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Nr. 15 / Oktober 2011 - Cemex Deutschland AG

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auwerk<br />

Forum für Kunden und Partner der CEMEX <strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>15</strong> <strong>2011</strong><br />

Nachhaltiges Bauen<br />

// Sichtbeton:<br />

Sorgfalt im Detail<br />

// Zementwerke:<br />

Gestern und heute<br />

// PCE-Fließmittel:<br />

Sensible Hochleister


Editorial<br />

Branche & Unternehmen<br />

03 Nachhaltiges Bauen – ein Begriff mit vielen<br />

Facetten<br />

04 Baumarktentwicklung:<br />

Wohnbau ist Wachstumsmotor<br />

Benedikt Jodocy<br />

Vice President Legal & Sustainability<br />

der CEMEX <strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong><br />

Titel<br />

06 Architektenumfrage zum nachhaltigen Bauen<br />

Technologie & Projekte<br />

10 Sichtbeton: Sorgfalt im Detail<br />

12 Zementwerke gestern und heute<br />

16 Berechenbare Frischbetoneigenschaften<br />

Dialog & Service<br />

18 Das spricht für PCE-Fließmittel<br />

International<br />

20 Torres de Hércules: Das Non plus ultra<br />

Titelfoto:<br />

exzenterhaus bochum<br />

Impressum:<br />

Herausgeber: CEMEX <strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong>, Abt. Communication &<br />

Public Affairs, Theodorstraße 178, 40472 Düsseldorf /<br />

Verantwortlich: Dr. Helmut Littek, CEMEX <strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong> /<br />

Redaktion: Mechthild May-Jakoby / Telefon: 0211/4470-1142 /<br />

E-Mail: kundenservice.de@cemex.com / Redaktionelle Mitarbeit:<br />

Wolfdietrich Walther, Köln / Grafik und Satz: Grafikdesign Beyer,<br />

Köln / Druck: DCM GmbH, Meckenheim / Bildquellen: CEMEX<br />

<strong>Deutschland</strong> <strong>AG</strong>; S. 9 oben, S. 10 unten, S. 17 unten: privat;<br />

S. 11 oben: BetonMarketing West GmbH; S. 11 Mitte, unten:<br />

Max Frank GmbH & Co. KG; S. 13 links unten, S. 14 links oben:<br />

Festschrift „25 Jahre Beckumer Portland-Zementwerk Bomke &<br />

Bleckmann“, S. 17: Karlsruher Institut für Technologie /<br />

Erscheinungsweise: zwei Ausgaben pro Jahr / Diese Publikation<br />

wird CO 2 -neutral hergestellt und auf FSC®-zertifiziertem Papier<br />

gedruckt / Namentlich gekenn zeichnete Artikel geben nicht<br />

unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

diese Ausgabe unserer Kundenzeitschrift ist dem Thema<br />

„Nachhaltiges Bauen“ gewidmet.<br />

Bislang haben viele den Begriff Nachhaltigkeit fast ausschließlich<br />

mit umweltrelevanten Themen verbunden. Doch derzeit<br />

zeigt sich vorrangig an der Entwicklung der Zertifizierungs -<br />

systeme für das nachhaltige Bauen, welche Bedeutung die<br />

Eigenschaften und die ressourcenschonende Produktion eines<br />

Baustoffes für die Erfüllung der einzelnen Kriterien in den<br />

Bereichen Wirtschaftlichkeit, soziale Funktionen und Um -<br />

welt haben.<br />

Langlebige, dauerhafte Baustoffe – der Aspekt der Wirtschaftlichkeit<br />

– und flexible Nutzungskonzepte – die soziale Funktion<br />

– ergänzen sich hervorragend: in Gewerbeimmobilien<br />

mit offener Innenaufteilung, bei Wohngebäuden, die sich den<br />

Lebensbedürfnissen der Bewohner anpassen können, oder<br />

Tiefgaragen, deren Oberflächen einen Beitrag zum Schallschutz<br />

leisten. Für innovative Architektur, ein gutes Wohnklima<br />

und natürlich hohe Anforderungen an die Tragfähigkeit<br />

ist Beton der optimale Baustoff.<br />

Denn Beton ist wandlungsfähig und vielseitig. Er passt sich fast<br />

jeder vorgegebenen Geometrie an. Beton ist dauerhaft und<br />

erlaubt durch seine hohe statische Leistung die fast vollständige<br />

Nutzung der Grundfläche. Mit diesem Baustoff sind wir für<br />

die Zukunft gut gerüstet: die Wertsteigerung unserer gebauten<br />

Umwelt. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Benedikt Jodocy<br />

2 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Nachhaltiges Bauen<br />

– ein Begriff mit vielen Facetten<br />

Vielleicht wird „Nachhaltigkeit“ ja demnächst zum „Wort des Jahres“<br />

gekürt. Zurzeit fällt der Ausdruck jedenfalls in vielen Zusammenhängen.<br />

Ein wichtiger Bereich ist nachhaltiges Bauen.<br />

Ein Begriff macht Karriere<br />

Von der Brundtland-Kommission<br />

wurde nachhaltige Entwicklung 1987<br />

ganz allgemein definiert als eine Entwicklung,<br />

die die Bedürfnisse der<br />

Gegenwart erfüllt, ohne nachfolgenden<br />

Generationen den Spielraum zu nehmen,<br />

den sie brauchen, um ihren Be -<br />

dürfnissen gerecht zu werden. Schnell<br />

machte das Wort Karriere und etablierte<br />

sich im täglichen Sprachgebrauch. Selbst<br />

wenn man Nachhaltigkeit auf den Kontext<br />

„Nachhaltiges Bauen“ reduziert,<br />

gibt es immer noch eine große Bandbreite<br />

an Bedeutungen. Weitgehend<br />

Einigkeit herrscht in Bezug auf nachhaltiges<br />

Bauen darüber, dass es sich in drei<br />

Dimensionen zeigt: Ökologie, Ökonomie<br />

und Soziales.<br />

1. Dimension: Ökologie<br />

Auf den ersten Blick ist meist klar, dass<br />

ökologische Kriterien wichtige Hinweise<br />

auf die Nachhaltigkeit eines Bauwerks<br />

liefern: durch langlebige, schadstoffarme<br />

Baustoffe, gute Wärmedämmung und<br />

hohen Schallschutz beispielsweise.<br />

2. Dimension: Ökonomie<br />

Ökonomie und Nachhaltigkeit treffen<br />

sich etwa dort, wo es um die Dauerhaftigkeit<br />

von Bauwerken geht. Die Widerstandsfähigkeit<br />

eines Gebäudes, seine<br />

langfristigen Nutzungsmöglichkeiten,<br />

guter Brandschutz oder geringe Wartungs-<br />

und Instandhaltungskosten gehören<br />

dazu. Effizienz hinsichtlich Flächennutzung<br />

und Bauverfahren sowie die<br />

Verwendung effizienter Baustoffe sind<br />

weitere Charakteristika.<br />

3. Dimension: Soziale Aspekte<br />

Soziale Aspekte von nachhaltigem Bauen<br />

können flexible, barrierefreie Wohnkonzepte<br />

sein, die den sich wandelnden<br />

Ansprüchen der Bewohner während der<br />

Lebensdauer des Objekts genügend<br />

Raum geben. Gebäude, die sich in ein<br />

städtebauliches Gesamtkonzept einfügen,<br />

die Kommunikation fördern oder<br />

eine wohnortnahe Grundversorgung der<br />

Bewohner sicherstellen, können ebenfalls<br />

hierunter gefasst werden.<br />

Erfassung und Bewertung<br />

Ein weites Feld also, das uns zudem noch<br />

vor die Herausforderung stellt, wie das<br />

alles erfassbar, messbar und vergleichbar<br />

gemacht werden kann. Bei der Auswahl<br />

nachhaltiger Baustoffe können die verschiedenen<br />

von unabhängigen Gutachtern<br />

vergebenen Zertifizierungen wichtige<br />

Orientierungshilfen sein. Betrachtet<br />

man eine Baumaßnahme als Ganzes, ist<br />

die Lebenszyklusanalyse der wichtigste<br />

Ansatz. Sie erfasst die Auswirkungen<br />

einer baulichen Maßnahme von der Planung<br />

über den Bau und die Nutzung<br />

(mit den erforderlichen Sanierungsmaßnahmen)<br />

bis zum Abriss und dem<br />

anschließenden Recycling der verwendeten<br />

Baustoffe. Entsprechend aufwändig<br />

ist das Verfahren. Es bleibt also noch eine<br />

Menge zu tun für die gegenwärtigen und<br />

nachfolgenden Generationen. /<br />

3


Wohnbau ist<br />

Wachstumsmotor<br />

Der Wohnbau profitiert im 1. Halbjahr <strong>2011</strong> von attraktiven Rahmenbedingungen,<br />

