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Bilbao-Effekt - Vermittlung von Gegenwartskunst

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documenta urbana (Nicole Müller)<br />

Darüber hinaus wäre es in Hinblick auf Schüler der Sekundarstufe I denkbar, die<br />

Kontextinformationen noch weiter zu reduzieren, sodass im Endeffekt hauptsächlich auf die<br />

documenta als touristisches Großereignis Bezug genommen würde. Um hier den Lebensweltbezug<br />

zu gewährleisten, bietet sich in aller Linie eine Exkursion an; alternativ müsste man sich nach<br />

Dokumentarfilmen oder ähnlichem erkundigen. Die Methodik sollte entsprechend angepasst<br />

werden; geeignet scheint beispielsweise das Schreiben <strong>von</strong> Briefen, wobei die Schüler<br />

unterschiedliche Perspektiven (z.B. Kasseler Bürgermeister, Rentner aus Kassel, Touristin aus China)<br />

einnehmen können. Die dann hauptsächlich städtebaulich aufzufassende Aufgabe IVa) könnte nach<br />

wie vor gestellt werden. Die zu diesem Zwecke nötige grundlegende Umkonzipierung der Einheit<br />

kann jedoch <strong>von</strong> mir im gegebenen Rahmen nicht geleistet werden, sondern müsste individuell<br />

durch die jeweilige Lehrperson und in Anpassung an die Voraussetzungen der Klasse geschehen.<br />

Spezifik der Zielgruppe und Zielsetzungen<br />

Ich empfehle das <strong>von</strong> mir vorgestellte Lehrmaterial ausdrücklich für den Unterricht in<br />

Sekundarstufe II auf Leistungskursniveau. Die Schüler sollen im Zuge dieser anspruchsvollen<br />

Unterrichtseinheit nicht etwa einen vorgefertigten neuen Blickwinkel auf die dOCUMENTA(13)<br />

präsentiert bekommen, sondern sich diesen aktiv und eigenverantwortlich erarbeiten. Dabei wird<br />

bewusst ein hoher Anforderungsmaßstab zugrunde gelegt, sodass die Schüler sich ernst<br />

genommen und herausgefordert fühlen. Besonders im Bereich der bildhaften Assoziationen<br />

ermöglichen frei formulierte Aufgabenstellungen bzw. Wahlangebote zugleich eine Passung mit<br />

individuellen Vorlieben sowie ein weiteres Hervorheben der konstruktivistischen individuellen<br />

Aneignung.<br />

Über den Aspekt der intrinsischen Motivation hinausgehend soll so allgemeines Vertrauen in die<br />

eigenen methodischen Fähigkeiten (insbesondere die der Reflexion komplexer, vielgestaltig<br />

einzuordnender Sachverhalte) erworben werden. Ebenfalls wird der interdisziplinäre Transfer<br />

gefördert, der in den für die Sekundarstufe II formulierten Lernzielen zwar eine zunehmend große<br />

Rolle spielt, jedoch in der schulischen Praxis bislang noch eher selten zwischen musischen und<br />

nichtmusischen Fächern stattfindet.<br />

Jenseits des Anspruchs auf Methodenkompetenz lassen sich die anhand der Betrachtung der<br />

documenta gewonnenen Erkenntnisse auf zeitgenössische Kunst im Allgemeinen übertragen und<br />

ermöglichen auf diese Weise einen persönlichen Zugang. Den Schülern soll bewusst werden, dass<br />

die Kunst gerade durch ihre Einbettung in unterschiedliche lebensweltliche Kontexte mit diesen ein<br />

doppelt betrachtenswertes Wechselspiel eingeht: So ist die Kenntnis äußerer Zusammenhänge<br />

meist unabdingliche Voraussetzung für das Verständnis der <strong>Gegenwartskunst</strong>. Selbiger wohnt<br />

allerdings ebenso hohe Relevanz für das Verständnis der hier diskutierten Kontexte inne; Kunst<br />

kann zuvor Verborgenes im bildhaften Repräsentationsmodus sichtbar machen. Die der<br />

Kontextualisierung gewidmete Unterrichtseinheit vermittelt so ein dem Klischee des<br />

egozentrischen Künstlers oder Sammlers auf dem Elfenbeinturm der zeitgenössischen Kunst<br />

diametral entgegengesetztes Verständnis: das einer Kunst, die in höchst realen Lebenswelten<br />

relevant ist, die durch diese einerseits vielgestaltig geprägt ist, sie zugleich aber auch zu prägen<br />

vermag.<br />

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