Amtsblatt - Verbandsgemeinde Vorharz
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Nr. 9/2012 | 17 <strong>Verbandsgemeinde</strong> <strong>Vorharz</strong><br />
Einer der bekanntesten deutschen<br />
Orchesterleiter in den 1950er- bis<br />
1970er-Jahren ist Bert Heinrich<br />
Kaempfert. Am 16. Oktober 1923<br />
wird Bert als Sohn eines Malergesellen<br />
und seiner Ehefrau im hamburgischen<br />
Stadtteil Barmbeck geboren.<br />
Mit 6 Jahren wird er als Kind<br />
von einem Taxi angefahren, und<br />
die Familie Kaempfert erhält von<br />
der Versicherung des verantwortlichen<br />
Fahrers 500,- Reichsmark<br />
Schmerzensgeld. Die Mutter trifft<br />
die Entscheidung für diese damals<br />
beachtliche Geldsumme ein Klavier<br />
anzuschaffen, denn der Junge zeigt<br />
großes Interesse für Musik. Obwohl<br />
Bert als Jugendlicher lieber<br />
Steward auf einem Schiff werden<br />
wollte, und zur See fahren will, absolviert<br />
er eine Ausbildung auf der<br />
privaten Musikschule, die im hamburgischen<br />
Stadtteil Wilhelmsburg<br />
liegt. Dort studiert er die Instrumente<br />
Klavier, Klarinette und Akkordeon.<br />
Bereits mit 16 Jahren gelingt es<br />
Kaempfert ein Engagement als Saxofonist<br />
beim Danziger Radiosender<br />
zu bekommen, das weit über die<br />
Stadtgrenzen von Hamburg hinaus<br />
bekannt ist. Den Zweiten Weltkrieg<br />
übersteht er als Mitglied des Mahne-Musikkorps<br />
auf Sylt. In dieser<br />
Zeit, als der Musikzug in Dänemark<br />
stationiert ist, geht Bert eine Verbindung<br />
mit einer jungen Dänin ein, in<br />
dessen Folge am 1. September 1944<br />
die gemeinsame Tochter Renate geboren<br />
wird. Das Paar verlobt sich<br />
kurz vorher, doch unmittelbar nach<br />
dem Krieg wird diese Verbindung<br />
wieder gelöst. Kaempfert gerät in<br />
Dänemark in Kriegsgefangenschaft<br />
und gründet im Lager seine erste<br />
Bigband, die zum Varietete „Pik<br />
Ass“ gehört. Nach der Entlassung<br />
aus der Gefangenschaft bereist<br />
seine Band Norddeutschland und<br />
tritt dort überwiegend in amerikanischen<br />
Offiziersclubs auf. Während<br />
dieser Zeit lernt er eine junge<br />
Frau namens Hanne kennen, in die<br />
er sich augenblicklich verliebt Am<br />
14. August 1946 findet die Hochzeit<br />
statt. Nachdem die Tochter Marion<br />
geboren wird, kehrt Kaempfert mit<br />
seiner kleinen Familie nach Hamburg<br />
zurück. Mit weiteren sechs<br />
Musikern verlässt Bert die Bigband<br />
und gründet mit diesen Musikern<br />
eine kleine Combo. Er verdient<br />
sein Geld mit der Combo, tritt aber<br />
auch als Solist in der Hamburger<br />
„Esplanada“ auf. Durch seine guten<br />
Kontakte zum britischen Soldatensender<br />
„BFN“ (British Forces<br />
Network) erhält er eine Vielzahl<br />
von weiteren Aufträgen. Auf Dauer<br />
ist er dem Stress, sich als Solist<br />
durchzuschlagen, und zugleich eine<br />
Combo zu leiten, nicht gewachsen.<br />
Er löst seine kleine Gruppe auf und<br />
konzentriert sich auf die Arbeit<br />
als Solist. Da seine musikalischen<br />
Fähigkeiten breit gefächert sind,<br />
erfüllt er die unterschiedlichsten<br />
