InnovatIon & MIttelstand - polytechnik
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Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Auf dem Holzweg<br />
Der Start war politisch aufgeregt. Anfang<br />
der 1980er Jahre erkannten friedensbewegte<br />
Atomkraftgegner, dass Ansteckbuttons<br />
ein massenkompatibles Medium darstellen. Es<br />
gab kaum einen 18-Jährigen, der damals nicht<br />
ein Statement per Sticker abgeben wollte.<br />
Heute finden sich die Anstecker immer noch<br />
auf politischen Kundgebungen, wenn auch<br />
mehr innerparlamentarisch. „Parteien zählen<br />
zu unseren wichtigen Kunden“, erzählt Hannes<br />
Schmitz. Erste Ansprechpartner für sein 6-Mitarbeiter-Unternehmen<br />
seien aber Werbefirmen:<br />
„Über Agenturen platzieren wir unsere<br />
Buttons in praktisch jedem Gesellschaftsbereich“,<br />
so Schmitz. Die Kundenpalette umfasst<br />
Schulen, Kindergärten bis hin zu Jugendrotkreuz<br />
und Jungschar. Drei Millionen Anstecker<br />
heften sich die Österreicher jährlich an die<br />
Brust, rund ein Drittel davon kommt aus den<br />
Pressen des Wiener Unternehmens (www.buttons4you.at).<br />
„Es war mir immer ein Dorn im<br />
Auge, dass unsere Produkte nicht kompostierbar<br />
waren“, beschreibt Schmitz den Grund, warum<br />
er begann, nach biologisch verträglichen<br />
Alternativen zum gängigen Rohmaterial Blech<br />
zu suchen. Der Anstieg der Rohstoffpreise hat<br />
die Umsetzung der Idee beschleunigt. „Es gab<br />
Zeiten, wo es bei der Versorgung mit Rohlingen<br />
zu unakzeptablen Lieferverzögerungen<br />
gekommen ist“, erinnert sich Schmitz an vergangenen<br />
Ärger.<br />
Zelluloser Ausweg. Schmitz suchte nach<br />
Lösungen und stieß dabei auf „flüssiges Holz“<br />
oder – wie es unter Experten heißt – Wood<br />
Plastic Composites (WPC). Dabei handelt es<br />
sich um Verbundmaterialien aus thermoplastischen<br />
Kunststoffen und Holzfasern, die im<br />
Fall der Buttons über Spritzguss verarbeitet<br />
werden. Das Problem, das es zu lösen galt: Die<br />
Ober- und Unterteile, die bislang aus Blech kalt<br />
gepresst wurden, mussten durch WPC-Teile<br />
ersetzt werden, die alle Funktionen der Metallteile<br />
erfüllen und sich in weit verbreiteten<br />
Buttonpressen verarbeiten lassen. Schmitz<br />
fand auch für die Plastikhüllen Ersatz, in die<br />
herkömmliche Blech-Anstecker verschweißt<br />
werden. Folien aus Maisstärke zeigen den gleichen<br />
Transparenzeffekt wie Kunststoff und<br />
verrotten ohne jeden Rückstand. Die Idee war<br />
in ihren Grundzügen geboren. „Ich suchte professionelles<br />
Feedback, ob meine Überlegungen<br />
überhaupt Sinn machen“, so Schmitz.<br />
Forschungspartner ACR. Das ACR-Institut<br />
Holzforschung Austria zählt zu den Wegbereitern<br />
des Werkstoffes WPC. Die Wissenschaftler<br />
waren logische Ansprechpartner für eine<br />
Machbarkeitsstudie, die klären sollte, ob die<br />
technischen Voraussetzungen der WPC-Materialien<br />
ausreichend sein werden. Der Haken<br />
lag bei dem von Schmitz erdachten neuartigen<br />
WPC-Verschluss, dessen Funktionsfähigkeit<br />
evaluiert werden sollte. „Wir haben von der<br />
Zusammenarbeit mit dem ACR-Institut sehr<br />
profitiert“, lobt der Wiener Unternehmer die<br />
Partnerschaft. Die Untersuchung der Holzforschung<br />
Austria brachte etliche Hinweise, wie<br />
das Konzept von Schmitz verbessert umgesetzt<br />
werden kann. Das Feasibility-Programm<br />
der FGG übernahm einen Großteil der Studienkosten.<br />
Hohe Akzeptanz. Hannes Schmitz will mit<br />
Beginn des Jahres mit der Produktion der Öko-<br />
Buttons starten. „Es war immer Bestandteil des<br />
Konzepts, dass der Umstieg auf Holzbuttons<br />
für die Kunden ohne große Mehrkosten bleibt“,<br />
kennt der Wiener Unternehmer die Endlichkeit<br />
der ökologischen Begeisterung. Der Markt<br />
scheint bereit: 125 Werbeagenturen sagten<br />
nach einer ersten Produktpräsentation bereits<br />
Pilotaufträge zu. Der Businessplan von Hannes<br />
Schmitz nennt dazu auch Zahlen: „Wir gehen<br />
von einem Bedarf an Holzbuttons bei unseren<br />
Abnehmern von etwa 500.000 Stück für das<br />
Jahr 2010 und von etwa 600.000 Stück für das<br />
Jahr 2011 aus.“ Gute Ideen zahlen sich aus.<br />
Hannes Schmitz hat den ersten<br />
Öko-Ansteckbutton aus abbaufähigen<br />
Holzverbundstoffen auf<br />
den Markt gebracht. Kommendes<br />
Jahr sollen bereits 500.000<br />
Holzsticker ihre Botschaften ins<br />
Land tragen.<br />
unternehmer | 9