsgemäß<br />
eine Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Narben</strong>situation<br />
[20, 21] zumindest für den Zeitraum <strong>der</strong> Anwendung<br />
[22, 23]. Drücke unter 15 mmHg führen nicht<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
zu einem Reifungsprozess <strong>der</strong> Narbe, bei Drücken<br />
über 40 mmHg können Schwellungen, Parästhesien,<br />
Hautmazerationen <strong>und</strong> Ulzerationen auftreten. Vor<br />
allem bei Verbrennungspatienten ist die Kompressionstherapie<br />
in vielen Zentren ein Standartvorgehen<br />
zur Vermeidung von hypertrophen <strong>Narben</strong> [24].<br />
Darüber hinaus wird Kompressionskleidung bei<br />
bereits etablierten hypertrophen <strong>Narben</strong> eingesetzt.<br />
Das Ergebnis hängt unter an<strong>der</strong>em von <strong>der</strong> betroffenen<br />
Region ab: So hat sich Kompressionskleidung<br />
an den Beugeseiten von Gelenken <strong>und</strong> Rumpf nicht<br />
bewährt; auch das Ansprechen an Oberarmen <strong>und</strong><br />
Oberschenkeln ist nur mäßig, da die benötigten<br />
Drücke nicht vollständig <strong>und</strong> konstant aufgebaut<br />
werden können [25].<br />
Radiotherapie: Sie erreicht ihren höchsten Wirkungsgrad<br />
in Kombination mit einer chirurgischen<br />
Exzision. Verschiedene Regime werden empfohlen<br />
mit Wirkungsgraden zwischen zehn <strong>und</strong> 94 Prozent,<br />
wobei Elektronenstrahltherapien, die 24 bis 48 St<strong>und</strong>en<br />
nach einer chirurgischen Exzision starteten, mit<br />
einer Gesamtdosis zwischen 1500 <strong>und</strong> 2000 Rad den<br />
größten Wirkungsgrad erzielten [26, 27]. Wegen <strong>der</strong><br />
potentiellen Gefahr einer kanzerogenen Wirkung<br />
gehört die Radiotherapie zu den Therapieoptionen<br />
<strong>der</strong> zweiten Wahl.<br />
Brachytherapie: Als Alternative zur herkömmlichen<br />
Strahlentherapie wurde <strong>der</strong> Versuch unternommen,<br />
mit Hilfe <strong>der</strong> postoperativen Brachytherapie eine<br />
therapeutische Strahlendosis in das problematische<br />
<strong>Narben</strong>gewebe zu applizieren, da man bei dieser<br />
geringere Nebenwirkungen erwartete. Erste Ergebnisse<br />
<strong>der</strong> HDR-Brachytherapie mit dreimal sechs<br />
Gray waren hinsichtlich <strong>der</strong> Rezidivraten vielversprechend,<br />
wobei jedoch festgehalten werden muss,<br />
dass <strong>der</strong> Nachuntersuchungszeitraum relativ kurz<br />
war. Einige Anwen<strong>der</strong> dieses Therapieverfahrens<br />
berichten zusätzlich über unangenehme, lang andauernde<br />
W<strong>und</strong>heilungsstörungen [28, 29].<br />
Lasertherapie: Lasertherapien sind ganz allgemein in<br />
<strong>der</strong> Nachbehandlung von <strong>Narben</strong> etabliert. Während<br />
herkömmliche CO 2- <strong>und</strong> YAG-Laser bei hypertrophen<br />
<strong>Narben</strong> lediglich zu vorübergehenden Verbesserungen<br />
führten [30, 31], zeigte ein 585 nm Pulsed<br />
Dye Laser gute Ansprechraten. Eine Kombination<br />
mit intraläsionalem Kortison brachte jedoch keine<br />
Verbesserungen im Vergleich zur Monotherapie [32].<br />
Die Anwendung <strong>der</strong> Lasertherapie bei Keloiden<br />
