Im Namen von Zeus - Vieles und noch etwas mehr !“ Die vielleicht ...
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Derzeit stammt die älteste bekannte Erwähnung der »Argonautica« aus dem IV Pythischen<br />
Gedicht des Poeten Pindar, <strong>und</strong> der griffelte die Geschichte um etwa 500 vor Christus. Da zu<br />
seiner Zeit ganz bestimmt keine Riesen, Titanen oder andere Götterabkömmlinge existierten -<br />
sonst wären sie in die Geschichte über Olympia eingeflochten worden -, kann es damals<br />
nichts Derartiges gegeben haben. Und auch ein Vierteljahrtausend vorher, bei den ersten<br />
Spielen, nicht. Trotzdem tauchen die göttlichen Wesen, Roboter, das Goldene Vlies <strong>und</strong> der<br />
nie schlafende Drache in der Geschichte auf. Demnach müssen die ersten Erzähler der<br />
»Argonautica« ihre Monster erf<strong>und</strong>en oder aus viel älteren Quellen übernommen haben. Mein<br />
kleiner Verstand läßt keine andere Möglichkeit zu.<br />
<strong>Die</strong> märchenhafte Erfindung eines »sprechenden Holzes« oder eines »metallenen Mannes«,<br />
dessen Knöchel eine dicke Flüssigkeit wie Blei absondert, paßt nicht in die Zeit <strong>von</strong> Pindar<br />
oder meinetwegen Apollonius. Genausowenig wie der niemals schlafende Drache, der keine<br />
Notdurft verrichtet, Feuer speit <strong>und</strong> obendrein nicht stirbt. Wären derartige Gestalten in<br />
Märchenform damals erdacht worden, so wüßten wir es. <strong>Im</strong> alten Griechenland wimmelte es<br />
schließlich <strong>von</strong> Poeten <strong>und</strong> Träumern, unzählige ihrer Geschichten haben die Jahrtausende<br />
überdauert <strong>und</strong> liegen vor - aber keiner <strong>von</strong> ihnen mokiert sich über die erf<strong>und</strong>enen<br />
Lügengeschichten seiner Kollegen. Also müssen die Überlieferungen älter als die ersten<br />
Olympischen Spiele sein. Das liegt doch auf der Hand - oder?<br />
Je tiefer wir aber in die menschliche Vergangenheit abtauchen, desto unwahrscheinlicher wird<br />
die Erfindung der technischen Spielereien, wie sie in der »Argonautica« erwähnt werden.<br />
Weiter <strong>und</strong> <strong>noch</strong>mals weiter zurück in die Vorzeit bedeutet nach unserem evolutionären<br />
Weltbild <strong>noch</strong> einfacheres <strong>und</strong> <strong>noch</strong>mals einfacheres Denken. Oder möchte jemand ernsthaft<br />
unterstellen, gleich mit dem Entstehen der ersten Schriftformen hätten die Märchenschreiber<br />
zur Tontafel gegriffen?<br />
Ich lade Sie zu einer geistigen Zeitreise ein. Es geht 4000 Jahre zurück in die Vergangenheit.<br />
Wir befinden uns in der Stadt Assur, die um 2000 vor Christus tatsächlich existierte. <strong>Die</strong><br />
Entwicklung der Schrift ist gerade im Gange, <strong>und</strong> schon versucht man, einige Gesetze unseres<br />
klugen Herrschers in Tontafeln zu ritzen. Der Herrscher verlangt, daß jeder seiner<br />
Untergebenen die Gesetze überall gleich handhabe <strong>und</strong> nicht nach seiner Laune urteile. <strong>Die</strong><br />
Arbeit an diesen Gesetzestafeln ist sehr mühsam. Zuerst muß die richtige Tonmischung in<br />
rechteckige Holzrahmen gegossen, geknetet <strong>und</strong> geglättet werden. Dann zieht der<br />
Schriftmeister mit einer geschliffenen Steinspitze zarte Linien in den Ton. Wochen vorher<br />
schon war probiert worden, waren die keilförmigen Schriftzeichen wieder <strong>und</strong> wieder in die<br />
weiche Knetmasse gepreßt worden. Mal gerieten die Steingriffel zu tief, <strong>und</strong> der Keil war<br />
oben zubreit, dann fiel der Druck zu stark aus, oder die Hand zitterte. Oft floß die Knetmasse<br />
genau dort ineinander, wo ein winziger Einschnitt aus einem Wort das genaue Gegenteil<br />
machte. Etwa aus »Recht« »Unrecht«. Endlich werden die Holzformen zum Trocknen an die<br />
Sonne gelegt. Nach wenigen St<strong>und</strong>en schon zeigt sich, daß die Schrift nicht <strong>mehr</strong> stimmt, weil<br />
die Hitze den Rahmen verzieht. Zudem zerbrechen beim Wegschlagen der Holzverschalung<br />
<strong>mehr</strong>ere Tafeln.<br />
Das Schreiben war um 2000 vor Christus anstrengend <strong>und</strong> obendrein eine äußerst<br />
verantwortungsvolle Aufgabe. Nur sehr wenige beherrschten diese neue Kunst. Und jetzt<br />
stelle man sich vor, in diese Gesellschaft hinein platze ein Träumer, der lediglich das eine im<br />
Sinn hat. Er verlangt 5000 Tontafeln, um darauf eine erdachte Geschichte zu ritzen - einen<br />
Traum oder, wie man Jahrtausende später sagen wird, ein Märchen! <strong>Die</strong> Priester, die Sippe,<br />
der Herrscher werden ein derartiges Vorhaben höchstens dann zulassen, wenn sie es alle als<br />
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