Erfolgsfaktor Zuhören - Akademie für Politische Bildung Tutzing
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Wie sich gezeigt hat, holt Präsident<br />
Bush lang erprobte Vertraute in das<br />
Kabinett. Das bedeutet allerdings auch,<br />
dass er von seinen neuen Ministern<br />
erwartet, die Ministerialbürokratie im<br />
Sinne des Weißen Hauses in den Griff<br />
zu bekommen. Ein brisantes Beispiel<br />
in Bezug auf die Besetzung von Ämtern<br />
ist der Oberste Gerichtshof, der<br />
Supreme Court. Die Nominierung von<br />
Richtern erfolgt durch den Präsidenten,<br />
doch der Kongress hat durchaus<br />
die Möglichkeit, Richter zu blockieren.<br />
Es ist also kein extremer Richtungswechsel<br />
zu erwarten: Präsident<br />
Bush fände weder <strong>für</strong> umstrittene Richter,<br />
noch <strong>für</strong> extrem diskutierte Themen<br />
in Bezug auf gleichgeschlechtliche<br />
Ehe und Verschärfung der Abtreibungsregelung<br />
eine ausreichende Unterstützung<br />
durch den Kongress.<br />
Washington, so Professor Davis, funktioniere<br />
nicht durch Abgeordnete,<br />
sondern durch Themen, „issue politics“.<br />
Lobbyisten bearbeiten Senatoren<br />
und Abgeordnete und verteilen<br />
Geld. Dem „Iron Triangle“, dem Eisernen<br />
Dreieck von Bürokraten mit<br />
Machtinteressen, Lobbyisten und<br />
gleichgesinnten Kongressmitgliedern<br />
kann auch keine republikanische<br />
Mehrheit widerstehen. Große Themen<br />
sind das Gesundheitswesen, Steuern<br />
und Renten.<br />
Welch direkten Draht zu Gott viele<br />
Politiker, zumindest die „Wiedergeborenen“<br />
haben, erläuterte Britta Waldschmidt-Nelson.<br />
Was in Europa als<br />
Intoleranz und religiöser Extremismus<br />
<strong>Akademie</strong>-Report 1/2005<br />
verstanden wird, ist <strong>für</strong> religiöse Amerikaner<br />
nur das Gefühl des Auserwähltseins,<br />
des alttestamentarischen „city<br />
upon the hill“. Die Zivilreligion, das<br />
spiritistisch-religiöse Selbstverständnis<br />
ist der Kitt, der die amerikanische<br />
Gesellschaft zusammenhält. Dazu gehört<br />
nicht nur der Glaube an die USA,<br />
sondern auch die uneingeschränkte<br />
Bereitschaft die Staaten gegen alle –<br />
wirklich alle – Feinde zu verteidigen.<br />
Der CSU-Bundestagsabgeordnete<br />
Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg<br />
meinte, die Bedeutung des direkten<br />
und persönlichen Kontakts in die USA<br />
kann gar nicht überschätzt werden.<br />
Doch nur eine kleine Gruppe außenpolitisch<br />
engagierter Abgeordneter<br />
pflege enge Verbindungen nach Amerika.<br />
Erschwert werde die amerikapo-<br />
litische Expertise im Bundestag auch<br />
etwas durch ein System parteiinterner<br />
Seniorität. Guttenberg gehört nicht nur<br />
zum außenpolitischen „Nachwuchs“,<br />
er besucht die Vereinigten Staaten<br />
mehrmals im Jahr. Aus seiner Sicht<br />
besteht transatlantische Übereinstimmung<br />
in Bezug auf eine sicherheitspolitische<br />
Bedrohung durch den Iran.<br />
Friktionen allerdings bestünden über<br />
die Handlungsoptionen: Während Europa<br />
Verhandlungspläne wälzt, bestehen<br />
die Vereinigten Staaten auf harten<br />
Maßnahmen.<br />
Zum zweiten sicherheitspolitischen<br />
Problem der transatlantischen Beziehungen<br />
bezog Guttenberg klar Stellung:<br />
Deutschland muss sich zumin-<br />
dest an Ausbildungsprogrammen, die<br />
die NATO im Irak durchführt, beteiligen.<br />
Anderenfalls drohe die Gefahr,<br />
von den USA als ein Koalitionär der<br />
doppelt Unwilligen, der „double unwillingness“,<br />
verurteilt zu werden.<br />
Geteilte Lasten und<br />
Verantwortung<br />
Im Fazit sind die USA und Europa<br />
aufeinander angewiesen, wirtschaftlich<br />
und politisch. Eine gemeinsame Europäische<br />
Sicherheits- und Verteidigungspolitik<br />
(ESVP) ist wichtig. Sie<br />
muss die Sicherheitswarnungen der<br />
USA ernst nehmen und muss zu einem<br />
ausgeglichenen „burden sharing“ finden.<br />
Es darf nicht alleine den USA<br />
überlassen sein, an sicherheitspolitischen<br />
Brennpunkten mit Gewalt, mit<br />
Experten analysierten die transatlantischen Beziehungen nach der US-Präsidentenwahl: von links Rüdiger<br />
Löwe (Bayer. Rundfunk), Karl-Theodor zu Guttenberg (MdB), Rainer-Olaf Schultze (Univ. Augsburg), Tagungsleiterin<br />
Saskia Hieber, Dean Yap (Amerikanische Botschaft in Berlin), Andrew Denison (Transatlantic Network),<br />
J. Peter Erwand (Exportclub Bayern) Foto: Heier<br />
„hard power“, <strong>für</strong> Stabilität zu sorgen,<br />
während sich Europa auf Verhandlungspositionen,<br />
auf „soft power“ zurückzieht.<br />
Europa allgemein und<br />
Deutschland insbesondere müssen<br />
die Interessenpolitik überprüfen. Die<br />
klare Artikulation von Interessen<br />
schafft Verlässlichkeit und Berechenbarkeit.<br />
Genau dieses, die Verlässlichkeit,<br />
vermissen die USA in Bezug auf<br />
Europa. Sollte Deutschland, sollte Europa<br />
wieder in die Nähe einer Gleichgewichtsrolle<br />
zurückfinden wollen, ist<br />
„burden sharing“ nötig, die Übernahme<br />
von Last und Verantwortung – finanzieller,<br />
politischer und militärischer<br />
Verantwortung. �<br />
Saskia Hieber<br />
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