Aus der Biologisch- Medizinischen Sektion - Max-Planck-Gesellschaft
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J AHRESBERICHT 2001<br />
Kabelschaden im Gehirn<br />
<strong>Aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Biologisch</strong>-<br />
<strong>Medizinischen</strong> <strong>Sektion</strong><br />
Rufannahmen zum Wissenschaftlichen<br />
Mitglied im<br />
Berichtsjahr 2001<br />
Vergleicht man eine Nervenzelle mit einem Elektrokabel, so entspricht ihre Myelinummantelung<br />
<strong>der</strong> Kabelisolierung. Sie ist in mehreren Lagen um das Axon, also die Nervenfaser<br />
gewickelt und ermöglicht erst die hohen Leitungsgeschwindigkeiten<br />
von bis zu 400km/h, mit denen Nervenimpulse<br />
übermittelt werden können. Bei <strong>der</strong> Multiplen Sklerose greifen<br />
Entzündungen das Myelin an. Infolgedessen ist die<br />
Informationsübertragung über das Axon verlangsamt o<strong>der</strong> sogar<br />
ganz unterbrochen. Die <strong>Aus</strong>wirkungen sind je nach Lokalisation<br />
<strong>der</strong> Entzündung unterschiedlich – sie können Muskelbewegungen<br />
ebenso beeinträchtigen wie das Sehvermögen. In Deutschland leiden ungefähr<br />
120.000 Patienten an Multipler Sklerose. Rund die Hälfte aller Betroffenen erkrankt vor<br />
dem 30. Lebensjahr. Dabei sind Frauen zweimal häufiger betroffen als Männer.<br />
Prof. Dr. Rudolf Amann (Jg.<br />
1961), an das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<br />
Institut für marine Mikrobiologie<br />
sowie an die Universität<br />
Bremen; Arbeitsgebiet:<br />
molekularbiologische Analysen<br />
natürlicher Bakterienpopulationen<br />
Prof. Dr. Alexan<strong>der</strong> Borst (Jg.<br />
1957), University of California,<br />
Berkeley, USA, an das<br />
<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für Neurobiologie<br />
in Martinsried; Arbeitsgebiet:<br />
Neuronale Informationsverarbeitung<br />
bei<br />
Insekten<br />
Dr. Nils Brose (Jg. 1961), an<br />
das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für<br />
experimentelle Medizin in<br />
Göttingen; Arbeitsgebiet: Synaptogenese<br />
und synaptische<br />
Interaktionen<br />
Prof. Dr. Reinhard Fässler<br />
(Jg. 1956), Universität Lund,<br />
Schweden, an das <strong>Max</strong>-<br />
<strong>Planck</strong>-Institut für Biochemie<br />
in Martinsried; Arbeitsgebiet:<br />
Zell-Matrix-Interaktionen<br />
Obwohl man die anatomischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
recht genau beschreiben kann, sind<br />
die Ursachen für Multiple Sklerose bis<br />
heute nicht eindeutig geklärt. Zu den<br />
führenden molekularen Neurobiologen auf<br />
dem Gebiet <strong>der</strong> Myelinforschung zählt<br />
Prof. Dr. Klaus-Armin Nave, Direktor am<br />
<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für experimentelle<br />
Medizin in Göttingen. Der Schwerpunkt<br />
seiner Forschungen liegt auf dem Gebiet<br />
<strong>der</strong> Neuron-Glia-Interaktion, die im Verlauf<br />
<strong>der</strong> Entwicklung zur <strong>Aus</strong>bildung des<br />
Myelins im Nervensystem führt. Diese Forschungsarbeiten<br />
sollen helfen, neurologische<br />
Erkrankungen des Menschen, bei<br />
denen genetische Defekte den Verlust von<br />
Myelin und entsprechen<strong>der</strong> neuronal gesteuerter<br />
Leistungen verursachen, besser zu<br />
