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Berlin – Einwanderungsstadt ‚under construction'? Von der ...

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<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 305<br />

<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? <strong>Von</strong> <strong>der</strong><br />

Beauftragtenpolitik zur strategischen Steuerung<br />

<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘?<br />

Frank Gesemann<br />

„<strong>Berlin</strong> hat eine große Perspektive als <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong>, wenn wir es schaffen, die Vielfalt<br />

als etwas Positives erlebbar zu machen.“ 1 Mit diesen Worten zur Eröffnung des <strong>Berlin</strong>er<br />

Integrationsgipfels im Roten Rathaus am 22. Juni 2007 hat <strong>der</strong> Regierende Bürgermeister<br />

von <strong>Berlin</strong>, Klaus Wowereit, den neuen Stellenwert <strong>der</strong> Integrationspolitik deutlich zum<br />

Ausdruck gebracht. Auf dem Integrationsgipfel wurde das zweite <strong>Berlin</strong>er Integrationskonzept<br />

vorgestellt, 2 wobei sich die Aufwertung des Politikfeldes, die strategische Ausrichtung<br />

und das neue Verständnis von Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe in <strong>der</strong> Gestaltung<br />

des Integrationstages wi<strong>der</strong>spiegelten. Senatoren und Staatssekretäre diskutierten mit<br />

Vertreterinnen und Vertretern von Integrationsbeirat, Migrantenorganisationen und gesellschaftlichen<br />

Gruppen über die zentralen Handlungsfel<strong>der</strong>, Ziele und Leitprojekte des Integrationskonzepts.<br />

Zudem wurden mit <strong>der</strong> Wahl des Zeitpunkts, <strong>der</strong> Umbenennung des Integrationstages<br />

und den Reden zum Integrationsgipfel deutliche Zeichen gegenüber <strong>der</strong> Bundespolitik<br />

gesetzt. 3<br />

Aufbruchstimmung, strategische Orientierung und Mobilisierung vorhandener Potenziale<br />

kennzeichnen die neue Integrationspolitik des <strong>Berlin</strong>er Senats. Hintergrund des Bemühens<br />

um integrationspolitische Konzepte sind gravierende soziale und ökonomische<br />

Probleme. Seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung <strong>der</strong> Stadt ist <strong>Berlin</strong> durch einen tief greifenden Prozess<br />

wirtschaftlicher, sozialer und räumlicher Strukturverän<strong>der</strong>ungen geprägt. Eine beispiellose<br />

De-Industrialisierung, ein dramatischer Verlust an Arbeitsplätzen, die starke Zunahme<br />

von Arbeitslosigkeit, sozialer Ungleichheit und Armut sind zentrale Merkmale eines<br />

Strukturwandels, <strong>der</strong> soziale Spaltungslinien verstärkt. Zu den Verlierern dieser Entwicklung<br />

gehören vor allem Migranten. Hohe Arbeitslosigkeit, geringe Bildungsqualifikationen<br />

sowie ungünstige Zukunftsperspektiven för<strong>der</strong>n Tendenzen <strong>der</strong> sozialen und wirtschaftlichen<br />

Marginalisierung sowie den Rückzug in ethnische und religiöse Gemeinschaften. Auf<br />

diese Herausfor<strong>der</strong>ungen hat <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Senat <strong>–</strong> trotz <strong>der</strong> chronischen Krise <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Haushalte <strong>–</strong> mit einer Vielzahl von Programmen und Maßnahmen sowie mit <strong>der</strong> Entwicklung<br />

von Integrationskonzepten reagiert.<br />

Migration und Integration in <strong>Berlin</strong> werden geprägt durch die historische Kontinuität<br />

und Vielfalt von Wan<strong>der</strong>ungsbewegungen, die massiven Zerstörungen durch Nationalsozialismus<br />

und Zweiten Weltkrieg, die unterschiedlichen Erfahrungen in <strong>der</strong> geteilten Frontstadt<br />

während des Kalten Krieges sowie die wi<strong>der</strong>sprüchlichen Dynamiken in einer zwar<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Die Rede von Klaus Wowereit zum <strong>Berlin</strong>er Integrationsgipfel ist veröffentlicht in: <strong>Berlin</strong> International,<br />

Juli/August 2007, S. 9-11.<br />

Das <strong>Berlin</strong>er Integrationskonzept lag auf dem Integrationsgipfel nur als Kurzfassung vor, da es erst am<br />

3.7.2007 vom Senat beschlossen wurde.<br />

Siehe zum Beispiel die Rede <strong>der</strong> Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Heidi Knake-Werner, zum<br />

Integrationsgipfel, abgedruckt in: <strong>Berlin</strong> International, Juli/August 2007, S. 9-11.


306 Frank Gesemann<br />

‚reizvollen‘, aber ‚armen‘ Hauptstadt im wie<strong>der</strong>vereinigten Deutschland. Die Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

von Auslän<strong>der</strong>n nach Westberlin ist zu Recht als die „bedeutendste sozialstrukturelle Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit“ (Kapphan 2001: 91) bezeichnet worden, da sie erhebliche<br />

Auswirkungen auf Bevölkerungs- und Beschäftigtenstruktur, Wirtschaftswachstum und<br />

Wohlstand sowie soziale Schichtung und Mobilität hatte. Der <strong>Berlin</strong>er Senat hat früher als<br />

an<strong>der</strong>e Städte <strong>–</strong> zunächst im Rahmen einer ressortübergreifenden Planung, später durch die<br />

Einrichtung einer Auslän<strong>der</strong>beauftragten <strong>–</strong> auf die Herausfor<strong>der</strong>ung durch die Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

von Auslän<strong>der</strong>n reagiert. Die Erfolge <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik insbeson<strong>der</strong>e in<br />

<strong>der</strong> sozialen Integration von Migranten, <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von Selbstorganisationen und <strong>der</strong><br />

politischen Teilhabe von Migranten werden seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung aber von <strong>der</strong> beispiellosen<br />

Krise auf dem Arbeitsmarkt, einer negativen Bilanz in <strong>der</strong> Bildungspolitik und<br />

scheinbar unaufhaltsamen sozialräumlichen Prozessen bedroht.<br />

Im folgenden Beitrag wird <strong>–</strong> nach einem kurzen Überblick zur Geschichte <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung<br />

in <strong>der</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik<br />

in den vergangenen vier Jahrzehnten skizziert. Es folgen Ausführungen zu zentralen Handlungsfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Integrationspolitik des <strong>Berlin</strong>er Senats, wobei ich mich auf die Integration<br />

von Zuwan<strong>der</strong>ern in den Arbeitsmarkt, das Bildungswesen und auf den Wohnungsmarkt<br />

sowie die Entwicklung von Einbürgerungen und die För<strong>der</strong>ung von Migrantenselbstorganisationen<br />

konzentrieren werde. Ein kurzes Resümee schließt den Beitrag ab.<br />

1 <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>Berlin</strong><br />

Die Geschichte <strong>Berlin</strong>s ist seit Jahrhun<strong>der</strong>ten mit <strong>der</strong> wechselhaften Geschichte von Migration<br />

und Integration verbunden. Die rasche Entwicklung <strong>der</strong> Residenzstadt im 17. und 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t ist eng verknüpft mit dem Ansiedlungsprivileg für jüdische Familien von 1671<br />

und dem Edikt von Potsdam von 1685, das die Aufnahme von Glaubensflüchtlingen aus<br />

Frankreich ermöglichte. Ihnen folgten in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts weitere<br />

protestantische Zuwan<strong>der</strong>er wie die relativ wohlhabenden Salzburger und die böhmischen<br />

Glaubensflüchtlinge. Das rasante Bevölkerungswachstum <strong>der</strong> Stadt im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t und<br />

<strong>der</strong> Aufstieg <strong>Berlin</strong>s zur führenden und größten Industriemetropole auf dem europäischen<br />

Kontinent basierte auch auf umfangreichen Zuwan<strong>der</strong>ungen polnischsprachiger Arbeitskräfte<br />

aus den preußischen Ostgebieten. Seit den achtziger Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts kam<br />

es zudem zu einer starken Einwan<strong>der</strong>ung von Juden aus Osteuropa (vgl. Gesemann 2004:<br />

26). Die unterschiedlichen Gruppen von Zuwan<strong>der</strong>ern haben die wirtschaftliche Entwicklung<br />

und den kulturellen Reichtum <strong>Berlin</strong>s nachhaltig geprägt. Die historische Forschung<br />

hat allerdings auch auf die „zuweilen außerordentlich mühseligen und langwierigen“ Prozesse<br />

<strong>der</strong> Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern hingewiesen und damit das verbreitete und idealisierende<br />

Bild <strong>der</strong> Metropole als „Schmelztiegel“ von Menschen unterschiedlicher Herkunft<br />

korrigiert (Jersch-Wenzel 1990: 8).<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde <strong>Berlin</strong> in vier Sektoren bzw. Besatzungszonen<br />

geteilt, die zwei gegensätzlichen politischen Systemen und konkurrierenden Machtblöcken<br />

angehörten. Die räumliche und wirtschaftliche Isolation des Westteils sowie die sozialistische<br />

Umgestaltung des Ostsektors hatten zur Folge, dass <strong>Berlin</strong> nicht mehr an seine frühere<br />

politische, wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung anknüpfen konnte. Trotz <strong>der</strong> Isolation<br />

<strong>der</strong> Stadt kamen aber bis Ende <strong>der</strong> fünfziger Jahre über 1,5 Millionen Flüchtlinge aus <strong>der</strong>


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 307<br />

DDR und aus Ostberlin in den Westteil, von denen etwa 200.000 in <strong>der</strong> Stadt blieben. Nach<br />

dem Mauerbau im August 1961 versiegte dieser Zustrom und die Bevölkerungszahl von<br />

Westberlin sank. Zu diesem Zeitpunkt lebten <strong>–</strong> mit Ausnahme <strong>der</strong> Angehörigen <strong>der</strong> alliierten<br />

Streitkräfte <strong>–</strong> nur noch wenige Menschen in <strong>der</strong> Stadt, die nicht über die deutsche<br />

Staatsangehörigkeit verfügten (vgl. Gesemann 2004: 26f.; siehe auch Häußermann/Kapphan<br />

2000: 57f.).<br />

In <strong>der</strong> geteilten Stadt waren Migration und Integration durch die unterschiedliche wirtschaftliche<br />

Entwicklung und ideologische Ausrichtung <strong>der</strong> beiden Stadthälften geprägt. In<br />

Ostberlin wurden die Zuwan<strong>der</strong>ung und <strong>der</strong> Aufenthalt von Auslän<strong>der</strong>n aus politischen<br />

Gründen stark reglementiert und kontrolliert. Ausländische Arbeitskräfte und Studierende<br />

lebten zumeist <strong>–</strong> weitgehend isoliert von <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung <strong>–</strong> in Wohnheimen.<br />

Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Maueröffnung hielten sich nur noch wenige ausländische Arbeitskräfte<br />

und Studierende im Ostteil <strong>der</strong> Stadt auf, von denen viele nach <strong>der</strong> Wende in ihre Herkunftslän<strong>der</strong><br />

zurückkehrten. Während <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil Ende 1989 in Ostberlin nur 1,6<br />

Prozent betrug, lag er in Westberlin bei 13,7 Prozent (vgl. Gesemann 2002).<br />

In Westberlin hatten Senat und Bundesregierung auf den Verlust von Arbeitsplätzen in<br />

<strong>der</strong> Industrie und den Rückgang <strong>der</strong> Bevölkerung mit umfangreichen Programmen und<br />

