InnovatIon & MIttelstand - polytechnik
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Das servicemagazin der UIK.austria<br />
Innovation &<br />
Mittelstand<br />
Rezepte gegen die Krise<br />
ACR-Kooperationspreis 2009<br />
Polytechnik Luft-und<br />
Feuerungstechnik<br />
Bio-Energie für den Weltmarkt<br />
Geolyth Mineral Technologie<br />
Grüner Baustoff für Öko-Dämmung<br />
Ansteckplaketten<br />
Hannes Schmitz<br />
Buttons aus Holz<br />
AiQA Getränke<br />
Gesunde Drinks vom Reißbrett<br />
Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend
Unternehmer.inhalt<br />
Kooperationspreis 2009<br />
8MIT VISIONEN DURCH DIE KRISE Österreichs Mittelstand erweist sich als Stabilitätsfaktor<br />
in der Rezession. Forschung und Entwicklung sind dabei dynamisierende<br />
Faktoren: Unternehmen mit innovativem Anspruch nehmen stärkere<br />
Marktpositionen ein als ihre konservativen Mitbewerber. Der Kooperationspreis<br />
2009 der ACR lenkt das Licht auf vier Erfolgsbeispiele, die unterstreichen,<br />
dass Forschung und Entwicklung kein Vorrecht der Großen sind. 04<br />
8AiQA GETRÄNKE Das junge Unternehmen aus Innsbruck entwickelt gesunde<br />
Erfrischungsgetränke ohne Dickmachereffekt. Die ersten Design-Durstlöscher<br />
für Kinder und Sportler stehen in den Regalen der Supermärkte. 07<br />
8ANSTECKPLAKETTEN HANNES SCHMITZ Der Wiener Marktführer für Ansteckplaketten<br />
entwickelte bioverträgliche Buttons auf der Grundlage eines Holz-<br />
Plastik-Verbundstoffes. Die Folierungen basieren auf Maisstärke und verrotten<br />
ebenso wie das Trägermaterial aus „flüssigem Holz“. 09<br />
8GEOLYTH MINERAL TECHNOLOGIE Das Trauner Unternehmen bringt einen völlig<br />
neuartigen Mineralschaum mit hervorragenden Brandschutz- und Wärmedämmungseigenschaften<br />
auf den Markt. Das recyclebare Baumaterial härtet<br />
von selbst aus. 11<br />
8POLYTECHNIK LUFT- UND FEUERUNGSTECHNIK Das Unternehmen aus Weissenbach<br />
an der Triesting entwickelte eine Feuerungsanlage, die dem Anlagenbetreiber<br />
die flexible Erweiterung seines Brennstoff-Portfolios ermöglicht. 13<br />
8INTERVIEW REINHOLD MITTERLEHNER Der Wirtschaftsminister verantwortet<br />
einen Großteil der Forschungsförderungsbudgets in Österreich. Er erklärt, wie<br />
er die Kluft zwischen mittelständischen Unternehmern und heimischen Forschungsinstitutionen<br />
schließen möchte und warum er kein drittes Konjunkturpaket<br />
schnüren will. 14<br />
8KOOPERATIVE FORSCHUNG Das Förderprogramm CORNET macht heimische<br />
Unternehmen zu Forschungspartnern nationaler und internationaler Innovationsagenturen<br />
und Forschungslaboratorien. Unternehmensgröße spielt dabei<br />
keine Rolle. 16<br />
8DAS SERVICE DEr ACR Die ACR berät kleine und mittlere Unternehmen, welche<br />
Programme und Institute ihnen bei ihrem Forschungsvorhaben behilflich sein<br />
können und lotst sie zu den richtigen Adressaten. 18<br />
8ADRESSEN UND ANSPRECHPARTNER 24<br />
impressum<br />
Herausgeber: UIK-austria, www.uik-austria.at<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Austrian Cooperative Research ACR<br />
Chefredakteur: Josef Ruhaltinger, www.fourwaerts.com<br />
Medieninhaber: KGV Marketing Verlagsgesellschaft m.b.H.<br />
Altmannsdorferstraße 104, 1120 Wien, Tel.: +43/1/298 88 88, www.kgv.at<br />
Geschäftsführung: Germanos Athanasiadis, g.athanasiadis@kgv.at<br />
Peter Hirschfeld, p.hirschfeld@kgv.at<br />
Verlagsleitung: Sascha Zelenka, s.zelenka@kgv.at<br />
Kooperation und Marketing: Monika Walter, m.walter@kgv.at<br />
Layout und Grafik: Max Niederschick, m.niederschick@kgv.at<br />
Fotos: UIK-austria, Kurt Keinrat, Josef Ruhaltinger, dreamstime.com,<br />
www.istockphoto.com, Michael Hetzmannseder, Sascha Osaka, Pleon Publico<br />
8Liebe Leserin,<br />
lieber leser!<br />
Österreichs Unternehmer<br />
in den mittelständischen<br />
Betrieben<br />
realisieren, dass<br />
Innovation helfen kann,<br />
sich vor der herbeigeführten<br />
Krise zu wappnen.<br />
Leider haben die<br />
Kleinen zwar die Ideen<br />
für Innovationen, aber<br />
leider selten die Ressourcen, diese selbst<br />
umzusetzen.<br />
Es ist seit vielen Jahren das Leistungsmerkmal<br />
und die Aufgabe der ACR, den kleinen<br />
und mittleren Unternehmen aus diesem<br />
Dilemma zu helfen. Im Jahr 2008 wurden<br />
von den Mitgliedern der ACR über<br />
6.000 KMUs mit umfangreichen Dienstleis-tungen<br />
bedient. Im nationalen Innovationssystem<br />
gibt es keine Einrichtungen<br />
außer der ACR – weder auf universitärer<br />
noch auf außeruniversitärer Ebene –, die<br />
einen so engen Kontakt zu KMUs nachweisen<br />
kann.<br />
Seit 2006 zeichnet die ACR besonders<br />
innovative Projekte mit dem Kooperationspreis<br />
aus. Es werden Innovationen<br />
prämiert, die von einem KMU in Zusammenarbeit<br />
mit einem ACR-Institut<br />
entwickelt worden sind. Ein paar solcher<br />
Highlights sind auf den folgenden Seiten<br />
dargestellt und stehen als Beispiele für die<br />
vielen Innovationen, die österreichische<br />
Unternehmen laufend durchführen. Der<br />
Wettbewerb ist die Triebfeder für Neues<br />
und das macht unsere KMUs innovativ. Die<br />
Unterstützung eines ACR-Institutes ist für<br />
das Projekt die halbe Garantie, dass es eine<br />
brauchbare Lösung geben wird.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Johann Jäger,<br />
Geschäftsführer der ACR
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Innovativer Mittelstand:<br />
Rezepte gegen die Krise<br />
Die Politik begegnet der Rezession mit prallgefüllten Fördertöpfen<br />
für Forschung und Entwicklung. Denn innovative Unternehmen<br />
erweisen sich als krisenresistent.<br />
4 | unternehmer
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Polenta muss man mögen. Die Speise aus<br />
Maisgrieß war einst das Ergebnis stundenlangen<br />
Kochens und Rührens – vorzugsweise<br />
in einem großvolumigen Kessel, bis die Masse<br />
eine glatte Konsistenz erhielt. Heute ist die Speise<br />
in der Regel das Resultat eines Kaufaktes im Supermarkt:<br />
Vorgegarter Polentagrieß ist in 15 Minuten<br />
zubereitet und zählt zu den Fixbestandteilen praktisch<br />
jeder Vorratskammer. Für anspruchsvollere<br />
Geschmäcke mit wenig Zeit hat die Getreide- und<br />
Ölmühle der Berghofer-Schwestern Diana und Liane<br />
aus dem oststeirischen Fehring eine kulinarische<br />
Weiterentwicklung auf den Markt gebracht: Seit<br />
März dieses Jahres wird im betriebseigenen Mühlen-Shop<br />
der „Polentatraum“ in drei verschiedenen<br />
Geschmacksrichtungen – Schinken, Steinpilz und<br />
Kürbiskern – angeboten. Die Maisgrießmischungen<br />
werden durch die Beigabe von Wasser oder<br />
Milch essfertig und kommen in Form von Sterz, Knödeln<br />
oder Polentaschnitten auf den Tisch.<br />
■ Attraktion Mühle<br />
Die Schwestern Berghofer betreiben die Mühle in<br />
sechster Generation. Seit 1845 wird an den Ufern<br />
der Raab im Namen der Familie gemahlen, geröstet<br />
und gepresst. Dass dem immer noch so ist, ist nicht<br />
selbstverständlich. Das traditionelle Geschäft der<br />
Öl- und Getreidemühlen ist spätestens seit dem EU-<br />
Beitritt Österreichs schwierig geworden. Hunderte<br />
kleiner Mühlen, die meisten im Familienbesitz, mussten<br />
seither schließen. Die Berghofer-Mühle trat unter<br />
der jüngsten Generation, die seit 1999 am Mahlstein<br />
steht, die Flucht nach vorn an. Die Schwestern<br />
erweiterten das Geschäftskonzept. Sie suchten den<br />
direkten Zugang zum Endkunden über Spezialprodukte<br />
wie Dinkelmehl, hochqualitatives Kürbiskernöl<br />
und Eigenkreationen wie „Polentatraum“. Damit<br />
die Kunden den Weg in die wuchtige, viergeschossige<br />
Mühle und ihren Shop finden, wurde ein umfangreiches<br />
Besichtigungskonzept entwickelt, das<br />
in Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern und<br />
Tourismusvereinen ganze Busse lockt. Der Besuch<br />
im Mühlengeschäft ergibt sich von selbst. „Wir<br />
sind immer auf der Suche nach neuen Produkten“,<br />
beschreibt Liane Berghofer eine Grundhaltung des<br />
Familienbetriebs. Maisgrießmischungen zählen<br />
dabei zu den typisch regionalen Produkten der oststeirischen<br />
Thermenlandschaft und harmonieren<br />
mit den restlichen regionalen Naturprodukten des<br />
Mühlenangebotes. „Es war uns wichtig, mit dem<br />
neuen Angebot eine frische Kundenschicht anzusprechen.“<br />
Die Spezialfertigmischungen richten sich<br />
an gestresste Hausfrauen und Hausmänner, die ab-<br />
Die Schwestern von der Berghofer-Mühle:<br />
Liane (l.) und Diana<br />
haben das Geschäftskonzept<br />
ihres Familienunternehmens<br />
vollkommen umgedreht.<br />
Sie wenden sich mit ihrem<br />
Mühlen-Shop direkt an den<br />
Endkonsumenten. Tourismuskooperationen<br />
sorgen für die<br />
nötige Besucherfrequenz, innovative<br />
Regionalprodukte für<br />
das richtige Angebot im Laden.<br />
Die Berghofer-Mühle an den<br />
Ufern der Raab wurde bereits<br />
im 12. Jahrhundert urkundlich<br />
erwähnt.<br />
unternehmer | 5
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Das steirische Start-up-Unternehmen<br />
Plasmait ist mit dem<br />
Verlauf des Krisenjahres zufrieden.<br />
Es konnte heuer seine<br />
Neuentwicklung an mehrere<br />
Großbetriebe verkaufen. Die<br />
vorjährigen Preisträger des<br />
Kooperationspreises sind<br />
überzeugt, dass sie ohne<br />
kostensparende Neuentwicklungen<br />
„keine Chance am Markt<br />
gehabt hätten“.<br />
seits der herkömmlichen Convenience-Gerichte Lust<br />
auf wertvolle und regionaltypische Speisen haben,<br />
ohne dabei großen Aufwand treiben zu müssen. Seit<br />
März 2009 stehen die Polentatraum-Mischungen<br />
in den Regalen des Mühlen-Shops und zeitigen die<br />
erhoffte Wirkung. „Der Kundenzuwachs ist ebenso<br />
gestiegen wie der gesamte Mühlenumsatz“, resümiert<br />
Liane Berghofer. Die unkonventionellen Ideen<br />
sorgen im Unternehmen für die notwendige Dynamik<br />
– auch in Krisenzeiten. Liane Berghofer: „Unser<br />
Betrieb ist durch die neuen Erfahrungen in seiner<br />
Wettbewerbsfähigkeit gestärkt.“<br />
■ Öffentlicher Beistand<br />
Die Entwicklung der Polenta-Mischungen war für<br />
die Berghofer-Mühle kein Selbstläufer. Für Diana<br />
Berghofer war die Herstellung der vorgegarten<br />
Maisgrieß-Mischung als Müllermeisterin zwar kein<br />
Problem, um den „Polentatraum“ allerdings als kochfertiges<br />
Convenience-Produkt in den Laden stellen<br />
zu können, waren viele Fragen zu klären – vor allem<br />
musste die Maisgrießmischung den gesetzlichen<br />
Auflagen entsprechen. „Die maximale Haltedauer<br />
von Vorprodukt und Produkt war zu klären. Außerdem<br />
mussten Dinge wie Nährwertanalyse oder<br />