bringt keine zufriedenstellenden Ergebnisse [33].<br />
Die Laserbehandlung<br />
ist ein anerkanntes<br />
Verfahren in <strong>der</strong><br />
<strong>Narben</strong>behandlung.<br />
CME<br />
21<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009
CME<br />
Bei <strong>der</strong> chirurgischen<br />
Exzision von <strong>Narben</strong> <strong>und</strong><br />
Keloiden muss die Spannung<br />
gut verteilt werden.<br />
22<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
Kryotherapie: Kontakt- o<strong>der</strong> Sprühkryochirurgie<br />
mit flüssigem Stickstoff kann zu einer signifikanten<br />
Verbesserung bis zur kompletten Regression sowohl<br />
von hypertrophen <strong>Narben</strong> als auch von Keloiden<br />
führen. Das Hauptproblem bleibt, dass sie nur für<br />
kleine <strong>Narben</strong>areale anwendbar ist [34–36]. Die<br />
Kombination mit intraläsionalem Kortison steigert<br />
den Effekt <strong>der</strong> Kryotherapie noch einmal deutlich<br />
[37]. Ein neuer, äußerst vielversprechen<strong>der</strong> Therapieansatz<br />
ist eine intraläsionale Kryotherapie über<br />
eine longitudinal in die Narbe eingebrachte Nadel.<br />
In ersten Studien liegen die Remissionsraten des<br />
<strong>Narben</strong>volumens pro Sitzung bei 50 Prozent [38].<br />
5-Fluorouracil (5-FU): Die Wirksamkeit dieses intraläsional<br />
verabreichten Chemotherapeutikums konnte<br />
bereits nachgewiesen werden, sowohl bei hypertrophen<br />
<strong>Narben</strong> als auch Keloiden. Die Anwendung<br />
selbst scheint sicher <strong>und</strong> effektiv zu sein [39]. Langzeitergebnisse<br />
stehen allerdings noch aus.<br />
Bleomycin: Für Bleomycin gilt dasselbe wie für das 5-<br />
FU. Dieses Chemotherapeutikum hat jedoch den<br />
Nachteil, dass es häufig angewendet werden muss<br />
<strong>und</strong> die Injektionen sehr schmerzhaft sind. Darüber<br />
hinaus wirkt Bleomycin bei Dosierungen höher als<br />
400 IE lungentoxisch bis hin zur Lungenfibrose [40].<br />
Eine Fülle von unterschiedlichen Präparaten wird zur<br />
flankierenden Therapie von <strong>Narben</strong> angeboten. Einige<br />
<strong>der</strong> typischen <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s häufig in <strong>der</strong> täglichen<br />
Praxis verwendeten Substanzen sind beispielsweise<br />
Salben aus Zwiebelextrakten, Heparin<br />
<strong>und</strong> Allantoin (Contractubex), sogenannte <strong>der</strong>mofunktionale<br />
Substanzen (wie etwa Terprolin), unterschiedliche<br />
Öle <strong>und</strong> Heilpflanzen, hormonhaltige<br />
Cremes <strong>und</strong> Tinkturen, die Vitamin A o<strong>der</strong> das<br />
weibliche Hormon Östrogen (nur bei Frauen!) enthalten,<br />
<strong>und</strong> flüssige Silikongele (z.B. Dermatix, Scarban<br />
u.a.).<br />
Operative Therapiemaßnahmen<br />
Chirurgische Exzision [41]: Die chirurgische Exzision<br />
ist Gr<strong>und</strong>lage bei <strong>der</strong> Behandlung aller ausgereiften<br />
<strong>Narben</strong>, hypertrophen <strong>Narben</strong> sowie aller fortgeschrittenen<br />
therapieresistenten Keloide. Die Indikation<br />
zum Schnitt ist allerfrühestens sechs Monate<br />
nach <strong>der</strong> vorangegangenen Verletzung/Inzision zu<br />
