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Visionen - VSETH - ETH Zürich

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AZB<br />

8092 ZÜRICH<br />

Zeitung der Studierenden an der <strong>ETH</strong> nr. 4/08–09, 12. DEZEMBER 2008<br />

<strong>Visionen</strong>


i n t r o<br />

3<br />

10<br />

14<br />

12<br />

Editorial<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Illustration: William Bradley (Titelbild), Bild: Thomas Tschupp (Editorial)<br />

Inhalt 13<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> 06 NOBELPREIS DER LEHRE von Michèle Mattle 07 LEHRMEISTER<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> 00 SCHNEE, BOARDEN, PARTY von Basil Gasser 00 PROFESSOR<br />

GUJER von Damian Arquint 08 CONNECTING PEOPLE von Martina Bader 09 RA-<br />

WUNDERLIS SCHATZ von Julian Kölbel 00 STRESS AUF DER BÜHNE von Nico<br />

SIERER VERTEILEN von <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Vorstand VISIONEN 10 «AM LIEBSTEN HÖRE<br />

Luchsinger 09 THEATERFANS, AUFGEPASST von Schmuel Stokvis INTERDIS-<br />

ICH HIP-HOP» von Ivana Leiseder 12 KLASSENLOSE SACHE von Raphael Fuhrer 13 IN<br />

ZIPLINÄR 10 WIDER DEN ELFENBEINTURM von Michel De Cian 11 DOCTOR<br />

LUFT AUFGELÖST von Raphael Fuhrer 14 NICHT HERR IM EIGENEN HAUS von Damian<br />

OF PHILOSOPHY von Maria Hakuba 12 UNIVERSIT<strong>ETH</strong> von Ingo Jenni 13 FAKUL-<br />

Hodel 15 STIMMEN IM KOPF von Lucas Müller 17 VISIONEN ALS QUELLEN DER<br />

TÄTSFREMD von Christoph Schnellmann 14 DIE NLER VOM HÖNGGERBERG von Maria<br />

KRAFT von Iris Kupecky <strong>ETH</strong>WELT 18 GROSSSTADTGERÜCHE von Gaby Blatter<br />

Hakuba 15 DAS GANZE von Pierre Macher 16 DER QUERDENKER von Michel De Cian<br />

23 MARKTNAHE FORSCHUNG von David Mrusek 25 FILMSTELLE von Manuel Joller<br />

17 «KUNST IST PRIORITÄR» von Michel De Cian <strong>ETH</strong>WELT 23 STUDIS<br />

EXTRAS 26 GERÜCHT 26 FUGENDICHTUNG von Numa Vittoz 27 POLY-<br />

AUF DER RENNSTRECKE von Ingo Jenni 25 MIT DEM VELO NACH AFRIKA (II) von<br />

KÜMLER 27 PLATTENTELLER von Philipp Gautschi 27 DER NÖRGLER 28 VVV von<br />

Simon Degelo EXTRAS 26 NACH 4 ALLEIN IM HÖRSAAL von Michel De Cian<br />

Barbara Lussi, Patrizia Huber und Numa Vittoz 29 CRUXEREIEN von Rolf Schwendener<br />

26 WER SCHÖN SEIN WILL, MUSS LEIDEN von Coco 27 GGG von Pierre Macher,<br />

David Mrusek und Maria Hakuba 29 CRUXEREIEN von Rolf Schwendener<br />

polykum, Zeitung der Studierenden an der eth, nr. 4/08–09, 12. dezember 2008<br />

Universitätstr. 6, <strong>ETH</strong> Zentrum CAB, CH-8092 Zürich, Tel.<br />

044 632 56 94, Fax 044 632 12 27, redaktion@polykum.ethz.<br />

ch, www.polykum.ethz.ch<br />

Redaktionsleitung: Ivana Leiseder<br />

Redaktion: Raphael Fuhrer (rf), Damian Hodel, Iris Kupecky<br />

(ik) Freie Mitarbeit: William Bradley, Philipp Gautschi, Patrizia<br />

Huber (ph), Hannes Hübner, Barbara Lussi (bl), Lucas<br />

Müller (lm), David Mrusek (dm), Der Nörgler, Rolf Schwendener,<br />

Tobias Tschopp, Thomas Tschupp, Marie Veya, Numa<br />

Vittoz Freie Beiträge: Damian Arquint, Martina Bader, Gaby<br />

Blatter, Manuel Joller, Michèle Mattle, Daniel Stuber <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-<br />

Teil: Ann-Kristina Fritz Lektorat: Magdalena Oehen Poster:<br />

Thom Grüninger Layout: Thomas Tschupp Gestaltung:<br />

Johanna Klaus, Peter Wittwer, Tamara Malenkovic<br />

ANMERKUNG DER REDAKTION: Verbands äusserungen<br />

sind gekennzeichnet, die übrigen Artikel widerspiegeln die<br />

Meinung der Schrei ben den. Abdruck nur nach Ab sprache mit<br />

der Redaktion. Anzeigen werden duch die Redakionsleitung<br />

platziert. Das sinnwahrende Kürzen von Artikeln sowie das<br />

Einsetzen von Titeln und Hervorhebungen sind der Redaktion<br />

vorbehalten.<br />

ADRESSÄNDERUNGEN: Neue Adressen von Studierenden<br />

und Angestellten der <strong>ETH</strong> müssen dem Rektorat gemeldet<br />

werden.<br />

ADMINISTRATION UND AGENDA:<br />

Magdalena Oehen, Tel. 044 632 57 53, Fax 044 632 12 27,<br />

info@polykum.ethz.ch, agenda@polykum.ethz.ch<br />

«Durch das ganze Mittelalter hindurch<br />

galt als das eigentliche und entscheidende<br />

Merkmal des höchsten Menschentums: dass<br />

man der Vision – das heisst einer tiefen geistigen<br />

Störung! – fähig sei.» Bereits bei Nietzsche<br />

erhielt die Janusköpfigkeit von <strong>Visionen</strong><br />

Ausdruck: <strong>Visionen</strong> als Fluch und Segen. Insbesondere<br />

denjenigen Menschen, die im Zusammenhang<br />

mit psychotischen oder hirnorganischen<br />

Erkrankungen Halluzinationen erleben,<br />

sind sie eine grosse Belastung. In anderen<br />

Kontexten allerdings gilt die Fähigkeit<br />

zur Vision als höchst anstrebenswerte Eigenschaft<br />

– etwa in der Wirtschaft oder in<br />

der Politik. <strong>Visionen</strong> vermögen eben die Welt<br />

zu verändern – und im Falle von Hellsehern<br />

wie etwa Mike Shiva manchmal auch nur die<br />

Haushaltskasse der vielen Hilfesuchenden,<br />

die hellsichtige Prognosen gegen ein unbescheidenes<br />

Entgelt in Anspruch nehmen, um<br />

sich von Belastungen zumindest kurzfristig<br />

zu entledigen. In diesem Fall wird deutlich,<br />

dass <strong>Visionen</strong> auch als Quelle der Kraft fungieren<br />

können. In dem Sinn: Ob unfreiwillig<br />

oder nicht vorhanden – hoffen wir, dass eure<br />

<strong>Visionen</strong> zum kommenden Jahr positiv seien.<br />

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!<br />

Ivana Leiseder<br />

ANZEIGENMARKETING:<br />

KRETZ AG, General Wille-Strasse 147, Postfach 105, 8706<br />

Feldmeilen, Telefon +41 (0)44 925 50 60, Fax +41 (0)44 925<br />

50 70, polykum.annoncen@kretzag.ch<br />

REDAKTIONS- UND ANZEIGENSCHLUSS:<br />

Nr. 5/ 08–09: 13.01.2009 (ersch. 13.02. 2009, Kunst)<br />

Nr. 6/ 08–09: 10.02.2009 (ersch. 13. 03. 2009, Frauen)<br />

(Nr. 4/08–09 zum Thema <strong>Visionen</strong> erscheint am 12.12.2008)<br />

AUFLAGE: Druckauflage 21 000 Expl., Mitgliederauflage 11<br />

810 Expl. (WEMF bestätigt 2007), Gratisauflage 7582 Expl.<br />

(WEMF bestätigt 2007), erscheint 9-mal jährlich<br />

DRUCK: St. Galler Tagblatt AG, St. Gallen


NEWS<br />

i n t r o<br />

5<br />

PräsiKolumne<br />

Vorweihnachtliche<br />

Gedanken<br />

Semesterferien<br />

Die Semesterferien stehen vor der Tür.<br />

Wir wünschen eine möglichst erholsame<br />

und spannende vorlesungsfreie Zeit. Das<br />

nächste Polykum erscheint am 13. Februar<br />

2009 zum Thema «Kunst».<br />

REAKTIONEN<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Hannes Hübner<br />

Die Zeit rennt und schon sind wir wieder<br />

mitten in der schönen Adventszeit. An allen<br />

Ecken duftet es nach heissen Marroni und<br />

man betrinkt sich zur Abwechslung mit Glühwein.<br />

Die Leute versammeln sich wieder in regelmässigen<br />

Abständen zu den obligaten Fondueessen,<br />

sei es in der Wohngemeinschaft<br />

eines Kollegen, im Fonduezelt bei der Polyterrasse<br />

oder zur Not auch in einem Extratram<br />

der VBZ. Zum Dessert gibt es natürlich<br />

selbst gebackene Weihnachtskekse oder<br />

vielleicht eine Mandarine mit einer Hand voll<br />

Erdnüssen. Auch der traditionelle Polyball<br />

ist mit dem passenden Thema «Winterwelt»<br />

schon wieder Vergangenheit und die als Samichlaus<br />

verkleideten Männer kommen auch<br />

erst wieder in einem guten Jahr aus der Versenkung.<br />

Es ist ja nicht so, dass ich etwas gegen<br />

diese vorweihnachtlichen Erscheinungen<br />

hätte, ganz im Gegenteil. Ich finde es immer<br />

sehr schön, wenn die ganze Stadt im Lichte<br />

der vielen Weihnachtsbeleuchtungen zu<br />

neuem Glanz erstrahlt, gerade wenn die Tage<br />

sehr kurz sind. Wenn dann sogar noch ein<br />

wenig Schnee die Häuser und Bäume verzuckert,<br />

gibt es für mich keine andere Jahreszeit,<br />

wo sich die Stadt Zürich so friedlich präsentiert,<br />

wie während der Adventszeit. Gerade<br />

weil ich Wochenaufenthalter in Schwamendingen<br />

bin, freue ich mich immer wieder<br />

sehr über die wundervollen hundertfarbigen,<br />

wenn möglich bitte wild blinkenden Lichterketten,<br />

die kunstvoll um die Balkongeländer<br />

gewickelt sind, um das Grau der Wohnblöcke<br />

zu brechen. Dafür wird in der Bahnhofstrasse<br />

gezeigt, dass es auch anders geht: Puristische<br />

Leuchtröhren sorgen für eine kühle Beleuchtung,<br />

die an sich eigentlich ein stimmiges Bild<br />

hinterlässt, aber im weihnächtlichen Kontext<br />

offensichtlich nicht goutiert wird.<br />

Doch was lernen wir Studis nun daraus<br />

Sollen wir rosarote Pudelbilder an die Wand<br />

hängen Oder vielleicht <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Wecker an<br />

Bundesräte verteilen, damit sie sehen können,<br />

wann ihre Zeit abgelaufen ist Besser nicht,<br />

da wir wahrscheinlich alle zu sehr mit dem<br />

herannahenden Semesterende beschäftigt<br />

sind. So ging es mir zumindest letztes Jahr,<br />

als mein Kalender noch mit Vorlesungen ge-<br />

füllt war und viele davon mit Semesterendprüfungen<br />

getestet wurden. Zudem gibt es<br />

meistens noch Vorträge oder Berichte, die natürlich<br />

vor Semesterende noch fertig gestellt<br />

werden sollten. Immerhin konnte ich dann<br />

unbeschwert den Weihnachtsferien entgegen<br />

blicken.<br />

Mein Kalender ist auch dieses Jahr<br />

wieder gut gefüllt, aber mit deutlich anderen<br />

Terminen als vor einem Jahr. Dank dem<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong> gibt es sehr viel Anlässe, die wesentlich<br />

vorweihnachtlicher sind als Semesterendprüfungen<br />

– zum Glück.<br />

Falls ihr also gerade im Semesterendstress<br />

seid, wünsche ich euch noch viel<br />

Durchhaltevermögen, damit ihr auch unbeschadet<br />

die Festtage erreicht. Wäre doch<br />

schade, wenn ihr nicht genug Power tanken<br />

könntet, denn die nächste Prüfungssession<br />

kommt bestimmt.<br />

Euer <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Präsident<br />

Daniel Stuber dstuber@vseth.ethz.ch<br />

Macht ihr das mit Absicht<br />

Hoi Ivana, dass euch meine Titel nicht gefallen,<br />

kann ich nachvollziehen. Dass ihr<br />

die Titel einfach ändert, ohne einen Pieps<br />

zu sagen, allerdings nicht. Wenn dann<br />

der von euch neu gesetzte Titel genau das<br />

Gegenteil dessen postuliert, was im Text<br />

(siehe Polykum Nr. 3/08-09 vom 14. November,<br />

Anm. der Red.) steht, beginne<br />

ich mir ernsthaft Fragen zu stellen. Und<br />

wenn im neuen Titel auch noch ein Rechtschreibfehler<br />

steht, muss ich mich sogar<br />

fragen, ob ihr das mit Absicht macht.<br />

Ich mag dir jetzt prätentiös und pingelig<br />

erscheinen. Ich verstehe ja auch, dass<br />

Sprache nicht unbedingt das Ding für<br />

euch <strong>ETH</strong>-Studenten ist, und ihr später<br />

in eurem Beruf nichts mehr damit zu tun<br />

haben werdet. Auch ist mir bewusst, dass<br />

ihr beim Zusammenstellen eines solchen<br />

Heftes Besseres zu tun habt, als euch passende<br />

Titel für mein Textli auszudenken.<br />

Aber umso weniger verstehe ich, warum<br />

ihr es dann tut. Mit (nicht mehr ganz so)<br />

lieben Grüssen, Manuel Joller (Filmstelle)<br />

Marx dreht sich im Grabe um<br />

Liebe Lektorierende, liebe Lesende Manuela,<br />

patzige Antworten auf beknackte<br />

Kritiken (siehe Polykum Nr. 3/08-09 vom<br />

14. November, Anm. der Red.) lassen die<br />

Schreibende auch nicht gerade erwachsen<br />

erscheinen.<br />

Der Gegensatz «Student»-«Studierender»<br />

hat eine rein soziopolitische Komponente,<br />

und ist nicht etwa geschlechterspezifisch<br />

zu sehen! Wer in meinem Leserbrief eine<br />

Kritik an «geschlechtsneutraler Schreibweise»<br />

findet, bekommt nen Kaffee oder<br />

nen Lolli. Student ist man, studieren tut<br />

man. Sollen wir im «Kommunistischen<br />

Manifest» jedesmal «Proletarier» durch<br />

«Arbeitnehmende» ersetzen Marx würde<br />

sich im Grabe umdrehen!<br />

In Anbetracht dessen ist das sog. «sinnwahrende<br />

Ändern» meines Artikels kaum<br />

gegeben. Schreibt doch «Studentinnen<br />

und Studenten», wenn’s Spass macht.<br />

Aber bitte nicht «Studierende»!!<br />

Christoph Faigle


vseth<br />

6<br />

Goldene Eule<br />

Nobelpreis<br />

der Lehre<br />

Soeben wurde wieder die Goldene<br />

Eule als Preis für die beste Lehre an<br />

der <strong>ETH</strong> verliehen.<br />

Erfrischende Sache: Die Goldene Eule.<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong><br />