Sensorik bestimmt werden“, erinnert sich Ewald<br />
Kurath, Mitarbeiter der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung<br />
VFG, eines Partnerinstituts der<br />
ACR. Sensorik nennen Lebensmitteltechniker Geschmackstests<br />
sowie die geschmackliche Beschreibung<br />
des Produkts. Die Familie Berghofer setzte<br />
sich mit der VFG in Verbindung, um diese Probleme<br />
zu lösen. Ein Innovationsscheck im Gegenwert von<br />
5.000 Euro erleichterte den Fehringer Müllers-Töchtern<br />
den Einstieg in die Innovationspartnerschaft.<br />
Liane Berghofer: „Durch die Zusammenarbeit mit<br />
dem ACR-Institut werden Fragestellungen gelöst,<br />
die wir aus eigener Kraft nicht hätten beantworten<br />
können.“ Ihre Erfahrung macht sie sicher: „Wir setzen<br />
auf neue Entwicklungen in unserem Mühlengeschäft,<br />
weil wir die Kunden immer wieder überraschen<br />
müssen.“<br />
■ Krisenfester Mittelstand<br />
Der Ausdruck „Krise“ hat gute Chancen, zum „Unwort<br />
des Jahres 2009“ gekürt zu werden. Der Terminus<br />
findet sich in jedem Artikel, der sich nur annähernd<br />
mit der Beschreibung der ökonomischen und<br />
politischen Realität beschäftigt. Und dennoch besteht<br />
die absurde Situation, dass weite Teile der Bevölkerung<br />
außer steigender Nervosität von der Krise<br />
noch nichts gespürt haben. Massenentlastungen<br />
und Serienpleiten blieben bislang aus.<br />
Bislang konnten Konjunkturpakete und Kurzarbeitsprogramme<br />
die gröbsten Auswirkungen kaschieren.<br />
Große Industrieunternehmen mit starken internationalen<br />
Verflechtungen wurden dabei von der Rezession<br />
stärker betroffen als kleine und mittelständische<br />
Unternehmen, deren Geschäftsbeziehungen<br />
noch über mehrheitlich regionalen Fokus verfügen.<br />
Der Großteil der 300.000 Klein- und Mittelbetriebe<br />
zeigt sich bislang von den Entwicklungen unbeeindruckt.<br />
„Der große Unterschied zwischen Jahresbeginn und<br />
jetzt ist, dass die Unternehmen langsam lernen, mit<br />
der Krise zu leben“, ortet Helmut Maukner, Country<br />
Managing Partner von Ernst & Young in Österreich,<br />
ein spürbares Aufatmen. Das Prüfungs- und Beratungsunternehmen<br />
erstellt halbjährlich einen Mittelstandsbarometer,<br />
bei dem 900 österreichische<br />
mittelständische Unternehmen zu ihren Stimmungen<br />
und Perspektiven befragt werden. „Der<br />
erste Schock ist vorbei“, beschreibt Maukner die Ergebnisse<br />
der Umfrage. Den aktuellen Zustand ihres<br />
Unternehmens bezeichnen 94% der befragten Unternehmen<br />
als stabil. Für 6% ist die Lage bereits kritisch:<br />
Insgesamt 2% der Unternehmen droht derzeit,<br />
die Luft auszugehen. Knapp die Hälfte der Befragten<br />
kann allerdings noch gut mehr als sechs Monate<br />
durchhalten. Bei darüber hinaus anhaltender Krise<br />
wären aber auch ihre Unternehmen gefährdet. „Das<br />
sind jene Unternehmen, die prinzipiell richtig aufgestellt<br />
sind und ihre Finanzen im Griff haben. Aber<br />
ewig können auch diese Betriebe einer Krise nicht<br />
standhalten“, so Maukner. Die Gesamtheit der mittelständischen<br />
Unternehmen weise aber eine „hohe<br />
Krisenresistenz auf“.<br />
■ Unübersichtlichkeit der Krise<br />
Walter Bornett, Geschäftsführer des ACR-Institutes<br />
KMU Forschung Austria, sieht die Gründe für die<br />
offensichtliche Stabilität der Mittelständler „sicher<br />
nicht in ihrer besonderen wirtschaftlichen Beständigkeit“.<br />
Die Bilanzen der heimischen Klein- und<br />
Mittelunternehmen grundeln laut jüngster KMU-<br />
Forschung-Analyse „auf noch niedrigerem Niveau<br />
als letztes Jahr“, so Bornett (siehe Kasten „Hellgraue<br />
Zahlen“). Vielmehr liege die Ursache für die Beschäftigungsstabilität<br />
in der schlichten Tatsache, dass „<br />
viele Kleinbetriebe niemanden entlassen können,<br />
ohne selbst zusperren zu müssen“. Die Unternehmen<br />
seien „entschlossen, sich durchzuwurschteln,<br />
bis es nicht mehr geht“. Daher reagieren KMUs<br />
auf eine schwächere Auftragslage eher mit Überstunden-<br />
und Urlaubsabbau als mit Kündigungen.<br />
6 | unternehmer
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Durstlöscher vom ReiSSbrett<br />
Am Anfang stand eine Studienerfahrung<br />
in Großbritannien. Jens Häfner lernte in<br />
den britischen Supermärkten eine Art von<br />
Sport- und Erfrischungsgetränken kennen, die<br />
im deutschen Sprachraum unbekannt waren:<br />
„Diese Durstlöscher waren keine Dickmacher<br />
und wurden nach ernährungswissenschaftlichen<br />
Prinzipien gemischt, ohne dabei an<br />
Geschmack zu verlieren“, erinnert sich Häfner.<br />
Als sich herausstellte, dass eine Importlizenz<br />
für diese Art von Getränken nicht zu haben<br />
war, beschloss der gebürtige Deutsche, selbst<br />
gesunde und wirksame Getränke für Sportler<br />
und Kinder anzubieten. „34% des heutigen<br />
Nachwuchses kämpfen mit Fettleibigkeit. Der<br />
hohe Konsum an gesüßten Limonaden ist mit<br />
dafür verantwortlich“, weiß Häfner. Seine Marke<br />
AiQA setzt auf Fruchtsüße als Süßstoff: Der<br />
wird, wie der Name schon sagt, zu 100% aus<br />
Früchten gewonnen. Das Besondere an dieser<br />
Zuckerart ist, dass sie langsam vom Körper<br />
aufgenommen wird und so einen schnellen<br />
Anstieg des Blutzuckerspiegels verhindert.<br />
Rasches Hungergefühl oder der bei Sportlern<br />
gefürchtete „Hungerast“ kann durch niedrig<br />
glykämische Kohlenhydrate deutlich verringert<br />
werden. Dazu kommen sogar Abstimmungen<br />
nach Geschlechtern, nachdem Frauen und<br />
Männer im hochfrequenten Pulsbereich andere<br />
Stoffwechselmerkmale aufweisen. AiQA<br />
Sports Women verfügt über einen erhöhten<br />
Vitamin-B9-Gehalt (Folsäure), da Frauen beim<br />
Sport einen viermal so hohen Bedarf als Männer<br />
aufweisen.<br />
Vollgas am Start. Häfner bringt derzeit<br />
AiQA in sechs Varianten in die Geschäfte, die<br />
sich in die Produktgruppen „Kindergetränke“,<br />
„Optimaler Trainingspartner für Sportler“ und<br />
„Kalorienarmer Durstlöscher für jede Gelegenheit“<br />
aufteilen. Häfner argumentiert den<br />
breiten Markteintritt „mit der Überzeugung,<br />
als Gesundheitsmarke in allen Märkten vertreten<br />
zu sein“. Im Westen Österreichs wird AiQA<br />
bereits in den ersten Supermärkten vertrieben<br />
und steht in Regalen von Tankstellen und Restaurants.<br />
Durststrecke. Als Branchenfremder machte<br />
sich Häfner 2006 auf die Suche nach Entwicklungspartnern,<br />
die seine Idee eines Designer-Getränkes<br />
mitverwirklichen wollten. Neben Medizinern<br />
und Ernährungsberatern stieß er auf<br />
die Wissenschaftler und Techniker des ACR-<br />
Miglieds Lebensmittelversuchsanstalt (LVA) in<br />
Wien. Die Entwicklungsphase mit Gesamtkosten<br />
von 65.000 Euro war für die junge AiQA-<br />
Getränke GmbH in Innsbruck nicht immer<br />
einfach. Preise bei Business-Planwettbewerben<br />
halfen, das Projekt über die Runden zu bringen.<br />
Durch das Förderinstrument des Innovationsschecks<br />
erhielt er eine professionelle Projektplanung.<br />
Zusammen mit der LVA wurden die<br />
notwendigen Aktivitäten von AiQA definiert.<br />
„Die Hinweise auf Produktanforderungen und<br />
gesetzliche Rahmenbedingungen durch die<br />
LVA waren für unsere weitere Vorgangsweise<br />
entscheidend“, erinnert sich Häfner.<br />
Basierend auf den wissenschaftlichen Konzeptstudien<br />
der Lebensmittelversuchsanstalt<br />
konnte ein Versuchsplan für Rezepturen entwickelt<br />
werden, die dann von einem deutschen<br />
Aromastoffhersteller labortechnisch produziert<br />
wurden. Daraus wurden anschließend<br />
die Entscheidungen für die Charakteristik der<br />
finalen Produkte getroffen. Mitarbeiter und<br />
Freunde wurden immer wieder mit neuen Geschmacksrichtungen<br />
zum Testen versorgt. Aus<br />
dieser Phase stammt die Erfahrung, dass viele<br />
Geschmacksrichtungen bei Durstlöschern<br />
eine denkbare Variante sein können, für Sportgetränke<br />
aber nur bestimmte empfehlenswert<br />
sind. „Das Empfinden ist bei Anstrengungen<br />
anders als im Ruhezustand“, musste Häfner<br />
lernen. Mit der Marktreife der Getränke ist der<br />
gebürtige Deutsche überzeugt, das Gröbste<br />
überstanden zu haben: „Es gibt ja erfolgreiche<br />
Beispiele am Markt.“<br />
Jens Häfner will den Getränkemarkt<br />
mit gesunden und<br />
wirkungsvollen Durstlöschern<br />
erobern. Hauptzielgruppen sind<br />
Kinder und Sportler. Nach einer<br />
harten zweijährigen Entwicklungsphase<br />
stehen die ersten<br />
AiQA-Getränke in den Regalen<br />
von Supermärkten und Tankstellen.<br />
unternehmer | 7
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Hellgraue Zahlen: Betriebswirtschaftliche Situation der KMUs<br />
Es ist das alte Lied: Zu viele Kleinunternehmen haben zu wenig<br />
Eigenkapital und verdienen zu wenig, um generellen Anforderungen<br />
an Stabilität in Bonität standzuhalten. Aber in jeder<br />
Branche finden sich Top-Performer. Das ACR-Institut KMU<br />
Forschung Austria hat die Bilanzen 2008 der mittelständischen<br />
Unternehmen analysiert.<br />
Die Top-Performer: Insgesamt zählen 15% der KMUs zur<br />
(betriebswirtschaftlichen) Elite. Sie haben mehr als 20% des Betriebsvermögens<br />
mit Eigenkapital finanziert und erwirtschaften<br />
betriebswirtschaftliche Gewinne von mehr als 5% der Betriebsleistung.<br />
Weitere 10% der KMUs haben gute Voraussetzungen<br />
für eine Positionierung im Spitzenfeld (Umsatzrendite über 2,5%,<br />
Eigenkapitalquote über 10%).<br />
Die Minderverdiener: 27% der KMUs haben vor allem Ertragsprobleme;<br />
sie verfügen zwar über mehr als 10% Eigenkapital,<br />
machen aber zu wenig Gewinn (0–2,5% der Betriebsleistung)<br />
bzw. arbeiten sogar mit Verlust.<br />
Die Sandbau-Unternehmer: 12% der KMUs erwirtschaften zwar<br />
ausreichende Gewinne (über 2,5% der Betriebsleistung), haben<br />
aber zu wenig Eigenkapital (0–10% des Gesamtkapitals).<br />
Die Löcherstopfer: 13% der KMUs haben sowohl Finanzierungs-<br />
als auch Ertragsprobleme. Gewinne zwischen 0 und 2,5%<br />
bedeuten, dass real Substanz verloren geht. Die ohnehin niedrige<br />
Eigenkapitalausstattung (0–10%) verschlechtert die Überschuldungssituation.<br />
Die Insolvenz-Kandidaten: 23% der KMUs befinden sich in einer<br />
betriebswirtschaftlich sehr schlechten Situation: Sie sind<br />
überschuldet und können die Kosten nicht decken. In dieser<br />
Position sind in der Regel weitreichende Sanierungsmaßnahmen<br />
(Zuführung von Eigenkapital, Reduzierung der Fixkosten, strategische<br />
Neuausrichtung des Unternehmens etc.) erforderlich.<br />
2008 Kleinstbetriebe Kleinbetriebe Mittelbetriebe KMUs gesamt Großbetriebe<br />
Eigenkapitalquote in % 9,2 19,9 29 23,5 34,3<br />
