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Reportage - Gossen Kommunikation

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12 menschen INTERVIEW<br />

menschen INTERVIEW 13<br />

„Sie müssen Realist<br />

und Spinner zugleich sein“<br />

Ein Aufsichtsrat beaufsichtigt – aber was bedeutet das in der Praxis Ein Gespräch mit Klaus-Peter Ackermann,<br />

dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats unserer Werkstatt.<br />

Zur Person<br />

Klaus-Peter Ackermann, geboren 1938 in Berlin, aufgewachsen<br />

in Oberbayern, schlug eine Polizeilaufbahn ein<br />

und war bei seiner Pensionierung im Jahr 1996 Polizeidirektor<br />

und Leiter des Führungsstabs im Polizeipräsidium<br />

Aachen. Er ist verheiratet mit Waltraud Ackermann und<br />

hat zwei Söhne. Stefan arbeitet seit über 20 Jahren im<br />

Metallbereich der Werkstatt. Thomas, der jüngere Sohn,<br />

wechselte nach einer Banklehre zur Sonderpädagogik<br />

und ist heute Lehrer an der Roda-Schule Herzogenrath.<br />

Nachdem Klaus-Peter Ackermann bereits drei Jahre<br />

stellvertretender Vorsitzender der Lebenshilfe Aachen<br />

war, übernahm er von 1997 bis 2003 den Vorsitz. An<br />

der Spitze des Aufsichtsrats der Werkstatt steht er seit<br />

Mai 2005. In seiner Freizeit ist er gerne in der Natur<br />

unterwegs und sieht – als in Bayern aufgewachsener Ex-<br />

Polizist – am liebsten die TV-Serie „Rosenheim-Cops“.<br />

Weggefährten: Klaus-Peter Ackermann und Dr. Manfred Fuchs, ebenfalls lange Jahre Vorsitzender des Aufsichtsrats, haben<br />

die Geschicke der Lebenshilfe wesentlich mitgestaltet. Das Foto entstand bei unserem Sommerfest 2012.<br />

