„Leistungsvereinbarung zwischen Gruppe und ... - IG Metall
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„Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong><br />
<strong>und</strong> Vorgesetztem“<br />
Arbeitsergebnisse aus dem Netzwerkseminar<br />
vom 2.-4. Juli 2003<br />
in Rastatt<br />
Betriebsräte-Netzwerk<br />
der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Baden-Württemberg (http://Brnetz.bw.igm.de),<br />
Teilnetzwerk „Gute Arbeit in <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Team“<br />
Inhaltsübersicht<br />
1. Themen <strong>und</strong> Grobablauf des Seminars................................................... Seite 2<br />
2. Bestandsaufnahme der Ausgangssituation in den Betrieben.................. Seite 3<br />
3. REZEI bei Daimler-Chrysler in Rastatt: Best Practice oder Bedrohung Seite 4<br />
4. Verlagerung der Leistungsvereinbarung auf die Ebene der einzelnen<br />
Arbeitsgruppe – ein aufhaltbarer Prozess............................................. Seite 8<br />
5. Eckpunkte <strong>und</strong> Qualitätskriterien für Einführungsprozess <strong>und</strong> betriebliche<br />
Regelungen .......................................................................................... Seite 10<br />
Industriegewerkschaft <strong>Metall</strong><br />
Bezirksleitung Baden-Württemberg<br />
Stuttgarter Straße 23<br />
70469 Stuttgart<br />
Tel.: 07 11/16 581-0<br />
Fax: 07 11/16 581-30<br />
e-mail: bezirk.badenwuerttemberg@igmetall.de<br />
GITTA mbH<br />
Kreuzbergstr. 37/38<br />
10965 Berlin<br />
Tel.: 030 – 785 20 82<br />
Fax: 030 – 785 20 70<br />
e-mail: office@gittambh.de<br />
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1. Themen <strong>und</strong> Grobablauf des Seminars:<br />
Aus der Einladung: „Von Leistungsvorgabe zu Leistungsvereinbarung, von<br />
Einzelleistung zu <strong>Gruppe</strong>nleistung, von Mitbestimmung der REFA- oder MTM-<br />
Experten des Betriebsrates zu Vereinbarungen <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetzten:<br />
Dies sind Trends der Leistungsregulation bei neuen Produktionskonzepten.<br />
Wie kann über eine Betriebsvereinbarung hinaus der konkrete Umsetzungsprozess so<br />
organisiert werden, das Risiken begrenzt <strong>und</strong> Chancen gefördert werden Aktuelle<br />
betriebliche Erfahrungen <strong>und</strong> der Verhandlungsstand zur Leistungsentlohnung bei<br />
ERA werfen ein neues Licht auf ein „altes“ Thema.“<br />
Der Seminarablauf war folgendermaßen:<br />
Mittwoch, 2.07.2003 (im PKW-Werk Rastatt der DaimlerChrysler AG)<br />
• Begrüßung, erstes kennen lernen, Seminarziele<br />
• Vorträge des BR zur Verbesserung der Arbeitsorganisation <strong>und</strong> zum Thema<br />
REZEI<br />
• Kurzr<strong>und</strong>gang Montage<br />
• Sicht der Werkleitung zu Arbeitsorganisation <strong>und</strong> REZEI<br />
• R<strong>und</strong>gang Rohbau<br />
• Gespräch mit Kollegen aus dem Rohbau (<strong>Gruppe</strong>nsprecher, REZEI-Vertreter,<br />
Vertrauensmann, Bereichs-Betriebsrat)<br />
Donnerstag, 3.07.2003<br />
• Netzwerkabfrage zum Stand der <strong>Gruppe</strong>narbeit<br />
• Eindrücke vom Werksbesuch, kritische Auswertung <strong>und</strong> Diskussion („Was ist<br />
bei uns besser als in Rastatt“)<br />
• Arbeitswissenschaftlicher Vortrag von W. Kötter: Der Doppelcharakter der<br />
Zeitwirtschaft<br />
• Impulsvortrag von R. Salm: Hintergr<strong>und</strong> von REZEI (Handlungsdruck durch<br />
veränderte Rahmenbedingungen)<br />
• Gemeinsame Situationsbewertung: Ist REZEI auf Dauer vermeidbar<br />