was zu einem rasanten Anstieg der Genehmigungszahlen führt. Der Nichtwohnbau<br />

verfehlt hingegen knapp das Vorjahresniveau. Der Tiefbau bleibt nach dem<br />

Auslaufen der Konjunkturprogramme ebenfalls ohne Impulse.<br />

Steiler Anstieg<br />

der Wohnbau genehmigungen<br />

Im 1. Halbjahr <strong>2011</strong> setzte sich der Aufwärtstrend<br />

im Wohnbau deutlich be -<br />

schleunigt fort. <strong>Deutschland</strong>weit stieg<br />

die Anzahl neu genehmigter Wohngebäude<br />

in den ersten sechs Monaten des<br />

Jahres um beeindruckende 29 % an. Das<br />

Wachstum zog sich dabei fast flächen -<br />

deckend durch das gesamte Bundes -<br />

gebiet. Lediglich in Bremen blieben die<br />

Bau genehmigungen aufgrund eines<br />

überdurchschnittlich starken Vorjahreswertes<br />

rückläufig. Regionaler Spitzen -<br />

reiter war Niedersachsen mit einem Plus<br />

von 49 %. Dank exzellenter Rahmen -<br />

bedingungen sind die Perspektiven im<br />

Wohnbau weiterhin ausgezeichnet.<br />

Sinkende Arbeitslosenzahlen und Einkommenssteigerungen<br />

gehen einher mit<br />

historisch niedrigen Hypothekenzinsen<br />

und bisher nur leicht anziehenden Baupreisen.<br />

Immobilien bieten sich zudem<br />

in un ruhigen Zeiten als sichere und<br />

solide Kapitalanlage an. Nachdem die<br />

Wohnbautätigkeit mehrere Jahre weit<br />

unter dem langfristig benötigten Bedarf<br />

gelegen hat, birgt der Nachholprozess in<br />

diesem attraktiven Umfeld nun ein er -<br />

hebliches Wachstumspotenzial.<br />

Differenzierte Betrachtung<br />

im Nichtwohnbau<br />

Im Nichtwohnbau lag die Anzahl neu<br />

genehmigter Gebäude im 1. Halbjahr<br />

<strong>2011</strong> mit -1 % leicht unter dem Niveau<br />

des Vorjahres.* Die einzelnen Bauten -<br />

arten entwickelten sich in diesem Zeit -<br />

raum jedoch deutlich unterschiedlich:<br />

War der Bau von Büro- und Verwaltungsgebäuden<br />

bisher von Leerständen<br />

und Überkapazitäten geprägt, so konnte<br />

er in den letzten sechs Monaten stark<br />

anziehen (25 %). Fast ebenso wuchs auch<br />

der Bau von Fabrik- und Werkstattgebäuden<br />

(24 %). Im Bereich der Handelsund<br />

Lagergebäude ergab sich ein leichtes<br />

Plus von 3 %. Landwirtschaftliche Be -<br />

triebs gebäude sowie sonstige Nichtwohn -<br />

gebäude verzeichneten hingegen zweistellige<br />

Rückgänge (beide -13 %). Auch im<br />

Nichtwohnbau sind die Rahmenbedingungen<br />

derzeit günstig: Die Kapazitätsauslastung<br />

im verarbeitenden Gewerbe<br />

liegt bei 86 %. Der ifo-Geschäftsklima -<br />

index als wichtiger Indikator für die<br />

Stimmung in der Wirtschaft ist in den<br />

letzten Monaten zwar leicht zurückgegangen,<br />

befindet sich aber immer noch<br />

auf hohem Niveau. Es existieren keine<br />

Kredithürden. Ein Risiko liegt allerdings<br />

in der weiteren Entwicklung der Finanzkrise<br />

und der Weltwirtschaft, was jedoch<br />

erst im 2. Halbjahr 2012 baustoffrelevant<br />

werden dürfte. Regional betrachtet zeigt<br />

sich kein eindeutiges Bild. Niedersachsen<br />

liegt aktuell auch in diesem Segment mit<br />

+23 % weit vorn.<br />

Tiefbau ohne Impulse<br />

Der Tiefbau war im 1. Halbjahr <strong>2011</strong><br />

weiterhin geprägt vom Wegfall der Konjunkturhilfen<br />

und von den massiven<br />

Sparhaushalten der Bundesregierung.<br />

Die realen Auftragseingänge gingen um<br />

3 % zurück, wobei das Minus ausschließlich<br />

aus Westdeutschland resultierte<br />

(-5 %). Ostdeutschland konnte<br />

hingegen um 4 % zulegen. Besonders in<br />

Brandenburg wurde kräftig investiert.<br />

Der Nordwesten mit Ausnahme von<br />

Schleswig-Holstein, aber auch Baden-<br />

Württemberg blieben hingegen sehr<br />

schwach. Mit -3 % bzw. -2 % verlief die<br />

Entwicklung im Straßenbau und im<br />

restlichen Tiefbau nahezu parallel. /<br />

4 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Baumarktentwicklung<br />

1. Halbjahr <strong>2011</strong><br />

Zu speziellen Marktdaten für<br />

Ihr Geschäftsgebiet helfen wir<br />

Ihnen gerne weiter:<br />

kundenservice.de@cemex.com<br />

Baugenehmigungen (Anzahl Gebäude*) und Auftragseingänge im Tiefbau<br />

Wohnbau (Anzahl Gebäude)<br />

Nichtwohnbau (Anzahl Gebäude)<br />

Tiefbau (Auftragseingänge in Mio. €)<br />

absolut<br />

Veränderung zum Vorjahreszeitraum<br />

absolut<br />

Veränderung zum Vorjahreszeitraum<br />

absolut<br />

Veränderung zum Vorjahreszeitraum<br />

Schleswig-Holstein<br />

2.836 + 37 %<br />

733 -23 %<br />

226 + 7 %<br />

Hamburg<br />

728 + 14 %<br />

32 - 56 %<br />

180 - <strong>15</strong> %<br />

Niedersachsen<br />

6.479 + 49 %<br />

2.032 + 23 %<br />

1.433 - 4 %<br />

Bremen<br />

219 -17 %<br />

54 - 25 %<br />

84 - 14 %<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

9.<strong>15</strong>3 + 17 %<br />

1.736 + 1 %<br />

1.427 - 10 %<br />

Hessen<br />

3.333 + 34 %<br />

783 + 6 %<br />

756 + 5 %<br />

Rheinland-Pfalz<br />

3.557 + 42 %<br />

719 - 2 %<br />

528 - 2 %<br />

Baden-Württemberg<br />

8.101 + 29 %<br />

1.927 - 3 %<br />

1.028 - 9 %<br />

Bayern<br />

12.341 + 26 %<br />

4.716 - 5 %<br />

1.742 - 4 %<br />

Saarland<br />

393 + 20 %<br />

120 - 20 %<br />

<strong>15</strong>1 + 12 %<br />

Berlin<br />

1.056 + 22 %<br />

122 - 24 %<br />

372 + 1 %<br />

Brandenburg<br />

2.770 + 32 %<br />

378 - 2 %<br />

477 + <strong>15</strong> %<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

1.420 + 36 %<br />

192 - 17 %<br />

186 + 7 %<br />

Sachsen<br />

1.683 + 28 %<br />

633 + 4 %<br />

862 + 6 %<br />

Sachsen-Anhalt<br />

809 + 22 %<br />

328 + 10 %<br />

459 + 3 %<br />

Thüringen<br />

984 + 34 %<br />

425 + 10 %<br />

403 - 8 %<br />

West<br />

47.140 + 29 %<br />

12.852 - 1 %<br />

7.554 - 5 %<br />

Ost<br />

8.722 + 30 %<br />

2.078 0 %<br />

2.759 + 4 %<br />

<strong>Deutschland</strong><br />

55.862 + 29 %<br />

14.930 - 1 %<br />

10.313 - 3 %<br />

Veränderungen zum<br />

Vorjahreszeitraum<br />

Wohnbau<br />

Nichtwohnbau<br />

■ unter – 50 %<br />

■ unter – 25 %<br />

■ unter 0 %<br />

■ ab 0 %<br />

■ ab + 25 %<br />

■ ab + 50 %<br />

Quelle:<br />

CEMEX Marktforschung,<br />

Statistische Landesämter,<br />

Kartengrundlage:<br />

GfK GeoMarketing<br />

Orientierungshilfe in<br />

den dargestellten Stadt-/<br />

Landkreisen bietet z. B.<br />

www.kreisnavigator.de<br />

(© Deutscher Landkreistag)<br />

*Bitte beachten Sie, dass sich bei Betrachtung des genehmigten umbauten Raumes abweichende Werte ergeben können, da hier die Gebäudegröße mit einfließt.<br />