Maßnahmen zum Ausbau des öffentlichen Sektors und zur Anwerbung westdeutscher Unternehmen<br />

und Arbeitskräfte reagiert. Im Unterschied zu an<strong>der</strong>en deutschen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

hat <strong>Berlin</strong> die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer „erst seit 1968 in schnell wachsen<strong>der</strong><br />

Zahl … entsprechend den For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wirtschaft begünstigt“ (Der Regierende<br />

Bürgermeister von <strong>Berlin</strong> 1972: 4). Da das Arbeitskräfteangebot Italiens, Spaniens und<br />

Griechenlands zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend ausgeschöpft war, wurden vor allem<br />

Arbeitnehmer aus <strong>der</strong> Türkei und aus dem ehemaligen Jugoslawien angeworben. Bemerkenswert<br />

war zudem <strong>der</strong> hohe Anteil von Frauen, die vor allem von <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Elektround<br />

Konsumgüterindustrie als einfache, ungelernte Arbeitskräfte nachgefragt wurden (vgl.<br />

Gesemann 2001: 13).<br />

In <strong>der</strong> Zeit nach 1945 lassen sich vier Phasen <strong>der</strong> Migration nach Westberlin unterscheiden:<br />

Auf die gezielte Anwerbung von Arbeitskräften von Mitte <strong>der</strong> sechziger Jahre bis<br />

zum Anwerbestopp im November 1973 folgte eine Phase, die bestimmt war vom Nachzug<br />

von Familienangehörigen sowie <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung von Flüchtlingen (insbeson<strong>der</strong>e aus<br />

Polen, Libanon und Iran). Ende <strong>der</strong> achtziger Jahre kam es infolge <strong>der</strong> politischen Umwälzungen<br />

in Osteuropa und gewaltförmiger Konflikte in verschiedenen Weltregionen zu einer<br />

massiven Zuwan<strong>der</strong>ungswelle, die vor allem (Spät-)Aussiedler aus <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion<br />

und aus Polen, Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie kurdische<br />

Flüchtlinge aus dem Irak und <strong>der</strong> Türkei nach <strong>Berlin</strong> brachte. Seit Ende <strong>der</strong> neunziger<br />

Jahre ist auch in <strong>Berlin</strong> eine deutliche Beruhigung des Migrationsgeschehens zu beobachten.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> ausländischen Einwohner <strong>Berlin</strong>s stieg in diesem Zeitraum von 22.065<br />

(1960) über 233.011 (1980) und 355.356 (1991) auf 470.004 (2007). Zu den wichtigsten<br />

Herkunftslän<strong>der</strong>n bzw. -gebieten <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>, die in <strong>der</strong> Stadt mit einem Hauptwohnsitz<br />

gemeldet sind, gehören die Türkei (24,2 %), das ehemalige Jugoslawien (10,8 %), arabische<br />

Staaten (7,3 % einschließlich Staatenlose und Palästinenser mit ungeklärter Staatsangehörigkeit)<br />

sowie die ehemalige Sowjetunion (6,9 %). 4 Fast je<strong>der</strong> dritte Auslän<strong>der</strong> (30,3 %)<br />

4<br />

Gesemann (2001b); Heinzel/Tuchscherer (2008); Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg (2008); eigene Berechnungen.


308 Frank Gesemann<br />

kommt aus einem Mitgliedsland <strong>der</strong> Europäischen Union. 5 Verglichen mit an<strong>der</strong>en deutschen<br />

Großstädten leben in <strong>Berlin</strong> zwar <strong>–</strong> mit großem Abstand <strong>–</strong> die meisten Auslän<strong>der</strong>, ihr<br />

Anteil an <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung ist aber mit 14,0 Prozent (2007) 6 deutlich geringer als<br />

beispielsweise in Frankfurt am Main (26,0 %), München (23,1 %) o<strong>der</strong> Stuttgart (22,0 %)<br />

(vgl. Bertelsmann Stiftung/Bundesministerium des Innern 2005: 102ff.).<br />

Der Anteil <strong>der</strong> in <strong>Berlin</strong> lebenden Personen, die über einen Migrationshintergrund verfügen,<br />

ist allerdings wesentlich höher, da deutschstämmige Aussiedler und eingebürgerte<br />

Auslän<strong>der</strong> von <strong>der</strong> vor allem auf Staatszugehörigkeit gründenden Statistik nicht erfasst<br />

werden. So sind beispielsweise seit 1991 mehr als 140.000 Auslän<strong>der</strong> in <strong>Berlin</strong> eingebürgert<br />

worden. Seit Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts zum 1. Januar 2000<br />

erhält zudem mehr als die Hälfte <strong>der</strong> in <strong>Berlin</strong> geborenen Kin<strong>der</strong> ausländischer Eltern automatisch<br />

die deutsche Staatsangehörigkeit. Im Juli 2008 hat das Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-<br />

Brandenburg erstmals Daten zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund veröffentlicht.<br />

Die Zahlen zeigen, dass in <strong>Berlin</strong> 863.500 Menschen mit Migrationshintergrund leben<br />

(Stand: 31. Dezember 2007). Der Anteil <strong>der</strong> Bevölkerung mit Migrationshintergrund an <strong>der</strong><br />

Gesamtbevölkerung liegt bei 25,7 Prozent <strong>–</strong> mit deutlichen Unterschieden zwischen Ostund<br />

Westbezirken (10,5 % vs. 30,4 %). Bei den 6- bis unter 15-Jährigen haben sogar 42,7<br />

Prozent einen Migrationshintergrund (vgl. Bömermann et al. 2008: 23f.). 7<br />

2 Die Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik<br />

In <strong>der</strong> (West-)<strong>Berlin</strong>er Politik gegenüber ausländischen Zuwan<strong>der</strong>ern lassen sich drei Phasen<br />

unterscheiden: In <strong>der</strong> ersten Phase (von 1971 bis 1981) konzentrierte sich Auslän<strong>der</strong>politik<br />

<strong>–</strong> im Rahmen einer ressortübergreifenden Planung <strong>–</strong> vor allem auf sozialpolitische<br />

Maßnahmen, um die sozialen Folgen <strong>der</strong> wirtschaftlich motivierten Anwerbung ausländischer<br />

Arbeitskräfte zu bewältigen. In <strong>der</strong> zweiten Phase (von 1981 bis 2003) rückten die<br />

Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen und die För<strong>der</strong>ung von Migrantenselbstorganisationen stärker<br />

in den Vor<strong>der</strong>grund. Zudem wurden Entwicklung und Umsetzung integrationspolitischer<br />

Maßnahmen immer mehr zu einem Problem einzelner Politikbereiche, die einer übergreifenden<br />

Koordinierung bedurften. Auslän<strong>der</strong>politik wurde zur Beauftragtenpolitik, wobei<br />

die vom Senat verfolgte Doppelstrategie einer restriktiveren Zuwan<strong>der</strong>ungs- und einer<br />

liberaleren Integrationspolitik als institutionalisierter Dauerkonflikt zwischen verschiedenen<br />

Innensenatoren und <strong>der</strong> langjährigen Auslän<strong>der</strong>beauftragten Barbara John erschien. In<br />

<strong>der</strong> dritten Phase (seit 2003) ist Integrationspolitik wie<strong>der</strong> stärker zu einer zentralen Aufgabe<br />

des Senats geworden, was mit <strong>der</strong> Entwicklung eines umfassenden, ressortübergreifenden<br />

Integrationskonzepts einhergeht.<br />

Bereits im Frühjahr 1971 hat <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Senat im Rahmen <strong>der</strong> ressortübergreifenden<br />

Planung ein Planungsteam mit dem Auftrag eingesetzt, „eine Gesamtkonzeption und Lö-<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Unter den in <strong>Berlin</strong> lebenden Unionsbürgern stellen Polen mit 44.400 Einwohnern die größte Gruppe vor<br />

Italienern (14.446) und Franzosen (12.611).<br />

Die Unterschiede zwischen Westberlin (18,3 %) und Ostberlin (7,1 %) sind allerdings nach wie vor erheblich<br />

(vgl. Heinzel/Tuchscherer 2008: 34).<br />

Die Daten zum Migrationshintergrund <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Bevölkerung basieren auf einer Auswertung des Einwohnerregisters<br />

und unterscheiden sich hinsichtlich <strong>der</strong> Struktur leicht vom Konzept des Mikrozensus. Beim Mikrozensus<br />

2005 lag <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Bevölkerung mit Migrationshintergrund in <strong>Berlin</strong> bei 23,4 Prozent (vgl. Statistisches<br />

Bundesamt 2007).


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 309<br />

sungsvorschläge für die Einglie<strong>der</strong>ung ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien zu<br />

erarbeiten“ (Der Regierende Bürgermeister von <strong>Berlin</strong> 1978: 1). Dieses hat in seinem Abschlussbericht<br />

vom September 1972 ein „bedarfsorientiertes Integrationsmodell“ vorgeschlagen,<br />

das darauf abzielte, den Arbeitskräftebedarf <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Wirtschaft langfristig zu<br />

sichern. Zu den politischen Instrumenten des Modells gehörten eine Begrenzung des Zuzugs<br />

und die Gewährung finanzieller Hilfen für Rückkehrwillige bei gleichzeitiger Anerkennung<br />

<strong>der</strong> Familienzusammenführung. Mit Hilfe einer Vielzahl von sozial- und wirtschaftspolitischen<br />

Maßnahmen sollten zudem die Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> ausländischen Arbeitnehmer<br />

und ihrer Familien erleichtert werden (vgl. Der Regierende Bürgermeister von<br />

<strong>Berlin</strong> 1972).<br />

Nach dem Anwerbestopp von 1973 verän<strong>der</strong>ten sich die integrationspolitischen<br />

Schwerpunkte des <strong>Berlin</strong>er Senats. Mit <strong>der</strong> längeren Aufenthaltsdauer, <strong>der</strong> Familienzusammenführung<br />

und dem Heranwachsen <strong>der</strong> zweiten und dritten Generation sollten „die<br />

Integrationsmaßnahmen darauf ausgerichtet sein, dass sich die ausländischen Mitbürger<br />

eingewöhnen und hier langfristig leben können“ (Der Regierende Bürgermeister von <strong>Berlin</strong><br />

1978: 3). Im Herbst 1979 beschließt <strong>der</strong> Senat „Leitlinien und neue Maßnahmen zur Auslän<strong>der</strong>integration<br />

in <strong>Berlin</strong>“, die darauf abzielen, „allen legal in <strong>Berlin</strong> lebenden Auslän<strong>der</strong>n,<br />

die längere Zeit in unserer Stadt leben“, die Integration zu erleichtern. Der Schwerpunkt<br />

wird auf ausländische Kin<strong>der</strong> und Jugendliche gelegt, denen „im Erziehungs-, Bildungs-<br />

und Ausbildungsbereich die gleichen Chancen wie den deutschen Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

bei Aufrechterhaltung unseres Bildungsstandards eingeräumt werden“ sollen<br />

(Der Regierende Bürgermeister von <strong>Berlin</strong> 1979: 13).<br />

In <strong>der</strong> zweiten Phase <strong>–</strong> von Herbst 1981 bis zum Frühjahr 2003 <strong>–</strong> war Integrationspolitik<br />

in Westberlin vor allem Auslän<strong>der</strong>beauftragtenpolitik. Mit <strong>der</strong> Einrichtung <strong>der</strong> Stelle<br />

einer Auslän<strong>der</strong>beauftragten, <strong>der</strong> ersten auf Län<strong>der</strong>ebene, hat <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Senat im Dezember<br />

1981 versucht, die traditionelle Auslän<strong>der</strong>politik mit ihrer Konzentration auf sozialpolitische<br />