Freitag, 4.07.2003<br />
• Übertragbare Ergebnisse aus dem Projekt PAUL der Verwaltungsstelle<br />
Gaggenau zur Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung des REZEI-Projektes im Werk<br />
• Nachfragen <strong>und</strong> vertiefende Diskussion zu REZEI im Werk Rastatt<br />
• Bezug zu ERA (Vortrag Roman Zitzelsberger)<br />
• Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem: Qualitätskriterien<br />
für Einführungsprozess <strong>und</strong> betrieblichen Regelung<br />
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2. Bestandsaufnahme der Ausgangssituation in den Betrieben:<br />
Mit der Teilnahmebestätigung wurden den Teilnehmern folgende Fragen gestellt:<br />
• Gab es im Zusammenhang mit <strong>Gruppe</strong>narbeit Veränderungen in der<br />
Zeitwirtschaft<br />
• Gibt es zusätzlich zur Ermittlung der Einzelzeiten Absprachen, die über die<br />
Ermittlung einer <strong>Gruppe</strong>nleistung <strong>und</strong> einer <strong>Gruppe</strong>npersonalbesetzung<br />
• Gab es Veränderungen im Reklamationsverfahren der Leistungsvorgabe<br />
• Wie sind die <strong>Gruppe</strong>nmitglieder <strong>und</strong> der <strong>Gruppe</strong>nsprecher bei der Ermittlung<br />
<strong>und</strong> Veränderung von Zeiten heute beteiligt<br />
• Welche weiteren Kennzahlen (zusätzlich zum Zeitgrad) werden für die <strong>Gruppe</strong>n<br />
ermittelt Welche werden auch visualisiert, welche sind eventuell Gegenstand<br />
von Zielvereinbarungen<br />
Daraus ergab sich u.A. folgende Bestandsaufnahme:<br />
3
3. REZEI bei Daimler- Chrysler in Rastatt: Best Practice oder Bedrohung<br />
Das Netzwerkseminar „Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem“<br />
stand unter dem Eindruck der Situation im PKW-Werk Rastatt der DaimlerChrysler<br />
AG, wo<br />
• <strong>Gruppe</strong>narbeit als Regelform der Arbeitsorganisation in der Produktion seit<br />
Gründung des Werkes flächendeckend praktiziert wird<br />
• die Konzern-Betriebsvereinbarung zur Reorganisation der Zeitwirtschaft<br />
(REZEI) <strong>und</strong> zur Schaffung neuer Leistungs- <strong>und</strong> Entlohnungsbedingungen<br />
bereits seit einigen Jahren umgesetzt wird. Ein Kernelement dieser REZEI-<br />
Vereinbarung ist die direkte Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong><br />
Vorgesetztem. Diese wurde von den Betriebsräten u.a. mit folgender<br />
Übersicht dargestellt (vgl. ausführlicher den Foliensatz „REZEI im Werk<br />
Rastat“t von Mathias Bressler Bieth <strong>und</strong> J. Moser, aus dem auch die folgende<br />
Übersicht entnommen wurde)<br />
Die Zuständigkeiten <strong>und</strong> das Verfahren zur Festlegung der<br />
Soll- Leistung werden neu geregelt.<br />
Bisher<br />
Zukünftig<br />
Mitbestimmung<br />
bei der<br />
Datenermittlung<br />
Arbeitswirtschaft<br />
Betriebsrat<br />
Arbeitswirtschaft<br />
Betriebsrat<br />
Abstimmung/<br />
Information<br />
Zeitwirtschaftliche<br />
Daten als Fachgr<strong>und</strong>lage<br />
Information<br />
( Beteiligung<br />
i.d.R.nur bei<br />
Reklamationen)<br />
Vorgesetzter<br />
Meister<br />
Verbindliche<br />
Vorgabezeiten<br />
Mitarbeiter<br />
Vorgesetzter<br />
(Meister)<br />
Verbindliche<br />
Vereinbarung<br />
des Leistungsstandards<br />
Mitarbeiter<br />
Den Betriebsräten <strong>und</strong> <strong>IG</strong>M-Vertrauensleuten in Rastatt ist es in den letzten<br />
Jahren gelungen, angesichts von massiven Problemen <strong>und</strong> Konflikten bei der<br />