stellen, um nicht Gefahr zu laufen einfach nur eine<br />
unreife Narbe überzubehandeln, die auch ohne<br />
Intervention gut abgeheilt wäre.<br />
Generell gilt, dass die Spannung gut verteilt werden<br />
sollte – einerseits durch ausreichende subkutane<br />
Mobilisation an<strong>der</strong>erseits durch eine ordentliche<br />
subkutane Adaptation. Die Enden <strong>der</strong> Dermis selbst<br />
sollten sich dann locker einan<strong>der</strong> gegenüber liegen<br />
<strong>und</strong> mit Intrakutannähten o<strong>der</strong> Einzelknopfnähten<br />
verschlossen werden [10, 16]. Das Fadenmaterial<br />
sollte mindestens für zwei bis drei Wochen belassen<br />
werden. Für die Planung <strong>der</strong> gewählten Schnittführung<br />
muss man sich immer zwei Fragen stellen:<br />
� Wie hoch ist die erwartete Spannung?<br />
� Wie verläuft die Narbe zu den Hautspaltlinien<br />
<strong>und</strong> den funktionelle/ästhetischen Einheiten?<br />
Bei <strong>Narben</strong>, die günstig zu den Hautspaltlinien liegen<br />
<strong>und</strong> nicht beson<strong>der</strong>s breit sind, reicht eine spindelförmige<br />
Exzision aus. Diese Art <strong>der</strong> Ausschneidung<br />
hat sich auch bei Konturstörungen bewährt,<br />
wobei <strong>der</strong> Niveauunterschied am besten entwe<strong>der</strong><br />
durch Ausdünnung des erhabenen Teils <strong>der</strong> W<strong>und</strong>e<br />
o<strong>der</strong> durch Formung einer Plikatur des niedrigen<br />
Teils <strong>der</strong> W<strong>und</strong>e ausgeglichen wird - o<strong>der</strong> bei hohem<br />
Niveauunterschied durch eine Kombination bei<strong>der</strong><br />
Techniken.<br />
Muss eine <strong>der</strong> beiden oben gestellten Fragen o<strong>der</strong><br />
gar beide mit „JA“ beantwortet werden, so ist bei <strong>der</strong><br />
Korrektur darauf zu achten, dass es zu einer Umverteilung<br />
des bisherigen Zuges auf die Narbe kommt.<br />
Eine Reihe von Techniken steht uns hierzu zur Verfügung:<br />
Die S-förmige Exzision: Dadurch lässt <strong>der</strong> Spannungsverlauf<br />
gerade bei geringen Abweichungen<br />
von den Hautspaltlinien gut verteilen.<br />
Die Z-Plastik: Nach spindelförmiger Exzision des<br />
<strong>Narben</strong>areals lässt sich durch Z-förmige Erweiterung<br />
<strong>der</strong> Inzision im 60-Grad-Winkel eine Z-förmige<br />
Lappenplastik anfertigen. Nach ausreichen<strong>der</strong><br />
subkutaner Mobilisation werden die Enden <strong>der</strong><br />
Lappenspitzen nun jeweils in das gegenüberliegende<br />
Eck geschwenkt <strong>und</strong> vernäht (Abb. 14). Es werden<br />
dadurch zwei Effekte erreicht: Einerseits verläuft <strong>der</strong><br />
Hauptspannungsvektor nun im 90-Grad-Winkel<br />
zur ursprünglichen Narbe <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits wird<br />
<strong>der</strong> Zug auf die Narbe insgesamt verringert, da<br />
Gewebe von <strong>der</strong> Seite in Längsrichtung eingeschwenkt<br />
wird <strong>und</strong> dadurch eine Zugentlastung auf<br />
die Längsstrecke <strong>der</strong> Narbe stattfindet. Auf diese Art<br />
<strong>und</strong> Weise lassen sich auch hervorragende Kontrakturen<br />
auflösen.