Maßnahmen weiter zu entwickeln: „Eine stärkere Beteiligung <strong>der</strong> Betroffenen war<br />

aufgrund <strong>der</strong> Entwicklung Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre notwendiger als die Konzipierung<br />

neuer Programme und Maßnahmenkataloge“ (Schwarz 1992: 132). Eine Politik <strong>der</strong> Vertretung<br />

von Zuwan<strong>der</strong>erinteressen durch eine Senatsdienststelle stand hierbei nicht unbedingt<br />

im Gegensatz zu Konzepten <strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung einer weiteren Zuwan<strong>der</strong>ung, son<strong>der</strong>n spiegelte<br />

lediglich die Ambivalenz wi<strong>der</strong>, die auch die <strong>Berlin</strong>er Auslän<strong>der</strong>politik in dieser Zeit<br />

kennzeichnete. Allerdings führten die in dieser ‚Doppelstrategie‘ angelegten Spannungen<br />

zwischen einer restriktiven Zuwan<strong>der</strong>ungspolitik und einer liberalen Integrationspolitik<br />

immer wie<strong>der</strong> zu Konflikten zwischen den Innensenatoren und <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beauftragten.<br />

Eckpfeiler <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik des <strong>Berlin</strong>er Senats waren in den achtziger Jahren einerseits<br />

„die Begrenzung des Auslän<strong>der</strong>anteils durch Zuzugsbeschränkung und För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Rückkehrbereitschaft“ sowie zum an<strong>der</strong>en die „Verbesserung <strong>der</strong> Voraussetzungen für<br />

die Integration <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>, die hier leben und bleiben wollen“ (Auslän<strong>der</strong>beauftragter<br />

1983: 5). Nach Auffassung des Senats sollten sich Zuwan<strong>der</strong>er langfristig zwischen zwei<br />

Alternativen entscheiden, die <strong>der</strong> Regierende Bürgermeister von <strong>Berlin</strong>, Richard von Weizsäcker,<br />

in seiner Regierungserklärung vom 2. Juli 1981 aufgezeigt hat:<br />

„Entwe<strong>der</strong> Rückkehr in die alte Heimat … o<strong>der</strong> Verbleib in <strong>Berlin</strong>; dies schließt die Entscheidung<br />

ein, auf die Dauer Deutscher zu werden. Keine Dauerlösung ist dagegen ein dritter Weg:<br />

Nämlich hier zu bleiben, aber nicht und nie <strong>Berlin</strong>er werden zu wollen. <strong>Berlin</strong> muss die Mauer


310 Frank Gesemann<br />

ertragen. Unsere Stadt kann nicht auch noch Zäune ertragen, die wir selbst errichten“ (zitiert<br />

nach Auslän<strong>der</strong>beauftragter 1983: 4f.).<br />

In <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung wurde die <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik vor allem durch<br />

die langjährige Auslän<strong>der</strong>beauftragte des Senats, Barbara John, geprägt. Diese hat das Amt<br />

<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>- bzw. Integrationsbeauftragten in den einundzwanzigeinhalb Jahren ihrer<br />

Tätigkeit vor allem durch ihr persönliches Engagement geprägt und ihm ein hohes Maß an<br />

nationaler und internationaler Anerkennung verschafft. Zu den Schwerpunkten des Amts<br />

gehörten eine umfangreiche Rechts- und Sozialberatung für Zuwan<strong>der</strong>er, eine vielfältige<br />

Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, die Herstellung und Pflege intensiver Kontakte zu<br />

den Migrantenorganisationen und die finanzielle För<strong>der</strong>ung von Projekten und Selbsthilfeinitiativen<br />

zur Unterstützung <strong>der</strong> Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern. Politische Akzente hat die<br />

Auslän<strong>der</strong>beauftragte des Senats vor allem in den Bereichen Einbürgerung, 8 Antidiskriminierungspolitik<br />

9 und interkulturelle Öffnung <strong>der</strong> Verwaltung 10 gesetzt.<br />

Eine dritte Phase <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik beginnt im Jahr 2003 <strong>–</strong> mit dem<br />

Wechsel im Amt des Integrationsbeauftragten von Barbara John zu Günter Piening. Zu den<br />

neuen integrationspolitischen Akzenten gehören <strong>der</strong> Aufbau eines Landesbeirates für Migrations-<br />

und Integrationsfragen, die Einrichtung einer Senatsleitstelle gegen Diskriminierung<br />

aus ethnischen, religiösen und weltanschaulichen Gründen, die Umsetzung des Programms<br />

zur Bekämpfung von Rechtextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus,<br />

die Neugestaltung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>kriterien zur Unterstützung integrationspolitischer Aktivitäten,<br />

die Intensivierung eines kritischen Dialogs mit dem Islam, die Entwicklung quartiersbezogener<br />

Integrationsansätze, die Durchführung von Bundes- und EU-Projekten zur<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bildungs- und Arbeitsmarktchancen von Migranten, zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

Integrationsmöglichkeiten für Flüchtlinge, zur Entwicklung von Integrationsindikatoren<br />

und zur „Intensivierung des gesellschaftlichen Dialogs über die Perspektiven <strong>der</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong><br />

<strong>Berlin</strong>“ (Beauftragter für Integration und Migration 2004: 2).<br />

Die <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik wird seitdem vor allem durch die Diskussion über Gesamtkonzepte,<br />

Monitoringsysteme und Integrationsindikatoren geprägt. Integrationspolitik<br />

wird als Querschnittsaufgabe definiert, „als breites Feld von ineinan<strong>der</strong> verzahnten Gleichstellungspolitiken,<br />

von Strategien zur Aktivierung <strong>der</strong> Migrantinnen und Migranten und<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Partizipationschancen, zur interkulturellen Öffnung von Regeldiensten und<br />

Verwaltungen sowie zur Entwicklung interkultureller Kompetenz“ (Beauftragter für Integration<br />

und Migration 2004: 4). Im Zuge <strong>der</strong> Neuausrichtung <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik<br />

wird zudem die Frage aufgeworfen, „welche Rolle … eine mit nur mäßiger Weisungsmacht<br />

ausgestattete Querschnittseinrichtung wie <strong>der</strong> Senatsbeauftragte für Integration und Migration<br />

überhaupt spielen kann“. Gefunden wird die Antwort in einer Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />

Institution in Richtung „strategischer Steuerung“, „ohne die Vorteile einer Querschnittseinrichtung<br />

aufzugeben“ (Beauftragter für Integration und Migration 2005: 4f.). 11<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

Barbara John plädierte bereits Mitte <strong>der</strong> achtziger Jahre für einen „Rechtsanspruch auf Einbürgerung“ und<br />

schrieb <strong>der</strong> Einbürgerung eine „Schlüsselfunktion“ im Integrationsprozess zu (John 1985: 3); siehe auch John<br />

(1991).<br />

Im Jahr 1991 wurde von <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beauftragten des Senats eine Arbeitsgruppe ‚Antidiskriminierung und<br />

Gewaltprävention‘ eingerichtet, die Betroffenen Beratung und Unterstützung anbot.<br />

Siehe hierzu John/Caemmerer (2001).<br />

Laut Geschäftsverteilung des Senats vom 20. Februar 2007 ist <strong>der</strong> Integrationsbeauftragte zuständig für „Angelegenheiten<br />

<strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik von grundsätzlicher o<strong>der</strong> übergreifen<strong>der</strong> Bedeutung;


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 311<br />

Im August 2005 hat <strong>der</strong> Senat von <strong>Berlin</strong> erstmals ein umfassendes, ressortübergreifendes<br />

Integrationskonzept vorgelegt. Im Zentrum des Konzepts „Vielfalt för<strong>der</strong>n <strong>–</strong> Zusammenhalt<br />

stärken“ steht die Beschreibung von Herausfor<strong>der</strong>ungen und Perspektiven <strong>der</strong><br />

Integrationspolitik. Zu den Zielen des Senats gehört es, die integrationspolitischen Anstrengungen<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Senatsverwaltungen in den Rahmen einer gesamtstädtischen<br />

Strategie zu stellen, die vielfältigen Programme und Maßnahmen stärker aufeinan<strong>der</strong> zu<br />

beziehen und die jeweiligen Zielkoordinaten zu präzisieren. Integrationspolitik wird als<br />

Querschnittsaufgabe in einem strategisch ausgerichteten Steuerungsprozess konzipiert, <strong>der</strong><br />

die Präzisierung von Leitbil<strong>der</strong>n und politischen Zielen, die Entwicklung integrationspolitischer<br />

Indikatoren und ein regelmäßiges Berichterstattungssystem umfasst (vgl. Abgeordnetenhaus<br />

<strong>Berlin</strong> 2005b).<br />

Die Weiterentwicklung <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik stand im Mittelpunkt eines<br />

breit angelegten Anhörungs- und Diskussionsprozesses in den Ausschüssen des Parlaments.<br />

Nach Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse hat das Abgeordnetenhaus den Senat aufgefor<strong>der</strong>t, „ein<br />

verbindliches mittelfristiges Arbeitsprogramm zur Integrationssteuerung“ zu erarbeiten, „in<br />

dem konkrete Ziele, Maßnahmen und Berichterstattungsverfahren sowie zur Überprüfung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsergebnisse messbare Indikatoren festgelegt werden“ (Abgeordnetenhaus <strong>Berlin</strong><br />

2006). Mit <strong>der</strong> Vorlage des zweiten Integrationskonzepts vom Juli 2007 hat <strong>der</strong> Senat <strong>–</strong><br />

eigenen Angaben zufolge <strong>–</strong> diesen Schritt von <strong>der</strong> Bestandsaufnahme zur strategischen<br />

Steuerung vollzogen. Zentrale Handlungsstrategien werden mit einer hierarchischen Zielstruktur,<br />

spezifischen Handlungsfel<strong>der</strong>n, Leitprojekten und Indikatoren unterlegt. Ein regelmäßiger<br />

indikatorengestützter Bericht soll die Grundlage für eine Weiterentwicklung<br />

von Programmen und Maßnahmen bilden. 12<br />

3 Schwerpunkte und Handlungsfel<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er<br />

Integrationspolitik<br />

Im zweiten Integrationskonzept vom Juli 2007 werden acht zentrale Handlungsstrategien<br />

benannt, „die für den Erfolg <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik ausschlaggebend sind“ (Abgeordnetenhaus<br />

<strong>Berlin</strong> 2007: 6). Diese Handlungsstrategien werden mit Zielen, spezifischen<br />

Handlungsfel<strong>der</strong>n, Leitprojekten und Indikatoren unterlegt. Mit einem regelmäßigen indikatorengestützten<br />

Bericht sollen Senat, Abgeordnetenhaus und Öffentlichkeit über integrationspolitische<br />

Entwicklungen informiert und die Grundlage für eine Weiterentwicklung<br />

von Programmen und Maßnahmen gelegt werden:<br />

12<br />

Konzeption <strong>der</strong> Integrations- und Migrationspolitik; Entwicklung und Steuerung eines Integrationsmonitorings<br />

zur Umsetzung des Integrationskonzeptes für <strong>Berlin</strong>; Koordinierung <strong>der</strong> Maßnahmen zur interkulturellen<br />

Öffnung <strong>der</strong> Verwaltung“ (Der Regierende Bürgermeister <strong>–</strong> Senatskanzlei 2007).<br />

Die Aufwertung des Politikfeldes spiegelt auch die Bildung einer Senatsverwaltung für Integration, Arbeit<br />

und Soziales wi<strong>der</strong>. Zu ihrem Geschäftsbereich gehören seit Februar 2007 neben den Angelegenheiten des/<strong>der</strong><br />

Beauftragten des Senats für Integration und Migration (siehe Fußnote 11) die Koordinierung <strong>der</strong> Maßnahmen<br />

zur Integration von Zuwan<strong>der</strong>innen und Zuwan<strong>der</strong>ern, die Geschäftsstelle des Landesbeirates für Integrationsund<br />

Migrationsfragen, die Antidiskriminierungspolitik des Senats und die För<strong>der</strong>ung ressortübergreifen<strong>der</strong><br />

Projekte zur Stärkung von Toleranz und Weltoffenheit (vgl. Der Regierende Bürgermeister <strong>–</strong> Senatskanzlei<br />

2007).