Von Michèle Mattle<br />

Die Goldene Eule mausert sich. Sie hat<br />

sich einen Logenplatz am <strong>ETH</strong>-Tag erflattert<br />

und ist fast schon eine Art Nobelpreis für alle,<br />

die sich intensiv mit der edelsten aller Wissenschaften<br />

befassen: der Kunst der Vermittlung<br />

von Puzzleteilen, die beschreiben, was die<br />

Welt im Innersten zusammenhält.<br />

Immer, wenn es um eine besondere Anerkennung<br />

geht, sind Neider, Zweifler und<br />

Nörgler nicht weit: Letztes Jahr stritten sich<br />

einige Fachvereine, weil innerhalb eines Departements<br />

nur ein Dozierender gewinnen<br />

kann und weil man sich nicht einig war, wer<br />

überhaupt als richtiger Dozent bezeichnet<br />

werden darf. Die Professoren riefen nach<br />

mehr Transparenz und Reorganisation.<br />

Keine Qual der Wahl<br />

Der FR beschloss die Gründung der Goldene<br />

Eule AG. Dieses Jahr koordinierte erstmals<br />

eine Gruppe von Studierenden die Eulenverleihung<br />

sowie die Wahl des Gewinners<br />

des CS Award. Die AG fasste die Aufgabe,<br />

ein klares Wahlvorgehen, einen Zeitplan<br />

und eine Strategie beim Auftreten unterschiedlichster<br />

Unstimmigkeiten zu erarbeiten.<br />

Der Algorithmus blieb derselbe, aber der Eule<br />

sollte das zurückgegeben werden, was ihr abhanden<br />

zu kommen drohte: gesunder Menschenverstand.<br />

Bei der Nominierung der Goldenen<br />

Eulen geht es nicht nur um das «Enter»-<br />

drücken und die Ergebnisse eines Computerprogramms.<br />

Mit der Verleihung der Goldenen<br />

Eule sollen jene geehrt werden, die in ihrem<br />

<strong>ETH</strong>-Alltag die Lehre hoch werten und sich<br />

aktiv für sie einsetzen. Es scheint auch in unserer<br />

technologisierten Welt logisch zu sein,<br />

dass ein Computerprogramm die Wertvorstellungen<br />

und Erfahrungen der Studierenden<br />

nicht abschliessend berechnen kann. So urteilten<br />

die Fachvereine und die AG nicht nur<br />

aufgrund der Noten, sondern auch des Engagements<br />

ausserhalb von Lehrveranstaltungen,<br />

der Kongruenz von Vorlesung und Übung, Zusammenarbeit<br />

mit den Assistenten, Betreuung<br />

von Praktika und vielem mehr.<br />

Jeder Dozierende sollte theoretisch eine<br />

Eule bekommen können. Leider ist dies aber<br />

noch Wunschdenken. Die Listen des Computers<br />

sind langweilig, die Namen darauf<br />

sind den Studierenden schon aus den letzten<br />

Jahren bekannt, die Favoriten bleiben dieselben.<br />

Nicht nur jemand erhielt dieses Jahr<br />

die Eule zum zweiten Mal. Es freut uns zwar,<br />

dass wir so auch die Ausdauer der Dozierenden<br />

belohnen dürfen. Aber ganz ehrlich:<br />

Wir hätten lieber die Qual der Wahl!<br />

So hoffen wir, dass sich die KollegInnen<br />

der Favoriten nicht abschrecken lassen, sondern<br />

alle ihre versteckten Kompetenzen mobilisieren<br />

und ihre Vorbilder bald in den eigenen<br />

Schatten stellen!<br />

www.eule.ethz.ch<br />

Michèle Mattle (26) ist Mitglied von TS<strong>ETH</strong> und studiert<br />

im 1. Mastersemester Bewegungswissenschaften und Sport an<br />

der <strong>ETH</strong> Zürich. michele_m@tseth.ethz.ch<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Goldene Eule AG


v s e t h<br />

7<br />

INTERVIEW<br />

Lehrmeister<br />

Gujer<br />

Willi Gujer gewinnt den diesjährigen<br />

CS Award als Würdigung seiner hervorragenden<br />

Leistung in der Lehre.<br />

«Die Belange der Studierenden müssen ernst genommen werden»: Willi Gujer.<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Goldene Eule AG<br />

Von Damian Arquint<br />

Willi Gujer, Professor für Siedlungswasserwirtschaft<br />

am D-BAUG, erhält den mit<br />

10‘000 Franken dotierten CS Award als Würdigung<br />

seiner hervorragenden Leistung in der<br />

Lehre. Bereits zum zweiten Mal zeichnet ihn<br />

die Studierendenschaft mit der Goldenen Eule<br />

aus. Uns interessieren die Hintergründe und<br />

die Motivation für ein solches Engagement.<br />

Herr Gujer, welchen Wert messen Sie<br />

der Auszeichnung «CS Award for best<br />

teaching» bei<br />

Die Anerkennung unserer Leistung in der<br />

Lehre von Seiten der Studenten freut mich<br />

ausserordentlich. Neben mir tragen meine<br />

Assistenten massgeblich zum Erfolg unserer<br />

Vorlesungen bei. Mit diesem Preis wird unsere<br />

Arbeit gewürdigt und unsere Investition<br />

in die Lehre bestätigt.<br />

Der CS Award ist mit Prestige verbunden.<br />

Wie gehen Sie damit um<br />

Die Rückmeldungen auf meine Auszeichnung<br />

sind überwältigend. Ich hoffe, dass auch Kollegen<br />

dadurch motiviert werden, ihre Bemühungen<br />

um gute Lehre noch zu erhöhen.<br />

Was verstehen Sie unter guter Lehre<br />

Die Grundlage für gute Lehre bildet sicherlich<br />

ein gut strukturiertes Konzept der Lerneinheit.<br />

Die Belange der Studenten müssen ernst<br />

genommen werden. Wir unterstützen ihren<br />

Lernprozess und fördern ihre fachliche Ent-<br />

wicklung. Während den Vorlesungen suche<br />

ich den Draht zu den Studenten. So kann ich<br />

im Dialog auf ihre Wünsche und Probleme<br />

eingehen. Für mich gehört auch die faire Behandlung<br />

der Studenten zur guten Lehre.<br />

Weiter möchte ich betonen, dass gute Lehre<br />

nicht eine Einzelleistung ist, sondern von der<br />

Gruppe abhängt. Mir ist es wichtig, dass auch<br />

meine Assistenten Freude an der Lehre haben.<br />

Ich bin mir sicher, dass sich unsere positive<br />

Haltung in unserer Leistung widerspiegelt.<br />

Hat sich für Sie der Stellenwert der<br />

Lehre im Laufe der Zeit an der <strong>ETH</strong><br />

verändert<br />

Als ich als Professor an die <strong>ETH</strong> gewählt<br />

wurde, stand für mich zunächst die Forschung<br />

im Vordergrund. Nach beträchtlichen<br />

Erfolgen in der Wissenschaft habe ich<br />

mich vermehrt der Lehre gewidmet und mich<br />

darin verbessert. Die Herausforderung der<br />

Lehre hat für mich laufend an Bedeutung gewonnen,<br />

heute hat die Lehre für mich eine<br />

hohe Priorität.<br />

Was hat Sie besonders geprägt, wenn<br />

Sie an Ihre eigene Studienzeit an der<br />

<strong>ETH</strong> zurückdenken<br />

Im Unterschied zu heute hatten wir als Studenten<br />

mehr Ehrfurcht vor unseren Professoren.<br />

Diese Distanz verhinderte eine direkte<br />

Kommunikation. Ich versuche heute auf die<br />

Studenten zuzugehen und Probleme offen mit<br />

ihnen zu diskutieren.<br />

Erhalten Sie auf diese Weise auch<br />

Rückmeldungen über ihre Art der<br />

Lehre<br />

Im Gespräch erhalte ich wertvolle Kritik von<br />

den Studierenden. Die Resonanz ist meist<br />

sehr positiv. Aus solchen Unterhaltungen gewinne<br />

ich auch konstruktive Rückmeldungen.<br />

Im Vergleich zu den Evaluationen der <strong>ETH</strong>,<br />

in denen ich benotet werde, kann ich daraus<br />

konkrete Massnahmen ableiten.<br />

Welches Verhalten schätzen Sie von<br />

den Studierenden<br />

Heute wird die Leistung der Studierenden<br />

mit einer Note beschrieben. Daran störe ich<br />

mich ein wenig, denn nicht die gesamte Leistung<br />

lässt sich mit einer Note messen. In der<br />

Schweiz sind die Studierenden sehr zurückhaltend.<br />

Keiner will eine Führungsrolle übernehmen<br />

und im Unterricht seine Ansichten<br />

vertreten. Man fürchtet, sich vor den Kollegen<br />

zu blamieren. Meiner Meinung nach wäre ein<br />

grösserer Lerneffekt durch eine aktive Partizipation<br />

im Unterricht möglich. Diese Zurückhaltung<br />

hängt damit zusammen, dass sich<br />

die Studierenden nicht aus eigenem Antrieb<br />

in die Materie vertiefen und sich Fachwissen<br />

aneignen. In meiner ganzen Zeit an der <strong>ETH</strong><br />

habe ich noch nie erlebt, dass sich ein Student<br />

mit mir fachlich gestritten hat. Das ist schade.<br />

Damian Arquint (25) ist Mitglied des OBIS und studiert im<br />

3. Mastersemester am M-TEC. arquint@ethz.ch


vseth<br />

8<br />

ESN TRAIN<br />

Connecting<br />

People<br />

Im Frühjahr fährt der ESN-Zug mit<br />

40 Stopps durch ganz Europa. 700<br />

Betten warten auf reisewütige Studis.<br />

Interkultureller Austausch: Der ESN-Zug verbindet Einwohner aus allen Ecken Europas.<br />

Von Martina Bader<br />

Wie lässt sich «Vielfalt, Austausch und<br />

Connecting people» als grösste Vision des<br />

Erasmus Student Network besser verwirklichen<br />

als mit einem 500 Meter langen Zug, der<br />

ganz Europa durchquert und Europa zu einem<br />

einzigen Zugnetz mit 40 Aufenthalten in 18<br />

Ländern macht<br />

Das Ziel des ESNtrain besteht darin, Einwohner<br />

aus allen Ecken Europas miteinander<br />

zu verbinden. Er ermöglicht tausenden<br />

jungen Mitreisenden also einen interkulturellen<br />

Austausch. Damit soll der ESNtrain zu<br />

einer riesigen fahrenden Kommunikationsplattform<br />

werden, die genau diese Vielfalt<br />

symbolisiert.<br />

Rollende Kommunikation<br />

Vielfältig ist auch der Anlass für diese<br />

erstmalige und einzigartige Zugfahrt durch<br />

Europa. 2009 feiert das Erasmus Student Network<br />

seinen 20. Geburtstag. Seit 20 Jahren<br />

also betreut dieser interdisziplinäre Studierendenverband<br />

in verschiedenen europäischen<br />

Universitätsstädten die lokalen Austauschstudierenden.<br />

Zusätzlich tauschen sich<br />

die Mitglieder des ESN an internationalen<br />

Plattformen mit Workshops und kulturellen<br />

Angeboten innerhalb des Netzwerks aus. Was<br />

das ESN so besonders macht, ist, dass alle<br />

freiwillig mitarbeiten und mit viel Begeisterung<br />

an den Projekten beteiligt sind. All diese<br />

Leute, die nun ihre Energie in das ESNtrain-<br />

Projekt stecken, glauben an das Ziel und den<br />

Erfolg der einmaligen rollenden Kommunikationsplattform<br />

– an den ESNtrain!<br />

Gleichzeitig wie das ESN feiert Europa<br />

20 Jahre Wiedervereinigung seit dem Fall der<br />

Berliner Mauer. Dieses Ereignis führte zum<br />

Ende des Kalten Krieges und damit zur europäischen<br />

Einigung. Bis zu einer kollektiven<br />

Identität der europäischen Bürger mit der politischen,<br />

kulturellen und gesellschaftlichen<br />

Einheit «Europa» über die nationalstaatlichen<br />

Grenzen hinaus ist es jedoch noch ein langer<br />

Weg. Genau diesen Weg möchte der ESNtrain<br />

begehen und zu einem grossen Schritt nach<br />

vorne verhelfen.<br />

Neben zahlreichen historischen Ereignissen<br />

tragen viele lokale Anlässe zu diesem<br />

interkulturellen Dialog bei. Jedes Jahr wird<br />

eine «europäische Kulturhauptstadt» ernannt<br />

– und zwar mit dem Ziel, die europäische Integration<br />

zu stärken. Die europäische Kulturhauptstadt<br />

2009 wird unter anderem das<br />

österreichische Linz sein, wo der Zug auf<br />

seiner Europareise vorbeifahren wird. Auf<br />

der Strecke befinden sich zudem 90 UNESCO<br />

Weltkulturerben, die ebenfalls Teil des Projektes<br />

sein werden.<br />

16 Waggons mit 700 Betten<br />

Da der Zug hauptsächlich nachts unterwegs<br />

ist, werden die Teilnehmer jeden<br />

Morgen in einer anderen Stadt aufwachen.<br />

Diese Gaststädte werden aktiv an der Gestaltung<br />

des Zuges mitwirken. Lokale ESN-Sektionen,<br />

Studierende, Sponsoren sowie alle Interessenten<br />

sind herzlich dazu eingeladen, den<br />

ESNtrain zu unterstützen und kleine Events<br />

zu organisieren. Diese Events können von<br />

einem Frühstück für alle Mitreisenden bis hin<br />

zu einer Stadtführung für 20 Personen reichen.<br />

Während der Zug fährt, werden lokale<br />

ESN-Sektionen über kommende Stopps informieren.<br />

Zudem haben Städte, die nicht auf<br />

der Strecke liegen, die Möglichkeit, zur Vielfalt<br />

des Zuges beizutragen, indem sie beispielsweise<br />

einen türkischen Abend oder ein<br />

spanisches Konzert im Zug organisieren.<br />

Der ESNtrain besteht aus 16 Waggons<br />

und stellt 700 Betten zur Verfügung. Dadurch,<br />

dass die Reise an allen Stopps begonnen<br />

oder beendet werden kann, können<br />

über 5’000 Menschen zwischen dem 28. März<br />

und dem 21. April 2009 mitfahren. Gemäss<br />

Planung wird die Anmeldung ab Anfang 2009<br />

möglich sein.<br />

Momentan arbeiten junge Leute aus ganz<br />

Europa am Ziel, den ESNtrain auf die Gleise<br />

zu setzen, um so den Austausch in ganz Europa<br />

zu ermöglichen und geographische<br />

sowie kulturelle Grenzen zu überwinden.<br />

Damit ist jeder herzlich eingeladen, diese<br />

Welt von Einheit und Vielfalt mitzugestalten,<br />

so dass der ESNtrain zu einem unvergesslichen<br />

Projekt und Erlebnis wird.<br />

www.esntrain.org<br />

Martina Bader (23) ist Mitglied von ESN Zürich und studiert<br />

im 9. Semester Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft<br />

an der Universität Zürich. martina_bader@gmx.ch<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: ESNtrain


vseth<br />

9<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-VORSTAND<br />

Rasierer<br />

verteilen<br />

Drei neue Vorständler über ihre Motivation,<br />

dem <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> beizutreten<br />

und die Schattenseiten der <strong>ETH</strong>.<br />

Neu im <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>: Roman (Projekte), Richard (Hochschulpolitik) und Remo (Internal Affairs).<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bilder: Hannes Hübner<br />

Remo Senn (21)<br />

E-Mail: sennr@vseth.ethz.ch Tätigkeitsbereich<br />

im <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>: Internal Affairs Studium<br />

& Semester: 7. Semester MSc Chemie Das<br />

Beste an der <strong>ETH</strong>: Die Studierenden, die<br />

aus jeder «Hundsverlochete» eine geniale<br />

Party machen und die diversen Dienstleistungen,<br />

die das Studium bereichern. Das<br />

Schlechteste an der <strong>ETH</strong>: Die Bürokratie,<br />

die viele Projekte unnötig verzögert oder gar<br />

verunmöglicht und die vielen, oft unnötigen<br />

Stolpersteine auf dem Weg zum Abschluss.<br />

Wieso <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Engagement / Ziele: Das<br />

Verbinden von Fachvereinen und Kommissionen<br />

untereinander und mit dem <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> ermöglicht<br />

ein viel effizienteres Lösen vom Problemen<br />

und ist ein Grundstein für neue Ideen<br />

und Innovationen. Freizeit: Viel Schlafen,<br />

ein bisschen Sport und ab und zu das Erwerben<br />

von Geld Passion: Mein Studium,<br />

mein soziales Umfeld Lebensziel: Mindestens<br />

sieben Nobelpreise, zehn Oscars und<br />

fünf goldene Himbeeren Lebensmotto: Always<br />

look on the bright side of life. Mein<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Slogan: Man lebt nicht, um zu studieren,<br />

sondern man studiert, um zu leben.<br />

Richard Weng (20)<br />

Spitzname: Richie E-Mail: rweng@vseth.<br />

ethz.ch Tätigkeitsbereich im <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>:<br />

