Bönhoff: Die ältesten Ämter der Mark Meißen. - Streifzüge durch die ...
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<strong>Die</strong> <strong>ältesten</strong> <strong>Ämter</strong> <strong>der</strong> <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong>.<br />
Von<br />
Leo <strong>Bönhoff</strong>.<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung des Wirkungskreises <strong>der</strong> markgräflichen Verwaltungsbeamten (officiati,<br />
villici, advocati) vollzieht sich in steter Konkurrenz mit den älteren Burggrafschaften,<br />
in <strong>die</strong> seit dem 11. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>die</strong> <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong> militärisch und gerichtlich<br />
geglie<strong>der</strong>t war. <strong>Die</strong> Vögte (später Amtleute) des <strong>Mark</strong>grafen hatten zunächst <strong>die</strong> Verwaltung<br />
<strong>der</strong> landesfürstlichen Domänen (villicationes) und Gefälle (Zinsen, Zoll, Geleit)<br />
gehabt, ferner beim Provinzialgericht, das <strong>der</strong> Burggraf abhielt, als Rentbeamte<br />
das Interesse ihres Herrn, bei dessen Hulden gedingt ward, wahrgenommen und im<br />
Kriege seine Ministerialen befehligt. Allmählich bekamen sie in den alten Bezirken<br />
das Heerwesen in <strong>die</strong> Hand, das sie in dem kolonialen Neulande von vornherein unter<br />
sich gehabt hatten, und hielten selber Gericht, während <strong>die</strong> Burggrafen, soweit sie<br />
noch bestanden, nur <strong>die</strong> früheren Nutzungen (tertius denarius) zogen, ohne ihre<br />
Funktionen weiter auszuüben. <strong>Die</strong>ser ganze Prozeß wird verständlich <strong>durch</strong> <strong>die</strong> Zunahme<br />
<strong>der</strong> landesfürstlichen Gewalt, <strong>die</strong> u. a. in <strong>der</strong> Vermehrung <strong>der</strong> <strong>Ämter</strong> (districtus)<br />
zum Ausdruck kommt 1 .<br />
Eine kurze Skizze mag den Verwaltungsaufbau <strong>der</strong> <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong>, soweit das jetzige<br />
Königreich in Betracht kommt, klar legen. <strong>Die</strong> Oberlausitz wird man für sich betrachten<br />
können: 1157 – 1636 mit einer längeren Unterbrechung – Verpfändung an <strong>die</strong><br />
brandenburgischen Askanier (1244 – 1320) – böhmisch, gelangte sie im dreißigjährigen<br />
Kriege als Pfand an Kursachsen; sie kommt also hier nicht weiter in Betracht 2 .<br />
Ferner scheiden im Westen unbedeutende Bestandteile <strong>der</strong> Hochstifte Merseburg (aus<br />
dem Amte Schkeuditz 19, aus dem Amte Lützen 16 Dörfer nebst Zwenkau 3 und<br />
<strong>Mark</strong>ranstädt) und Naumburg (aus dem Amte Zeitz 3 Dörfer nebst Regis) aus, <strong>die</strong><br />
1815 bei <strong>der</strong>en Teilung an Sachsen gewiesen wurden.<br />
So kommen wir auf <strong>die</strong> Erblande. Am besten ist es, wenn wir uns nach den einzelnen<br />
Kreisen richten, <strong>die</strong> viel jünger als <strong>die</strong> von ihnen beschlossenen <strong>Ämter</strong> sind und<br />
zumeist dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t entstammen 4 . Für unsere Frage haben wir es mit vier<br />
von ihnen zu tun: dem vogtländischen (1570), dem erzgebirgischen (1691 vom folgenden<br />
abgeteilt, aber bereits 1503 als Freiberger 5 vorhanden gewesen), dem Meißner<br />
und dem Leipziger (Osterland).<br />
1 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 213. 221 – 24. 229f. 232f.<br />
2 Böttiger-Flathe, Gesch. d. Kurstaats u. Kgr. Sachsen I, 133 (u. Anm. 2), 264-67; Mitt. d. Deutschen<br />
Ges. f. Erforsch. vaterl. Sprache u. Altert. VIII, 3, 23.<br />
3 Zwenkau bildete bis 1655, wo es mit Lützen kombiniert ward, ein kleines Amt für sich (Schumann,<br />
Postlexicon von Sachsen VI, 67f.).<br />
4 Böttiger-Flathe a. a. O. I, 624f.<br />
5 <strong>Bönhoff</strong>, Das sächs. Erzgebirge im Kriegsleid (Lehmannsche Kriegschronik) S. 11. Zu <strong>die</strong>sem Kreise<br />
gehörten: 1. <strong>die</strong> Abtei Chemnitz, 2. <strong>die</strong> Schönburgischen Herrschaften (Glauchau, Waldenburg,<br />
Lichtenstein, Hartenstein), 3.-6. <strong>die</strong> <strong>Ämter</strong> Freiberg, Schellenberg (Augustusburg), Annaberg<br />
(Mühlamt) und Wolkenstein, 7. <strong>die</strong> Städte: Freiberg, Chemnitz, Annaberg, Zschopau, Wolkenstein,<br />
Oe<strong>der</strong>an, Geyer und Ehrenfrie<strong>der</strong>sdorf, 8. <strong>die</strong> Herrschaften: Scharfenstein (v. Einsiedel), Stollberg,<br />
Purschenstein, Oberschöna (v. Schönberg), Lichtenwalde (v. Harras) und Lauterstein (v. Berbisdorf).<br />
Abschrift: Gert Süß 1
Im Vogtlande sind <strong>die</strong> größeren Besitzungen zu beachten wie Elsterberg (Herren<br />
von Lobdaburg bis Ende des 14. Jahrhun<strong>der</strong>t), Treuen, Auerbach (Burggrafen von<br />
Dohna 1422 – 99), Mylau mit Reichenbach, Mühltroff und Falkenstein, <strong>die</strong> im 16.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t dem Amte Plauen angeglie<strong>der</strong>t waren 6 . <strong>Die</strong> drei letzteren waren auf kürzere<br />
o<strong>der</strong> längere Zeit <strong>Ämter</strong> <strong>der</strong> Wettiner, so Mylau (seit 1422 7 , bis es um <strong>die</strong> Mitte<br />
des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts an <strong>die</strong> Familie Metzsch ge<strong>die</strong>h), ferner Falkenstein (nach dem<br />
Erlöschen <strong>der</strong> Lobdaburger, <strong>der</strong>en Elsterberger Zweig im letzten Jahrzehnt des 14.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts ausging, bis zum 20. Januar 1400, wo es <strong>die</strong> Trützschler 8 bekamen, <strong>die</strong><br />
es heute noch inne haben) und endlich Mühltroff (nach <strong>der</strong> Veräußerung seitens des<br />
Vogtes Heinrich des Langen von Plauen 1357 bis 1436 9 , wo es <strong>die</strong> Säcke, 1591 erloschen,<br />
erblich erhielten). Das eben erwähnte Amt Plauen mit den beiden an<strong>der</strong>en zu<br />
Voigtsberg und Pausa erwarb Kurfürst August für das Haus <strong>der</strong> Wettiner, nachdem es<br />
sein geächteter Vetter, <strong>der</strong> Ernestiner Johann Friedrich, im schmalkaldischen Kriege<br />
verloren hatte, von dem argverschuldeten Burggrafen Heinrich VI. von Plauen zurück<br />
10 . Dessen Vater hatte <strong>die</strong> drei <strong>Ämter</strong> von Ferdinand I. als König von Böhmen für über<br />
66.000 Gulden gekauft und im April 1549 sich verbindlich gemacht, sie an keinen<br />
Reichsfürsten zu veräußern 11 . Der Großvater Johann Friedrichs, Kurfürst Ernst, hatte<br />
1466 nebst seinem Bru<strong>der</strong>, Herzog Albrecht, <strong>die</strong> Herrschaften Plauen und Pausa als<br />
Kriegskostenentschädigung erhalten, nachdem er im Auftrage <strong>der</strong> Krone Böhmen den<br />
Burggrafen Heinrich II. aus seinem Lande verjagt hatte, und Georg Po<strong>die</strong>brad belieh<br />
seinen Schwiegersohn Albrecht mit Plauen als einem böhmischen Lehn 12 ; so ward es<br />
ein Amt <strong>der</strong> Wettiner, das bei <strong>der</strong> Teilung den Ernestinern (1485 – 1546) zufiel 13 . <strong>Die</strong><br />
Herrschaft Plauen hatten <strong>die</strong> Vögte von Plauen (aus dem Hause Weida) bereits zu Beginn<br />
des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts und zwar erst als ein Lehn <strong>der</strong> Grafen von Eberstein 14 ,<br />
dann seit 1327 aus eigner Wahl als ein solches <strong>der</strong> böhmischen Krone besessen 15 . Pausa<br />
hatten sie um <strong>die</strong> Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts als Meißner Lehn gehabt 16 , dann<br />
1357 an <strong>die</strong> <strong>Mark</strong>grafen veräußert 17 , bald aber wie<strong>der</strong> an sich gebracht, 1402 aufs<br />
neue an Wilhelm I. verkauft 18 , aber auch nach kurzer Zeit zurückerworben, bis sie es<br />
verwirkten 19 und 1569, nachdem sie es 1549 wie<strong>der</strong>erlangt hatten, es für immer den<br />
Wettinern überließen 20 . <strong>Die</strong> älteste Besitzung <strong>der</strong> Wettiner im Vogtlande war Voigtsberg,<br />
das zu Beginn des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts sich als Thüringer Afterlehn <strong>der</strong> Grafen von<br />
Eberstein in den Händen <strong>der</strong> Vögte von Straßberg befand 21 und nach kurzem Besitze<br />
6 v. Raab, Regesten z. Orts- u. Familiengesch. d. Vogtlandes II Nr. 214. 871. 909. 911. 942. 944. 948f.<br />
981. 1004.<br />
7 Mitt. d. Deutschen Ges. f. Erf. vaterl. Spr. u. A. VIII, 3, 14f.<br />
8 HstA Dresden. Cop. 31, Bl. 133: Falkenstein wird in <strong>der</strong> markgräflichen Verschreibung als „voytige“<br />
bezeichnet.<br />
9 Mitt. d. AV. Plauen i. V. XVII, 36 u. Anm. 1f. 6.<br />
10 Mitt. d. Deutschen Ges. usw. VIII, 3, 20f.<br />
11 v. Raab a. a. O. II Nr. 917.<br />
12 Böttiger-Flathe a. a. O. I, 400; Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 17.<br />
13 Böttiger-Flathe I, 409 Anm. 1.<br />
14 HstA Dresden Orig. Nr. 707ff. 913.<br />
15 Mitt. d. AV. Plauen II, Urk. Nr. 259f. 290.<br />
16 HstA Dresden Kop. 24 fol. 2.<br />
17 Mitt. d. AV. Plauen XVIII, 32 u. Anm. 2. 5.<br />
18 A. a. O. VII, 16.<br />
19 v. Raab a. a. O. Nachträge zu I, Nr. 72.<br />
20 Mitt. d. AV. Plauen VII, 1f.<br />
21 Monumenta Boica XXX, 555.<br />
Abschrift: Gert Süß 2
des Edlen Otto von Burgau (eines Lobdaburgers) als meißnisches 22 und Vogt Heinrichs<br />
des Langen von Plauen 23 erst als böhmisches 24 , dann als meißnisches Lehn 1356 von<br />
letzterem an <strong>die</strong> markgräflichen Brü<strong>der</strong> Friedrich den Strengen, Balthasar und Wilhelm<br />
abgetreten ward 25 . So kam es mit Oelsnitz an sie, und 1357 verkauften ihnen <strong>der</strong><br />
lange Vogt u. a. auch Adorf, Neukirchen und Wie<strong>der</strong>sberg 26 . <strong>Die</strong> ersten beiden Orte<br />
kamen zum Amte Voigtsberg hinzu. Wie<strong>der</strong>sberg war erst 1358 – 86 ein kleines Amt<br />
für sich, ehe es als Rittergut an <strong>die</strong> Raben ge<strong>die</strong>h und ebenfalls dem Amte Voigtsberg<br />
angeschlossen ward 27 . So bleibt nur noch <strong>die</strong> Herrschaft Schöneck übrig, in <strong>der</strong>en Besitz<br />
sich Kaiser Karl IV. vor 1370 setzte 28 ; sein Sohn Siegismund verpfändete sie den<br />
Wettinern im Jahre 1422 29 . Kurfürst Johann Friedrich erwarb sie 1534 30 , und nun war<br />
sie ein kleines Amt, noch 1542 selbständig 31 , das man später mit Voigtsberg vereinigte<br />
32 . Mit <strong>die</strong>sem Amte ging sie im Jahre 1546 verloren, ward dann 1548 beson<strong>der</strong>s an<br />
Burggraf Heinrich V. verliehen 33 , bis sie 1569 <strong>durch</strong> Kurfürst August für immer an<br />
Sachsen kam 34 . Wir sehen also, daß bis zur Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts im Vogtlande<br />
kein markgräfliches Amt bestand, nur größere Lehen wie Mühltroff, Pausa, Auerbach,<br />
Voigtsberg, Oelsnitz hingen von den Wettinern ab.<br />
Im erzgebirgischen Kreise ward 1794 das Mühlamt zu Annaberg mit Amt Wolkenstein<br />
vereinigt 35 , ebenso 1783 das Doppelamt Frankenberg-Sachsenburg mit Amt<br />
Chemnitz 36 . Im Jahre 1724 kam Amt Wiesenburg zurück, das seit 1663 <strong>die</strong> Herzöge<br />
von Holstein-Son<strong>der</strong>burg erworben hatten 37 . Amt Lichtenwalde, gegen Pillnitz eingetauscht,<br />
ward 1697 wie<strong>der</strong> eine Herrschaft wie im Jahre 1562 38 . Amt Crottendorf war<br />
1670 noch selbständig, ward aber dann mit dem Kreisamt Schwarzenberg zusammengeschlagen<br />
39 . Kurfürst Johann Georg I. erwarb 1647 Frauenstein von <strong>der</strong> Familie<br />
