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Wettbewerbsdokumentation - Stottrop Stadtplanung

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Anlass und Ziel des Wettbewerbs<br />

Das Rheinische Industriemuseum (RIM) und das Rheinische<br />

Amt für Bodendenkmalpflege (RAB) des Landschaftsverbandes<br />

Rheinland (LVR) haben seit Frühjahr 2006 industriearchäologische<br />

Grabungen auf St. Antony in Oberhausen-<br />

Osterfeld durchgeführt.<br />

Sie fanden im Landschaftsschutzgebiet Elpenbachtal in<br />

Oberhausen-Osterfeld statt und sind nun abgeschlossen.<br />

Die Grabungen dienten dem Ziel, die erste Hochofenanlage<br />

der Region, also die „Wiege der Ruhrindustrie“ und damit die<br />

„Urhütte“ der bedeutendsten Stahlregion Europas zu sichern<br />

und einem breiten Publikum zum Jahr der Kulturhauptstadt<br />

Ruhr 2010 zugänglich zu machen.<br />

Zur Geschichte der Antony-Hütte<br />

Der Moment, als am 18. Oktober 1758 in der St. Antony-Hütte<br />

der erste Hochofen angeblasen wurde, ist die eigentliche<br />

Geburtsstunde der Industrialisierung im Ruhrgebiet. Der<br />

Hüttengründer, Franz Ferdinand von der Wenge zu Dieck,<br />

war der Zeit weit voraus, als er vor dem Hintergrund der<br />

günstigen Standortbedingungen im Raum Oberhausen 1741<br />

bei der kurkölnischen Hofkammer in Bonn einen so genannten<br />

Mutschein zum Abbau von Raseneisenerz beantragte<br />

und auch erhielt. Augenscheinlich durch ausreichende<br />

Kenntnisse über die vergleichsweise schon weit fortgeschrittene<br />

Entwicklung der britischen Schwerindustrie schuf er im<br />

heutigen Oberhausen-Osterfeld die Voraussetzungen zum<br />

Bau der ältesten Eisenverhüttungsanlage im Ruhrgebiet.<br />

Neben dem ersten, durch ein Wasserrad betriebenen Hochofen<br />

gab es eine Gießerei, in der hauptsächlich Gebrauchsgut<br />

wie gusseiserne Töpfe und Pfannen, Gewichte und Öfen<br />

hergestellt wurden. Im Zuge des deutsch-dänischen und<br />

preußisch-österreichischen Krieges produzierte man in<br />

den 1860er Jahren auch Kanonenkugeln. Ab 1803 ist die<br />

Herstellung von Teilen für Dampfmaschinen belegt. Die St.<br />

Antony-Hütte erfuhr im Laufe der Jahre mehrere Ausbauten<br />

und Umnutzungen. 1781 wurden ein neuer Hochofen und ein<br />

neues oberschlächtiges Wasserrad, 1800 ein neues Schlackenpochwerk<br />

gebaut. 1810 erfolgte der Zusammenschluss<br />

mit der Gute Hoffnungshütte (gegr. 1782) und mit der Hütte<br />

Neu-Essen (gegr. 1791) zur Hüttengewerkschaft und Handlung<br />

Jacobi, Haniel und Huyssen mit Sitz in Sterkrade.<br />

Da die St. Antony-Hütte zunehmend Absatzschwierigkeiten<br />

hatte, wurde der Betrieb eingestellt und auf dem Gelände<br />

zwischen 1821 und 1827 kurzzeitig eine Papiermühle betrieben.<br />

Danach nutzte man sie wieder als Produktionsstätte<br />

für Eisenwaren, bis 1843 die Verhüttung endgültig ihr Ende<br />

fand. Dazu beigetragen hat insbesondere die ungünstige<br />

Verkehrsanbindung, da ein in der Nähe gelegener Binnenhafen<br />

oder Eisenbahnanschluss fehlte. Erhalten blieb bis<br />

1877 noch der Gießereibetrieb. Danach riss man große<br />

Teile der Anlage ab und baute die verbliebenen Lager- bzw.<br />

Produktionshallen zu Arbeiterwohnungen um. Die letzten<br />

6<br />

Behausungen standen bis 1969. Das einzige, heute noch<br />

existierende Gebäude aus der Gründungszeit ist ein lang<br />

gestrecktes Fachwerkhaus. Es war früher das Wohnhaus<br />

des Hüttenleiters und beherbergte auch die Verwaltung. Es<br />

gehört heute zum Rheinischen Industriemuseum Oberhausen<br />

und hat bis zur Sanierung in den letzten Jahren eine<br />

kleine industriegeschichtliche Ausstellung beherbergt.<br />

Im Jahr 2008 feiert die St. Antony-Hütte ihren 250jährigen<br />

Gründungstag. Zu diesem Ereignis haben der Landschaftsverband<br />

Rheinland und die Stadt Oberhausen den Plan<br />

gefasst, Teile der inzwischen nicht mehr existenten Industrieanlage<br />

wieder für die Bevölkerung zugänglich zu machen.<br />

Daher führt das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege in<br />

Kooperation mit dem Rheinischen Industriemuseum und der<br />

Stadt Oberhausen seit März 2006 archäologische Untersuchungen<br />

durch.<br />

Die Grabungsstätte<br />

Das Ausgrabungsareal umfasst zum heutigen Zeitpunkt eine<br />

Fläche von rund 715 Quadratmetern. Im Südwesten wurden<br />

bereits in der Kampagne 2006 die Fundamente des Kesselhauses<br />

und des Maschinenhauses sowie Teile des Gebläseraums<br />

freigelegt. Der Standort wichtiger Inneneinbauten,<br />

z. B. zweier Kupolöfen (davon ein Grundriss komplett<br />

erhalten) und eines zugehörigen Gebläsezylinders, konnten<br />

eindeutig verifiziert werden.<br />

In der Kampagne 2007 wurden im nordöstlich anschließenden<br />

Areal weitere Bereiche des Maschinenhauses<br />

sowie Teile des Gießhauses aufgedeckt. Durch die gesamte<br />

Ausgrabungsfläche zieht sich von Nordosten nach Südwesten<br />

eine Störung, die durch die Verlegung von Kanalrohren<br />

im Verlauf des 20. Jahrhunderts verursacht ist. In diesem<br />

Bereich ist nachweislich keinerlei Originalsubstanz mehr<br />

vorhanden. Dies betrifft leider auch den Standort des ersten<br />

Hochofens und des Wasserrads unterhalb des heutigen<br />

Bürgersteigs aus dem Jahre 1758, deren Fundamente weitgehend<br />

durch den Einbau eines massiven Wasserverteilers<br />

aus Beton zerstört wurden. Alle Fundamentreste der 2007er<br />

Kampagne im Nordostareal befinden sich durchschnittlich ab<br />

rund 4 Meter unterhalb der Straßenoberfläche.<br />

Dr. Julia Obladen-Kauder, LVR, RAB

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