09.11.2012 Aufrufe

Wissenswertes über die Rosen - Peter Godzik

Wissenswertes über die Rosen - Peter Godzik

Wissenswertes über die Rosen - Peter Godzik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

o Rosa moschata, <strong>die</strong> Muskat- oder Moschusrose<br />

Schon bei der Übersetzung des Namens <strong>die</strong>ser Wildrose ins Deutsche treten in den verschiedenen<br />

Botanikbüchern <strong>die</strong> ersten Ungenauigkeiten auf. Diese Definitionsschwierigkeit leite<br />

ich ab aus der Unklarheit ihres Erscheinungsbildes. <strong>Rosen</strong> neigen stark zur Hybridbildung,<br />

das heißt zur Entwicklung neuer Arten mit manchmal minimalen Unterschieden. Außerdem<br />

sind sie nicht sehr standortgebunden. Aufgrund ihrer großen Anpassungsfähigkeit können sie<br />

<strong>über</strong>all Fuß fassen, wo Menschen sie aussäen oder Vögel ihre Samen fallen lassen. So kam es<br />

im Laufe der Jahrmillionen bei den <strong>Rosen</strong>gewächsen zu un<strong>über</strong>schaubaren Kreuzungen und<br />

Variationen, wobei man festhalten muss, dass eine neue Mutante wiederum lange Zeit in sich<br />

stabil bleibt.<br />

Rosa moschata zeichnet sich durch lange, reichblütige Triebe aus, <strong>die</strong> auf der Erde kriechen,<br />

falls sie keinen Halt zum Klettern finden. Die Stacheln sind zerstreuter als bei der Weinrose,<br />

jedoch ebenso gekrümmt. Sie trägt kein vergleichbares Drüsenkleid. Die Blüte duftet verhalten<br />

nach Muskat. Die Kelchblätter verhalten sich wie <strong>die</strong> der Hundsrose, sie fallen drei bis<br />

vier Wochen nach der Blüte ab. Die Früchte sind groß und sehr fleischig, daher sehr „ergiebig“.<br />

Was im Spanischen der Sammelbegriff Rosa mosqueta umfasst, wird im französischen<br />

Sprachraum unter Rose églantier subsumiert. Daraus wurde <strong>die</strong>sseits des Rheins „Engeltier“<br />

für Wildrosen, deren Früchte schmackhaft sind.<br />

<strong>Rosen</strong>-Grün 42<br />

Hildegard von Bingen besingt in ihrem berühmten Antiphon: „O edelstes Grün, das wurzelt in<br />

der Sonne ...“ nicht nur <strong>die</strong> Grünkraft, „viriditas“, als heilendes Prinzip, sondern sie nennt <strong>die</strong><br />

Liebe „einen Hauch aus dem Grünen“. Warum betören wir meist mit <strong>Rosen</strong>blüten und schenken<br />

nicht <strong>Rosen</strong>-Grün wie Hans Christian Andersen? Dieser schrieb: „Der Dichter betrachtete<br />

seine Rose, schrieb ein Gedicht <strong>über</strong> sie, ein ganzes Mysterium, alles, was er auf dem Blatt<br />

der Rose las. Das Bilderbuch der Liebe. Es war eine unsterbliche Dichtung.“<br />

Selten werden in der <strong>Rosen</strong>lyrik und -prosa <strong>die</strong> grünen <strong>Rosen</strong>blätter so achtsam behandelt.<br />

Oft gleichen sie eher „Stiefkindern“. Sie leisten Arbeit ohne Anerkennung. Selbst bei <strong>Rosen</strong>züchtern<br />

kümmern sie manchmal nur in Nebensätzen, es sei denn, das Blattgrün lässt sich<br />

durch genetische Manipulation z.B. zu Rot verändern und als Kuriosität vermarkten.<br />

Auch wenn <strong>die</strong> Rose nicht zu den „Immergrünen“ zählt, ermöglichen <strong>die</strong> <strong>Rosen</strong>blätter durch<br />

ihre Effektivität in der Erzeugung von Energie durch Photosynthese das Ausbilden königlicher<br />

Blüten. Erst das <strong>Rosen</strong>-Grün bringt das <strong>Rosen</strong>-Rot so richtig zum Leuchten!<br />

„Alles ist Blatt“ – <strong>die</strong>ses berühmte Wort Goethes lässt sich beziehen auf <strong>die</strong> Veränderungen<br />

des <strong>Rosen</strong>blattes vom ungefiederten Keimblatt <strong>über</strong> das drei- bis neunfach gefiederte grüne<br />

Zweigblatt, das auch noch ein Nebenblatt „abscheidet“, und <strong>die</strong> fünfzipfeligen und teilweise,<br />

wie bei den Moosrosen, stark gefransten Kelchblätter bis hin zu den ganzrandigen, bei Rosa<br />

rubiginosa leicht herzförmig geformten Blütenblättern und bis zum Staubblatt und Fruchtblatt,<br />

das in der Sammelfrucht, der Hagebutten-Amphore, seine stärkste Einfaltung erfährt.<br />

Wenn wir erkennen, dass ein Teil-Fiederblatt dem ursprünglichen Keimblatt gleicht, erschließt<br />

sich uns <strong>die</strong> Beständigkeit der Ganzheit in der vertikalen Durchdringung. Im Schauen<br />

des <strong>Rosen</strong>-Grün erfahren wir das „Jetzt“ als „Spaltöffnung“ zur Zeitlosigkeit. Jeder <strong>Rosen</strong>beobachter,<br />

der im Sichtbaren das Unsichtbare erkennt, kann <strong>die</strong>se Metamorphose unschwer<br />

nachvollziehen.<br />

42 A.a.O., S. 46-48.<br />

38

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!