Schönberg, <strong>die</strong> <strong>durch</strong> den Krieg tiefverschuldet war. Sie hatte es seit 1473 unterpfändlich,<br />
seit 1560 erblich besessen. 1439 bis 1473 war Frauenstein bereits Amt gewesen;<br />
1439 hatte es <strong>der</strong> neue Burggraf von <strong>Meißen</strong> aus dem Hause Plauen abgetreten 40 . <strong>Die</strong><br />
22 Mitt. d. AV. Plauen II, Urk. Nr. 259.<br />
23 A. a. O. XVIII, 23 u. Anm. 2f.<br />
24 A. a. O. XVIII, 19 u. Anm. 4.<br />
25 A. a. O. XVIII, 171. Albinus (Newe Meysnische Chronica, Wittenberg 1580, S. 405f.) bietet als Datum:<br />
„<strong>Die</strong> Burg <strong>die</strong> stund viel manche Jar<br />
In irer Hand ohn alle gefahr<br />
Bis dreizehn hun<strong>der</strong>t Jar nach Christi geburt<br />
Sechs und funffzig am Sontag Laurenti furt.<br />
Dann ist sie an <strong>die</strong> Landsfürsten kommen.“<br />
26 A. a. O. XVIII, 32 u. Anm. 2. 5.<br />
27 v. Raab a. a. O. I Nr. 22.<br />
28 Mitt. d. AV. Plauen XVIII, 38 Anm. 5; 39 Anm. 4.<br />
29 A. a. O. XVIII, 53; Mitt. d. Deutschen Ges. VIII, 3, 14f.<br />
30 v. Raab a. a. O. II Nr. 625.<br />
31 Mitt. d. AV. Plauen XVIII, 144.<br />
32 A. a. O. XVIII, 238. Schöneck war schriftsässig; darum vermerkt das Voigtsberger Amtsbuch vom J.<br />
1542: „<strong>Die</strong>ser marckt gehörtt in kein ampt“. Es war jedoch nach Voigtsberg einbezirkt.<br />
33 v. Raab a. a. O. II Nr. 875.<br />
34 A. a. O. II Nr. 1056.<br />
35 Leonhardi, Erdbeschreibung d. kurf. u. herzogl. sächs. Län<strong>der</strong> III, 228<br />
36 A. a. O. III, 115. 133.<br />
37 Bär, Beitr. z. Gesch. d. Herrschaft Wiesenburg usf. S. 32 – 35.<br />
38 Märcker, D. Burggraftum <strong>Meißen</strong> S. 253 u. Anm. 123.<br />
39 Franz, <strong>Die</strong> Amtshauptmannschaft Annaberg (Jahresber. d. Realgymn. zu Annaberg 1904) S. 7f.<br />
40 Fraustadt, Gesch. d. Geschlechtes v. Schönberg I B, 271. 273. 312. Märcker a. a. O. S. 245 u. Anm. 92.<br />
Abschrift: Gert Süß 3
1426 ausgestorbenen Burggrafen, <strong>die</strong> Meinheringer, hatten das Schloß 1329 als meißnisches<br />
Lehn empfangen 41 ; 1321 war es den Edlen von Eilenburg verpfändet worden 42 .<br />
Vorher war <strong>die</strong> Burg an ritterliche Vasallen ausgetan (infeudatum) gewesen 43 , unter<br />
Heinrich dem Erlauchten aber bildete sie den Mittelpunkt eines markgräflichen Gerichtssprengels<br />
(districtus), also eines Amtes. <strong>Die</strong> Verwalter desselben waren Ministeriale,<br />
<strong>die</strong> sich ohne beson<strong>der</strong>en Titel „von Frauenstein“ benannten 44 . Der<br />
Frauensteiner Schloßbezirk war in <strong>der</strong> Hauptsache Kolonialland und dürfte Ende 12.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts ins Leben getreten sein: urkundlich zum ersten Male tritt Frauenstein<br />
1218 auf, wo ein Pfarrer (sacerdos) des damaligen Dorfes als Urkundenzeuge aufgeführt<br />
wird 45 . Im Jahre 1633 ferner wurden <strong>die</strong> beiden <strong>Ämter</strong> Frankenberg und Sachsenburg<br />
zusammengezogen 46 ; beide hatte Kurfürst Christian II. <strong>der</strong> Familie v.<br />
Schönberg in den Jahren 1609/10 abgekauft 47 : <strong>die</strong>ses war für sich, jenes von Lichtenwalde<br />
aus verwaltet worden 48 . <strong>Die</strong> Herrschaft Sachsenburg samt dem Städtlein Frankenberg<br />
hatte <strong>die</strong> erwähnte Familie zwischen 1364/68 an sich gebracht, vor ihr<br />
besaßen sie <strong>die</strong> Großen (Magni) v. Döbeln (auch v. Seebitzschen) 49 , und um <strong>die</strong> Mitte<br />
des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts gehörten Burg und Stadt zum weitausgedehnten Amte Freiberg<br />
50 . Weiter hatte 1618 Kurfürst Johann Georg I. <strong>die</strong> Herrschaft Wiesenburg (s. o.) erworben,<br />
<strong>die</strong> seit 1591 <strong>der</strong> Rat <strong>der</strong> Stadt Zwickau, seit Beginn des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>die</strong><br />
Familie v. d. Planitz inne gehabt hatte 51 . <strong>Die</strong>se erhielt sie im Jahre 1423 erblich, nachdem<br />
ein Nothaft sie pfandweise besessen 52 , vom <strong>Mark</strong>grafen Wilhelm I. 53 1602 ward<br />
Rabenstein, das seit 1548 zum Amt Chemnitz gehört hatte, als Rittergut an <strong>die</strong> Familie<br />
v. Carlowitz verliehen 54 . Bis 1548 stand es dem Benediktinerkloster Chemnitz zu,<br />
das 1375 <strong>die</strong> ganze Herrschaft den Herren v. Waldenburg abgekauft hatte, <strong>die</strong> sie damals<br />
als Allod (von niemandem zu Lehn) zu besitzen erklärten 55 , während sie 1336 als<br />
Reichslehn erscheint; denn Kaiser Ludwig <strong>der</strong> Bayer überweist ihren Anfall beim etwaigen<br />
Erlöschen <strong>der</strong> Waldenburger seinem Schwiegersohn, dem <strong>Mark</strong>grafen Friedrich<br />
dem Ernsthaften 56 .<br />
1596 kam das kleine Amt Rauenstein zu dem viel größeren Amt Wolkenstein hinzu<br />
57 . Kurfürst August hatte es 1567 dazu eingerichtet, nachdem er das Schloß mit seinen<br />
Waldungen von <strong>der</strong> Familie v. Güntherrode an sich gebracht 58 . Sie hatte es anfangs<br />
wie vor ihr <strong>die</strong> Familie Krahe von den Edlen v. Waldenburg, den Herren zu Wolken-<br />
41 Märcker a. a. O. S. 240ff.<br />
42 A. a. O. S. 239 u. Anm. 62.<br />
43 Pelzel, Über d. Herrschaft d. Böhmen im <strong>Mark</strong>grafentum <strong>Meißen</strong> (Abhandl. d. böhm. Ges. d. Wissenschaften<br />
1787, diplomat. Abt.) S. 68.<br />
44 Märcker a. a. O. S. 242 u. Anm. 74. Vgl. Schöttgen-Kreysig, Dipl. et script. hist. Germ. med. aev. II,<br />
204: Johannes de Vrowenstein (1286).<br />
45 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 249.<br />
46 Leonhardi a. a. O. III, 133.<br />
47 Fraustadt a. a. O. IA, 593. 595.<br />
48 Leonhardi a. a. O. III, 133.<br />
49 Fraustadt a. a. O. IA, 163.<br />
50 Lippert-Beschorner, Lehnbuch Friedrichs d. Strengen XI, 20.<br />
51 Bär, Beitr. z. Gesch. d. Herrschaft Wiesenburg S. 29ff.<br />
52 v. Raab a. a. O. Nachtr. zu I, Nr. 14.<br />
53 Bär a. a. O. S. 27ff. Mitt. d. AV. Kirchberg III, 4.<br />
54 N. Sächs. Kgal. Eph. Chemnitz I. II S. 930.<br />
55 Cod. dipl. Sax. reg. II, 6, Nr. 371. 384.<br />
56 HstA Dresden Orig. Nr. 2716.<br />
57 Leonhardi a. a. O. III, 194.<br />
58 N. Sächs. Kgal. Eph. Marienberg, S. 412 u. Anm. 2f.<br />
Abschrift: Gert Süß 4
stein, zu Lehn getragen 59 . <strong>Die</strong> letzteren hatten <strong>die</strong> Burg 1323 von den Reichsministerialen<br />
v. Schellenberg, <strong>die</strong> wir als erste Besitzer ermitteln können, eingeantwortet erhalten<br />
und dann als Faustpfand behalten, da jene <strong>der</strong> Ächtung verfielen 60 . 1570 hatte<br />
Kurfürst August das dem Rate <strong>der</strong> Stadt Annaberg von seinem Bru<strong>der</strong> Moritz im Jahre<br />
1553 auf 15 Jahre versetzte Mühlamt wie<strong>der</strong> eingelöst 61 . Er hatte übrigens größere<br />
Erwerbungen im Erzgebirge gemacht, so daß vier neue <strong>Ämter</strong> entstanden. So war<br />
1564 <strong>die</strong> Herrschaft Stollberg, <strong>die</strong> nun mit dem Amt Grünhain in zeitweilig unterbrochene<br />
Verbindung trat, von <strong>der</strong> Familie v. Schönberg an ihn gekommen, <strong>die</strong> sie 1473<br />
erwarb 62 . Der Vorbesitzer war ein Edler Schlick gewesen, den Friedrich <strong>der</strong> Sanftmütige<br />
1447 damit belehnte 63 . <strong>Die</strong> Wettiner hatten Stollberg <strong>durch</strong> Kaiser Sigismund 1422<br />
überwiesen bekommen, sich jedoch erst mit den Grafen von Schwarzburg-Son<strong>der</strong>shausen<br />
als Pfandbesitzern auseinan<strong>der</strong>setzen müssen 64 . <strong>Die</strong> Krone von Böhmen hatte<br />
1367 es den Edlen v. Schönburg, Herren auf Crimmitschau und Hassenstein, abgekauft<br />
65 , denen <strong>die</strong> Burggrafen v. Starkenberg und <strong>die</strong> Edlen v. Stollberg im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
als Inhaber <strong>der</strong> reichslehnbaren Herrschaft vorangingen 66 . 1561 war<br />
Lichtenwalde ein Amt geworden, nachdem <strong>der</strong> stattliche Besitz <strong>durch</strong> den Tod des<br />
letzten v. Harras dem Kurfürsten anheimgefallen war. <strong>Die</strong> Familie hatte ihn 1447 im<br />
Bru<strong>der</strong>kriege erhalten, nachdem ihn <strong>die</strong> Vitzthume <strong>durch</strong> Felonie verwirkt hatten. Sie<br />
übernahmen ihn um 1439 von denen v. Honsberg, <strong>die</strong> bis 1425 Vasallen des Burggrafen<br />
<strong>Meißen</strong> waren. <strong>Die</strong>se bekamen <strong>die</strong> Burg 1341, weil <strong>der</strong> <strong>Mark</strong>graf sie nicht wie<strong>der</strong><br />
einlösen konnte 67 . <strong>Die</strong> Wettiner hatten das Schloß im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t an ritterliche<br />
Mannen verlehnt 68 und es war eine villicatio, d. h. ein Amt gewesen, das zeitweilig von<br />
dem älteren zu Rochlitz getrennt war 69 . Im Jahre 1559 hatte <strong>der</strong> Kurfürst August einmal<br />
den oberwäldischen Teil <strong>der</strong> Grafschaft Hartenstein, <strong>der</strong> ins Amt Crottendorf verwandelt<br />
ward (s. o.), den Herren v. Schönburg, denen <strong>die</strong> Burggrafen von <strong>Meißen</strong> 1406<br />
<strong>die</strong> ganze seit dem 12. Jahrhun<strong>der</strong>t inne gehabte Grafschaft verpfändeten 70 , zum an<strong>der</strong>n<br />
<strong>die</strong> Herrschaft Lauterstein denen v. Berbisdorf, <strong>die</strong> sie 1434 – 1538 von den<br />
Burggrafen v. Leisnig, Herren zu Penig und Rochsburg, zu Lehn trugen, abgekauft<br />
o<strong>der</strong> käuflich abgedrungen 71 . Jene Burggrafen hatten übrigens den Lauterstein verliehenh,<br />
den sie 1323 von <strong>Mark</strong>graf Friedrich dem Freidigen zu Lehn empfingen; vor ihnen<br />
stand er den Herren v. Schellenberg zu, <strong>die</strong> seiner infolge Ächtung verloren<br />
gingen 72 . <strong>Die</strong> Reformationszeit brachte <strong>die</strong> Einrichtung dreier neuer <strong>Ämter</strong>, <strong>die</strong> aus<br />
den Immunitäten dreier Klöster: Altenzelle, Chemnitz und Grünhain bestanden. 1548<br />
ward das Amt Chemnitz mit Rabenstein (s. o.) eingerichtet: <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Benediktine-<br />
59 A. a. O. S. 408 – 11 u. Anm. 26 – 32.<br />
60 Beyer, Das Cisterzienserstift u. Kloster Altzelle S. 585.<br />
61 Richter, Chronica <strong>der</strong> freyen Bergstadt St. Annaberg I, 370 – 74.<br />
62 Fraustadt a. a. O. IA, 246. 276.<br />
63 Kreysig, Beitr. z. Hist. d. kurf. sächs. Lande V, 372 – 75 (vgl. 375 – 78).<br />
64 Wenck, D. Wettiner im 14. Jahrh. S. 32; v. Raab a. a. O. Nachtr. zu I, Nr. 6.<br />
65 Leipziger Stu<strong>die</strong>n aus d. Gebiete d. Geschichte I, 2, S. 31. 33.<br />
66 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 218; Glückauf 1908 S. 180f.<br />
67 Märcker a. a. O. S. 252f.<br />
68 Pelzel a. a. O. S. 68 ist hier lückenhaft; es fehlen <strong>die</strong> vier Schlösser Liebethal, Wehlen, Lichtenwalde<br />
und Sachsenburg sowie <strong>der</strong> Flecken (oppidum) Radeburg. (Vgl. Böttiger-Flathe a. a. O. S. 238f.)<br />
69 v. Webers Archiv f. d. Sächs. Gesch. V, 262f: Lichtenwalt et omnia villicationis ibidem attinentia<br />
(statt: omnes villicationes ib. attinentes).<br />
70 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 209ff. 228 – 33.<br />
71 N. Sächs. Kgal. Eph. Marienberg. S. 542ff. 548.<br />
72 v. Braun, Gesch. d. Burggrafen v. Altenburg S. 94f.<br />
Abschrift: Gert Süß 5