Hochschulpolitik Studium & Semester:<br />

3. Semester BSc Maschinenbau Das Beste<br />

an der <strong>ETH</strong>: Die Offenheit der Professoren<br />

für studentische Anliegen. Als Student am D-<br />

MAVT merke ich, dass im Vorlesungsbetrieb<br />

Feedback und konstruktive Kritik gerne aufgenommen<br />

und umgesetzt werden. Ich kenne<br />

Professoren und Assistenten, die sich sogar<br />

über die Sprechstunde hinaus Zeit nehmen,<br />

wenn sich der Studierende wirklich für die<br />

Thematik interessiert. Die Meinung der Studierenden<br />

wird von den Mitarbeitern und Leitung<br />

der <strong>ETH</strong> wirklich sehr ernst genommen.<br />

Das Schlechteste an der <strong>ETH</strong>: Ungenügend<br />

Zeit, sich Gedanken über den Vorlesungstoff<br />

zu machen, um ihn richtig zu verstehen.<br />

Ich glaube, dass ein Studierender, der<br />

freiwillig länger studiert, der bessere Wissenschaftler<br />

ist. Es bleibt so Zeit für intensive Diskussionen<br />

mit Kollegen, Assistenten und Professoren,<br />

die zum wirklichen Verständnis der<br />

Materie führen. Dies sind die menschlichen<br />

Ressourcen, die die Qualität der <strong>ETH</strong> ausmachen<br />

und ich finde es schade, dass sie so<br />

wenig genutzt werden. Wieso <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Engagement<br />

/ Ziele: Obwohl die <strong>ETH</strong> eine<br />

sehr gute Hochschule ist, gibt es dennoch Verbesserungspotential.<br />

Anstatt nur darüber<br />

zu diskutieren, darf ich diese nun mitgestalten.<br />

Es ist zwar mühsam, aber eine wertvolle<br />

Erfahrung. Freizeit: Neben dem anspruchsvollen<br />

<strong>ETH</strong>-Studium und den zeitintensiven<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Aufgaben bleibt manchmal<br />

abends noch etwas Zeit zum Joggen oder Gitarre<br />

spielen. Passion: Ganz klar: Essen!<br />

Jeder isst und trinkt, doch wissen nur wenige<br />

den Geschmack zu schätzen. Lebensziel:<br />

Ich versuche zufrieden zu sein mit dem, was<br />

ich habe. Realisiere ich, dass mir nichts mehr<br />

fehlt, gehört mir schon die ganze Welt. Lebensmotto:<br />

Probleme gibt es nicht. Sie sind<br />

alle nur Herausforderungen. Mein <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-<br />

Slogan: Akzeptiere oder Verändere!<br />

Roman Saratz (22)<br />

E-Mail: roman@vseth.ethz.ch Tätigkeitsbereich<br />

im <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>: Projekte, Feste wie<br />

zum Beispiel Erstsemestrigenfest, gratis Marroni<br />

und Punschausschank vor Weihnachten,<br />

<strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Helferparty (richtig gehört: ESF-<br />

Helfer dürfen auch nächstes Jahr wieder an<br />

eine Gratis-Flatrate-Party!) und der kommende<br />

Frühlingsanlass. Ausserdem Ordung<br />

im Chaos vermeiden, den VIS bemuttern (bevatern)<br />

und Rasierer verteilen. Studium<br />

& Semester: 5. Semester BSc Informatik<br />

Das Beste an der <strong>ETH</strong>: selbstverständlich<br />

der <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> (sorry VIS) Das Schlechteste<br />

an der <strong>ETH</strong>: Testate, Zeit der Prüfungssessionen,<br />

langweilige Vorlesungen, der Tinnitus<br />

nach den Partys. Wieso <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Engagement<br />

/ Ziele: Abwechslung zum Studienalltag,<br />

Schutz vor Fachidiotismus, Zusammenarbeit<br />

mit sehr motivierten, engagierten<br />

und kreativen Menschen und das<br />

viele, viele Bier. Freizeit: Reisen (bin gerade<br />

von London nach Hause gekommen ...),<br />

Partys Passion: Singen, Essen und Schlafen<br />

Lebensziel: Alt werden, aber nie alt sein Lebensmotto:<br />

Wer Ordnung liebt, ist nur zu<br />

faul zum Suchen. Mein <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Slogan:<br />

Wer <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Mitglied ist, hat’s leichter!


Übersicht<br />

«Am liebsten höre ich Hip-Hop» 10<br />

Klassenlose Sache 12<br />

In Luft aufgelöst 13<br />

Nicht Herr im eigenen Haus 14<br />

Stimmen im Kopf 15<br />

<strong>Visionen</strong> als Quellen der Kraft 17<br />

INterview<br />

«Am liebsten<br />

höre ich Hip-Hop»<br />

Mike Shiva spaltet die Nation. Vor wenigen Wochen wurde der Hellseher<br />

von den «Blick»-Lesern gar zum nervigsten Schweizer gewählt. Doch wer ist<br />

Mike Shiva eigentlich Wir haben uns mit ihm in Thun getroffen.<br />

<strong>Visionen</strong><br />

Hallo Mike, schön Dich zu sehen.<br />

Ebenfalls. Sag, Ivana, wie geht es Dir Gut gereist<br />

Ja, danke. Ich bin zum ersten Mal in<br />

Thun. Eine herzige Stadt.<br />

Na ja, weisch, das sind alles Buure hier. Zürich<br />

ist schon besser. Da hat’s auch mehr<br />

Läden zum Shoppen.<br />

Hast du heute Sendung<br />

Ich hatte gerade vorhin. Deshalb bin ich auch<br />

geschminkt.<br />

Kannst du mir erklären, wie du das<br />

machst mit dem Hellsehen<br />

Es ist mir in die Wiege gelegt worden. Ich war<br />

ja schon als 15-Jähriger ein Phänomen.<br />

Ein Hypnose-Phänomen, gell.<br />

Genau. Ich habe auf spielerische Art und<br />

Weise Menschen zum Schlafen gebracht.<br />

Was haben denn deine Eltern dazu gesagt,<br />

dass du in Basel Massenhypnose<br />

veranstaltet hast anstatt in die Schule<br />

zu gehen<br />

Das war halt so wie in jeder Familie. Die einen<br />

sagten, ich solle doch zuerst etwas Rechtes<br />

machen. Aber meine Mutter stand immer<br />

hinter mir.<br />

Was unterscheidet dich von anderen<br />

Hellsehern Es gibt ja viele Scharlatane<br />

in eurem Business.<br />

Ich habe Grenzen. Ich kann zum Beispiel<br />

keine Todestage voraussagen oder die Lottozahlen.<br />

Sonst wäre ich ja schon längst nicht<br />

mehr hier. Ausserdem habe ich nicht das Bedürfnis,<br />

mich als Oberguru darzustellen – ich<br />

berate mehr, als dass ich hellsehe.<br />

Würdest du dir selber auch anrufen<br />

Wenn ich nicht die Fähigkeiten hätte, die<br />

ich eben besitze: ja. Manchmal frage ich ja<br />

auch meine Kollegen, sie sollen für mich in<br />

die Karten schauen. In Sachen Liebe und so.<br />

Aber das ist mehr zum Plausch. Man sollte das<br />

Ganze nicht zu ernst nehmen.<br />

Wie schaffst du es, immer so ruhig zu<br />

bleiben Manchmal rufen dich schon<br />

sehr seltsame Leute an.<br />

Ich habe für jedes Problem Verständnis. Aber<br />

manchmal werde ich aus anderen Gründen<br />

schon ein wenig hässig. Wenn man mich zum<br />

Beispiel nicht ausreden lässt. Gestern hatte<br />

ich so eine Anruferin. Da habe ich ihr gesagt,<br />

Sie gehen mir auf den Geist, ich werde keine<br />

Sekunde länger mit Ihnen reden. Dann habe<br />

ich aufgehängt.<br />

Aber die Frauen stehen doch auf dich,<br />

insbesondere die 40- bis 50-Jährigen.<br />

Nein, eher die 40- bis 80-Jährigen.<br />

Pardon. Wie gehst du damit um<br />

Ich finde das noch härzig, dass die in mich<br />

Polykum Nr. 4/08–09


visionen<br />

11<br />

«Wenn ich in der Badewanne singen kann, kann ich auch eine CD machen»: Mike Shiva, Hellseher und bald vielleicht auch Popstar.<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Mike Shiva<br />

verliebt sind. Ich freue mich darüber. Anscheinend<br />

bewirke ich ja etwas. Aber natürlich gibt<br />

es auch noch die andere Gruppe, die nicht<br />

mehr so angenehm ist – das sind dann Stalker.<br />

Solche, die dir nachlaufen.<br />

Ja, genau. Die schicken mir auch SMS, dass<br />

sie mich lieben und sie mich nachts spüren,<br />

wenn ich zu ihnen ins Bett komme. Die<br />

denken, ich habe eine Beziehung mit ihnen –<br />

dabei bin ich ihnen noch gar nie begegnet.<br />

Das ist lästig.<br />

Ja, sehr. Und weisch, dann sind es meistens<br />

auch noch Monster. Wenn’s denn wenigstens<br />

etwas Attraktives wäre ...<br />

Schade. Dann war also noch keine darunter,<br />

die dir gefiel<br />

Ich sehne mich nach einer Beziehung. Aber<br />

bis jetzt hat’s noch nicht Klick gemacht.<br />

Auf deiner Webseite steht, dass du<br />

noch Mitarbeiter suchst. Als Voraussetzung<br />

sollte man «auf irgendeine<br />

Art und Weise in die Zukunft schauen»<br />

können. Reicht es also aus, wenn ich<br />

das Kaffeesatzlesen beherrsche<br />

Nein. Meine Mitarbeiter müssen Kartenlegen<br />

oder Pendeln können oder sich in der Astrologie<br />

auskennen. Am besten ist’s, wenn Diplome<br />

vorhanden sind.<br />

Kannst du mir etwas zu den Bundesratswahlen<br />

sagen<br />

Damit habe ich mich nicht auseinandergesetzt.<br />

Aber der Bundesrat, das habe ich ja<br />

schon immer gesagt, ist ein Chasperli-Theater.<br />

Am gescheitesten sollte ich dort sitzen.<br />

Was würdest du denn verändern<br />

Ich weiss nicht, ob ich etwas verändern<br />

würde. Aber ich würde schauen, dass das Volk<br />

an erster Stelle steht.<br />

Hast du denn politische Ambitionen<br />

Nein, aus irgendeinem Grund sitze ich ja nicht<br />

im Bundesrat.<br />

Stimmt. Sag, wie lange willst du das<br />

noch machen mit dem Hellsehen<br />

Ich würde das gerne noch ein wenig weitermachen.<br />

Aber eigentlich ist das Moderieren<br />

das, was mir so gefällt. Ich würde ehrlich gesagt<br />

lieber «Benissimo» oder so machen. Aber<br />

Kartenlegen ist halt das, worin ich am glaubwürdigsten<br />

bin.<br />

Ich habe gehört, dass du gerne Musik<br />

hörst.<br />

Ja, besonders Hip-Hop und House.<br />

Welche Bands denn<br />

Ach, querbeet. Ich habe auch ein Musikprojekt<br />

in der Pipeline.<br />

Erzähl.<br />

So Club-style-Musig. Meine eigene Musik<br />

auf CD. Patrick und ich haben ja schon einen<br />

Song aufgenommen für «Alpenwelle Hits» –<br />

der war in der Hitparade.<br />

Aber Alpenwelle ist doch Schlager.<br />

Ja, Schlager. Aber nicht so sch ... lechter. Aber<br />

jetzt will ich eben Club-Musik veröffentlichen.<br />

Ich meine, wenn ich in der Badewanne singen<br />

kann, darf ich auch eine CD machen. Oder<br />

nicht<br />

Ja, warum nicht.<br />

Äbe gäll.<br />

Kannst du mir das Schicksalsjahr unserer<br />

Rektorin sagen<br />

Ja, Moment ... (schaut sich das Geburtsdatum<br />

an und rechnet) 2010.<br />

Was ist Frau Wunderli denn für ein<br />

Mensch<br />

Sie ist sehr dominant und hat ein grosses Bedürfnis,<br />

die Sachen im Griff zu haben. An ihr<br />

kommt man nicht vorbei. Aber genau deshalb<br />

ist sie so erfolgreich. Tief in ihrem Inneren ist<br />

sie eine ganz Liebe. Sie hat halt einfach Angst,<br />

verletzt zu werden.<br />

www.shiva.tv<br />

Das Interview führte Ivana Leiseder (22). Sie ist Redaktionsleiterin<br />

des Polykum und studiert im 5. Semester<br />

Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität<br />

Zürich. leiseder@polykum.ethz.ch


visionen<br />

12<br />

Klassenlose<br />

Sache<br />

Der Kapitalismus ist kein Naturgesetz. Aber was wäre<br />

die Alternative<br />

Das sozialistisch-marxistische Konzept sieht eine Wirtschaft vor, die si<br />

Von Raphael Fuhrer<br />

«Bei der Finanzkrise handelt es sich aus<br />

marxistischer Sicht um eine klassische Überproduktionskrise.<br />

In einer solchen Situation<br />

gibt es nur noch wenig Möglichkeiten,<br />

Geld gewinnbringend zu investieren. Und das<br />

trifft ein System, das nur der Profitmaximierung<br />

hinterher rennt, natürlich stark», sagt<br />

Urs Diethelm. Mit dem System meint er den<br />

Kapitalismus, denn Diethelm ist Mitglied der<br />

Gruppierung «Sozialistische Alternative/Solidarität».<br />

Wir treffen uns in deren Büro, das<br />

unweit des Basler Bahnhofs liegt, und sprechen<br />

über visionäre Alternativen zur jetzigen,<br />

kapitalistischen Gesellschaft.<br />

Zu viel des Profits<br />

«Zwar gab es im Kapitalismus schon einige<br />

Krisen. Diese ist jedoch besonders<br />

schwerwiegend», meint Urs Diethelm. Die<br />

Milliarden, die in Banken und Unternehmen<br />

gebuttert wurden, würden nun an anderer<br />

Stelle – zum Beispiel bei der sozialen Sicherheit<br />

– fehlen. «Auch bei uns im reichen<br />

Norden stellen sich daher harte Verteilungskämpfe.<br />

Eine sichere Altersvorsorge, Invaliden-<br />

oder Krankheitsversorgung werden<br />

nach der einseitigen Milliardenverteilung<br />

zu Gunsten der Banken nicht mehr selbstverständlich<br />

sein», befürchtet Diethelm. Er<br />

glaubt nicht, dass so weitergemacht werden<br />

kann wie bisher. Der grundlegende Widerspruch,<br />

der das jetzige System verkörpere,<br />

liege offen da: Die Diskrepanz zwischen Profitmaximierung<br />

und den tatsächlichen Bedürfnissen<br />

der Menschen. Genau diese Diskrepanz<br />

habe auch zur aktuellen Finanzkrise geführt.<br />

Mit Schulden der Schulden der Schulden handeln<br />

– aus Profitsicht sinnvoll, aber welchem<br />

echten Bedürfnis entsprechend «Dass so<br />

etwas zusammenbrechen wird, war vorauszusehen»,<br />

stellt der linke Aktivist fest. Auch die<br />

anderen offenkundigen Mängel des Kapitalismus’<br />

wie etwa Umweltzerstörung, Hunger<br />

oder Trinkwassermangel würden die Gesellschaft<br />

schlicht zwingen, über tief greifende<br />

Alternativen nachzudenken.<br />

Elite trifft Entscheide<br />

Der sozialistisch-marxistische Grundgedanke<br />

geht von einer Wirtschaft aus, die sich<br />

an den Bedürfnissen der Menschen orientiert:<br />

«Die Leute sollen die Möglichkeit haben, direkt<br />

Einfluss zu nehmen auf die Frage, was<br />

und wie produziert wird.» Das kann über gesellschaftliche<br />

Demokratie oder über Mitsprache<br />

derer, die produzieren beziehungsweise<br />

eine Dienstleistung erbringen, geschehen.<br />

Im sozialistisch-marxistischen Modell<br />

solle denn auch nicht möglich sein, dass<br />

sich der Einzelne an diesen bedürfnisorientierten<br />

Wirtschaftsprozessen persönlich bereichern<br />

könnte. «Heute ist das ganz anders»,<br />

gibt Diethelm zu bedenken. «Eine<br />

kleine Elite trifft die Entscheide.» Zweifel bezüglich<br />

der Umsetzbarkeit des marxistischen<br />

Gedankenguts versucht Diethelm zu entkräften:<br />

«Es geht bei den Entscheidungen um<br />

grundlegende Angelegenheiten wie genügend<br />

Nahrungsmittel für alle, gutes Trinkwasser<br />

oder eine ökologische Landwirtschaft<br />

und nicht etwa um die Wassertemperatur im<br />

Schwimmbad.» Auch ob Kopfsalat oder Nüsslisalat<br />

angebaut werde, müsse nicht so festgelegt<br />

werden, sondern könnte durch den<br />

Markt bestimmt werden. Aber die Gesellschaft<br />

könnte sich beispielsweise die Frage<br />

stellen, ob sie sich den ökologisch und finanziell<br />

teuren Privatverkehr leisten wolle oder<br />

ob man nicht vermehrt per Velo oder öffentlichen<br />

Verkehrsmitteln, die natürlich ausgebaut<br />

werden müssten, unterwegs sein könnte.<br />

«Wir wären gleichermassen mobil, allerdings<br />

ökologischer und günstiger», erklärt<br />

Diethelm. In diesem Sinne gebe es noch eine<br />

Reihe weiterer Beispiele. Wichtig dabei sei,<br />

so meint er, dass die Menschen – und zwar<br />

global betrachtet, also alle Menschen – ihre<br />

Grundbedürfnisse äussern könnten und diese<br />

auf eine demokratisch bestimmte Art erfüllt<br />

würden. Dies erfordere eine Diskussion über<br />

die Grundbedürfnisse innerhalb der Gesellschaft<br />

und zeige, dass ein Abwägen verschiedener<br />

Bedürfnisse und Freiheiten notwendig<br />

sei. «Ist es ein echtes Bedürfnis, zwischen 150<br />

Automodellen auswählen zu können», fragt<br />

Diethelm rhetorisch. Gewisse Leute reagierten<br />

allergisch, wenn die Auswahl beispielsweise<br />

auf drei Modelle reduziert würde, die ökologische<br />

und soziale Kriterien erfüllen. «Darin<br />

würden diese Leute ihr angebliches Grundbedürfnis<br />

nach Wahlfreiheit verletzt sehen. Dass<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Illustration: Tobias Tschopp


