Berlin – Einwanderungsstadt ‚under construction'? Von der ...

324 Frank Gesemann
„die ehemals benachteiligten Kiezen und Schulen eine neue Perspektive“ geben und dafür
sorgen, „dass kein Kind mehr ohne Abschluss die Schule verlässt“ (Wowereit 2008).
Auf die zentralen Herausforderungen seit der Wiedervereinigung wie den massiven
Verlust von Arbeitsplätzen, die Zunahme von sozialer Ungleichheit und die Tendenzen
einer sozialräumlichen Polarisierung hat der Berliner Senat inzwischen mit neuen Konzepten
sowie einer Vielzahl von Programmen und Maßnahmen reagiert. Das Berliner Quartiersmanagement,
die Rahmenstrategie Soziale Stadtentwicklung und die Integrationskonzepte
zur Eingliederung von Migranten zeigen das Bemühen des Senats, die Integrationskraft
der Stadt zu bewahren und die Ressourcen der Einwohner zu mobilisieren. Das sind
neue, bemerkenswerte Akzente in einer Stadt, die nach der Wiedervereinigung viel zu lange
auf extern induzierte Wachstumsszenarien gesetzt hat, die sich rasch als Illusionen erwiesen
haben.
Wie kaum eine andere Stadt in Deutschland bietet Berlin mit seiner großen Vielfalt an
Einrichtungen, Projekten und Netzwerken noch längst nicht ausgeschöpfte Ressourcen und
Kompetenzen, die für eine offensive und auf Partizipation ausgerichtete Integrationspolitik
genutzt werden können. Mit dem im Juli 2007 vorgelegten Integrationskonzept hat der
Senat einen weiteren Schritt zur Etablierung von Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe
verschiedener Ressorts und zur Stärkung der integrationspolitischen Steuerung unternommen.
Das Berliner Integrationskonzept muss allerdings noch durch eine überzeugende
Strategie zur Umsetzung der integrationspolitischen Ziele sowie differenziertere Modelle
der Steuerung und Partizipation weiter entwickelt werden. Es mangelt nach wie vor an
einem überzeugenden Gesamtkonzept, das Integrationspolitik als gesamtgesellschaftliche
Herausforderung begreift, die zahlreichen Träger von Integrationsmaßnahmen einbindet,
vorhandene Ressourcen und Kompetenzen bündelt und Fördermaßnahmen systematisch
evaluiert und weiterentwickelt.
Zu den zentralen Herausforderungen der Berliner Integrationspolitik gehören eine aktive
und zielgerichtete Bildungs-, Jugend- und Familienpolitik, die Kindern und Jugendlichen
mit Migrationshintergrund einen chancengleichen Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeit
ermöglicht. Hierzu bedarf es insbesondere einer stärkeren Verknüpfung der verschiedenen
Fachpolitiken, wie sie beispielsweise in der Rahmenstrategie Soziale Stadtentwicklung
vorgesehen ist, einer eindeutigen Prioritätensetzung zugunsten einer Förderung des Bildungserfolgs
junger Migranten sowie einer kooperativen Strategie zur integrationspolitischen
Einbindung der Bezirke. Im Kern muss es hierbei um die Entwicklung von Zukunftsperspektiven
für Kinder und Jugendliche gehen, denn diese sind das entscheidende Potenzial
der Stadt. Hierbei sind der Erwerb von Bildungsqualifikationen von Kindern schon in vorschulischen
Betreuungseinrichtungen, die Förderung von Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit
der Jugendlichen und der Zugang zum Arbeitsmarkt von zentraler Bedeutung.
Literatur
Abgeordnetenhaus Berlin (1998): Innenstadtkonferenzen – Ergebnisse und Folgerungen. Vorlage –
zur Kenntnisnahme vom 17.11.1998. Drucksache 13/3273. Berlin
Abgeordnetenhaus Berlin (2005a): Integration durch Bildung. Drucksache 15/3973 vom 13.05.2005.
Berlin
Abgeordnetenhaus Berlin (2005b): Ein Integrationskonzept für Berlin. Drucksache 15/4208 vom
23.08.2005. Berlin