abtei war schon im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t vorhanden, vor allem im 13., aber auch noch im<br />
14. Jahrhun<strong>der</strong>t kam ein Dorf nach dem an<strong>der</strong>n hinzu, so daß <strong>der</strong> Komplex ein wohlabgerundetes<br />
Ganze bildete 73 . Als ein solches stellte sich auch das Gebiet von Altenzelle<br />
dar, das 1544 als Amt Nossen dem Verwaltungskörper des Landes eingefügt<br />
wurde: es war in <strong>der</strong> Hauptsache jenes Kolonialland von 800 Hufen, das Otto <strong>der</strong> Reiche<br />
<strong>der</strong> neubegründeten Abtei 1185 geschenkt hatte 74 . Es hatte im Süden einige Abstriche<br />
(Freiberg und Umgebung) erlitten, sich aber dafür vorzüglich im Laufe des 13.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts nach Westen und Norden zu erweitert, und im Jahre 1430 war das bischöflich<br />
meißnische Schloß mit dem Städtlein zu Nossen hinzugekommen 75 . 1536 war<br />
<strong>die</strong> Abtei Grünhain säkularisiert worden; ihr Grundstock entstammte <strong>der</strong> Grafschaft<br />
Hartenstein und war um 1240 von den Burggrafen von <strong>Meißen</strong>, den Inhabern <strong>der</strong>selben<br />
(s. o.), gestiftet worden 76 ; unter den mancherlei Erwerbungen, <strong>die</strong> das Gebiet vergrößerten,<br />
ist <strong>die</strong> <strong>der</strong> Herrschaft Schlettau, bis 1413 Schönburg-Hassensteinscher<br />
Besitz, beson<strong>der</strong>s zu bemerken 77 . Bekanntlich fiel mit dem Erlöschen des Leisniger<br />
Burggrafenhauses (1538) <strong>die</strong> Herrschaft Penig an <strong>die</strong> Albertiner, <strong>die</strong> sie 1543 an <strong>die</strong><br />
Herren v. Schönburg vertauschten; in den wenigen Jahren mag sie amtsweise verwaltet<br />
worden sein 78 . Im Jahre 1533 kaufte Kurfürst Johann Friedrich denen v. Tettau<br />
<strong>die</strong> Herrschaft Schwarzenberg ab, <strong>die</strong>, seit 1213 böhmisch, im 14. und 15. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
ein Besitztum <strong>der</strong> Leisniger Burggrafen war 79 . Das neue Amt vergrößerte Kurfürst<br />
August 1563 <strong>durch</strong> den Erwerb <strong>der</strong> Planitzer Güter um Neustädtel herum 80 . Herzog<br />
Georg endlich hatte, als er <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Familie v. Bernstein an seinen Vater veräußerte<br />
Stammbesitzung ihr zurückverkaufte, <strong>die</strong> Stadt Altenberg mit den Bergwerken und<br />
Waldungen, <strong>die</strong> noch unter den Kurfürsten August und Johann Georg I. vermehrt<br />
wurden, zurückbehalten und 1502 samt dem Städtchen Glashütte das Amt Altenberg<br />
gebildet, das 1617 noch <strong>durch</strong> den Hinzutritt des Rittergutes Bärenfels sich vergrößerte<br />
81 . Gegen Ende des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts gelangte Scharfenstein erblich in <strong>die</strong> Hände <strong>der</strong>er<br />
v. Einsiedel, das Unteramt Thum als Rittergut an <strong>die</strong> v. Schönberg, während <strong>die</strong><br />
gleich ihm vom Amte Scharfenstein verwalteten Unterämter Geyer und Ehrenfrie<strong>der</strong>sdorf<br />
dem Amt Wolkenstein überwiesen wurden 82 . Das letztere war vor 1478, als<br />
<strong>die</strong> Herren v. Waldenburg ausstarben, <strong>die</strong> schon im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>die</strong> Herrschaft<br />
ihr eigen nannten, an <strong>die</strong> Wettiner gefallen 83 . <strong>Die</strong>se hatten auch 1456 denen v. Könneritz<br />
das Schloß Zschopau abgekauft, dessen Lehen <strong>die</strong> Waldenburger, <strong>die</strong> bisherigen<br />
Herren, abtraten; das kleine Amt ward übrigens gleich o<strong>der</strong> bald darauf von Schellenberg<br />
aus verwaltet 84 . 1435 verkauften <strong>die</strong> Waldenburger Haus Scharfenstein mit den<br />
damaligen Dörfern Geyer, Thum und Ehrenfrie<strong>der</strong>sdorf, <strong>die</strong> bald zu Städten sich erho-<br />
73 Cod. dipl. Sax. reg. II, 6, S. 459ff.<br />
74 A. a. O. I, a, Nr. 510<br />
75 Beyer a. a. O. S. 34. 198f. 477f. 488.<br />
76 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 234 – 39.<br />
77 Schöttgen-Kreysig, Diplom. et script. hist. Germ. med. aev. II, 547.<br />
78 Kreysig, Betr. z. Hist. d. kurf. sächs. Lande V, 121 – 35; Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 19.<br />
79 Mitt. d. AV. Plauen I, Urk. Nr. 5. Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 3. 11. 13. 17.<br />
80 Mitt. d. AV. Plauen VII, 27f.<br />
81 Leonhardi a. a. O. III, 172. 184.<br />
82 v. Mansberg, Erbarmannschaft Wettin. Lancde I, 397, Nr. 305. v. Langenn, Herzog Albrecht <strong>der</strong><br />
Beherzte S. 566. Fraustadt a. a. O. IA, 254. 262.<br />
83 A. a. O. IB, 248 Anm. 8. Schönburg. Geschichtsbl. III, 68, Anm. 3f.<br />
84 v. Mansberg a. a. O. I, 155. Nr. 96. 102; S. 156. Nr. 118. Fraustadt a. a. O. IB, S. 248. Anm. 8. Be -<br />
reits 1292 ist es eine „villicatio“; vgl. v. Weber a. a. O. V, 262f: civitas Schape et omnia, quae<br />
attinent illi villicationi.<br />
Abschrift: Gert Süß 6
en. Hinter dem Käufer, dem Münzmeister Liborius Senftleben, stand <strong>der</strong> Landesherr,<br />
<strong>der</strong> in den Kauf eintrat und <strong>die</strong> neue Besitzung <strong>durch</strong> seine Vögte verwalten ließ<br />
85 . 1413 fiel <strong>die</strong> Herrschaft Crimmitschau mit dem Absterben <strong>der</strong> dortigen Schönburge,<br />
<strong>die</strong> sie <strong>durch</strong> Kauf o<strong>der</strong> Heirat von ihren Verwandten, den Edlen v. Crimmitschau,<br />
Ende des 13. o<strong>der</strong> Anfang des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts übernahmen, an <strong>die</strong> Wettiner und<br />
kam im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t als ein schriftsässiges Rittergut (v. Weißenbach) an das Amt<br />
Zwickau 86 . 1411 veräußerte <strong>der</strong> Burggraf von <strong>Meißen</strong> den Pöhlberg mit fünftehalb<br />
Dörfern; so entstand das Mühlamt, nach <strong>der</strong> Herrnmühle zu Frohnau genannt o<strong>der</strong><br />
später im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t das Amt Annaberg geheißen 87 . 1405 hörte Wiesenburg auf<br />
ein Amt zu sein: 1394 und 1398 hatten <strong>die</strong> Reußen zu Greiz das alte Besitztum ihres<br />
Hauses, das ihm bereits zu Beginn des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts zustand, an <strong>Mark</strong>graf Wilhelm<br />
I. überlassen 88 . 1397/98 war <strong>durch</strong> den erblosen Tod eines jüngeren Bru<strong>der</strong>s <strong>die</strong>ser<br />
Edlen Werdau an ebendenselben Fürsten ge<strong>die</strong>hen; das neue Amt, anfangs<br />
Schönfels geheißen, das seit etwa 1435 davon abgetrennt ward – nun kommt <strong>der</strong><br />
Name Wedau auf –, verschmolz im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t mit dem Amte Zwickau 89 . 1324<br />
überwies Kaiser Ludwig <strong>der</strong> Bayer seinem Schwiegersohn Friedrich dem Ernsthaften<br />
<strong>die</strong> Burg Schellenberg mit ihrem Zubehör, <strong>die</strong> den Reichsministerialen gleichen Namens<br />
wegen Landfriedensbruchs abgesprochen worden war 90 .<br />
Übersehen wir das ganze Gebirge, so treten hier <strong>die</strong> erst 1878 zur Amtshauptmannschaft<br />
Glauchau zusammengeschlossenen Herrschaften <strong>der</strong> Schönburge auf: Glauchau<br />
mit Meerane, Lichtenstein und Waldenburg, (bis 1779) böhmische Lehen 91 , sowie Hartenstein<br />
(d. i. <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>wäldische Teil <strong>der</strong> alten Grafschaft) und Stein (1701 von ihr<br />
abgetrennt), erstere seit 1439, letztere (als Burg) 1372 Meißner Lehen 92 . Zu ihnen gesellen<br />
sich seit 1543: Remse (von 1533 ab ein Klosteramt <strong>der</strong> Ernestiner), Penig und<br />
Wechselburg, das frühere Kloster Zschillen, von Herzog Moritz gegen Hohnstein, Lohmen<br />
und Wehlen in <strong>der</strong> sächsischen Schweiz eingetauscht, sowie seit 1548 Rochsburg<br />
93 . Das letztere und Penig, am Ausgange des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts an <strong>die</strong> Burggrafen v. Altenburg,<br />
denen <strong>die</strong> Burggrafen v. Leisnig folgten, von den Wettinern verliehen, hatten<br />
wie im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t Zschillen zu dem „pagus“ von Rochlitz gehört 94 . Remse war<br />
seit <strong>der</strong> Mitte des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>der</strong> Sitz eines Benediktinerinnenkonventes gewesen<br />
95 . <strong>Die</strong> Grafschaft Hartenstein hatten bereits im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>die</strong> Meinheringer,<br />
<strong>die</strong> Edlen v. Werben (bei Weißenfels), noch ehe sie das Burggrafenamt zu <strong>Meißen</strong> bekleideten,<br />
als Reichslehn besessen; denn im Jahre 1157 war Meinher v. Werben, nachmals<br />
<strong>der</strong> erste erbliche Burggraf von <strong>Meißen</strong>, an <strong>der</strong> Gründung von Klösterlein Zelle<br />
(bei Aue) beteiligt. Von den 60 Hufen, <strong>die</strong> er im Verein mit <strong>Mark</strong>graf Otto dem Reichen<br />
und dem Edlen v. Meineweh Kaiser Friedrich I. aufließ, lag jedenfalls das Dorf<br />
85 HstA Dresden Orig. Nr. 6525f.<br />
86 Schönburg. Geschichtsbl. III, 172f. Schumann, Vollst. Staats-, Post- u. Zeitungslexikon V, 191f.<br />
87 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 211. Richter I, 368f. <strong>Bönhoff</strong>, Lehmannsche Kriegschronik S. 11. N. Sächs.<br />
KGal. Eph. Werdau S. 99. 104.<br />
88 Schmidt, Urkundenbuch <strong>der</strong> Vögte v. Weida, Gera und Plauen II, 54. 360. Mitt. d. AV. Kirchberg I,<br />
89f.<br />
89 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXXIII, 1 – 35.<br />
90 Wenck a. a. O. S. 3. Glückauf 1909 S. 67 u. Anm.<br />
91 Leipziger Stu<strong>die</strong>n aus d. Geb. d. Gesch. I, 2, 31 u. Anm. 5.<br />
92 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 210. Mitt. d. AV. Plauen V, Nr. 483: Steyn bey Hartensteyn.<br />
93 Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 22f. Kreysig, Beitr. z. Hist. d. kurf. sächs. Län<strong>der</strong> V, 121 – 35. Pfau,<br />
Grundriß d. Chronik über d. Kloster Zschillen S. 384 – 87.<br />
94 A. a. O. S. 107. 165. 211f. <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXXVII, 1f.<br />
95 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 1ff.<br />
Abschrift: Gert Süß 7
Zelle am rechten Ufer <strong>der</strong> Zwickauer Mulde auf dem Boden <strong>der</strong> Grafschaft Hartenstein.<br />
Meinhers Nachkommen verpfändeten sie 1406 dem Hause Schönburg, das 1439<br />
mit den Lehen an Kursachsen gewiesen ward 96 . Waldenburg, 1172 von den Reichsministerialen<br />
v. Wartha erbaut, <strong>die</strong> sich (1199) darnach benannten, blieb als Reichs-,<br />
dann als böhmisches Lehn dem Geschlechte bis zur Zeit zwischen 1372 und 1378, in<br />
<strong>der</strong> es <strong>die</strong> Schönburge erwarben 97 . Deren ursprünglicher Besitz im oberen Muldentale<br />
bestand in Glauchau, Meerane (das früher eine Herrschaft für sich bildete) und Lichtenstein<br />
98 . Außerdem finden wir noch im Herzen <strong>der</strong> Grafschaft Hartenstein <strong>die</strong> erst<br />
von den Burggrafen von <strong>Meißen</strong>, dann von den Kurfürsten von Sachsen lehnsrührige<br />
Herrschaft Wildenfels vor, welche <strong>die</strong> gleichnamigen, 1604 ausgestorbenen Edlen mit<br />
einer größeren Unterbrechung im 15. und 16. Jahrhun<strong>der</strong>t von <strong>der</strong> Mitte des 12. ab<br />
