1.130618 Lernmodul 11 - Reader - Stiftung kreuznacher diakonie
1.130618 Lernmodul 11 - Reader - Stiftung kreuznacher diakonie
1.130618 Lernmodul 11 - Reader - Stiftung kreuznacher diakonie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Dr. phil. Dietmar Weigel: <strong>Lernmodul</strong> <strong>11</strong> – <strong>Reader</strong> – 21.01.2013<br />
Quelle: Quelle: Greving, Heinrich; Heidemann, Wilhelm H.: „Praxisfeld<br />
Heimerziehung, Lehrbuch für sozialpädagogische Berufe“, Köln, Bildungsverlag<br />
Eins GmbH, 20<strong>11</strong>, S. 72 ff:<br />
Störungen der Eltern als eine Ursache der Verhaltensstörungen von Kinder und Jugendlichen<br />
Wie bereits erwähnt, liegen häufig die manifesten Begründungen von kindlichen Verhaltensstörungen<br />
in den Ausprägungen der Störungen der Eltern bzw. der gestörten Familienverhältnisse.<br />
Diese Störungen können durch folgende Kategorien beschrieben werden:<br />
Gestörte Familienverhältnisse, Probleme bei Trennung oder Scheidung der Eltern, psychogene<br />
Störungen der Eltern, Suchtprobleme der Eltern, sexueller Missbrauch, Misshandlungen durch die<br />
Eltern, Vernachlässigung.<br />
Diese unterschiedlichen Kategorien werden nun kurz dargestellt (vgl. Schauder, 1995, S. 12-21):<br />
Gestörte Familienverhältnisse<br />
Hierzu gehören vielfältige Differenzierungen der Partnerschaftskonflikte, welche die Eltern miteinander<br />
aushandeln und ausagieren. Vielleicht ist die Partnerschaft von einer Art Hassliebe und Ambivalenz<br />
geprägt, welche wiederum die Interaktionen mit den Kindern und Jugendlichen in hohem Maße<br />
erschweren. Zudem treten häufig gewalttätige Auseinandersetzungen der Eltern untereinander auf, was<br />
dann wiederum zu einer manifesten Verunsicherung der Kinder und Jugendlichen führen kann. Obwohl<br />
die Eltern vielleicht nur noch nebeneinander her leben, kommt es immer wieder zu gewalttätigen<br />
Ausbrüchen, wobei dieser Krieg der Eltern auch zu einem Psychoterror der Kinder werden kann. Vor<br />
diesem Hintergrund übernehmen die Kinder und Jugendlichen häufig die elterlichen Verhaltensweisen,<br />
sodass sie am Modell der Eltern lernen, gerade weil ihnen keine anderen Modelle zur Verfügung stehen.<br />
Dies wird dadurch erschwert, dass sich die Beziehungskonflikte der Eltern auf ihr Erziehungsverhalten<br />
auswirken: So bewirken unterschiedliche Vorstellungen von Erziehung unterschiedliche Reaktionen und<br />
unterschiedliches Erziehungsverhalten, welches zu einer anhaltenden Verunsicherung der Kinder und<br />
Jugendlichen führen kann. Da aber auch die Eltern ständig unter Spannung stehen, reagieren sie<br />
gegebenenfalls zu intensiv auf bestimmte Probleme der Kinder und Jugendlichen, sodass diese<br />
Überreaktionen die Kinder erneut verunsichern. Auf der anderen Seite ist aber auch häufig eine<br />
Vernachlässigung bzw. eine Überbehütung der Kinder feststellbar. Sie werden sich selber überlassen oder<br />
auch übermäßig versorgt. Beides führt dazu, dass sie nicht in der Lage sind, autonom ihr Leben zu<br />
gestalten. Besteht diese ungünstige Familiensituation über Jahre hinweg, so führt dies zu tiefgreifenden<br />
Verunsicherungen und bedingt existenzielle Ängste sowie Probleme im Selbstwertgefühl der Kinder und<br />
Jugendlichen.<br />
Probleme bei Trennung und Scheidung<br />
Häufig fühlen sich die Kinder schuldig an der Trennung ihrer Eltern. Gehen diese dann wieder eine<br />
neue Beziehung ein, treten gegebenenfalls Konfrontationen mit diesem neuen Stiefelternteil,<br />
welches dann häufig abgelehnt wird, auf. Kommt es nicht zu einer neuen Bindung des „übrig<br />
bleibenden" Elternteils, wird das Kind unter Umständen zum „Partnerersatz". Durch Gespräche bzw.<br />
zur intensiven Inanspruchnahme seiner Person wird es mit emotionalen Ansprüchen konfrontiert,<br />
„denen es nicht gerecht werden kann und die es total überfordern" (Schauder, 1995, S. 15). Zudem<br />
können die Kinder in Loyalitätskonflikte geraten, da der andere Ehepartner häufig zum Buhmann wird:<br />
Ihm wird die ganze Schuld für die problematische Familiensituation und die Scheidung aufgebürdet.<br />
Die Entscheidung des Kindes zwischen Vater und Mutter ist somit nicht möglich, da immer ein<br />
Elternteil dem anderen die Rolle des Versagers in diesen Beziehungskonflikten zuweist. „Das Kind<br />
muss also in dieser existenziellen Frage seine wahren Gefühle verleugnen, was zu ungünstigen<br />
Konsequenzen für die emotionale Entwicklung führen kann" (Schauder, 1995, S. 15).<br />
35