So verzeichnete der Nichtwohnbau im 1. Halbjahr <strong>2011</strong> gemessen am Rauminhalt ein Plus von 9 %, während die Anzahl der Gebäude um 1 % zurückging.<br />

5


Nachhaltigkeit<br />

– Strohfeuer oder Dauerbrenner<br />

Sehen Architekten Nachhaltigkeit als vorübergehende Mode oder als Zukunftsmodell Das<br />

Düsseldorfer Marktforschungsinstitut BauInfoConsult hat im Auftrag des Bundesverbands<br />

der Deutschen Zementindustrie/Arbeitskreis Marktforschung von Januar bis April <strong>2011</strong> vier -<br />

hundert Architekten und Planer in <strong>Deutschland</strong> befragt. Hier die wichtigsten Ergebnisse.<br />

Repräsentative Umfrage<br />

Die meisten Umfrageteilnehmer definieren<br />

Nachhaltigkeit für ihren Arbeitsbereich<br />

spontan zunächst als Langlebigkeit<br />

– ein Argument für den Baustoff Beton.<br />

An zweiter Stelle nennen sie Energie -<br />

effizienz. Für mehr als 75 Prozent der<br />

Befragten hat Nachhaltigkeit schon<br />

heute bei der Arbeit eine Bedeutung,<br />

und fast 80 Prozent sind überzeugt, dass<br />

das Thema in den kommenden fünf<br />

Jahren noch wichtiger wird. Dafür sorgten<br />

in erster Linie Energieverknappung,<br />

Klimawandel und gesetzliche Anforderungen.<br />

Nachhaltigkeit und Ästhetik<br />

Ästhetische und gestalterische Gesichtspunkte<br />

spielen für Architekten bei der<br />

Planung eine wesentliche Rolle. Umso<br />

erfreulicher, dass die Befragten keinen<br />

Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit<br />

und Ästhetik sehen: 88 Prozent meinen,<br />

Nachhaltigkeit und Ästhetik passen gut<br />

zusammen.<br />

Bauherren und Nutzer von Gebäuden<br />

sind heute zunehmend für das Thema<br />

Nachhaltigkeit sensibilisiert und verlangen<br />

immer öfter Nachhaltigkeitszertifikate.<br />

79 Prozent der Befragten teilen<br />

die Auffassung, dass Nachhaltigkeitszertifikate<br />

für Gebäude bisher zu wenig<br />

verbreitet sind. Dass sie in den kommenden<br />

Jahren insbesondere im Wohnbau<br />

an Bedeutung gewinnen, denken<br />

83 Prozent. 73 Prozent vertreten diese<br />

6 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Titel<br />

Meinung in Bezug auf Öffentlichen<br />

Bau und 64 Prozent für den Wirtschaftsbau.<br />

Was sind nachhaltige Baustoffe<br />

Nachhaltige Baustoffe sind den Umfrageteilnehmern<br />

zufolge schadstoffarm<br />

(82 Prozent Zustimmung), langlebig<br />

(81 Prozent), gut wärmedämmend (79<br />

Prozent) und bestehen aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen (70 Prozent). Für<br />

die Wahl eines Baustoffs geben die<br />

Eigenschaften schadstoffarm (88 Prozent),<br />

wärmedämmend (83 Prozent),<br />

langlebig (82 Prozent) und nachwachsend<br />

(71 Prozent) den größten Ausschlag.<br />

Gütesiegel und Umweltlabels<br />

spielen bei der Baustoffwahl insgesamt<br />

eine untergeordnete Rolle. Nur bei<br />

Dämmstoffen und Holz sind sie wichtig,<br />

bei den meisten anderen Baustoffen<br />

einschließlich Beton allerdings kaum<br />

von Bedeutung.<br />

oben und linke Seite _ Der Pylon der neuen Rheinbrücke bei Wesel besteht aus hochfestem Beton.<br />

Die Brücke ist auf eine Lebensdauer von einhundert Jahren ausgelegt.<br />

Der nachwachsende Rohstoff Holz hat<br />

ein positives Image als nachhaltiger<br />

Baustoff (95 Prozent Zustimmung).<br />

Beton wird in der Gesamtwertung<br />

weniger mit Nachhaltigkeit verbunden<br />

(33 Prozent), schneidet aber in den<br />

Kriterien Langlebigkeit mit 94 Prozent<br />

und geringer Unterhalts-/Wartungsaufwand<br />

mit 93 Prozent Zustimmung sehr<br />

gut ab.<br />

Wärmedämmung (25 Prozent). Nur in<br />

5 Prozent der Gespräche fragt der<br />

Kunde auch nach nachhaltigen Baustoffen.<br />

Architekten weisen ihrerseits in den<br />

Kundengesprächen auf Heiztechnik/er -<br />

neuerbare Energien hin (66 Prozent),<br />

auf Wärmedämmung (51 Prozent),<br />

Energieeinsparung (44 Prozent) und<br />

nachhaltige Baustoffe (34 Prozent).<br />

Allerdings bestätigen 66 Prozent der<br />

Befragten, dass die Kunden in der<br />

Planungsphase zunehmend ein Bewusstsein<br />

für den ge samten Lebenszyklus<br />

eines Gebäudes entwickeln.<br />

Herausforderung für den Massivbau<br />

Zwei Drittel der befragten Architekten<br />

bevorzugen unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten<br />

die Leichtbauweise, ob -<br />

wohl die wichtigsten Kriterien der<br />

Nachhaltigkeit – schadstoffarm, wärmedämmend,<br />

langlebig – von massiven<br />

Baustoffen und insbesondere von Beton<br />

in Kombination mit Dämmstoffen gut<br />

erfüllt werden.<br />

„Was verstehen Sie persönlich unter Nachhaltigkeit“*<br />

Langlebigkeit<br />

Lange Nutzung<br />

Energieeffizient<br />

Langlebige Baustoffe<br />

Ressourcenschonend<br />

11 %<br />

Nachwachsende Baustoffe<br />

9%<br />

21 %<br />

21 %<br />

27 %<br />

38 %<br />

Im Kundengespräch des Architekten mit<br />

seinem Auftraggeber spielen nachhaltige<br />

Baustoffe eine untergeordnete Rolle.<br />

Kunden fragen konkret nach Energieeinsparung<br />

(81 Prozent), Heiztechnik/<br />

erneuerbaren Energien (43 Prozent) und<br />

Natürliche Baustoffe<br />

5%<br />

Recyclingfähig<br />

5%<br />

0% 5% 10% <strong>15</strong>% 20% 25% 30% 35% 40%<br />

*Spontane Antworten<br />

Quelle: Repräsentative Umfrage der BauInfoConsult GmbH im Auftrag des BDZ/AK Marktforschung<br />

7


„Was sind die wesentlichen Kriterien für die Nachhaltigkeit eines Baustoffs“*<br />

Schadstoffarm<br />

82%<br />

Langlebigkeit<br />

Gute Wärmedämmeigenschaften<br />

81%<br />

79%<br />

Nachwachsender Rohstoff<br />

70 %<br />

Geringer Unterhalts-/Wartungsaufwand<br />

64 %<br />

Recyclingfähigkeit<br />

60 %<br />

Recycling-Baustoff<br />

48 %<br />

„Wie wird sich die Bedeutung des Themas<br />

Nachhaltigkeit in den kommenden fünf<br />

Jahren entwickeln“<br />

Gesundes Raumklima<br />

Geringe Naturbelastung bei<br />

Rohstoffgewinnung<br />

37 %<br />

41 %<br />

Starke Zunahme 14%<br />

Zunahme 65 %<br />

Konstanz 20%<br />

Gefahrlose Verarbeitung<br />

Gütesiegel/Umweltzertifikat<br />

Schalldämmung<br />

Schnelle Installation<br />

18 %<br />

23%<br />

30 %<br />

30%<br />

Rückgang 1%<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%<br />

Quelle: Repräsentative Umfrage der<br />

BauInfoConsult GmbH im Auftrag des<br />

BDZ/AK Marktforschung<br />

*Antwortmöglichkeiten vorgegeben<br />

Quelle: Repräsentative Umfrage der BauInfoConsult GmbH im Auftrag des BDZ/AK Marktforschung<br />

