1.130618 Lernmodul 11 - Reader - Stiftung kreuznacher diakonie
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Dr. phil. Dietmar Weigel: <strong>Lernmodul</strong> <strong>11</strong> – <strong>Reader</strong> – 21.01.2013<br />
der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur<br />
Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den<br />
Personensorge-berechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.<br />
(2) In Vereinbarungen mit den Trägern und Einrichtungen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist<br />
sicherzustellen, dass deren Fachkräfte den Schutzauftrag nach Absatz l in entsprechender Weise wahrnehmen<br />
und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzuziehen. Insbesondere<br />
ist die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme<br />
von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten und das Jugendamt informieren, falls die<br />
angenommenen Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die Gefährdung abzuwenden.<br />
Zu den Einrichtungen, die Leistungen nach KJHG erbringen, gehören auch Kindertagesstätten, d. h. auch diese<br />
sind beauftragt, den Schutzauftrag wahrzunehmen. Der Wortlaut des Gesetzes besagt also Folgendes:<br />
a. Die Erzieherin bzw. KiTa (oder der Träger) muss mit dem Jugendamt eine Vereinbarung treffen, wie sie den<br />
Schutzauftrag gestalten will.<br />
b. Sie sollte wissen, was gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung sind, und sie im Kontakt<br />
zum Kind und/oder den Eltern wahrnehmen.<br />
c. Sie soll zusammen mit einer kinderschutzerfahrenen Fachkraft die Einschätzung einer möglichen Gefährdung<br />
vornehmen.<br />
d. Sie soll (unterstützt durch diese Fachkraft) die Eltern dazu bewegen, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen,<br />
die geeignet sind, die Gefährdungssituation zu beenden.<br />
e. Sofern die Eltern auf diese Hilfsangebote nicht eingehen oder die Hilfen die Situation nicht bessern, soll sie<br />
das Jugendamt informieren.<br />
Das Gesetz stärkt die Verantwortung der KiTa für das Wohl der Kinder und zeichnet zugleich den Weg, diese<br />
Verantwortung möglichst im Kontakt zu den Eltern wahrzunehmen. Aber das Gesetz konfrontiert die<br />
Erzieherinnen auch mit einer Fülle von Begriffen und Aufgaben, die ihnen zunächst fremd sind:<br />
l. „Einschätzung der Kindeswohlgefährdung": Die Jugendämter haben eine ganze Reihe von Definitionen,<br />
Fragebögen und Handlungsanweisungen entwickelt, damit diese Einschätzung verantwortungsvoll<br />
vorgenommen wird. Im Kern geht es dabei<br />
• um eine mögliche Schädigung der Kinder, insbesondere durch alle Formen der Gewalt (Misshandlung,<br />
Vernachlässigung und sexuelle Gewalt),<br />
• um die positiven Kräfte und die verlässlichen Bindungen in der Familie, die das Kind halten und fördern, und<br />
• um die Bereitschaft der Eltern, die Not ihres Kindes wahrzunehmen und etwas zu verändern.<br />
Erzieherinnen haben eine andere Ausbildung und einen anderen Auftrag als die Sozialarbeiterinnen in den<br />
Jugendämtern. Sie bekommen andere Informationen und Eindrücke vom Kind und von der Familie. Sie haben<br />
eine andere Stellung gegenüber den Eltern (gemeinsam erziehen zum Wohle des Kindes) und sollen nicht aktiv<br />
Informationen über die Familie einholen. Oftmals sind sie für ein konfrontierendes und zugleich hilfreiches<br />
Gespräch mit den betreffenden Eltern nicht gut ausgebildet. Insofern brauchen sie ein auf ihre Situation<br />
zugeschnittenes Instrumentarium zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdung: Welches Verhalten, welche<br />
Symptome von Kindern sind Besorgnis erregend Wie sind Aussagen und Hinweise von Kindern zu bewerten<br />
Wie aussagekräftig sind Beobachtungen, die die Erzieherin über die Beziehung zwischen Eltern und Kind<br />
macht Wie ist sie mit den Eltern über die Erziehung des Kindes im Gespräch Wie sehen die Eltern ihr Kind<br />
2. „Auf Hilfen hinwirken": Eltern, die ihre Kinder massiv schädigen, haben meist selbst das Gefühl, dass<br />
etwas nicht stimmt. Manchmal sind sie verzweifelt über ihr eigenes Verhalten oder über ihre negativen Gefühle<br />
gegenüber dem Kind. Zwar möchten sie durchaus etwas an ihrem Fehlverhalten ändern, haben aber zugleich<br />
Angst, sich dem zu stellen und etwa darauf angesprochen zu werden. Oft sind sie isoliert und leiden unter den<br />
kritischen Blicken ihrer Umwelt (und manchmal der Erzieherinnen). Erzieherinnen, die mit solchen Eltern zu<br />
tun haben, empfinden einerseits Mitleid mit dem geschädigten Kind und andererseits Wut auf<br />
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