ch an den Bedürfnissen der Menschen orientiert.<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Hannes Hübner<br />

aber ihr Wirtschaftssystem, die freie Marktwirtschaft,<br />

Millionen Menschen im Süden<br />

die Wahlfreiheit nach sauberem Trinkwasser<br />

nimmt, nehmen sie nicht zur Kenntnis», führt<br />

der überzeugte Sozialist seine Gedanken am<br />

Bespiel Mobilität zu Ende.<br />

Kampf um sozialen Ausgleich<br />

Ein Umdenken der Mehrheit der Bevölkerung<br />

sei daher dringend nötig, dem ist sich<br />

Diethelm sicher. «Der Leitgedanke muss in<br />

Zukunft sein: Wie kann ich meine Bedürfnisse<br />

befriedigen, ohne dass dies auf Kosten<br />

anderer geschieht» Er habe nichts gegen gesunden<br />

Egoismus, denn dieser könne sehr<br />

kreativ wirken. Jedoch brauche es demokratisch<br />

ausgehandelte Vorgaben, nach denen<br />

gewirtschaftet werde und die sich am Ökologischen<br />

und Gerechten orientierten. Vor dem<br />

Hintergrund dieser Herausforderungen müsse<br />

sich die Linke beweisen: Der Kampf um sozialen<br />

Ausgleich und elementare Rechte müsse<br />

hier und erst recht im Süden, wo die ganze<br />

Hungerproblematik dazukomme, geführt<br />

werden. «Es wird Aufgabe der Linken sein,<br />

für einen gemeinsamen Kampf zu sorgen», erklärt<br />

der sozialistische Aktivist, denn «wenn<br />

wir erreichen wollen, dass alle genug haben,<br />

braucht es einen gemeinsamen, weltweiten<br />

Widerstand!»<br />

Raphael Fuhrer (21) ist Polykum-Redaktor und studiert im<br />

7. Semester Umweltnaturwissenschaften an der <strong>ETH</strong> Zürich.<br />

fuhrer@polykum.ethz.ch<br />

VISIONEN DER UNO<br />

In Luft aufgelöst<br />

Im Sommer 2000 fand in New York der<br />

Milleniumsgipfel der Vereinten Nationen<br />

statt, an dem die wichtigsten Herausforderungen<br />

des neuen Jahrtausends zur Debatte<br />

standen. Alle Mitgliedstaaten der UNO unterzeichneten<br />

im Anschluss die Milleniumserklärung,<br />

die einen Katalog von weltweiten<br />

Entwicklungszielen umfasste. Sie<br />

verpflichteten sich, diese Vision bis 2015<br />

umzusetzen. Aus diesem Katalog leiten sich<br />

folgende acht Schwerpunkte ab: 1. Armut<br />

und Hunger: Den Anteil an Menschen<br />

halbieren, der in extremer Armut lebt und<br />

mit weniger als dem lokalen Gegenwert<br />

eines US-Dollars pro Tag auskommen muss.<br />

Den Anteil an Menschen halbieren, der<br />

unter Hunger leidet. 2. Schulbildung:<br />

Alle Kinder auf der ganzen Welt sollen<br />

ihre Grundschulausbildung vollständig abschliessen<br />

können. 3. Gleichstellung:<br />

Das Geschlechterverhältnis ausgleichen,<br />

primär in der Schulbildung, aber auch in<br />

der Arbeitswelt und in der Politik. 4. Kinderschutz:<br />

Die Kindersterblichkeitsrate<br />

der Kinder im Alter unter fünf Jahren soll<br />

um zwei Drittel abnehmen. 5. Mutterschutz:<br />

Die Sterblichkeitsrate von Müttern<br />

während der Schwangerschaft oder der<br />

Geburt um drei Viertel reduzieren. Den Zugang<br />

zu Gesundheitseinrichtungen in reproduktiven<br />

Bereichen für alle sicherstellen. 6.<br />

HI-Virus und Malaria: Die Ausbreitung<br />

von HIV/Aids begrenzen und eine Abnahme<br />

an Infizierten erwirken. Letzteren Zugang<br />

zu medizinischer Behandlung gewähren.<br />

Dasselbe gilt bei Malaria und anderen<br />

schwerwiegenden Krankheiten. 7. Nachhaltigkeit:<br />

Die Prinzipien einer nachhaltigen<br />

Entwicklung in den staatlichen<br />

Agenden der Politik verankern. Die Zerstörung<br />

von Umweltressourcen stoppen und<br />

den Verlust an Biodiversität drosseln. Den<br />

13<br />

Anteil an Menschen ohne Zugang zu sauberem<br />

Trinkwasser halbieren und die Lebenssituation<br />

von 100 Millionen Slum-Bewohnern<br />

markant verbessern. 8. Gemeinsame<br />

Entwicklung: Einführung eines<br />

transparenten, nach klaren Regeln laufenden,<br />

nicht diskriminierenden Handelsund<br />

Finanzsystems. Dieses soll eine faire<br />

Lösung der Schuldenprobleme der Entwicklungsländer,<br />

eine verantwortungsbewusste<br />

Regierungsführung sowie nach Möglichkeit<br />

Vollbeschäftigung in Form ehrbarer Arbeit<br />

beinhalten.<br />

Aktuelle Situation<br />

Die deutsche Entwicklungsorganisation<br />

«Milleniumkampagne» hält in ihrem Bericht<br />

für das Jahr 2008 fest, dass trotz einiger<br />

Fortschritte noch sehr viel zu tun ist, um die<br />

Ziele fristgerecht zu erreichen. Eine positive<br />

Entwicklung ist bei der Schulbildung, der<br />

Kindersterblichkeit oder der Gleichstellung<br />

von Mann und Frau zu beobachten. Besonders<br />

aussichtslos jedoch scheint die Lage bezüglich<br />

HIV/Aids zu sein. Statt einer Abnahme<br />

nimmt die Zahl der infizierten Personen<br />

stetig zu. Gemäss Angaben ist in gewissen<br />

Entwicklungsländern die komplette<br />

Bevölkerung im Alter zwischen 15 und 49<br />

Jahren bereits infiziert oder akut gefährdet.<br />

Ebenso kann im Bereich Nachhaltigkeit kein<br />

Erfolg vermeldet werden: Die Zerstörung<br />

der natürlichen Ressourcen geht weiter, der<br />

Ausstoss an CO 2 nimmt zu und das Artensterben<br />

geht ungebremst weiter. Diese Entwicklungen<br />

sind besonders besorgniserregend,<br />

da sie sich direkt auf andere Ziele wie<br />

die Eindämmung von Armut und Hunger<br />

negativ auswirken.<br />

Es sah in den letzten Jahren danach<br />

aus, als könnte die Halbierung von Armut<br />

und Hunger bis 2015 gelingen. Mit dem<br />

Aufkommen der Hungerkrise, des Klimawandels<br />

und der Konkurrenz durch Agrotreibstoffe<br />

ist nun jedoch ungewiss, ob die<br />

Ziele erreicht werden können. (rf)<br />

Wir schmeissen weg, was vielen Menschen fehlt: Nahrungsmittel.<br />

visionen


visionen<br />

14<br />

Nicht Herr im<br />

eigenen Haus<br />

Träume sind nichts weiter als Verschlüsselungen von<br />

verdrängten Wünschen oder Phantasien. Diese können<br />

mithilfe der Traumdeutung aufgedeckt werden.<br />

Auf der Spielwiese des Traumes werden Phantasien aus ihrem Käfig befr<br />

Von Damian Hodel<br />

Den Anfang machte, wie so oft, Freud. Er<br />

vertrat die These, dass unser Verhalten und<br />

Denken nicht nur vom Bewussten gesteuert,<br />

sondern entscheidend vom Unbewussten mitbestimmt<br />

wird. Dies stiess bei vielen seiner<br />

Zeitgenossen auf heftigen Widerstand – sollte<br />

man plötzlich nicht mehr alleiniger Herr im<br />

eigenen Haus sein Freud blieb dabei und<br />

profilierte sich als Pionier in der Erforschung<br />

des Unbewussten, basierend auf der Arbeit<br />

mit Patienten, neurotischen und psychotischen<br />

Menschen. Dazu gehört auch seine<br />

Theorie der Traumdeutung, die das Unbewusste<br />

voraussetzt.<br />

Träume zeichnen sich durch eigenartige<br />

Eigenschaften aus, die oft nicht mit dem bewussten<br />

Denken vereinbar sind. Träume sind<br />

unlogisch. Es gibt zeitliche Sprünge, Widersprüche,<br />

oft keine Kausalität. Dies sind nichts<br />

weiter als Verschlüsselungen von verdrängten<br />

Phantasien und Wünschen, die aus unserem<br />

Unterbewusstsein aufsteigen, die aber für<br />

unser Bewusstsein inakzeptabel sind, verrucht,<br />

verpönt oder zu krass. In der Psychoanalyse<br />

wird dieser Prozess der Verschlüsselung<br />

Traumarbeit genannt.<br />

Ganze Traumarbeit leisten<br />

Wiebke Rüegg-Kuhlenkampff, Psychoanalytikerin<br />

und Beraterin an der Psychologischen<br />

Beratungsstelle, erklärt dies anhand<br />

folgenden Beispiels: «Den Wunsch, von<br />

einem Mann oder einer Frau sexuell erobert<br />

zu werden, kann jemand vielleicht mit seinem<br />

Gewissen nicht vereinbaren und wehrt sich<br />

dagegen. Stattdessen träumt er, wie er einer<br />

hocherotischen Szene zuschaut.» Eine Art<br />

Zensur verlangt die verschlüsselte Darstellung<br />

für einen Wunsch. Im extremsten Fall ist die<br />

Abwehr so gross, dass der Traum vergessen<br />

geht.<br />

Vereinfacht läuft es also folgendermassen<br />

ab: Es beginnt mit einem latenten Traumgedanken,<br />

einem unerfüllten Wunsch des Unterbewussten.<br />

Dieser wird durch Traumarbeit<br />

in den manifesten Traum, also jenen, an<br />

den man sich erinnert, übersetzt, damit er<br />

der Zensur des Bewussten entgeht. Um den<br />

Traum zu deuten, muss der Psychoanalytiker<br />

schliesslich den Weg umkehren, um vom<br />

manifesten Traum zum latenten Traumgedanken<br />

zu gelangen. Das klingt einfacher, als<br />

es ist. Schliesslich leistet unser Unterbewusstsein<br />

ganze (Traum-)Arbeit, damit die eigentliche<br />

Aussage verschleiert bleibt. «Oft wird<br />

erst kurz vor dem Erwachen noch eine ganze<br />

Geschichte um den eigentlichen Trauminhalt<br />

gesponnen, die den Traum abrundet und ihm<br />

eine gewisse Logik verleiht», so Rüegg.<br />

Traumdeutung darf man nun nicht als lineare<br />

Übersetzung von der Traumsprache in<br />

unsere Sprache verstehen. Sie ist viel komplexer<br />

und geschieht gezwungenermassen<br />

immer in Anbetracht der freien Assoziationen,<br />

die jeder zu seinem eigenen Traum hat. Wenn<br />

ein Patient einen Traum erzählt, achtet Frau<br />

Rüegg besonders auf Vorkommnisse, die der<br />

Patient real erlebt hat. «Diese so genannten<br />

Tagesreste, vermeintlich banale Erlebnisse,<br />

lösen das Träumen erst aus. Sie sind immer irgendwie<br />

mit wichtigen Geschehnissen in der<br />

Vergangenheit, die den Patienten beschäftigen,<br />

verknüpft.» Zum Beispiel liegt man mit<br />

einer bestimmten Person in einem Streit. Der<br />

Traum verarbeitet dies jedoch nicht direkt; im<br />

Traum erscheint vielleicht nur ein Kleidungsstück,<br />

das an diese Person erinnert. Vor allem<br />

für den Patienten Nebensächliches, Brüche<br />

und Unlogisches eines Traumes sind für die<br />

Deutung wichtig, da diese Überbleibsel des<br />

latenten Traumgedankens darstellen. Also<br />

ist jedes noch so kleine Fragment eines einzelnen<br />

Traums aussagekräftig: «Auch wenn<br />

es manchmal so scheint, ist kein Traum zufällig<br />

und jeder Traum hat einen Sinn», meint<br />

Rüegg.<br />

Hüter des Schlafs<br />

Nachdem Rüegg sich einen Traum vor<br />

Augen geführt hat, stellt sie mithilfe der Assoziationen<br />

des Patienten eine mögliche Hypothese<br />

auf, wie der Traum zu deuten ist. Die<br />

Erfahrung hat sie gelehrt, dass Deutungen,<br />

auf die die Patienten sehr akzeptierend oder<br />

sehr ablehnend reagieren, oft zutreffend sind.<br />

Traumdeutung wird dennoch nicht einfacher.<br />

Man stelle sich vor, man träume, in einer<br />

fremden dunklen Stadt von Unbekannten verfolgt<br />

zu werden und schrecke mitten in der<br />

Nacht schweissgebadet von diesem Traum<br />

auf. Die erste Deutung des Laien ist schnell<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Illustration: William Bradley