Nachhaltigkeit ist kein Selbstläufer<br />

55 Prozent der Architekten sind überzeugt,<br />

die Kunden seien nicht bereit, für<br />

Nachhaltigkeit zu bezahlen, und 85 Prozent<br />

denken, dass Maßnahmen zur Verbesserung<br />

der Nachhaltigkeit von Ge -<br />

bäu den vor allem dann umgesetzt<br />

werden, wenn sie sich für den Kunden<br />

oder Investor rechnen.<br />

Bauens im Hinblick auf die Nachhaltigkeit<br />

müssen besser dargestellt werden.<br />

Denn Zement und Beton sind schadstofffrei,<br />

Beton ist langlebig und bedarf<br />

eines geringen Wartungs auf wands. Auch<br />

können intelligente Produktsysteme auf<br />

der Basis von Beton einen wichtigen Beitrag<br />

zum energieeffizienten Bauen leisten.<br />

Diese Vorteile müssen Planern und<br />

Bauherren noch deutlicher als bisher vor<br />

Augen geführt werden. /<br />

Fazit<br />

Nachhaltigkeit ist keine vorübergehende<br />

Modeerscheinung – kein „Hype“ –, sondern<br />

ein solider Zukunftstrend. Zentrale<br />

Aspekte des nachhaltigen Bauens sind<br />

den Umfrageteilnehmern zufolge Ener -<br />

gie effizienz und Lebensdauer, zudem<br />

sollten Baustoffe schadstoffarm und<br />

nachwachsend sein. Im Gegensatz zu<br />

Holz hat Beton noch kein Image als<br />

nachhaltiger Baustoff, obwohl er im<br />

Zusammenspiel mit anderen Materialien<br />

zentrale Nachhaltigkeitskriterien sehr<br />

wohl erfüllt. Das Signal an die Massivbaubranche:<br />

Die Vorteile des massiven<br />

Ostportal des 1 646 Meter langen Wesertunnels. Er verbindet seit 2004 die niedersächsischen Landkreise<br />

Wesermarsch und Cuxhaven.<br />

8 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Titel<br />

Interview<br />

„Klare Vorteile“<br />

Wie sieht das Image von Beton als nachhaltigem Baustoff in<br />

der Öffentlichkeit aus Wir sprachen mit Thomas Kaczmarek,<br />

Geschäftsführer des InformationsZentrums Beton und der<br />

BetonMarketing <strong>Deutschland</strong> GmbH.<br />

Thomas Kaczmarek<br />

Herr Kaczmarek, was tun Sie und Ihr<br />

Team, um über die Nachhaltigkeit des<br />

Betons zu informieren<br />

Über verschiedene Netzwerke sowie eine<br />

intensive Pressearbeit informieren wir<br />

die breite Öffentlichkeit, um das Image<br />

von Beton kontinuierlich zu verbessern.<br />

Wir erreichen so über 450 000 Leser.<br />

Täglich. Der Kern unserer Kommunikation<br />

liegt besonders im technischen<br />

Marketing. Hier gilt es, die Baustoff -<br />

entscheider von den nachhaltigen Vorteilen<br />

zu überzeugen und sie mit den<br />

richtigen Informationen für die tägliche<br />

Arbeit zu versorgen. Der neue Planungsatlas<br />

für den Hochbau und die Broschüre<br />

„Nachhaltiges Bauen mit Beton“<br />

sind gute Beispiele dafür. Letztlich<br />

haben massive Baustoffe deutlich bauphysikalische<br />

Vorteile gegenüber der<br />

Leichtbauweise.<br />

Was sind die wichtigsten Argumente<br />

für Beton im Hinblick auf nachhaltiges<br />

Bauen<br />

Beton bietet Dauerhaftigkeit und Witterungsbeständigkeit<br />

ohne aufwändige Er -<br />

haltungsmaßnahmen, wie sie zum Beispiel<br />

beim Baustoff Holz nötig sind.<br />

Hinzu kommen klare konstruktive und<br />

bauphysikalische Vorteile: Massive<br />

Wandkonstruktionen und Decken gleichen<br />

Schwankungen der Außentemperaturen<br />

deutlich besser aus. Durch die individuell<br />

skalierbare Wärmedämmung<br />

kann jeder Bauherr entscheiden, welchen<br />

Energie standard sein Gebäude erreichen<br />

soll. Die schlanke tragende Konstruktion<br />

in der Gebäudehülle hilft dabei, zusätz -<br />

liche Wohnfläche zu gewinnen und<br />

zugleich auf Schall- und Brandschutz<br />

nicht zu verzichten. Deutsche Unternehmen<br />

sind weltweit führend in der Re -<br />

duzierung von Materialeinsatz, Energiebedarf<br />

und CO 2<br />

-Ausstoß bei der<br />

Zement- und Betonproduktion. Die<br />

benötigten Rohstoffe liegen ausreichend<br />

vor, und durch das dichte Produktionsund<br />

Vertriebsnetz sind die Transportwege<br />

kurz. All dies ist positiv für die nachhaltige<br />

Bewertung unseres Baustoffs.<br />

Wie gut Beton beim Kriterium Nachhaltigkeit<br />

abschneidet, darüber entscheidet<br />

der gesamte Lebenszyklus<br />

eines Bauwerks. Wie kann man den<br />

erfassen<br />

Der Deutsche Ausschuss für Stahlbeton<br />

hat ein mit Bundesmitteln gefördertes<br />

Verbundforschungsvorhaben zum The -<br />

ma „Nachhaltiges Bauen mit Beton“<br />

koordiniert. Dabei wenden die sechs<br />

beteiligten Hochschulen eine Methodik<br />

für um fassende Lebenszyklusanalysen<br />

an. Eine zentrale Rolle spielt die Ergebnisdarstellung<br />

anhand einer Referenz-<br />

Gebäudeeinheit, des so genannten<br />

„Stadtbausteins“. Das bedeutet stark<br />

verkürzt, dass zunächst auf Basis einer<br />

Skelettbauweise eine langlebige Gebäu-<br />

dekonstruktion errichtet wird, bei der<br />

im Lebenszyklus des Gebäudes verschiedene<br />

Nutzungsvarianten möglich sind.<br />

Hier sind massive Wandkonstruktionen<br />

deutlich im Vorteil. Die Studie zeigt,<br />

dass sich höhere Anfangs investitionen in<br />

die Standzeit des Gebäudes bei ökonomischer<br />

und ökologischer Be wertung<br />

rasch amortisieren. Das gleiche Prinzip<br />

gilt im Übrigen auch bei Infrastrukturprojekten.<br />

Wenn nun auch noch der<br />

architektonische Entwurf zur Gebäudegestaltung<br />

ansprechend und die Einbindung<br />

in das Objektumfeld gelungen<br />

sind, wird das Gebäude auch den sozialen<br />

Aspekten im Sinne der Nachhaltigkeitsbewertung<br />

gerecht. /<br />

Nachhaltiges Bauen mit Beton<br />

Eine von der BetonMarketing erstellte Bro -<br />

schüre zum Thema erhalten Sie kostenlos<br />

unter www.betonshop.de.<br />

9


Sichtbeton:<br />

Sorgfalt im Detail<br />

Aus der modernen Architektur ist Sichtbeton heute nicht mehr<br />

wegzudenken. Junge wie etablierte Architektinnen und<br />

Architekten nutzen gleichermaßen die Formen- und<br />

Gestaltungsvielfalt des Baustoffs.<br />

Viele konstruktive und gestalterische<br />

Möglichkeiten<br />

Durch die stoffliche Weiterentwicklung<br />

der Betone und deren breite Publikation<br />

stehen dem Entwerfer heute<br />

bedeutend mehr konstruktive und<br />

Gastautor<br />

Prof. Dr.-Ing. Matthias M. Middel<br />

Geschäftsführer der<br />

BetonMarketing West GmbH<br />

gestalterische Möglichkeiten zur Verfügung,<br />

als dies noch vor einigen Jahren<br />

der Fall war. Aber nach wie vor entscheidet<br />

vielfach die praktische Umsetzung<br />

auf der Baustelle über Erfolg und<br />

Akzeptanz der Sichtbetonaufgabe. Hinsichtlich<br />

der richtigen Wahl der Betonzusammensetzungen<br />

und den Interaktionen<br />

zwischen Schalhaut, Trennmittel<br />

und Beton gibt es zahlreiche Veröffentlichungen,<br />

und der Anwender findet in<br />

der Zement-, Beton- und Zusatzmittelindustrie<br />

sowie bei den Schalungsherstellern<br />

kompetente Ansprechpartner<br />

und Berater, die er möglichst frühzeitig<br />

in die zu treffenden Entscheidungen<br />

einbeziehen sollte.<br />

Bauausführung beeinflusst Optik<br />

entscheidend<br />

An einige Detailfragen der Bauausführung,<br />

die maßgeblich das spätere Erscheinungsbild<br />

des Sichtbetonbauteils bestimmen,<br />

wird aber leider oft erst sehr spät<br />

gedacht – oftmals zu spät. Hierbei stehen<br />

immer wieder die Frage des harmonischen<br />

Anschlusses angrenzender Bauteile<br />

und die des dichten Anschlusses von Einbauelementen<br />

im Mittelpunkt.<br />

Eine noch so gelungene Sichtbetonwandfläche<br />

verliert ihre Ausstrahlung, wenn<br />

die Anschlussfuge zu dem vorherigen<br />

Betonierabschnitt nicht sauber geplant<br />

und ausgeführt wurde. Neben den<br />

bekannten gestalterischen Aspekten, wie<br />

der Profilierung der Anschlussfuge, können<br />

auch vergleichsweise einfache Überlegungen<br />

zur Bauausführung deutliche<br />

Qualitätssteigerungen dieser markanten<br />

Bauteilbereiche bewirken. So kann zum<br />

Beispiel das Auslaufen des Zementleims<br />

im Bereich einer Arbeitsfuge durch die<br />

Verwendung eines dichtenden Schaumstoffstreifens<br />

weitestgehend vermieden<br />

werden.<br />

10 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Technologie & Projekte<br />