312 Frank Gesemann<br />

Internationale Anziehungskraft und kulturelle Vielfalt: Eine verbesserte Präsentation von<br />

kultureller Vielfalt, die Entwicklung und Stärkung interkultureller Kompetenzen sowie die<br />

Schaffung einer Willkommenskultur für Zuwan<strong>der</strong>er sollen die internationale Anziehungskraft<br />

<strong>Berlin</strong>s stärken.<br />

Integration durch Teilnahme am Erwerbsleben: Mit einer Vielzahl von Maßnahmen soll<br />

die Ausbildungsbeteiligung erhöht, <strong>der</strong> Einstieg und die Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung in den Arbeitsmarkt<br />

verbessert sowie Existenzgründungen und Selbstständigkeit von Migrantinnen<br />

und Migranten geför<strong>der</strong>t werden.<br />

Integration durch Bildung: Die Neubestimmung des Bildungsauftrags von Kin<strong>der</strong>tagesstätte<br />

und Schule und die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Schulkultur soll zu einer Angleichung des<br />

Sprachniveaus und <strong>der</strong> Schulabschlüsse von Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund<br />

beitragen.<br />

Integration durch Stärkung des sozialräumlichen Zusammenhalts: Mit <strong>der</strong> Rahmenstrategie<br />

Soziale Stadtentwicklung und dem Maßnahmenprogramm Soziale Stadt <strong>–</strong> <strong>Berlin</strong>er Quartiersmanagement<br />

sollen problembelastete Stadtteile stabilisiert, <strong>der</strong> Zusammenhalt im Sozialraum<br />

gestärkt sowie die Chancengleichheit verbessert werden.<br />

Integration durch Interkulturelle Öffnung: Mit <strong>der</strong> interkulturellen Öffnung von Verwaltungen<br />

und sozialen Diensten soll ein chancengleicher Zugang zu Angeboten und Leistungen<br />

sowie eine gleichwertige Versorgungsqualität für Migrantinnen und Migranten erreicht<br />

werden.<br />

Integration durch Partizipation und Stärkung <strong>der</strong> Zivilgesellschaft: Zu den Handlungsfel<strong>der</strong>n<br />

in diesem Bereich gehören die Stärkung <strong>der</strong> politischen Partizipation, die För<strong>der</strong>ung<br />

einer Kultur des Respekts und <strong>der</strong> Gleichbehandlung, die Durchsetzung des Rechts auf<br />

Selbstbestimmung und die Weiterentwicklung des Dialogs mit den islamischen Gemeinschaften.<br />

Integrationsperspektiven für Flüchtlinge: Die Rahmenbedingungen für ein selbstständiges<br />

Leben von Asylbewerbern und Geduldeten sowie die soziale und gesundheitliche Lage von<br />

Personen ohne Aufenthaltsstatus sollen verbessert werden.<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Kooperation zwischen Senat und Bezirken: Zu den Vorschlägen gehören<br />

die (Weiter-)Entwicklung von Integrationsprogrammen in den Bezirken, die Einführung<br />

von Mindeststandards in <strong>der</strong> Ausstattung und den Kompetenzen von Integrationsbeauftragten<br />

und Integrationsbeiräten sowie Zielvereinbarungen zwischen den Bezirken und dem<br />

Senat.<br />

Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern in das<br />

Bildungs- und Ausbildungssystem, in den Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie auf die<br />

politische Partizipation. In diesen Bereichen sollen Erfolge und Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

<strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik aufgezeigt werden.


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 313<br />

3.1 Mangelnde Arbeitsmarktintegration von Migranten<br />

Arbeitsmarktintegration und Bildung beeinflussen die soziale Positionierung, den Zugang<br />

zu zentralen gesellschaftlichen Positionen sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum<br />

und an politischen Entscheidungsprozessen. Diese Faktoren sind vorrangige Aspekte<br />

<strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung von Einwan<strong>der</strong>ern und ihrer Kin<strong>der</strong>. Die Entwicklung in <strong>Berlin</strong> ist allerdings<br />

seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung durch einen dramatischen Arbeitsplatzabbau in <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er<br />

Industrie gekennzeichnet. <strong>Von</strong> 1991 bis 2004 gingen mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze<br />

im verarbeitenden Gewerbe verloren. Im Vergleich mit dem Ausgangsbestand vor<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung sind rund 250.000 industrielle Arbeitsplätze verschwunden (vgl.<br />

Fischer et al. 2004). Dieser Verlust konnte bislang auch nicht durch Zuwächse im Dienstleistungssektor<br />

kompensiert werden. Der Rückgang <strong>der</strong> Erwerbstätigenzahl führte zu einem<br />

starken Anstieg <strong>der</strong> Arbeitslosenquote von 9,4 Prozent im Jahr 1991 auf einen Spitzenwert<br />

von 21,5 Prozent im Jahr 2005. Seitdem ist erstmals seit Anfang <strong>der</strong> 1990er Jahre wie<strong>der</strong><br />

ein deutlicher Rückgang auf zuletzt 17,9 Prozent im Jahr 2007 zu verzeichnen.<br />

Zu den Verlierern dieser Entwicklung gehören vor allem Migranten. Die Arbeitslosenquote<br />

<strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> ist von 1991 bis 2005 von 14,5 auf den Rekordwert von 44,1 Prozent<br />

gestiegen. Allerdings spiegelt sich die positive Entwicklung auf dem <strong>Berlin</strong>er Arbeitsmarkt<br />

in den Jahren 2006 und 2007 auch hier in einem Rückgang <strong>der</strong> Arbeitslosenzahlen wie<strong>der</strong>.<br />

Trotzdem ist die Arbeitslosenquote <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> mit 37,0 Prozent (2007) immer noch<br />

mehr als doppelt so hoch wie die Arbeitslosenquote <strong>der</strong> Deutschen (15,8 %). 13 <strong>Von</strong> dem<br />

Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt sind vor allem Erwerbstätige mit geringen Qualifikationen<br />

betroffen, die unter den Auslän<strong>der</strong>n überproportional vertreten sind: <strong>Von</strong> den im<br />

August 2005 im Land <strong>Berlin</strong> registrierten ausländischen Arbeitslosen hatten 53,2 Prozent<br />

keinen Schulabschluss und 81,1 Prozent waren ohne abgeschlossene Berufsausbildung<br />

(türkische Arbeitslose: 57,1 % bzw. 86,2 %) (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2005). 14<br />

Die ökonomische Situation von Migranten ist in <strong>Berlin</strong> schlechter als in an<strong>der</strong>en Großstädten,<br />

das Ausmaß <strong>der</strong> Unterbeschäftigung ist sogar dramatisch: „Wenn, wie generell in<br />

den großen deutschen Städten, die Erwerbslosigkeit <strong>der</strong> Migranten doppelt so groß ist wie<br />

die <strong>der</strong> Personen ohne Migrationshintergrund, hat das im Falle <strong>Berlin</strong>s deshalb beson<strong>der</strong>s<br />

schwerwiegende Konsequenzen, weil in <strong>der</strong> Stadt die Arbeitslosigkeit weit über dem<br />

Durchschnitt liegt“ (Brenke 2008: 505). Auf die extrem hohe Arbeitslosigkeit von Migranten<br />

hat <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Senat mit einer Reihe von Initiativen reagiert, zu denen die Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitslosen, die Verbesserung <strong>der</strong> Ausbildungssituation<br />

von Jugendlichen und die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Selbstständigkeit von Migranten gehören (vgl.<br />

Abgeordnetenhaus <strong>Berlin</strong> 2005b; 2007). Die Politik des Senats zielt im zuletzt genannten<br />

Bereich vor allem darauf ab, den Zugang von Migranten zu den För<strong>der</strong>möglichkeiten des<br />

Landes (Kredite und Beratungsangebote) zu verbessern:<br />

„<strong>Berlin</strong> zeichnet sich durch eine Vielzahl unternehmerischer Aktivitäten von Migranten/innen<br />

aus. Diese Selbstständigen sichern sich selbst und ihren Beschäftigten Arbeitsplätze und somit<br />

13<br />

14<br />

Die Quote bezieht sich auf abhängige zivile Erwerbspersonen. Zur Entwicklung <strong>der</strong> Arbeitslosenquoten und -<br />

zahlen von nichtdeutschen und deutschen Staatsangehörigen in <strong>Berlin</strong> siehe Gesemann (2001b: 423), Abgeordnetenhaus<br />

<strong>Berlin</strong> (2007, Anhang 1) sowie Bundesagentur für Arbeit (2008: 31ff.).<br />

Das Armutsrisiko <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong> übertrifft vor diesem Hintergrund das <strong>der</strong> Deutschen um das Dreifache (36,0<br />

% zu 11,5 % im Jahr 2002) (Statistisches Landesamt <strong>Berlin</strong> 2003; Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales<br />

und Verbraucherschutz 2004: 107).


314 Frank Gesemann<br />

Einkommen. Kleine und mittelständische Betriebe prägen das Wirtschaftsleben in vielen <strong>Berlin</strong>er<br />

Kiezen nachhaltig. Somit leisten Migranten/innen einen erheblichen und zunehmenden Beitrag<br />

zur wirtschaftlichen Entwicklung und Vielfalt in <strong>Berlin</strong>“ (Abgeordnetenhaus <strong>Berlin</strong> 2007:<br />

27).<br />

Empirische Studien zu Unternehmern türkischer Herkunft zeigen allerdings, dass „für die<br />

überwiegende Mehrheit … Selbstständigkeit gleichbedeutend ist mit einem permanenten<br />

Kampf um das wirtschaftliche Überleben“ (Pütz 2004: 75): „Ohne die ‚Selbstausbeutung’<br />

<strong>der</strong> Unternehmer und ihrer Familien könnten viele Läden kaum am Markt bestehen. Was<br />

zunächst als Wettbewerbsvorteil erscheint, wird mittelfristig aber zu einem schwerwiegenden<br />

Nachteil, wenn nämlich die mithelfenden Unternehmerkin<strong>der</strong> aufgrund <strong>der</strong> Beschäftigung<br />

im Familienbetrieb ihre eigene Ausbildung vernachlässigen müssen“ (ebd.: 70f.).<br />

Eine Politik zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Selbständigkeit von Migranten muss daher mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

von Bildungschancen verknüpft sein. Bessere Bildungschancen erweitern die Handlungsspielräume<br />

von Eigentümern und erhöhen die Erfolgschancen <strong>der</strong> Unternehmen. 15 Sie<br />

stellen zudem eine Investition in die Zukunft <strong>der</strong> nachwachsenden Generation dar, die nicht<br />

durch eine einseitige Politik zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Selbstständigkeit gefährdet werden sollte. 16<br />

3.2 Integration durch Bildung?<br />

Bildung und Ausbildung haben eine Schlüsselfunktion für den erfolgreichen Verlauf von<br />

Integrationsprozessen. Sie entscheiden über den Zugang zu gesellschaftlichen Positionen<br />

und Ressourcen und die Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen. Sprachliche und<br />

kulturelle Kompetenzen von Migranten beeinflussen die Erfolge im Bildungs- und Ausbildungssystem<br />

sowie die Integration in den Arbeitsmarkt (kulturelle Integration). Qualifizierte<br />

