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BILDER: DOLMEÇ, PRIVAT<br />
04<br />
dai-kolumne | islamophobie<br />
dokumentationsarchiv<br />
islamophobie<br />
Gedanken zum<br />
aktuellen Gedenken.<br />
» Neben dem ungewöhnlichsommerlichen<br />
und deshalb äußerst<br />
stimmungsaufhellenden<br />
Aprilwetter gab es die<br />
Tage auch einen traurigen<br />
Anlass auf die Strasse<br />
zu gehen. Eine Gedenk<br />
Kundgebung. Der Tod<br />
des Asylwerbers Marcus<br />
Omofuma jährte sich am<br />
1.Mai 2009 zum zehnten<br />
Mal. Eine Dekade ist es<br />
nun also her, dass vier Personen<br />
ein Flugzeug bestiegen<br />
und nur drei auf ihren<br />
eigenen Beinen wieder heraus<br />
kamen.<br />
Ein Jahrzehnt ist es her,<br />
dass die Öffentlichkeit<br />
auf diese drei Männer<br />
aufmerksam wurde, auf<br />
Exekutivbeamte, auf ausführende<br />
Organe unseres<br />
Staates, die es für notwendig<br />
hielten, einen ihnen<br />
anvertrauten vor Verzweiflung<br />
tobenden Menschen,<br />
den Lebensatem zu<br />
nehmen. Marcus Omofuma<br />
wurde verschnürt.<br />
Wie ein Paket. Nase und<br />
Mund: verklebt. Mundtot.<br />
Die Beamten wurden erst<br />
drei Jahre später vor ein<br />
Gericht gestellt. Zwei von<br />
ihnen sind heute weiterhin<br />
im Dienst. Der Staat<br />
unternahm also: nichts.<br />
Er gab den Beamten (indirekt)<br />
Recht und schützte<br />
sie. Aber das heißt nicht,<br />
dass sie sich richtig verhalten<br />
haben. Fragen drängen<br />
sich auf: Wie viel Abneigung<br />
musste in diesen<br />
Männern sein und wer,<br />
oder was hat sie dorthin<br />
gepflanzt? Und brüsten sie<br />
sich (heimlich?) stolz oder<br />
leben sie einen Alptraum?<br />
Ein Mensch wurde gewaltsam<br />
zu Tode gebracht.<br />
Eine Tochter hat einen Vater<br />
verloren.<br />
Leider starben und verschwanden,<br />
in der Obhut<br />
von Staatsbediensteten,<br />
auch nach Herrn Omofuma,<br />
Menschen mit<br />
schwarzer Hautfarbe. Er<br />
war und blieb kein Einzelfall.<br />
Viele Geschehnisse<br />
kommen nicht an die Öffentlichkeit.<br />
Amnesty International<br />
stuft die österreichische<br />
Exekutive 2009,<br />
zum wiederholten Mal, als<br />
rassistisch ein.<br />
Der Tod von Marcus<br />
Omofuma hat allerdings<br />
Veränderungen gebracht.<br />
Ein Menschenrechtsbeirat<br />
im Innenministerium<br />
wurde gegründet, sowie<br />
die Abschiebepraxis abgeändert.<br />
Unter den Schulungen<br />
der Exekutive findet sich<br />
ein spezielles Angebot für<br />
Interessierte. So werden<br />
jährlich Gruppen zusammengestellt<br />
die zur Hälfte<br />
aus PolizistInnen und zur<br />
Hälfte aus Minderheiten<br />
der österreichischen Gesellschaft<br />
bestehen. Sie<br />
werden zu Zweierteams<br />
zusammengestellt und<br />
haben so die Möglichkeit<br />
sich in entspannter Atmosphäre<br />
zu „beschnuppern“.<br />
Vielleicht überraschend<br />
für beide Seiten und das<br />
Ergebnis ist durchwegs<br />
positiv. Eine Feststellung<br />
schwebt im Raum: „Des<br />
is a Mensch wie i a aner<br />
bin.“<br />
Text: Verena E. Kozmann<br />
griechenland<br />
» Thessaloniki war einst<br />
eine multikulturelle<br />
Stadt, mit einer großen jüdischen<br />
Gemeinde. Davon<br />
ist heute nicht mehr viel zu<br />
spüren. Eine alte osmanische,<br />
aber natürlich nicht<br />
mehr intakte, Moschee<br />
ausgenommen. Eine offizielle<br />
Moschee gibt es nicht,<br />
auch nicht in Athen. Zudem<br />
meinte eine Professorin bei<br />
ihrer Präsentation, seien<br />
82% der Griechen, laut einer<br />
Umfrage, gegenüber Ausländern<br />
negativ eingestellt.<br />
Sehr überrascht waren wir<br />
über die Info, daß man<br />
mit einem muslimischen<br />
Namen nicht griechischer<br />
Staatsbürger werden könne,<br />
da die Beamten da nicht<br />
„mitspielen“ würden. Bestätigt<br />
wurde dies von einem<br />
aus Ägypten stammenden<br />
griechischen Staatsbürger,<br />
den wir interviewten. Er<br />
hat seinen muslimischen<br />
Namen aufgegeben.<br />
Die Kolleginnen, die Kopftuch<br />