Austreten von Zementleim verhindern<br />

Ebenso trüben oftmals undichte An -<br />

schlüsse von Ankerhüllrohren (Mauerstärken)<br />

das Gesamterscheinungsbild von<br />

Sichtbetonwänden. Hierbei ist immer<br />

wieder festzustellen, dass nach dem Ausschalen<br />

die in der Nähe des Wandkopfes<br />

liegenden Hüllrohre weniger auffällig<br />

sind als die entsprechenden Stellen im<br />

Bereich des Wandfußes. Ursächlich ist<br />

hierfür der mit zunehmender Wandhöhe<br />

abnehmende Frisch betondruck. Diesen<br />

Effekt zeigt Ab bildung 1. Der unter<br />

anderem von Be tonkonsistenz, Erstarrungsverhalten,<br />

Temperatur und Be -<br />

toniergeschwindigkeit abhängige Frischbetondruck<br />

be wirkt bekanntlich bei<br />

lotrechten Schalungen geringste horizontale<br />

Ver formungen. Die können zur Bildung<br />

eines feinen Spaltes zwischen fixem<br />

Hüllrohr und Schalhaut führen, aus dem<br />

dann Zementleim oder Wasser in geringen<br />

Mengen austreten kann. Dieser später<br />

optisch vielfach störende Effekt tritt<br />

umso stärker auf, je höher der Frisch -<br />

betondruck in Höhe der entsprechenden<br />

Ankerlage ist.<br />

Exponierte Stellen besonders beachten<br />

Was für die Ankerkonen gilt, trifft auch<br />

auf Schalhautstöße und Schalhautecken<br />

und -kanten zu. Bereits geringe Zementleimaustritte<br />

an diesen exponierten<br />

Stellen führen zu optisch störenden<br />

Oberflächenveränderungen. Neben be -<br />

tontechnologischen Anforderungen wie<br />

Verwendung einer Gesteinskörnung mit<br />

geringerem Größtkorn, angepasstem<br />

Ze mentleimvolumen etc. können einfache<br />

Einbauelemente maßgeblich zum<br />

Gelingen beitragen. Die Zulieferer -<br />

industrie bietet dichtende Einbauprofile<br />

für nahezu scharfe Kanten; ein Beispiel<br />

zeigt Abbildung 2. Mit diesen Profilen<br />

wird nicht nur ein wesentlicher Beitrag<br />

zur Dichtheit der Schalungsecke und<br />

Schalungskanten geleistet, sondern die<br />

Bauteilecken und -kanten können darüber<br />

hinaus auf kleine Radien begrenzt<br />

werden (vgl. Abbildung 3), wie sie ggf.<br />

durch ergänzende Anforderungen wie<br />

Unfallverhütungsvorschriften für Schulen<br />

vorgegeben sind. /<br />

Abb. 1 _ Sichtbetonwand: Mit der Höhe nehmen<br />

der Frischbetondruck und damit die Zementleim -<br />

austritte an den Spannstellen ab.<br />

Abb. 2 _ Selbstklebende Schalungseckleiste:<br />

Neben betontechnologischen Anforderungen<br />

können Einbauelemente zum Gelingen beitragen.<br />

Dem wirken Ankerkonen mit einem<br />

zusätzlichen Dichtring entgegen. Die<br />

Schaumstoffdichtringe mit Dicken von<br />

etwa 2 bis 8 Millimetern können durch<br />

den Frischbetondruck hervorgerufene<br />

Verformungsunterschiede kompensieren<br />

und tragen so wesentlich zu einem einheitlichen<br />

Erscheinungsbild der Sicht -<br />

betonwand bei.<br />

Abb. 3<br />

Sichtbetonbauteil mit<br />

leicht gerundeten<br />

Kanten: Oft reichen<br />

einfache Mittel, um die<br />

Ausführungsqualität<br />

erheblich zu steigern.<br />

11


Zementwerke<br />

gestern und heute<br />

Moderne Zemente auf der Basis von durch Sinterung erzeugtem Portlandzement klinker<br />

werden in <strong>Deutschland</strong> seit über <strong>15</strong>0 Jahren produziert. Waren die ersten Brennöfen<br />

noch an die der Kalk- und Ziegelindustrie angelehnt, so hat sich im Laufe der Jahre eine<br />

eigene hochkomplexe Technologie entwickelt. Das einhundertjährige Jubiläum des<br />

Zementwerks Beckum-Kollenbach nehmen wir zum Anlass für einen Blick auf die<br />

Entwicklung der Zementherstellung.<br />

Rohstoffe – die unverzichtbare Basis<br />

Die wichtigste Rohstoffbasis für das Herstellen<br />

von Zement ist nach wie vor kalkhaltiges<br />

Gestein mit einem ausreichend<br />

hohen Calciumcarbonat-Gehalt. An vielen<br />

Standorten der heutigen Zement -<br />

industrie wurde bereits in frühen Zeiten<br />

der Geschichte Kalkstein abgebaut und<br />

zu Baustoffen verarbeitet. Beckum als<br />

„Welthauptstadt des Zements“ und<br />

Rüdersdorf als „Standort mit über 750-<br />

jähriger Baustofftradition“ – die beiden<br />

Standorte von CEMEX-Zementwerken<br />

mit Klinkerproduktion in <strong>Deutschland</strong> –<br />

sind dafür typisch.<br />

Wurde der Rohstoff zu Beginn noch<br />

mühsam mit Hacke und Schaufel abgebaut,<br />

so erfolgt die Gewinnung heute<br />

mit modernen Baggern. In einigen Fällen<br />

muss das Gestein zuvor durch<br />

Sprengen gelockert werden. Speziell in<br />

Rüdersdorf kommt ein Bagger zum Einsatz,<br />

der die Zahl der notwendigen<br />

Sprengungen und die damit verbundenen<br />

Belastungen für die angrenzenden<br />

Wohngebiete reduziert.<br />

12 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Technologie & Projekte<br />

