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G e r i c h t s m e d i z i n<br />

Praxis Dr. XXX Halle, d.<br />

Abbildung 1<br />

Klinische Rechtsmedizin<br />

Unter der neuen Bezeichnung „Klinische<br />

Rechtsmedizin“ werden historisch gewachsene<br />

Schwerpunkte rechtsmedizinischer Tätigkeit<br />

zusammengefasst, so unter anderem die<br />

Befunddokumentation und Begutachtung von<br />

Gewaltopfern. So ist das Hallenser Institut<br />

für Rechtsmedizin fester Bestandteil der aktuellen<br />

Netzwerkstrukturen (u. a. im „Netzwerk<br />

gegen häusliche Gewalt“ und „Netzwerk<br />

Kinderschutz“). Es hat insbesondere eine Knotenfunktion<br />

bei der Verknüpfung der medizinischen<br />

und der juristischen Seiten des Netzes.<br />

Erst eine beweissichere Befunddokumentation<br />

ermöglicht die juristische Beurteilung, insbesondere<br />

im Sinne der von den Folgen der Gewalt<br />

Betroffenen. Wichtig sind hierbei eben<br />

nicht nur die klinisch im Mittelpunkt stehenden<br />

vital bedrohlichen, sondern auch die bei<br />

der Behandlung scheinbar unwichtigen Verletzungen<br />

(z. B. kleine Schnitte an den Fingern<br />

oder Unterblutungen an den Unterarmen).<br />

Eine rechtsmedizinische Konsiliaruntersuchung<br />

kann bei der Beurteilung von Verletzungen<br />

(Fremd-/Selbstbeibringung; Sturz/<br />

Schlag) von entscheidender Hilfe sein. Wegen<br />

fundierter Kenntnisse der Traumatologie, der<br />

Wundmorphologie und eigener forensischer<br />

Erfahrung kann der Rechtsmediziner auch<br />

den Kollegen in der Praxis behilflich sein (z. B.<br />

bei der Entscheidung ob Meldung an das Jugendamt,<br />

den ASD, Anzeige bei der Polizei).<br />

A N S P R E C H P A R T N E R :<br />

Institut für Rechtsmedizin:<br />

Franzosenweg 1<br />

Während der Regelarbeitszeit:<br />

Tel.: (0345) 557 -1885 (Pforte)<br />

-1768 Sekretariat<br />

-4553 Fax<br />

24-Stunden Bereitschaft:<br />

(0345) 5570 Vermittlung Diensthabender<br />

Rechtsmediziner oder Toxikologe<br />

Abbildung 2<br />

Voraussetzung einer forensischen Anforderungen<br />

genügenden Befunddokumentation<br />

ist, dass die Arztberichte für Polizei, Staatsanwaltschaft,<br />

Gericht, Anwälte und auch für den<br />

Betroffenen selbst lesbar sind und verstanden<br />

werden. Nicht nur Juristen haben Schwierigkeiten<br />

mit der sprichwörtlichen „Doktorschrift“<br />

und mit dem Verständnis medizinischer<br />

Fachbegriffe (sowohl Latein als auch<br />

Englisch). Oft genug erschließt sich selbst<br />

dem ärztlichen Sachverständigen Sinn und Inhalt<br />

einer Befund- oder Verlaufsdokumentation<br />

nicht, weil das Dokument von einem teilweise<br />

inflationären Gebrauch hausinterner<br />

Abkürzungen nur so strotzt.<br />

In einem Befundbericht (Abbildung 3, beispielhaft<br />

für den gleichen Patienten) sollte neben<br />

dem Praxisstempel des Untersuchers der<br />

Zweck und/oder der Adressat eindeutig ersichtlich<br />

sein. Dies dient vor allem auch dem<br />

Selbstschutz des ärztlichen Kollegen, der sich<br />

keine Vorstellung vom Missbrauchspotential<br />

solcher, mitunter als Gefälligkeit erbetener,<br />

