Visionen - VSETH - ETH Zürich
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ethwelt<br />
18<br />
Erlebnisbericht<br />
Grosstadtgerüche<br />
Die ehemalige <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Präsidentin<br />
Gaby Blatter verbringt drei Monate<br />
in Indien. Ein Erlebnisbericht.<br />
Von Zürich nach Indien: Gaby Blatter engagiert<br />
<strong>ETH</strong>welt<br />
Von Gaby Blatter<br />
Nach ersten Erfahrungen mit der indischen<br />
Kultur am Flughafen traf ich mit<br />
etwas Verzögerung mit dem Bus in Hyderabad<br />
ein. Die Strassen, in denen reges<br />
Treiben herrschte, waren gesäumt von bunt<br />
bemalten Betonwürfeln. Die in bunte Seidenund<br />
Leinensaris gekleideten Frauen trugen<br />
Früchte, Betonsäcke, Steine, Tücher und<br />
vieles mehr auf ihren Köpfen durch den lärmigen<br />
Verkehr. Die Männer genossen ihrerseits<br />
den morgendlichen Chai beim einen<br />
oder anderen Gespräch über die anstehenden<br />
Wahlen, den Premierminister oder was sonst<br />
gerade politisch aktuell war und waren in<br />
keinster Weise aus der Ruhe zu bringen. Die<br />
Gerüche von Kardamon, Chai, Curry und Koriander<br />
mischten sich mit dem Geruch von<br />
Urin, abgestandenem Wasser und frischem<br />
heiligen Kuhmist. Die vielen so unterschiedlichen<br />
Farben, Formen, Geräusche und Gerüche<br />
überforderten mich ziemlich. So war<br />
ich auch sehr froh, als mich mein indischer<br />
Bekannter an der Busstation abholte.<br />
Fruchtige Vitaminoasen<br />
Nach meinen ersten paar Tagen in Hyderabad<br />
machte ich mich auf nach Tirupati,<br />
um dort die Projekte des People’s Clinic<br />
Trust zu besuchen. Der People’s Clinic Trust<br />
wurde vor ungefähr 25 Jahren von einem motivierten<br />
Schweizer Abenteurer und einem<br />
unglaublich gutherzigen jungen indischen<br />
Arzt gestartet. Sie begannen, mit Hütten in<br />
den ländlichsten Regionen von Andra Pradesh<br />
ein Basic Health Centre aufzubauen. Sie<br />
stellten fest, dass unglaublich viele Bewohner<br />
der kleinen Dörfer mangel- und unterernährt<br />
waren. Mit der Hilfe des Roten Kreuzes kaufte<br />
man viele Hektaren Land und begann Fruchtbaumgärten<br />
aufzuziehen. Die Früchte wurden<br />
dann an die Familien für einen sehr geringen<br />
Preis abgegeben oder verschenkt. Die grossen<br />
Fruchtbäume werden nun als Mutterpflanzen<br />
für Jungpflanzen verwendet, die man züchtet<br />
und zu sehr günstigen Preisen an die Bauern<br />
auf dem Land und zu höheren Preisen zur<br />
Querfinanzierung an die Stadtbewohner von<br />
Tirupati verkauft.<br />
Hier angekommen, musste ich mich erst<br />
an die Arbeits- und Denkweise der Inder gewöhnen.<br />
Ihre Vorstellungen von Problemen<br />
und Lösungsstrategien sind vollkommen anders<br />
als diejenigen von uns Europäern. So<br />
musste ich mich einfach mal auf das Projekt<br />
einlassen, die Fruchtbaumschulen besuchen,<br />
zuhören und beobachten. Die Swiss Kalpavruksha<br />
Society (die unterstützende Einheit<br />
der Projekte in der Schweiz) hatte mich mitunter<br />
ins Projekt geschickt, um die Umstände<br />
von aussen her zu analysieren und mögliche<br />
Verbesserungen aufzuzeigen.<br />
Die Eindrücke, die ich in diesen sehr<br />
ländlichen und unterentwickelten Regionen<br />
sammeln konnte, waren wunderbar.<br />
Die Dorfbewohner wohnen in Lehmhütten,<br />
haben kein fliessendes Wasser oder Strom,<br />
verdienen ihr weniges Geld mit der Bearbei-<br />
Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Gaby Blatter