besaßen, doch so daß <strong>die</strong> Burg Allod war, da sie <strong>die</strong>se unter Karl IV. als ein „offen hus“<br />
<strong>der</strong> Krone Böhmen erklärten 99 .<br />
So stellen wir folgende in <strong>Ämter</strong> verwandelte Herrschaften fest, <strong>die</strong> zum Teil<br />
Reichs-, zum Teil böhmische und meißnische Lehen waren: 1. Crimmitschau, 2. Werdau,<br />
3. *Wiesenburg, 4. *Schwarzenberg, 5. Stollberg, 6. Greifenstein (so 1349), d. i.<br />
Thum, Geyer und Ehrenfrie<strong>der</strong>sdorf, 7. Zschopau, 8. Scharfenstein, 9. *Wolkenstein,<br />
10. *<strong>der</strong> Pöhlberg, 11. *Schellenberg, 12. Rauenstein, 13. *Lauterstein, 14. Rabenstein<br />
und 15. *Frauenstein. Aus ihnen, den Rittergütern Sachsenburg (mit Frankenberg),<br />
Lichtenwalde und *Bärenstein z. T. (Altenberg) und den Gebieten <strong>der</strong> drei Klöster<br />
*Grünhain, *Chemnitz und Altenzella (mit Nossen) ergaben sich schließlich elf neue<br />
<strong>Ämter</strong> (*), da verschiedene kleinere, <strong>die</strong> anfänglich für sich bestanden hatten, in den<br />
Verband <strong>der</strong> größeren eingetreten waren, so Crottendorf (zu Schwarzenberg), Stollberg<br />
(zu Grünhain), Geyer, Ehrenfrie<strong>der</strong>sdorf und Rauenstein (zu Wolkenstein) und<br />
Zschopau (zu Schellenberg). Ein Rittergut (Lichtenwalde) war nur auf Zeit (1561 –<br />
1694) Amt gewesen; aber im Jahre 1647 war mit Ausnahme <strong>der</strong> Schönburgischen<br />
Herrschaften und Wildenfels, <strong>die</strong> übrigens administrativ dem Amt Zwickau angeglie<strong>der</strong>t<br />
waren, das ganze Erzgebirge von einem Netz landesfürstlicher <strong>Ämter</strong> (13) überspannt.<br />
An alten verbleiben uns von ihnen nur zwei: eins am östlichen, das an<strong>der</strong>e am<br />
westlichen Ende des Gebirges, nämlich Freiberg, das erst im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t mit Amt<br />
Tharandt o<strong>der</strong> Grillenburg (s. u.) kombiniert ward, und Zwickau, aber ohne Werdau<br />
und Crimmitschau.<br />
Wir wenden uns nunmehr zum Leipziger o<strong>der</strong> osterländischen Kreis und scheiden<br />
<strong>die</strong> 1815 preußisch gewordenen <strong>Ämter</strong> Zörbig, Delitzsch, Düben und Eilenburg aus,<br />
zumal sie ja auch anfangs nicht zur <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong>, son<strong>der</strong>n zur Ostmark (marchia orientalis)<br />
gehörten 100 . Wir sehen von zeitweiligen Verbindungen wie zwischen Borna<br />
und Pegau, Grimma und Mutzschen (1784) ab 101 . Das letztere Amt entstand 1582/85<br />
<strong>durch</strong> <strong>die</strong> Ankäufe des Besitzes <strong>der</strong> Familie v. Starschedel, <strong>die</strong> Kurfürst August seit<br />
dem Jahre 1565 bewirkt hatte. Jene hatte <strong>die</strong> Herrschaft Mutzschen, <strong>die</strong> sie unter<br />
sich geteilt, von den Burggrafen v. Leisnig erworben, <strong>die</strong> wir bereits im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
als Besitzer kennen lernen 102 . In <strong>der</strong> Reformationszeit trug das Gebiet des säkularisierten<br />
Klosters Pegau zur Erweiterung des alten Amtes Groitzsch bei und<br />
96 A. a. O. XXVII, 209ff. 259ff.<br />
97 Schönburg. Geschichtsbl. III, 66. Leipziger Stu<strong>die</strong>n aus d. Geb. d. Gesch. I, 2, 32.<br />
98 A. a. O. I, 2, 31 u. Anm. 5. Schönburg. Geschichtsbl. III, 155. 166.<br />
99 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXVII, 239 – 248. Leipz. Stud. I, 2, 19.<br />
100 Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 3.<br />
101 Leonhardi a. a. O. II, 890. Lorenz, D. Stadt Grimma. S. 1066.<br />
102 A. a. O. S. 1074 – 77.<br />
Abschrift: Gert Süß 8
verdrängte dessen Namen 103 . Das 1550 geschaffene Schulamt Grimma umfaßte <strong>die</strong> Besitzungen<br />
des eingezogenen Klosters Nimbschen 104 .<br />
Im Jahre 1404 kaufte <strong>Mark</strong>graf Wilhelm I. <strong>die</strong> Herren v. Colditz aus und brachte<br />
ihre Stammesherrschaft, <strong>die</strong> sie seit 1157 als Reichsministerialen in einem Umfange<br />
von einigen 20 Dörfern besaßen und <strong>die</strong> sie im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t sehr erweiterten, an<br />
sich, zumal sie ein böhmisches Lehn war, was sie bis 1547 geblieben ist 105 . Mit Gewalt<br />
drangen im Jahre 1365 <strong>die</strong> markgräflichen Brü<strong>der</strong> dem aufsässigen Burggrafen v.<br />
Leisnig <strong>die</strong> gleichnamige Herrschaft ab und entschädigten ihn mit Geld 106 . So fiel eine<br />
Burggrafschaft fort, und ein neues Amt entstand, das in <strong>der</strong> Reformationszeit <strong>durch</strong><br />
das Gebiet des Klosters Buch beträchtlich erweitert wurde 107 . Das kleine Allod Kohren<br />
kam, nachdem <strong>die</strong> gleichnamigen Edlen ausgestorben waren, an <strong>die</strong> Wettiner, <strong>die</strong> es<br />
zeitweilig mit Amt Altenburg zusammenschlugen, bis es an Dynasten wie <strong>die</strong> Schönburge,<br />
<strong>die</strong> Burggrafen v. Leisnig und <strong>die</strong> Vögte von Plauen verlehnt ward, um schließlich<br />
an <strong>die</strong> v. Einsiedel zu kommen. 1379 war es zum Osterlande gezogen worden;<br />
daher befindet sich das Rittergut Kohren beim Amt Borna 108 .<br />
So bleiben uns hier als alte <strong>Ämter</strong>: Leipzig (doch ohne Taucha, s. u.), Groitzsch (in<br />
dessen Bezirke das Kloster Pegau lag, s. u.), Borna, Grimma (das Erbamt: so seit<br />
1550, s. o.) und Naunhof (beide seit 1487 dauernd miteinan<strong>der</strong> verschmolzen) sowie<br />
Rochlitz 109 . Taucha, dessen Burgward 1004 das Erzstift Magdeburg von Heinrich II.<br />
zum Geschenk erhalten hatte 110 , das <strong>durch</strong> <strong>die</strong>ses zur Stadt (1174) erhoben ward 111 ,<br />
war <strong>der</strong> Mittelpunkt eines erzbischöflichen Amtes, dessen Vogte (Heinrich v. Trebsen)<br />
wir 1268 begegnen 112 . Um 1280 nahm <strong>Mark</strong>graf <strong>Die</strong>trich von Landsberg das Schloß<br />
ein, und <strong>die</strong> Wettiner gebärdeten sich als Herren des Amtes, das als solches für sich<br />
um 1349 erscheint. Um <strong>die</strong> Mitte des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts erkannten Sie <strong>die</strong> erzbischöfliche<br />
Lehnshoheit an, zogen aber 1378 Amt Taucha zu Leipzig 113 . Wir konnten also feststellen,<br />
daß in <strong>die</strong>sem Kreise neben sechs alte <strong>Ämter</strong> fünf neue getreten sind; es<br />
handelt sich dabei um <strong>die</strong> Herrschaften Mutzschen, Leisnig und Colditz sowie um <strong>die</strong><br />
Klöster Pegau und Nimbschen. Wir können aber den Kreis nicht verlassen, ohne des<br />
einbezirkten Meißner Kirchenlandes, des Wurzener Stiftes, zu gedenken. Es betrifft<br />
<strong>die</strong> drei <strong>Ämter</strong> Wurzen, Mügeln und Sornzig. Das letztere, 1540 – 70 schon einmal<br />
landesherrlich, umfaßte das kleine, aber wohl zusammenhängende Gebiet des ehemaligen<br />
Benediktinerklosters Mergenthal, das aus den ihm im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t geschenkten<br />
und von ihm damals erworbenen Dörfern bestand 114 . Kurfürst August<br />
überließ es dem letzten Bischof von <strong>Meißen</strong>, Johann IX., 1570 gegen das Amt Mühlberg.<br />
Derselbe behielt es auch nach seiner Resignation (1581) bis an sein Lebensende<br />
103 HstA Dresden, Lok. 4333, Register d. Zubehör. d. A. Doringen u. <strong>Meißen</strong> 1378 fol. 59b.<br />
104 Lorenz a. a. O. S. 1097f.<br />
105 Leipziger Stu<strong>die</strong>n a. d. G. d. Gesch. I, 2, 30. Wenck a. a. O. S. 122f. 128.<br />
106 A. a. O. S. 98. 128. Leipz. Stud. I, 2, 27ff.<br />
107 Mitt. d. Gesch. u. AV. Leisnig II, 71f.<br />
108 Lippert-Beschorner, Lehnbuch Friedrichs d. Strengen. XVII und S. 187, Anm. 91. Mitt. d. Deutsch.<br />
Ges. VIII, 3, 12. <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXXII, 251 u. Anm. 1. Es ist mehr als fraglich, ob man ein beson<strong>der</strong>es<br />
Amt Kohren anzunehmen habe. Soviel ich sehe, ist es nicht nachweisbar.<br />
109 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 182-86.<br />
110 Kehr, Urkundenbuch d. Hochstifts Merseburg I, Nr. 30. (Der Name „Thuc“ ist als „Chut“ kopiert<br />
worden.)<br />
111 Magdeburger Geschichtsbl. II, 69f. V, 223.<br />
112 v. Mühlverstedt, Diplomatarium lieburgense II, 754.<br />
113 Magdeburger Geschichtsbl. II, 71f. Cod. dipl. Sax. reg. II, 8, Nr. 47.<br />
114 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 176 u. Anm. 115.<br />
Abschrift: Gert Süß 9
(1595) 115 . 1666 – 1761 war Sornzig eine Gutsherrschaft unter denen v. Burkersroda,<br />
<strong>der</strong>en letzter es dem katholischen Josephinenstift zu Dresden vermachte, bis es 1770<br />
wie<strong>der</strong> ein Amt ward 116 . Mügeln war um <strong>die</strong> Mitte des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts bereits im Besitze<br />
des Hochstiftes <strong>Meißen</strong>, das hier seine beson<strong>der</strong>en Vögte hatte. Der Bezirk erweiterte<br />
sich <strong>durch</strong> Kauf und Tausch 117 . Wurzen endlich, wo wir schon im 12.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>die</strong> bischöflichen Edelvögte vorfinden, war ein geschlossenes Gebiet, über<br />
dessen Abgrenzung <strong>der</strong> Bischof von <strong>Meißen</strong> 1285 einen Vergleich mit Heinrich dem<br />
Erlauchten nach längerem Streite abschloß. <strong>Die</strong> „terra Wurcinensis“ umfaßte <strong>die</strong><br />
Burgwarde Wurzen und Püchau, von denen jener mutmaßlich, <strong>die</strong>ser nachweislich im<br />
14. Jahrhun<strong>der</strong>t geschenkweise an <strong>die</strong> Kirche von <strong>Meißen</strong> gelangte 118 .<br />
Wir besprechen noch den Meißner Kreis und übergehen auch hier <strong>die</strong> 1815 an Preußen<br />
abgetretenen <strong>Ämter</strong> Torgau, Mühlberg, Senftenberg und Finsterwalde, alles Herrschaften,<br />
<strong>die</strong> ursprünglich zur Ostmark gerechnet wurden 119 . Sonst aber<br />
unterscheiden wir <strong>die</strong> beiden alten Gaue Daleminzi und Nisan. In dem ersteren wollen<br />
wir zunächst einen Überblick halten. 1804 kam das kleine Amt Laußnitz zum Amt Radeberg<br />
(s. u.) hinzu: es war 1564 <strong>durch</strong> Kurfürst August erworben und eingerichtet<br />
worden 120 . Dessen Sohn Christian I. kaufte dem Hause Pflugk das Rittergut Zabeltitz,<br />
zu dem etwa neun Dörfer gehörten, im Jahre 1580 ab und ließ es als Amt verwalten,<br />
bis es 1728 Gutsherrschaft und 1806 Kammergut ward 121 . Im Jahre 1588 kam das<br />
Amt Döbeln, das zerschlagen ward, zum größten Teile ans Amt Leisnig (s. o.), nur einiges<br />
zog man zu den <strong>Ämter</strong>n <strong>Meißen</strong>, Oschatz und Nossen 122 . <strong>Die</strong> Reformationszeit<br />
brachte <strong>die</strong> Gründung dreier neuer <strong>Ämter</strong> zu <strong>Meißen</strong> mit sich, des Stiftsamtes, das <strong>die</strong><br />
Dörfer <strong>der</strong> Dombaukasse (fabrica) und <strong>der</strong> Domherrnpfründen (praebendae) umfaßte,<br />
des Prokuraturamtes, das frühere bischöfliche und Kapitelsdörfer in sich beschloß,<br />
und des Schulamtes, dem Besitzungen des St. Afrastiftes und des Kreuzklosters zugeordnet<br />
waren 123 . <strong>Die</strong> Klosterämter Riesa und Seußlitz bestanden nicht lange; bereits<br />
1554 und 1555 sehen wir sie in Rittergüter verwandelt 124 . <strong>Die</strong> kleinen <strong>Ämter</strong> Ortrand<br />
und Skassa, <strong>die</strong> im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t auftauchen und verschwinden, waren nur landesherrliche<br />