trugen, wurden stän<br />
» Wer in der Stadt unterwegs<br />
ist, begegnet<br />
einem Plakat der SPÖ, auf<br />
dem wir – very british –<br />
zu gutem Benehmen aufgefordert<br />
werden (siehe<br />
Bild). Charmant, bloß: Was<br />
will man uns damit sagen?<br />
Auf dem Plakat steht eine<br />
Nummer: Hallo, was meint<br />
Ihr eigentlich damit? – daß<br />
alle sich an Regeln halten<br />
müssen, wenn man zusammenleben<br />
möchte – ja, aber<br />
wen meint ihr damit? - Das<br />
fängt bei den Ausländern<br />
an, Integration, natürlich<br />
sollen die Deutsch lernen,<br />
das ist ja auch für die selber<br />
am besten… hebt die junge<br />
Dame von der SP an. Schön,<br />
aber ich warte auf die Bim,<br />
es kommen nur alte Garnituren<br />
daher, in die ich mit<br />
meinem Kinderwagen nicht<br />
rein kann. Dann der Hundekot<br />
im 10., auch nicht lustig<br />
mit kleinen Kindern… - den<br />
Kot müssen die Hundehalter<br />
schon selbst beseitigen, klärt<br />
dig ungläubig angestarrt.<br />
In einem Cafe wurden sie<br />
nicht bedient und ein Obstverkäufer<br />
weigerte sich ihnen<br />
Obst zu verkaufen.<br />
Nach dem Besuch des Freitagsgebetes<br />
in einem „Kulturzentrum“,<br />
eingerichtet<br />
in einer Wohnung, machten<br />
wir uns auf den Weg<br />
ins Hotel. Dabei auch Studentinnen<br />
mit Kopftuch,<br />
was der Polizei verdächtig<br />
mich die Stimme der SPÖ<br />
Wien auf. Eins zu null. Ich<br />
gebe aber nicht auf: Stimmt<br />
– sage ich – aber wenn das<br />
niemand macht, müßte die<br />
Gemeinde das Problem lösen.<br />
Oder hat sie zu wenig<br />
Geld, weil Millionen mittels<br />
Cross-Border-Leasing<br />
verspekuliert wurden? Und<br />
was Ausländer betrifft, ich<br />
habe bisher kein Plakat der<br />
SP kennengelernt, auf dem<br />
vorkam. Drei Beamte laufen<br />
uns nach. Sie wollen<br />
wissen, wer wir seien, was<br />
wir hier machen, woher<br />
wir kommen und wann wir<br />
wieder zurückkehren. „You<br />
control us, just because we<br />
are Muslims?“. Dies sei nur<br />
eine ganz normale Personenkontrolle,<br />
versichert<br />
der Polizist. „It is really<br />
just a normal IDcontrol,<br />
believe me….The greatest<br />
sie aufgefordert werden,<br />
sich besser zu benehmen,...<br />
- Stimmt, bekomme ich<br />
Recht, das ist zum ersten<br />
Mal auf einem Plakat zu<br />
lesen. Wien ist tatsächlich<br />
anders! Hier sagt eine große<br />
wahlwerbende Partei nicht,<br />
was sie für Initiativen setzten<br />
wird, um das Zusammenleben<br />
zu verbessern,<br />
wenn sie 2010 genügend<br />
Stimmen bekommt. Es ist<br />
dolmeç nr.4 mai 2009<br />
Thessaloniki sehen und staunen<br />
Anfang April brachen wir, Studierende aus verschiedenen EU-Staaten auf, um an einem Erasmus-Intensivprogramm<br />
teilzunehmen. Wir sollten die Situation der muslimischen Gemeinschaften<br />
sowie die Entwicklungen in der islamischen Religionspädagogik kennenlernen. In Griechenland<br />
wurden wir von einer offen islamfeindlichen Stimmung überrascht. Text: Moussa Al-Hassan<br />
wahlen und rassismus<br />
Studierende aus Belgien, Niederlande, Deutschland, Österreich und eine Professorin aus England vor Atatürks Geburtshaus<br />
in Thessaloniki.<br />
terrorist on earth looks like<br />
me.“, was wohl ein Art Versprecher<br />
war.<br />
Während in England, Belgien<br />
und den Niederlanden<br />
aber auch in Österreich<br />
Bürger mit muslimischem<br />
Hintergrund eine gewisse<br />
gesellschaftliche oder auch<br />
staatliche Anerkennung<br />
genießen, scheint in Griechenland<br />
alles noch in den<br />
Kinderschuhen zu stecken.<br />
Anruf bei der Hausverwaltung,<br />
pardon, beim Bürgermaster!<br />
umgekehrt. Hausmeister<br />
Häupl möchte vielleicht<br />
überhaupt das Wahlvolk<br />
austauschen, bevor er selbst<br />
ausgetauscht wird, und<br />
droht mit Delogierung...<br />
Genau genommen ist das<br />
nicht richtig. Denn die SP<br />
wirbt mit diesem Plakat tatsächlich<br />
einfach nur um die<br />
Stimmen der FPRassisten!<br />
Text: Martin Seelos