Abb. 16 Vier-Lappen-Z-Plastik bei einer Daumenadduktionskontraktur<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
Abb. 14 Z-Plastik: Durch<br />
Umschneidung zweier Verlängerungen<br />
in etwa 60gradigem Winkel<br />
entsteht die Z-Formation. Nach<br />
Mobilisation <strong>und</strong> Umlagerung <strong>der</strong><br />
Spitzen gegeneinan<strong>der</strong> kommt es<br />
zur Korrektur des ursprünglichen<br />
<strong>Narben</strong>verlaufs.<br />
Abb. 15 Serielle Z-Plastik: Bei längerer<br />
Korrektur des <strong>Narben</strong>verlaufs<br />
kann man auch mehrere Z-<br />
Plastiken in Serie anfertigen. Der<br />
Vorteil ist, dass man zu den Seiten<br />
hin Platz spart.<br />
Die serielle Z-Plastik kommt vor allem<br />
bei längeren <strong>Narben</strong> zur Anwendung<br />
Die serielle Z-Plastik: Als Son<strong>der</strong>form <strong>der</strong> oben angeführten<br />
Technik können mehrere Z-förmige Inzisionen<br />
nacheinan<strong>der</strong> gelegt werden. Die Technik <strong>der</strong><br />
Umschneidung <strong>und</strong> Mobilisation bleibt dieselbe wie<br />
vorher beschrieben. Sie kommt vor allem bei längeren<br />
<strong>Narben</strong> zur Anwendung, da bei <strong>der</strong> Umschneidung<br />
eines einzelnen Z die Schenkel desselben oftmals<br />
zu weit zur Seite reichen würden. (Abb. 15).<br />
Die Vier-Lappen-Z-Plastik: Bei dieser Son<strong>der</strong>form <strong>der</strong><br />
Z-Plastik werden die Z-Schenkel nicht im üblichen<br />
60-Grad-Winkel gezeichnet son<strong>der</strong>n im 90-Grad-<br />
Winkel <strong>und</strong> anschließend noch einmal von <strong>der</strong> Lappenspitze<br />
aus halbiert. Daraus ergibt sich ein großer<br />
Längengewinn über die ursprüngliche Narbe hinweg,<br />
ohne dass an <strong>der</strong> Lappenbasis allzu große<br />
Zugkräfte auftreten – was beim Ausgleich narbenbedingter<br />
Gelenkkontrakturen sehr vorteilhaft ist,<br />
da beson<strong>der</strong>s viel Strecke gewonnen werden kann.<br />
Der Nachteil ist jedoch, dass die dann letztlich sehr<br />
CME<br />
Ist eine herkömmliche<br />
Z-Plastik o<strong>der</strong> eine<br />
Vier-Lappen-Z-Plastik nicht<br />
möglich, kann die Korrektur<br />
durch zwei gegenläufige<br />
Z-Plastiken erfolgen.<br />
23<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009
CME<br />
Die alleinige chirurgische<br />
Exzision weist Rezidivquoten<br />
von 45 bis<br />
100 Prozent auf.<br />
24<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009<br />
a<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
Abb. 17a, b Gegenläufige Z-Plastik am medialen Lidwinkel: a) Inzision <strong>und</strong> Anheben des vorzuschiebenden lateralen<br />
Lappens b) Vorschub des Lappens unter Streckengewinn in vertikaler Richtung.<br />
Abb. 18 W-Plastik 1: Zickzack -förmige Umschneidung<br />
<strong>der</strong> Narbe an beiden Seiten.<br />
Abb. 19 W-Plastik 2: Nach Aufschneiden <strong>der</strong> Narbe liegen<br />
die jeweiligen Spitzen <strong>und</strong> Täler einan<strong>der</strong> direkt<br />
gegenüber.<br />
Abb. 20 Nach W<strong>und</strong>verschluss entsteht die typische<br />
W-förmige <strong>Narben</strong>form.<br />
b<br />
spitz auslaufenden Lappenenden von <strong>der</strong> Durchblutung<br />