verstehen. Dafür erhielt Klaus-Armin Nave<br />
im vergangenen Jahr den von <strong>der</strong> gleichnamigen<br />
Stiftung vergebenen Sobek-Preis,<br />
eine <strong>der</strong> höchsten dotierten <strong>Aus</strong>zeichnungen<br />
auf dem Gebiet <strong>der</strong> Multiple-Sklerose-<br />
Forschung.<br />
Auch Prof. Dr. Hartmut Wekerle, Direktor<br />
am <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für Neurobiologie<br />
in Martinsried bei München, befasst sich<br />
mit entzündlichen Erkrankungen des zentralen<br />
Nervensystems. Er ist einer <strong>der</strong> weltweit<br />
führenden Neuroimmunologen und<br />
war einer <strong>der</strong> ersten Wissenschaftler, dem<br />
es gelungen ist, autoantigen-spezifische<br />
T-Zelllinien zu isolieren. Zu einem Zeitpunkt,<br />
als die T-Zell-Kulturtechnik noch in<br />
den Kin<strong>der</strong>schuhen steckte und lediglich in<br />
einigen wenigen Labors weltweit verfügbar<br />
war, hat Hartmut Wekerle eines <strong>der</strong> ersten<br />
Tiermodelle für Multiple Sklerose entwickelt.<br />
Die daraus resultierenden Erkenntnisse<br />
haben die Konzepte über den Krankheitsverlauf<br />
und die Therapie von Multipler<br />
Sklerose maßgeblich beeinflusst. Für diese<br />
Arbeiten wurde er im vergangenen Jahr mit<br />
dem Charcot Award 2001 <strong>der</strong> Multiple<br />
Sclerosis International Fe<strong>der</strong>ation ausgezeichnet.<br />
54
A US DEN S EKTIONEN<br />
Botengänge mit Folgen<br />
Die korrekte Weitergabe von Informationen innerhalb einer Zelle ist von großer Bedeutung –<br />
ein fehlerhafter o<strong>der</strong> gar nicht erfolgter <strong>Aus</strong>tausch von Botschaften hat meist fatale <strong>Aus</strong>wirkungen.<br />
So auch bei Ras, einem kleinen Enzym, welches zur Familie <strong>der</strong> GTPasen<br />
gehört. Wenn dieses Protein gewisse Mutationen trägt, bleibt es in seiner aktiven Form<br />
blockiert und überträgt seine Botschaft ununterbrochen, es funktioniert dann quasi wie <strong>der</strong><br />
Replay-Schalter an einem CD-Spieler. Und das führt schließlich dazu, dass sich normale<br />
Zellen in Krebszellen umwandeln.<br />
Prof. Alfred Wittinghofer<br />
Prof. Dr. Alfred Wittinghofer, Direktor am<br />
<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für molekulare Physiologie<br />
in Dortmund, hat als Erster die komplette<br />
dreidimensionale Struktur des Ras-<br />
Proteins aufgeklärt und die Wirkung von<br />
Mutationen auf dessen Funktion untersucht.<br />
Darüber hinaus hat <strong>der</strong> Biochemiker<br />
aber auch die Struktur von Proteinen analysiert,<br />
die an Ras binden und dessen Aktivität<br />
beeinflussen. Mit Ran gelang ihm die<br />
Identifizierung einer verwandten Proteinfamilie,<br />
die nicht in die Übertragung von Botschaften<br />
involviert ist, son<strong>der</strong>n den Transport<br />
von Makromolekülen steuert. Dank<br />
dieser Arbeiten, die immer wie<strong>der</strong> auch von<br />
technischen Innovationen bei <strong>der</strong> Analyse<br />
von Proteinen begleitet waren, verstehen<br />
Forscher heute die Ursachen <strong>der</strong> Zelltransformation<br />
und ganz allgemein die Übertragung<br />
von Hormonsignalen und die damit<br />
verbundenen Krankheiten besser. Zukünftig<br />
will Wittinghofer in seiner Abteilung die<br />
Struktur und Funktion einer neuen Familie<br />