Umsatzrendite in % 1,6 2,4 2,3 2,3 4<br />
Es gelte, die qualifizierten Fachkräfte im Betrieb zu<br />
halten. In Kurzarbeit seien nur etwa 2.500 bis 3.000<br />
Arbeitnehmer, wie die Bundessparte Gewerbe und<br />
Handwerk in der Wirtschaftskammer wissen ließ.<br />
Dabei seien die Krisenfolgen unübersehbar. Die Konjunkturbeobachtung<br />
der KMU Forschung Austria<br />
weist unter den heimischen Gewerbe- und Handwerksbetrieben<br />
für das dritte Quartal des Jahres<br />
einen Rückgang des durchschnittlichen Auftragsbestandes<br />
um 7% aus. Verantwortlich dafür wäre<br />
sowohl die negative Entwicklung der privaten und<br />
gewerblichen Aufträge (–7,2%) als auch der öffentlichen<br />
Nachfrage (–5,7%). Die Entwicklung werde<br />
aber von den Unternehmen bislang abgefangen.<br />
Mit Jahresende werde sogar ein geringer Zuwachs<br />
um 3.000 Beschäftigte erwartet.<br />
Unübersichtlichkeit prägt die Situation. Während<br />
KMU-Forscher Walter Bornett von „sehr zurückhaltenden<br />
Erwartungen für das vierte Quartal“<br />
spricht, veröffentlicht das Innsbrucker Meinungsforschungsinstitut<br />
SOFFI eine Umfrage unter Tiroler<br />
KMUs, bei der 72 bis 82% aller befragten Unternehmen<br />
– je nach Wirtschaftssparte – „keine oder nur<br />
minimale Auswirkungen“ der Wirtschaftskrise zu<br />
spüren bekommen. Subjektive Erfahrungen stärken<br />
den Eindruck der individuellen Unverwundbarkeit:<br />
Häuslbauer, die für ihre Baustelle noch bis Jahresende<br />
Professionisten suchen, sehen sich einem<br />
leergekauften Angebotsmarkt gegenüber. Wer vor<br />
Weihnachten einen Installateur oder Elektriker<br />
braucht, wird sich sehr anstrengen müssen. Bankenvorstände,<br />
sonst Seismografen der unternehmerischen<br />
Befindlichkeit, geben sich in Bezug auf Prognosen<br />
vorsichtig. „Wir wissen nicht, was kommt“,<br />
meint Thomas Uher, Kommerzkundenvorstand der<br />
Erste Bank. Für ihn stehe die Stabilisierung „auf dünnem<br />
Eis, das leicht brechen kann“.<br />
Die Volkswirte der OenB sehen es ähnlich: Sie prognostizieren<br />
für das dritte und vierte Quartal jeweils<br />
0,4% Wirtschaftswachstum in der Alpenrepublik,<br />
um sofort wieder zu relativieren: „Angesichts der<br />
noch ausstehenden Bestätigung durch ‚Hard Facts‘<br />
wie Industrieproduktion und Exporte ist das Prognoserisiko<br />
überdurchschnittlich groß.“ Niemand<br />
traut dem Frieden.<br />
■ Innovation als Krisenmedizin<br />
Peter Ziger hat beruflich ein spannendes Jahr hinter<br />
sich. Der technische Leiter des steirischen Hightech-Unternehmens<br />
Plasmait blickt auf 12 Monate<br />
zurück, in denen sein Unternehmen die ersten Produkte<br />
mit neuer Plasmait-Technologie liefern konnte.<br />
Die Apparate können Drähte, Rohre und andere<br />
Endlosmaterialien reinigen und thermisch behandeln,<br />
ohne den Zustand der behandelten Materialien<br />
zu verändern. Mit Plasma behandelte Oberflächen<br />
sind chemisch rein und verfügen über eine<br />
äußerst feine Struktur. All diese Eigenschaften sind<br />
bei nachfolgenden Beschichtungen des Materials<br />
unverzichtbar. Oberflächenreinigung und Behandlung<br />
können mit Plasmait-Geräten bis zu 20 Mal<br />
schneller und mit mindestens 50% höherer Ener-<br />
8 | unternehmer
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Auf dem Holzweg<br />
Der Start war politisch aufgeregt. Anfang<br />
der 1980er Jahre erkannten friedensbewegte<br />
Atomkraftgegner, dass Ansteckbuttons<br />
ein massenkompatibles Medium darstellen. Es<br />
gab kaum einen 18-Jährigen, der damals nicht<br />
ein Statement per Sticker abgeben wollte.<br />
Heute finden sich die Anstecker immer noch<br />
auf politischen Kundgebungen, wenn auch<br />
mehr innerparlamentarisch. „Parteien zählen<br />
zu unseren wichtigen Kunden“, erzählt Hannes<br />
Schmitz. Erste Ansprechpartner für sein 6-Mitarbeiter-Unternehmen<br />
seien aber Werbefirmen:<br />
„Über Agenturen platzieren wir unsere<br />
Buttons in praktisch jedem Gesellschaftsbereich“,<br />
so Schmitz. Die Kundenpalette umfasst<br />
Schulen, Kindergärten bis hin zu Jugendrotkreuz<br />
und Jungschar. Drei Millionen Anstecker<br />
heften sich die Österreicher jährlich an die<br />
Brust, rund ein Drittel davon kommt aus den<br />
Pressen des Wiener Unternehmens (www.buttons4you.at).<br />
„Es war mir immer ein Dorn im<br />
Auge, dass unsere Produkte nicht kompostierbar<br />
waren“, beschreibt Schmitz den Grund, warum<br />
er begann, nach biologisch verträglichen<br />
Alternativen zum gängigen Rohmaterial Blech<br />
zu suchen. Der Anstieg der Rohstoffpreise hat<br />
die Umsetzung der Idee beschleunigt. „Es gab<br />
Zeiten, wo es bei der Versorgung mit Rohlingen<br />
zu unakzeptablen Lieferverzögerungen<br />
gekommen ist“, erinnert sich Schmitz an vergangenen<br />
Ärger.<br />
Zelluloser Ausweg. Schmitz suchte nach<br />
Lösungen und stieß dabei auf „flüssiges Holz“<br />
oder – wie es unter Experten heißt – Wood<br />
Plastic Composites (WPC). Dabei handelt es<br />
sich um Verbundmaterialien aus thermoplastischen<br />
Kunststoffen und Holzfasern, die im<br />
Fall der Buttons über Spritzguss verarbeitet<br />
werden. Das Problem, das es zu lösen galt: Die<br />
Ober- und Unterteile, die bislang aus Blech kalt<br />
gepresst wurden, mussten durch WPC-Teile<br />
ersetzt werden, die alle Funktionen der Metallteile<br />
erfüllen und sich in weit verbreiteten<br />
Buttonpressen verarbeiten lassen. Schmitz<br />
fand auch für die Plastikhüllen Ersatz, in die<br />
herkömmliche Blech-Anstecker verschweißt<br />
werden. Folien aus Maisstärke zeigen den gleichen<br />
Transparenzeffekt wie Kunststoff und<br />
verrotten ohne jeden Rückstand. Die Idee war<br />
in ihren Grundzügen geboren. „Ich suchte professionelles<br />
Feedback, ob meine Überlegungen<br />
überhaupt Sinn machen“, so Schmitz.<br />
Forschungspartner ACR. Das ACR-Institut<br />
Holzforschung Austria zählt zu den Wegbereitern<br />
des Werkstoffes WPC. Die Wissenschaftler<br />
waren logische Ansprechpartner für eine<br />
Machbarkeitsstudie, die klären sollte, ob die<br />
technischen Voraussetzungen der WPC-Materialien<br />
ausreichend sein werden. Der Haken<br />
lag bei dem von Schmitz erdachten neuartigen<br />
WPC-Verschluss, dessen Funktionsfähigkeit<br />
evaluiert werden sollte. „Wir haben von der<br />
Zusammenarbeit mit dem ACR-Institut sehr<br />
profitiert“, lobt der Wiener Unternehmer die<br />
Partnerschaft. Die Untersuchung der Holzforschung<br />
Austria brachte etliche Hinweise, wie<br />
das Konzept von Schmitz verbessert umgesetzt<br />
werden kann. Das Feasibility-Programm<br />
der FGG übernahm einen Großteil der Studienkosten.<br />
Hohe Akzeptanz. Hannes Schmitz will mit<br />
Beginn des Jahres mit der Produktion der Öko-<br />
Buttons starten. „Es war immer Bestandteil des<br />
Konzepts, dass der Umstieg auf Holzbuttons<br />
für die Kunden ohne große Mehrkosten bleibt“,<br />
kennt der Wiener Unternehmer die Endlichkeit<br />
der ökologischen Begeisterung. Der Markt<br />
scheint bereit: 125 Werbeagenturen sagten<br />
nach einer ersten Produktpräsentation bereits<br />
Pilotaufträge zu. Der Businessplan von Hannes<br />
Schmitz nennt dazu auch Zahlen: „Wir gehen<br />
von einem Bedarf an Holzbuttons bei unseren<br />
Abnehmern von etwa 500.000 Stück für das<br />
Jahr 2010 und von etwa 600.000 Stück für das<br />
Jahr 2011 aus.“ Gute Ideen zahlen sich aus.<br />
Hannes Schmitz hat den ersten<br />
Öko-Ansteckbutton aus abbaufähigen<br />
Holzverbundstoffen auf<br />
den Markt gebracht. Kommendes<br />
Jahr sollen bereits 500.000<br />
Holzsticker ihre Botschaften ins<br />
Land tragen.<br />
unternehmer | 9
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Für Walter Bornett, Geschäftsführer<br />
der KMU Forschung<br />
Austria, ist die Krise noch nicht<br />
ausgestanden: „Derzeit erwirtschaften<br />
15% der KMUs ausreichenden<br />
Ertrag bei stabilem<br />
Eigenkapital. Der Rest ist stabil<br />
bis gefährdet.“ Der Übergang<br />
zwischen Substanzverzehr und<br />
Insolvenzantrag ist nur ein<br />
schmaler.<br />
gieeffizienz durchgeführt werden, trommeln die<br />
Lebringer Unternehmer. Die chemische Reinigung<br />
der Metalloberflächen durch Säuren, Laugen und<br />
Lösungsmittel könne aus der Produktion verbannt<br />
werden. Die Idee gefiel auch den Juroren des ACR-<br />
Kooperationspreises, die Plasmait im November des<br />
Vorjahres auszeichneten. „Wir bieten auf unserem<br />
Gebiet Technologie, die den Unternehmen Geld sparen<br />
hilft“, zeigt sich Ziger mit dem ersten operativen<br />
Geschäftsjahr sehr zufrieden, „wir haben Geräte an<br />
Zielkunden verkauft, von denen wir wissen, dass sie<br />
mehr als eines brauchen.“ Sind die Tests bestanden<br />
– für Ziger nur eine Frage der Zeit – rechnet er<br />
mit namhaften Folgeaufträgen bei Anschaffungswerten<br />
weit über 100.000 Euro pro Gerät. Ziger „Wir<br />
haben einfach die bessere Technologie.“ Innovative<br />
Produkte sind das beste Mittel gegen Krisenkater.<br />
Forschung und Entwicklung sind für das Unternehmen<br />
wie für die Staatskasse ein Geschäft. In Österreich<br />
spült ein Forschungseuro den Unternehmen<br />
26 Umsatzeuro in die Kassa, ergab eine Analyse der<br />
Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft<br />
(FFG). Wie wichtig Innovationsförderung der öffentlichen<br />
Hand ist, unterstreicht eine andere Berechnung<br />
der Joanneum Research: Ein Euro Forschungsförderung<br />
induziere mittelfristig 0,85 € zusätzliche<br />
Gesamtausgaben für F&E des Unternehmens, heißt<br />
es dort in einer Untersuchung. Walter Bornett teilt<br />
die Ansicht seiner Grazer Kollegen: „Unternehmen,<br />
die Forschung betreiben, stehen auf gesünderen<br />
Beinen als jene, die nur reaktiv ihre Geschäfte verstehen.“<br />
für innovationsbegeisterte KMUs zur Verfügung. In<br />
der vergangenen Ausschreibungsphase wurden<br />
rund 70 Projekte mit 17 Millionen Euro unterstützt.<br />
Das Interessante an COIN: Es werden zu 60% der<br />
Forschungskosten gefördert. Voraussetzung ist,<br />
dass sich ein Konsortium findet, bestehend aus mindestens<br />
drei Unternehmen, davon mindestens zwei<br />
KMUs. Optional können sowohl weitere Unternehmen<br />
als auch Forschungseinrichtungen dazustoßen.<br />
Rudelbildung ist ausdrücklich erwünscht.<br />
Wie COIN funktionieren kann, zeigt das Projekt der<br />
„Mobilen Energietankstelle“ (ETS). Ein Konsortium<br />
von Unternehmens- und wissenschaftlichen Partnern<br />
konzipierte im Vorjahr ein flexibles, modular<br />
gestaltbares und kostengünstiges Tankstellensystem,<br />
das in einer Pilotphase erprobt wird. Die mobilen<br />
Tankstellen sollen Elektrofahrzeuge und Hybridautos<br />