her sicher kritischer sind als die einer herkömmlichen<br />
Z-Plastik, was ihren Einsatz auf gut<br />
durchblutete Hautareale beschränkt (Abb. 16).<br />
Gegenläufige Z-Plastik: Ist eine herkömmliche Z-<br />
Plastik o<strong>der</strong> eine Vier-Lappen-Z-Plastik aus Platzgründen<br />
(z. B. medialer Augenwinkel) nicht möglich,<br />
so kann eine <strong>Narben</strong>korrektur durch zwei gegenläufige<br />
Z-Plastiken erfolgen (Abb. 17a, b). Voraussetzung<br />
ist eine gute Mobilisierbarkeit des Gewebes.<br />
Die W-Plastik: Als <strong>Narben</strong>exzisionslinien werden in<br />
Längsrichtung zwei Reihen einan<strong>der</strong> direkt gegenüberliegen<strong>der</strong><br />
Dreiecke eingezeichnet die spindelförmig<br />
auslaufen. Anschließend wird die dazwischen<br />
liegende Narbe ausgeschnitten <strong>und</strong> die<br />
W<strong>und</strong> rän<strong>der</strong> etwa fünf bis 15 mm mobilisiert. Die<br />
Lappenspitzen werden nun in die korrespondierenden<br />
Täler eingenäht, anschließend wird <strong>der</strong> <strong>Narben</strong>zug<br />
durch die dazwischen liegenden Nähte in<br />
Längsrichtung verteilt (Abb. 18–21). Der Vorteil dieser<br />
Methode ist, dass sie auch in Regionen angewandt<br />
werden kann, bei denen zur Seite hin wenig<br />
Platz vorhanden ist <strong>und</strong> damit ein Z-Plastik ohne<br />
Tangierung <strong>der</strong> funktionellen o<strong>der</strong> ästhetischen Einheiten<br />
schwer durchführbar ist wie etwa im Gesicht<br />
(Abb. 22, 23). Nachteilig ist jedoch, dass erneut hohe<br />
Spannung auf die W<strong>und</strong>e kommt, jedoch in günstigerer<br />
Verteilung <strong>der</strong> Zugvektoren als es bei einer simplen<br />
spindelförmigen Exzision <strong>der</strong> Fall wäre.<br />
Insgesamt ist die alleinige chirurgische Exzision keine<br />
gute Therapieoption, wenn es um hypertrophe <strong>Narben</strong><br />
o<strong>der</strong> gar Keloide geht, da die Rezidivquoten zwi-<br />
Abb. 21 Exzidat bei serieller<br />
W-Plastik
Abb. 22 Beispiel für die Anwendung von W- <strong>und</strong> Z-Plastiken<br />
im Gesicht anhand <strong>der</strong> funktionellen <strong>und</strong> ästhetischen<br />
Einheiten<br />
schen 45 bis 100 Prozent liegen [42–45]. Das peri- <strong>und</strong><br />
postoperative Management <strong>der</strong> Narbe sind entscheidend<br />
für das Ergebnis eines gut geplanten chirurgischen<br />
Eingriffs. In Kombination mit intraläsional verabreichtem<br />
Kortison sinken die Rezidivquoten unter<br />
50 Prozent [42]. Bei <strong>Narben</strong>, die nicht auf herkömmliche<br />
Therapien ansprachen, lässt sich die Exzision mit<br />
einer perioperativen Bestrahlung kombinieren, wobei<br />
dann die Rezidivquoten bei etwa zehn Prozent liegen<br />
sollen – allerdings unter Inkaufnahme einer fakultativ<br />
kanzerogenen Wirkung <strong>der</strong> Radiatio [46].<br />
Therapiealgorithmus<br />
1. Empfehlungen zur Prävention [10, 47]<br />
Schon bei <strong>der</strong> Planung von chirurgischen Eingriffen<br />
kann die Wahrscheinlichkeit für eine <strong>Narben</strong>bildungsstörung<br />
minimiert werden, indem man die<br />
Inzisionslinien möglichst den Langerschen Hautspaltlinien<br />
anpasst (Abb. 24, 25). Auch die chirurgische<br />