REZEI-Umsetzung sowohl Verbesserungen der Arbeitsorganisation als auch<br />
4
verbindliche, für die <strong>Gruppe</strong>n günstigere <strong>und</strong> klarere Regelungen im Hinblick auf<br />
die REZEI-Leistungsvereinbarungen durchzusetzen. Die wichtigsten Erfolge:<br />
• Es werden in jeder <strong>Gruppe</strong> Arbeitsplätze eingerichtet, die vom Takt entkoppelt<br />
sind, also ein zeitweiliges Herausrotieren von <strong>Gruppe</strong>nmitgliedern<br />
ermöglichen.<br />
• Es wurden zusätzlich zur REZEI- Betriebsvereinbarung umfangreiche<br />
Verfahrensregeln <strong>und</strong> „Spielregeln“ vereinbart über die verschiedenen Stufen<br />
der Beteiligung der <strong>Gruppe</strong> bei der Leistungsvereinbarung <strong>und</strong> über die<br />
zugr<strong>und</strong>e liegende Datenermittlung (vgl. Präsentation Rastatt).<br />
• Die Personalbemessung der <strong>Gruppe</strong> wird unmittelbar an die<br />
Leistungsvereinbarung gekoppelt, die <strong>Gruppe</strong> hat also ein Vetorecht bei der<br />
Personalbemessung. Als Beispiel wurde folgendes Formblatt erläutert (vgl.<br />
ausführlicher den Foliensatz von Mathias Bressler Bieth in Material xy)<br />
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Trotz dieser Erfolge gab es beim vom Betriebsrat hervorragend organisierten<br />
Werksbesuch <strong>und</strong> im weiteren Seminarverlauf viel Skepsis, kritische Nachfragen<br />
<strong>und</strong> den Gesamteindruck, dass mit REZEI eher etwas Bedrohliches auf<br />
Belegschaften <strong>und</strong> Betriebsräte zukommt.<br />
Wolfgang Kötter wies dabei aus arbeitswissenschaftlicher Sicht auf folgende<br />
paradoxe Situation hin: Der klassische Einzelakkord ist ein ursprünglich zur<br />
unbegrenzten Steigerung der Leistungsanforderungen entwickeltes System .<br />
Unter den Bedingungen der Mitbestimmung <strong>und</strong> der gewerkschaftlichen<br />
Einflussnahme auf die Methoden zur Ermittlung von Zeitdaten hat er mittlerweile<br />
vor allem zu realistischen Planzeiten <strong>und</strong> zu verhandelbaren Grenzen für die<br />
geforderte Mengenleistung geführt ., Er hat damit in<strong>zwischen</strong> teilweise eine<br />
Schutzfunktion vor hemmungsloser Intensivierung der Arbeit. Kein W<strong>und</strong>er, dass<br />
unter diesen Umständen die mit REZEI verb<strong>und</strong>ene Deregulierung der<br />
Zeitwirtschaft von vielen Betriebsräten nicht nur positiv gesehen wurde!<br />
Rainer Salm machte angesichts dieser sehr kritischen Diskussion zum Thema<br />
REZEI deutlich, dass<br />
• hinter REZEI ein allgemeiner Trend zur Veränderung der Leistungs- <strong>und</strong><br />
Entlohnungsbedingungen <strong>und</strong> veränderte Rahmenbedingungen stehen, die<br />
Betriebsräte <strong>und</strong> <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> nicht einfach ignorieren können<br />
• mit diesem Trend nicht nur Risiken, sondern auch Chancen (z. B. zur<br />
Einflussnahme auf die Personalbemessung) verb<strong>und</strong>en sind.<br />
Wir dokumentieren im Folgenden die bei diesem heftig diskutierten Kurzvortrag<br />
gezeigte Folie zum „Hintergr<strong>und</strong> von REZEI“:<br />
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Hintergr<strong>und</strong> von REZEI<br />
(Handlungsdruck durch veränderte Rahmenbedingungen)<br />
1.) MTM als Basis der Zeitwirtschaft<br />
(einheitlicher vereinbarter Leistungsgrad über Korrekturfaktor,<br />
geringerer Aufwand bei Änderungen <strong>und</strong> kleinen Losgrößen)<br />
2.) kontinuierliche Ablaufänderung,<br />
