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Prof. Gerhard Roth

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Wie viel Freiheit habe ich zu sagen: "Ich mache es aber anders. So wie meine Eltern<br />

mache ich es nicht."<br />

<strong>Gerhard</strong> <strong>Roth</strong>:<br />

Also, frei sind wir überhaupt nicht dabei, sondern: entweder folgen wir unseren Eltern<br />

und werden auch ein Rabenaas, oder wir haben eine ganz bestimmte schwerwiegende<br />

Erfahrung, zum Beispiel, dass ich unter dem, was meine Eltern mit mir getan<br />

haben, leide und ich dann irgendwie und sage: "Ich nicht". Das gibt es. Das ist so<br />

ein Kippprozess. Und wir wissen nicht ganz genau wie das zustande kommt.<br />

Die Untersuchungen, die mir zugänglich sind, zeigen aber: im letzteren Fall war<br />

es immer irgendeine Person, die Großmutter oder eine Tante oder irgendjemand,<br />

der einem noch einen Rettungsanker geliefert hat.<br />

Doris Weber:<br />

Ein Vorbild?<br />

<strong>Gerhard</strong> <strong>Roth</strong>:<br />

Ein Vorbild, natürlich. Neben der Misshandlung und dem sexuellen Missbrauch<br />

von kleinen Kindern, ist eine inkonsequente Erziehung das Schlimmste. Das<br />

heißt, wenn man ständig malträtiert wird, ist das ganz schlimm, aber wenn man ein<br />

Mal mit Geschenken überschüttet wird und am nächsten Tag geprügelt wird, dann ist<br />

das genauso schlimm. Die Kinder können sich dann überhaupt nicht auf das<br />

Verhalten ihrer Eltern einstellen. Und das ist leider in bestimmten Schichten unserer<br />

Gesell-schaft ganz häufig so. Ein inkonsequenter Erziehungsstil ist absolut<br />

zerstörerisch für die Psyche des Kindes.<br />

Doris Weber:<br />

Wie steht es denn dann mit unserer Verantwortung für das was wir tun?<br />

<strong>Gerhard</strong> <strong>Roth</strong>:<br />

Also, im metaphysischen, philosophischen Sinne sind wir für nichts verantwortlich.<br />

Wenn das alles stimmt, was ich erzählt habe, ich kann weder was für meine Gene,<br />

noch was für meine frühkindliche Bindung, noch was für die Einflüsse, die im Alter<br />

von fünf bis 15 oder 16 Jahren auf mich eingewirkt haben. Da war ich noch gar nicht<br />

schuldfähig. Und später sind die Sachen eh relativ festgezurrt. Also kann man im<br />

metaphysischen Sinne nicht verantwortlich sein. Man kann ja nicht anders.<br />

Es gibt aber einen Verantwortungsbegriff, der einfach lautet, dass man für den<br />

angerichteten Schaden einsteht. Das ist was ganz Normales und das ist der Verantwortungsbegriff<br />

im Zivilrecht. Ich habe jemandem eine Beule reingefahren, mit<br />

meinem Auto, ich muss für den Schaden aufkommen.<br />

Buchhinweis:<br />

<strong>Gerhard</strong> <strong>Roth</strong><br />

Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten<br />

Warum es so schwierig ist, sich und andere zu verändern<br />

Klett-Cotta Verlag<br />

Gebundene Ausgabe, 349 Seiten für 24,90<br />

ISBN 978-3-60894490-7<br />

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