Technik selbst ist von größter Wichtigkeit –<br />
nach allgemeiner Auffassung lassen sich <strong>Narben</strong>bildungsstörungen<br />
durch intraoperative Beachtung<br />
folgen<strong>der</strong> Faktoren reduzieren [48]:<br />
� Streng vertikale Schnittführung durch die Haut,<br />
� Atraumatische Behandlung <strong>der</strong> W<strong>und</strong>rän<strong>der</strong><br />
durch Vermeidung zu starker Zug- <strong>und</strong> Kompressionskräfte<br />
auf die W<strong>und</strong>e (oftmals bietet ein längerer<br />
Hautschnitt mehr Übersicht intraoperativ <strong>und</strong><br />
weniger W<strong>und</strong>komplikationen postoperativ),<br />
� Verwendung eines Hautnahtmaterials, das seinerseits<br />
keine Fremdkörperreaktion o<strong>der</strong> Granulombildung<br />
auslöst,<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
Abb. 23 Ergebnis von verschiedenen im Gesicht durchgeführten<br />
Z-Plastiken. Kreis: Beispiel für eine falsch<br />
angewendete Z-Plastik<br />
� Reduktion <strong>und</strong> gleichmäßige Verteilung <strong>der</strong> Spannung<br />
auf die Narbe durch entlastende Subkutannähte<br />
sowie die Anwendung nicht elastischer Pflasterklebestreifen.<br />
Bei Patienten mit leicht erhöhtem Risiko zur Entwicklung<br />
zur pathologischen <strong>Narben</strong>bildung (Hauttyp<br />
Fitzpatrick III o<strong>der</strong> höher sowie Operationen an<br />
Prädilektionsstellen wie Sternum o<strong>der</strong> Schulter) sollte<br />
unmittelbar nach <strong>der</strong> Epithelialisierung mit dem<br />
Tragen von Silikongelfolien begonnen werden <strong>und</strong><br />
zwar mindestens 12 St<strong>und</strong>en am Tag, optimalerweise<br />
aber 24 St<strong>und</strong>en täglich über mindestens einen<br />
Monat.<br />
Bei Patienten mit stark erhöhtem Risiko zur pathologischen<br />
<strong>Narben</strong>bildung (bereits an an<strong>der</strong>en Körperstellen<br />
hypertrophe <strong>Narben</strong> o<strong>der</strong> Keloide) empfiehlt<br />
sich zusätzlich die Verabreichung von intraläsionalem<br />
Kortison perioperativ.<br />
2. Empfehlungen zur Therapie<br />
von Problemnarben [10, 41, 47]<br />
<strong>Narben</strong> mit Konturstörungen, atrophe <strong>und</strong> dehis zente<br />
<strong>Narben</strong>: Die chirurgische Exzision unter Beachtung<br />
<strong>der</strong> beschriebenen Techniken ist die einzig allgemein<br />
anerkannte Methode. Postoperativ ist das Tragen<br />
von Silikongelfolien ab <strong>der</strong> dritten Woche für insgesamt<br />
mindestens einen Monat hilfreich.<br />
Unreife <strong>Narben</strong>: Da schwer vorherzusehen ist, ob<br />
sich eine solche Narbe nicht doch noch in eine<br />
hypertrophe Narbe umwandelt, sollte bei allen <strong>Narben</strong><br />
mit fortbestehen<strong>der</strong> Rötung über den ersten<br />
Monat hinaus Silikongelfolien zur Anwendung<br />
CME<br />
Schon bei <strong>der</strong> Planung<br />
chirurgischer Eingriffe kann<br />
das Risiko für eine gestörte<br />
<strong>Narben</strong>bildung minimiert<br />
werden.<br />
25<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009
CME<br />
Gerade hypertrophe<br />
<strong>Narben</strong>: Stellt sich nach<br />
Silikonauflage über<br />