kontinuierliche Vorgabeänderung<br />
3.) <strong>Gruppe</strong>nleistungsvorgabe statt Einzelleistungsvorgabe<br />
4.) Personalbemessung der <strong>Gruppe</strong> als zusätzlicher<br />
Aushandlungsgegenstand der Leistungsbedingungen<br />
(„Fehlstandsausgleich“ als Zusatzproblem)<br />
5.) Entkopplung von Lohn <strong>und</strong> Leistung als gewerkschaftliches Ziel bei<br />
<strong>Gruppe</strong>narbeit: kein <strong>Gruppe</strong>ndruck durch Lohnanreiz<br />
(umstritten: unbezahlte Mehrleistung, Risiko: Entfall Mitbestimmung)<br />
6.) zunehmender Anteil indirekter <strong>und</strong> ungeplanter Tätigkeiten durch<br />
(„gute“) <strong>Gruppe</strong>narbeit:<br />
- soll häufig „nebenher“ mitgemacht werden<br />
- statt nachträgliche Sondergutschriften geplante „AK-wirksame“<br />
Zeitanteile<br />
- geschätzte bzw. vereinbart Zeitanteile<br />
7.) zusätzliche Kennzahlen für <strong>Gruppe</strong>nziele<br />
(kann sinnvolle Unterstützung für Handlungsspielraum sein)<br />
8.) Immer mehr dezentrale, nicht mitbestimmte Leistungsvorgabe-<br />
Prozesse<br />
9.) Wenige Betriebsratsmitglieder, viele <strong>Gruppe</strong>n<br />
10.) Kompromiss aus Gewerkschaftsziel „zusätzliche Mitspracherechte<br />
als Ergänzung der Mitbestimmung“ <strong>und</strong><br />
Arbeitgeberziel „rechtlose Beteiligung als Ersatz für Mitbestimmung“<br />
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Die Teilnehmer kamen letztlich gemeinsam zu dem Ergebnis, dass<br />
• in vielen betrieblichen Konstellationen kein Weg daran vorbeiführt, das Thema<br />
„Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem“ anzugehen <strong>und</strong><br />
den Prozess aktiv mitzugestalten<br />
(siehe Kap. 4)<br />
• für die Einführung <strong>und</strong> betriebliche Regelung dieser neuen Form des<br />
„Leistungskompromisses“ klare Qualitätsmerkmale zu formulieren <strong>und</strong><br />
entsprechende Forderungen zu stellen sind<br />
(siehe Kap. 5).<br />
4. Deregulierung der Zeitwirtschaft <strong>und</strong> Verlagerung der Leistungsvereinbarung<br />
auf die Ebene der einzelnen Arbeitsgruppe – ein aufhaltbarer Prozess<br />
Unter den teilnehmenden Netzwerk-Betriebsräten gab es eine starke Gr<strong>und</strong>stimmung<br />
für die Aufrechterhaltung des in den meisten Netzwerk-Betrieben bestehenden Ist-<br />
Zustands von zentral geregelten Leistungsvorgaben unter ebenfalls zentraler<br />
Mitbestimmung des Betriebsrats. Als Vorteile dieses Zustands gegenüber der in<br />
Rastatt beobachteten Situation wurden genannt:<br />
• relativ einfache, einheitliche, nachvollziehbare Leistungsmaßstäbe für alle<br />
<strong>Gruppe</strong>n,<br />
• geringerer Regelungsaufwand,<br />
• gute Kontroll- <strong>und</strong> Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats,<br />
• weniger Möglichkeiten für die Arbeitgeberseite, <strong>Gruppe</strong>n zu überfordern <strong>und</strong><br />
gegeneinander auszuspielen.<br />
Gleichzeitig wurde im Verlauf der weiteren Seminardiskussion allen Beteiligten<br />
klar, dass die beiden in vielen Betrieben absehbaren Tendenzen<br />
• Bedeutungsverlust zentraler Vorgaben<br />
• zunehmende Selbststeuerung der <strong>Gruppe</strong>n vor Ort<br />
eigentlich durchaus wünschenswerte, jedenfalls aber vom Betriebsrat nicht<br />
dauerhaft aufhaltbare Aspekte der (im Übrigen auch aus Belegschaftssicht<br />
dringend notwendigen) Weiterentwicklung von <strong>Gruppe</strong>narbeit sind.<br />
Eine Deregulierung der Zeitwirtschaft, so die teilnehmenden Betriebsräte, sei auch<br />