Aufträge. Er komponiert nicht nur,<br />
sondern arrangiert und produziert<br />
selbst Musikaufnahmen. Der Name<br />
Kaempfert wird in den Fachkreisen<br />
schnell zu einem Begriff. Kaempfert<br />
ist übrigens der einzigste deutsche<br />
Musiker dem eine Nummer 1<br />
in den amerikanischen Hitparaden<br />
gelang. Außerdem ist er der einzigste<br />
Künstler, der im Laufe seines Lebens<br />
sowohl für Frank Sinatra, als<br />
auch für Elvis Presly und die Beatles<br />
arbeitete. 1951 wird seine dritte<br />
Tochter Doris geboren. Im gleichen<br />
Jahr macht er einen Vertrag mit der<br />
in Hamburg ansässigen Schallplattenfirma<br />
Polydor. Er veröffentlicht<br />
eigene Aufnahmen mit seinem inzwischen<br />
neu gegründeten Orchester<br />
auf Schallplatten und produziert<br />
neben den bereits genannten Stars<br />
auch für Mona Baptiste, Margot<br />
Eskens und Rudi Schuricke. Zudem<br />
ist er als Talentsucher für international<br />
agierende Firmen tätig<br />
und hilft dabei auch die bislang als<br />
Altistin an der hessischen Staatsoper<br />
bekannte Evelyn Asal als<br />
Schlagersängerin aufzubauen. Sie<br />
nennt sich nun Cindy Ellis, und mit<br />
ihr nimmt Kaempfert insgesamt 12<br />
Titel auf. Für den jungen Freddy<br />
Quinn, der gerade seinen großen<br />
Durchbruch erlebt, arrangiert und<br />
produziert er 1959 den weltberühmten<br />
Hit „Die Gitarre und das<br />
Meer“. Kaempferts eigener Song<br />
„Mitternachts Blues“, in dem Billy<br />
Mo an der Trompete zu hören ist,<br />
stürmt die deutschen Hitparaden<br />
bis auf den 3. Platz. Von den Radiostationen<br />
des BFN wird der Titel<br />
in mehreren europäischen Ländern<br />
gespielt, sodass sich die Platte auch<br />
gut im Ausland verkauft. Für den<br />
gerade in Deutschland seine Armee-<br />
Bert Kaempfert<br />
zeit ableistenden „King of Rock ‘n‘<br />
Roll, Elvis Presley, bearbeitet er<br />
das Volkslied „Muss i denn zum<br />
Städtele hinaus“. Das Ergebnis ist<br />
der Song „Wooder Heart“ mit dem<br />
Elvis Presley einen weltweiten Hit<br />
landet. In dieser Zeit interessiert<br />
sich Kaempfert für die USA und<br />
besonders für die dort herrschenden<br />
Karrieremöglichkeiten für Musiker.<br />
Mit seiner Frau reist er nach New<br />
York und kommt dort umgehend<br />
mit einem bekannten Direktor der<br />
amerikanischen Unterhaltungsbranche<br />
ins Geschäft, der die Musik<br />
von Kaempfert und dessen Namen<br />
aus Europa bereits kannte. Der bedeutende<br />
Mann ist von dem Deutschen<br />
so beeindruckt, dass der noch<br />
in Hamburg eingespielte Kaempfert<br />
Song „Wunderland bei Nacht“ unter<br />
dem Titel „Wunderland by Night“<br />
in den USA veröffentlicht wird. Der<br />
Titel erklimmt die Spitzen der amerikanischen<br />
Hitparaden um kurz<br />
darauf auch die internationalen Hitlisten<br />
zu erstürmen. Die Platte wird<br />
unter den Namen „Bert Kaempfert<br />
and nis Orchestra“, veröffentlicht.<br />
Die Umsätze erreichen überdimensionale<br />
Dimensionen. Kaempfert<br />
ist nun ein Weltstar. Derweil führen<br />
Kaempferts eigene Titel die Singles<br />
