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Dohm, Christian Wilhelm, Ueber die bürgerliche Verbesserung der ...

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Ruse kann wohl stärker würken, als <strong>die</strong>jenige, <strong>die</strong> sich des schwachen Verstandes <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> bemeistert; welche Reflexion kann man von solchem Kinde erwarten, und das im<br />

12ten Jahre Nicht vor dem 15ten sollte den jungen Leuten von Glaubensartikeln<br />

vorgesprochen werden, und wenigstens nicht vor dem 18ten verlangt werden, daß sie eine<br />

Wahl treffen, unter den verschiedenen Religionen. Ich muß <strong>die</strong>ses Wort brauchen, welches<br />

ich sehr ungerne thue, weil es wenige giebt <strong>die</strong> mehr |137| Zweydeutigkeit in sich fassen,<br />

keines worüber so Vieles geschrieben worden, und das doch bis <strong>die</strong>se Stunde nicht definirt<br />

ist; wenigstens ist noch keine einzige Definition <strong>die</strong>ses Wortes mit dem vielfältigen<br />

Gebrauch übereinstimmend. Da es lateinischen Ursprunges ist, so sollte wohl Cicero<br />

<strong>der</strong>jenige seyn, <strong>der</strong> es am besten erklären könnte, und er <strong>der</strong>ivirt es von relegendo, und<br />

nennt religiosi <strong>die</strong>jenigen qui omnia quae ad Cultum Deorum pertinerent diligenter pertractabant<br />

& quari relegabant; so sollte also wohl in <strong>die</strong>sem Sinn ein Jünger Jesus billig ein Mann ohne<br />

Religion seyn.<br />

Pl. den 20. Jan. 1782.<br />

Gr. v. S.<br />

7.<br />

— Des Kaisers Edict für <strong>die</strong> Juden, welches Sie nun auch gesehen haben werden, wird wohl<br />

Ihre Erwartung nicht ganz erfüllen. Es ist wohl eigentlich ein politischer Versuch zu<br />

religiöser Verbes- |138| serung <strong>der</strong> Juden, und hat <strong>die</strong> natürliche Tendenz sie in 20 o<strong>der</strong><br />

höchstens zweymal 20 Jahren, also mit Ablauf <strong>die</strong>ses Menschenalters, zu Christen zu<br />

machen. Ich zweifle aber, ob es seinen Zweck erreicht, ein grosser Theil <strong>der</strong> Juden könnte<br />

wohl gar bey einem solchen Toleranz-Edict Lust bekommen, aus dem Lande zu gehn.<br />

G. den 23. Febr. 1782.<br />

M.<br />

8.<br />

Ich habe nur <strong>die</strong>ses noch bey Ihren Vorschlägen, denen ich sonst vollkommen beytrete, zu<br />

erinnern: 1) Die Armenanstalten <strong>der</strong> Christen und Juden müssen, wie auch Sie zu billigen<br />

scheinen, völlig mit einan<strong>der</strong> verbunden werden. Gleiche Lasten erzeugen Freundschaft<br />

und Liebe. 2) Den Bann wünschte ich bey allen möglichen Religionspartheyen, also auch<br />

bey den Juden, weg. 3) Die jüdischen Civilgesetze müßten in vielen Dingen mit neuen auf<br />

ihren itzigen Zustand mehr passenden vertauscht werden, so wie man in manchen |139|<br />

Staaten das römische Recht abschaft. Am besten sie würden den allgemeinen<br />

Landesgesetzen, wie alle übrige Bürger unterworfen. Dieß wäre gewiß dem ganzen Geist<br />

Ihres Plans am gemäßesten Freylich kann <strong>die</strong>ß nur allmählig geschehen, aber einmal muß<br />

doch <strong>der</strong> Anfang gemacht werden. Haben doch auch <strong>die</strong> Juden das Opfern ausser Palästina<br />

suspendiren müssen Manche ihrer Gesetze sind in unsern nördlichen Landen noch<br />

weniger passend, als <strong>die</strong>ses Opfern. Zu S. 23 habe ich noch einen Einwurf. Sollte es da nicht<br />

statt Religion deutlicher Religions-Systeme, Partheyen heissen. Von <strong>die</strong>sen allen ohne<br />

Ausnahme kann man freylich mit vollkommenem Rechte sagen, „daß sie ihren Anhängern<br />

Abneigung in mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong>n Grade, gegen <strong>die</strong> An<strong>der</strong>sdenkenden einflössen,“ daß sie<br />

www.deutsch-juedische-publizistik.de – 42 – urn:nbn:de:0230-2009080513

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