Acht Jahre nehmen Sie das Ehrenamt nun bereits wahr.<br />

Was war die wichtigste Entscheidung, die Sie in dieser Zeit<br />

zu treffen hatten<br />

Das war 2007, als wir den neuen Geschäftsführer zu bestimmen<br />

hatten. An dieser Position hängt fast alles und so<br />

haben wir uns für Bewerbungsgespräche viel Zeit genommen<br />

und bei der Auswahl sehr viel Mühe gegeben. Und<br />

ich muss sagen: Es war eine gute Entscheidung. Wir haben<br />

uns nicht geirrt.<br />

Rampen kann man diesen Menschen weit bringen und<br />

auch einen Arbeitsplatz optimal für ihn einrichten. Dass er<br />

durch Vorurteile ausgegrenzt wird, auch das ist änderbar.<br />

Aber nun nehmen Sie einen Menschen mit einer schweren<br />

geistigen Behinderung. Wo setzt man da an Sie haben ja<br />

schon Schwierigkeiten herauszufinden, was er überhaupt<br />

möchte. Mit der Inklusion wird das Problem umbenannt,<br />

aber nicht gelöst.<br />

Was folgt daraus für die Werkstatt<br />

Herr Ackermann, wie ist der Aufsichtsrat zusammengesetzt<br />

und welche Aufgaben hat er<br />

Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen hat die<br />

Werkstatt nur einen Gesellschafter, die Lebenshilfe<br />

Aachen. Insofern bestimmt allein sie die Mitglieder des<br />

Aufsichtsrates der Werkstatt. Dazu gehören qua Amt der<br />

jeweilige Vorstandsvorsitzende und der Schatzmeister<br />

der Lebenshilfe. Weiterhin beruft die Lebenshilfe Elternvertreter<br />

und Fachleute in das Gremium. Die gesetzlich<br />

geregelte Aufgabe des Aufsichtsrats lautet ganz einfach:<br />

Kontrolle des Geschäftsführers. Im Fall der Werkstatt hat<br />

dies zwei Aspekte. Zum einen die wirtschaftliche Situation,<br />

dass wir also darauf achten, dass das Unternehmen<br />

nicht in die Pleite laviert. Zum anderen, und das ist genauso<br />

wichtig: Der soziale Auftrag. Der Träger hat bestimmte<br />

Vorstellungen, wie mit Menschen mit Behinderung im<br />

Arbeitsleben umgegangen werden soll.<br />

Welche Fähigkeiten braucht ein Mitglied des Aufsichtsrats<br />

Man muss vom Schicksal der Menschen, die hier arbeiten,<br />

betroffen sein. Damit meine ich nicht zwangsläufig<br />

Betroffenheit als Angehöriger. Sie müssen Perspektiven<br />

erkennen und einordnen können: Wie entwickeln sich die<br />

Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung, wie entwickelt<br />

sich die Gesellschaft, die Finanzierung der Werkstatt<br />

Sie müssen ein Spinner und zugleich gnadenloser Realist<br />

sein, kurz gesagt: bescheuert (lacht). Wenn die Werkstatt<br />

nicht mindestens eine schwarze Null schreibt, stehen tausend<br />

Menschen auf der Straße.<br />

Manche Aufsichtsräte von Konzernen sind wegen unzureichender<br />

Kontrolle der Geschäftsführung zuletzt stark in die<br />

Kritik geraten. Wie arbeitet der Aufsichtsrat der Werkstatt<br />

Wir mischen uns nicht in das Tagesgeschäft ein. Es läuft so<br />

ab: Die Geschäftsleitung stellt einen Wirtschaftsplan auf<br />

und wir drehen ihn auf links. Jeder von uns bringt dabei<br />

seine Stärken ein. So ist etwa Herr Drewes ein ausgewiesener<br />

Wirtschaftsfachmann und Frau Klein-Schmeink<br />

erkennt einen Bilanzfehler schon an der Tür. Frau Hahn<br />

als Mutter eines Mitarbeiters und ich, wir sehen mehr die<br />

sozialen Aspekte. Bei unseren vier Sitzungen pro Jahr gibt<br />

der Geschäftsführer einen Zwischenbericht und da gibt es<br />

teilweise schon sehr kritische Diskussionen. Die eine oder<br />

andere Investition haben wir auch abgelehnt.<br />

Welche Erwartungen oder Hoffnungen verbinden Sie mit<br />

dem derzeit alles überragenden Stichwort Inklusion Wie<br />

sollte die Werkstatt sich dieser Aufgabe stellen<br />

Meine große Hoffnung ist, dass Inklusion nicht zur Ideologie<br />

verkommt.<br />

Wie meinen Sie das<br />

Man muss genau hinschauen: Jeder Mensch mit Behinderung,<br />

der sein Leben nicht ohne Unterstützung bewältigen<br />

kann, soll jede erdenkliche Hilfe erhalten. Aber man muss<br />

einsehen, dass nicht alles machbar ist. Nehmen Sie einen<br />

Menschen mit Kinderlähmung. Mit Rollstuhl, Aufzug und<br />

Mitglieder des Aufsichtsrats<br />

Aktuell besteht der Aufsichtsrat aus folgenden Mitgliedern:<br />

Klaus-Peter Ackermann (Vorsitzender), Dr. Friedel<br />

Erlenkämper (stv. Vorsitzender), Prof. Dr. Ing. Gerd<br />

Ascheid (Vorstandsvorsitzender Lebenshilfe Aachen e. V.),<br />

Gerhard Bach (Schatzmeister Lebenshilfe Aachen e. V.),<br />

Inklusion würde ja bedeuten, dass wir alle Beschäftigten<br />

auf Außenarbeitsplätzen bei Firmen in der Region, in Integrationsunternehmen<br />

oder im Qualifizierungsprogramm<br />

der Unterstützten Beschäftigung unterbringen. Das wird<br />

nicht gelingen. Ich meine, wir brauchen auch zukünftig<br />

Einrichtungen – unter welchem Namen auch immer –, in<br />

denen vor allem Menschen mit schweren Behinderungen<br />

eine Aufgabe haben. Das funktioniert bei uns im Heilpädagogischen<br />

Arbeitsbereich hervorragend, und ich finde es<br />

enorm wichtig, dass die ganze Belegschaft solidarisch für<br />

sie Geld mit erwirtschaftet.<br />

Annlen Hahn, Elisabeth Klein-Schmeink (Sparkasse<br />

Aachen), Rainer Handlos (Rechtsanwalt) sowie Jürgen<br />

Drewes (ehemaliger Hauptgeschäftsführer IHK Aachen).<br />

Beratendes Mitglied ohne Stimmrecht ist Herbert<br />

Frings (Geschäftsführer Lebenshilfe Aachen e. V.).

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