Schulabschlüsse, eine abgeschlossene Berufsausbildung o<strong>der</strong> eine Hochschulausbildung<br />

sind von zentraler Bedeutung für die Aufstiegschancen und die soziale Platzierung von<br />

Zuwan<strong>der</strong>ern (strukturelle Integration). Die Einrichtungen des Bildungssystems sind zudem<br />

von großer Bedeutung für die Entwicklung interkultureller Kontakte und Freundschaften<br />

(soziale Integration) sowie die Identifikation von Migranten mit den Grundwerten und<br />

Institutionen einer demokratischen Gesellschaft (identifikatorische Integration) (vgl. Gesemann<br />

2007: 65).<br />

Der Anteil <strong>der</strong> Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache 17 an <strong>der</strong> Gesamtschülerzahl<br />

<strong>der</strong> öffentlichen und privaten Schulen lag im Schuljahr 2006/07 mit 27,0 % deutlich über<br />

dem Anteil <strong>der</strong> ausländischen Schüler (16,2 %). In den öffentlichen Grundschulen <strong>der</strong> Stadt<br />

ist sogar je<strong>der</strong> dritte Schüler nichtdeutscher Herkunft (33,3 %). In Bezirken wie Mitte,<br />

15<br />

16<br />

17<br />

Hierzu gehören beispielsweise ein leichterer Zugang zu Existenzgrün<strong>der</strong>darlehen, fundierte betriebswirtschaftliche<br />

und steuerliche Kenntnisse, größere Handlungsspielräume bei <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong> Branche und eine bessere<br />

Einschätzung von Marktchancen (vgl. Pütz 2004: 76f.).<br />

Zwar soll das Ausbildungspotenzial von Unternehmer/-innen mit Migrationshintergrund laut Integrationskonzept<br />

vom Juli 2007 „sehr viel stärker als bislang genutzt werden“ (Abgeordnetenhaus 2007: 20), aber eine systematische<br />

Verknüpfung mit <strong>der</strong> Bildungspolitik ist nicht erkennbar. Im Vor<strong>der</strong>grund scheint vor allem eine<br />

Politik zur Reduzierung <strong>der</strong> hohen Arbeitslosigkeit von Migranten und <strong>der</strong> Abhängigkeit von staatlichen<br />

Transferzahlungen zu stehen.<br />

Als „Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache“ werden in <strong>Berlin</strong> seit 1999 Schüler erfasst, „<strong>der</strong>en Mutterbzw.<br />

Familiensprache nicht deutsch ist. Die Staatsangehörigkeit ist dabei ohne Belang; entscheidend ist die<br />

Kommunikationssprache in <strong>der</strong> Familie“ (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport 2007: 7).


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 315<br />

Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln stellen Schüler mit einer nichtdeutschen Familiensprache<br />

bereits die Mehrheit <strong>der</strong> Schülerschaft (vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft<br />

und Forschung 2007). Näheren Aufschluss über die Herkunft <strong>der</strong> Jugendlichen und<br />

ihrer Eltern bieten Ergebnisse aus PISA 2003. Die größte Gruppe unter den Schülerinnen<br />

und Schülern mit Migrationshintergrund bilden mit einem Anteil von 35,0 Prozent die Jugendlichen,<br />

<strong>der</strong>en Eltern aus <strong>der</strong> Türkei nach Deutschland gekommen sind. Es folgen Jugendliche<br />

mit Eltern aus Polen (10,8 %), <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetunion (8,1 %) und dem<br />

ehemaligen Jugoslawien (5,5 %) (vgl. Ramm et al. 2005: 275). 18<br />

Die Differenzen in den Bildungserfolgen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen mit deutscher<br />

und ausländischer Staatsangehörigkeit sind in <strong>Berlin</strong> seit vielen Jahren sehr viel stärker<br />

ausgeprägt als im Bundesdurchschnitt (vgl. Hunger/ Thränhardt 2001). Problematisch ist<br />

vor allem die Bilanz bei den weniger erfolgreichen Jugendlichen: 20,9 Prozent <strong>der</strong> ausländischen,<br />

aber nur 7,7 Prozent <strong>der</strong> deutschen Schulabgänger verlassen die allgemein bildende<br />

Schule in <strong>Berlin</strong> ohne Abschluss; weitere 23,6 Prozent <strong>der</strong> ausländischen Schulabgänger<br />

erwerben nur den Hauptschulabschluss (12,0 Prozent <strong>der</strong> Deutschen). Fast die Hälfte <strong>der</strong><br />

ausländischen Schulabgänger verlässt die Schule entwe<strong>der</strong> ohne Abschluss o<strong>der</strong> nur mit<br />

einem Abschluss, <strong>der</strong> ihnen relativ geringe Chancen auf dem <strong>Berlin</strong>er Ausbildungs- und<br />

Arbeitsmarkt bietet (vgl. Tabelle 1; siehe auch Gesemann 2006c: 203f.).<br />

Anfang 2007 hat die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

erstmals Zahlen zu Schulabgängern nichtdeutscher Herkunftssprache veröffentlicht. Diese<br />

zeigen zwar, dass Schulabgänger nichtdeutscher Herkunftssprache insgesamt etwas bessere<br />

Bildungserfolge als die ausländischen Schulabgänger erzielen, aber die Unterschiede zwischen<br />

Schulabgängern deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache verringern sich nur<br />

geringfügig. Die Gefahr des Scheiterns im Schulsystem ist hierbei bei jungen männlichen<br />

Auslän<strong>der</strong>n am höchsten: Je<strong>der</strong> Vierte verlässt die Schule ohne Abschluss! Bei den deutschen<br />

Schulabgängerinnen trifft dieses nur auf jede Sechzehnte zu. Aber auch junge Auslän<strong>der</strong>innen<br />

o<strong>der</strong> Schulabgängerinnen nichtdeutscher Herkunftssprache scheitern sehr viel<br />

seltener in <strong>der</strong> Schule als junge Männer: Während 24,7 Prozent <strong>der</strong> männlichen Auslän<strong>der</strong><br />

die Schule ohne einen Abschluss verlassen, sind es bei den weiblichen Auslän<strong>der</strong>n ‚nur‘<br />

16,7 Prozent! 19<br />

Zu den Ursachen des mangelnden Bildungserfolgs von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen mit<br />

Migrationshintergrund gehören vor allem <strong>der</strong> geringe Bildungsstatus <strong>der</strong> Eltern, eine nichtdeutsche<br />

Familien- und Freizeitsprache, unzureichende Kompetenzen in <strong>der</strong> deutschen<br />

Sprache, das Aufwachsen in Gebieten, die durch eine Konzentration von Zuwan<strong>der</strong>ern und<br />

eine Kumulation sozialer Problemlagen geprägt sind, sowie eine mangelnde För<strong>der</strong>ung in<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und Schulen. Die <strong>Berlin</strong>er Sprachstandserhebung ‚Deutsch Plus‘, die im<br />

Herbst 2006 mit 25.143 Kin<strong>der</strong>n durchgeführt wurde, die im Schuljahr 2007/2008 schulpflichtig<br />

wurden, hat beispielsweise ergeben, dass 54,4 % <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nichtdeutscher Herkunftssprache<br />

intensiv in Deutsch geför<strong>der</strong>t werden müssen (11,1 % <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> deutscher<br />

Herkunftssprache). Beson<strong>der</strong>s hoch ist <strong>der</strong> För<strong>der</strong>bedarf bei den Kin<strong>der</strong>n, die in Bezirken<br />

18<br />

19<br />

Eine etwas an<strong>der</strong>e Verteilung zeigt die statistische Auswertung nach Staatsangehörigkeit: <strong>Von</strong> den ausländischen<br />

Schülern an öffentlichen Schulen kommen 41 Prozent aus <strong>der</strong> Türkei, 12 Prozent aus arabischen Staaten<br />

und 11 Prozent aus dem ehemaligen Jugoslawien (vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung<br />

2007: 11, eigene Berechnungen).<br />

Lei<strong>der</strong> unterscheidet die <strong>Berlin</strong>er Schulstatistik bei den Schulabgängern aber nur zwischen Schülern deutscher<br />

und nichtdeutscher Staatsangehörigkeit bzw. Herkunftssprache, so dass die erheblichen Unterschiede im Hinblick<br />

auf den Bildungserfolg verschiedener Zuwan<strong>der</strong>ergruppen nicht sichtbar werden.


316 Frank Gesemann<br />

wie Neukölln leben (64,6 %) o<strong>der</strong> keine Kin<strong>der</strong>tagesstätte besuchen (71,9 %) (vgl. Senatsverwaltung<br />

für Bildung, Wissenschaft und Forschung 2007). 20<br />

Tabelle 1: Schulabgänger aus allgemein bildenden Schulen in <strong>Berlin</strong> nach<br />

Staatsangehörigkeit und Herkunftssprache, Schuljahr 2005/06*<br />

ohne Abschluss<br />

allgemeine<br />

Schulabgänger<br />

Hochschulreife<br />

g m w g m w<br />

Gesamt 9,5 11,3 7,6 36,1 30,9 41,5<br />

Deutsche 7,7 9,1 6,2 39,2 33,7 44,9<br />

Auslän<strong>der</strong> 20,9 24,7 16,7 16,4 14,1 19,0<br />

deutsche Herkunftssprache 7,4 8,8 6,0 40,3 34,6 46,1<br />

nichtdeutsche Herkunftssprache 18,3 22,0 14,4 18,4 15,6 21,4<br />

Deutsche nichtdeutscher Herkunftssprache 11,6 14,5 8,8 23,6 19,9 27,3<br />

Deutsche deutscher Herkunftssprache 7,4 8,8 6,0 40,3 34,6 46,1<br />

* ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> BB 10-Lehrgänge<br />

g = gesamt, m = männlich, w = weiblich<br />

Quelle: Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung; eigene Berechnungen<br />

Um die Bildungssituation von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu<br />

verbessern, hat <strong>der</strong> Senat von <strong>Berlin</strong> eine Reihe von ‚entscheidenden Weichenstellungen‘<br />

vorgenommen, zu denen vor allem die Verabschiedung eines neuen Schulgesetzes (2004),<br />

die Auflegung eines Bildungsprogramms für Kin<strong>der</strong>tagesstätten (2004) und das Programm<br />

‚Integration durch Bildung‘ (2005) gehören. <strong>Von</strong> beson<strong>der</strong>er Bedeutung sind in diesem<br />

Zusammenhang eine durchgängige Sprachför<strong>der</strong>ung von <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tageseinrichtung bis<br />

zum Schulabschluss, eine verstärkte Einbindung von Eltern mit Migrationshintergrund, die<br />

fortlaufende Qualifizierung und Weiterbildung des pädagogischen Personals, die Erhöhung<br />

des Anteils von Erziehern und Lehrern mit Migrationshintergrund sowie die Öffnung von<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und Schulen sowie ihre Vernetzung mit weiteren Institutionen im Stadtteil<br />

(vgl. Abgeordnetenhaus <strong>Berlin</strong> 2005a; siehe auch Abgeordnetenhaus <strong>Berlin</strong> 2005b;<br />

2007). Diese Reformen gehen zwar in die richtige Richtung, aber für eine Einschätzung<br />

ihrer Wirksamkeit ist es noch zu früh.<br />

3.3 Integration durch Ausbildung?<br />

Besorgniserregend ist vor allem die Entwicklung im Bereich <strong>der</strong> beruflichen Bildung, die in<br />

Deutschland von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für die Arbeitsmarktchancen ist. In <strong>Berlin</strong> ist die<br />

Anzahl <strong>der</strong> ausländischen Auszubildenden von 1991 bis 2006 um 50 Prozent zurückgegangen!<br />

Der Auslän<strong>der</strong>anteil an <strong>der</strong> Gesamtzahl aller Auszubildenden hat sich in diesem Zeitraum<br />

fast halbiert <strong>–</strong> von 8,5 Prozent (1991) auf 4,1 Prozent (2006). Beson<strong>der</strong>s problema-<br />

20<br />

Geringe Bildungserfolge belasten nicht nur die individuellen Zukunftschancen von jungen (männlichen)<br />

Migranten, son<strong>der</strong>n gefährden auch den sozialen Zusammenhalt <strong>der</strong> Stadtgesellschaft. In einem Bericht <strong>der</strong><br />

Landeskommission <strong>Berlin</strong> gegen Gewalt wird betont, dass „Perspektivlosigkeit, fehlende Anerkennung und<br />

geringes Selbstwertgefühl“ im Kontext mangeln<strong>der</strong> Bildungserfolge, geringer Ausbildungschancen und ungünstiger<br />

Arbeitsmarktaussichten „wesentliche Risikofaktoren für gewalttätiges Verhalten“ sind (vgl. Landeskommission<br />

<strong>Berlin</strong> gegen Gewalt 2007: 35, 166; siehe auch Gesemann 2008).