von GTP-bindenden Proteinen untersuchen,<br />
den Septinen. Für die Durchführung<br />
dieser Forschungsarbeiten erhielt er im vergangenen<br />
Jahr zusammen mit dem Immunologen<br />
Alain Fischer sowie dem am EMBL<br />
in Heidelberg forschenden Briten Iain W.<br />
Mattaj den mit insgesamt 1,8 Mio. Schweizer<br />
Franken dotierten und mit jeweils<br />
einem persönlichen Anerkennungspreis<br />
verbundenen Louis-Jeantet-Preis für Medizin.<br />
Rufannahmen zum Wissenschaftlichen<br />
Mitglied im<br />
Berichtsjahr 2001<br />
Prof. Dr. Rüdiger Klein (Jg.<br />
1958), EMBL, Heidelberg, an<br />
das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für<br />
Neurobiologie in Martinsried;<br />
Arbeitsgebiet: Rezeptormoleküle<br />
im Nervensystem<br />
Prof. Dr. Andrei N. Lupas (Jg.<br />
1963), SmithKline Beecham<br />
Pharmaceuticals, Collegeville/USA,<br />
an das <strong>Max</strong>-<br />
<strong>Planck</strong>-Institut für Entwicklungsbiologie<br />
in Tübingen;<br />
Arbeitsgebiet: Bioinformatik<br />
Dr. Bernhard Schölkopf (Jg.<br />
1968), Microsoft, Cambridge,<br />
an das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut<br />
für biologische Kybernetik in<br />
Tübingen; Arbeitsgebiet: statistische<br />
Lerntheorie<br />
Dr. Detlef Weigel (Jg. 1961),<br />
Salk Institute for Biological<br />
Studies, La Jolla, USA, an<br />
das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für<br />
Entwicklungsbiologie in<br />
Tübingen; Arbeitsgebiet: Entwicklungsgenetik<br />
<strong>der</strong> Pflanzen<br />
Prof. Dr. Arturo Zychlinsky<br />
(Jg. 1962), University School<br />
of Medicine, New York, USA,<br />
an das <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut<br />
für Infektionsbiologie in Berlin;<br />
Arbeitsgebiet: programmierter<br />
Zelltod<br />
55
J AHRESBERICHT 2001<br />
Neue Strategien gegen Krebs<br />
In Deutschland erkranken jährlich 350.000 Menschen an einem bösartigen Tumor. Doch<br />
Krebs ist nicht immer ein Todesurteil. Mit mo<strong>der</strong>nen Methoden können Tumore heute<br />
frühzeitig entdeckt, wirksamer behandelt und oft dauerhaft in Schach gehalten werden.<br />
„Herceptin“ ist ein Medikament dieser neuen Generation, das speziell Brustkrebs auf zellulärer<br />
Ebene angreift.<br />
Prof. Axel Ullrich<br />
Prof. Dr. Axel Ullrich, Direktor am <strong>Max</strong>-<br />
<strong>Planck</strong>-Institut für Biochemie in Martinsried<br />
bei München, war maßgeblich an <strong>der</strong><br />
Entwicklung dieses Medikaments beteiligt.<br />
Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten entdeckte<br />
Ullrich u. a. den HER2/neu-Rezeptor.<br />
Dieses vom Tumor gebildete Onkoprotein<br />
ist ein entscheiden<strong>der</strong> Baustein für das<br />
Wachstum von Brust- und an<strong>der</strong>en Krebsarten.<br />
Das Anti-Krebs-Medikament Herceptin<br />
blockiert das Protein gezielt und<br />
bringt auf diese Weise das Tumorwachstum<br />
zum Stillstand. Seit Ende des Jahres 2000<br />
ist es in Deutschland für die Behandlung<br />
von metastasierendem Brustkrebs zugelassen.<br />
Darüber hinaus konnte Ullrich einen<br />
Rezeptor identifizieren, <strong>der</strong> die Angiogenese,<br />
also die Gefäßneubildung in Tumoren<br />
steuert. Auf <strong>der</strong> Basis dieser Arbeiten wurden<br />
bereits Hemmstoffe entwickelt, die die<br />
