25 - Ultimo auf draht
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Nach 30 Minuten wissen wir übrigens<br />
immer noch nicht, worum´s<br />
geht, haben aber dafür eine Menge<br />
(wirklich schlecht inszenierter)<br />
Blechschäden gesehen. Denn getrieben<br />
von einer Telefonstimme (die zu<br />
Jon Voight gehört, der sowas eigentlich<br />
auch nicht nötig hat) muss Hawke<br />
quer durch Sofia (wo seltsamerweise<br />
alle Englisch sprechen) kacheln,<br />
immer mitten durch die Fußgänger,<br />
über den Weihnachtsmarkt,<br />
quer über den Eisl<strong>auf</strong>park (!), weil<br />
die anonyme Stimme von Jon Voight<br />
(den wir zuletzt so gut in Ray Donovan<br />
gesehen hatten) verspricht:<br />
Wenn du nur einen Moment zu spät<br />
eintriffst, töten wir deine Frau. Die<br />
wurde nämlich entführt, und damit<br />
erpresst Voight den armen Hawke.<br />
Ob Voight Vorsitzender eines Mineralölkonzerns<br />
ist und sich einfach<br />
freut, dass Hawke für ihn Sprit verfährt,<br />
ist auch nach vierzig Minuten<br />
nicht klar. Auch nicht, warum die freche<br />
Göre Selena Gomez (noch eine<br />
seltsame Besetzungsidee) <strong>auf</strong> dem<br />
Beifahrersitz sitzen muss und ständig<br />
dazwischenquasselt und behauptet,<br />
das Auto, mit dem Hawke gerade<br />
Bulgariens Hauptstadt abwrackt,<br />
gehöre ihr.<br />
Nach 40 Minuten sollte man dann<br />
den Saal verlassen, denn dann fängt<br />
der Film an, so etwas wie Handlung<br />
und Erklärungen zu verbreiten. Und<br />
wenn man meinte, bis hierhin sei´s<br />
schon ganz schön blöd gewesen …<br />
nun ja.<br />
Thomas Friedrich<br />
USA 2013 R: Courtney Solomon B: Sean Finegan,<br />
Gregg Maxwell Parker K: Yaron<br />
Levy D: Ethan Hawke, Selena Gomez, Jon<br />
Voight<br />
VENUS IM PELZ<br />
Kammerspiel mit<br />
Stöckelschuhen<br />
Roman Polanski inszeniert eine<br />
Inszenierung<br />
U<br />
nentwirrbar“ – keine der Bewerberinnen,<br />
die ins Theater zum<br />
Vorsprechen kamen, konnte dieses<br />
Wort fehlerfrei aussprechen. Alles<br />
Schnepfen und viel zu jung, meint<br />
Regisseur und Bühnenautor Thomas<br />
Novacheck (Mathieu Amalric), der<br />
seine Adaption der Novelle von Leopold<br />
Sacher-Masoch aus dem Jahr<br />
1870 in einem kleinen Pariser Theater<br />
selbst inszenieren will. Für die<br />
Rolle der Vanda, die den unterwerfungswilligen<br />
Severin von Kusiemski<br />
verführt und erniedrigt, braucht er<br />
ein echtes Vollweib und keinen<br />
Teenager mit Piepsstimme.<br />
Dann spült der Pariser Regen eine<br />
viel zu spät kommende Bewerberin<br />
(Emmanuelle Seigner) hinein. Das<br />
Kaugummi kauende, etwas ordinär<br />
wirkende Wesen, das den selben Namen<br />
trägt wie die Figur im Stück,<br />
scheint keinesfalls für die Rolle einer<br />
russischen Adligen in Frage zu kommen.<br />
Aber als sie <strong>auf</strong> der Bühne<br />
steht und den ersten Satz spricht, ist<br />
Thomas überwältigt und glaubt,<br />
seine Vanda gefunden zu haben.<br />
Im fortgeschrittenen Alter zieht<br />
sich der mittlerweile achtzigjährige<br />
Roman Polanski zunehmend in überschaubare<br />
Innenräume zurück. Sein<br />
letzter Film Gott des Gemetzels spielte<br />
in einer New Yorker Wohnung,<br />
jetzt hat Polanski das Ensemble weiter<br />
<strong>auf</strong> zwei Personen verkleinert,<br />
die den Off-Theatersaal nicht<br />
verlassen werden.<br />
Aber gerade in der Reduktion offenbart<br />
sich hier die ganze Kunst des<br />
Altmeisters, der mit Venus im Pelz erneut<br />
<strong>auf</strong> eine Theatervorlage – das<br />
gleichnamige Broadway-Stück von<br />
David Ives – zurückgreift.<br />
Natürlich wird das Theater selbst<br />
zum Thema gemacht, das Verhältnis<br />
zwischen Regisseur und Schauspielerin<br />
unter die Lupe genommen und<br />
die Grenzen zwischen Sein und<br />
Schein, der Rolle und der eigenen<br />
Identität, werden gründlich ausgelotet.<br />