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 317<br />

tisch sind hierbei die anhaltenden Rückgänge in <strong>der</strong> Industrie (von 7,3 % auf 3,7 %), im<br />

Handwerk (von 10,8 % auf 4,7 %) und im Öffentlichen Dienst (von 6,9 % auf 1,2 %). Die<br />

Ausbildungsbeteiligungsquote <strong>der</strong> ausländischen Jugendlichen <strong>–</strong> berechnet als Anteil <strong>der</strong><br />

Auszubildenden an allen Personen dieser Gruppe in <strong>der</strong> Altersgruppe von 18 bis unter 21<br />

Jahre <strong>–</strong> war im Jahr 2006 mit 14,8 Prozent sehr viel geringer als die <strong>der</strong> deutschen Jugendlichen<br />

(46,8 %). 21<br />

Tabelle 2: Auszubildende nach Staatsangehörigkeit in <strong>Berlin</strong> 1991 bis 2006<br />

Jahr Insgesamt Deutsche Auslän<strong>der</strong> Anteil<br />

in Prozent<br />

1991 51.018 46.493 4.525 8,9<br />

1995 55.165 50.658 4.507 8,2<br />

2000 62.696 59.440 3.256 5,2<br />

2005 55.458 53.138 2.320 4,2<br />

2006 55.334 53.046 2.288 4,1<br />

Quelle: Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />

Zu den Gründen für die geringe Ausbildungsbeteiligung junger Migranten gehören nach<br />

wie vor bestehende Sprachdefizite, unzureichende o<strong>der</strong> fehlende Schulabschlüsse, die Anfor<strong>der</strong>ungsprofile<br />

<strong>der</strong> ausbildenden Betriebe und Verwaltungen sowie Vorbehalte auf Seiten<br />

<strong>der</strong> Personalverantwortlichen. Mit einem einfachen Hauptschulabschluss o<strong>der</strong> sogar<br />

ohne Abschluss haben Jugendliche mit Migrationshintergrund auf dem engen und durch<br />

einen stärker gewordenen Verdrängungswettbewerb geprägten <strong>Berlin</strong>er Ausbildungsmarkt<br />

häufig nur geringe Chancen. Ausländische Jugendliche nutzen zudem sehr viel seltener als<br />

deutsche Jugendliche die Informations- und Vermittlungsangebote <strong>der</strong> Arbeitsagenturen<br />

und sind bereits unter den gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern um einen Ausbildungsplatz<br />

deutlich unterrepräsentiert. Viele steigen offenbar unmittelbar nach <strong>der</strong> Schulzeit<br />

in das ‚ethnische Gewerbe‘ ein o<strong>der</strong> suchen Arbeit im Niedriglohnsektor (vgl. Ohliger/<br />

Raiser 2005: 32). 22<br />

Zu den Maßnahmen des Senats, die die Berufsausbildung von ausländischen Jugendlichen<br />

för<strong>der</strong>n sollen, gehören das Berufliche Qualifizierungsnetzwerk für Migrantinnen und<br />

Migranten (BQN <strong>Berlin</strong>), das innovative Verfahren zum Übergang von <strong>der</strong> Schule in die<br />

Ausbildung entwickelt, die zielgerichtete Durchführung berufsorientieren<strong>der</strong> Maßnahmen<br />

mit intensiver Sprachför<strong>der</strong>ung, die Entwicklung und Vermittlung zertifizierbarer Qualifizierungsbausteine<br />

in <strong>der</strong> Berufsvorbereitung und -ausbildung sowie die gezielte Ansprache<br />

von ausländischen Betriebsinhabern, sich an <strong>der</strong> Berufsausbildung zu beteiligen. Alle diese<br />

Programme und Maßnahmen haben allerdings den kontinuierlichen Rückgang <strong>der</strong> Ausbildungsbeteiligung<br />

von jungen Migranten bislang nicht aufgehalten, geschweige denn zu<br />

einer deutlichen Trendwende in Richtung auf mehr Chancengleichheit beigetragen. Ohne<br />

massive Verbesserungen bei den schulischen Abschlüssen, umfangreiche Investitionen in<br />

eine Nachqualifizierung von jungen Migranten und ein differenziertes Bildungs- und Übergangsmanagement<br />

dürften hier auch kaum nachhaltige Erfolge zu erzielen sein.<br />

21<br />

22<br />

Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg (2007), eigene Berechnungen.<br />

Siehe auch die Antwort des Senats von <strong>Berlin</strong> auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Özcan Mutlu (Bündnis<br />

90/Die Grünen) zur „Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ (Abgeordnetenhaus<br />

<strong>Berlin</strong> 2005c).


318 Frank Gesemann<br />

3.4 Räumliche Konzentration und soziale Segregation von Migranten<br />

Die Konzentration von Zuwan<strong>der</strong>ern in den Altbauquartieren <strong>der</strong> westlichen Innenstadt, die<br />

seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung im Jahr 1991 durch eine wachsende Arbeitslosigkeit, hohe<br />

Armutsquoten und selektive Wan<strong>der</strong>ungen geprägt sind, gehört zu den zentralen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Stadt- und Quartierspolitik. Die höchsten Konzentrationen von<br />

mel<strong>der</strong>echtlich registrierten Auslän<strong>der</strong>n wiesen am 31. Dezember 2007 die Gebiete Neukölln-Nord<br />

(35,0 %), Wedding (33,9 %), Kreuzberg (31,3 %), Tiergarten (29,3 %) und<br />

Schöneberg-Nord (26,2 %) auf. In diesen Gebieten lebt je<strong>der</strong> zweite Auslän<strong>der</strong>, aber nur<br />

je<strong>der</strong> vierte Deutsche. In den übrigen Gebieten von Westberlin liegt <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil nur<br />

bei etwa zehn Prozent. Im Ostteil <strong>der</strong> Stadt werden Werte von über zehn Prozent nur in<br />

Mitte (17,7 %), Prenzlauer Berg (12,7 %) und Friedrichshain (12,6 %) erreicht. In den<br />

meisten Gebieten von Ostberlin liegt <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>anteil nach wie vor nur zwischen zwei<br />

und fünf Prozent (siehe Schaubild 1). 23 Im Hinblick auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrund<br />

ist <strong>der</strong> Anteil mit 44,5 Prozent am höchsten in Mitte (mit den alten Bezirken<br />

Mitte, Tiergarten und Wedding), gefolgt von Neukölln mit 38,7 Prozent und Friedrichshain-Kreuzberg<br />

mit 36,6 Prozent. In 34 von 447 Planungsräumen liegt <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er<br />

mit Migrationshintergrund bei über 50 Prozent (vgl. Bömermann et al. 2008: 27).<br />

Schaubild 1:<br />

Ausländische Einwohner nach (ehemaligen) Bezirken und Gebieten in<br />

<strong>Berlin</strong> (in Prozent <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung), Stand: 31. Dezember 2007<br />

<strong>Berlin</strong>-West<br />

Neukölln-Nord<br />

Wedding<br />

Kreuzberg<br />

Tiergarten<br />

Schöneberg-Nord<br />

Charlottenburg<br />

Wilmersdorf<br />

Sonstige West<br />

<strong>Berlin</strong>-Ost<br />

Mitte<br />

Friedrichshain<br />

Prenzlauer Berg<br />

Lichtenberg<br />

Sonstige Ost<br />

0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0<br />

Quelle: Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg; eigene Berechnungen<br />

Im Gegensatz zum öffentlichen Diskurs, in dem die räumliche Konzentration von Migranten<br />

häufig als Zeichen einer gescheiterten Integration wahrgenommen o<strong>der</strong> als Gettoisierung<br />

stigmatisiert wird, werden in <strong>der</strong> sozialwissenschaftlichen Debatte auch die Chancen<br />

o<strong>der</strong> positiven Funktionen ethnischer Konzentrationen hervorgehoben (vgl. Heckmann<br />

23<br />

Die Angaben beziehen sich mit Ausnahme <strong>der</strong> Gebiete Neukölln-Nord und Schöneberg-Nord auf die Gebiete<br />

<strong>der</strong> alten Bezirke.


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 319<br />

1992: 111ff.; Häußermann/Siebel 2001: 46f.). Ethnische Kolonien bieten Zuwan<strong>der</strong>ern<br />

einen Zugang zu vielfältigen Informationen und praktischen Hilfen, dienen <strong>der</strong> Persönlichkeitsstabilisierung<br />

in <strong>der</strong> Migrationssituation, ermöglichen eine wechselseitige Unterstützung<br />

im Rahmen von Verwandtschaftsbeziehungen und sozialen Netzwerken, bieten Beschäftigungs-,<br />

Einkommens-, Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten in <strong>der</strong> ethnischen<br />

Ökonomie und erleichtern die Artikulation und Vertretung von Interessen ethnischer<br />

Min<strong>der</strong>heiten (siehe hierzu auch Gesemann 2006a).<br />

Zu den Risiken o<strong>der</strong> negativen Funktionen ethnischer Kolonien gehört vor allem „die<br />

Gefahr einer ethnischen Selbstgenügsamkeit, die ein für das Aufbrechen <strong>der</strong> ethnischen<br />

Schichtung und für soziale Mobilität notwendiges Aufnehmen außerethnischer Kontakte<br />

und das Eintreten in einen universalistischen Wettbewerb behin<strong>der</strong>t“ (Heckmann 1992:<br />

115). Die Zunahme von Arbeitslosigkeit und relativer Armut in <strong>Berlin</strong> seit Anfang <strong>der</strong><br />

neunziger Jahre verstärkt zudem die Gefahr, „dass die ethnischen Kolonien ihre Brückenfunktion<br />

verlieren und sich aus den Gebieten <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>konzentration Räume <strong>der</strong> Isolation<br />

und Benachteiligung entwickeln“ (Kapphan 2001: 106). Die Wirkungen einer räumlichen<br />

Konzentration auf die soziale Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern in <strong>der</strong> Stadt sind daher<br />

ambivalent; einerseits können ethnische Kolonien als Ressource zur Bewältigung von Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

in <strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft dienen, an<strong>der</strong>erseits können sie zur Herausbildung<br />

parallelgesellschaftlicher Strukturen führen und zur ethnischen Mobilitätsfalle<br />

werden (vgl. Gesemann 2006a).<br />

Zu den Ursachen gehören vor allem sozialstrukturelle und sozialräumliche Prozesse,<br />

die seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung <strong>der</strong> beiden Stadthälften zu neuen Strukturen sozialer Ungleichheit<br />

geführt haben. Die problembelasteten Gebiete <strong>der</strong> westlichen Innenstadt sind<br />

durch hohe Wan<strong>der</strong>ungsbewegungen und starke Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Bevölkerungszusammensetzung<br />

gekennzeichnet. Während Erwerbstätige, Besserverdienende sowie Familien<br />

mit Kin<strong>der</strong>n abwan<strong>der</strong>n, bleibt die sozial schwache Bevölkerung zurück, so dass <strong>der</strong><br />