mindestens zwei Monate<br />
keine Besserung ein,<br />
so empfiehlt sich die<br />
monatliche lokale Kortison -<br />
instillation.<br />
26<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009<br />
Abb. 24 Langersche Hautspaltlinien bei<br />
<strong>der</strong> Frau<br />
Abb. 25 Langersche Hautspaltlinien<br />
beim Mann
kommen. Wenn nach vier Wochen keine Besserung<br />
eintritt, so kann die Therapie mit Kompressionskleidung<br />
ergänzt werden. Bei weiterer Therapieresistenz<br />
wäre eine Pulsed-Dye-Laserbehandlung eine<br />
gute Therapieoption.<br />
Gerade hypertrophe <strong>Narben</strong>: Bei hypertrophen<br />
<strong>Narben</strong> ist die topische Anwendung von Silikongelfolien<br />
die Therapie <strong>der</strong> ersten Wahl. Stellt sich nach<br />
Silikonauflage über mindestens zwei Monate keine<br />
Besserung ein, so empfiehlt sich die monatliche<br />
lokale Kortisoninstillation. Sollte dies nach sechs<br />
Monaten nicht zu einer Remission führen, so kann<br />
die Behandlung durch Tragen von Kompresssionskleidung<br />
unterstützt werden. Für den Fall, dass <strong>der</strong><br />
konservative Therapieansatz für 12 Monate ohne<br />
Erfolg bleibt, muss man die chirurgische Exzision<br />
mit intraoperativer Kortisoninfiltration als nächste<br />
Therapiestufe erwägen. Dabei sollte man postoperativ<br />
die intra<strong>der</strong>malen Nähte länger als gewöhnlich<br />
(mindestens vier Wochen) belassen <strong>und</strong> weiterhin<br />
einmal monatlich Kortison spritzen. Als vielversprechende<br />
Alternativen bieten sich vor allem die<br />
intraläsionale Kryotherapie sowie die 585 nm Pulsed-Dye-Lasertherapie<br />
an.<br />
Dehiszente hypertrophe Narbe:<br />
Wegen <strong>der</strong> teilweise problematischen<br />
<strong>Narben</strong>verläufe sind frühzeitig<br />
chirurgische Eingriffe indiziert<br />
Dehiszente hypertrophe Narbe: Diese in erster Linie<br />
bei Verbrennungen auftretende <strong>Narben</strong>form sollte<br />
erfahrungsgemäß primär mit einer Kombination<br />
von Silikongelauflagen <strong>und</strong> Kompressionskleidung<br />
behandelt werden. Unterstützend wird die Anwendung<br />
von Massagen <strong>und</strong> Physiotherapie empfohlen.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> teilweise problematischen <strong>Narben</strong>verläufe<br />
mit konsekutiver Ausbildung von Gelenkkontrakturen<br />
sind frühzeitig chirurgische Eingriffe<br />
indiziert. Daher sollte die Behandlung komplexer<br />
Verbrennungsnarben den Verbrennungszentren vorbehalten<br />
sein.<br />
Kleines Keloid: Bei Auftreten von kleinen Keloiden<br />
ist <strong>der</strong>zeit die simultane Therapie aus intraläsionalem<br />
Kortison <strong>und</strong> Silikongelauflagen die Behandlung<br />
<strong>der</strong> ersten Wahl. Auch lokaler Druck –wie etwa<br />
Ohrclips bei den häufigen aurikulären Keloiden –<br />
hat sich als hilfreich erwiesen. Stellt sich keine<br />
Remission ein, so sollte eine <strong>Narben</strong>exzision durchgeführt<br />
werden, wobei auf die beschriebenen Techniken<br />
zurückgegriffen werden sollte. Die intraope-<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
rative Verabreichung von lipidgeb<strong>und</strong>enem Kortison<br />