Schon bald findet sich Thomas<br />
selbst im Part der masochistisch veranlagten<br />
Hauptfigur, dringt immer<br />
tiefer ins Spiel ein, das ständig unterbrochen<br />
wird, um über das eben<br />
Gespielte erbittert zu streiten.<br />
Mit steigendem, erotischem Auraeinsatz<br />
spinnt Vanda, die von Polanskis<br />
Ehefrau Emmanuelle Seigner mit<br />
Verve verkörpert wird, den Regisseur<br />
in das Stück über die Lust an<br />
der sexuellen Unterwerfung ein, bis<br />
dieser selbst mit Lippenstift und in<br />
High-Heels als Vanda über die<br />
Bühne stöckelt. Martin Schwickert<br />
La Vénus à la fourrure F/P 2013 R: Roman<br />
Polanski B: David Ives, Roman Polanski<br />
nach einem Theaterstück von David Ives<br />
K: Pawel Edelman D: Emmanuelle Seigner,<br />
Mathieu Amalric<br />
Du <strong>auf</strong> Du mit dem Stöckelschuh: „Venus im Pelz“<br />
I<br />
AUF DEM WEG ZUR SCHULE<br />
Bildung zu Fuß<br />
Ein Film über beschwerliche<br />
Schulwege in aller Welt<br />
m Auftrag von Disney ist der Franzose<br />
Pascal Plisson in alle vier Himmelsrichtungen<br />
gereist und hat<br />
wunderbare Bilder von den Eckpfeilern<br />
der Zukunft gemacht: Vier Kinder,<br />
Jackson (11) in Kenia, Zahira<br />
(12) in Marokko, Samuel (13) in Indien<br />
und Carlito (11) in Argentinien,<br />
machen sich in aller Herrgottsfrühe<br />
<strong>auf</strong> den Weg, um zu ihren weit entfernten<br />
Schulen zu kommen. Um<br />
dort „mutig und stark“ zu werden,<br />
um Lesen, Schreiben, Rechnen zu lernen,<br />
und offensichtlich das Leben<br />
unterwegs.<br />
Alle müssen jüngere Geschwister<br />
mitnehmen, mal geht es mehrere Kilometer<br />
über die offene Savanne, vorbei<br />
an malerisch flanierenden Giraffen<br />
und bedroht von Elefanten, mal<br />
per Pferd über die steinigen Hügel<br />
Patagoniens. Besonders schwer hat<br />
es Samuel in Bengalen, der in einem<br />
selbstgebastelten Rollstuhl zur Schule<br />
gekarrt werden muss. Alle sind<br />
stundenlang unterwegs und unterhalten<br />
sich bei allen Schwierigkeiten<br />
darüber, wie wichtig Bildung ist und<br />
dass Schule nun mal Mühe macht.<br />
Das finden junge Westler, die eher<br />
widerwillig mit einer Schülerfahrkarte<br />
im Bus sitzen, sicher abenteuerlich<br />
und lehrreich, vielleicht sogar<br />
vorbildlich. Aber je länger die vier ineinander<br />
geschnittenen Schulwege<br />
dauern, desto deutlicher vermissen<br />
ältere Westler etwas mehr Bildung.<br />
Oder wenigstens Information. Wieso<br />
treffen sich nur in Argentinien Schulkinder<br />
<strong>auf</strong> dem Weg Wie viele Kinder<br />
gehen in den Ländern jeweils<br />
nicht zur Schule Was lernt man da<br />
eigentlich, außer Fahnenappell und<br />
Beten<br />
Erst ganz am Ende kriegen wenigstens<br />
die Kinder selbst, die Helden<br />
des Schulwegs, ein bisschen Kontur<br />
über die anrührende Fotografie hinaus.<br />
Sie wärmen das Herz mit ihrem<br />
abenteuerlichen Optimismus, dass<br />
die Zukunft besser wird, wenn man<br />
sich nur jeden Morgen <strong>auf</strong> den Weg<br />
zur Schule macht.<br />
Wing<br />
Sur le chemin de l’ecole F 2013. R: Pascal<br />
Plisson B: Pascal Plisson, Marie-Claire Javoy<br />
K: Simon Watel D: Jackson Saikong,<br />
Zahira Badi, Carlito Janez, Samuel<br />
J. Esther<br />
DIE TRIBUTE VON PANEM –<br />
CATCHING FIRE<br />
Der Werdegang<br />
einer Rebellin<br />
Der zweite Teil handelt trotz aller<br />
Action eher von inneren Kämpfen<br />
A<br />
us der Welle der Franchise-Unternehmen,<br />
die Jugendbuch-<br />
Bestseller <strong>auf</strong> der Kinoleinwand<br />
ihrer lukrativen Zweitverwertung zuführen,<br />
ragt die Verfilmung von Suzanne<br />
Collins’ Die Tribute von Panem<br />
deutlich heraus. Hier geht es nicht<br />
um Zaubertricks, Zeitreiseprobleme<br />
oder die Qual der Wahl zwischen<br />
Vampir und Werwolf, sondern um<br />
Unterwegs zur Bildung: „Auf dem Weg zur Schule“<br />
ULTIMO 15