Kurz-„Atteste“, macht.<br />

Von gleicher Bedeutung sind die Protokollierung<br />

von Datum, Uhrzeit und Ort der Untersuchung.<br />

Enthalten sein müssen natürlich<br />

auch die möglichst kompletten Angaben zur<br />

Person des Betroffenen. Wichtig ist, falls Aussagen<br />

zur Verletzungsentstehung gemacht<br />

werden, diese als anamnestische (u. U. fremdanamnestische)<br />

Angaben zu kennzeichnen<br />

und nicht einfach zu übernehmen und damit<br />

den Anschein eigener Feststellung zu erwecken.<br />

Die eigentliche Beschreibung der Verletzung<br />

muss, um den Anforderungen einer möglichen<br />

Rekonstruktion zu genügen, zunächst<br />

die Lokalisation, am besten mit Bezugspunkt<br />

am Körper des Betroffenen oder einfach oberhalb<br />

der Fußsohlenebene beinhalten (hilfreich<br />

ist hier mitunter die Anfertigung einer<br />

Skizze).<br />

Ärztliches Attest zur Vorlage bei ...<br />

Am 16.03.d.J. gegen 09.00 Uhr kam Herr<br />

M. in meine Behandlung und gab an letzte<br />

Nacht mit Fäusten geschlagen worden zu<br />

sein.<br />

Befund: Massive Schwellung der Wangenund<br />

Oberlippenhaut links mit kräftiger blauschwarzer<br />

Unterblutung. Unterblutung der<br />

Oberlippe links. Scharfrandige Berstungen<br />

der Lippen und Wangenschleimhaut<br />

korrespondierend zu den Zähnen 22 bis 25.<br />

Streifige 4:1,5cm messende Schürfung über<br />

dem linken Jochbein.<br />

Dr. XXX<br />

Abbildung 3<br />

Es sind dann Art und Gestalt der<br />

Verletzung(en) zu beschreiben, wobei beispielsweise<br />

unterschieden werden sollte nach<br />

Schwellung, Unterblutung, Schürfung (flächig<br />

oder oberflächliche Einzelkratzer) oder<br />

Hautdurchtrennung. Dabei sollte jede einzelne<br />

Verletzung hinsichtlich Form und Größe<br />

beschrieben werden. Hämatome erfordern es,<br />

deren Intensität, Farbe und eventuelle Farbunterschiede<br />

zu protokollieren.<br />

Bei perforierenden Verletzungen sollten neben<br />

der Beschreibung der Wundränder (glattrandig,<br />

unregelmäßig, Schürfsaum usw.)<br />

wenn möglich Wundkanäle (mit Richtung<br />

und Tiefe) sowie Verletzungen innerer Organe<br />

in der Beschreibung enthalten sein.<br />

Auf durchgeführte Zusatzuntersuchungen<br />

bzw. Dokumentationen (Fotos, Sonographie,<br />

Röntgen, CT) muss im Attest neben<br />

dem eigentlichen Befundbericht hingewiesen<br />

werden. Verweise auf weitere fachärztliche<br />

Konsultationen oder Behandlungen sowie<br />

Hinweise auf die voraussichtliche Dauer<br />

eines stationären Aufenthaltes oder einer Arbeitsunfähigkeit<br />

können hilfreich sein.<br />

Grundsätzlich gilt, dass Äußerungen zur<br />

Kausalität in diesem Stadium des Verfahrens<br />

und durch den als Zeugen - nicht als<br />

Sachverständigen (!) - geladenen Arzt nur<br />

sehr zurückhaltend erfolgen sollten. Erst<br />

in Kenntnis der Ermittlungsergebnisse, der<br />

Zeugenaussagen und der unter Umständen<br />

mehrfach revidierten eigenen Angaben<br />

des Betroffenen ist, ausgehend vom dokumentierten<br />

Befund, eine zusammenfassende<br />

Würdigung möglich.<br />

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