eit und ausgelebt – allerdings in verschlüsselter Form.<br />

Polykum Nr. 4/08–09<br />

gemacht: Es existiert irgendeine innere Angst.<br />

Punkt. Leider ist dem nicht so, denn ein Albtraum<br />

kann genauso gut das Gegenteil bedeuten,<br />

nämlich dass der Wunsch vorhanden<br />

ist, selber jemanden zu verfolgen. Nicht Gefühle,<br />

sondern unerfüllte Wünsche sind<br />

die wichtigsten Antriebe zum Träumen. Jedoch<br />

nicht im Sinne des Traumes ist, dass<br />

man wegen des Träumens erwacht. Denn der<br />

Traum gilt als Hüter des Schlafs, sollte also eigentlich<br />

das Aufwachen verhindern, oder zumindest<br />

hinauszögern. Damit erklärt sich<br />

auch, wieso zum Beispiel Geräusche, die während<br />

des Schlafens auftauchen, in den Traum<br />

eingeflochten werden, oder körperliche Bedürfnisse<br />

im Traum befriedigt werden; sie<br />

können so den Schlaf nicht stören. Somit wäre<br />

auch der Sinn des Träumens bis zu einem bestimmten<br />

Grad erklärt: Es soll uns bei der Verarbeitung<br />

der Vergangenheit helfen, dabei jedoch<br />

nicht den Schlaf stören, sondern hüten.<br />

Die Frage nach dem Sinn ist indes schon<br />

merkwürdig, wenn man bedenkt, dass wir<br />

immer träumen. Wir fragen uns schliesslich<br />

auch nicht, wieso wir denken. Wir sind uns<br />

unserer grossen Träumerei einfach nicht bewusst.<br />

Anstatt zu sagen, wir träumen, wenn<br />

wir schlafen, könnte man es auch so formulieren:<br />

Wir schlafen, um zu träumen.<br />

Damian Hodel (21) ist Polykum-Redaktor und studiert<br />

im 5. Semester Materialwissenschaften an der <strong>ETH</strong> Zürich.<br />

daim@student.ethz.ch<br />

Halluzinationen<br />

Stimmen im Kopf<br />

<strong>Visionen</strong>, oder besser Halluzinationen im<br />

psychiatrischen Kontext, treten bei verschiedenen<br />

Formen von Psychosen wie<br />

Schizophrenie oder bei hirnorganischen Erkrankungen<br />

auf. Halluzinationen sind Sinnestäuschungen,<br />

die sämtliche sensorischen<br />

Bereiche des Menschen betreffen. Beispielsweise<br />

hören schizophrene Patienten<br />

Stimmen, die ihr Verhalten kommentieren,<br />

oder hirnorganisch Erkrankte sehen kleine<br />

Lebewesen wie Insekten. Bei einer Halluzination<br />

sind dieselben Hirnareale aktiv wie<br />

bei einem realen externen Reiz, daran zeigt<br />

sich auch, dass der Halluzinierende nicht<br />

mehr zwischen Halluzination und Realität<br />

unterscheiden kann.<br />

Genetische Disposition<br />

Die Wahrscheinlichkeit, während des<br />

Lebens an paranoider Schizophrenie zu erkranken,<br />

liegt unabhängig von sozialem<br />

oder kulturellem Hintergrund ungefähr<br />

bei einem Prozent. Um die Entstehung von<br />

Schizophrenie zu erklären, wurde das so genannte<br />

Vulnerabilitäts-Stress-Modell entwickelt,<br />

das von einer genetischen Disposition<br />

und einem Triggerreiz wie emotionalem<br />

Stress oder Drogenkonsum ausgeht,<br />

der letztlich zum Ausbruch der psychotischen<br />

Symptomatik führt. Kann man<br />

also die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung<br />

vorhersagen Professor Vollenweider,<br />

Psychiater an der Universitätsklinik Zürich:<br />

«Im EEG gibt es Grössen wie das PPI,<br />

ein Mass, wie gut Reize gefiltert werden, bei<br />

dem 80 Prozent der Schizophrenen ein Defizit<br />

haben. Allerdings gibt es auch Gesunde<br />

mit ähnlichen Werten, kommt aber dann<br />

noch ein Stressor hinzu, eine zweite oder<br />

dritte Veränderung, dann fügt sich das Bild<br />

zusammen.»<br />

Eine Schizophrenie manifestiert sich<br />

häufig erstmals im jungen Erwachsenen-,<br />

also im Studienalter. Wie kann man sich<br />

also verhalten, wenn im Umfeld jemand erkrankt<br />

Professor Böker, ebenfalls Psychiater<br />

an der Universitätsklinik Zürich: «Ich<br />

glaube, dass Verständnis, Mitgefühl und<br />

Fairness gefordert sind. Also ein offener<br />

Umgang mit dem Betroffenen, der es ihm<br />

auch ermöglicht, sich mit möglichst wenig<br />

Schamgefühlen der Situation zu stellen<br />

und davon ausgehen kann, dass der andere<br />

Mensch bemüht ist, den Kontakt aufrecht<br />

zu erhalten und sich um ihn zu kümmern.<br />

Diese Sicherheit ist für die weitere Entwicklung<br />

der Betroffenen von ganz grosser Bedeutung.<br />

Wenn jemand keine Krankheitseinsicht<br />

hat, und sich oder sein Umfeld sehr<br />

visionen<br />

15<br />

schädigt, dann sollte man auch darauf hinweisen,<br />

dass eine entsprechende Behandlung<br />

notwendig ist. Denn der Betroffene ist<br />

ja in der Situation noch nicht in der Lage,<br />

sich selbstkritisch mit seiner Erkrankung<br />

auseinanderzusetzen.»<br />

Nicht nur ein Defizit<br />

Zwar begeben sich sehr viele Patienten<br />

freiwillig in eine stationäre Behandlung,<br />

die nötig ist, wenn sich sie sich selbst<br />

oder andere gefährden, aber einige müssen<br />

doch mithilfe des fürsorgerischen Freiheitsentzuges<br />

in die Psychiatrie eingewiesen<br />

werden. Bemerkenswert ist, dass der Anteil<br />

jener, die zwanghaft eingewiesen werden,<br />

in der Schweiz im Vergleich zu anderen<br />

Ländern sehr hoch ist. Doch wie behandelt<br />

man dann solche Erkrankungen Professor<br />

Böker dazu: «Die Behandlung psychotischer<br />

Symptome ist immer mehrdimensional;<br />

also sowohl mit geeigneten Medikamenten<br />

und psychotherapeutischer Intervention,<br />

die zur Stabilisierung des Patienten beitragen,<br />

als auch mit soziotherapeutischen<br />

Massnahmen, die es ermöglichen, dass der<br />

Patient nicht aus seinem sozialen Netzwerk<br />

herausfällt beziehungsweise reintegriert<br />

werden kann. Das entspricht dem<br />

bio-psychosozialen Medizinmodell der modernen<br />

Psychiatrie. Es ist eine sehr bewegende<br />

Form der Begegnung, wenn man Patienten<br />

über lange Zeit in einer psychotherapeutischen<br />

Behandlung hat. In der Auseinandersetzung<br />

mit der Erkrankung und<br />

den Erfahrungen, die sie machen, zeigt sich<br />

auch eine ganz besondere Form der Sensibilität.<br />

Die Erkrankung ist also nicht nur ein<br />

Defizit.»<br />

Individuelle Therapien<br />

Die Heilungsprognose einer Schizophrenie<br />

lässt sich mit der so genannten Drittel-Regel<br />

abschätzen, wobei das eine Drittel<br />

der Patienten nach der ersten Manifestation<br />

wieder gesund, das nächste Drittel wiederholt<br />

episodenhaft erkranken und das letzte<br />

Drittel unter einem chronischen Verlauf mit<br />

Verlust der psychosozialen Kompetenzen<br />

leiden wird.<br />

Was ist die Zukunftsvision für die Psychiatrie<br />

Professor Böker: «Ich hoffe, dass<br />

das existenzielle Leiden, das mit psychiatrischen<br />

Erkrankungen verbunden ist, seinen<br />

Stellenwert auf der Ebene der Gesundheitspolitik<br />

und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung<br />

behält und auch in Zukunft<br />

die Bedeutung individuell angepasster und<br />

auf den Einzelfall abgestimmter Therapien<br />

nicht aus den Augen verloren wird – gerade<br />

angesichts der Einsparbemühungen im Gesundheitssystem.»<br />

(lm)


eit und ausgelebt – allerdings in verschlüsselter Form.<br />

Polykum Nr. 4/08–09<br />

gemacht: Es existiert irgendeine innere Angst.<br />

Punkt. Leider ist dem nicht so, denn ein Albtraum<br />

kann genauso gut das Gegenteil bedeuten,<br />

nämlich dass der Wunsch vorhanden<br />

ist, selber jemanden zu verfolgen. Nicht Gefühle,<br />

sondern unerfüllte Wünsche sind<br />

die wichtigsten Antriebe zum Träumen. Jedoch<br />

nicht im Sinne des Traumes ist, dass<br />

man wegen des Träumens erwacht. Denn der<br />

Traum gilt als Hüter des Schlafs, sollte also eigentlich<br />

das Aufwachen verhindern, oder zumindest<br />

hinauszögern. Damit erklärt sich<br />

auch, wieso zum Beispiel Geräusche, die während<br />

des Schlafens auftauchen, in den Traum<br />

eingeflochten werden, oder körperliche Bedürfnisse<br />

im Traum befriedigt werden; sie<br />

können so den Schlaf nicht stören. Somit wäre<br />

auch der Sinn des Träumens bis zu einem bestimmten<br />

Grad erklärt: Es soll uns bei der Verarbeitung<br />

der Vergangenheit helfen, dabei jedoch<br />

nicht den Schlaf stören, sondern hüten.<br />

Die Frage nach dem Sinn ist indes schon<br />

merkwürdig, wenn man bedenkt, dass wir<br />

immer träumen. Wir fragen uns schliesslich<br />

auch nicht, wieso wir denken. Wir sind uns<br />

unserer grossen Träumerei einfach nicht bewusst.<br />

Anstatt zu sagen, wir träumen, wenn<br />

wir schlafen, könnte man es auch so formulieren:<br />

Wir schlafen, um zu träumen.<br />

Damian Hodel (21) ist Polykum-Redaktor und studiert<br />

im 5. Semester Materialwissenschaften an der <strong>ETH</strong> Zürich.<br />

daim@student.ethz.ch<br />

Halluzinationen<br />

Stimmen im Kopf<br />

<strong>Visionen</strong>, oder besser Halluzinationen im<br />

psychiatrischen Kontext, treten bei verschiedenen<br />

Formen von Psychosen wie<br />

Schizophrenie oder bei hirnorganischen Erkrankungen<br />

auf. Halluzinationen sind Sinnestäuschungen,<br />

die sämtliche sensorischen<br />

Bereiche des Menschen betreffen. Beispielsweise<br />

hören schizophrene Patienten<br />

Stimmen, die ihr Verhalten kommentieren,<br />

oder hirnorganisch Erkrankte sehen kleine<br />

Lebewesen wie Insekten. Bei einer Halluzination<br />

sind dieselben Hirnareale aktiv wie<br />

bei einem realen externen Reiz, daran zeigt<br />

sich auch, dass der Halluzinierende nicht<br />

mehr zwischen Halluzination und Realität<br />

unterscheiden kann.<br />

Genetische Disposition<br />

Die Wahrscheinlichkeit, während des<br />

Lebens an paranoider Schizophrenie zu erkranken,<br />

liegt unabhängig von sozialem<br />

oder kulturellem Hintergrund ungefähr<br />

bei einem Prozent. Um die Entstehung von<br />

Schizophrenie zu erklären, wurde das so genannte<br />

Vulnerabilitäts-Stress-Modell entwickelt,<br />

das von einer genetischen Disposition<br />

und einem Triggerreiz wie emotionalem<br />

Stress oder Drogenkonsum ausgeht,<br />

der letztlich zum Ausbruch der psychotischen<br />

Symptomatik führt. Kann man<br />

also die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung<br />

vorhersagen Professor Vollenweider,<br />

Psychiater an der Universitätsklinik Zürich:<br />

«Im EEG gibt es Grössen wie das PPI,<br />

ein Mass, wie gut Reize gefiltert werden, bei<br />

dem 80 Prozent der Schizophrenen ein Defizit<br />

haben. Allerdings gibt es auch Gesunde<br />

mit ähnlichen Werten, kommt aber dann<br />

noch ein Stressor hinzu, eine zweite oder<br />

dritte Veränderung, dann fügt sich das Bild<br />

zusammen.»<br />

Eine Schizophrenie manifestiert sich<br />

häufig erstmals im jungen Erwachsenen-,<br />

also im Studienalter. Wie kann man sich<br />

also verhalten, wenn im Umfeld jemand erkrankt<br />

Professor Böker, ebenfalls Psychiater<br />

an der Universitätsklinik Zürich: «Ich<br />

glaube, dass Verständnis, Mitgefühl und<br />

Fairness gefordert sind. Also ein offener<br />

Umgang mit dem Betroffenen, der es ihm<br />

auch ermöglicht, sich mit möglichst wenig<br />

Schamgefühlen der Situation zu stellen<br />

und davon ausgehen kann, dass der andere<br />

Mensch bemüht ist, den Kontakt aufrecht<br />

zu erhalten und sich um ihn zu kümmern.<br />

Diese Sicherheit ist für die weitere Entwicklung<br />

der Betroffenen von ganz grosser Bedeutung.<br />

Wenn jemand keine Krankheitseinsicht<br />

hat, und sich oder sein Umfeld sehr<br />

visionen<br />

15<br />

schädigt, dann sollte man auch darauf hinweisen,<br />

dass eine entsprechende Behandlung<br />

notwendig ist. Denn der Betroffene ist<br />

ja in der Situation noch nicht in der Lage,<br />

sich selbstkritisch mit seiner Erkrankung<br />

auseinanderzusetzen.»<br />

Nicht nur ein Defizit<br />

Zwar begeben sich sehr viele Patienten<br />

freiwillig in eine stationäre Behandlung,<br />

die nötig ist, wenn sich sie sich selbst<br />

oder andere gefährden, aber einige müssen<br />

doch mithilfe des fürsorgerischen Freiheitsentzuges<br />

in die Psychiatrie eingewiesen<br />

werden. Bemerkenswert ist, dass der Anteil<br />

jener, die zwanghaft eingewiesen werden,<br />

in der Schweiz im Vergleich zu anderen<br />

Ländern sehr hoch ist. Doch wie behandelt<br />

man dann solche Erkrankungen Professor<br />

Böker dazu: «Die Behandlung psychotischer<br />

Symptome ist immer mehrdimensional;<br />

also sowohl mit geeigneten Medikamenten<br />

und psychotherapeutischer Intervention,<br />

die zur Stabilisierung des Patienten beitragen,<br />

als auch mit soziotherapeutischen<br />

Massnahmen, die es ermöglichen, dass der<br />

Patient nicht aus seinem sozialen Netzwerk<br />

herausfällt beziehungsweise reintegriert<br />

werden kann. Das entspricht dem<br />

bio-psychosozialen Medizinmodell der modernen<br />

Psychiatrie. Es ist eine sehr bewegende<br />

Form der Begegnung, wenn man Patienten<br />

über lange Zeit in einer psychotherapeutischen<br />

Behandlung hat. In der Auseinandersetzung<br />

mit der Erkrankung und<br />

den Erfahrungen, die sie machen, zeigt sich<br />

auch eine ganz besondere Form der Sensibilität.<br />

Die Erkrankung ist also nicht nur ein<br />

Defizit.»<br />

Individuelle Therapien<br />

Die Heilungsprognose einer Schizophrenie<br />

lässt sich mit der so genannten Drittel-Regel<br />

abschätzen, wobei das eine Drittel<br />

der Patienten nach der ersten Manifestation<br />

wieder gesund, das nächste Drittel wiederholt<br />

episodenhaft erkranken und das letzte<br />

Drittel unter einem chronischen Verlauf mit<br />

Verlust der psychosozialen Kompetenzen<br />

leiden wird.<br />

Was ist die Zukunftsvision für die Psychiatrie<br />

Professor Böker: «Ich hoffe, dass<br />

das existenzielle Leiden, das mit psychiatrischen<br />

Erkrankungen verbunden ist, seinen<br />

Stellenwert auf der Ebene der Gesundheitspolitik<br />

und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung<br />

behält und auch in Zukunft<br />

die Bedeutung individuell angepasster und<br />

auf den Einzelfall abgestimmter Therapien<br />

nicht aus den Augen verloren wird – gerade<br />

angesichts der Einsparbemühungen im Gesundheitssystem.»<br />

(lm)


visionen<br />

17<br />

UMFRAGE<br />

<strong>Visionen</strong><br />

als Quellen<br />

der Kraft<br />

Wir wollten wissen, wie Studis die<br />

Zukunft der Schweiz sehen und<br />

welche Träume sie als Kinder hatten.<br />

K(l)eine Visionäre: Roman, Iliah , Lilith, Nadja und Shirley (im Uhrzeigersinn).<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bilder: Hannes Hübner<br />