Angiogenese unterbinden und somit quasi<br />
die „Versorgungsleitungen“ für den Tumor<br />
kappen. Sie werden <strong>der</strong>zeit in klinischen<br />
Studien getestet. Für seine Pionierarbeiten<br />
auf dem Gebiet <strong>der</strong> Krebstherapie erhielt<br />
Axel Ullrich im Jahr 2001 den Robert-<br />
Koch-Preis.<br />
56
A US DEN S EKTIONEN<br />
<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut in Münster gegründet<br />
In seiner Sitzung im März 2001 in München hat <strong>der</strong> Senat <strong>der</strong> <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />
die Gründung eines neuen Instituts in <strong>der</strong> Westfalen-Metropole beschlossen. Als erster<br />
Direktor am Institut wurde Prof. Dr. Dietmar Vestweber berufen. Vestweber war seit 1999<br />
Direktor am <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für physiologische und klinische Forschung in Bad Nauheim.<br />
Die Entscheidung für Münster fiel aufgrund des günstigen wissenschaftlichen<br />
Umfelds und angesichts <strong>der</strong> umfangreichen Kooperationen, die Dietmar Vestweber bereits<br />
mit <strong>der</strong> dortigen Universität unterhält.<br />
Emeritierungen im<br />
Berichtsjahr 2001<br />
Prof. Dr. Karl-Ernst Kaißling,<br />
<strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für Verhaltensphysiologie,<br />
Seewiesen<br />
Dr. Rupert Timpl, <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<br />
Institut für Biochemie, Martinsried<br />
Einladungswettbewerb | Neubau <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-Institut für vaskuläre Biologie in Münster | <strong>Aus</strong>stellungseröffnung<br />
Diese hat in den vergangenen Jahren ihren<br />
biomedizinischen Forschungsbereich durch<br />
die Einrichtung eines Zentrums für Molekularbiologie<br />
<strong>der</strong> Entzündungen sowie<br />
eines Interdisziplinären Zentrums für Klinische<br />
Forschung erheblich ausgebaut. Damit<br />
in Zusammenhang standen eine Vielzahl<br />
von Neuberufungen. Das geplante <strong>Max</strong>-<br />
<strong>Planck</strong>-Institut vervollständigt am Standort<br />
Münster eine in Deutschland einzigartige<br />
Konzentration von Einrichtungen, die auf<br />
dem Gebiet des vaskulären Systems, also<br />
<strong>der</strong> Gefäßbiologie, forschen.<br />
In <strong>der</strong> Abteilung von Prof. Dietmar Vestweber<br />
befassen sich die Wissenschaftler mit<br />
den molekularen Mechanismen <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ung<br />
von Leukozyten, den weißen Blutkörperchen,<br />
die Träger <strong>der</strong> so genannten<br />
„angeborenen“ Immunabwehr sind. Als solche<br />
dringen sie in Infektionsherde o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>s geschädigte Gewebe ein und lösen<br />
Entzündungsreaktionen aus. Darüber hinaus<br />
sollen die Grundlagen <strong>der</strong> spezifischen<br />
Immunüberwachung studiert werden. Das<br />
Interesse gilt hierbei den Antigen-spezifischen<br />
Lymphozyten, die durch die Gewebe<br />
des Körpers patrouillieren. In beiden Projektteilen<br />
kommt dem Endothel, <strong>der</strong> inneren<br />
Zellschicht <strong>der</strong> Blutgefäße, eine beson<strong>der</strong>e<br />
Rolle zu.<br />
Modelle <strong>der</strong> Teilnehmer am<br />
Architekturwettbewerb<br />
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