mit Strom und Wasserstoff versorgen.<br />
Die Forschungsgruppe besteht aus sechs Unternehmen<br />
(Automotive Solutions, Bitter, Ferrobotics,<br />
Fronius, Graf, Peak Technology), fünf davon sind<br />
KMUs, aus zwei wissenschaftlichen Partnern (LKR<br />
Ranshofen und FH OÖ F&E) und dem Technologiezentrum<br />
TIC Steyr als Netzwerkkoordinator. Diese<br />
Tankstellen sind als „Containerlösung“ ausgelegt<br />
und deshalb rasch aufstellbar, erhalten rasch die<br />
behördlichen Bewilligungen und sind mobil. Dabei<br />
sollen die Tankstellen sowohl strom- als auch<br />
wasserstoffseitig mit primär regenerativer Energie<br />
beschickt werden (so wird der Wasserstoff aus Photovoltaik<br />
gewonnen).<br />
■ Solide Subventionen<br />
Der Zusammenhang zwischen Innovationskraft und<br />
Krisenresistenz bleibt der Wirtschaftspolitik nicht<br />
verborgen. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner<br />
plant in seinem KMU-Paket 09 einen „Ausbau<br />
maßgeschneiderter Förderprogramme“ (siehe Interview<br />
S. 13). So soll der erfolgreiche Innovationsscheck,<br />
der KMUs an Projekte und Forschungskooperationen<br />
heranführen soll, ab dem Jahr 2010 in einer höheren<br />
Fördersumme von 10- bis 20.000 Euro ausgegeben<br />
werden. Bislang berechtigte der Scheck zum Bezug<br />
von Forschungsdienstleistung im Gegenwert von<br />
5.000 Euro. Allerdings soll es künftig einen Selbstbehalt<br />
für den Antragsteller geben.<br />
Neben dem Innovationsscheck plant das Wirtschaftsministerium<br />
eine Aufstockung des Innovationsförderprogramms<br />
COIN (Cooperation & Innovation).<br />
Dabei steht ein Volumen von 21,8 Millionen Euro<br />
■ Forschen trotz Krise<br />
Krisenzeiten bergen die Gefahr, dass F&E-Budgets<br />
gekürzt werden. Für heuer prognostiziert die Industriellenvereinigung<br />
bei Investitionen in Forschung<br />
und Entwicklung ein Minus von 6%. Die schwierige<br />
Ertragslage sowie höhere Hürden bei der Kreditaufnahme<br />
seien dafür die Hauptgründe, meinen die<br />
Lobbyisten vom Schwarzenbergplatz. Die Großen<br />
beugen sich dem Spartrend. Nachdem jahrelang<br />
der private Unternehmenssektor die treibende Kraft<br />
für die steigenden Finanzierungsvolumina von Forschung<br />
und Entwicklung in Österreich darstellte,<br />
geht diese Dynamik nun abrupt zu Ende. Der Forschungs-<br />
und Technologiebericht 2009 ortet einen<br />
Rückgang der österreichischen F&E-Ausgaben aus<br />
dem Ausland. Diese Verringerung sei „auf die sinkende<br />
Finanzierung multinationaler Konzernunternehmen<br />
für die F&E-Aktivitäten ihrer österreichischen<br />
Töchter zurückzuführen“.<br />
10 | unternehmer
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Der grüne Baustoff<br />
Die Idee ist bestechend: Bauteile für Wärmedämmung<br />
oder Brandschutz auch<br />
direkt auf der Baustelle gießen. Jeder Bauherr<br />
soll sich seinen Bauteil selbst gießen können.<br />
Füllungen sollen ebenso auf der Baustelle<br />
machbar werden wie die Herstellung von<br />
formgebenden Baukörpern. Bislang gab es<br />
dabei stets ein Problem: Die bekannten Materialien<br />
wie Ton oder andere Mischungen<br />
mussten gebrannt werden – und bei Mineralschaumprodukten<br />
in sogenannten Autoklaven<br />
bei mindestens 180 Grad ausgehärtet werden.<br />
„Neben dem erheblichen Energieaufwand war<br />
eine Vor-Ort-Verarbeitung von diesen Mineralschaumprodukten<br />
bisher nicht möglich“, erklärt<br />
Michael Schmid die Bedarfslücke für aushärtende<br />
Mineralschäume. Schmid ist Leiter<br />
der Geolyth Mineral Technologie GmbH und<br />
gerade dabei, nach jahrelanger Entwicklungszeit<br />
den Baustoff „Geolyth“ auf den Markt zu<br />
bringen. Geolyth ist ein aus Mineralstoffen<br />
hergestellter, recyclebarer Mineralschaum, der<br />
in jede Form gegossen und – je nach eingestellter<br />
Dichte und Porosität – für Dämmungen,<br />
tragende Bauteile oder als Brand- oder Schallschutz<br />
verwendet werden kann. Das in zäh- bis<br />
dünnflüssiger Form verarbeitete Baumaterial<br />
härtet ohne Brennvorgang von selbst aus.<br />
Neben seiner leichten Einsetzbarkeit setzt<br />
Schmid auf die speziellen Eigenschaften von<br />
Geolyth: Das Material verfügt über eine hohe<br />
Hitzebeständigkeit und erfüllt alle Anforderungen<br />
für die Füllung von Brandschutztüren<br />
oder Brandschutzwänden. Zudem weist es<br />
hervorragende Eigenschaften speziell für<br />
Innendämmungen auf: Es findet in Plattenform<br />
oder als frei aufgetragene Außenbeschichtung<br />
von Kellerwänden oder Mauern<br />
Verwendung. Geolyth zeigt gleich gute oder<br />
bessere Isoliereigenschaften auf wie herkömmlicher<br />
Dämmschutz auf Kunststoffbasis.<br />
Für Schmid ist das Kern-Asset von Geolyth<br />
aber seine Umweltverträglichkeit. „Unsere<br />
Technologie erlaubt eine sichere Entsorgung<br />
und Verwertung der mineralischen Abfallstoffe“,<br />
unterstreicht der Baustoffexperte. „Die<br />
aktuell verwendeten Dämmungen auf Kunststoffbasis<br />
haben den großen Nachteil, dass sie<br />
mehr oder minder das Haus in eine Schicht<br />
aus Plastik einpacken, die als Sondermüll zu<br />
entsorgen ist.“ Das Trauner Unternehmen mit<br />
sechs Mitarbeitern steht jetzt am Ende seiner<br />
fünfjährigen Entwicklungszeit. „Wir sind<br />
markt- und lieferfähig“, betont Schmid. Zurzeit<br />
werden Baustoffhersteller und Messen<br />
besucht, um den atmungsaktiven Mineralschaum<br />
vorzustellen. Außerdem ist die Lizenzvergabe<br />
für Produktionsprozesse samt Verkauf<br />
der Geolyth-Pulver-Mischung an Betriebe geplant,<br />
die diese Schäume dann selbst erzeugen<br />
und in deren Bauteile einbringen.<br />
Risikokapital. Die Geolyth Mineral Technologie<br />
ist dabei, erstmals seit ihrem fünfjährigen<br />
Bestehen Umsätze zu machen. Bislang wurde<br />
das Unternehmen mittels Private-Equity-Beteiligung<br />
und Fördermittel finanziert. Mittel<br />
des FFG-Basisprogramms machten dabei die<br />
finanziellen Bürden etwas leichter. 25% der<br />
1,4 Millionen Forschungskosten wurden von<br />
öffentlicher Hand übernommen. Wesentlich<br />
für den Projekterfolg war die Kooperation mit<br />
dem ACR-Mitglied Bautechnisches Institut<br />
(BTI) Linz. „Durch das Know-how und die Erfahrungen<br />
des BTI konnten wir immer wieder<br />
Kosten und Zeit sparen“, lobt Schmid die Kooperation,<br />
„die Zusammenarbeit füllte Lücken,<br />
die sonst zu einer Verzögerung der Marktreife<br />
geführt hätten.“ Die Partnerschaft werde<br />
„auch künftig Früchte tragen“, versichert der<br />
Geolyth-Manager. Gute Entwicklungspartnerschaften<br />
haben immer Zukunft.<br />
Geolyth soll die gebräuchliche<br />
Palette an Baumaterialien völlig<br />
umkrempeln. Der selbst aushärtende<br />
Baustoff verfügt über<br />
hervorragende Dämm- und<br />
Brandschutzeigenschaften und<br />
kann vor Ort verarbeitet werden.<br />
GF Michael Schmid (unten)<br />
betont die Recyclebarkeit und<br />
Atmungsaktivität des neuen<br />
Materials.<br />
unternehmer | 11
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Forschungsquoten im Internationalen Vergleich<br />
Schweden<br />
Finnland<br />
Österreich<br />
Dänemark<br />
Deutschland<br />
Frankreich<br />
EU 27<br />
Großbritannien<br />
Niederlande<br />
Norwegen<br />
Irland<br />
Spanien<br />
USA<br />
3,6<br />
3,47<br />
2,56<br />
2,55<br />
2,54<br />
2,08<br />
1,85<br />
1,79<br />
1,7<br />
1,64<br />
1,31<br />
1,27<br />
2,67<br />
Aber es findet sich Ersatz: Der Bund (und auf niedrigerem<br />
absolutem Niveau auch die Länder) übernimmt<br />
nunmehr die Vorreiterrolle, was die Entwicklung<br />
der F&E-Finanzierung in Österreich betrifft.<br />
Trotz – oder wegen – der Krise hat der öffentliche<br />
Sektor seine Innovationsausgaben weiter erhöht<br />
und zwar mit ca. 9% in beachtlichem Ausmaß. Der<br />
Bund hat heuer rund 210 Mio. Euro mehr in die Hand<br />
genommen als letztes Jahr, um den heimischen Innovationsdrang<br />
mit insgesamt 2,5 Mrd. Euro am<br />
Leben zu halten – ein Faktum, das international<br />
beachtlich ist. In Deutschland und Großbritannien<br />
wird die F&E-Quote 2009 abnehmen. Insgesamt<br />
gelingt es Österreich – in Verein mit dem sinkenden<br />
BIP, das ja als Divisor in die Berechnung eingeht – die<br />
Forschungsquote auch im Jahr 2009 auf prognostizierte<br />
2,73% zu steigern. Damit liegt Österreich<br />
europaweit an dritter Stelle – nur Schweden und<br />
Finnland investieren relativ zu ihrer Wirtschaftsgröße<br />
mehr als die Alpenrepublik.<br />
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0<br />
Angaben in %, Quelle: Eurostat, Stand 2007<br />
Bruttoinlandsausgaben für F&E 1981–2009<br />
8000<br />
7000<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
2,73<br />
Bruttoinlandsausgaben für F&E (in Mio. EUR)<br />
Bruttoinlandsausgaben für F&E in % des BIP<br />
1981<br />
1985<br />
1989<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009 7.652,27<br />
Quelle: Statistik Austria<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
Es hat sich etwas getan im Staate Österreich. Das<br />
einstige Kellerkind in Sachen Forschung und Entwicklung<br />
ist seit Mitte der 1990er Jahre dabei, seine<br />
Innovationskraft durch gesteigerte Aufwendungen<br />
in den Betrieben und besser dotierte Forschungseinrichtungen<br />
deutlich zu stärken. Die österreichischen<br />
F&E-Ausgaben übertreffen heute den Durchschnitt<br />
der EU-Mitglieder von 1,85% (Werte 2007) bei weitem.<br />
1981 betrug die entsprechende Quote 1,1% des<br />
BIPs gegenüber einem Schnitt der EU-15 von 1,64%.<br />
Mit rund 7,65 Milliarden Euro nehmen Österreichs<br />
Unternehmen und staatliche Agenturen mittlerweile<br />
gehöriges Kapital in die Hand. Strukturell zeigt<br />
sich aber ein Defizit. Kleine und mittlere Betriebe mit<br />
weniger als 250 Mitarbeitern tätigen nur 44% aller<br />
Forschungsausgaben, obwohl sie 99% aller heimischen<br />
Betriebe und 70% der Wirtschaftsleistung<br />
repräsentieren. Knut Consemüller, Vorsitzender des<br />
Rates für Forschung und Technologieentwicklung,<br />
beschrieb die Situation im Gespräch mit dem UN-<br />
TERNEHMER als „unbefriedigend. Wir haben volle<br />
Fördertöpfe und zu wenig Projekte, für die das Geld<br />
verwendet werden kann“.<br />
Zumindest 2009 könnte sich die Sachlage ändern.<br />
„Wir haben ein Realbild, das dem negativen Wirtschaftszyklus<br />
nicht entspricht“, erzählt Klaus Pseiner,<br />
Geschäftsführer der FFG, vom regen Zuspruch<br />
an die Förderprogramme des Bundes. Er berichtet<br />
von einem „diesjährigen Anstieg der Nachfrage nach<br />
öffentlichen Forschungsfinanzierungen um 10%“.<br />
Innovation ist die beste Medizin gegen die Krise.<br />