sowie eine entsprechende Folgebehandlung sind<br />
obligat, da die Rezidivhäufigkeit ansonsten inakzeptabel<br />
hoch ist. Die Kombination chirurgischer<br />
Maßnahmen mit einer kurz darauf folgenden Radiotherapie<br />
sollte insbeson<strong>der</strong>e beim Keloidrezidiv<br />
erwogen werden, man sollte sich <strong>der</strong> möglichen<br />
Risiken einer Bestrahlung aber immer bewusst sein.<br />
Großes Keloid: Die Behandlung ist sehr komplex,<br />
bringt oftmals große Weichteilprobleme mit sich <strong>und</strong><br />
sollte daher den erfahrenen plastischen Chirurgen<br />
vorbehalten sein. Da es sehr häufig zu funktionellen<br />
Beeinträchtigungen kommt (Gelenkkontraktur) <strong>und</strong><br />
da ein Keloid zudem sehr schmerzhaft sein kann, ist<br />
die primäre chirurgische Exzision unter Verlagerung<br />
<strong>der</strong> lokalen W<strong>und</strong>verläufe immer <strong>der</strong> erste Therapieschritt.<br />
Zusätzlich sollte intraoperativ lipidgeb<strong>und</strong>enes<br />
Kortison in die W<strong>und</strong>rän<strong>der</strong> injiziert werden.<br />
Nach <strong>der</strong> chirurgischen Exzision sollten postoperativ<br />
Silikongelfolien sowie weitergehende Kortisoninfiltrationen<br />
über sechs Monate erfolgen. Da<br />
es aber trotz dieser Maßnahmen sehr häufig zu<br />
Rezidiven kommt, sollte man eine Radiatio bereits<br />
bei <strong>der</strong> ersten chirurgischen Exzision erwägen. Bei<br />
Keloidrezidiven kann eine unmittelbar postoperative<br />
Radiatio das Risiko eines erneuten Rezidivs<br />
deutlich senken. Stellt sich auch unter dieser Behandlungskombination<br />
kein Erfolg ein, so ist die Anwendung<br />
von 5-FU o<strong>der</strong> Bleomycin <strong>der</strong> nächste Schritt.<br />
Bei weiterhin bestehen<strong>der</strong> Therapieresistenz haben<br />
auch sehr experimentelle Methoden wie die Verabreichung<br />
von Interferon ihre Berechtigung.<br />
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Da große Keloide<br />
beson<strong>der</strong>s häufig sind,<br />
ist neben <strong>der</strong> Steroidapplikation<br />
im Einzelfall<br />
auch eine Radiatio zu<br />
erwägen.<br />
27<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009
CME<br />
Dr. med. Gunther Arco<br />
<strong>Klinik</strong> für <strong>Plastisch</strong>e <strong>und</strong><br />
Handchirurgie<br />
Universitätsklinikum Erlangen<br />
Krankenhausstraße 12<br />
91054 Erlangen<br />
eMail: Gunther.arco<br />
@uk-erlangen.de<br />
Unabhängigkeitserklärung<br />
<strong>der</strong> Autoren:<br />
Der korrespondierende Autor<br />
versichert, dass keine Verbindungen<br />
zu einer <strong>der</strong> Firmen, <strong>der</strong>en<br />
Namen o<strong>der</strong> Produkte in dem<br />
Artikel aufgeführt werden, o<strong>der</strong> zu<br />
einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt<br />
vertreibt, bestehen.<br />
Der Autor unterlag bei <strong>der</strong> Erstellung<br />
des Beitrages keinerlei Beeinflussung.<br />
Es lagen keine kommerziellen<br />
Aspekte bei <strong>der</strong> inhaltlichen<br />
Gestaltung zugr<strong>und</strong>e.<br />
28<br />
CHAZ • 10. Jahrgang • 1. Heft • 2009<br />
CHIRURGIE DER NARBEN<br />
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