deshalb auf die Dauer nicht zu verhindern,<br />
• weil die Einbeziehung von „betreuenden“ (indirekten) Bereichen <strong>und</strong><br />
Angestelltentätigkeiten in die <strong>Gruppe</strong>narbeit ansteht,<br />
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• weil die traditionelle Zeitwirtschaft nicht mehr alles abdeckt (immer kleinere<br />
Losgrößen, immer weniger beeinflussbare Zeiten ...),<br />
• weil die Aushandlung der Leistungsbedingungen <strong>und</strong> –grenzen im Einzelfall<br />
bei zu vielen <strong>Gruppe</strong>n nicht mehr zentral leistbar/handhabbar ist (so z. B. bei<br />
flächendeckender <strong>Gruppe</strong>narbeit à la Rastatt)<br />
• weil die <strong>Gruppe</strong>n durch ihre höhere Qualifikation zunehmend den Anspruch<br />
haben, solche Themen wie Leistungspensum <strong>und</strong> Leistungsbedingungen<br />
selbst zu behandeln,<br />
• weil es ohnehin einen Trend hin zum Standardlohn mit ausgehandelten<br />
Nebenzeiten gibt (vielfach leider ohne direkte Kopplung an die<br />
Personalbemessung),<br />
• weil neue Ziele <strong>und</strong> Leistungsmaßstäbe wie Termineinhaltung, Durchlaufzeit<br />
etc. ins Spiel kommen, die ohnehin nicht zur alten Zeitwirtschaft passen,<br />
• weil das Unternehmen die Strategie der Deregulierung <strong>und</strong> Dezentralisierung<br />
verfolgt <strong>und</strong> wir auf die Dauer nicht in der Lage sind, dagegen zu halten.<br />
Gleichzeitig wurde in der Diskussion darauf hingewiesen, dass die Qualifikation vieler<br />
Betriebsräte heute (noch) nicht ausreicht, um das Thema zu „stemmen“, was die<br />
Zurückhaltung verständlich macht <strong>und</strong> auf dringenden Handlungsbedarf hinweist.<br />
9
5. Eckpunkte <strong>und</strong> Qualitätskriterien für eine aus Arbeitnehmersicht akzeptable<br />
Regelung zur Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem<br />
5.1 Entstehung des Papiers<br />
5.2 Gestaltung der <strong>Gruppe</strong>narbeit<br />
5.3 Integration Leistungsgewandelte<br />
5.4 Entlohnungsgr<strong>und</strong>satz<br />
5.5 Tarifvertragliche Rahmenregelungen<br />
5.6 BR-Mitsprache<br />
5.7 Leistungsmaßstäbe<br />
5.8 Regelungen zum Verfahren<br />
5.9 Vorgehensweise bei der Einführung<br />
5.1 Entstehung des Papiers<br />
Bei diesem Papier handelt es sich um die ausformulierte, arbeitswissenschaftlich<br />
überarbeitete Darstellung der Arbeitsergebnisse aus einer längeren Arbeitsgruppenphase<br />
<strong>und</strong> einer lebendigen Plenumsphase zum Schluss des Seminars.<br />
Dabei war mit Moderationskarten die Frage beantwortet worden, welche Voraussetzungen<br />
für eine aus BR-Sicht akzeptable Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong><br />
<strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem geschaffen sein müssen <strong>und</strong> was der BR dazu tun<br />
muss. Die Ergebnisse aus den einzelnen Arbeitsgruppen wurden in der<br />
Plenumsphase zusammengetragen, nach Themen vorsortiert <strong>und</strong> von kleinen<br />
Untergruppen geordnet, mit Überschriften versehen <strong>und</strong> so als gemeinsames<br />
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Seminarergebnis vom Plenum bestätigt (vgl. als Beispiele den folgenden<br />
Ausschnitt aus einer Metaplanwand <strong>und</strong> das Foto):<br />
5.2 Gestaltung der <strong>Gruppe</strong>narbeit<br />
Voraussetzungen für eine aus Arbeitnehmersicht akzeptable Regelung zur<br />
unmittelbaren Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem ist<br />