Drehrohröfen –<br />

der Schlüssel zum Erfolg<br />

Waren die ersten Zementbrennöfen in<br />

Form von Ring- und Schachtöfen den in<br />

der Kalk- und Ziegelindustrie verwendeten<br />

noch vergleichbar, so brachte die Einführung<br />

der kontinuierlich arbeitenden<br />

Drehrohröfen einen entscheidenden<br />

technologischen Fortschritt. Bei der<br />

Gründung des Zementwerks Kollenbach<br />

in Beckum im Jahr 1911 wurde ein für<br />

damalige Verhältnisse hochleistungsfähiger<br />

Drehrohrofen, System Polysius-Dessau,<br />

mit einer Leistung von 45 000 Tonnen<br />

Portlandzementklinker pro Jahr<br />

installiert. Drehrohrofenanlagen der heutigen<br />

Zeit können Leistungen von mehr<br />

als 3 000 000 Tonnen Portlandzementklinker<br />

pro Jahr erreichen. Der technische<br />

Fortschritt zeigt sich sozusagen im<br />

Zeitraffertempo am Produktionsstandort<br />

Rüdersdorf. Die im Jahr 1995 in Betrieb<br />

genommene Produktionsanlage hat sieben<br />

Öfen älteren Baudatums ersetzt.<br />

Energieeffizienz – Herausforderung<br />

nicht nur für die Zukunft<br />

Zur Herstellung von Portlandzementklinker<br />

ist ein hoher Energieaufwand<br />

nötig, der vor allem durch die Anlagen -<br />

effizienz, aber auch durch die Verwendung<br />

von weiteren Sekundärroh- und<br />

-brennstoffen beeinflusst werden kann.<br />

So wurde in Rüdersdorf 1928 der erste<br />

Lepolofen (Hersteller Polysius) nach<br />

dem energetisch fortschrittlichen Halbtrockenverfahren<br />

in Betrieb genommen.<br />

Bereits 1953 kam im Zementwerk<br />

Beckum-Kollenbach die erste Schwebegaswärmetauscheranlage<br />

zum Einsatz,<br />

mit der es möglich war, den Brennenergiebedarf<br />

um mehr als 30 Prozent zu<br />

senken. Die Integration einer zirkulierenden<br />

Wirbelschicht im Zementwerk<br />

Rüdersdorf ermöglicht seit 1995 die<br />

reststofffreie Verwertung von Sekundärbrennstoffen.<br />

Heute sind die Themen<br />

Energieeffizienz und Umweltschutz aus<br />

der Zementindustrie nicht mehr weg -<br />

Historische Aufnahme des Ofenhauses im Werk<br />

Rüdersdorf<br />

Moderner Drehrohrofen im Werk Beckum-<br />

Kollenbach der CEMEX WestZement GmbH<br />

Arbeiter im Beckumer Steinbruch zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />

Zeitgemäße Kalkmergelgewinnung per Hydraulikbagger<br />

13


100 Jahre<br />

Zementwerk Beckum-Kollenbach<br />

Festigkeitslabor des 1929 gegründeten<br />

Zementwerks Dortmund<br />

Mitarbeiterin im heutigen Umweltlabor<br />

Rüdersdorf<br />

Im Jahr 1911 legen drei Unternehmer den<br />

Grundstein für eine Erfolgsgeschichte:<br />

Arnold Bleckmann, Franz Bomke und<br />

dessen Sohn Josef Bomke gründen das<br />

Beckumer Portland-Zementwerk<br />

Bomke & Bleckmann, den Vorläufer des<br />

heutigen Zementwerks Beckum-Kollenbach<br />

der CEMEX WestZement GmbH.<br />

1912 wird das Werk erbaut, und am<br />

<strong>15</strong>. März 1913 verlässt der erste Zementwaggon<br />

das Betriebsgelände. Name der<br />

neuen Zementmarke: „Hannibal“ – eine<br />

Kampfansage an die Konkurrenz. Mit einer<br />

Jahresleistung von 45 000 Tonnen ist das<br />

Werk eines der größten und modernsten<br />

seiner Zeit.<br />

Einhundert Jahre später wird am Standort<br />

Beckum-Kollenbach noch immer in<br />

Zukunfts technologie investiert. Zum Beispiel<br />

erhält das Werk zurzeit als weltweit<br />

erstes CEMEX-Zementwerk eine Wirbelstrommühle:<br />

ein technisch anspruchsvolles<br />

Pilotprojekt.<br />

Mehr als einhundertfünfzig Mitarbeite -<br />

rinnen und Mitarbeiter sind heute im Werk<br />

beschäftigt, sieben junge Frauen und<br />

Männer erhalten hier ihre Berufsausbildung.<br />

zudenken. Der Einsatz von Sekun -<br />

därbrennstoffen und die Verwendung<br />

weiterer Hauptbestandteile für die Ze -<br />

mentproduktion wie Hüttensand und<br />

Kalksteinmehl tragen dazu bei, den<br />

Energiebedarf sowie den Bedarf an Primärrohstoffen<br />

zu reduzieren.<br />

Die Entwicklung von Zementen auf der<br />

Basis von Hüttensand hat bei CEMEX<br />

eine lange Tradition und geht auch auf<br />

Ideen von Theodor Gustav Narjes und<br />

August Bender zurück, die ihre Zementfabrik<br />

1872 in Essen-Kupferdreh gründeten.<br />

So produzierten sie als erste Portlandzementklinker<br />

unter Verwendung<br />

von Hochofenschlacke als Rohstoffbasis.<br />

Einen großen technologischen Schritt<br />

bei der Herstellung von Zementen mit<br />

mehreren Hauptbestandteilen stellte<br />

1989 die Einführung der Mischtechnologie<br />

im Werk Dortmund dar. Auf der<br />

Basis qualitätsgeprüfter Halbprodukte<br />

erfolgt so zum Beispiel die Herstellung<br />

von Hochofenzementen mit neuem<br />

Leistungsvermögen.<br />

Qualitätssicherung – integraler<br />

Bestandteil der Zementproduktion<br />

Bereits 1878 wurden Mindestanforderungen<br />

an den Baustoff Zement in der<br />

ersten Industrienorm für ein fabrikmäßig<br />

hergestelltes Erzeugnis festgelegt: der<br />

deutschen Zementnorm. Umfangreiche<br />

Analysen durch die werkseigenen Labore<br />

sichern heute eine gleichmäßige, hohe<br />

Qualität der Zemente. Dabei werden<br />

jedoch nicht nur die Zemente selbst, sondern<br />

auch die für deren Herstellung eingesetzten<br />

Rohstoffe kontinuierlich überwacht.<br />

In den Laboren der Neuzeit<br />

haben Roboter und Computer Einzug<br />

Aktuelle Aufnahmen: das Werk Beckum-Kollenbach der CEMEX WestZement GmbH (links) und das Werk Rüdersdorf der CEMEX OstZement GmbH<br />

14 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Technologie & Projekte<br />

Moderne Sichterkreislauf-Zementmühle zur Fertigung von Zement und<br />

Halbprodukten<br />

Elektrofilter zum Säubern der Luft an den<br />

Kaminen<br />

gehalten. Sie erleichtern den Baustoffprüfern<br />

und Chemielaboranten die Arbeit<br />

und gewährleisten eine hohe Prüfdichte<br />

und Zuverlässigkeit. Zusätzlich zu den<br />

normativ festgelegten Prüfungen der<br />

Zemente erfolgt auch eine Überwachung<br />

der Zementeigenschaften im Beton.<br />

Umweltschutz –<br />

heute wichtiger denn je<br />

Dem Umweltschutz hat man zu Beginn<br />

der Industrialisierung noch recht wenig<br />

Beachtung geschenkt. Dies hat sich in<br />

den vergangenen Jahrzehnten komplett<br />

ge ändert. Eine Vielzahl technologischer<br />

Lösungen sorgt für den effizienten Um -<br />

gang mit Energie und Rohstoffen und<br />

verringert Emissionen jeglicher Art. Da -<br />

rüber hinaus gehört die Rekultivierung<br />

von alten Steinbrüchen und Abbaubereichen<br />

zu den Aufgaben des Betreibers.<br />

Rekultivierte Steinbrüche bieten Fauna<br />

und Flora neue Lebensräume. Seit Ende<br />

der 1990er Jahre gibt es für die<br />

Zementstandorte von CEMEX da her<br />

auch Umweltmanagementsysteme nach<br />

DIN EN ISO 14001 und nach der<br />

europäischen Öko-Audit-Verordnung.<br />

Logistik – Management der<br />

Stoffströme über die gesamte<br />

Wertschöpfungskette<br />

Der Transport von Waren- und Rohstoffströmen<br />

hat heute einen entscheidenden<br />

Einfluss auf unsere Gesellschaft.<br />

In der Zementindustrie gilt das sowohl<br />

für interne als auch für externe Transportprozesse.<br />

Zum einen müssen zu<br />

jedem Zeitpunkt ausreichend Rohstoffe<br />

für die Produktion des Zements zur Verfügung<br />

stehen. Zum anderen muss der<br />

Zement auch termingerecht zum Kunden<br />

transportiert werden. Eine gute<br />

Logistik und eine moderne Fahrzeugflotte<br />

helfen, Umweltwirkungen durch<br />

Transporte zu minimieren. Nach Möglichkeit<br />

werden Transporte auf die<br />

Schiene und auf den Wasserweg verlagert.<br />

So wurde beispielsweise 1995 im<br />

Zementwerk in Duisburg zur Realisierung<br />

großer Umschlagsmengen eine vollautomatische<br />

Bahnverladung installiert.<br />

Fazit<br />

Die CEMEX-Zementwerke sind seit<br />

Beginn der modernen Zementproduktion<br />

in <strong>Deutschland</strong> an deren technologischer<br />

Weiterentwicklung beteiligt. Auch<br />

in Zukunft wird die Entwicklung innovativer<br />

und nachhaltiger Produkte Ziel<br />

und Herausforderung bleiben. /<br />

Eine Auswahl technologischer Meilensteine<br />

1300 n. Chr. Beginn des Kalksteinabbaus in Rüdersdorf<br />

1872 Beginn der Zementproduktion bei Narjes & Bender<br />

1885 Zementproduktion in Rüdersdorf<br />

1911 Zementproduktion in Beckum<br />

1924 Lepolofen in Rüdersdorf<br />

1953 Schwebegaswärmetauscher in Beckum<br />

1985 Rohrkühler in Beckum, Gutbett-Walzenmühle in Dortmund<br />

1989 Mischtechnologie in Dortmund<br />

1995 Ofenlinie 5 mit Wirbelschicht in Rüdersdorf, Bahnbeladung in Duisburg<br />

<strong>15</strong>


Berechenbare<br />

Frischbetoneigenschaften<br />

Die Festigkeit und die Dauerhaftigkeit von Beton werden wesentlich durch seine<br />