12 | unternehmer
Rezepte gegen die Krise | Kooperationspreis 2009<br />
Biomasse-Energie für den Globus<br />
Polytechnik steht dort, wo Österreichs<br />
Wirtschaftspolitik seine Unternehmen<br />
immer hinbringen will. Das Unternehmen aus<br />
Weissenbach an der Triesting zählt mit seinen<br />
100 Mitarbeitern in Österreich zu den Technologieführern<br />
im Bereich der Hersteller von<br />
biogenen Verbrennungsanlagen – und zwar<br />
weltweit. Anlagen in Japan, Korea, Chile und<br />
anderen nahen und fernen Exportmärkten<br />
zeugen von globaler Präsenz. Die Exportrate<br />
liegt bei 90%. Derzeit wichtigster europäischer<br />
Markt ist Frankreich: Im Atomstromland<br />
Nummer 1 setzen immer mehr Kommunen<br />
und Betriebe auf Biomasse-Energie.<br />
„Innovation ist in unserer jungen Branche der<br />
wesentliche Erfolgsfaktor im internationalen<br />
Wettbewerb“, weiß Leo Schirnhofer, Gründer<br />
und Lenker des Unternehmens.<br />
Polytechnik wurde der Kooperationspreis<br />
2009 für die Entwicklung einer neuen Feuerungsanlage<br />
zuerkannt, die den jeweiligen<br />
Ansprüchen der Anlagenbetreiber folgt. Der<br />
Kessel kann an die Beschaffenheit der eingesetzten<br />
pelletierten bzw. rieselfähigen Brennstoffe<br />
aus Holz oder aus landwirtschaftlicher<br />
Produktion (Elefantengras, Triticale, Mais, ...)<br />
angepasst werden. Die Befeuerung sowie die<br />
Geometrie des Feuerraums orientieren sich<br />
an Art und Qualität des verwendeten Brennmaterials.<br />
Dadurch erweitert sich das Brennstoffportfolio<br />
und erlaubt dem Betreiber die<br />
größtmögliche Flexibilität in seiner Rohstoff-<br />
Versorgung. Wirkungsgrad und Emissionen<br />
werden stets auf optimalem Level gehalten.<br />
Dies bedeutet einen wesentlichen Vorteil zu<br />
herkömmlichen Biomasseanlagen im mittleren<br />
Leistungsbereich (300 kW–20 MW Einzelkessel).<br />
Rasche Marktreaktion. Zweiter großer<br />
Vorteil der prämierten Polytechnik-Entwicklung<br />
ist die modulare Anlagenkonzeption mit<br />
definierten Schnittstellen. Leo Schirnhofer:<br />
„Wir sind dadurch in der Angebots- und Produktionsphase<br />
wesentlich schneller beim Kunden.“<br />
Je nach gewünschter Nennwärmeleistung<br />
kann dem Kunden rasch ein optimiertes<br />
Produkt mit einem günstigen Preis-Leistungs-<br />
Verhältnis angeboten werden. Schirnhofer:<br />
„Damit punkten wir in den neuen Zielmärkten<br />
Asiens, wo wir oft mit Billiganbietern zu<br />
tun haben. Die Schnelligkeit der Abwicklung<br />
bringt große Vorteile.“ Polytechnik-Anlagen<br />
gehen früher ans Netz als andere.<br />
Kooperation mit ACR-Partner. Die variablen<br />
Biomasse-Feuerungsanlagen aus Weissenbach<br />
wurden nach einem zweijährigen Entwicklungsprozess<br />
zur Marktreife gebracht. In<br />
Summe wurden rund 40% der 600.000 Euro<br />
Entwicklungskosten über das Basisprogramm<br />
des FFG gefördert. Leo Schirnhofer: „Wir hätten<br />
das Programm auch ohne Förderung durchziehen<br />
müssen. Aber dann wäre dies nur über<br />
Learning by Doing gegangen – und hätte uns<br />
viel später in den Markt gehen lassen.“<br />
Für die Entwicklung des modularen Aufbaus<br />
waren Berechnungsparameter für den Kessel<br />
notwendig, die nur über wissenschaftliche<br />
Vorgaben und Testreihen zu ermitteln<br />
waren. Hier kam es zum wiederholten Mal<br />
zu einer Kooperation mit dem ACR-Partner<br />
„Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie<br />
und Technik“ (ofi) in Wien, das wichtige<br />
Untersuchungen bei der Rostentwicklung,<br />
Brennstoffanalysen und -auswahl sowie<br />
Vor-Ort-Messungen des Emissionsvolumens<br />
einbrachte. Von großer Bedeutung war der<br />
ofi-Beitrag zur Entwicklung der selbst lernenden<br />
CO-lambda-Regelung, das Herzstück<br />
der flexiblen und modular zu installierenden<br />
Verbrennungsanlage: Sie ermöglicht die optimale<br />
Verbrennung (Ausbrandoptimierung)<br />
und somit die höchstmögliche Flexibilität des<br />
Systems. Leo Schirnhofer: „Wir sind stolz, dass<br />
wir in unserer Branche die Standards setzen.“<br />
Innovationskraft ist auch eine Frage der richtigen<br />
Partner.<br />
Der Aufbau einer Biomasse-<br />
Anlage im russischen Lesozavod<br />
(Inbetriebnahme 2008) sorgte<br />
bei den Polytechnik-Ingenieuren<br />
bei minus 40 Grad für klamme<br />
Finger. Das Weissenbacher<br />
Unternehmen hat gemeinsam<br />
mit ACR-Instituten eine Befeuerungsanlage<br />
entwickelt, die mit<br />
verschiedensten rieselfähigen<br />
Bio-Brennstoffen beschickt<br />
werden kann. Die aufwändige<br />
Forschungsstrategie von Gründer<br />
Leo Schirnhofer (im Bild mit<br />
Tochter Pia, Projektmanagerin im<br />
Unternehmen) machte Polytechnik<br />
zum Technologieführer<br />
einer noch jungen Branche.<br />
unternehmer | 13
Innovation für KMUs | Interview<br />
„Neues Kraftpaket<br />
für den Mittelstand“<br />
Starke Impulse für den Aufschwung: Wirtschaftsminister Reinhold<br />
Mitterlehner setzt auf die erweiterte Förderung von Innovationen und<br />
verbessert die Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Betriebe.<br />
„Viele KMUs brauchen bei ihren<br />
F&E-Projekten nicht nur finanzielle<br />
Unterstützung, sondern<br />
benötigen auch Entwicklungspartner.<br />
Die ACR vermittelt<br />
erfolgreich beides.“<br />
Wirtschaftsminister<br />
Reinhold Mitterlehner.<br />
Herr Minister,<br />
praktisch jede<br />
Regierung<br />
der vergangenen 20<br />
Jahre hat betont, dass<br />
ihr Forschung und<br />
Entwicklung (F&E) ein<br />
besonderes Anliegen<br />
sei. Aktuell haben Sie<br />
große Bereiche der nationalen<br />
Innovationspolitik<br />
in Österreich zu<br />
verantworten. Wie erfolgreich<br />
sind Sie<br />
Reinhold Mitterlehner:<br />
Die Förderung von Innovationen<br />
ist ein zentrales Ziel des Wirtschaftsministeriums.<br />
Denn gerade Erfolge im Forschungs- und<br />
Entwicklungsbereich können Österreich wieder auf<br />
einen starken Wachstumskurs bringen. Dass wir hier<br />
bereits richtig unterwegs sind, hat im September<br />
auch die Europäische Union bestätigt. Laut einer<br />
Eurostat-Untersuchung liegt Österreich bei der Forschungsquote<br />
bereits auf dem dritten Platz unter<br />
den 27 EU-Mitgliedsländern. Ebenfalls unter den Top<br />
drei ist unser Land beim Anteil der Unternehmen<br />
mit Innovationstätigkeit. Darauf ruhen wir uns aber<br />
nicht aus, wir arbeiten an einer weiteren Verbesserung<br />
unserer Position.<br />
Stehen für Innovationsförderungen ausreichend Mittel<br />
zur Verfügung<br />
Die für diese Erfolge notwendigen Fördermittel werden<br />
trotz der in vielen Bereichen angespannten Budgetlage<br />
nicht gekürzt, sondern um weitere Impulse<br />
ergänzt. So unterstützt das Wirtschaftsministerium<br />
weiterhin den erfolgreichen Innovationsscheck, über<br />
den KMUs 5.000 Euro für Machbarkeitsstudien sowie<br />
zur Vorbereitung von Forschungstätigkeiten erhalten.<br />
Angesichts der großen Erfolge ist sogar eine<br />
Ausweitung angedacht. Schon 27% der geförderten<br />
kleinen und mittleren Betriebe haben zusätzliche<br />
Innovationsaktivitäten gesetzt. Hier kooperieren die<br />
Austria Cooperative Research (ACR) und die Partnerinstitute<br />
sehr erfolgreich mit den mittelständischen<br />
Unternehmen. Langfristig wird Österreich jedenfalls<br />
keinen Kostenwettbewerb, sondern nur einen Qualitäts-,<br />
Technologie- und Innovationswettbewerb<br />
gewinnen können. Dabei ist die Vernetzung unserer<br />
F&E-Ressourcen von enormer Bedeutung.<br />
Kritiker monieren, dass Forschungsförderung ein Instrument<br />
sei, dessen Bedienung nur der Großindustrie<br />
vorbehalten bleibe<br />
Ein Vorurteil, dem wir schon lange mit aller Vehemenz<br />
entgegentreten. Viele Forschungsförderungs-<br />
Angebote – wie etwa die steuerlichen Freibeträge<br />
und die Forschungsprämie – sind für KMUs genauso<br />
geeignet wie für Großbetriebe. Spezielle KMU-Initiativen<br />
wie der Innovationsscheck oder das Förderprogramm<br />
COIN (Cooperation and Innovation) runden<br />
das Angebot ab. Des Weiteren sind die Kooperativen<br />
Forschungsinstitute – zusammengefasst in der ACR –<br />
wichtige Partner der Klein- und Mittelbetriebe. Gerade<br />
die ACR ist eine Einrichtung, die für die Bedürfnisse des<br />
Mittelstandes eingerichtet wurde. Dadurch können<br />
kleine und mittlere Unternehmen ohne Schwellenängste<br />
mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen<br />
zusammenarbeiten. Zudem kommen KMUs über die<br />
ACR auch mit universitären und internationalen Forschungseinrichtungen<br />
in Kontakt, die sonst für einen<br />
Kleinbetrieb nicht unbedingt zum ersten Adressatenkreis<br />
zählen. Besonders die Preisträger des Kooperationspreises<br />
liefern anschauliche Beispiele dafür, wie<br />
Kleinunternehmen mit 5 bis 10 Mitarbeitern erstaunliche<br />
Innovationsleistungen abliefern. Gerade weil wir<br />
mit diesen Initiativen am besten die Bedürfnisse des<br />
Mittelstandes im Innovationsbereich abdecken, ist<br />
das Wirtschaftsministerium der wichtigste finanzielle<br />
Förderer der ACR. Viele KMUs brauchen bei ihren F&E-<br />
Projekten nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern<br />
benötigen auch Entwicklungspartner. Die ACR vermittelt<br />
erfolgreich beides.<br />
Die Wirtschaftskrise scheint ihren Tiefpunkt erreicht<br />
zu haben. Was kommt jetzt auf uns zu<br />
Trotz der bisherigen Erfolge im Krisenmanagement<br />
wird der Weg zu gesunden Wachstumsraten ein<br />
14 | unternehmer
Innovation für KMUs | Interview<br />
langer und steiniger werden. Um gestärkt aus der<br />
Krise hervorzugehen, müssen die Unternehmen den<br />
Strukturwandel vorantreiben und sich in zahlreichen<br />
Bereichen anders positionieren. Umso erfreulicher<br />
ist es, dass gut geführte Firmen die Krise auch als<br />
Chance wahrnehmen und sich von der Markt- und<br />
Angebotsseite her neu aufstellen. Zugleich investieren<br />
sie massiv in Forschung und Entwicklung, um<br />
die wichtigsten Zukunftstrends in ihren Branchen<br />
selbst prägen zu können. Jedenfalls ergeben sich<br />
gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen<br />
zusätzliche Geschäftsfelder und Chancen – etwa in<br />
der Umwelt- und Energietechnik.<br />
Was erwarten Sie sich vom neuen KMU-Paket des<br />
Wirtschaftsministeriums<br />
Es ist ein echtes Kraftpaket für den unternehmerischen<br />
Mittelstand. Das KMU-Paket 09 erleichtert<br />
Finanzierungen, reduziert Bürokratie, sorgt für mehr<br />
Innovationsförderung und bringt ein besseres Image<br />
durch ein neues Gütesiegel für Meisterbetriebe.<br />
Darüber hinaus streben wir eine schnelle GmbH-<br />
Reform an, um zusätzliche Impulse gegen die Rezession<br />