Gutsbezirke von geringem Umfange 125 . So finden wir im Daleminzierlande<br />
folgende fünf alte <strong>Ämter</strong>: <strong>Meißen</strong> (das spätere Erbamt), Oschatz, Großenhain, Döbeln<br />
und das bereits am Ende des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts (s. u.) eingegangene Roßwein 126 .<br />
Im Elbtalgau Nisan vereinigte man 1770 Amt Moritzburg mit dem Amt Großenhain<br />
127 . Kurfürst August errichtete 1560 Amt Dippoldiswalde aufs neue und erweiterte es<br />
bis 1568 beträchtlich <strong>durch</strong> Ankäufe benachbarter Rittergüter 128 ; eben<strong>der</strong>selbe vergrößerte<br />
das Amt Dresden 1559 <strong>durch</strong> eine Anzahl von Dörfern, <strong>die</strong> zu dem bischöflichen<br />
Bezirke von Brießnitz gehört hatten, <strong>der</strong> mit dem Amt Stolpen zum größten Teile er-<br />
115 Machatschek, Gesch. d. Bischöfe d. Hochstifts <strong>Meißen</strong> S. 784. 801. 806. 817.<br />
116 A. a. O. S. 163. Leonhardi a. a. O.<br />
117 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 433f.<br />
118 A. a. O. VII, 432. Mitt. d. Wurzener Gesch. u. AV. I, 2, 15 bis 23.<br />
119 Böttiger-Flathe a. a. O. I, 262, Vgl. 241. 258.<br />
120 Schumann a. a. O. V, 420f.<br />
121 A. a. O. XIII, 388f.<br />
122 Hingst, Chronik von Döbeln S. 21. 28.<br />
123 Leonhardi a. a. O. II, 73f. 81f. 84f.<br />
124 A. Sächs. K Gal. Bd. VII, S. 86. 134.<br />
125 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 177. 230.<br />
126 A. a. O. VII, 176 – 79. 189f.<br />
127 Schumann a. a. O. VI, 559.<br />
128 Leonhardi a. a. O. II, 329f.<br />
Abschrift: Gert Süß 10
tauscht worden war 129 . Das ebenerwähnte Amt war das frühere Bischofsland um Stolpen,<br />
Bischofswerda, Göda und Liebethal samt mehreren Exklaven bei Kamenz, Bautzen<br />
und Löbau gewesen. Es war in <strong>der</strong> Hauptsache <strong>der</strong> im Jahre 1007 dem Hochstifte<br />
<strong>Meißen</strong> von Heinrich II. übereignete Burgward Göda mit seinem kolonisierten Hinterlande,<br />
<strong>der</strong> <strong>durch</strong> <strong>die</strong> böhmischen Herrschaften Stolpen im ersten Viertel des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
und Liebethal im Jahre 1336 vermehrt worden war. Kurfürst August gab<br />
1559 dafür das Amt Mühlberg mit verschiedenen an<strong>der</strong>en Besitzungen hin 130 . Durch<br />
Tausch gewann auch Herzog Moritz 1543 Amt Hohnstein, wozu noch Lohmen kam,<br />
von dem Hause Schönburg zurück, das dafür Penig und Zschillen (Wechselburg, wie<br />
oben bemerkt, erhielt. Er schuf auch ein neues Amt, nach ihm Moritzburg benannt,<br />
das auch sein Bru<strong>der</strong> August noch vergrößerte 131 . 1503 hatte dagegen Herzog Georg<br />
das damals kleine Amt Dippoldiswalde, eigentlich nur einen landesherrlichen Gutsbezirk,<br />
<strong>der</strong> unter Herzog Albrecht von Tharandt aus verwaltet wurde, als Rittergut an<br />
<strong>die</strong> Familie v. Maltitz veräußert, von <strong>der</strong> Kurfürst August es 1560 (s. o.) zurückkaufte<br />
132 . 1488 ward Königstein und vor 1457 Dohna, <strong>die</strong> bis dahin beson<strong>der</strong>e <strong>Ämter</strong> gebildet<br />
hatten, mit Amt Pirna vereinigt 133 . Rathen, das 1469 als ein von denen v. d. Oelsnitz<br />
verwirktes Ritterlehn ebenfalls zu Amt Pirna gezogen ward, erscheint 1548 als Amt;<br />
ob es damals noch selbständig war, ist nicht klar; jedenfalls ist das nur von kurzer<br />
Dauer und untergeordneter Bedeutung gewesen 134 . 1443 hatte <strong>der</strong> Kurfürst von Sachsen<br />
<strong>die</strong> Herrschaften Hohnstein und Wildenstein von den Berken v. d. Duba an sich<br />
gebracht und ein Amt daraus gebildet, bis es <strong>die</strong> Familie v. Schleinitz zum Geschenk<br />
für ihre Ver<strong>die</strong>nste vom Herzog Georg erhielt, <strong>der</strong> es <strong>die</strong> Herren v. Schönburg (s. o.)<br />
abkauften 135 . Königstein und Pirna erlangte <strong>der</strong> rührige <strong>Mark</strong>graf Wilhelm I. im Jahre<br />
1404 von <strong>der</strong> Krone zu Böhmen und verwandelte sie in meißnische Vogteien, nachdem<br />
sie bisher als böhmische Burggrafschaften gegolten hatten 136 . Dippoldiswalde und<br />
Dohna waren nach <strong>der</strong> Vertreibung <strong>der</strong> Burggrafen v. Dohna 1402 markgräfliche <strong>Ämter</strong><br />
geworden 137 ; auch Rabenau kam, aber nur auf kurze Zeit, unter landesherrliche<br />
Verwaltung 138 , bis es bald wie<strong>der</strong> Rittergut ward, das dann unter Kurfürst August<br />
zum Amt Dippoldiswalde kam 139 . Radeberg ward vor 1378 vom Amt Dresden als ein<br />
solches abgezweigt 140 : 1357 hatten es <strong>die</strong> Burggrafen von Dohna mit einer stattlichen<br />
Reihe von Dörfern als markgräflichen Lehn inne gehabt; sie gaben es zurück, aber <strong>der</strong><br />
ganze Bezirk gestaltete sich zu einem neuen Amte 141 . Verschiedene Herrschaften in<br />
129 Mitt. d. Ver. f. Gesch. Dresdens XVI, 60f.<br />
130 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 437ff. u. Anm. 704 bis 707. 724 – 727.<br />
131 Leonhardi a. a. O. III, 492. Schumann VI, 560.<br />
132 Leonhardi a. a. O. III, 329. Schumann I, 687.<br />
133 Meiche, D. Burgen ... d. sächs. Schweiz S. 79. 133.<br />
134 A. a. O. S. 199. 202 u. Anm. 111.<br />
135 A. a. O. S. 243 – 47. 303 – 10.<br />
136 A. a. O. S. 104ff. 126ff.<br />
137 A. a. O. S. 75. Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 180. <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXII, 270 u. Anm.<br />
196.<br />
138 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXII, 237. 239. 251 u. Anm. 116; 270 u. Anm. 196.<br />
139 Leonhardi a. a. O. II, 329.<br />
140 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 179.<br />
141 S. Graf Dohna, <strong>Die</strong> Donins I, 310ff. Urk. Nr. 33. <strong>Die</strong> Namen <strong>der</strong> 19 Dörfer lauten: Ottendorf, Weißig<br />
(Wysock), Schönborn, Grünberg, Wilschdorf bei Dresden, Lausa, Rähnitz, Wachau bei Radeberg,<br />
Leppersdorf (Liuprandisdorf), Seifersdorf, Lomnitz, Liegau (Legawe), Lotzdorf, Marsdorf (Maroldisdorf),<br />
Weixdorf (Wygandisdorf), Hermsdorf, Bühlau (Bele),. Wahnsdorf (Wayandisdorf) und Rockau<br />
(Rakowe).<br />
Abschrift: Gert Süß 11
<strong>der</strong> sächsischen Schweiz wie Stolpen, Liebethal, Lohmen, Wehlen, Rathen, Hohnstein<br />
und Wildenstein und <strong>die</strong> Burggrafschaft zu Dohna mit ihren Pertinenzen gelangten<br />
also in <strong>die</strong> Hände <strong>der</strong> Landesherren, denen es sehr willkommen sein mußte, <strong>die</strong>se<br />
<strong>durch</strong>weg böhmischen Lehen – sie sind es bis 1807 geblieben 142 – zu ihrer unmittelbaren<br />
Verfügung zu haben. Dazu kam noch das Meißner Kirchenland im Winkel zwischen<br />
Elbe und Weißeritz, das um <strong>die</strong> Mitte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts säkularisiert wurde.<br />
Das Amt Leubnitz gelangte bereits 1550 <strong>durch</strong> Kauf an <strong>die</strong> Stadt Dresden 143 . Mithin<br />
treten hier als <strong>die</strong> <strong>ältesten</strong> <strong>Ämter</strong> auf: Dresden und Tharandt 144 ; letzteres empfing im<br />
16. Jahrhun<strong>der</strong>t nach dem von Kurfürst August 1558 mitten im Tharandter Walde errichteten<br />
Jagdschlosse Grillenburg eine neue Bezeichnung und kam, nachdem im 15.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t das damals unbedeutende Amt Dippoldiswalde von ihm abhängig gewesen<br />
war 145 , im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t zu dem Amt Freiberg und damit seit 1691 zu dem erzgebirgischen<br />
Kreise 146 .<br />
Wir sind <strong>die</strong> ganze <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong> <strong>durch</strong>gegangen und dabei auf fünfzehn <strong>Ämter</strong> <strong>ältesten</strong><br />
Bestandes gestoßen: im Gau Daleminzi (6): <strong>Meißen</strong>, Großenhain, Oschatz, Döbeln,<br />
Roßwein und Freiberg, im Gau Nisan (2): Dresden und Tharandt, im Gau<br />
Chutizi (6): Grimma, Naunhof, Leipzig, Groitzsch, Borna und Rochlitz und endlich im<br />
Gau Zwiccowe (1): Zwickau. Ehe wir uns mit ihnen etwas eingehen<strong>der</strong> beschäftigen,<br />
sei auf einen Umstand aufmerksam gemacht. Fast alle <strong>die</strong>se <strong>Ämter</strong> stehen unter einer<br />
kirchlichen Lehnshoheit, zwei von ihnen (*) sogar unter einer doppelten. Lehen <strong>der</strong><br />
Kirche zu Naumburg 147 sind: *Groitzsch, *Grimma, Rochlitz, Oschatz, Großenhain und<br />
erst seit dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t Borna (6), <strong>der</strong> Kirche zu Merseburg 148 : Leipzig, Naunhof,<br />
(*Groitzsch) und *Grimma (4), <strong>der</strong> Kirche zu <strong>Meißen</strong> 149 : Tharandt und *Dresden<br />
(2), <strong>der</strong> Kirche zu Hersfeld 150 : <strong>Meißen</strong>, Döbeln, Roßwein, Freiberg und *Dresden (5);<br />
nur Zwickau ist von einem kirchlichen Lehnsbande völlig frei.<br />
Wir beginnen mit <strong>die</strong>sem Amte. Lange Zeit bis ins 15. Jahrhun<strong>der</strong>t ist es als landesherrlicher<br />
Besitz, <strong>der</strong> nur unter Friedrich dem Freidigen gestört ward, indem das Reich<br />
eintrat, Exklave geblieben 151 . Im Norden begrenzten es <strong>die</strong> Herrschaften Glauchau und<br />
Meerane (Schönburg), im Westen: Crimmitschau (Schönburg), Werdau und Schönfels<br />
(<strong>die</strong> Reußen), im Süden: Wiesenburg (<strong>die</strong> Reußen), im Osten: Hartenstein (Burggrafen<br />
v. <strong>Meißen</strong>) und Lichtenstein (Schönburg). Es war ein schmaler Streifen im Muldentale<br />
von Mosel bis Planitz. Unter <strong>Die</strong>trich dem Bedrängten begegnet uns 1219 als Zeuge<br />
<strong>der</strong> Begabungsurkunde für das Kloster zu Eisenberg <strong>der</strong> Vogt Herold von Zwickau 152 .<br />
Der <strong>Mark</strong>graf befand sich im Jahre 1212 mit dem Kloster Bosau, das 1118 <strong>die</strong><br />
Zwickauer Gaukirche von <strong>der</strong> Gräfin Bertha v. Morungen, <strong>der</strong> Tochter des Grafen Wiprecht,<br />
erhalten hatte, in einem langwierigen Streite um <strong>die</strong> Stadt, ihre Pfarrkirche<br />
und das Dorf Mergenthal (vallis s. Mariae) 153 . Das Zwickauer Gebiet war nach Berthas<br />
142 Meiche a. a. O. S. 192. 242. 311.<br />
143 Beyer a. a. O. S. 237 Anm. 103.<br />
144 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 180f.<br />
145 v. Langenn a. a. O. S. 562. 568.<br />
146 Leonhardi a. a. O. III, 96.<br />
147 Lepsius, Gesch. d. Bischöfe d. Hochstifts Naumburg I, 351 u. Anm. 7.<br />
148 Kehr a. a. O. I, Nr. 157a. 191. 474. 568.<br />
149 Schöttgen, Hist. d. kursächs. Stiftsstadt Wurzen. Anhang S. 60.<br />
150 v. Webers Archiv f. d. Sächs. Gesch. V, 262f.<br />
151 Kreysig, Beitr. z. Hist. d. kurf. sächs. Län<strong>der</strong> VI, 131. 141. 145.<br />
152 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 266.<br />
153 A. a. O. I, 3, Nr. 166.<br />
Abschrift: Gert Süß 12
Tode (1143) an <strong>die</strong> Wettiner gekommen; vermutlich schenkte sie ihrem Neffen Dedo,<br />
dem dritten Sohn ihres Schwagers Konrad des Großen, den sie bei sich hatte erziehen<br />
lassen, ihr Allod (proprietatem suam) Zwickau, wie <strong>die</strong> Lauterberger Chronik besagt,<br />
<strong>die</strong> das irrtümlich auf das Reichslehn Groitzsch bezieht 154 . Dedo war <strong>der</strong> Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Rochlitzer Linie des Hauses Wettin, <strong>die</strong> 1210 mit seinem Sohne Konrad wie<strong>der</strong> einging;<br />