zunächst eine gute Gestaltung der <strong>Gruppe</strong>narbeit an sich.<br />
Dazu gehören insbesondere<br />
• ein klares Aufgabenprofil <strong>und</strong> eine dementsprechende<br />
Arbeitsplatzbeschreibung für die <strong>Gruppe</strong>naufgaben,<br />
• die Qualifizierung der <strong>Gruppe</strong>nmitglieder für die <strong>Gruppe</strong>naufgabe,<br />
• eine ges<strong>und</strong>heitsgerechte Gestaltung der <strong>Gruppe</strong>naufgabe <strong>und</strong> der<br />
Arbeitsbedingungen (Abbau von ges<strong>und</strong>heitsgefährdenden Belastungen,<br />
betriebliche Ges<strong>und</strong>heitsförderung, ergonomische <strong>und</strong> organisatorische<br />
Maßnahmen zur Integration von Leistungsgewandelten) sowie die Berücksichtigung<br />
der gesetzlichen Anforderung nach einem zeitgemäßen Arbeitsschutz-Management,<br />
• eine ausgewogene Zusammensetzung der <strong>Gruppe</strong> nach Alter, Leistungsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> Fachkompetenz,<br />
• eine klare, faire Arbeitszeitregelung, die einerseits flexibel genug ist, um die<br />
<strong>Gruppe</strong> bei der Erledigung ihrer Aufgabe nicht zu behindern, <strong>und</strong> andererseits<br />
ausreichende Kernzeiten für die Anwesenheit aller <strong>Gruppe</strong>nmitglieder sowie<br />
klare Grenzen für ges<strong>und</strong>heitsgefährdende Verlängerung der Arbeitszeiten<br />
setzt,<br />
• eine angemessene <strong>Gruppe</strong>ngröße (nicht zu groß, nicht zu klein) mit transparenten<br />
Spielregeln zur anforderungsgerechten Personalbemessung,<br />
• eine Regelung <strong>und</strong> ein entsprechendes Verfahren zur systematischen<br />
Einarbeitung <strong>und</strong> Integration neuer <strong>Gruppe</strong>nmitglieder,<br />
• ein ausreichender Zeitspielraum in Arbeitsablauf sowie ausrechend Zeit für<br />
<strong>Gruppe</strong>ngespräche <strong>und</strong> für Qualifizierungsmaßnahmen.<br />
5.3 Integration Leistungsgewandelte<br />
Eine große Sorge bei einer direkten Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong><br />
Vorgesetzten betrifft die Situation von leistungsgewandelten <strong>Gruppe</strong>nmitgliedern.<br />
Sofern keine akzeptable Vereinbarung zur Berücksichtigung der besonderen<br />
Situation dieser <strong>Gruppe</strong>nmitglieder getroffen (<strong>und</strong> konsequent praktiziert) wird,<br />
besteht die Gefahr, dass<br />
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• die Leistungsgewandelten unter dem Druck stehen, über ihre<br />
Leistungsgrenzen hinauszugehen, weil sie sonst ihrem Kollegen „auf der<br />
Tasche liegen“,<br />
• in den <strong>Gruppe</strong>n angesichts von erhöhtem Leistungsdruck einerseits <strong>und</strong> ggf.<br />
neuen Verdienstchancen andererseits eine Tendenz zur Abwertung,<br />
Ausgrenzung <strong>und</strong> „Abschiebung“ von leistungsgewandelten Kollegen entsteht.<br />
5.4 Entlohnungsgr<strong>und</strong>satz<br />
Eine wesentliche Voraussetzung für angemessene Regelungen zur<br />
Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem ist die gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Klärung, dass es sich dabei zunächst einmal um mitbestimmungspflichtige<br />
Leistungsentlohnung handelt. Eine weitere Voraussetzung ist eine eindeutige,<br />
nachvollziehbare Abgrenzung der einzelnen Entlohnungsgruppen. Das ist nötig,<br />
um Spannungen <strong>und</strong> Konflikte um etwaige Eingruppierungsunterschiede in <strong>und</strong><br />
<strong>zwischen</strong> den <strong>Gruppe</strong>n zu vermeiden.<br />