zu setzen. Die Kosten einer Unternehmensgründung<br />
und deren Dauer sollen deutlich sinken. Große<br />
Erwartungen haben wir auch in die bereits umgesetzte<br />
Reform des öffentlichen Vergabeverfahrens.<br />
Davon profitieren besonders regional aktive Kleinund<br />
Mittelbetriebe, weil etwa Gemeinden Aufträge<br />
bis 100.000 Euro direkt – also ohne komplizierte<br />
Ausschreibung – an sie vergeben können.<br />
Welche Rolle wird in Hinkunft die aws übernehmen<br />
Die Finanzierungsunterstützungen sollen von Unternehmen<br />
noch leichter in Anspruch genommen<br />
werden können. Es wird straffere Verfahren, Zinssenkungen<br />
und spätere Kredit-Rückzahlungen geben.<br />
Die aws hat am 1. Oktober beispielsweise bei<br />
den stark nachgefragten ERP-Kleinkrediten den Fixzinssatz<br />
von 2 auf 1,5% gesenkt. Dazu kommt, dass<br />
die Unterstützungen schon ab dem ersten Verwendungsnachweis<br />
und nicht erst nach Fertigstellung<br />
der Investition angewiesen werden. Das bedeutet,<br />
dass die Mittel rascher im Unternehmen ankommen.<br />
Zudem verhandeln wir mit dem Finanzministerium,<br />
inwiefern wir bei Haftungen für Kreditvergaben<br />
mehr Risiko nehmen können. Wir sind ja nicht<br />
mehr in einer Liquiditäts-, sondern in einer Bonitätskrise.<br />
Geld steht bei Banken mittlerweile wieder zur<br />
Verfügung, allerdings sind deren Anforderungen an<br />
die Sicherheiten gestiegen.<br />
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl hat ein<br />
drittes Konjunkturpaket zur Schaffung von 10.000<br />
neuen Arbeitsplätzen gefordert. Sie haben sich in<br />
mehreren Interviews ablehnend geäußert. Warum<br />
Konjunkturpakete muss man richtig dosieren und<br />
zum richtigen Zeitpunkt einsetzen. Wir haben zwei<br />
umgesetzt; wenn jetzt schon wieder ein neues am<br />
Horizont auftaucht, werden Investitionen möglicherweise<br />
in der Hoffnung auf dieses Paket aufgeschoben.<br />
Außerdem soll der Staat so wenig wie<br />
möglich in die Marktwirtschaft eingreifen. Wenn<br />
man immer weitere Impulse zur Ankurbelung der<br />
Nachfrage setzt, erzeugt das eine Künstlichkeit auf<br />
dem Markt, die zu einem noch größeren Problem<br />
führen kann.<br />
Aber Maßnahmen wie die Förderung der thermischen<br />
Sanierung haben einen privaten Investitionsboom<br />
gebracht, der für mittelständische Unternehmen des<br />
Bau- und Baunebengewerbes stark wirksam wurde.<br />
Dafür gibt es keine Fortsetzung<br />
Die Förderungsaktion war ein großer Erfolg bei den<br />
privaten Haushalten: Die 50 Millionen Euro waren innerhalb<br />
weniger Wochen „ausgebucht“ und wir haben<br />
kurzfristig auf 64 Millionen aufgestockt. Rund 14.000<br />
Haushalte haben damit ihren Energieverbrauch<br />
reduziert. Die Förderung betrug durchschnittlich<br />
4.000 Euro pro Haushalt, womit die Haushalte an<br />
Österreichs Unternehmen Aufträge von 520 Millionen<br />
Euro vergeben haben. Darüber hinaus haben wir<br />
die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema „Energiesparen“<br />
gelenkt. Das sehe ich auch als wichtige<br />
Aufgabe einer Regierung: die Konsumausgaben der<br />
privaten Haushalte in die richtige Richtung zu lenken,<br />
ohne neue Vorschriften zu erlassen.<br />
Also keine Fortsetzung<br />
Wir arbeiten derzeit gerade am Gesamtenergieplan.<br />
Der soll bis Ende des Jahres fertig werden. In<br />
diesem Zusammenhang sind auch weitere Anreize<br />
für die thermische Sanierung, aber natürlich auch<br />
für alternative Energien angedacht, weil damit neue<br />
Zukunftsfelder im technologischen Bereich eröffnet<br />
werden. Die Mittel dafür sind aufgrund unserer<br />
vorangegangenen Konjunkturanstrengungen limitiert.<br />
Aber es wird etwas geben.<br />
Am Schluss zur Kehrseite der Medaille: Zusammen<br />
mit den Bundesländern hat die Regierung 4,2% des<br />
Bruttoinlandsprodukts in Konjunkturmaßnahmen<br />
sowie in die Stärkung der Kaufkraft investiert. Wie<br />
wird die Rechnung beglichen<br />
Die bequemste Art, diese Schulden loszuwerden,<br />
wäre ein einigermaßen konstantes Wirtschaftswachstum.<br />
Wir brauchen mindestens 2% Wachstum,<br />
was wir mittelfristig durchaus erreichen<br />
können. Der zweite Ansatzpunkt ist der Verwaltungsbereich,<br />
hier müssen wir kostendämpfend<br />
agieren – auch um international konkurrenzfähig<br />
zu bleiben.<br />
„Langfristig wird Österreich<br />
keinen Kostenwettbewerb,<br />
sondern nur einen Qualitäts-,<br />
Technologie- und Innovationswettbewerb<br />
gewinnen können.<br />
Dabei ist die Vernetzung unserer<br />
F&E-Ressourcen von enormer<br />
Bedeutung.“<br />
Wirtschaftsminister<br />
Reinhold Mitterlehner.<br />
unternehmer | 15
Innovation für KMUs | Kollektive Forschung<br />
Gemeinsame Stärken<br />
Mitbewerber müssen zu Partnern werden. Kollektive Forschung bringt mittelständischen<br />
Unternehmen den Zugang zu grundlegenden Innovationen<br />
ihrer Branche. Die Entwicklungen bringen entscheidende Wettbewerbsvorteile<br />
auf der Produktions- und Produktebene.<br />
Das CORNET-Projekt „TATTOO“<br />
entwickelte für die boomende<br />
Branche der Hautkünstler wissenschaftlich<br />
fundierte Qualitätskriterien<br />
für Material und<br />
Hygiene. Bis dahin wurden<br />
Farben verwendet, die auch als<br />
Autolacke eingesetzt werden<br />
konnten. „Wir suchten nach<br />
Standards, die diese höchst<br />
anspruchsvolle Tätigkeit auf<br />
einem zufriedenstellenden<br />
Niveau regelt“, erklärt Hermann<br />
Talowski, Bundesinnungsmeister<br />
der Kosmetiker, Fußpfleger<br />
und Masseure (Bild unten). 2009<br />
wurde in einer Verordnung des<br />
Wirtschaftsministeriums die Beschaffenheit<br />
von unbedenklicher<br />
Tätowierfarbe auf Basis der<br />
CORNET-Ergebnisse geregelt.<br />
Holz hat Charakter. Es lässt sich nicht beliebig<br />
verbiegen. Und es geht nur selten Verbindungen<br />
ein. „Der Verbund von Holz mit<br />
Kunststoffbeschichtungen kennt unzählige Facetten.<br />
Er reagiert unter verschiedenen Bedingungen sehr<br />
unterschiedlich“, beschreibt Robert Putz seine berufliche<br />
Herausforderung. Er ist Leiter des Forschungsbereiches<br />
„Holz-Polymer-Verbundwerkstoffe“ der<br />
ober-österreichischen „Kompetenzzentrum Holz<br />
GmbH“, die sich mit Erforschung und Entwicklung<br />
des Werkstoffes Holz auseinandersetzt. Die Erhöhung<br />
der Witterungsbeständigkeit von Holz ist dabei<br />
ein ständiges Thema. Ziel ist es, den natürlichen<br />
Werkstoff als Terrassendiele oder Fassadenverkleidung<br />
ohne mittelfris-tige Ablaufzeit einsetzen zu<br />
können.<br />
Verbundwerkstoffe aus Holz und Kunststoff gelten<br />
als mögliche Lösung, die Haltbarkeit des biogenen<br />
Werkstoffes dramatisch zu erhöhen. Die Schwierigkeit<br />
dabei ist die große Abneigung, die die beiden<br />
Materialien von Natur aus zueinander hegen. „Wir<br />
forschen und testen, unter welchen Bedingungen<br />
Holz und Kunststoff am besten harmonieren“, erklärt<br />
Putz.<br />
Dem hohen Forschungsbedarf bei Holz steht europaweit<br />
eine klein strukturierte Möbel-, Holzbau- und<br />
Tischlereibranche gegenüber, in der es nur wenige<br />
große Leitbetriebe gibt. „Für die klein- und mittelständischen<br />
Betriebe unserer Branche sind große<br />
Investitionen in den Forschungs- und Entwicklungsbereich<br />
aus eigener Kraft kaum finanzierbar“, weiß<br />
Jürgen Müller, Manager des Möbel- und Holzbau-<br />
Clusters in Oberösterreich. Seine Aufgabe ist es,<br />
durch Vernetzungen kleinen Unternehmen Zugang<br />
zu den großen Entwicklungen der Holz- und Möbelbranche<br />
zu bringen. Auf Vermittlung der ACR wurde<br />
unter Federführung des oberösterreichischen Holz-<br />
Clusters das CORNET-Programm „Wood Composites<br />
Project“ (WCP) gestartet: Gemeinsam mit einer deutschen<br />
und zypriotischen Innovationsagentur wurde<br />
in einem zweijährigen Test- und Entwicklungsprogramm<br />
nach Oberflächentechnologien gesucht, die<br />
Bodenbeläge im Außenbereich widerstandsfähiger<br />
machen. Die Ergebnisse des im Sommer 2009 ausgelaufenen<br />
Projektes werden anfangs unter den beteiligten<br />
Unternehmen, später aber auch öffentlich<br />
zugänglich gemacht.<br />
■ Forschung für die Zukunft<br />
Innovation ist einer der wesentlichen Wachstumstreiber<br />
der Wirtschaft. Das CORNET-Programm des<br />
European-Research-Area-Netzes wurde ins Leben<br />
gerufen, um die Kluft zwischen klein- und mittelständischen<br />
Unternehmen und deren ungestilltem<br />
Wissensbedarf zu schließen. Im Vordergrund steht<br />
dabei die Methode der grenzüberschreitenden<br />
kollektiven Forschung, die über Fach- und Berufsverbände<br />
organisiert wird. Finanziert werden die<br />
Programme aus den Budgets der nationalen Fördertöpfe.<br />
Im Fall des WCP-Projektes waren neben dem<br />
ober-österreichischen Möbel- und Holzbau-Cluster,<br />
der das Lead-Management stellte, zwei weitere Innovations-agenturen<br />
aus Deutschland und Zypern<br />
eingebunden (Deutsche Gesellschaft für Holzforschung/München<br />
und die Cyprus Union of Furniture<br />
Makers and Carpenters/Nikosia). Die operative<br />
Forschungs- und Entwicklungsarbeit wurde von nationalen<br />
Forschungsinstituten geleistet, die von den<br />
Cluster-Gesellschaften eingeladen werden.<br />
In sämtlichen CORNET-Programmen wird die Einbindung<br />
mittelständischer Unternehmen auf nationaler<br />
Ebene durch „User Committees“ sichergestellt. Hier<br />
bringen Partnerunternehmen ihre Interessen ein<br />
16 | unternehmer
Innovation für KMUs | Kollektive Forschung<br />
und profitieren unmittelbar von den Forschungsergebnissen.<br />
Im Gegenzug beteiligen sie sich – je<br />
nach nationaler Regelung – entweder finanziell an<br />
den Projektkosten und/oder bringen sich nach ihren<br />
Möglichkeiten in den Forschungsaufgaben ein. Viele<br />
KMUs haben Test- und Analysemöglichkeiten, die<br />
in den Forschungseinrichtungen nicht vorrätig<br />
sind. Durch diese Form der Kooperation zwischen<br />
Unternehmen und Forschungspartnern können<br />
unternehmensspezifisch Verarbeitungs- oder Herstellungsprobleme<br />
mit Hilfe internationaler Forschungsinstitute<br />
gelöst werden. Die beteiligten<br />
Partnerunternehmen profitieren außerdem vom bevorzugten<br />
Zugang zu den Forschungsergebnissen,<br />
die auf Jahrestagungen und in schriftlichen Endberichten<br />
publiziert werden. Dabei ist CORNET nur ein<br />
Beispiel, wie Collective Research organisiert werden<br />
kann. EurotransBIO und eTra-Net sind vergleichbare<br />
Programme auf dem Gebiet der Biotechnologie und<br />
Telekommunikation.<br />
■ Hautnah<br />
Wenn David Beckham sich den Namen seiner Ehefrau<br />
Victoria in Hindi-Schrift auf den Unterarm tätowieren<br />