sie vererbte damals gewiß auch Zwickau an <strong>die</strong> Hauptlinie, d. i. an <strong>Die</strong>trich den<br />
Bedrängten. Wie Bertha zu <strong>die</strong>ser Allodialbesitzung gelangte, ist nicht klar; da es<br />
ebenso schwierig ist, das Recht ihrer freien Verfügung von ihrem Vater wie von ihrem<br />
Gemahl, dem Grafen Dedo dem Älteren zu Wettin, abzuleiten, mag man ihr Eigentum<br />
an Zwickau auf eine kaiserliche Vergabung (Patengeschenk?) zurückführen; denn sie<br />
trug den Namen <strong>der</strong> Gemahlin Heinrichs IV. 155 . Jedenfalls war Zwickau seit 1143 wettinischer<br />
Hausbesitz, seit 1156 ein Zubehör <strong>der</strong> Grafschaften Groitzsch und Rochlitz<br />
und seit 1210 mit einer kürzeren Unterbrechung (1294 – 1308) eine Vogtei, ein Amt<br />
<strong>der</strong> <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong>.<br />
Freiberg war von dem <strong>Mark</strong>grafen Otto zwischen 1185 und 1190 begründet worden,<br />
nachdem <strong>der</strong> Grund und Boden vom Kloster Altenzella wie<strong>der</strong> abgetreten worden war,<br />
<strong>der</strong> innerhalb des ihm geschenkten Gebietes lag: es waren 138 Hufen, <strong>die</strong> drei Orte<br />
Christiansdorf, Berthelsdorf und Tuttendorf samt dem Walde Mönchenfrei, <strong>die</strong> <strong>der</strong><br />
Konvent seinem Stifter überließ 156 . Im Jahre 1221 begegnet uns ein Freiberger Vogt;<br />
er hieß nach einer späteren Urkunde (1223) Ripert, dem Sohn und Enkel – beide hießen<br />
Heinrich – sowie seine Enkel (Werner und Nikolaus) im Amte folgten 157 . Der Bezirk<br />
des Kolonialamtes, das außerhalb je<strong>der</strong> Burggrafschaft im Waldlande zwischen<br />
Böhmen und Daleminzi gelegen war, erstreckte sich zwischen Zschopau und roter<br />
Weißeritz; im Norden stieß es an <strong>die</strong> <strong>Ämter</strong> <strong>Meißen</strong> und Döbeln und zwischen ihnen<br />
an <strong>die</strong> Immunität von Altenzella, <strong>die</strong> im Norden und Nordwesten nahe bis an <strong>die</strong> Mauern<br />
<strong>der</strong> Stadt Freiberg heranreichte, im Westen bis ans Amt Rochlitz und <strong>die</strong> Herrschaft<br />
Schellenberg, <strong>die</strong> sie südlich mit einem schmalen Streifen abschloß, im Süden<br />
an <strong>die</strong> Herrschaften Lauterstein und Purschenstein-Sayda, <strong>die</strong> bis Heinrich den Erlauchten<br />
böhmisch war, sowie an das noch etwas jüngere Kolonialamt Frauenstein, im<br />
Osten endlich an das Gebiet <strong>der</strong> Burggrafen von Dohna (Dippoldiswalde, ursprünglich<br />
Meißner Lehn) und ans Amt Tharandt. Zu beachten ist hierbei, daß noch um <strong>die</strong> Mitte<br />
des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts Frankenberg und Sachsenburg, wie schon erwähnt, ferner Hainichen<br />
und wohl auch Oe<strong>der</strong>an, dessen sämtliche es umgebende und zu seiner Kirchfahrt<br />
gehörigen Dörfer nur gerichtlich mit Schellenberg 1378 zusammenhingen, dem<br />
Freiberger Vogteibezirke zuzuschreiben sind 158 . <strong>Die</strong> Entstehung seines Bezirkes ist<br />
also Ende des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts anzusetzen, während <strong>die</strong> Lehnshoheit <strong>der</strong> Abtei Hersfeld<br />
über „Vriberg cum suis pertinentiis“, 1292 zuerst urkundlich bezeugt, auf Lehnsauftrag<br />
zurückgeht, <strong>der</strong> in <strong>die</strong>sem Falle am Ende erst von dem damals <strong>durch</strong> <strong>die</strong><br />
Reichsgewalt bedrohten <strong>Mark</strong>grafen Friedrich den Freidigen vollzogen ward 159 .<br />
Das Amt Tharandt war von Anfang an klein und unbedeutend. In <strong>der</strong> Hauptsache<br />
bestand es neben dem Schlosse – 1294 werden „duo castra(?)“ erwähnt 160 – aus dem<br />
154 Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 31. 36.<br />
155 A. a. O. S. 32 – 35.<br />
156 Cod. dipl. Sax. reg. I, 2, Nr. 510; II, 12, Nr. 2.<br />
157 A. a. O. II, 12, Nr. 3f. 9. 12. 14. 17. 25.<br />
158 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 181.<br />
159 v. Webers Archiv V, 262f.<br />
160 Lünig, Corp. jur. feud. German. II, 1045f. <strong>Die</strong> Urkunde stammt nicht aus dem Jahre 1344 (MCC-<br />
CXLIV), son<strong>der</strong>n aus dem Jahre 1294 (MCCXCIV): das dritte C, zur Korrektur über das L gesetzt,<br />
Abschrift: Gert Süß 13
großen, weitausgedehnten Forste mit mehreren Kolonialdörfern am nördlichen, östlichen<br />
und südlichen Saume desselben. Tharandt tritt zum ersten Male urkundlich<br />
1206 auf: es ist das Kastell Thorun, welches Burggraf Heinrich v. Dohna auf dem Boden<br />
des Meißner Kirchenlandes, das hier das linke Weißeritzufer von <strong>der</strong> Mündung<br />
herauf bis zum Serrenbache bereichte, irrtümlicherweise hatte errichten lassen, und<br />
dessen Nie<strong>der</strong>reißung <strong>Mark</strong>graf <strong>Die</strong>trich anordnete 161 . Ob es dahin kam, bleibe dahingestellt,<br />
jedenfalls finden wir 1224 seine Witwe Jutta u. a. mit dem Schlosse Tharandt,<br />
das ihr Bru<strong>der</strong>, Landgraf Ludwig IV. von Thüringen, damals eroberte, als<br />
ihrem Leibgedinge ausgestattet. Wahrscheinlich nahm ihr Gemahl <strong>die</strong> Tharandter Gegend<br />
mit dem großen Walde von dem Hochstifte zu Lehen; sie verblieb den Wettinern<br />
mit einer kurzen Unterbrechung, da es zu Beginn des 14. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>die</strong> askanischen<br />
<strong>Mark</strong>grafen von Brandenburg nebst Dresden und Radeberg erworben hatten 162 .<br />
Auf <strong>der</strong> Burg saß zunächst ein markgräfliches Ministerialengeschlecht, das sich nach<br />
ihr benannte und noch 1349 im Amte begütert war 163 , sodann traten an seine Stelle<br />
bereits wohl im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>die</strong> markgräflichen Vögte. Aus <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>die</strong>ses<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts ist uns keiner bekannt.<br />
Das Amt Dresden, dessen Zubehör 1292 bis nach Pirna reichte 164 , war in früherer<br />
Zeit umfangreicher; denn zwei <strong>Ämter</strong> Dohna und Radeberg hatten sich abgeson<strong>der</strong>t:<br />
jenes war eine im Jahre 1304 entstandene Exemtion, <strong>die</strong> Friedrich Clemme, <strong>der</strong> <strong>Mark</strong>graf<br />
von Dresden, zu Gunsten <strong>der</strong> Burggrafen v. Dohna getroffen hatte 165 . Auch Rabenau<br />
und Dippoldiswalde als ursprüngliche Meißner Lehen dürften zum Dresdner<br />
Bezirk gehört haben. Im Süden stieß Amt Dresden in seiner <strong>ältesten</strong> Ausdehnung an<br />
das Königreich Böhmen (Pirna), im Osten an das meißnische Bischofsland (Stolpen,<br />
Liebethal) und <strong>die</strong> Oberlausitz (Pulsnitz, Königsbrück), im Norden an das Amt<br />
Großenhain und im Westen an das meißner Kirchenland an <strong>der</strong> Weißeritz und ans<br />
Amt Tharandt. Dresdner Vögte des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts sind uns namentlich unbekannt.<br />
In <strong>der</strong> <strong>ältesten</strong> Urkunde, <strong>die</strong> uns Dresden nennt und dort auch am 31. März 1206 ausgestellt<br />
ward, treten mitten unter den ritterlichen Zeugen (v. Zehmen, v. Erdmannsdorf<br />
... v. Zetscha, v. Eula, v. Schellenberg) als „officiati curiae“ ein Mecelin und ein<br />
Knapatz auf. Vielleicht ist einer von ihnen <strong>der</strong> Dresdner villicus, <strong>der</strong> officiatus des<br />
dortigen landesherrlichen Wirtschaftshofes (curia) 166 ; bedenken wir nur, daß damals<br />
noch militärische und richterliche Funktionen in den Händen <strong>der</strong> Burggrafen v. Dohna<br />
lagen. Noch ein Wort sei gesagt über <strong>die</strong> doppelte kirchliche Lehnshoheit, <strong>die</strong> einerseits<br />
dem Bischof von <strong>Meißen</strong>, andrerseits dem Abte von Hersfeld zustand 167 . Wohl in<br />
beiden Fällen handelt es sich um Lehnsauftrag: nach seines Vaters Tode hatte Friedrich<br />
Clemme nach einer Urkunde vom 1. Oktober 1292 Dresden, Radeberg und <strong>die</strong><br />
kam bei <strong>der</strong> Kopie in <strong>die</strong> Zahl herein. 1344 kann auch darum nicht stimmen, weil Friedrich Clemme<br />
bereits 1316 tot war. <strong>Die</strong> betreffenden Lehnstücke sind (nach richtiger Interpunktion): Dresden<br />
(Schloß u. Stadt), Radeberg (Schloß), Tharandt (2 Schlösser?), Dippoldiswalde (Stadt), Wilsdruff<br />
(Stadt), Liebethal (Schloß) und Ottendorf bei Pirna (munitio). Muß man übrigens vielleicht „Tarantdia<br />
castru“ lesen? [Anm. G.S. Tarantdia – letztes a mit Überstrich, castru – u mit Überstrich]<br />
161 Cod. dipl. Sax. reg. II, 1, Nr. 74.<br />
162 A. a. O. II, 1, Nr. 362.<br />
163 A. a. O. I, 3, Nr. 217. Beyer a. a. O. S. 540. Urk. Nr. 84; S. 543. Nr. 95. Lippert-Beschorner a. a. O.<br />
IX, 6.<br />
164 v. Webers Archiv V, 262f: Dreseden civitas cum suis pertinentiis usque Perne.<br />
165 S. Graf Dohna, D. Donins I, Urk. Nr. 19. 46. <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXXVI, 209 u. Anm. 3.<br />
166 Cod. dipl. Sax. reg. II, 1, Nr. 74.<br />
167 A. a. O. II, 1, Nr. 372f: daz sal unsme herren dem apte von Hersvelde (Hirsfelde) an syme rechte<br />
nycht schaden.<br />
Abschrift: Gert Süß 14
Heide dazwischen vom Bischof zu Lehn genommen, während Friedrich <strong>der</strong> Freidige<br />
seine Ansprüche an Dresden <strong>durch</strong> das Lehnsverhältnis zu Hersfeld zu sichern suchte<br />
168 .<br />
Für das Amt Großenhain können wir 1220 Theo<strong>der</strong>icus officiantus de Ozzec, 1227<br />
Heinricus advocatus de Hagin, den Schwiegersohn des Vogtes Heinrich sen. von Freiberg,<br />
und 1230 Rudolfus advocatus de Ozzek urkundlich belegen 169 . Bereits <strong>Die</strong>trich<br />
<strong>der</strong> Bedrängte hatte <strong>die</strong> Gegend vom Hochstift Naumburg zu Lehn getragen 170 , und<br />
unter seinem Sohne Heinrich dem Erlauchten war neben das Dorf Ozzek <strong>die</strong> Stadt<br />
<strong>Mark</strong>gräfenhain (indago marchionis) getreten 171 . Das ist typisch: so tritt neben das<br />
slavische Altland im Westen an <strong>der</strong> Elbe das deutsche Kolonialgebiet im Osten längs<br />
den Ufern <strong>der</strong> Rö<strong>der</strong>. Zwischen Amt <strong>Meißen</strong> und <strong>der</strong> Oberlausitz gelegen, stößt <strong>der</strong><br />
Bezirk im Süden ans Amt Dresden und wird im Norden zum Teil von <strong>der</strong> rechtselbischen<br />
„provincia Strale“, <strong>die</strong> dem Hochstifte Naumburg zustand, begrenzt, bis Ende<br />
des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts <strong>die</strong>ses Gelände ganz mit dem Amt Großenhain verschmolz, das<br />
nun im Norden gänzlich an <strong>die</strong> Nie<strong>der</strong>lausitz sich anschloß. Wie übrigens <strong>die</strong> Bischöfe<br />
von Naumburg zur Lehnshoheit über Großenhain gelangten, ist nicht ganz klar, aber<br />
vermutlich hängt sie mit dem Besitze des Burgwards Boriz irgendwie zusammen 172 .<br />
Man beachte übrigens, daß sich das Amt Großenhain aus dem rechtselbischen Teile<br />
<strong>der</strong> Burggrafschaft <strong>Meißen</strong> entwickelt hat.<br />
Amt Oschatz stand ebenfalls unter stiftnaumburgischer Hoheit, wenngleich <strong>der</strong> Besitztitel<br />
auf einer verunechteten Schenkungsurkunde Heinrichs IV. beruht 173 . Auch<br />
hier finden wir den <strong>Mark</strong>grafen <strong>Die</strong>trich als einen Vasallen <strong>der</strong> Bischöfe von Naumburg<br />
vor 174 . Das Amt stieß im Norden an den linkselbischen Teil <strong>der</strong> bischöflichen Vogtei<br />
