Visionen - VSETH - ETH Zürich
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Extras<br />
26<br />
fugendichtung<br />
Glanz, Tanz,<br />
Freude, Liebe<br />
und Polyball<br />
Extras<br />
GERÜCHT<br />
Der runde Raum<br />
Es soll ihn ja geben, den Raum unter der<br />
Kuppel in der <strong>ETH</strong>. Doch wie man hinkommt,<br />
wusste bis vor kurzem keiner –<br />
auch nicht, was dort genau sein sollte. Ein<br />
exquisites Restaurant für die <strong>ETH</strong>-Chefs<br />
oder eine Art Kommunikationszentrum<br />
mit riesigen Radarschlüsseln – zur Raumnutzung<br />
existierten die wildesten Gerüchte.<br />
Bis sich eines Tages eine Gruppe<br />
furchtloser Erstsemestriger auf den Weg<br />
machte, das Geheimnis zu lüften. Erstmal<br />
den altmodischen Weg, immer die Treppe<br />
hoch und höher. Einen mussten wir schon<br />
in den unbekannten Höhen zurücklassen.<br />
Doch irgendwann wand sich die Treppe<br />
nicht mehr weiter und man war noch<br />
nicht einmal in der Nähe des Daches. Also<br />
wieder runter. Unserem Zurückgelassen<br />
konnten wir nicht mehr helfen. Höhenkrankheit.<br />
Die Angst vor dem Fall, Realitätsverlust,<br />
Elendgefühle, das Gefühl von<br />
der gewaltigen Masse der <strong>ETH</strong> erdrückt<br />
zu werden. Wir wollten weiter. 60 Prozent<br />
Verlust wurden eingerechnet. Also<br />
runter zu den Liften. Der Z Stock klang<br />
gut, er war aber laut Plan noch unter<br />
dem untersten Stock. Vielleicht ein anderes<br />
Mal. Im Lift also die oberste Taste.<br />
Die Tür öffnete sich und gab den Blick frei<br />
auf eine elegante Kantine. Zwei Anzugträger<br />
kamen schnell näher. Die Angst,<br />
verscheucht zu werden, liess die Erstsemestrigen<br />
schrumpfen, die Anzugträger<br />
verschwanden im Aufzug. Doch auch<br />
einer von uns hatte sich in seiner Furcht<br />
dorthin verkrochen und klebte nun an<br />
ihren Schuhen. Wir richteten den Blick<br />
vorwärts und sahen eine runde Wand.<br />
Das musste er sein. Zwei Treppen führten<br />
zu einer hölzernen Doppeltür. Der Furchtloseste<br />
öffnete sie und schaute hinein.<br />
Doch welche Enttäuschung, es war nur<br />
ein Arbeitsraum mit einer 180-Grad-Leinwand.<br />
mitmachen@polykum.ethz.ch<br />
Haben Sie mich gesehen Ich war der, der<br />
mitten im Wirbel wie ein Besessener getanzt<br />
hat. Danach, oder davor, war ich bei<br />
der Bar, habe über meinen eigenen Witz<br />
gelacht, dabei meinen Champagner über<br />
die Austauschstudentin geleert, die dann<br />
kreischend zum WC gerannt ist. Jaja, das<br />
war ich. Wer streckte den Professoren die<br />
Zunge raus Das war ich. Wer leerte Cüpli<br />
nach Cüpli Das war ich. Wer hat dem<br />
Präsidenten Eichler einen Lippenkuss gegeben<br />
Okay, gut, das war ich nicht. Aber<br />
ich hab’s probiert. Mann, was war das für<br />
ein Dresscode, wäre ich doch so gern mit<br />
einem Waschbär-Kostüm zur Feier gekommen.<br />
Gespräche, Gespräche, Gespräche.<br />
Die Austauschstudentin redete über<br />
Tango mit einem kleinen Professor, der<br />
ihr in den Ausschnitt geschaut hat. Habe<br />
auch ich mit einer Glatze mehr Erfolg bei<br />
Frauen Wir haben drei Romands beim<br />
Töggelä geschlagen und wie kann es sein,<br />
dass Michael von der Heide nie Stimmbruch<br />
hatte<br />
Und so weiter und so fort. Beim WC<br />
stand so eine Frau mit blauen Augen, habt<br />
ihr gewusst, dass es im Jura echte Extremisten<br />
gibt Sie sagte na, da lauert ein<br />
Teil der zukünftigen Elite der Schweiz<br />
herum und wer denkt noch daran, dass,<br />
während wir Champagner trinken, irgendwo<br />
Kinder vor Durst sterben Ich<br />
feiere auch gern, ich bin keine alte Eule,<br />
aber bei 50 CHF Eintrittspreis, hätte man<br />
nicht 55 CHF zahlen lassen können und<br />
mit 5 CHF pro Person ein paar Leben verbessern<br />
können.<br />
Sie hatte Recht. Die <strong>ETH</strong> hat einen<br />
Traumabend organisiert. Der Abend war<br />
aber visionslos.<br />
Numa Vittoz<br />
Polykum Nr. 4/08–09 Illustrationen: Tobias Tschopp (oben), Marie Veya (unten)