Roman Beier, 26, Berufsmaturand.<br />

Über kindliche Zukunftsträume.<br />

Ich glaube nicht, dass die Zukunftsvorstellungen<br />

von Kindern im Normalfall etwas über<br />

die tatsächliche Zukunft aussagen. Das Erwachsenenalter<br />

ist während der Kindheit<br />

noch zu weit entfernt. Besonders jetzt im<br />

Nachhinein nehme ich meine damaligen Zukunftsvorstellungen<br />

überhaupt nicht ernst.<br />

Als ich noch klein war, wollte ich Sportler<br />

werden, habe dies aber auch nicht wirklich<br />

ernst genommen, weil ich mir nicht vorstellen<br />

konnte, jemals erwachsen zu werden. Wenn<br />

man klein ist, denkt man über anderes als<br />

über die eigene Zukunft nach. Aber ich kann<br />

mir durchaus vorstellen, dass es Menschen<br />

gibt, die von klein auf ein Ziel verfolgen, sei<br />

es, dass sie von Erwachsenen in diese Richtung<br />

gepusht werden, oder dies auch wirklich<br />

wollen. Ich denke aber, dass dies eher eine<br />

Ausnahme ist.<br />

Shirley Kaz, 35, Touristin.<br />

Zur Begriffsdefinition.<br />

Was eine Vision ist Das ist eine schwierige<br />

Frage. Eine Vision kann ein Ziel sein oder<br />

etwas, das nur in der Fantasie existiert. Es<br />

kann aber auch etwas sein, das man unbedingt<br />

erreichen möchte – was dann im Idealfall<br />

auch glückt. Ich glaube nicht, dass wir<br />

ohne <strong>Visionen</strong> leben können, sie spenden uns<br />

Kraft und Durchhaltevermögen. Ich würde<br />

allerdings nicht behaupten, dass <strong>Visionen</strong><br />

etwas Konstantes sind, obwohl es selbstverständlich<br />

auch solche gibt, die jemandem das<br />

ganze Leben über erhalten bleiben. Oftmals<br />

verändern sie sich, sei es, weil sie Realität geworden<br />

sind, sei es, weil sich der Interessenschwerpunkt<br />

der Person verschoben hat.<br />

Nadja Steiner, 26, Psychologie<br />

im 9. Semester.<br />

Zur Welt in 50 Jahren.<br />

Ich glaube nicht, dass sich auf der Welt in<br />

50 Jahren wirklich viel Entscheidendes verändert<br />

haben wird. Die Menschen werden<br />

noch immer dieselben sein. Insbesondere<br />

im Bereich der alternativen Energiequellen<br />

wird wohl geforscht werden und die Resultate<br />

aus der Forschung werden auch Eingang<br />

in unser Alltagsleben finden. Ich denke<br />

hier vor allem an Autos, die immer sauberer<br />

und umweltschonender werden. Auch die übrigen<br />

Technologien werden weiter vorangetrieben<br />

werden, die Computer werden immer<br />

schneller und leistungsfähiger. Die Haltung<br />

der Menschen gegenüber der Umwelt wird<br />

indes keine, oder zumindest keine grosse Veränderung<br />

erfahren. Die alternativen Energiequellen<br />

werden nicht mehr öffentliche Aufmerksamkeit<br />

erhalten, als sie bereits jetzt besitzen<br />

und bleiben wohl trotz wachsender<br />

Möglichkeiten häufig unberücksichtigt.<br />

Lilith Tantin, 24, Geschichte<br />

im 4. Semester.<br />

Zum Traum vom Auswandern.<br />

Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann aus<br />

der Schweiz auszuwandern. Mir gefällt es hier<br />

in der Schweiz sehr gut und ich denke nicht,<br />

dass sich das irgendwann ändern wird. Ich<br />

kann mir auch nicht genau vorstellen, was jemanden<br />

dazu bewegt auszuwandern, vielleicht<br />

ist es einfach Abenteuerlust, der Reiz,<br />

etwas von Grund auf neu aufzubauen. Vielleicht<br />

sind es auch ökonomische Gründe. Ich<br />

kann es nicht nachvollziehen, weil es für mich<br />

wie gesagt keine Option darstellt. Ich weiss<br />

auch nicht, wie viele Menschen jährlich der<br />

Schweiz den Rücken kehren. Ich schätze, es<br />

sind im Schnitt 1000 Menschen pro Jahr, die<br />

auswandern und nicht mehr zurückkommen.<br />

Iliah Stiger, 27, Geschichte<br />

im 6. Semester.<br />

Über die Zukunft der Schweiz.<br />

Ich glaube nicht, dass sich die Schweiz in zehn<br />

Jahren wirklich verändert haben wird. Angesichts<br />

der aktuellen wirtschaftlichen Lage<br />

wird politisch wohl ein Linksrutsch stattfinden,<br />

wobei dieser keinen massgeblichen<br />

Einfluss auf die Wirtschaft ausüben wird.<br />

Damit sich an der Wirtschaftslage etwas ändert,<br />

müsste zunächst das gesamte Wirtschaftssystem<br />

umgekrempelt werden und ich<br />

glaube nicht, dass der Mensch in zehn Jahren<br />

so weit sein wird.<br />

Die Umfrage wurde durchgeführt von Iris Kupecky<br />

(21). Sie ist Polykum-Redaktorin und studiert im 5. Semester<br />

Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität<br />

Zürich. kupecky@polykum.ethz.ch


ethwelt<br />

18<br />

Erlebnisbericht<br />

Grosstadtgerüche<br />

Die ehemalige <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Präsidentin<br />

Gaby Blatter verbringt drei Monate<br />

in Indien. Ein Erlebnisbericht.<br />

Von Zürich nach Indien: Gaby Blatter engagiert<br />

<strong>ETH</strong>welt<br />

Von Gaby Blatter<br />

Nach ersten Erfahrungen mit der indischen<br />

Kultur am Flughafen traf ich mit<br />

etwas Verzögerung mit dem Bus in Hyderabad<br />

ein. Die Strassen, in denen reges<br />

Treiben herrschte, waren gesäumt von bunt<br />

bemalten Betonwürfeln. Die in bunte Seidenund<br />

Leinensaris gekleideten Frauen trugen<br />

Früchte, Betonsäcke, Steine, Tücher und<br />

vieles mehr auf ihren Köpfen durch den lärmigen<br />

Verkehr. Die Männer genossen ihrerseits<br />

den morgendlichen Chai beim einen<br />

oder anderen Gespräch über die anstehenden<br />

Wahlen, den Premierminister oder was sonst<br />

gerade politisch aktuell war und waren in<br />

keinster Weise aus der Ruhe zu bringen. Die<br />

Gerüche von Kardamon, Chai, Curry und Koriander<br />

mischten sich mit dem Geruch von<br />

Urin, abgestandenem Wasser und frischem<br />

heiligen Kuhmist. Die vielen so unterschiedlichen<br />

Farben, Formen, Geräusche und Gerüche<br />

überforderten mich ziemlich. So war<br />

ich auch sehr froh, als mich mein indischer<br />

Bekannter an der Busstation abholte.<br />

Fruchtige Vitaminoasen<br />

Nach meinen ersten paar Tagen in Hyderabad<br />

machte ich mich auf nach Tirupati,<br />

um dort die Projekte des People’s Clinic<br />

Trust zu besuchen. Der People’s Clinic Trust<br />

wurde vor ungefähr 25 Jahren von einem motivierten<br />

Schweizer Abenteurer und einem<br />

unglaublich gutherzigen jungen indischen<br />

Arzt gestartet. Sie begannen, mit Hütten in<br />

den ländlichsten Regionen von Andra Pradesh<br />

ein Basic Health Centre aufzubauen. Sie<br />

stellten fest, dass unglaublich viele Bewohner<br />

der kleinen Dörfer mangel- und unterernährt<br />

waren. Mit der Hilfe des Roten Kreuzes kaufte<br />

man viele Hektaren Land und begann Fruchtbaumgärten<br />

aufzuziehen. Die Früchte wurden<br />

dann an die Familien für einen sehr geringen<br />

Preis abgegeben oder verschenkt. Die grossen<br />

Fruchtbäume werden nun als Mutterpflanzen<br />

für Jungpflanzen verwendet, die man züchtet<br />

und zu sehr günstigen Preisen an die Bauern<br />

auf dem Land und zu höheren Preisen zur<br />

Querfinanzierung an die Stadtbewohner von<br />

Tirupati verkauft.<br />

Hier angekommen, musste ich mich erst<br />

an die Arbeits- und Denkweise der Inder gewöhnen.<br />

Ihre Vorstellungen von Problemen<br />

und Lösungsstrategien sind vollkommen anders<br />

als diejenigen von uns Europäern. So<br />

musste ich mich einfach mal auf das Projekt<br />

einlassen, die Fruchtbaumschulen besuchen,<br />

zuhören und beobachten. Die Swiss Kalpavruksha<br />

Society (die unterstützende Einheit<br />

der Projekte in der Schweiz) hatte mich mitunter<br />

ins Projekt geschickt, um die Umstände<br />

von aussen her zu analysieren und mögliche<br />

Verbesserungen aufzuzeigen.<br />

Die Eindrücke, die ich in diesen sehr<br />

ländlichen und unterentwickelten Regionen<br />

sammeln konnte, waren wunderbar.<br />

Die Dorfbewohner wohnen in Lehmhütten,<br />

haben kein fliessendes Wasser oder Strom,<br />

verdienen ihr weniges Geld mit der Bearbei-<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Gaby Blatter


sich nach ihrer <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Zeit in einem Hilfsprojekt.<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: BASF SE<br />

tung von wenigen Quadratmetern Land und<br />

sind glücklich. Beeindruckend, nicht wahr<br />

Ich war überwältigt zu sehen, was die Stiftung<br />

in diesen Jahren alles erreicht hatte. Die<br />

von ihnen aufgebauten Fruchtbaumgärten<br />

sind eine kleine grüne Oase im Nichts, ruhig<br />

und schön. Während den zwei Tagen, die ich<br />

im Basic Health Centre verbrachte, kam kein<br />

einziger unter- oder mangelernährter Patient<br />

vorbei. Die Bauern in der Umgebung bauen<br />

nun alle ihre eigenen kleinen Fruchtgärten<br />

mit Bäumen des People’s Clinic Trust an. Es<br />

scheint alles ein wahrer Erfolg zu sein. Leider<br />

steht das Projekt aber kurz vor einer sehr kritischen<br />

Situation, da es nahezu jegliche finanzielle<br />

Unterstützung verloren hat. Es müsste<br />

nun selbsttragend werden … Basierend auf<br />

meinen Erfahrungen beim <strong>VS<strong>ETH</strong></strong> und einer<br />

analytischen Aussensicht werde ich versuchen,<br />

zusammen mit den Indern Vorschläge<br />

auszuarbeiten. Danach werde ich in ein weiteres<br />

Projekt reisen im Norden von Andra Pradesh,<br />

um dort an einer Schule der Stiftung<br />

in den ländlichen Regionen Naturwissenschaften<br />

und Englisch zu unterrichten.<br />

Falls ihr euch für eine solche Austauscherfahrung<br />

in Indien interessiert oder mehr<br />

über das Projekt erfahren möchtet, geht auf<br />

die Webpage www.kalpavruksha.ch. Bei<br />

Fragen könnt ihr mir auch jederzeit eine E-<br />

Mail schreiben.<br />

Gaby Blatter (24) ist ehemalige <strong>VS<strong>ETH</strong></strong>-Präsidentin und hat<br />

in diesem Jahr den MAS SHE Chemie an der <strong>ETH</strong> Zürich absolviert.<br />

gblatter@student.ethz.ch<br />

WIR NANNTEN ES ARBEIT II<br />

Marktnahe<br />

Forschung<br />

Der Arbeitsvertrag über sechs Monate war<br />

im ersten und einzigen Antwortbrief gekommen,<br />

den ich von der BASF erhielt. Es<br />

gab kein Interview, auch nicht per Telefon,<br />

wie es mir Schering in Berlin angeboten<br />

hatte. Ich glitt also völlig widerstandslos<br />

vom Studium in die Praktikumszeit bei der<br />

grössten chemischen Firma der Welt. Ein<br />

Praktikum bringt mit sich, dass man Zeit hat<br />

für Urlaub und die Gelegenheit für einen<br />

kleinen Umzug. Ich nahm beides wahr und<br />

fand mich erst vier Wochen nach der letzten<br />

Bachelor-Prüfung an den Werkstoren der<br />

BASF SE in Ludwigshafen ein. Hier sollte<br />

ich die kommenden Monate als Praktikant<br />

in einer Forschungsabteilung verbringen.<br />

Spukhafte Chemiestadt<br />

Ich hatte mir nicht die Zeit genommen,<br />

um meinen Betreuer anzurufen und herauszufinden,<br />

was genau ich machen sollte,<br />

es ging um organische Synthese und Heterozyklen,<br />

damit gab ich mich zufrieden.<br />

Mit mir fingen 30 weitere Praktikanten an,<br />

von denen die meisten aus der Umgebung<br />

kamen, einige schrieben ihre Diplomarbeit<br />

in der Firma und waren nur wenige Tage<br />

pro Woche tatsächlich in Ludwigshafen.<br />

BASF und Chemie, Ludwigshafen<br />

und Mannheim, es gibt in der Rhein-Neckar-Metropolregion<br />

wenig, das gegensätzlicher<br />

wäre. Von den 30 Praktikanten haben<br />

bloss drei tatsächlich etwas mit Chemie<br />

zu tun. Der Rest beschäftigt sich mit den<br />

Dingen, die eben so anfallen in einem Unternehmen<br />

mit fast 100’000 Mitarbeitern<br />

auf fünf Kontinenten und einem jährlichen<br />

Umsatz von 58 Milliarden Euro. Da wären<br />

die Marketingabteilung, Public Relations,<br />

Finanzen und Rechnungswesen, Controlling<br />

und so weiter. Ludwigshafen, im Bundesland<br />

Rheinland-Pfalz links des Rheins<br />

ethwelt<br />

23<br />

gelegen, ist eine Stadt, die im Grunde nur<br />

für die BASF existiert, deren Firmensitz dort<br />

ist. Jeder, der mit BASF zu tun hat oder in<br />

der Metropolregion wohnt, hat mir abgeraten,<br />

dorthin zu ziehen, viele sind nicht<br />

einmal in der Stadt gewesen. Ludwigshafen<br />

ist also so etwas wie das spukhafte, angeblich<br />

nicht-existente Bielefeld, es wäre über<br />

die Rheinbrücken zwar schnell erreichbar,<br />

ist psychologisch aber weit entfernt. Im Gegensatz<br />

zu Bielefeld, dessen Vorhandensein<br />

ich bezeugen kann, ist es auch schwer,<br />

sich hinter den Hafenanlagen und Industriegebieten<br />

eine echte Stadt vorzustellen.<br />

Es ist einfacher, die Produktions- und Handelsbetriebe<br />

endlos in die Ferne weiter zu<br />

projizieren. Mannheim wiederum, rechts<br />

des Rheins gelegen, ist eine handfeste, putzige<br />

Stadt mit einem kreisrunden, gitterförmigen<br />

Zentrum, der «Quadratstadt». Der<br />

Kurfürst der Pfalz legte um 1600 diese Stadt<br />

an, die sich um sein Schloss in der Mitte<br />

schmiegt, in dem heute die Universität residiert.<br />

Strassennamen gibt es keine, stattdessen<br />

hat jeder Häuserblock eine Buchstaben-Zahlen-Kombination;<br />

ich wohne gerade<br />

in der J6, die Stammkneipe ist in der S1.<br />

Die Geschwindigkeit der BASF ist eine<br />

andere, die Räder der Forschung drehen<br />

sich hier langsamer. Die ersten Tage sind<br />

eine Einführung in den Konzern, die Prozesse<br />

und Mechanismen. Zunächst wird an<br />

der Materialausgabe eingekauft, Arbeitskleidung,<br />

Schutzbrille, Helme für Fabrikbesuche<br />

und die Fahrradfahrt. Dann die Laboreinrichtung:<br />

Technischer, für grössere<br />

Massstäbe ausgelegt als in der Milligramm-<br />

Naturstoffsynthese-Forschung der <strong>ETH</strong>.<br />

Langsam und bequem finde ich meinen Zugang<br />

zur industriellen, marktnahen Forschung,<br />

wo zwar Terminarbeit gemacht<br />

wird, aber dennoch eine 37.5-Stunden<br />

Woche herrscht.<br />

David Mrusek (22) ist freier Mitarbeiter des Polykum<br />

und absolviert gerade ein Praktikum bei BASF in Ludwigshafen.<br />

An dieser Stelle berichtet er regelmässig über seine<br />

Erlebnisse während seiner Studienpause.<br />

dr.mrusek@gmail.com<br />

Wie der Turm von Babel ragt das Gebäude der BASF in den Ludwigshafer Himmel.