Strehla, <strong>die</strong> im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t mit ihm sich verband, im Westen an <strong>die</strong><br />
Hubertusburger Waldungen und an das Wurzener Land, im Süden ans Amt <strong>Meißen</strong><br />
und im Osten ebenfalls an dasselbe sowie ans Riesaer Klostergebiet. Wir bemerken<br />
also im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t ein Vordringen <strong>der</strong> markgräflichen Gewalt in den Bereich des<br />
Naumburger Stifts. Im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t rivalisiert mit ihr <strong>die</strong> Krone Böhmen, <strong>der</strong> es<br />
gelingt, Strehla und Dahlen als ihre Lehen an sich zu bringen, bis auch hier Sachsen<br />
seinen Einfluß <strong>durch</strong>setzt 175 .<br />
Den Kern <strong>der</strong> <strong>Mark</strong> bildet das weitausgedehnte Amt <strong>Meißen</strong>. Von <strong>der</strong> Elbe bis zur<br />
alten daleminzischen Gaugrenze im Westen, <strong>die</strong> vor allem <strong>durch</strong> <strong>die</strong> zum Amte gerechnete<br />
Exemtion des Sornziger Klosters gekennzeichnet wird, von dem rechten Ufer<br />
<strong>der</strong> Mulde und <strong>der</strong> Saubach bis ans Amt Oschatz, also über <strong>die</strong> Jahna hinaus, breitete<br />
es sich aus und umfaßte <strong>die</strong> Masse des slavischen Altlandes, unter <strong>der</strong> sich manche<br />
zerstreute Besitzung <strong>der</strong> Kirche, vor allem Mensal- und Kapitelsgut, befand, um von<br />
den Lehen und Alloden des Burggrafen v. <strong>Meißen</strong> ganz abzusehen. Unter den markgräflichen<br />
Beamten <strong>die</strong>ses Bezirkes sind uns mehrere aus dem 12. und 13. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
bekannt: <strong>der</strong> villicus Rubert (1161), <strong>der</strong> villicus Hugold (1216 – 20), <strong>der</strong> officialis<br />
168 v. Webers Archiv V, 362f.<br />
169 Cod. dipl. Sax. reg. II, 4, Nr. 389b. 398d; II, 12, Nr. 9.<br />
170 Irisan<strong>der</strong>, Samml. nützl. Urk. z. Gesch. d. Hochstifts Naumburg u. Zeitz S. 79ff.<br />
171 Schöttgen-Kreysig, Dipl. et script. etc. II, 182. Cod. dipl. Sax. reg. II, 4, Nr. 10.<br />
172 A. a. O. I, 1, Nr. 127.<br />
173 A. a. O. I, 1, Nr. 128.<br />
174 Irisan<strong>der</strong> a. a. O.<br />
175 Mitt. d. AV. Plauen V, Urk. Nr. 484. Leipziger Stu<strong>die</strong>n I, 2, S. 33f.<br />
Abschrift: Gert Süß 15
Matthäus (1230 bis 52) 176 . Daß <strong>Meißen</strong> 1292 als hersfeldisches Lehnstück erscheint,<br />
beruht auf dem Lehnsauftrage Friedrichs des Freidigen, hat aber immer nur eine<br />
ganz vorübergehende Bedeutung besessen: hier war alles rein nominell ohne irgend<br />
einen tatsächlichen Hintergrund 177 .<br />
Das Gleiche gilt, wenn auch nicht von Anfang an, vom Amt Döbeln; denn es gehörte<br />
zu dem Eigen <strong>der</strong> Kirche zu Hersfeld zwischen Zschopau und Striegis: es war <strong>der</strong><br />
Burgward Döbeln zu beiden Seiten <strong>der</strong> Mulde mit seinem waldigen Hinterlande, das<br />
<strong>die</strong> deutsche Kolonisation des 12. und 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts erschlossen hatte 178 . So lehnte<br />
es sich im Osten an das Amt <strong>Meißen</strong> und <strong>die</strong> Immunität von Altenzella an und stieß<br />
im Süden ans Amt Freiberg, während im Westen vor allem <strong>der</strong> Rochlitzer, im Norden<br />
<strong>der</strong> Meißner Bezirk abschloß. Im Jahre 1221 erwähnt das Altenzeller Privileg neben<br />
den Vögten von <strong>Meißen</strong>, Leipzig und Freiberg auch solche von Döbeln, und 1220 finden<br />
wir den advocatus Cunradus, hingegen 1231 den villicus marchionis namens<br />
Meinhard 179 . Döbeln bildete rechtlich eine Exemtion <strong>der</strong> Burggrafschaft <strong>Meißen</strong>; das<br />
beruht indes nicht nur auf dem Hersfel<strong>der</strong> Besitze. Der <strong>Mark</strong>graf mag denselben gewiß<br />
noch im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t zu Lehn genommen haben; so kam es zur Errichtung einer<br />
beson<strong>der</strong>en Vogtei. Merkwürdig jedoch berührt dabei, daß <strong>die</strong> Supanie Schweta,<br />
<strong>die</strong> westlich von Döbeln sich erstreckt, mit <strong>der</strong> Burggrafschaft und dem Amte <strong>Meißen</strong><br />
zusammenhängt, trotzdem auch sie – mit dem Burgward Hwoznie gebietlich sich deckend<br />
– „propietas Hersfeldensis“ war 180 . Vielleicht darf man sich den Vorfall so klar<br />
machen, daß <strong>der</strong> <strong>Mark</strong>graf den Burgward Döbeln an freie Vasallen austat und <strong>die</strong>se<br />
dann ausstarben. Der Heimfall führte dann zur Bildung des kleineren Amtes, das später<br />
erweitert ward und von dem im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t sich <strong>die</strong> Herrschaft Waldheim 181<br />
<strong>durch</strong> Verleihung an <strong>die</strong> Leisniger Burggrafen abzweigte.<br />
Noch kleiner war <strong>die</strong> villicatio Roßwein. Im Jahre 1220 tritt <strong>der</strong> villicus Berthold<br />
auf, <strong>der</strong> bereits im folgenden Jahre als Bertholdus antiquus villicus de Rosewin bezeichnet<br />
wird 182 . Bekanntlich erhielt 1293 das Kloster Altenzella <strong>die</strong> Stadt zum Geschenk<br />
von Friedrich dem Freidigen für das Seelenheil seiner heimgegangenen ersten<br />
Gemahlin 183 ; damit ging das Amt ein, und etwaige Dörfer schlug man zum Amt Döbeln<br />
hinzu. Was eigentlich zur Errichtung <strong>die</strong>ses winzigen Bezirks Anlaß gab, bleibt unbestimmt.<br />
Seine Kleinheit zeigt an, daß er nur ein landesherrlicher Gutsbezirk war. <strong>Die</strong><br />
Hersfel<strong>der</strong> Lehnshoheit, <strong>die</strong> 1293 zum Vorschein kommt, erlosch wohl mit dem Besitzübergang<br />
<strong>der</strong> Stadt an Altenzella tatsächlich, wenn sie auch nominell in einer Urkunde<br />
des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts als bestehend aufgeführt wird 184 .<br />
Amt Rochlitz ist alter Besitz des wettinischen Hauses. Kaiser Konrad schenkte 1143<br />
<strong>die</strong> Krondomäne Rochlitz – sie war es seit 1046, nachdem <strong>Mark</strong>graf Eckehard II. auch<br />
<strong>die</strong>ses Allod Heinrich III. testamentarisch vermacht hatte – an Konrad den Großen;<br />
von ihm erbte Dedo den ganzen „pagus“, <strong>der</strong> nach dem Erlöschen seiner Familie 1210<br />
176 Cod. dipl. Sax. reg. I, 2, Nr. 305; I, 3, Nr. 217; II, 1, Nr. 114; II, 4, Nr. 2. 398d und e.<br />
177 v. Webers Archiv a. a. O.: rufam turrim in Mysna cum universis suis pertinentiis (den Rothenn<br />
thurn uff dem Schloss zu Meichsenn mit den gutern, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> pflege unnd gericht desselbigen<br />
Schloss gelegen sindt).<br />
178 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 178f. <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXXVI, 121 – 26.<br />
179 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 279. 289.<br />
180 v. Webers Archiv a. a. O.: Doblin et castrum et civitas cum suis pertinentiis.<br />
181 Hingst a. a. O. S. 419ff. 112f.<br />
182 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 279. 289.<br />
183 Beyer a. a. O. Urk. Nr. 214f.<br />
184 v. Webers Archiv a. a. O.: Russewin cum suis pertinentiis.<br />
Abschrift: Gert Süß 16
an <strong>Die</strong>trich den Bedrängten fiel 185 . Von da ab hat sie bis auf mehrere Jahre unter<br />
Friedrich dem Freidigen immer den Wettinern gehört. Zu dem Bezirke haben wir außer<br />
den Dörfern des Klosters Zschillen noch <strong>die</strong> späteren Herrschaften Rochsburg und<br />
Zinnberg (Penig) zu rechnen 186 , während das Eigen des Klosters Geringswalde, schönburgischer<br />
Hausbesitz, erst 1590 dazu kam 187 . Auch <strong>die</strong> Herrschaft Kriebstein links<br />
<strong>der</strong> Zschopau, nicht min<strong>der</strong> das Eigengut Kohren (s. o.), muß zum Rochlitzer Bezirk<br />
hinzugezogen werden 188 . So dehnte sich das Amt an beiden Seiten <strong>der</strong> Mulde zwischen<br />
Zschopau und Wyhra aus, stieß im Süden an <strong>die</strong> erzgebirgischen Wäl<strong>der</strong>, im Osten an<br />
<strong>die</strong> <strong>Ämter</strong> Döbeln und Freiberg, im Norden an <strong>die</strong> Herrschaft Colditz, im Westen ans<br />
Amt Borna und den Gau Plisni. Trotz seiner Allodialeigenschaft unterlag Rochlitz <strong>der</strong><br />
Lehnshoheit des Hochstifts Naumburg, das sie auf Grund einer sehr verdächtigen und<br />
sicher gefälschten Urkunde des 12. Jahrhun<strong>der</strong>ts beanspruchte 189 . In den Jahren<br />
1208/09, noch unter <strong>der</strong> Herrschaft <strong>der</strong> Rochlitzer Linie, begegnet uns urkundlich<br />
zweimal ein Burggraf Heinrich v. Rochlitz 190 . Er hat sicher im Auftrage <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong><br />
Konrad, <strong>Mark</strong>grafen <strong>der</strong> Lausitz, und <strong>Die</strong>trich, Grafen von Sommerschenburg, innerhalb<br />
<strong>der</strong> Grafschaft Rochlitz <strong>die</strong> militärische und gerichtliche Leitung ausgeübt. Später<br />
ist an seine Stelle <strong>der</strong> Vogt getreten, <strong>der</strong> sich freilich erst 1302 belegen läßt 191 , aber<br />
natürlich schon bedeutend eher seines Amtes waltete.<br />
Nordwestlich schließt sich an den Rochlitzer Bezirk Amt Borna an, das sich vom<br />
rechten Ufer <strong>der</strong> Pleiße ab im Tale des Eulabaches bis nahe an Lausigk heran ausdehnte,<br />
wo es sich mit <strong>der</strong> Herrschaft Colditz berührte. So lag es zwischen den <strong>Ämter</strong>n<br />
Leipzig und Naunhof im Norden und dem Pleißengaue im Süden. Sein ganzer Osten<br />
war koloniales Neuland, nur am Zusammenflusse von Pleiße und Wyhra ist eine<br />
Gruppe älterer slavischer Siedlungen festzustellen. Vögte aus dem 13. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
sind uns freilich hier mit Namen nicht bekannt, aber ohne Zweifel haben sie o<strong>der</strong> villici<br />
<strong>die</strong> Interessen des Landesherrn wahrgenommen. <strong>Die</strong> Wettiner haben in <strong>die</strong>ser Gegend<br />
festen Fuß nach dem erblosen Tode des <strong>Mark</strong>grafen Heinrich <strong>der</strong> Lausitz, des<br />
jüngeren Sohnes Wiprechts († 1136), gefaßt; 1156 ist sie mit <strong>der</strong> Grafschaft Groitzsch<br />
an <strong>die</strong> Rochlitzer Linie gekommen und seit 1210 ein fester Bestandteil <strong>der</strong> <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong><br />
geblieben. <strong>Die</strong> Naumburger Lehnshoheit hat sich ziemlich spät, im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t,<br />
gebildet.<br />
An das Amt Borna im Westen schloß sich das Amt Groitzsch an, dem sich das Gericht<br />
über <strong>die</strong> 17 Dörfer um <strong>die</strong> Hardt – aus dem Burgward Zwenkau, stiftmerseburgischem<br />
Eigentum 192 , an <strong>die</strong> <strong>Mark</strong>grafen verliehen – angeglie<strong>der</strong>t hat. Es lehnte sich im<br />
Westen an das Gebiet des Merseburger Hochstiftes an und grenzte im Norden an das<br />
Amt Leipzig, im Süden an den Pleißengau. Im Jahre 1219 bestimmte ein kaiserliches<br />
Schiedsgericht, daß <strong>die</strong> markgräflichen Beamten, <strong>die</strong> villici und <strong>die</strong> bedelli keinerlei<br />
Recht über Land und Leute des im Amte gelegenen Klosters Pegau sich herausnehmen<br />
sollten 193 . Wir sehen auch hier wie bei Borna denselben Verlauf: seit 1210 befindet<br />
