Bilbao-Effekt - Vermittlung von Gegenwartskunst
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Konzept und Methoden der <strong>Vermittlung</strong><br />
documenta urbana (Nicole Müller)<br />
Von ihrer Geburtsstunde in der Nachkriegszeit an war die documenta kaum getrennt <strong>von</strong> der<br />
nordhessischen Stadt Kassel denkbar. Dies manifestierte sich auch darin, dass Ausstellungsinitiator<br />
Arnold Bode das <strong>von</strong> ihm konzipierte Ereignis durch städtebauliche Maßnahmen noch enger mit<br />
seinem räumlichen Kontext zu verflechten gedachte: Innovative Wohnungsbauten mit hohem<br />
gestalterischem Anspruch und die Manifestation <strong>von</strong> Kunst im öffentlichen Raum sollten zum<br />
einen den Standort Kassel für Anwohner und Touristen attraktiver gestalten, zum anderen aber<br />
auch die zeitlich klar umgrenzte Institution documenta selbst durch die anhaltende räumliche<br />
Verankerung absichern. Diese enge Verbundenheit <strong>von</strong> „Raum – Kunst – Architektur – Umwelt“<br />
umriss Bode im Katalog der documenta 6 mit dem Begriff der „documenta urbana“ (vgl. Bode,<br />
1977).<br />
Hieran wird bereits sein Anspruch ersichtlich, dem Ausstellungskonzept durch direkten Bezug auf<br />
die Lebenswelt der Kasseler Bevölkerung noch mehr zeitgeschichtliche und gesellschaftliche<br />
Relevanz zu verleihen. Dass die praktische Umsetzung dieses Gedankens letztlich auf vielfältige<br />
organisatorische Hindernisse stieß, sei hier nur der Vollständigkeit halber kurz angemerkt. Im<br />
gegebenen Rahmen soll viel mehr interessieren, dass das Ansinnen, die documenta tief in ihrem<br />
städtebaulichen und lebensweltlichen Kontext zu verwurzeln, bereits eine ganz wesentliche<br />
Grundannahme impliziert: Die ohnehin vorhandene Einbettung des Ausstellungskonzepts in<br />
gesellschaftlich relevante Zusammenhänge. Demzufolge möchte ich den <strong>von</strong> Arnold Bode<br />
eingeführten (<strong>von</strong> ihm selbst gleichfalls vielfältig modifizierten) Begriff der „documenta urbana“<br />
über Architektur und Städtebau hinausgehend ausweiten auf die allgemeine Kontextualisierung<br />
der documenta, insbesondere der dOCUMENTA(13).<br />
Wie die zeitgenössische Kunst als solche kann auch die documenta als sowohl gedanklich als auch<br />
in der realen Lebensumwelt Kassels präsentes Konstrukt nur schwerlich unabhängig ihrer<br />
vielgestaltigen Kontexte betrachtet werden. Was im Folgenden auf die Ausstellung als<br />
Gesamtkunstwerk angewandt wird, lässt sich ergo auch problemlos auf einzelne Kunstwerke<br />
übertragen (vgl. dazu die <strong>von</strong> Silvia Drescher konzipierten Unterrichtsmaterialien).<br />
Es soll darum gehen, die documenta als eine der wichtigsten Ausstellungen für zeitgenössische<br />
Kunst anders zu sehen, über das Bewusstmachen ihrer historischen und damit gesellschaftlichen<br />
Bedeutsamkeit einen individuellen Zugang zu finden.<br />
Die Unterrichtseinheit stützt sich zunächst vor allem auf Formen der verbalen Kunstaneignung, auf<br />
begriffliche Herangehensweisen, die jedoch durch experimentell-assoziative Techniken sinnlich<br />
angereichert werden sollen. Darauf aufbauend kann dann die nonverbale künstlerische Tätigkeit im<br />
Sinne subjektiver Aneignung stattfinden.<br />
[Anmerkung: Zugunsten des Leseflusses wurde auf sprachliche Genderspezifik verzichtet. Es<br />
versteht sich jedoch <strong>von</strong> selbst, dass Schüler und Lehrer beiderlei Geschlechts angesprochen<br />
werden.]<br />
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