T aktuell im<br />

2., überarb. und ergänzte Au age 2009<br />

192 Seiten, Format 17 x 24 cm, geb.<br />

CHF 44.00, ISBN 978-3-7281-3198-0<br />

Ein Buchprojekt<br />

..........................................................<br />

/// Mein Leben zwischen Labor und Bett<br />

/// Zum Ausgleich Sport<br />

/// Die Klippen bis zum Schreibtisch<br />

/// Was noch zählt, ausser Punkten<br />

/// Der Spagat zwischen Elternhaus und<br />

Hochschulwelt<br />

/// Woher kommt nur das liebe Geld<br />

ERKUNDUNGEN<br />

STUDIERENDE FS 09<br />

Veranstaltungen dazu<br />

..........................................................<br />

/// Tagebuch schreiben, eine Werkstatt<br />

/// Klosterwoche, im Rhythmus von<br />

Arbeit und Besinnung<br />

/// Aktives Relaxtraining, mein Körper,<br />

das bin ich<br />

Am Ende kommt ein Buch heraus, in dem Ihr von Euch berichtet: mit Speisezettel,<br />

Song, Gedicht, Reportage, Fotogalerie, Comic, . . .<br />

››› Weitere Infos zum Mitmachen ab 8.12.08 unter www.hochschulforum.ch<br />

Christian E. Erbacher<br />

Grundzüge der Verhandlungsführung<br />

Verhandeln ist die Kunst, Möglichkeiten zu gestalten. Verhandlungen<br />

gehören zu den grundlegenden Tätigkeiten im<br />

Alltag von Unternehmern und Führungskräften. Doch trotz der<br />

hohen Praxisrelevanz mangelt es vielen Verhandlungsführern<br />

an vertieften Kenntnissen in dieser Disziplin. Diesem Mangel<br />

setzt Christian E. Erbacher sein Buch entgegen. Denn Verhandeln<br />

ist nicht nur Kunst, sondern vor allem auch erlernbares<br />

Handwerk.<br />

Die Besonderheiten des Werkes liegen in seiner systematischen<br />

Vorgehensweise, der theoretischen Fundierung und der<br />

dennoch praxisnahen, klaren Sprache. Das Buch diskutiert alle<br />

Merkmale und Schritte für eine gewinnbringende Verhandlung.<br />

Es knüpft damit an die Tradition des Harvard-Konzepts an,<br />

beschreibt Verhandlungen aber strukturierter und bezieht<br />

Erkenntnisse u.a. aus der modernen Rhetorikforschung und<br />

der interkulturellen Psychologie mit ein.<br />

Die zweite, erweiterte Au age wurde um neue Ergebnisse<br />

der empirischen Verhandlungsforschung ergänzt. In zwei<br />

zusätzlichen Kapiteln werden zudem moralische Fragen des<br />

Verhandelns am Beispiel politischer Prozesse vertieft. Diese<br />

Diskussion der Ethik in Verhandlungen rundet das Buch zu<br />

einer weitsichtigen Verhandlungslehre ab.<br />

für Studierende<br />

25% Rabatt<br />

BESTE LLTALON<br />

Ex. Grundzüge der Verhandlungsführung<br />

Bitte senden Sie den Titel mit Rechnung<br />

(zuzüglich Versandkosten) an:<br />

Name:<br />

Strasse:<br />

PLZ/Ort:<br />

Datum:<br />

Legi-Nr.:<br />

Hochschulverlag AG an der <strong>ETH</strong> Zürich<br />

VOB D, Voltastrasse 24, CH –8092 Zürich<br />

Internet: www.vdf.ethz.ch, E-Mail: orders@vdf.ethz.ch<br />

Telefon: 044 632 42 42, Fax: 044 632 12 32<br />

Abholen in der Polybuchhandlung<br />

Alternative:<br />

(20% Rabatt, dafür keine Portokosten)


Filmstelle<br />

Stars und<br />

Sternchen<br />

Les Galantine (Steve Buscemi) ist Profi, er<br />

kennt alle Tricks und ist mit allen Wassern<br />

gewaschen. Zumindest glaubt er das, denn<br />

der erfolglose Paparazzo, Entschuldigung:<br />

«licensed professional», wartet noch immer<br />

auf sein enthüllendes Foto, das um die Welt<br />

gehen wird. Immerhin ansatzweise gelingt<br />

es ihm Dank der Hilfe des jungen obdachlosen<br />

Toby (Michael Pitt), den er als unbezahlten<br />

Assistenten freundlicherweise bei sich<br />

im Wandschrank hausen lässt und ihn in das<br />

richtige Verhalten bei Glamour-Anlässen einführt:<br />

«Always get the goodie bags.»<br />

Die erhoffte Anerkennung für den gemeinsamen<br />

Coup bleibt aber aus. Nicht<br />

einmal Les’ Eltern können das gemeine Foto<br />

goutieren: «I told you once, I told you twice:<br />

Trash. Why don’t you get a real job» Und<br />

seine Kollegen quittieren sein stolzes Gehabe<br />

mit der Spitze, dass sein Erzfeind gleich zwei<br />

Fotos platzieren konnte.<br />

Als dann auch noch Toby mit seiner freundlich-naiven<br />

Art leichter den Zugang zur<br />

Welt der Celebrities findet als Les mit seinen<br />

Kniffen, und Toby sich bald mit der berühmten<br />

Sängerin K’harma Leeds (Allison<br />

Lohman) anfreundet, schliesslich als TV-<br />

Star berühmt wird und ganz das Lager wechselt,<br />

gerät alles ausser Kontrolle. Denn natürlich<br />

kann Les sich nicht zurückhalten, seine<br />

Freundschaft mit Toby auszunutzen.<br />

Satire auf Boulevard-<br />

Journalismus<br />

«Delirious» von Tom DiCillo ist nicht nur<br />

eine Satire auf die tiefsten Niederungen des<br />

Boulevard-Journalismus, sondern nimmt<br />

auch gekonnt die Welt der Stars und Sternchen<br />

aufs Korn. Hier neidet sich jeder das<br />

letzte bisschen Erfolg und selbst die kleinste<br />

menschliche Regung wird als Medienereignis<br />

inszeniert, bis nur noch Leere zurückbleibt:<br />

«I am going to create my own fragrance. Isn’t<br />

that a nice idea»<br />

Im Feuerwerk aus bissigen Dialogen und<br />

absurd-komischen Situationen darf man sich<br />

aussuchen, wen man schlimmer findet, die<br />

gefühlsduselnden und gleichzeitig antiseptischen<br />

Stars oder die zynischen Paparazzi,<br />

die immerhin zuweilen an deren polierten<br />

Oberfläche kratzen. Vor allem aber ist der<br />

Film ein Lehrstück darüber, wie echte Freundschaft<br />

in einem solchen Haifischbecken überhaupt<br />

noch möglich ist. Und er ist die letzte<br />

Möglichkeit, bei uns an der Filmstelle für fünf<br />

Franken nach New York zu reisen. Den Fotoapparat<br />

solltet ihr diesmal aber besser zuhause<br />

lassen.<br />

FILMPROGRAMM<br />

16. 12. 2008 Delirious<br />

Mehr Infos<br />

Manuel Joller, Mitglied der Filmstelle,<br />

contact@filmstelle.ch<br />

ethwelt<br />

25<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Bild: Filmstelle<br />

Herren-Coiffeur Mona<br />

Universitätstrasse 58<br />

8006 Zürich<br />

Telefon 043 233 87 92


Extras<br />

26<br />

fugendichtung<br />

Glanz, Tanz,<br />

Freude, Liebe<br />

und Polyball<br />

Extras<br />

GERÜCHT<br />

Der runde Raum<br />

Es soll ihn ja geben, den Raum unter der<br />

Kuppel in der <strong>ETH</strong>. Doch wie man hinkommt,<br />

wusste bis vor kurzem keiner –<br />

auch nicht, was dort genau sein sollte. Ein<br />

exquisites Restaurant für die <strong>ETH</strong>-Chefs<br />

oder eine Art Kommunikationszentrum<br />

mit riesigen Radarschlüsseln – zur Raumnutzung<br />

existierten die wildesten Gerüchte.<br />

Bis sich eines Tages eine Gruppe<br />

furchtloser Erstsemestriger auf den Weg<br />

machte, das Geheimnis zu lüften. Erstmal<br />

den altmodischen Weg, immer die Treppe<br />

hoch und höher. Einen mussten wir schon<br />

in den unbekannten Höhen zurücklassen.<br />

Doch irgendwann wand sich die Treppe<br />

nicht mehr weiter und man war noch<br />

nicht einmal in der Nähe des Daches. Also<br />

wieder runter. Unserem Zurückgelassen<br />

konnten wir nicht mehr helfen. Höhenkrankheit.<br />

Die Angst vor dem Fall, Realitätsverlust,<br />

Elendgefühle, das Gefühl von<br />

der gewaltigen Masse der <strong>ETH</strong> erdrückt<br />

zu werden. Wir wollten weiter. 60 Prozent<br />

Verlust wurden eingerechnet. Also<br />

runter zu den Liften. Der Z Stock klang<br />

gut, er war aber laut Plan noch unter<br />

dem untersten Stock. Vielleicht ein anderes<br />

Mal. Im Lift also die oberste Taste.<br />

Die Tür öffnete sich und gab den Blick frei<br />

auf eine elegante Kantine. Zwei Anzugträger<br />

kamen schnell näher. Die Angst,<br />

verscheucht zu werden, liess die Erstsemestrigen<br />

schrumpfen, die Anzugträger<br />

verschwanden im Aufzug. Doch auch<br />

einer von uns hatte sich in seiner Furcht<br />

dorthin verkrochen und klebte nun an<br />

ihren Schuhen. Wir richteten den Blick<br />

vorwärts und sahen eine runde Wand.<br />

Das musste er sein. Zwei Treppen führten<br />

zu einer hölzernen Doppeltür. Der Furchtloseste<br />

öffnete sie und schaute hinein.<br />

Doch welche Enttäuschung, es war nur<br />

ein Arbeitsraum mit einer 180-Grad-Leinwand.<br />

mitmachen@polykum.ethz.ch<br />

Haben Sie mich gesehen Ich war der, der<br />

mitten im Wirbel wie ein Besessener getanzt<br />

hat. Danach, oder davor, war ich bei<br />

der Bar, habe über meinen eigenen Witz<br />

gelacht, dabei meinen Champagner über<br />

die Austauschstudentin geleert, die dann<br />

kreischend zum WC gerannt ist. Jaja, das<br />

war ich. Wer streckte den Professoren die<br />

Zunge raus Das war ich. Wer leerte Cüpli<br />

nach Cüpli Das war ich. Wer hat dem<br />

Präsidenten Eichler einen Lippenkuss gegeben<br />

Okay, gut, das war ich nicht. Aber<br />

ich hab’s probiert. Mann, was war das für<br />

ein Dresscode, wäre ich doch so gern mit<br />

einem Waschbär-Kostüm zur Feier gekommen.<br />

Gespräche, Gespräche, Gespräche.<br />

Die Austauschstudentin redete über<br />

Tango mit einem kleinen Professor, der<br />

ihr in den Ausschnitt geschaut hat. Habe<br />

auch ich mit einer Glatze mehr Erfolg bei<br />

Frauen Wir haben drei Romands beim<br />

Töggelä geschlagen und wie kann es sein,<br />

dass Michael von der Heide nie Stimmbruch<br />

hatte<br />

Und so weiter und so fort. Beim WC<br />

stand so eine Frau mit blauen Augen, habt<br />

ihr gewusst, dass es im Jura echte Extremisten<br />

gibt Sie sagte na, da lauert ein<br />

Teil der zukünftigen Elite der Schweiz<br />

herum und wer denkt noch daran, dass,<br />

während wir Champagner trinken, irgendwo<br />

Kinder vor Durst sterben Ich<br />

feiere auch gern, ich bin keine alte Eule,<br />

aber bei 50 CHF Eintrittspreis, hätte man<br />

nicht 55 CHF zahlen lassen können und<br />

mit 5 CHF pro Person ein paar Leben verbessern<br />

können.<br />

Sie hatte Recht. Die <strong>ETH</strong> hat einen<br />

Traumabend organisiert. Der Abend war<br />

aber visionslos.<br />

Numa Vittoz<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Illustrationen: Tobias Tschopp (oben), Marie Veya (unten)


Polykümler<br />

Thomas Tschupp<br />

Extras<br />

Alter: 31 Funktion: Layouter, Fotograf Studium: schon eine Weile her: Sportlehrer Freizeitgestaltung:<br />

Beachvolleyball, Ski, Tennis, durch die Gassen ziehen, Playlisten erstellen, faul zu Hause rumhängen<br />

Musik: Bach, Jazz, Blues, Funk, Electronica und gute Songs Literatur: momentan: Sondermann von<br />

Bernd Pfarr Lieblingszitate: «Trying is the first step towards failure» Homer J. Simpson Phobien und<br />

Ticks: Langstreckenflug, zusammengefaltet in einem Economy-Sitz kombiniert mit Schweissgeruch in der<br />

Nase und plärrendem Baby im Nacken Geheime Leidenschaften: bleiben natürlich geheim, ansonsten<br />

zum Beispiel guter Kaffee, alte Motorräder, «Curb your Enthusiasm» Helden: Keith Jarrett, Michel Petrucciani,<br />

Roger Federer Über sich selbst: Super Typ<br />

27<br />

Plattenteller<br />

Ter Haar – ∆ (Delta)<br />

Aufmerksame Leser erinnern sich eventuell an die September-Ausgabe des Polykum. Damals wurde an<br />

dieser Stelle das Album «Maar» von The Evpatoria Report vorgestellt sowie eine scheue, keinesfalls wissenschaftliche<br />

Definition des Unworts Postrock gegeben. (Und wer an The Evpatoria Spass hatte, soll sich unbedingt<br />

«Golevka» antun, das 2005er Album ist der absolute Wahnsinn.)<br />

Nun möchte ich der geschätzten Leserschaft mit Ter Haar eine etwas vertracktere Version des Postrocks<br />

nahe legen. Die drei Berliner erschaffen mittels Schlagzeug, Gitarre, Bass und Minikorg keine schönen,<br />

fliessend-psychedelischen Klanglandschaften, sondern hauen dem Hörer frech und direkt die komplexesten<br />

Rhythmen seit Buckethead, Sincabeza oder 37000 Yens, die hier zum stilistischen Vergleich herangezogen<br />

werden dürfen, um die Ohren. Dies klingt einerseits sehr druckvoll, intelligent, mathematisch und entsprechend<br />

konstruiert, führt jedoch zumindest bei Tanzbären zu kräftiger Verwirrung. Denn Ter Haar wechseln das Tempo und den<br />

Rhythmus dermassen häufig und unvorhersehbar, dass Tanzen ein Ding der Unmöglichkeit wird. Und genau darum liebe ich diese<br />

Musik. Der Korg verleiht der Platte etwas Elektronisch-Modernes, die Gitarre wird gut und gerne geloopt und stottert kleine, präzise, in<br />

halsbrecherischem Tempo vorgetragene Tonfolgen von sich. Ab und zu weitet sich die Klanglandschaft und lässt einem breitbeinigen<br />

Bass Raum zur Entfaltung. Einziger Schwachpunkt des Albums sind die dünn gesäten, dadurch jedoch vernachlässigbaren Gesangsparts,<br />

die aufgrund der Misstöne höchstens für eine mittelschlechte Punkband verwendbar wären. Insgesamt ein anstrengendes, komplexes,<br />

durchdachtes und genau deshalb geniales Album. Philipp Gautschi<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Illustrationen: Marie Veya, Bilder: Thomas Tschupp (oben), Ter Haar (Mitte)<br />

Der Nörgler<br />

Visionäre und Blindgänger<br />

Letzthin sass man zeitungslesend in einem Restaurant und versuchte geflissentlich, der lautstarken<br />

Diskussion einiger adretter Nachwuchsführungskräfte der helvetischen Ökonomie am<br />

benachbarten Tisch nicht zuzuhören. Mit zunehmendem Ärger musste der Lesende konstatieren,<br />

dass er nolens volens zum Akustik-Spanner mutiert. Vieles, was die drei Jünglinge zum Besten<br />

gegeben, ist wahrlich nicht der Erwähnung wert. Einiges dagegen schon.<br />

Männiglich war sich einig, dass die Finanzkrise als Chance zu sehen sei – nicht etwa,<br />

um innezuhalten und nachzudenken, sondern um tüchtig zu investieren: Jetzt seien die<br />

Wertpapiere günstig, jetzt müsse man die Gelegenheit beim Schopfe packen. Klotzen,<br />

nicht kleckern, das sei das Gebot der Stunde. So habe es schliesslich Buffett vorexerziert,<br />

und der ist ja nun der Ärmsten einer nicht. Die Ospels, Wufflis und Co. hätten<br />

schlechterdings versagt, hätten eben das Riskmanagement nicht vergessen dürfen, diese<br />