Anteil von Auslän<strong>der</strong>n, Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern weiter steigt (vgl. Gesemann<br />

2006a). Die selektive Mobilität und die Verarmung <strong>der</strong> zurückbleibenden Bewohner<br />

för<strong>der</strong>n Prozesse, „die zu einer kumulativ sich selbst verstärkenden Spirale <strong>der</strong> Abwärtsentwicklung<br />

führen“. Es entsteht ein „Milieu <strong>der</strong> Benachteiligung“, das durch eine zunehmende<br />

Verwahrlosung des öffentlichen Raumes, die Verschlechterung <strong>der</strong> Versorgungsstruktur<br />

und eine Ausgrenzung <strong>der</strong> Bewohner gekennzeichnet ist (Häußermann 2001: 82f.).<br />

Der sozioökonomische Wandel und die Konzentrationen sozialer und stadträumlicher<br />

Benachteilung haben den <strong>Berlin</strong>er Senat im Herbst 1998 veranlasst, eine „nachhaltig wirkende,<br />

langfristig orientierte gesamtstädtische Strategie zur Entschärfung sozialer Konflikte<br />

beson<strong>der</strong>s belasteter Stadtquartiere“ zu entwickeln sowie ein Aktionsprogramm „Urbane<br />

Integration“ vorzulegen (vgl. Abgeordnetenhaus 1998: 2). 24 Im Rahmen des Bund-Län<strong>der</strong>-<br />

Programms „Stadtteile mit beson<strong>der</strong>em Entwicklungsbedarf <strong>–</strong> die soziale Stadt“ (kurz:<br />

Soziale Stadt) wurde in den ‚Gebieten mit beson<strong>der</strong>em Entwicklungsbedarf‘ die Einrichtung<br />

eines Quartiersmanagements beschlossen, das zu einer Stabilisierung, Aufwertung und<br />

dauerhaften Verbesserung <strong>der</strong> Situation in den Quartieren beitragen sollte. Zu den zentralen<br />

24<br />

Wissenschaftliche Grundlage dieser Entscheidung bildeten die Ergebnisse und Empfehlungen eines Gutachtens<br />

zur „Sozialorientierten Stadtentwicklung“, das von <strong>der</strong> Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz<br />

und Technologie in Auftrag gegeben worden war (IfS/S.T.E.R.N. 1998).


320 Frank Gesemann<br />

Zielen des <strong>Berlin</strong>er Quartiersmanagements gehört es, die Bewohner in den Quartieren für<br />

eine aktive Mitwirkung an <strong>der</strong> Gestaltung ihres Wohngebiets zu gewinnen. 25<br />

Die Fortschreibung des Monitorings Soziale Stadtentwicklung für den Zeitraum 2005-<br />

2006 hat allerdings gezeigt, dass die Bemühungen des Quartiersmanagements bisher nicht<br />

dazu geführt haben, „dass in den Quartieren mit einer hohen Problemkonzentration die<br />

Abwärtsspirale gestoppt werden konnte“ (Häußermann et al. 2007: 78). In keinem <strong>der</strong> 64<br />

Gebiete mit einem niedrigen bzw. sehr niedrigen Status 26 hat sich im Untersuchungszeitraum<br />

eine positive Entwicklungsdynamik gezeigt, in 37 Gebieten weisen die Indikatoren<br />

sogar in Richtung einer weiteren Abwärtsentwicklung, so dass insgesamt von einer „Polarisierung<br />

<strong>der</strong> Quartiersentwicklung“ gesprochen werden kann: Während sich in den Quartieren,<br />

in denen nur relativ wenig soziale Probleme zu beobachten sind, eine positive Dynamik<br />

zeigt, verschärft sich die Situation in den Quartieren mit einer hohen Problemdichte<br />

weiter (Häußermann et al. 2007: 80).<br />

Angesichts <strong>der</strong> Polarisierung <strong>der</strong> Quartiersentwicklung und <strong>der</strong> räumlichen Konzentration<br />

von Kin<strong>der</strong>armut werden die Bildungs- und Lebenschancen von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

immer mehr zu <strong>der</strong> zentralen Herausfor<strong>der</strong>ung für die Quartiers- und Stadtentwicklungspolitik.<br />

Zentrale Empfehlung des Monitorings Soziale Stadtentwicklung <strong>Berlin</strong> ist<br />

daher die Entwicklung gesamtstädtischer Strategien, „die geeignet sind, die soziale Situation<br />

vieler Haushalte zu verbessern und eine Dekonzentration <strong>der</strong> sozialen Problemdichte<br />

einzuleiten bzw. negative Auswirkungen einer zunehmenden räumlichen Verdichtung von<br />

sozialen Problemlagen zu verhin<strong>der</strong>n. Dafür werden in <strong>der</strong> gesamtstädtischen ‚Rahmenstrategie<br />

Soziale Stadtentwicklung’ 27 Konzepte und Instrumente vorbereitet, die möglichst bald<br />

mit aller Kraft implementiert werden müssen. Eine integrierte Quartierspolitik mit den<br />

Schwerpunkten Familien-, Jugend- und Bildungspolitik muss dabei absoluten Vorrang<br />

haben“ (Häußermann et al. 2007: 80).<br />

3.5 Partizipation von Migranten<br />

Partizipation gehört zu den zentralen Schlüsselbegriffen und Handlungsstrategien des <strong>Berlin</strong>er<br />

Integrationskonzeptes. Die Partizipation von Migrantinnen und Migranten soll auf<br />

unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen geför<strong>der</strong>t werden, von <strong>der</strong> Beteiligung an Bürgerbeiräten<br />

auf Quartiersebene bis zur Ausübung des Wahlrechts. Zu den vorrangigen Zielen<br />

des Senats gehört es, „den Willen zur Einbürgerung insbeson<strong>der</strong>e bei jugendlichen<br />

Auslän<strong>der</strong>/-innen zu för<strong>der</strong>n“ und eine „stärkere Einbindung von Migrant/-innen in politische,<br />

stadträumliche und kulturrelevante Entscheidungen“ zu för<strong>der</strong>n: „Aktive Migrant/-<br />

innen sind wichtige Brückenbauer in die Communities. Ihre Kompetenzen und ihr Engagement<br />

sind für die soziale und kulturelle Einbeziehung in das politische Gemeinwesen<br />

25<br />

26<br />

27<br />

In den 33 Gebieten leben fast 370.000 Menschen, wobei die Einwohnerzahl pro Gebiet zwischen 3.000 und<br />

25.000 liegt. Die Arbeitslosigkeit ist überdurchschnittlich hoch, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Bevölkerung nichtdeutscher<br />

Herkunft reicht von gut drei bis über 51 Prozent.<br />

In diesen Gebieten leben 45,3 Prozent <strong>der</strong> ausländischen, aber nur 24,7 Prozent <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung<br />

(27,6 % <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung) (Amt für Statistik <strong>Berlin</strong>-Brandenburg, Son<strong>der</strong>auswertung vom 12. März<br />

2008, eigene Berechnungen).<br />

Mit dem Projekt Rahmenstrategie Soziale Stadtentwicklung wird gegenwärtig eine ‚ganzheitliche Strategie‘<br />

vorbereitet, die ein abgestimmtes Planen und Handeln auf allen räumlichen Ebenen (Gesamtstadt, Bezirk,<br />

Stadtteil) ermöglichen soll. Das Konzept soll bis Ende 2008 abgeschlossen werden.


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 321<br />

elementar. Sie fungieren als Sprachrohr für migrantenspezifische Interessen, die sonst in<br />

den Debatten <strong>der</strong> Mehrheitsbevölkerung kein Gehör finden“ (Abgeordnetenhaus <strong>Berlin</strong><br />

2007: 72).<br />

Zu den Leitprojekten in diesem Handlungsfeld gehören die <strong>Berlin</strong>er Initiative für mehr<br />

Einbürgerungen, die Weiterentwicklung des Integrationsbeirates und eine Initiative zur<br />

Einführung des kommunalen Wahlrechts.<br />

Erfolge und Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Einbürgerungspolitik<br />

Zu den bemerkenswertesten Erfolgen <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik gehören vor allem die<br />

hohen Einbürgerungszahlen. Im Zeitraum 1991 bis 2006 sind in <strong>Berlin</strong> 142.179 Personen<br />

eingebürgert worden, darunter 58.784 Personen aus <strong>der</strong> Türkei. Lange Zeit hat <strong>Berlin</strong> bei<br />

den Einbürgerungsraten <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> eine Spitzenstellung eingenommen. Ein Vergleich<br />

<strong>der</strong> kumulierten Einbürgerungsraten in den Bundeslän<strong>der</strong>n <strong>–</strong> auf <strong>der</strong> Grundlage von<br />

Ermessenseinbürgerungen <strong>–</strong> im Zeitraum 1990 bis 1999 zeigt, dass <strong>Berlin</strong> in den 1990er<br />

Jahren (mit einem Wert von 11,6 %) vor Hamburg (8,5 %) und Schleswig-Holstein (7,1 %)<br />

die mit Abstand höchste Einbürgerungsrate hatte (Bundesdurchschnitt: 5,6 %). Zentrale<br />

Gründe waren eine sehr aktive Informationspolitik <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>beauftragten, von Wohlfahrtsverbänden<br />

und Migrantenorganisationen, die eine hohe Zahl von Einbürgerungsanträgen<br />

zur Folge hatte, sowie eine einbürgerungsfreundliche Verwaltungspraxis (Hinnahme<br />

von Mehrstaatigkeit, Erleichterungen im Einbürgerungsverfahren) (vgl. Hunger/Thränhardt<br />

2001: 120ff.). 28<br />

Diese Vorreiterrolle bei den Einbürgerungsraten hat die Stadt inzwischen eingebüßt.<br />

Bemerkenswerterweise war im Jahr 2000 <strong>–</strong> nach <strong>der</strong> Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts<br />

<strong>–</strong> ein deutlicher Rückgang <strong>der</strong> Einbürgerungszahlen in <strong>Berlin</strong> um 44 Prozent<br />

gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, während bundesweit eine Zunahme <strong>der</strong> Einbürgerungen<br />

um 30 Prozent gemeldet wurde. 29 <strong>Berlin</strong> weist inzwischen <strong>–</strong> mit Ausnahme von<br />

Bayern und Baden-Württemberg <strong>–</strong> die niedrigsten Einbürgerungsraten im Vergleich <strong>der</strong><br />

alten Bundeslän<strong>der</strong> auf (vgl. Thränhardt 2008). Zu den wichtigsten Gründen für den Rückgang<br />

<strong>der</strong> Einbürgerungsraten gehören vor allem eine restriktivere Praxis bei <strong>der</strong> Hinnahme<br />

von Mehrstaatigkeit sowie die hohe Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von staatlichen<br />

Transferleistungen insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> türkeistämmigen Bevölkerung. Auf den deutlichen<br />

Rückgang <strong>der</strong> Einbürgerungszahlen in <strong>der</strong> ersten Hälfte des neuen Jahrzehnts hat <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er<br />

Senat <strong>–</strong> im Frühjahr 2006 <strong>–</strong> mit einer Einbürgerungskampagne reagiert. Diese hat offenbar<br />

dazu beigetragen, dass die Zahl <strong>der</strong> eingebürgerten Personen im Jahr 2006 <strong>–</strong> in<br />

Übereinstimmung mit dem Bundestrend <strong>–</strong> wie<strong>der</strong> angestiegen ist <strong>–</strong> auf den höchsten Stand<br />

seit 1999.<br />

För<strong>der</strong>ung von Migrantenorganisationen und Projekten zur Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern<br />

Zu den zentralen Elementen <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik gehört die För<strong>der</strong>ung von<br />

Selbstorganisationen sowie von Projekten zur Integration von Zuwan<strong>der</strong>ern, wobei <strong>der</strong><br />

Selbsthilfeför<strong>der</strong>ung <strong>Berlin</strong>s im Bundeslän<strong>der</strong>vergleich eine Vorreiterrolle kommt (Hunger/<br />

28<br />

29<br />

Die langjährige Auslän<strong>der</strong>beauftragte des Senats, Barbara John, hat sich während ihrer über zwanzigjährigen<br />

Amtszeit stets für eine „erleichterte Einbürgerung <strong>der</strong>jenigen, die hier geboren o<strong>der</strong> aufgewachsen sind, [und]<br />

seit Jahrzehnten hier leben“, eingesetzt (vgl. John 1985; 1991).<br />

<strong>Berlin</strong> war das einzige Bundesland, das nach <strong>der</strong> Reform des Staatsbürgerrechts einen Rückgang <strong>der</strong> Einbürgerungszahlen<br />

zu verzeichnen hatte.