lässt, ist das europaweit eine Schlagzeile wert.<br />
Wenn es dabei zu einem Übersetzungsfehler kommt<br />
(„Vihctoria“), dann ist das freilich unangenehm. Tattoo-Korrekturen<br />
sind immer noch ein Fall für die Dermatologen.<br />
Das einstige Medium einer Subkultur ist<br />
heute Allgemeingut. Tattoos sind schick und gefragt –<br />
ebenso wie „Permanent-Make-up“.<br />
Mit der Nachfrage nach Tattoos stieg europaweit das<br />
Angebot an entsprechenden Dienstleistungen – und<br />
damit das Qualitätsbedürfnis. „Es gibt keine internationalen<br />
Standards, die diese hygienisch höchst anspruchsvolle<br />
Tätigkeit auf einem zufriedenstellenden<br />
Niveau regelt“, klagt Hermann Talowski, Inhaber<br />
eines Kosmetiksalons bei Graz (6 Mitarbeiter) und<br />
Bundesinnungsmeister der Kosmetiker, Fußpfleger<br />
und Masseure. Neben gemeinsamen Hygienestandards<br />
fehlen der frisch gewachsenen Tattoo-Branche<br />
zuverlässige Kenntnisse über die Zusammensetzung<br />
ihres wichtigsten Werkstoffes: der Farben. Die Hautkolorierungen<br />
wurden mitunter über Mittel herbeigeführt,<br />
die ursprünglich als Autolacke oder Schreibtinte<br />
konzipiert waren.<br />
Die Fragen lagen auf dem Tisch. Ein CORNET-Programm<br />
liefert die Antworten. Das Projekt „Health<br />
Safety in Connection with the Use of Tattoo and<br />
Permanent Make-up“ lieferte die wissenschaftliche<br />
Basis für verpflichtende Qualitätsregeln. Das Tattoo-<br />
Konzept zählte 2006 zu den ersten CORNET-Programmen,<br />
die wissenschaftliche Innovation für das<br />
klein- und mittelständische Segment in Europa verfügbar<br />
machten. Die Ergebnisse fanden in Österreich<br />
bereits legisti-sche Umsetzung. Im Jänner 2009 wurde<br />
in einer Verordnung des Wirtschaftsministeriums Das CORNET-Programm „Wood<br />
die Beschaffenheit von unbedenklicher Tätowierfarbe<br />
bestimmt.<br />
Witterungsbeständigkeit von<br />
Composites Project“ will die<br />
Verbundstoffen aus Holz und<br />
■ Luft nach oben<br />
Kunststoff verbessern. Lange<br />
Kollektive Forschung ist für kleine Unternehmen der Testreihen und neue Beschichtungen<br />
brachten die gesuchte<br />
naheliegende Ausweg aus der Innovationsklemme.<br />
Gemeinsame Anstrengungen der KMUs, gepaart Innovation. Der österreichische<br />
mit dem Forschungsinteresse von inner- und außeruniversitären<br />
Einrichtungen sowie der Moderation und der Wissenschaftler Robert<br />
Projektkoordinator Jürgen Müller<br />
und Subvention nationaler Forschungsagenturen, Putz (v.l.n.r.) vom Kompetenzzentrum<br />
Holz unterstreichen die<br />
ebnen den Zugang zu wettbewerbsentscheidenden<br />
Entwicklungen. Das Problem dabei: Mittelständische Bedeutung der internationalen<br />
Unternehmer sehen in branchennahen Mitbewerbern<br />
in erster Linie den potenziellen Konkurrenten Forschungspartnerschaften,<br />
Zusammenarbeit: „Es entstehen<br />
und nicht den Forschungspartner. Diese europaweit die auch nach dem Projektende<br />
gültige Grundhaltung hat für Österreich zur Folge, gepflogen werden.“<br />
dass Eurostat unter heimischen KMUs durchaus<br />
noch Nachholpotenzial in Sachen „Gemeinsame<br />
Entwicklung“ sieht: Das europäische Statistikamt erhob,<br />
in welchem Ausmaß KMUs zwischen 2002 und<br />
2004 mit anderen Partnern im Innovationsbereich<br />
zusammengearbeitet haben. Österreich lag in einem<br />
Ranking der EU-27 plus Norwegen an schwacher 20.<br />
Stelle. Die Anstrengungen der ACR und sämtlicher Innovationsagenturen,<br />
Formen der Kollektivforschung<br />
unter den heimischen Clustern bekannt zu machen,<br />
sind seither massiv ausgebaut worden. Kooperierende<br />
Unternehmen entwickeln Lösungen, die ein einzelnes<br />
Unternehmen nicht einmal andenken kann.<br />
Das CORNET-Programm<br />
Zielgruppe: Unternehmen, kooperative Forschungseinrichtungen und Forschungseinrichtungen<br />
mit Intermediärsfunktion, Interessenvertretungen<br />
Konsortium: Projektkonsortien müssen aus mindestens einer Interessenvertretung,<br />
mindestens fünf Unternehmen und mindestens einem Forschungsinstitut bestehen.<br />
Förderungshöhe: max. bis zu 60% mit einem Zuschuss<br />
Downloads und weitere Informationen:<br />
www.ffg.at, Menüpunkt Basisprogramme/Collective Researchunternehmer<br />
| 17
Innovation für KMUs | Das Service der ACR<br />
Das Service der ACR<br />
Die 16 Forschungsinstitute der ACR sind Spezialisten für Entwicklungsfragen<br />
in kleinen und mittelständischen Unternehmen.<br />
Ihre Servicestelle weist dabei den KMUs den Weg zum richtigen<br />
Ansprechpartner und zur passenden Förderung.<br />
18 | unternehmer
Innovation für KMUs | Das Service der ACR<br />
Am Anfang stand der Kampf gegen die Nager.<br />
Klaus Käsmeier ärgerte sich, dass Mäuse immer<br />
wieder die Kabeldurchführungen seines<br />
Lagers nutzten, um es sich in Büro- und Werkshallen<br />
bequem zu machen. Er berichtet von wahren Biotopen,<br />
die sich in den Leitungstrassen breitgemacht hatten.<br />
„Neben der unerwünschten Nachbarschaft waren vor<br />
allem die Schäden an den Kabeln eine Katastrophe“,<br />
ärgert sich Käsmeier immer noch. Die Weichmacher in<br />
den Kabelisolierungen standen bei den grauen Spitzgesichtern<br />
hoch im Kurs. Käsmeier machte sich daran,<br />
Lösungen für das leidige Problem zu suchen: „Spätestens,<br />
wenn wieder neue Netzwerkkabel oder Telefonanschlüsse<br />
durch Wände verlegt werden mussten,<br />
war das Problem der Mäuse wieder da“, erinnert sich<br />
der gebürtige Deutsche an vergebliche Abschottungsversuche.<br />
Die Lösung ließ er sich 2007 patentieren: Ein<br />
siphonförmiger Blechkasten wird in den Mauerdurchlass<br />
eingepasst, die Leitung durchgezogen und der<br />
Kasten mit Granulat oder Quarzsand gefüllt. Für das<br />
Verlegen neuer Kabel wird der Sand einfach abgelassen,<br />
Kabel werden installiert und der Durchlass wird<br />
wieder befüllt. Bei Tests zeigte das Konzept verblüffende<br />
Wirkung: Es hinderte nicht nur sämtliches Getier an<br />
der zwischenräumlichen Migration, sondern erwies<br />
sich als feuerhemmend und rauchgasundurchlässig.<br />
Der Zusatznutzen des Brand-und Rauchgasschutzes<br />
verlieh dem Projekt „CableProtec“ neue Dynamik. Käsmeier<br />
und sein Kompagnon Heinz Reitzinger suchten<br />
professionellen Beistand, um die notwendigen Brandschutz-Zertifikate<br />
zu besorgen. Beim Linzer Institut<br />
für Brandschutz und Sicherheitsforschung IBS, einem<br />
ACR-Institut, kamen sie an die richtige Adresse. „‚Cable-<br />
Protec‘ war ein Projekt mit erstaunlichen Brandschutzeffekten“,<br />
erinnert sich der IBS-Bereichsleiter Thomas<br />
Trauner an das ursprünglich als Mäuseschreck konzipierte<br />
Vorhaben. Dazu lieferten die IBS-Techniker die<br />
notwendigen Untersuchungen und Ratschläge, um<br />
„CableProtec“ mit dem T120-Zertifikat auszustatten,<br />
das eine 2-stündige Feuerbeständigkeit zusichert. Ein<br />
mit Hilfe der ACR mobilisierter Innovationsscheck half,<br />
die Kosten der Entwicklung und Zertifizierung für das<br />
Start-up „CableProtec“ moderat zu halten. „Das war<br />
gut investiertes Kapital“, ist Klaus Käsmeier zufrieden.<br />
Seine Entwicklung ist bereits im gut sortierten Bauhandel<br />
zu finden.<br />
■ Lotse in der Finsternis<br />
Das Institut für Brandschutz und Sicherheitsforschung<br />
ist Mitglied der Austrian Cooperative Research ACR,<br />
einer Dachorganisation von 16 hochspezialisierten<br />
außeruniversitären Forschungsinstituten der unterschiedlichsten<br />
Fachrichtungen. Die ACR-Mitglieder<br />
haben sich allesamt in ihrer Arbeit auf Problemstellungen<br />
von kleinen und mittleren Unternehmen<br />
konzentriert. Dabei erfolgt die Forschungstätigkeit in<br />
enger Kooperation mit den Unternehmen, was nicht<br />
selten zu weiteren gemeinsamen Aktivitäten führt.<br />
Johann Jäger ist Geschäftsführer der ACR und ausgewiesener<br />
Kenner der österreichischen Förderlandschaft:<br />
„Wir sind Ansprechpartner aller Entscheidungsträger<br />
in kleinen und mittleren Unternehmen,<br />
die nach Forschungspartnern suchen.“ Jäger sieht es<br />
als seine Aufgabe, „den innovativen Unternehmern die<br />
richtigen Kontakte zu vermitteln“. Er beschreibt sich<br />
und sein Team als „die Servicestelle innerhalb der ACR,<br />
Klaus Käsmeier (l.) und Heinz<br />
Reitzinger checken ihr erstes<br />
Serienmuster einer Deckendurchführung<br />
nach ihrem<br />
eigenen Patent. Sie sind bis<br />
zur Marktreife einen weiten<br />
Weg gegangen. Die ACR hat sie<br />
dabei ein Stück begleitet.<br />
Gutschein für alle Fälle<br />
Der Innovationsscheck soll Unternehmer an ihre ersten Forschungsprojekte<br />
heranführen. Seit dem Start des Programms<br />
vor zwei Jahren wurden rund 2.700 Genehmigungen erteilt.<br />
73% aller Antragsteller hatten zuvor keinen Kontakt mit Forschung<br />
und Entwicklung. Mit dem Innovationsscheck können<br />
sich die Unternehmen an Forschungseinrichtungen (außeruniversitäre<br />
Forschungseinrichtungen, Fachhochschulen und<br />
Universitäten) wenden und je nach Bedarf deren Leistungen<br />
bis zu einer Höhe von 5.000 Euro mit diesem Scheck bezahlen.<br />
Angesichts der positiven Bilanz wird derzeit ein Ausbau des<br />
Innovationsschecks um eine zweite Förderschiene geprüft:<br />
Dabei soll ab dem Jahr 2010 eine höhere Fördersumme (z.B.<br />
10.000–20.000 Euro) ausgegeben werden – jedoch mit einem<br />
Selbstbehalt für den Antragsteller.<br />
Mehr dazu unter www.ffg.at<br />
Mehr kooperative Forschung in KMUs<br />
Das neue Programm COIN (Cooperation & Innovation) zielt<br />
darauf ab, die kooperative Forschungs- und Technologieentwicklungstätigkeit<br />
von mittelständischen Unternehmen im<br />
Zusammenspiel mit universitären und außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen zu stimulieren. Während die<br />
Programmlinie „Aufbau“ auf die Stärkung und Kooperation<br />
von Forschungseinrichtungen abzielt, wendet sich die zweite<br />
Programmlinie „Kooperation und Netzwerke“ an mittelständische<br />
Unternehmen, Einrichtungen des Technologietransfers<br />
(Technologie-, Innovations- und Gründerzentren, ...) sowie<br />
F&E-Einrichtungen (universitär und außeruniversitär). Voraussetzung<br />
für die Einreichung eines Förderungsantrags ist<br />
ein Konsortium bestehend aus mind. 3 Unternehmen (davon<br />
mind. 2 KMU), die Integration einer Forschungseinrichtung<br />
ist erwünscht. Das Mindestprojektvolumen liegt bei 100.000<br />
Euro, gefördert werden max. 60 % oder 500.000 Euro. COIN<br />
wird im Auftrag des bmvit und des BMWFJ durchgeführt.<br />
Informationen über CORNET, ein weiteres Programm aus dem<br />
Bereich der kollektiven Forschung, finden sich auf Seite 16.