Stümper. Jawohl. Trotzdem könnten die, wirft einer der altklugen Bonsai-Manager im<br />

Brustton der Überzeugung ein, doch zufrieden sein, denn schliesslich hätten die ihre Schäfchen<br />

ins Trockene gebracht. Die hätten es gut.<br />

Gewiss liegen die Dreikäsehochs nicht gänzlich falsch, allerdings übersehen sie, wie so<br />

viele der sich zurzeit quasiintelligent gebärdenden Dummschwätzer, dass kaum jemand der<br />

Elite dieser unserer Leistungsgesellschaft absichtlich Misserfolg hat. Nein, sie jagen vielmehr<br />

ihrer Vision nach. Ärgerlich ist halt, wenn sich die Vision davonmacht, in Luft auflöst. Dann war<br />

alles nur eine optische Halluzination – übrigens eine Bedeutung des Begriffs «Vision». Na, gewusst<br />

Der Visionär schlüpft oftmals unversehens in die Rolle eines Sehers; er vergegenwärtigt sich<br />

das, was er sieht, also Irreales, als real, konkretisiert Abstraktes. Das ist mutig, mitunter wagemutig.<br />

Wer hinwiederum mutig wagt, kann scheitern. Selbst von hochstrebenden Vollkasko-<br />

Kleingeistern, die allein an ihr Portemonnaie denken, ist dies zu akzeptieren.


extras<br />

28<br />

VERdammt<br />

VERDREHT<br />

VeRLOGEN<br />

Fluchkultur ist schön. Schön und, um ehrlich<br />

zu sein, unglaublich befriedigend, und das<br />

nicht zuletzt darum, weil es kulturellen Wert<br />

hat. Dabei von kulturellem Wert zu sprechen<br />

hat nichts mit einem Irrtum zu tun, immerhin<br />

wird mit Fluchen die Spielwiese meines inneren<br />

Schweinehundes – wenn er einfach so<br />

von der Leine gelassen wird – geschaffen und<br />

solche Spielwiesen dürfen heutzutage nicht<br />

unterschätzt werden: Allein einfach so sind<br />

Schlupflöcher für anstössiges Gerede nicht zu<br />

finden, denn um Spielwiesen muss in zivilisiertem,<br />

gutbürgerlichem, regelkonformem<br />

Alltag – in demselben Alltag, in dem Fluchen als<br />

Unsitte weit entfernt vom täglichen Gebrauch<br />

deponiert worden ist – gekämpft werden, will<br />

man nicht nur dieselben, flachgetretenen Vokabeln<br />

seiner verreckt anständig sprechenden<br />

Mitmenschen kredenzen. Nicht zuletzt darum<br />

ist Fluchen das reinste Entzücken: Weil man<br />

damit die Gelegenheit hat, sich innerlich ein<br />

wenig schmutzig zu fühlen und nicht allzu sehr<br />

mit der Sauberkeit einer Gesellschaft eingeschmiert<br />

zu sein, die in aller etablierten Korrektheit<br />

derbe Wörter verpönt. Das bisschen<br />

verbalen Schmutz nehme ich aber allemal auf<br />

mich: Mit bestem Gewissen und ohne mich in<br />

meiner Weiblichkeit gefährdet zu sehen. Fluchen<br />

ist nämlich nicht männlich. Oder höchstens<br />

dann, wenn Männer in männerfreundschaftlichen<br />

Runden immer gerne wieder ein<br />

bisschen Unzivilisiertheit für sich selbst beanspruchen,<br />

um – wider Mamas sonst artig eingehaltene<br />

Sitten handelnd – vor der Betitelung<br />

des Muttersöhnchens zu fliehen. Auch als Frau<br />

kann der Ausdruck gutbürgerliche Perplexität<br />

nur geliebt werden, gibt man sich rüde: Mit fragendem<br />

Blick angesehen zu werden, wortlos<br />

oder aus Entsetzen wortreich, als ob es seine<br />

Zeit bräuchte, um zu verstehen, dass exakt aus<br />

diesem feinen, damenhaften Mund, der bis<br />

kurz zuvor nicht den Anschein gemacht hatte,<br />

etwas solches herausbringen zu können, Unsittliches<br />

und Schweinereien herausgebracht<br />

worden waren. Leckt mich, denke ich, bleibe<br />

stehen und sehe meinem Schweinehund voller<br />

Stolz zu, wie er über seine erkämpfte Wiese davonspringt.<br />

(bl)<br />

Mein Papa hat das Gefühl, er sei der Nikolaus.<br />

Tönt komisch, ist aber so.<br />

Ich bin jetzt schon fünf Jahre alt und die Sache<br />

mit dem Nikolaus ist für mich eigentlich, naja,<br />

wie soll ich sagen … Ich weiss Bescheid. Mein<br />

Papa hingegen macht sich und mich deswegen<br />

jedes Jahr völlig verrückt. Schon im November<br />

beginnt er mit dem ganzen Nikolaus-Gerede:<br />

«Wänn das de Samichlaus wüssti, het er aber<br />

gar kei Froid!» Was soll man da sagen Ich<br />

bring’s nicht übers Herz, ihn aufzuklären, es<br />

macht ihm nun einmal Freude. Aber wenn die<br />

Grossen ihre kindliche Seite entdecken, ist das<br />

manchmal ziemlich anstrengend. Am 6. Dezember<br />

erreicht das ganze Theater seinen Höhepunkt.<br />

Papa hastet im Haus herum und verschwindet<br />

immer wieder, wahrscheinlich um<br />

Generalprobe für seinen Auftritt zu halten.<br />

Ich soll dabei den ganzen Nachmittag mein<br />

Zimmer nicht verlassen und brav mein Verslein<br />

für den Nikolaus üben. Wenn die Bescherung<br />

dann beginnt (Papa ist dann immer zufällig<br />

auf dem Klo) und der Nikolaus in voller<br />

Montur mit dem grossen braunen Sack auf<br />

den Schultern ins Wohnzimmer gestapft<br />

kommt, zeige ich mich entzückt, sage auf<br />

seine Bitte die paar Strophen auf und freue<br />

mich über die grosszügigen Gaben. Papa<br />

meint es gut und deshalb übersehe ich gütigst,<br />

dass Papa und der Nikolaus dieselbe<br />

alte Swatch mit dem Fischmotiv und beide<br />

eine kreisrunde schwarze Brille von Fielmann<br />

tragen. Überhaupt hat Papa die aussergewöhnlichsten<br />

blau-grauen Augen mit feinen Sprenkeln,<br />

die man haben kann. Keine günstigen Voraussetzungen,<br />

um seinen Sohn zu täuschen.<br />

Aber Weihnachten ist das Fest der Liebe und<br />

deshalb bin auch ich in der Weihnachtszeit ein<br />

wenig nachsichtig mit den Grossen, drücke für<br />

einmal ein Auge zu und hoffe trotzdem, dass<br />

Papa bald erwachsen wird. (ph)<br />

VVV<br />

Blick am Abend will Radio Energy und damit<br />

auch die Schweizer Demokratie retten. Der<br />

Besserwisser Moritz Leuenberger und seine<br />

Leute wollen das beste Radio Zürichs vernichten.<br />

In Bern wird gespinnt, wenn nicht<br />

sogar gelogen und absichtlich gegen das Volk<br />

gehandelt. Ob Moritz etwa dem Freimaurertum<br />

angehört Vielleicht hat er gar eine<br />

chinesische Mätresse, so eine Mata-Hari, eine<br />

Geheimagentin, die ihm im Schlaf zuflüstert:<br />

«Du sollst Radio Energy zunichte machen!»<br />

Zum Glück gibt es Blick am Abend. Das Ebenbild<br />

einer qualitätsbewussten, unabhängigen<br />

Zeitung. Man betrachte nur einmal die<br />

Promis, die sich an ihrer Seite engagieren: der<br />

stets vernünftige Christoph Mörgeli, der öffentlichkeitsscheue<br />

Filippo Leutenegger und<br />

die kulturelle Referenz Melanie Winiger.<br />

Extremismus, Glanzgeilheit, Opportunismus.<br />

Unsere beiden Qualitätszeitungen brauchen<br />

eh keine seriösen Stützen. Warum Machen<br />

wir’s ein für alle Mal klar: BLICK AM ABEND<br />

VERTEIDIGT IN DER RADIO-ENERGY-AF-<br />

FÄRE NUR SEINE EIGENEN INTERESSEN,<br />

NICHT DIE WAHRHEIT. Es geht hier nicht um<br />

eine vernünftige Diskussion der bei den Konzessionsvergaben<br />

angewandten Kriterien.<br />

Es geht hier für Blick nicht darum, die Interessen<br />

der Bürger zu verteidigen. Es geht nur<br />

darum, das eigene Geld zu retten. Blick, Blick<br />

am Abend und Radio Energy gehören nämlich<br />

alle demselben Medienhaus Ringier.<br />

Nochmals ein Beispiel von Selbstlosigkeit: Baschi<br />

will Radio Energy unterstützen, denn:<br />

«Energy hat mir unglaublich geholfen, meine<br />

Karriere voranzutreiben!» (Zitat: blick.ch,<br />

03.11.) Siehe Leser, wie selbstlos alle Radio<br />

Energy unterstützen: Helfe und dir wird geholfen.<br />

Oh Mann, Baschi, was für eine Überraschung:<br />

Deine nächste CD wird der Blick<br />

seinen Lesern wärmstens empfehlen. (nv)<br />

Mach mit bei VVV!<br />

Hast du kürzlich einen Zahnarzttermin verschlafen, deines Onkels Geburtstag<br />

vergessen oder den Kopf verloren Dann schick uns dein V (2 080<br />

Zeichen mit Leerzeichen) an vvv@polykum.ethz.ch. Wir veröffentlichen die<br />

besten Texte in den nächsten Ausgaben!<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Illustration: Marie Veya


extras<br />

29<br />

J+Y=I<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

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18<br />

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31<br />

32<br />

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35<br />

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37<br />

38<br />

39<br />

40<br />

41<br />

42<br />

43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

48<br />

Lösungswort<br />

KREUZFIDEL<br />

Cruxereien<br />

Tagsüber an den Ohren frieren,<br />

abends bei Kerzenschein dinieren.<br />

Löse den Titelvers mit den grauen Feldern waagrecht<br />

fortlaufend. Die schnellste Einsendung an<br />

cruxereien@polykum.ethz.ch wird mit einem 50-Franken-<br />

Gutschein der Polybuchhandlung belohnt. Unter allen<br />

weiteren richtigen Einsendungen bis 1. Februar wird ein<br />

zweiter 50-Franken-Gutschein verlost.<br />

Gewinner vom letzten Mal: Cornelia della Casa und<br />

Sara Engelhard. Lösung vom letzten Mal: HEXENBESEN.<br />

Polykum Nr. 4/08–09 Rolf Schwendener<br />

Waagrecht<br />

5 Mobilität wurd’ gross geschrieben,<br />

die Rothaut konnt’s drum leicht verschieben.<br />

8 Ein Stücklein Land bringt bald Ertrag,<br />

ein grüner Daumen das vermag.<br />

12 Im Bündnerland, westlich von Chur,<br />

triffst bald Du auf Herrn Blochers Spur.<br />

15 Stolz trägt man Autogramme fort,<br />

tun Sportler dies auf Sponsors Wort.<br />

18 Dies und gar zarte Spitzenhauben.<br />

Die Täter Es ist kaum zu glauben!<br />

19 Nebst «creams» für Haut vom Bauch gibt’s auch<br />

sehr kalte für den innern Bauch.<br />

20 «Halt Dich aus fremden Händeln raus!»<br />

Dies riet vor Jahren Bruder Klaus.<br />

21 Äthiopien oder Poly<br />

Ist mir wurscht, doch bitte dalli.<br />

22 Der Vatermörder hat geschunden,<br />

drum hat er diese umgebunden.<br />

23 Wenn wir hier sagen: «Das da dort»,<br />

genügt Herrn Smith ein einzig Wort.<br />

24 «Il crache» ist wirklich fehl am Platz,<br />

wenn’s geistert um den Ritterschatz.<br />

26 Er sorgte mit seinem Aktienrummel<br />

bei Aktionären für Gebrummel.<br />

27 Solches jagt die Diebe fort –<br />

leider nur an andern Ort.<br />

29 Was sie geboten einst vor Jahren,<br />

war Fussballkost vom Wunderbaren.<br />

30 Un skieur, vraiment renommé,<br />

wurd’ so getauft par le curé.<br />

31 Ragaz und Baden und Zurzach,<br />

Stabio auch und auch Schinzach.<br />

36 Es gibt gar viele überall,<br />

und jeder hat ’ne eigne Zahl.<br />

37 Osmium, B und Edelgas,<br />

zu einem Namen forme das!<br />

38 Wenn hier von Gras die Rede ist,<br />

dann nicht von dem, was ’s Rindvieh frisst.<br />

40 Nicht zu regieren ist dies Land,<br />

hat selbst der Duce einst erkannt.<br />

41 Selbst wer nur solches tanken tut,<br />

erweckt der Oeko-Fundis’ Wut.<br />

43 Sie leuchten nicht am Himmelszelt,<br />

sie leben in ’ner andern Welt.<br />

45 Dies Regime, das ist längst vorbei;<br />

es ist halt so: Aus alt mach neu!<br />

46 Steht unter Wasser Feld und Flur,<br />

braucht es nicht viel, vielleicht das nur.<br />

47 Als Hauptort von dem Bundesstaat<br />

diente zunächst mal diese Stadt.<br />

48 Dienen dem Haupt als Zier und Schutz<br />

und kosten mächtig viele Stutz.<br />

Senkrecht<br />

1 Was für G’schwelti aktuell,<br />

liefert Fridli speziell.<br />

2 Hat man mal eine angenommen,<br />

kann man sie kaum mehr losbekommen.<br />

3 Ist’s Wasser oder Sonnenschein,<br />

auf etwas fällt er immer ein.<br />

4 Wie was entstanden ist auf Erden,<br />

und auch Befehl, gesund zu werden.<br />

5 Ein Kriegsheld war er contre coeur,<br />

sie stiessen ihn von hinten her.<br />

6 Bekannt war sie, so steht zu lesen,<br />

als auch nicht haben wollend’ Wesen.<br />

7 Dem Staate soll zu Diensten sein,<br />

wer die Finanzen hortet fein.<br />

8 Die Wäsche weicht man darin ein,<br />

ein oval’ Ding, aus Blech gar fein.<br />

9 Ein Wagen von der Linie acht,<br />

der tat es fast die ganze Nacht.<br />

10 Als Tempo à la Bern bekannt<br />

ist dieser Spruch im ganzen Land. (3 W.)<br />

11 Triffst sie beim Aufschlag zweimal, ach!,<br />

hinkst Du mit fünfzehn hinten nach.<br />

13 Wer nicht allein will reisen fort,<br />

der freut sich über dieses Wort.<br />

14 Wer ohne sie, so wird verheissen,<br />

der darf den ersten Stein wohl schmeissen.<br />

16 Wer solche unterscheiden tut,<br />

der kennt sich aus, und zwar ganz gut.<br />

17 Gar nicht willkommen ist oft der,<br />

der ungefragt den Senf gibt her.<br />

25 Ich glaub’, dass jeder hier dafür,<br />

zu wünschen ihm ein «senkrecht vier».<br />

28 Reizt ihn nicht, nicht diesen Leu,<br />

denn sonst kommt und frisst er Eu’.<br />

29 Benazzi, Schüler in der Rosenstadt,<br />

einstmals ein jeder so gerufen hat.<br />

32 Von den fünf Ringen – ’s ist wohl klar –<br />

stellt wohl der gelbe das da dar.<br />

33 Und selbst der Don darf es nicht wagen,<br />

die eig’ne Meinung vorzutragen.<br />

34 Was kann man sehen, bitte<br />

Genau das ohne Mitte.<br />

35 «An English Miss» ist zu erblicken.<br />

(Bei Dorli würd’ sie wohl auch nicken.)<br />

39 Irland, wie es sich auch nennt,<br />

rückwärts man als Wasser kennt.<br />

42 In der Arena, dieser weissen,<br />

wird eine Ortschaft so geheissen.<br />

44 Als «uncle» wird er oft genannt,<br />

dieses Symbol vom grossen Land.<br />

Der Autor Rolf Schwendener ist langjähriger<br />

Polykum-Mitarbeiter und häufig im<br />

Hauptgebäude der <strong>ETH</strong> anzutreffen.

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