Porenstruktur und seine Homogenität bestimmt. Die Zielsetzung der Mischungs -<br />

entwicklung ist es daher, den Gehalt an Poren, Verdichtungsfehlern, Lunkern und<br />

Entmischungserscheinungen durch eine optimale Abstimmung der Frischbeton -<br />

eigenschaften auf das herzustellende Bauteil zu minimieren.<br />

Entscheidender Faktor Zementleim<br />

Von zentraler Bedeutung für die Steuerung<br />

des Verarbeitungsverhaltens eines<br />

Betons ist eine möglichst genaue<br />

Kenntnis der rheologischen Eigenschaften<br />

des Zementleims, der die Trägerflüssigkeit<br />

für die Gesteinskörnung bildet.<br />

Die Viskosität des Zementleims<br />

sollte dabei einerseits so gering sein,<br />

dass der Strömungswiderstand einer<br />

aufsteigenden Luftblase im Beton während<br />

der Verdichtung minimiert wird.<br />

Andererseits muss jedoch die grobe<br />

Gesteinskörnung durch denselben<br />

Mechanismus an einem Absinken<br />

gehindert werden, ihr Transport auch<br />

durch enge Bewehrungszwischenräume<br />

muss sichergestellt sein – siehe die<br />

Grafiken auf Seite 17 rechts.<br />

Die Kombination dieser teilweise gegensätzlichen<br />

Anforderungen bedarf eines<br />

Zementleims, der im Ruhezustand eine<br />

möglichst hohe Viskosität aufweist und<br />

somit Sedimentationserscheinungen verhindert.<br />

Bei einer langsamen Strömung<br />

muss der Zementleim wiederum eine<br />

ausreichende Viskosität aufweisen und<br />

so die grobe Gesteinskörnung auch<br />

durch enge Bewehrungszwischenräume<br />

hindurch transportieren. Für hohe<br />

Scherbelastungen sollte die Viskosität<br />

des Leims möglichst gering sein, um<br />

eine vollständige Entlüftung des Betons<br />

zu gewährleisten.<br />

Die linke Grafik auf Seite 17 zeigt, dass<br />

die Viskosität stark von der anliegenden<br />

Schergeschwindigkeit abhängig ist. Wird<br />

ein Beton beispielsweise aus einem Kübel<br />

in eine Schalung gefüllt oder mit einer<br />

Rüttelflasche verdichtet, so hat die daraus<br />

resultierende Scherung des Betons einen<br />

starken Abfall der Viskosität und damit<br />

eine Verflüssigung des Materials zur<br />

Glossar<br />

Die Rheologie untersucht das Verformungsund<br />

Fließverhalten von Substanzen.<br />

Scherung ist die Verformung eines Körpers,<br />

die dadurch entsteht, dass Flächen relativ<br />

gegeneinander (gegen-parallel) verschoben<br />

werden.<br />

16 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Technologie & Projekte<br />

Viskosität unterschiedlicher Betonarten<br />

Entlüftungsverhalten<br />

dynamische Viskosität [Pa · s]<br />

Ruhezustand (ohne Scherbelastung)<br />

Normalbeton (NB)<br />

Ultra-High-Performance-Concrete (UHPC)<br />

Selbstverdichtender Beton (SVB)<br />

Normalbeton unter<br />

Rütteleinwirkung<br />

Schergeschwindigkeit [s -1 ]<br />

plastische Viskosität μ<br />

μ NB<br />

μ SVB<br />

Entmischungsverhalten<br />

Einfluss der Schergeschwindigkeit auf die Viskosität von UHPC im Vergleich zu<br />

Normalbeton (NB) und Selbstverdichtendem Beton (SVB)<br />

Folge. Im Ruhezustand (d. h. Scher -<br />

geschwindigkeit = 0 s -1 ) steigt die Viskosität<br />

hingegen wieder stark an und<br />

verhindert somit ein Absinken der<br />

Gesteinskörnung.<br />

Elektrische Ladung der Zement -<br />

partikel entscheidet<br />

Die geschwindigkeitsabhängige Veränderung<br />

der Viskosität ist im Wesentlichen<br />

auf eine wechselnde Agglomerierung<br />

bzw. Dispergierung der Zementpartikel<br />

zurückzuführen. Diese ist entscheidend<br />

von der elektrischen Ladung der Ze -<br />

mentpartikel abhängig, dem sogenannten<br />

Zeta-Potenzial. Da Partikel mit<br />

gleicher Ladung (d. h. mit gleichem Vorzeichen<br />

der Ladung) sich gegenseitig<br />

abstoßen, führt eine Steigerung des<br />

Betrags des Zeta-Potenzials automatisch<br />

zu einer Verflüssigung des Zementleims<br />

bzw. Betons. Da das Zeta-Potenzial der<br />

Partikel wiederum eine Funktion der<br />

Zementzusammensetzung ist, kann<br />

dieser Effekt dazu genutzt werden, die<br />

rheo logischen Eigenschaften des Ze -<br />

ment leims – und ggf. auch des Betons –<br />

vorherzusagen.<br />

Frischbetoneigenschaften<br />

vorhersagbar<br />

Durch umfangreiche experimentelle<br />

Untersuchungen wurden hierzu geeignete<br />

Gleichungen hergeleitet, die das<br />

Fließverhalten des Zementleims exakt<br />

beschreiben. Für die baupraktische<br />

Anwendung ist es jedoch vollkommen<br />

ausreichend, beispielsweise die Fließgrenze<br />

oder die plastische Viskosität<br />

eines Zementleims auf Grundlage der<br />

Mischungszusammensetzung zu berechnen<br />

und durch den Vergleich der resultierenden<br />

Kennwerte für unterschied -<br />

liche Ausgangsstoffe das günstigste<br />

Produkt für die gewünschten Beton -<br />

eigenschaften zu ermitteln. Für diese<br />

Berechnung werden neben dem w/z-<br />

Wert auch die Rohdichte, der Blaine-<br />

Wert und die Packungsdichte des<br />

Zements sowie der Gehalt der Klinkerphase<br />

Tricalciumsilikat C 3<br />

S im Zement<br />

benötigt.<br />

Mittels der vorgestellten Methodik ist es<br />

möglich, Frischbetoneigenschaften be -<br />

rechenbar und vor allem vorhersagbar<br />

zu machen. Dies gilt auch für die<br />

Berücksichtigung moderner Betonverflüssiger,<br />

deren Verhalten ebenfalls<br />

durch das Modell (siehe Grafiken) abgebildet<br />

werden kann. /<br />

Literatur<br />

Haist, M.: Zur Rheologie und den physikalischen<br />

Wechselwirkungen bei Zementsuspensionen.<br />

Dissertation, Karlsruher Institut für Technologie (KIT),<br />

KIT Scientific Publishing, Karlsruhe, 2009.<br />

Haist, M.: Berechenbare Frischbetoneigenschaften.<br />

Betonwerk International (<strong>2011</strong>, in Vorbereitung).<br />

Blockierverhalten<br />

Schematische Darstellung der<br />

Mechanismen bei der Entlüftung und<br />

Entmischung von Beton sowie beim<br />

Blockieren der Gesteinskörnung in<br />

engen Bewehrungs zwischenräumen<br />

Gastautor<br />

Dr.-Ing. Michael Haist<br />

arbeitet am Karlsruher Institut für<br />

Technologie (KIT) im Institut für<br />

Massivbau und Baustofftechnologie.<br />

Er wurde für seine Dissertation über<br />

die Rheologie bei Zementsuspensionen<br />

mit dem CEMEX Förderpreis<br />

Beton 2010 ausgezeichnet.<br />

17


Das spricht für<br />

PCE-Fließmittel<br />

Betonzusatzmittel auf PCE-Basis stehen im Industriefußbodenbau teilweise in der Kritik.<br />