und LP Charts an, während er mit<br />
seinem Orchester in vielen Rundfunksendungen<br />
und Fernsehshows<br />
auftritt. Die Songs von Kaempfert<br />
zeichnen sich durch seinen unverwechselbaren<br />
Klang aus. Zu einem<br />
zwingendem Rhythmus und eingehenden<br />
Melodien, die häufig von<br />
Bläsern getragen werden und zu<br />
wahren Ohrwürmern ihrer Zeit werden<br />
arrangiert sich ein bunter Mix<br />
aus Streichern und Chören. Den bereits<br />
weltberühmten Frank Sinatra<br />
verhilft Kaempfert 1965 mit dem<br />
Song „Strangers in the Night“<br />
zu einem seiner größten Erfolge,<br />
während dem Sänger AI Martino<br />
mit dem Song „Spanish Eyes“ ein<br />
sensationelles Comback gelingt.<br />
Im Laufe der späten 1960er- und<br />
1970er-Jahre geht dass Interesse an<br />
Kaempferts Musik allgemein ein<br />
wenig zurück. Zur Freude seiner<br />
unzähligen britischen Fans treten<br />
Kaempfert und sein Orchester dreimal<br />
in der ehrwürdigen Londoner<br />
Royal Albert Hall auf, Konzertbesucher<br />
und Presse sind begeistert.<br />
Der Erfolg motiviert ihn zu weiteren<br />
Auftritten. Er übernimmt die<br />
Gestaltung zweier Fernsehshows<br />
mit Freddy Quinn. Beide Vorhaben<br />
kommen bei dem Publikum so gut<br />
an, dass er beschließt mit seinem<br />
Orchester auf Tournee zu gehen.<br />
Zwischenzeitlich produziert er auch<br />
für Hildegard Knef. Ein wichtiger<br />
Bestandteil dieser Konzerte ist der<br />
Vortrag einer Reihe von Swing-<br />
Klassikern. Damit realisiert er nicht<br />
nur ein Vorhaben, dass ihm selbst<br />
und seinen Musikern ein Vergnügen<br />
bereitet, sondern er huldigt Swing<br />
Legenden wie Benny Goodmann,<br />
Glenn Miller, oder Wody Herman,<br />
die seine musikalischen Vorbilder<br />
sind. Es folgen weitere Tourneen die<br />
durch ganz Europa führen und von<br />
Erfolg zu Erfolg getragen werden.<br />
In London tritt das Orchester mehrmals<br />
vor 5000 Zuschauern auf, die<br />
derart begeistert sind, dass sie den<br />
erschöpften Musikern und ihrem<br />
Chef eine Zugabe nach der anderen<br />
abfordern. Die Tournee ist ein riesiger<br />
Erfolg, doch strengt sie den viel<br />
beschäftigen Mann auch sehr an. Er<br />
macht kurzeitig Urlaub mit seiner<br />
Frau in dem gemeinsamen Ferienhaus<br />
auf Mallorca. Viele Pläne sind<br />
noch offen, weitere Welttourneen<br />
sollen folgen, ein neues Album<br />
soll produziert werden, doch dazu<br />
kommt es nicht mehr. An einem<br />
Schlaganfall verstirbt Bert Kaempfert<br />
am 21. Juni 1980 in El Arenal<br />
auf Mallorca. Kaempfert schrieb<br />
fast 450 Kompositionen und nahezu<br />
800 Orchesterarrangements. Bis<br />
zu seinem Tod wurden weltweit 200<br />
Millionen Platten mit seinen Melodien<br />
verkauft.<br />
Am 15. Januar 1981 wird die Asche<br />
Bert Kaempferts an seinem Lieblingsort,<br />
den Beverglades in Florida<br />
ins Meer verstreut. Damit wird dem<br />
persönlichen Wunsch des unvergessenen<br />
Deutschen Musikers, dem<br />
Orchesterleiter, dem Musikproduzenten,<br />
dem Arrangeur und Komponisten<br />
entsprochen.<br />
Zimmer<br />
Bürgermeister<br />
Stadt Wegeleben