5.5 Tarifvertragliche Regelungen<br />
Es ist durch den Rahmentarifvertrag (ERA) geklärt, dass es sich bei der<br />
Leistungsvereinbarung <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong> Vorgesetztem um ein<br />
mitbestimmungspflichtiges Leistungsentgelt handelt. Die Seminarteilnehmer<br />
betonten darüber hinaus die Bedeutung tariflicher Regelungen, die den Abschluss<br />
einer einschlägigen Rahmenbetriebsvereinbarung zur Voraussetzung für das<br />
Zustandekommen solcher Leistungsvereinbarungen machen.<br />
(siehe hierzu auch die Punkte 3.6. <strong>und</strong> 3.8.)<br />
5.6 BR-Mitsprache<br />
Es muss auf jeden Fall ein Reklamationsverfahren unter voller Mitbestimmung des<br />
BR (paritätische Kommission) geben.<br />
Nach Möglichkeit sollte der BR ein Initiativrecht zur Überprüfung von aus seiner<br />
Sicht unangemessenen Leistungsvereinbarungen haben. Die Mitbestimmung des<br />
BR sollte sich zunächst einmal auf jede einzelne Leistungsvereinbarung<br />
erstrecken, d. h. es sollte nach Möglichkeit keine Verhandlungen ohne Mitwirkung<br />
des BR <strong>und</strong> keine gültige Vereinbarung ohne Abzeichnen durch den BR geben.<br />
Dort, wo der BR seine Mitbestimmungsrechte teilweise auf die <strong>Gruppe</strong> übertragen<br />
will, sollte das im Delegationsverfahren gem. § 28a Betr. VG auf der Basis der dort<br />
geforderten Rahmenvereinbarung erfolgen. Eine solche Delegation sollte jederzeit<br />
rückholbar gestaltet werden, <strong>und</strong> zwar nicht nur zur Wahrnehmung der BR-<br />
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Rechte, sondern auch <strong>und</strong> gerade zum Schutz der <strong>Gruppe</strong> bei<br />
Erpressungsmanövern der AG-Seite bzw. der einzelnen Vorgesetzten.<br />
5.7 Leistungsmaßstäbe<br />
Als Schlüsselfrage wurde hervorgehoben, dass bei der Leistungsvereinbarung<br />
verbindliche, mit Zahlen, Daten <strong>und</strong> Fakten beschreibbare Ziele zu Gr<strong>und</strong>e zu<br />
legen sind. Im Zuge der Datenermittlung<br />
• muss zunächst die Datengr<strong>und</strong>lage gemeinsam <strong>zwischen</strong> BR <strong>und</strong> GL<br />
festgelegt werden,<br />
• werden Zeitbausteine für die Zusatzaufgaben der <strong>Gruppe</strong> benötigt,<br />
• sollte zusätzlich zur klassischen Datenermittlung auch flexible Ablaufstudien<br />
zum Einsatz kommen,<br />
• muss der Einfluß von Störungen auf die vereinbarten Leistungsmaßstäbe<br />
systematisch erfasst <strong>und</strong> rechnerisch abgebildet werden,<br />
• müssen die Aufwände für Instandhaltungsmaßnahmen bei der Beschreibung<br />
der Vorgaben für die <strong>Gruppe</strong>n zeitwirksam berücksichtigt werden.<br />
Abgesehen davon sind weitere <strong>Gruppe</strong>naufgaben wie z.B. Qualifizierung<br />
gemäß Qualifizierungs-Tarifvertrag, Verbesserungsvorschläge gemäß BVW,<br />
KVP-Aktivitäten usw. <strong>und</strong> zusätzliche Leistungsmaßstäbe wie z.B. die Qualität<br />
des Produkts <strong>und</strong> die Liefertreue/Termintreue einzubeziehen.<br />
5.8 Regelungen zum Verfahren<br />
Die Leistungsvereinbarung soll gr<strong>und</strong>sätzlich paritätisch erfolgen. Dazu muss der<br />
<strong>Gruppe</strong>nsprecher bzw. der Vertreter der <strong>Gruppe</strong> so abgesichert werden, dass er<br />
mit dem Vorgesetzten/der zuständigen Führungskraft „auf gleicher Augenhöhe“<br />
verhandeln kann.<br />
Für den Ablauf der Leistungsvereinbarung vor Ort sollte eine für beide Seiten<br />
verbindliche Prozessbeschreibung erarbeitet werden. Diese sollte eine klare<br />
