1 Gestalt-Wandel, Gestalttherapeutische Praxis, Bettina Binder, Dr ...
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Der Rückfall ist Bestandteil der Suchtkrankheit im Sinne einer Entwicklung im Verlauf eines<br />
Veränderungsprozesses – nicht erwünscht, aber doch gegenwärtig.<br />
DAS MODERNE RÜCKFALLVERSTÄNDNIS DAS KLASSISCHE RÜCKFALLVERSTÄNDNIS<br />
Die Regel, nicht die Ausnahme Alkoholismus:<br />
Typische Rückfallkrankheit ?<br />
Eine Entwicklungschance Eine Katastrophe<br />
Der Weg aus der Sucht braucht Zeit Ein weiterer Schritt in die<br />
Selbstzerstörung<br />
Rückfall ist nicht gleich Rückfall Ein Prozess mit eigenen Gesetzen<br />
„Da kann man nichts machen“<br />
Ein Ausrutscher der zu jeder Zeit<br />
gestoppt werden kann<br />
Das erste Glas endet im Kontrollverlust<br />
Der Rückfall endet im Siechtum<br />
Kann nicht den Erfolg der Behandlung bewerten Die ganze Behandlung war umsonst<br />
(Nach: Körkel, J.; Kruse G.: Mit dem Rückfall leben. Psychiatrie Verlag, Bonn 1993)<br />
Zusammenfassung einiger Botschaften des modernen Rückfallverständnisses:<br />
– Rückfälle sind selbst nach intensiver stationärer Behandlung auf lange Sicht die Regel und nicht<br />
die Ausnahme.<br />
– Rückfälle sind Bestandteile menschlicher Entwicklung und nicht die Abweichung vom normalen<br />
Gesundungsprozess. Manchmal gilt: Ohne Rückfall keine stabile Veränderung.<br />
– Die Aussage „Das erste Glas endet notwendigerweise im Kontrollverlust“ erweist sich häufig als<br />
Mythos und eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Rückfälle haben keine naturgesetzliche<br />
Eigendynamik.<br />
– Rückfallursachen können nicht auf Haltlosigkeit oder einen „Willen zum Trinken“ reduziert werden.<br />
Auch das „Verlangen nach Alkohol“ oder Uneinsichtigkeit sind keine primären Rückfallursachen.<br />
– Rückfälle stellen eine sinnhafte (Pseudo-) Lösung dar, zum Beispiel bei unüberwindlich<br />
erscheinenden (Selbstwert- und Beziehungs- )Krisen. Rückfälle können in diesem Sinne als<br />
Widerstand gegen Veränderung verstanden werden.<br />
– Rückfälle sind Entwicklungschancen: Sie bringen die Realität zurück und verweisen auf<br />
notwendige tiefergehende Veränderung bzw. auf die Akzeptanz der eigenen Begrenztheit.<br />
– Das Thema des Rückfalls sollte präventiv in die Behandlung mit einbezogen werden. Dabei sollte<br />
auch der in vielen Abhängigen schlummernde Wunsch nach „normalen“ bzw. „kontrolliertem“<br />
Trinken angstfrei und sanktionsfrei zur Sprache kommen.<br />
– Helfer sollten sich mit dem Rückfallthema auseinandersetzten, um eigenem Belastungsstress und<br />
Verschleiß vorzubeugen.<br />
Der Weg aus der Sucht braucht Zeit. Mehr Geduld, Gelassenheit und Toleranz für den Lebensweg<br />
anderer Menschen sind angebracht (vgl. KÖRKEL, 1998. S. 56 ff).<br />
„Bei sich selbst (den eigenen Süchten, unveränderten<br />
„schlechten“ Angewohnheiten anfangen – aber nicht bei sich<br />
selbst aufhören...“ (Martin Buber)<br />
Einflussfaktoren auf Rückfälligkeit<br />
Auf Rückfälligkeit können die Art der vorausgegangenen Behandlung, Persönlichkeitsfaktoren und<br />
äußere Bedingungen Einfluss nehmen.<br />
Es gibt keine typische Rückfallpersönlichkeit. Der Unterschied zwischen Rückfälligen und Nicht-<br />
Rückfälligen liegt eher bei dem Hineinwachsen in die Rolle des Rückfälligen durch Dauer der<br />
Abhängigkeit, erlebte Rückfälle sowie Therapieerfahrung. Es wurden jedoch Unterschiede bei<br />
einzelnen psychologischen Merkmalen wie Intelligenz, Motivation, der Grad der allgemeinen Aktivität<br />
und das Selbstkonzept, sowie Unterschiede in Persönlichkeitszügen festgestellt.<br />
Weitere Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, dass Abhängige im Vergleich zu sozial<br />
angepassten Trinkern ein negativeres Selbstwertgefühl aufweisen. Ein Zusammenhang zwischen<br />
positiven Selbstwertgefühl und langfristigem Therapieerfolg liegt nahe.<br />
6 <strong>Gestalt</strong>-<strong>Wandel</strong>, <strong>Gestalt</strong>therapeutische <strong>Praxis</strong>, <strong>Bettina</strong> <strong>Binder</strong>,<br />
<strong>Dr</strong>-Gessler-Str. 18, 93051 Regensburg, www.gestalt-wandel.de