Zu Recht Mit richtig eingestellten PCE-Betonen lassen sich wunschgemäße Ergebnisse<br />

sehr zielgenau erreichen – das zeigt die jahrelange Praxis.<br />

„Hervorragendes Ergebnis“<br />

„Angesichts einer Bauteildicke von 70<br />

Zentimetern hatten wir zwar zunächst<br />

Bedenken, aber nach der Abbindezeit<br />

von sechs Stunden war es ohne weiteres<br />

möglich, die Betonfläche mit schweren<br />

Flügelglättern abzuscheiben und zu<br />

glätten. Die Betonqualität war einwandfrei.<br />

Das Ergebnis ist meines<br />

Erachtens hervorragend.“ Dipl.-Ing.<br />

Univ. Michael Grabmeier, Geschäftsführer<br />

der Grabmeier Bau GmbH &<br />

Co. KG, spricht über den Bau einer<br />

2 400 Quadratmeter großen Industriebodenplatte<br />

für die Develey Feinkost -<br />

fabrik GmbH in Dingolfing. Zum Einsatz<br />

kam hier ein qualitätsüberwachter<br />

Fließbeton mit PCE-Fließmittel, im<br />

Transportbetonwerk dosiert, konfiguriert,<br />

abgewogen und mit Kunststoff -<br />

fasern werksgemischt.<br />

Know-how ist erforderlich<br />

Wenn beim Bau von Industriefußböden<br />

mit einem PCE-Beton Probleme<br />

auf treten – wie etwa eine starke Ver -<br />

zögerung der Festigkeitsentwicklung,<br />

Kon sis tenz schwankungen und Luft -<br />

poren ein schlüs se –, so ist der Grund<br />

hierfür oftmals schnell ausgemacht,<br />

vielleicht auch vorschnell. Denn nicht<br />

immer ist das Fließmittel der Schwachpunkt,<br />

und längst nicht jeder PCE-<br />

Beton führt zu Problemen. Für den<br />

Betonhersteller und den Verarbeiter<br />

setzt die Verwendung eines Zusatzmittels<br />

auf der Basis von Polycarboxylat-<br />

Ether (PCE) mehr technisches Knowhow<br />

voraus. Insbesondere ein genaues<br />

Verständnis der Wechselwirkungen<br />

zwischen Fließmittel und Zement ist<br />

unverzichtbar. Auch Rahmenbedingungen<br />

wie Klima, Mischprozesse und<br />

Baustellenabläufe sollten berücksichtigt<br />

werden.<br />

18 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>


Dialog & Service<br />

oben _ Einbau eines PCE-Betons in eine 70 Zentimeter starke Industriebodenplatte. Sie wird 30 Meter<br />

hohe Hochregale der Develey Feinkostfabrik GmbH tragen.<br />

linke Seite _ Die erste Bewährungsprobe: Bei der aufwändigen Montage der Hochregallager wurde<br />

die Betonoberfläche extrem beansprucht.<br />

Industriefußboden der Hermes Warehousing<br />

Solutions in Haldensleben. Zur Rezeptur gehörte<br />

Betonverflüssiger/Fließmittel ISOFLECX 771, ein<br />

Kombinationsprodukt auf der Basis von PCE und<br />

Ligninsulfonat.<br />

Sensible Hochleister<br />

PCE-Fließmittel erlauben es, dass der<br />

Betonhersteller alle Ausgangsstoffe<br />

bereits im Werk unter streng kontrollierten<br />

Bedingungen dosiert und die Rezeptur<br />

genau dokumentiert: Die Beton -<br />

zusammenstellung liegt ganz in seiner<br />

Verantwortung. Verschieden lange Aufmischzeiten<br />

und Konsistenzschwan -<br />

kungen von Charge zu Charge werden<br />

ausgeschlossen und damit auch dadurch<br />

bedingte unterschiedlich lange Fristen<br />

bis zum Glätten der Fläche. Die Betonqualität<br />

wird gleichmäßiger, die Einbauleistung<br />

steigt. Heute wird beim Einsatz<br />

von PCE-Fließmitteln ein moderates<br />

Rücksteifen in Kauf genommen und<br />

von vornherein einkalkuliert. Insbesondere<br />

bei Betonen mit höheren Festigkeiten<br />

oder niedrigeren w/z-Wert-Anforderungen<br />

können die Zementgehalte<br />

reduziert werden. Das wirkt sich positiv<br />

auf die Hydratationswärmeentwicklung<br />

und somit auf die Reißneigung aus.<br />

Gerade bei Industriefußböden bieten<br />

Hochleistungsfließmittel auf PCE-Basis<br />

mit ihrem erweiterten Potenzial einige<br />

Vorteile gegenüber konventionellen<br />

Fließmitteln. PCE sind synthetische Produkte,<br />

und ihre chemische Struktur lässt<br />

sich dem Einsatzzweck gezielt anpassen.<br />

So kann man die höhere Initialverflüssigung<br />

bei optimaler Konsistenzstabilität<br />

nutzen. Es müssen PCE-Fließmittel -<br />

sorten gewählt werden, deren Wirkungsdauer<br />

auf den ge wünschten Glättzeitpunkt<br />

abgestimmt ist; dabei ist auch die<br />

zu erwartende Transportzeit zur Einbaustelle<br />

zu berücksichtigen.<br />

Konventionelle vs. PCE-Fließmittel<br />

Aufgrund dieser Vorteile kommt PCE-<br />

Zusatzmitteln heute eine große Bedeutung<br />

im Betonbau zu: Sie erreichen<br />

einen Marktanteil von über 50 Prozent.<br />

Daneben haben auch konventionelle<br />

Fließmittel auf der Basis von Lignin-,<br />

Melamin- und Naphthalinsulfonat<br />

selbstverständlich weiter ihre Existenz -<br />

berechtigung und können bei vielen<br />

Aufgabenstellungen die erste Wahl sein,<br />

zum Beispiel weil sie sich auf der Bau-<br />

stelle nachdosieren lassen. Allerdings<br />

kann man auch bei der Verwendung von<br />

konventionellen Fließmitteln nicht jeden<br />

Produkttyp einsetzen. Hier muss ebenso<br />

wie bei PCE-Fließmitteln eine zweck -<br />

mäßige Auswahl getroffen werden.<br />

Fazit<br />

Sämtliche Ausgangsstoffe müssen zueinander<br />

passen, damit ein Beton den<br />

Anforderungen des Bauherrn, den Vorgaben<br />

des Planers und den äußeren Rahmenbedingungen<br />

gerecht wird. Um das<br />

technologische Optimum und die wirtschaftlichste<br />

Ausführung zu erreichen,<br />

sollte man keine Fließmittelfamilie von<br />

vornherein ausschließen – ein Betonhersteller<br />

muss das gesamte Zusatzmittel -<br />

repertoire beherrschen. PCE-Fließmittel<br />

sind zwar sensibler als konventionelle,<br />

aber professionell verwendet tragen sie in<br />

vielen Fällen dazu bei, die Betonqualität<br />

zu vereinheitlichen. So geben sie dem<br />

Industriefußbodenbau mehr Planungs -<br />

sicherheit für die weitere Bearbeitung<br />

der Betonoberfläche. /<br />

19


International<br />

Torres de Hércules:<br />

Das Non plus ultra<br />

126 Meter hoch und strahlend weiß erheben<br />

sie sich an der Bucht des südspanischen<br />

Algeciras: Die Torres de Hércules –<br />

„Türme des Herkules“ – sind die höchs -<br />

ten Gebäude in Andalusien und eine<br />

Hommage an die aus der Sage bekannten<br />

Säulen des Herkules. Der Entwurf<br />

stammt vom Architekturbüro Rafael de<br />

La-Hoz aus Madrid, errichtet wurden die<br />

Hochhaustürme mit Beton der spanischen<br />

CEMEX-Gesellschaft. Sie beherbergen<br />

unter anderem Büros und ein Restaurant.<br />

Von der Besucherplattform aus<br />

blickt man über die Straße von Gibraltar.<br />

Die Gitterstruktur der Fassade wiederholt<br />

in riesigen umlaufenden Lettern das<br />

mythische Motto NON PLUS ULTRA<br />

(„nicht noch weiter“). Diesen Schriftzug<br />

hatte der Sage nach einst Herkules am<br />

Ausgang des Mittelmeers angebracht, um<br />

die Seefahrer des Altertums vor der Fahrt<br />

über das Ende der bekannten Welt<br />

hinaus zu warnen. Die Betonfassade<br />

schützt die Torres de Hércules vor zu viel<br />

Sonneneinstrahlung, doch zugleich er -<br />

laubt sie den Blick auf ein einzigartiges<br />

Panorama. /<br />

20 bauwerk <strong>15</strong> <strong>2011</strong>

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