Abgrenzung <strong>zwischen</strong> zulässigen <strong>und</strong> nicht zulässigen Inhalten der<br />
Leistungsvereinbarung enthalten. Ferner sollten Standardregeln für typische<br />
Unklarheiten <strong>und</strong> Konfliktfälle (Berücksichtigung von Fehlzeiten, Aufr<strong>und</strong>ung auf<br />
vollen MA für die Personalbemessung etc.) hinterlegt sein.<br />
Weiterhin sollte die Prozessbeschreibung nicht nur das Reklamationsrecht<br />
eindeutig verankern, sondern auch das Reklamationsverfahren sowie verbindliche<br />
Regelungen für den Umgang mit Fällen enthalten, die <strong>zwischen</strong> den<br />
Betriebsparteien zunächst strittig bleiben. Für diese Fälle sollten insbesondere<br />
Eskalationsstufen <strong>und</strong> Vorgehensweisen zur Problemlösung definiert werden.<br />
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Ferner sollte ein Auditierungsverfahren für den Gesamtprozess vereinbart <strong>und</strong><br />
definiert werden.<br />
5.9 Vorgehensweise bei der Einführung<br />
Bei der Einführung von Leistungsvereinbarungen <strong>zwischen</strong> <strong>Gruppe</strong> <strong>und</strong><br />
Vorgesetztem sind aus BR-Sicht zunächst einige unverzichtbare<br />
Einstiegsvoraussetzungen zu berücksichtigen:<br />
• die Anwendung der Leistungsentlohnung als Entgeltgr<strong>und</strong>satz,<br />
• die Verdienstabsicherung im Zuge der Umstellung,<br />
• die Beschäftigungssicherung im Zuge der Umstellung,<br />
• der Abschluss einer Rahmen-Betriebsvereinbarung.<br />
Gleichzeitig muss bereits bei der Aushandlung der Rahmen-BV <strong>und</strong> im gesamten<br />
weiteren Vorgehen berücksichtigt werden, dass<br />
• mit der Einführung einschneidende Veränderungen für alle Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
<strong>Gruppe</strong>n verb<strong>und</strong>en sind,<br />
• deshalb von Anfang an die Mitarbeiter, die <strong>Gruppe</strong>n <strong>und</strong> der Vertrauenskörper<br />
informiert <strong>und</strong> (in abgestufter Intensität) einbezogen werden sollten,<br />
• ein hoher Qualifizierungsbedarf für alle Beteiligten (Mitarbeiter,<br />
<strong>Gruppe</strong>nsprecher, Führungskräfte, Betriebsräte <strong>und</strong> Vertrauensleute) besteht.<br />
In der Rahmen-BV sollte geregelt werden, dass<br />
• vor der endgültigen Einführung ein zeitlich begrenzter Probelauf mit<br />
systematischer Auswertung stehen sollte,<br />
• zur Auswertung des Probelaufs <strong>und</strong> zur weiteren Evaluation des Verfahrens<br />
unabhängige Befragungen der Mitarbeiter durchgeführt werden,<br />
• die Vereinbarung befristet ist <strong>und</strong> sich nicht automatisch, sondern erst nach<br />
einer Zwischenbilanz <strong>und</strong> anschließender Bestätigung beider Seiten<br />
verlängert,<br />
• die Einhaltung der Rahmenvereinbarung zum Bestandteil des mit dem<br />
<strong>Gruppe</strong>nvorgesetzten zu vereinbarenden Zielkatalogs gemacht wird.<br />
Als Material für die erforderliche Information <strong>und</strong> Qualifizierung der<br />
<strong>Gruppe</strong>nmitglieder <strong>und</strong> der übrigen Beteiligten sollten erstellt werden:<br />
• eine Prozessbeschreibung für das gesamte Verfahren der<br />
Leistungsvereinbarung<br />
• eine Checkliste zur Vorgehensweise bei der Einführung,<br />
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• Beschreibungen der Kompetenzen, die die <strong>Gruppe</strong> hat<br />
• gemeinsame Verhaltensregeln für alle Beteiligten.<br />
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