Innovation für KMUs | Das Service der ACR<br />
die den Unternehmern zeigt, wer ihre Lösungen hat“.<br />
Finden sich im eigenen Verbund nicht die richtigen<br />
Adressen für ein Projekt, werden die Verbindungen zu<br />
anderen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen<br />
aktiviert. „In Österreich wurde während<br />
der vergangenen zehn Jahre ein gut dotiertes<br />
Forschungsförderungssystem aufgebaut, wo sich für<br />
ACR-Geschäftsführer Johann gute Ideen immer ein Förderprogramm und ein Forschungspartner<br />
finden.“ Sehr häufig ist es aber mit<br />
Jäger ermuntert die mittelständischen<br />
Unternehmer, der Zusammenarbeit mit einem Forschungsinstitut<br />
sich in Innovationsfragen an nicht getan. Bei derartigen Projekten laufen Jäger und<br />
die Geschäftsstelle der ACR seine Mitarbeiter zu großer Form auf: „Große Projekte<br />
zu wenden: „Eine gute Idee ist mit mehreren Schwerpunkten können von kleinen und<br />
immer Anlass für ein Gespräch. mittleren Unternehmen nur gemeinsam angegangen<br />
werden.“ Sobald ein Konsortium aus mehreren<br />
Und kostenlose Information ist<br />
nie umsonst.“ KMUs und Forschungseinrichtungen gezimmert<br />
wurde, kann unter mehreren grenzübergreifenden Förderprogrammen<br />
gewählt werden (siehe Bericht auf S.<br />
16). Die Fördergrenzen reichen dabei bis zu 60% des<br />
Projektvolumens. Johann Jäger wird nicht müde, die<br />
mittelständischen Unternehmer aufzufordern, sich<br />
in allen Fragen der betrieblichen Innovation an die<br />
Geschäftsstelle der ACR zu wenden: „Wir haben hier<br />
einen Überblick über die gesamte Struktur an Forschungsinstitutionen<br />
und Förderprogrammen Österreichs.<br />
Eine gute Idee ist immer Anlass für ein Gespräch.<br />
Und kostenlose Information ist nie umsonst.“<br />
Die Grenzen des Machbaren<br />
Mit der Programmlinie „Feasibility Studies“ wird die Erstellung von Machbarkeitsstudien<br />
unterstützt, die von Klein- und Mittelbetrieben bei Forschungsinstitutionen und<br />
anderen qualifizierten Einrichtungen in Auftrag gegeben werden. Voraussetzung für<br />
die Förderung einer Feasibility-Studie sind die Idee eines Klein- und Mittelbetriebes,<br />
die näher untersuchenswert erscheint, sowie ein Angebot eines externen Studienerstellers,<br />
der die nötige fachliche Kompetenz und Erfahrung dafür nachweisen<br />
kann. Antragsberechtigt sind Klein- und Mittelbetriebe bis 250 Mitarbeiter mit Sitz in<br />
Österreich. Die Kosten der externen Studie können mit bis zu 75% gefördert werden,<br />
maximal jedoch mit 12.000 Euro. Die Auszahlung der Förderung erfolgt in zwei Raten:<br />
bei Vertragsabschluss und nach Ende der Studie.<br />
Mehr dazu unter www.ffg.at<br />
Multi unter den Förderprogrammen<br />
Die Projektförderung im Rahmen der Basisprogramme der FFG ist weder an bestimmte<br />
Forschungsthemen noch an Ausschreibungstermine gebunden. Daher gilt<br />
das Basisprogramm als das universellste unter den Forschungsförderungsprogrammen<br />
mit Zielgruppe KMUs.<br />
Gefördert werden eigene Personalkosten, Anschaffungen von Forschungsgeräten<br />
und -einrichtungen sowie sonstige Kosten (Leistungen Dritter, Materialkosten,<br />
Reisekosten, Patentanmeldekosten). Die Förderung umfasst bis zu 50% (für Start-ups<br />
bis zu 70%) der insgesamt anerkennbaren Projektkosten mittels eines Mix aus drei<br />
verschiedenen Instrumenten: Zuschüsse, zinsbegünstigte Darlehen und Haftungen<br />
für Bankkredite plus Zinsenzuschüsse. In den meisten Bundesländern erfolgt noch<br />
eine Aufstockung der Förderung durch Landesmittel.<br />
20 | unternehmer<br />
Mehr dazu unter www.ffg.at<br />
■ Mobilisierung von Förderungen<br />
Forschung und Entwicklung fordern ihren Preis – Kapital,<br />
das in mittelständischen Betrieben selten im<br />
Überfluss vorhanden ist. Der Bund (und in deutlich<br />
geringerer Form auch die Länder) hat eine Förderlandschaft<br />
aufgebaut, die er in diesem Jahr mit 7,65 Mrd.<br />
Euro dotiert. Dieses Kapital wird in Form zahlreicher<br />
Programme kanalisiert. Johann Jäger: „Es gehört zu<br />
unseren Aufgaben, den kreativen Unternehmen nicht<br />
nur die richtigen Forschungspartner zu nennen, sondern<br />
auch den Zugang zu den passenden Förderungen<br />
zu ebnen.“<br />
Im Wesentlichen gedeihen im Förderdschungel vier<br />
Subventionsprogramme für innovationswillige Mittelständler:<br />
• der Innovationsscheck<br />
• die Machbarkeitsstudie<br />
• die Basisprogramme<br />
• das CORNET-Programm im Rahmen der Collective<br />
Research<br />
• COIN (Cooperation & Innovation) Programmlinie<br />
„Kooperation und Netzwerke“<br />
Trotz aller Unterstützung sind Eigenmittel unverzichtbar.<br />
Es gibt keine 100-prozentigen Förderquoten.<br />
■ Nichts für Zauderer<br />
Daher braucht Innovation Mut. Forschung und Innovation<br />
verlangen dem Unternehmer sehr viel ab. Es<br />
gibt Verzögerungen, Schwierigkeiten und finanzielle<br />
Engpässe. Für Klaus Käsmeier sind die Tage noch nicht<br />
allzu fern, „an denen ich mich fragte, wozu das alles<br />
gut sein soll“.<br />
Dennoch wagen immer mehr Unternehmer den<br />
Schritt ins Ungewisse. 2008 haben exakt 8.104 Unternehmen<br />
die wissenschaftliche Expertise und die<br />
Forschungsinfrastruktur der ACR-Einrichtungen genutzt.<br />
„Der Übergang von Innovation und Entwicklung<br />
zu Hightech-Forschung ist fließend“, schreibt der<br />
Präsident der ACR, der oberösterreichische Unternehmer<br />
Martin Leitl, im Jahresbericht 2008, „und gerade<br />
KMUs brauchen entsprechende Unterstützung, die sie<br />
von den gemeinnützigen ACR-Instituten in besonderer<br />
Weise erhalten.“ Der Reiz in der mittelständischen Forschung<br />
liegt in der besonderen Kombination aus Altem<br />
und Neuem. Martin Leitl: „Die von ACR-Instituten<br />
durchgeführten Forschungsprojekte zeigen, dass der<br />
größte Fortschritt dort entsteht, wo traditionelles<br />
Handwerk und neueste Technologie zusammenkommen:<br />
Wenn man beispielsweise Mikrowellen für die<br />
Holzforschung nutzt oder Computertomographie in<br />
der Gießerei einsetzt.“ Oder Quarzsand zur Mäuseverhütung.
Innovation für KMUs | Das Service der ACR<br />
„Wir müssen mit Innovation punkten“<br />
Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern<br />
finden wesentlich schwerer in die Innovationsförder-Programme<br />
als mittlere und große Unternehmen.<br />
Wie kann man Klein- und Kleinst-<br />
Unternehmen auf Augenhöhe mit den großen<br />
Förderprofis bringen<br />
Christoph Leitl: Es zeichnet Unternehmer aus,<br />
dass sie Initiative ergreifen, Neues wagen, Ressourcen<br />
mobilisieren. Dass eine Förderung nicht<br />
kompliziert sein muss, zeigt seit mehr als zwei<br />
Jahren der Innovationsscheck, den bisher mehr<br />
als 2.500 Betriebe genutzt haben. Zugleich stehen<br />
den Betrieben die Förderberater der Wirtschaftskammern<br />
oder des Austria Wirtschaftsservice<br />
mit Rat und Tat zur Seite.<br />
Wo beginnt im Bereich der Forschung & Entwicklung<br />
(F&E) die unternehmerische Eigenverantwortung<br />
und wo endet die staatliche Aufgabe,<br />
Innovationstätigkeit zu stimulieren<br />
Es nützt allen, dass sich Unternehmen in Forschung<br />
& Innovation engagieren und neues<br />
Wissen erfolgreich am Markt umsetzen. Wenn<br />
die öffentliche Hand Anreize dort setzt, wo sie<br />
dieses Engagement über die rein betriebswirtschaftlichen<br />
Grenzen hinausführen kann, können<br />
Unternehmen größere Innovationsschritte<br />
bewältigen. Österreich kann einen Kostenwettbewerb<br />
nicht gewinnen. Daher müssen wir mit<br />
Innovation und Qualifikation punkten. Jetzt gilt<br />
es, diese Anstrengungen antizyklisch zu unterstützen.<br />
Unser Wohlstand hängt davon ab, dass<br />
der Staat auch in schwierigen Zeiten konsequent<br />
in F&E investiert. Hier ist uns aber in den<br />
vergangenen Jahren auch einiges gelungen. Im<br />
Bereich der „Innovation“ befindet sich Österreich<br />
unter den Top-Nationen Europas.<br />
Zur heimischen Wirtschaftsverfassung: Haben<br />
Österreichs kleine und mittlere Unternehmen<br />
den Talboden der Krise bereits kennengelernt<br />
Die Talsohle ist erreicht, es herrscht aber noch<br />
Unsicherheit über die weitere Entwicklung. Deshalb<br />
ist es für eine Entwarnung zu früh. Um eine<br />
Initialzündung für einen echten Aufschwung<br />
zu setzen, sollte es einen Handwerkerbonus<br />
geben, bei dem ein Teil der Handwerkerkosten<br />
steuerlich abgesetzt werden kann. Das nützt<br />
den Betrieben und den Konsumenten und hilft<br />
uns im Kampf gegen den Pfusch. Dazu kommen<br />
thermische Sanierung, die Abschaffung der<br />
Kreditvertragsgebühr oder eine Investitionszuwachsprämie.<br />
Was ist in den kommenden<br />
Monaten an Auswirkungen<br />
und Folgen noch<br />
zu erwarten<br />
Vorsicht und Realismus<br />
sind angebracht. Es gibt<br />
eine leichte Erholung,<br />
aber sie ist moderat und<br />
holprig. Nicht ausgenützte<br />
Kapazitäten und<br />
die hohe Arbeitslosenquote<br />
bleiben bis auf<br />
Weiteres ein Problem.<br />
Eine Rückkehr zu „business<br />
as usual“ in der<br />
Wirtschaftspolitik wird<br />
es nicht so schnell spielen.<br />
Die Konjunkturpakete<br />
haben viel Geld gekostet.<br />
Haben Sie auch etwas<br />
gebracht<br />
Und ob. In der Weltwirtschaftskrise der 1930er<br />
Jahre war Österreich eines der am stärksten<br />
betroffenen Länder. Jetzt liegen wir beim BIP-<br />
Rückgang viel besser als die USA, der Euro-<br />
Raum und speziell unser wichtigster Handelspartner<br />
Deutschland. Die 12 Milliarden Euro<br />
zur Konjunkturstabilisierung sind gut angelegt.<br />
Die Alternative wären ein noch tieferer<br />
Wirtschaftseinbruch und viel mehr Arbeitslose<br />
gewesen.<br />
Unternehmer wissen, dass heutige Schulden in<br />
Zukunft beglichen werden müssen. Rechnen Sie<br />
in naher Zukunft mit einer Steuererhöhung<br />
Österreich liegt bei Steuern und Abgaben<br />
schon jetzt international im Spitzenfeld. Jetzt<br />
müssen die Ausgaben gedrosselt werden –<br />
Stichwort Staats- und Verwaltungsreform,<br />
Schulreform, Gesundheitsreform. Wer an höhere<br />
Steuern denkt, versündigt sich an den<br />
Leistungsträgern unseres Landes.<br />
Wirtschaftsforscher meinen einhellig, ausgabenseitig<br />
allein wird eine Sanierung nicht zu<br />
machen sein ...<br />
Ich weigere mich, über höhere Steuern auch<br />
nur zu diskutieren, solange in der Verwaltung,<br />
im Schul- und Gesundheitswesen Milliardeneinsparungen<br />
schlummern. Dieser Schatz<br />
muss endlich gehoben werden.<br />
Wirtschaftskammer-Präsident<br />
Christoph Leitl fordert staatliche<br />
Innovationsprogramme auch in<br />
schwierigen Budgetzeiten. Und<br />
er weigert sich, über neue Steuern<br />
auch nur zu diskutieren.<br />
unternehmer | 21
Innovation für KMUs | Service & Adressen<br />
Partner für ein<br />
innovatives Österreich<br />
Das UNTERNEHMER-Special „Kooperationspreis 2009“ wird unterstützt<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend BMWFJ.<br />
Träger des Kooperationspreises ist die ACR als Ansprechpartner für den<br />
heimischen Mittelstand in Technologiefragen.<br />
AUSTRIAN COOPERATIVE RESEARCH – ACR<br />
Vereinigung der Kooperativen Forschungsinstitute der österreichischen Wirtschaft<br />
DI Dr. Johann Jäger<br />
Haus der Forschung<br />
Sensengasse 1, 1090 Wien<br />
Tel.: +43/1/219 85 73<br />
Fax: +43/1/219 85 73–13<br />
E-Mail: office@acr.at, www.acr.at<br />
kontaktAdressen<br />
Mitglieds-Institute der ACR Adresse PLZ Ort Internet<br />
BTI Bautechnisches Institut Linz Karl-Leitl-Straße 2 A-4048 Linz/Puchenau www.bti.at<br />
bvfs Bautechnische Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg Alpenstraße 157 A-5020 Salzburg www.bvfs.at<br />
FGW Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen Schlossgasse 6–8 A-1050 Wien www.fgw.at<br />
HFA Holzforschung Austria Franz-Grill-Straße 7 A-1030 Wien www.holzforschung.at<br />
IBS Institut für Brandschutztechnik und<br />
Sicherheitsforschung GmbH Petzoldstraße 45 A-4017 Linz www.ibs-austria.at<br />
KMFA KMU FORSCHUNG AUSTRIA Gußhausstraße 8 A-1040 Wien www.kmuforschung.ac.at<br />
LVA Lebensmittelversuchsanstalt Blaasstraße 29 A-1190 Wien www.lva.co.at<br />
ofi Österreichisches Forschungsinstitut<br />
für Chemie und Technik Franz-Grill-Straße 5,<br />
Arsenal Objekt 213 A-1030 Wien www.ofi.co.at<br />
ÖGI-L Österreichisches Gießerei-Institut Parkstraße 21 A-8700 Leoben www.ogi.at<br />
ÖIAT Österreichisches Institut für<br />
angewandte Telekommunikation Margaretenstr. 70/2/4 A-1050 Wien www.oiat.at<br />
ÖTI Institut für Ökologie, Technik und Innovation Spengergasse 20 A-1050 Wien www.oeti.at<br />
SZA Schweißtechnische Zentralanstalt Franz-Grill-Straße 1,<br />
Arsenal Objekt 207 A-1030 Wien www.sza.info<br />
VFG Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung Prinz-Eugen-Straße 14 A-1040 Wien www.vfg.or.at<br />
VFH Versuchs- und Forschungsanstalt der Hafner Österreichs Dassanowskyweg 8 A-1220 Wien www.kachelofenverband.at<br />
VÖZFI Forschungsinstitut der Vereinigung<br />
der Österreichischen Zementindustrie Reisnerstraße 53 A-1030 Wien www.zement.at<br />
ZFE Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz Steyrergasse 17 A-8010 Graz www.felmi-zfe.at<br />
BMWFJ Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Stubenring 1 A-1010 Wien www.bmwfj.gv.at<br />
AWS Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH Ungargasse 37 A-1011 Wien www.awsg.at<br />
FFG Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH Sensengasse 1 A-1090 Wien www.ffg.at