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Dohm, Christian Wilhelm, Ueber die bürgerliche Verbesserung der ...

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sichtbarlichen Verhältnissen grosse Vorzüge vor den Christen. Er ist bey allen christlichen<br />

Religionsverwandten gelitten, hat Zutritt an Höfen und in Cabinetten, den er verliert,<br />

sobald er sich taufen läßt. Ich weiß ein Beyspiel, daß im siebenjährigen Kriege <strong>die</strong> Frau<br />

eines jüdischen Admodiateurs sogar an <strong>die</strong> Tafel eines grossen Prinzen gezogen wurde,<br />

worüber <strong>die</strong> adelichen Damen zwar scheel sahen, aber eine christliche Kaufmannsfrau<br />

gewiß nicht gelitten hätten. Es sind ja auch Juden vom Kayser nobilitirt worden, und unter<br />

K. Carl VIl. hatte sogar ein Jude das Jus nobilitandi, indem er Adelsbriefe verkaufte, wo <strong>der</strong><br />

Nahme vom Käufer ausgefüllt wurde. Ich glaube also nicht, daß <strong>die</strong> Vornehmen und |149|<br />

Reichen den Druck sehr fühlen, und <strong>der</strong> Pöbel unter den Juden ist gegen ihn so<br />

abgestumpft, wie unsere Leibeigene Bauren gegen den Druck ihrer Herrn. Sie werden<br />

freylich antworten: eben <strong>die</strong>ses abgestumpfte Gefühl ist ein desto größerer Beweis von<br />

Elend, und <strong>die</strong> Vorzüge <strong>der</strong> reichern Juden taugen eben so wenig, als <strong>die</strong> Unterdrückung<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>n 25 . — Aber lassen Sie mich noch etwas von den Vorzügen anführen, den <strong>der</strong> Jude<br />

in <strong>der</strong> itzigen Verfassung wirklich vor den Christen voraus hat. <strong>Ueber</strong>all ist er frey von<br />

allen Arten von Frohn<strong>die</strong>nsten, theils weil <strong>die</strong> Christen-Sklaven nicht mit den beschnittenen<br />

Sklaven in Gesellschaft arbeiten wollen, theils weil man ihn für zu ungeschickt zu schwerer<br />

Arbeit hält, <strong>die</strong> er auch nicht gewohnt ist. Einen Umstand müssen wir auch nicht vergessen,<br />

<strong>der</strong> <strong>die</strong> Juden stolz macht und überredet über <strong>die</strong> Christen hinschauen zu können, das ist<br />

nicht nur <strong>die</strong> Parrocinanz <strong>der</strong> reichen Juden, durch Geldleihen sogar an <strong>die</strong> ersten<br />

christlichen Häuser im Lande, auch an Höfe — son<strong>der</strong>n vernehmlich auch <strong>die</strong> freywillige<br />

Knechtschaft <strong>der</strong> Christen, den Juden am Sabbath zu <strong>die</strong>nen. Ich erinnere mich keines<br />

Landes, wo hierüber ein Verboth existirte, das doch allein hin- |150| reichend wäre, <strong>die</strong><br />

Juden zu zwingen, ihre ängstliche, unnatürliche Sabbathsfeyer abzuschaffen.<br />

Aus den angeführten Gründen scheint es mir sehr wahrscheinlich, daß wenn man den<br />

Juden heute alle Zünfte öfnete, doch nur wenige von <strong>die</strong>ser Freyheit Gebrauch machen,<br />

son<strong>der</strong>n lieber bey <strong>der</strong> Handelsschaft bleiben würden, <strong>die</strong> ihnen Gewohnheit, Erziehung<br />

und <strong>die</strong> damit verbundene o<strong>der</strong> doch eingebildete Vorzüge nebst <strong>der</strong> Hofnung eines<br />

großen Glücks und bequemen Lebens, weit angenehmer machen. Und da Sie selbst <strong>die</strong>se<br />

ausschliessende Beschäftigung mit dem Handel als <strong>die</strong> Hauptquelle <strong>der</strong> sittlichen<br />

Ver<strong>der</strong>btheit mit Recht angegeben; so sehe ich noch nicht, wie sie sobald dürfte verstopft<br />

werden, da nun noch <strong>die</strong> Hin<strong>der</strong>nisse, welche in unserer Zunftverfassung liegen, dazu<br />

kommen.<br />

B. den 26. Oct. 1782.<br />

S.<br />

----<br />

|151| Mißverstanden und nach dem Mißverstand unrichtig beurtheilt zu werden, ist ein<br />

Unfall, dem Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> seine Gedanken öffentlich sagt, sich aussetzt und den auch alte und<br />

neuere Schriftsteller immer erfahren haben. Er ist eine Folge <strong>der</strong> unendlich verschiedenen<br />

Begriffe, <strong>die</strong> je<strong>der</strong> Leser zu einer Schrift mitbringt, <strong>der</strong> verschiedenen Grade von<br />

25 Freilich ist <strong>die</strong>se Antwort ganz in meinem Sinn. D.<br />

www.deutsch-juedische-publizistik.de – 46 – urn:nbn:de:0230-2009080513

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