sich das Gebiet <strong>der</strong> Groitzscher Dynasten fest im Besitze <strong>der</strong> wettinischen<br />
185 Pfau a. a. O. S. 35. 37.<br />
186 A. a. O. S. 29. 154ff. 213.<br />
187 Mitt. d. Deutsch. Ges. VIII, 3, 23. Mitt. d. Gesch. u. AV. Leisnig XII, 40. 44.<br />
188 A. a. O. XII, 39. 42.<br />
189 Cod. dipl. Sax. reg. I, 1, Nr. 146. Pfau a. a. O. S. 33. 36.<br />
190 A. a. O. S. 101f. Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 192 u. Anm. 206f.<br />
191 Bernhardi, Kurze Nachr. v. d. hohen u. nied. Beamten d. kurf. sächs. A. Rochlitz S. 5f.<br />
192 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 185f. Kehr a. a. O. I, Nr. 31.<br />
193 A. a. O. I, Nr. 166.<br />
Abschrift: Gert Süß 17
Hauptlinie. Der „Stuhl zu Groitzsch“ war ein Lehnstück <strong>der</strong> Naumburger Kirche 194 ;<br />
womit <strong>die</strong>s zusammenhängt, ist nicht ganz ersichtlich; vielleicht ist es ein feudum oblatum,<br />
eine Gegenleistung für empfangene Belehnungen mit Stiftsgut: beachten wir<br />
auch, daß <strong>die</strong> Rochlitzer Linie als Vorbesitzerin zugleich <strong>die</strong> Schutzvogtei über das<br />
Hochstift besaß. Als Heinrich <strong>der</strong> Erlauchte noch unmündig war, beanspruchte Bischof<br />
Ekkehard von Merseburg gegenüber den Räten des jungen <strong>Mark</strong>grafen <strong>die</strong> Vormundschaft<br />
wegen Groitzsch und Borna als Lehen seines Hochstifts 195 .<br />
So bleiben noch <strong>die</strong> drei vom Hochstifte Merseburg abhängigen <strong>Ämter</strong> Leipzig,<br />
Naunhof und Grimma, <strong>die</strong> eins ans an<strong>der</strong>e stoßen und von <strong>der</strong> Ostgrenze des hochstiftlichen<br />
Gebietes nördlich <strong>der</strong> eben erwähnten <strong>Ämter</strong> Groitzsch und Borna <strong>durch</strong><br />
den ehemaligen, stark <strong>durch</strong> Rodungen gelichteten Bannwald des Gaues Chutizi über<br />
<strong>die</strong> Mulde hinaus bis an <strong>die</strong> Westgrenze des Daleminzierlandes, bis an <strong>die</strong> Hubertusburger<br />
Waldungen südlich <strong>der</strong> magdeburgischen Erzstiftsvogtei Taucha und des wurzener<br />
Landes, das <strong>die</strong> Vögte <strong>der</strong> meißner Bischöfe verwalteten, langhin sich<br />
erstreckten. Das Amt Leipzig untersteht im Jahre 1221 einem Vogte <strong>Die</strong>trichs des Bedrängten;<br />
denn von seiner Gewalt werden <strong>die</strong> im Amte gelegenen Güter des Klosters<br />
Altenzella um Altranstädt ausdrücklich befreit 196 . Auch in dem Vertrage zwischen<br />
dem <strong>Mark</strong>grafen und <strong>der</strong> Stadt Leipzig im Jahre 1216 wird u. a. bestimmt, daß innerhalb<br />
des Weichbildes nur Vogt und Schultheiß richten sollen; <strong>der</strong> villicus kann in <strong>der</strong><br />
Stadt, falls er will, Landgericht halten: er hieß damals (1213 – 18) Gisilher 197 . In dem<br />
Stadtprivileg <strong>Mark</strong>graf Ottos für Leipzig aus den Jahren 1156 – 70 erhellt, daß Leipzig<br />
<strong>der</strong> Sitz eines markgräflichen Vogtes war; damals bekleidete <strong>der</strong> Edle Gottschalk<br />
v. Schkeuditz <strong>die</strong>sen wichtigen Posten 198 . Wir müssen von dem Amt Leipzig den früheren<br />
Burgward Taucha abson<strong>der</strong>n, <strong>der</strong> sich ober- und unterhalb <strong>die</strong>ser Stadt längs <strong>der</strong><br />
Parthe ausdehnte 199 ; auch ist wohl für <strong>die</strong> ersten Zeiten <strong>der</strong> Stuhl von Rötha 200 in Abzug<br />
zu bringen. In <strong>der</strong> Hauptsache war <strong>der</strong> Bezirk slavische Siedlungsmasse, nur im<br />
Osten, wo er sich dem bekannten merseburger Stiftswalde näherte, südlich von<br />
Taucha, erscheinen <strong>die</strong> deutschen Kolonialdörfer. <strong>Die</strong>ser überwiegen im Amt Naunhof,<br />
über dessen Vögte wir im allgemeinen sehr wenig und im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t nichts erfahren.<br />
Auch über Grimma hören wir wenig, aber wir kennen aus dem Jahre 1267<br />
einen Vogt Hermann aus Fuchshain (de Wuchshol) 201 ; im Jahre 1200 begegnet uns ein<br />
Ludolf v. Grimma (de domo Grimme): er war markgräflicher Ministerial und kommt<br />
mit seinem Bru<strong>der</strong> Ramvold in den folgenden Jahren mehrmals als Zeuge vor 202 . Vielleicht<br />
genügte in <strong>die</strong>sen Zeiten, daß ein <strong>Die</strong>nstmanne <strong>die</strong> Burghut in Grimma besorgte;<br />
denn <strong>die</strong> Gerichtspflege in dem späteren Amt Grimma lag den Burggrafen v. Döben<br />
und später ihren Nachfolgern, den Burggrafen v. Wettin und v. Leisnig, ob 203 . Noch<br />
1349 beansprucht <strong>der</strong> Burggraf v. Leisnig den dritten Pfennig vom Gerichte des „districtus<br />
Grimmensis“ und besitzt <strong>die</strong>se Nutzung „de obventionibuis indicii civitatis<br />
194 Lepsius a. a. O. I, 351, Anm. 7.<br />
195 Kehr a. a. O. I Nr. 191.<br />
196 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 289.<br />
197 A. a. O. I, 3, Nr. 254; II, 8, Nr. 2.<br />
198 A. a. O. I, 2, Nr. 372.<br />
199 Lippert-Beschorner a. a. O. XIII.<br />
200 Kehr a. a. O. I, Nr. 558. 561. 564. 568. 608f. 618.<br />
201 Lorenz a. a. O. S. 424. 989. 1084.<br />
202 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 46. 163.<br />
203 Lorenz a. a. O. S. 1016 – 22.<br />
Abschrift: Gert Süß 18
Grimme“ 204 . Hier handelt es sich nur ums Gefälle, aber im 13. Jahrhun<strong>der</strong>t, vor allem<br />
im Anfang desselben entsprach ihm auch <strong>die</strong> Leistung, d. h. <strong>der</strong> Döbener Burggraf<br />
hielt sein Ding ab. Im Laufe <strong>die</strong>ses Jahrhun<strong>der</strong>ts trat <strong>der</strong> markgräfliche Beamte als<br />
Richter immer mehr an <strong>die</strong> Stelle des Burggrafen. Zu beachten ist, daß das Amt Grimma<br />
außer <strong>der</strong> Stadt und dem Vorwerke Rappenberg nur auf dem rechten Muldenufer<br />
lag: hier fand sich eben <strong>der</strong> Bezirk des Döbener Burggrafen vor; und weiter, daß <strong>der</strong><br />
Burgward Nerchau ursprünglich nicht zum Amte gehörte: er war 997 – 1232 Eigentum<br />
des Erzstifts Magdeburg, dann übernahmen ihn <strong>die</strong> Bischöfe von Naumburg, um<br />
ihn 1284 dem Bistum <strong>Meißen</strong> zu überlassen 205 . <strong>Die</strong>ses hat ihn an den <strong>Mark</strong>grafen verlehnt,<br />
und damit erweiterte sich <strong>die</strong> Gerichtsbefugnis seines Vogtes zu Grimma. Vielleicht<br />
hängt auch damit <strong>die</strong> naumburgische Lehnshoheit über Grimma zusammen, <strong>die</strong><br />
auf einer verunechteten Urkunde beruht 206 . Viel natürlicher erklärt sich <strong>die</strong> merseburger<br />
Stiftshoheit über Leipzig, Naunhof und Grimma 207 . Mit Leipzig und dem angrenzenden<br />
Wald belehnte <strong>der</strong> Bischof von Merseburg den <strong>Mark</strong>grafen, und <strong>die</strong>ser trug<br />
ihm dafür <strong>die</strong> Gegend von Grimma, wo eine neue Stadt entstand, auf. In dem Walde,<br />
wo neue Dörfer angelegt wurden, errichtete <strong>der</strong> <strong>Mark</strong>graf einen „neuen Hof“ (nova curia)<br />
mit einer kleinen Burg: das war <strong>der</strong> Verwaltungssitz des neuen Kolonialbezirks<br />
zwischen Parthe und Mulde. Bemerkt will noch sein, daß wir wohl in Groitzsch, also<br />
für den Süden des westlichen Gaues Chutizi, Burggrafen 208 begegnen, aber nicht in<br />
Leipzig, d. i. für den Norden des gedachten Striches. Gewiß stoßen wir noch auf den<br />
dritten Pfennig in Leipzig, auf den 1323 <strong>die</strong> Burggrafen v. Altenburg und v. Leisnig zu<br />
Gunsten des <strong>Mark</strong>grafen verzichten 209 , und ebenso bei Leipzig in Verbindung mit einem<br />
Holzlehen im Rosentale, das 1349 <strong>der</strong> Landesherr verleiht 210 ; allein <strong>der</strong> ganze<br />
Strich ist burggrafenlos. Wir kennen nicht einmal den Sitz des Burggrafen im nördlichen<br />
Westchutizi.<br />
So beenden wir denn hiermit den Rundgang <strong>durch</strong> <strong>die</strong> <strong>ältesten</strong> <strong>Ämter</strong> <strong>der</strong> <strong>Mark</strong><br />
<strong>Meißen</strong> und stellen unsere Ergebnisse zusammen. Unter <strong>Die</strong>trich dem Bedrängten bestehen<br />
<strong>die</strong> meisten von ihnen. Vielleicht sind Dresden und Grimma erst unter Heinrich<br />
dem Erlauchten ins Leben getreten. Der <strong>Mark</strong> sind 1210 angeglie<strong>der</strong>t worden:<br />
Zwickau, Rochlitz, Groitzsch und Borna, als <strong>Die</strong>trich <strong>die</strong> Rochlitzer Linie beerbte. Unter<br />
ihm mögen ferner Frauenstein (vor 1218), Tharandt (nach 1206), Großenhain und<br />
Oschatz (bis dahin wie <strong>die</strong> „provincia Strale“ unmittelbare naumburger Stiftsgebiete)<br />
eingerichtet worden sein. Sein Vater Otto gründete Freiberg und Naunhof. So verbleiben<br />
uns Leipzig und <strong>Meißen</strong> als <strong>die</strong> <strong>ältesten</strong> <strong>Ämter</strong>. Bei Döbeln und Roßwein ist es<br />
nicht ganz klar: sie bestehen zweifelsohne unter <strong>Die</strong>trich; nur ob sie höher hinaufreichen,<br />
ist fraglich. <strong>Die</strong> geringe Zahl <strong>der</strong> <strong>Ämter</strong> für <strong>die</strong> früheste Zeit darf uns nicht wun<strong>der</strong><br />
nehmen: wir müssen bedenken, daß <strong>die</strong> markgräfliche Vogteiverfassung erst im<br />
Aufkommen begriffen war und <strong>die</strong> Burggrafschaften noch in voller Geltung waren.<br />
Denn wir finden im Gau Milzieni, <strong>der</strong> bis 1156 auch zur <strong>Mark</strong> <strong>Meißen</strong> zählte, einen<br />
204 A. a. O. S. 1008f., vgl. S. 1022f.<br />
205 Cod. dipl. Sax. reg. I, 1, Nr. 47; I, 3, Nr. 442f; II, 1, Nr. 253; Lepsius a. a. O. I, S. 108f. u. Urk. Nr.<br />
74.<br />
206 Cod. dipl. Sax. reg. I, 1, Nr. 128. Lorenz a. a. O. S. 393ff. 398f.<br />
207 A. a. O. S. 399 – 405. 430. 441.<br />
208 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 193 u. Anm. 206. 212.<br />
209 v. Braun a. a. O. Urk. Nr. 28.<br />
210 Lippert-Beschorner a. a. O. XXIII, 42; vgl. dazu Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 220,<br />
Anm. 401.<br />
Abschrift: Gert Süß 19
Burggrafen zu Bautzen 211 , im Gau Nisan einen zu Dohna 212 , im Gau Daleminzi nördlich<br />
einen zu Strehla 213 , südlich einen zu <strong>Meißen</strong> 214 , im östlichen Chutizi zwei bzw. drei<br />
zu Döben 215 , Leisnig 216 und Rochlitz 217 und im westlichen einen zu Groitzsch 218 im Süden<br />
und – wie wir vermuten dürfen – einen im Norden, <strong>der</strong> <strong>die</strong> Leipziger Gegend verwaltete<br />
und <strong>der</strong> erste war, dessen Amt und Bezirk bereits im 12. Jahrhun<strong>der</strong>t fast<br />
spurlos verschwand 219<br />
Quelle: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde, 38. Band, 1917, S. 17 – 45.<br />
Original im Erzgebirgsmuseum Annaberg-Buchholz. D12/6<br />
211 Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 262f; II, 1, Nr. 113. 135.<br />
212 <strong>Die</strong>se Zeitschr. XXXVI, 207 u. Anm. 5; S. 207 u. Anm. 2.<br />
213 Codf. dipl. Sax. reg. I, 2, Nr. 552. 564; I, 3, Nr. 45. 99f.<br />
214 A. a. O. I, 2, Nr. 161. Monum. Germ. Script. V, 332. Bruno, De bello Sax. cp. 11.<br />
215 Cod. dipl. Sax. reg. I, 2, Nr. 510; I, 3, Nr. 45.<br />
216 Mitt. d. Gesch. u. AV. Leisnig XIV, 37 – 48.<br />
217 A. a. O. XIV, 37 Anm. 3. Cod. dipl. Sax. reg. I, 3, Nr. 124. 141.<br />
218 Mitt. d. Gesch. u. AV. Leisnig XIV, 48ff.<br />
219 Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt <strong>Meißen</strong> VII, 192 Anm. 206.<br />
Abschrift: Gert Süß 20