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Depression und Angst: in unserer Zeit - Der Wetteraukreis

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Photo: DavidQ; photocase.de<br />

wenn die Familie der Krankheit viel Aufmerksamkeit schenkt<br />

oder sie als gefährlicher e<strong>in</strong>schätzt, als sie ist. Zudem lernen<br />

K<strong>in</strong>der sehr stark von ihren Eltern. Bei bestimmten Ängsten<br />

kann e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Beobachtung genügen: Die Mutter fl ieht<br />

schreiend vor e<strong>in</strong>er Sp<strong>in</strong>ne oder hat panische <strong>Angst</strong> vor e<strong>in</strong>em<br />

H<strong>und</strong>. E<strong>in</strong> anderer Auslöser für <strong>Angst</strong>erkrankungen können<br />

Symptome wie Herzklopfen im Prüfungsstress se<strong>in</strong>, die an e<strong>in</strong>e<br />

schwere Herzkrankheit e<strong>in</strong>es Familienangehörigen er<strong>in</strong>nern.<br />

Plötzlich keimt die <strong>Angst</strong>, selbst auch herzkrank zu se<strong>in</strong>.<br />

Auslöser von Krankheitsepisoden<br />

Zur Anfälligkeit muss aber e<strong>in</strong> Auslöser h<strong>in</strong>zukommen. An erster<br />

Stelle steht dabei der Alltagsstress. Die Summe der vielen<br />

aktuellen Alltagsstressoren ist oftmals für die Entstehung e<strong>in</strong>er<br />

<strong>Depression</strong> wichtiger als frühere belastende Lebensereignisse.<br />

Am schlimmsten ist dabei der Stress, dem man sich hilfl os<br />

ausgeliefert fühlt. Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d andauernde Konfl ikte<br />

mit wichtigen Bezugspersonen (<strong>in</strong> der Familie, am Arbeitsplatz),<br />

Trennungen, Todesfälle, Arbeitsplatzverlust, aber auch<br />

chronische Schmerzen, denen man nicht entfl iehen kann.<br />

Viele Leute kriegen diese Belastungen <strong>in</strong> den Griff , dank e<strong>in</strong>em<br />

guten Selbstbewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> sozialer Unterstützung von Familie<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en. Durch die zunehmende Vere<strong>in</strong>zelung wird<br />

aber gerade dieses Schutzsystem bee<strong>in</strong>trächtigt. Alle<strong>in</strong> kann<br />

die <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Hilfl osigkeit nicht ausgehalten werden, es fehlt<br />

der motivierende Zuspruch. Das Problem wird größer <strong>und</strong><br />

vergrößert die E<strong>in</strong>samkeit. E<strong>in</strong>e Abwärtsspirale mit Niedergeschlagenheit,<br />

Kraftlosigkeit <strong>und</strong> Lustlosigkeit beg<strong>in</strong>nt.<br />

Mit professioneller Hilfe gel<strong>in</strong>gt es diese Entwicklung zu stoppen.<br />

Es gibt Wege aus der Krankheit, die mit therapeutischer<br />

Begleitungen begehbar s<strong>in</strong>d. Vorübergehend kann auch e<strong>in</strong>e<br />

stationäre oder teilstationäre Behandlung s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>.<br />

Ursachen der Zunahme<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Ursache der Zunahme ist daher die Vere<strong>in</strong>zelung<br />

der Menschen – es gibt mehr Alle<strong>in</strong>stehende <strong>und</strong> Scheidungen<br />

als früher. Die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des E<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong> belastbare soziale<br />

B<strong>in</strong>dungen ist e<strong>in</strong> wesentlicher Schutzfaktor vor psychischen<br />

Krankheiten. Hier bilden nach wie vor familiäre B<strong>in</strong>dungen<br />

zentrale Knoten des sozialen Netzes. Berufl iche <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>schaftliche<br />

Beziehungen verlieren <strong>in</strong> der mobilen Gesellschaft<br />

zunehmend an zeitlicher Stabilität <strong>und</strong> Tragfähigkeit. Die<br />

allgeme<strong>in</strong>e soziale Bedrohungslage (Arbeitslosigkeit, niedrige<br />

Verdienstlage) nimmt ebenfalls E<strong>in</strong>fl uss über die Zunahme von<br />

Existenzängsten <strong>und</strong> S<strong>in</strong>nkrisen. Gerade die Häufi gkeiten von<br />

<strong>Angst</strong>störungen <strong>und</strong> depressive Erkrankungen s<strong>in</strong>d abhängig<br />

von sozialen <strong>und</strong> gesellschaftlichen Entwicklungen.<br />

Dipl. Psych. Dr. med. Uwe Rapp, leitender Arzt der Abteilung<br />

Psychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie am Mathilden-Hospital zu<br />

Büd<strong>in</strong>gen.<br />

Selbsthilfezeitung für die Wetterau // 16. Ausgabe 06 / 2008 7

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