322 Frank Gesemann<br />

Thränhardt 2001). <strong>Berlin</strong> verfügt <strong>–</strong> wie keine an<strong>der</strong>e Stadt in Deutschland <strong>–</strong> über eine große<br />

Zahl von Migrantenorganisationen sowie ein vielfältiges Netz von Initiativen, Organisationen<br />

und Vereinen. 114 Eintragungen umfasst allein die ‚Öffentliche Liste <strong>der</strong> Vereine, die<br />

zu auslän<strong>der</strong>politischen Themen angehört werden‘, 30 auch wenn es vor allem große Organisationen<br />

wie <strong>der</strong> Türkische Bund <strong>Berlin</strong>-Brandenburg, die Türkische Gemeinde zu <strong>Berlin</strong><br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Polnische Sozialrat sind, denen in <strong>der</strong> integrationspolitischen Debatte <strong>der</strong> Stadt<br />

eine nicht unbedeutende Rolle zukommt. Als Interessenvertretungen, Selbsthilfeorganisationen,<br />

Einrichtungen zur För<strong>der</strong>ung sozialer und kultureller Aktivitäten sowie Erfahrungsräume<br />

für das Erlernen öffentlicher Wirksamkeit leisten die Eigenorganisationen einen<br />

wichtigen Beitrag zur sozialen Integration <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>er (vgl. Fijalkowski 2001: 177).<br />

Die Neuausrichtung <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik hat in den vergangenen Jahren<br />

auch zu einigen Akzentverschiebungen in <strong>der</strong> Projektför<strong>der</strong>ung geführt. Aus den Haushaltsmitteln<br />

des Integrationsbeauftragten werden neben den Migrantensozialdiensten Projekte<br />

geför<strong>der</strong>t, die <strong>der</strong> Integration von Migrantinnen und Migranten dienen und/o<strong>der</strong> zur<br />

interkulturellen Öffnung <strong>der</strong> aufnehmenden Gesellschaft beitragen (einschließlich <strong>der</strong> Projekte<br />

gegen Rechtsextremismus). Im Jahr 2005 wurden 93 Projekte mit insgesamt über 4,8<br />

Millionen Euro geför<strong>der</strong>t, die von Beratungsprojekten über Treffpunkt- und/o<strong>der</strong> Kulturprojekte<br />

wie <strong>der</strong> Werkstatt <strong>der</strong> Kulturen bis zu Selbsthilfeprojekten reichen. Um <strong>der</strong> Projektför<strong>der</strong>ung<br />

„einen klaren und transparenten Rahmen“ zu geben, hat <strong>der</strong> Integrationsbeauftragte<br />

im März 2005 erstmals För<strong>der</strong>grundsätze 31 veröffentlicht:<br />

„Gegenüber <strong>der</strong> bisherigen Praxis wird ein starker Akzent auf die För<strong>der</strong>ung von Projekten bei<br />

Migrantenorganisationen gelegt, um die Aktivierung und Partizipation <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>er/innen zu<br />

unterstützen; ferner auf die interkulturelle Verständigung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen<br />

und auf die Bekämpfung von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. Die interkulturelle<br />

Ausrichtung <strong>der</strong> Projektträger 32 wird erwartet“ (Beauftragter für Integration und<br />

Migration 2005: 48).<br />

Es spricht einiges dafür, dass die <strong>Berlin</strong>er Selbsthilfeför<strong>der</strong>ung einen erheblichen Beitrag zu<br />

einer besseren Versorgung und ‚behutsamen Integration‘ <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>er in die Mehrheitsgesellschaft<br />

geleistet hat, auch wenn sich diese Einschätzung nicht auf Ergebnisse einer<br />

umfassenden Evaluierung stützen kann (vgl. Blaschke 1996). Der Umgang mit Vertretern<br />

von Migrantenorganisationen dürfte zudem in Politik und Verwaltung zu einem verbesserten<br />

Verständnis und einer differenzierteren Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Bedürfnissen und<br />

Interessen <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>ungsbevölkerungen beigetragen haben. Im Zuge <strong>der</strong> Neuausrichtung<br />

<strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik in den vergangenen Jahren scheint die traditionelle<br />

Selbsthilfeför<strong>der</strong>ung für Migranten aber zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Darauf<br />

deuten das Aktionsprogramm ‚Vielfalt för<strong>der</strong>n <strong>–</strong> Zusammenhalt stärken‘ und das ‚Landesprogramm<br />

gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus‘ hin, die mit neuen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Beantragung, Durchführung und Evaluierung von Projekten verbunden<br />

sind. Allerdings ist noch offen, ob es in Zukunft gelingt, die verschiedenen För<strong>der</strong>pro-<br />

30<br />

31<br />

32<br />

Stand: 09.08.2007.<br />

Siehe Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz (2005).<br />

Die Anwendung <strong>der</strong> allgemeinen integrationspolitischen Zielsetzung <strong>der</strong> interkulturellen Öffnung auf die<br />

Projektpraxis hat zur Folge, dass „ethnienübergreifende Projekte bei sonst gleichen Voraussetzungen gegenüber<br />

Projekten, die nur einzelne Herkunftsgruppen einbeziehen, den Vorzug erhalten“.


<strong>Berlin</strong> <strong>–</strong> <strong>Einwan<strong>der</strong>ungsstadt</strong> <strong>‚un<strong>der</strong></strong> construction‘? 323<br />

gramme des Senats stärker miteinan<strong>der</strong> zu verknüpfen und auf die inhaltliche und strategische<br />

Weiterentwicklung <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik zu beziehen.<br />

Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen<br />

Im April 2003 hat <strong>der</strong> Senat von <strong>Berlin</strong> einen Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen<br />

(Integrationsbeirat) eingerichtet. Ziel des Integrationsbeirats ist die Vertiefung<br />

<strong>der</strong> ressortübergreifenden Zusammenarbeit im Bereich von Integration und Migration sowie<br />

die Stärkung <strong>der</strong> Kooperation zwischen Senat, Migrantenorganisationen und sonstigen<br />

Nichtregierungsorganisationen. Der Integrationsbeirat, <strong>der</strong> als ständiger ‚Run<strong>der</strong> Tisch‘<br />

drei- bis viermal jährlich tagt, besteht aus Vertreter(inne)n von neun Senatsverwaltungen,<br />

Bezirken, nichtstaatlichen Organisationen (Wirtschaft, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände,<br />

Landessportbund, Flüchtlings- und Vertriebenenorganisationen) sowie aus gewählten<br />

Mitglie<strong>der</strong>n von Migrantenorganisationen. Diese werden für eine Wahlperiode von zwei<br />

Jahren <strong>–</strong> nach Regionen <strong>–</strong> aus dem Kreis <strong>der</strong> nach § 42 GGO (Gemeinsame Geschäftsordnung<br />

für die <strong>Berlin</strong>er Verwaltung) II anzuhörenden 114 Verbände gewählt. Im Oktober<br />

2007 wurden die Vertreterinnen und Vertreter für die dritte Wahlperiode gewählt (2007-<br />

2009).<br />

Der Integrationsbeirat hat seit 2003 eine Reihe von Empfehlungen 33 verabschiedet, <strong>der</strong>en<br />

Bedeutung für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Senatspolitik nur schwer einzuschätzen sind.<br />

Der Beirat hat aber offenbar dazu beigetragen, das Verständnis von Integration als ressortübergreifende<br />

Querschnittsaufgabe und als gemeinsame Aufgabe von Staat und Gesellschaft<br />

zu stärken. Demokratisch gewählte Vertreter/-innen anerkannter Migrantenorganisationen<br />

haben zudem die Chance erhalten, Erfahrungen im Umgang mit <strong>der</strong> Verwaltung zu<br />

sammeln und sich als engagierte Interessenvertreter/-innen zu profilieren. Zu den Nachteilen<br />

des Verfahrens gehört aber, dass die Mitgliedschaft <strong>der</strong> Migranten im Integrationsbeirat<br />

vor allem auf ihrer Herkunft und weniger auf ihrer Fachkompetenz beruht. Die Anbindung<br />

des Integrationsbeirats an die Exekutive (und nicht an die Legislative) schwächt zudem das<br />

politische Gewicht und die öffentliche Wirksamkeit <strong>der</strong> Migrantenvertreter und leistet <strong>der</strong><br />

Einschätzung Vorschub, dass es sich vor allem um eine ‚Inszenierung von Partizipation‘<br />

handelt.<br />

4 Resümee<br />

<strong>Von</strong> führenden Politikern wird <strong>Berlin</strong> gerne als ‚weltoffene Metropole‘, als ‚Stadt mit außergewöhnlicher<br />

Integrationskraft‘ o<strong>der</strong> sogar als ‚Integrationswerkstatt <strong>der</strong> Nation‘ beschrieben.<br />

Zum Start <strong>der</strong> neuen Markenkampagne ‚be <strong>Berlin</strong>‘ im März 2008 hat <strong>der</strong> Regierende<br />

Bürgermeister Klaus Wowereit betont, dass es auch um einen neuen „Schub für Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

für Reformen“ gehe. Zu den Visionen für die nächsten zehn bis zwanzig Jahre<br />

gehören demnach eine „Willkommenskultur“, die „es den besten Talenten aus aller Welt<br />

leicht [macht], nach <strong>Berlin</strong> zu kommen, und sich für unsere Stadt zu begeistern“, Kin<strong>der</strong>tagesstätten,<br />

denen es gelingt, Mehrsprachigkeit zu för<strong>der</strong>n und Deutsch so zu vermitteln,<br />

dass alle Kin<strong>der</strong> „zu Beginn <strong>der</strong> Schulpflicht gleiche Startchancen“ haben sowie Schulen,<br />

33<br />

Hierzu gehören beispielsweise Empfehlungen zu den Handlungsfel<strong>der</strong>n Arbeit und Erwerbstätigkeit, Bildung<br />

und interkulturelle Öffnung sowie zur wirksamen Bekämpfung und Prävention von Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit<br />

und Rassismus.


324 Frank Gesemann<br />

„die ehemals benachteiligten Kiezen und Schulen eine neue Perspektive“ geben und dafür<br />

sorgen, „dass kein Kind mehr ohne Abschluss die Schule verlässt“ (Wowereit 2008).<br />

Auf die zentralen Herausfor<strong>der</strong>ungen seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung wie den massiven<br />

Verlust von Arbeitsplätzen, die Zunahme von sozialer Ungleichheit und die Tendenzen<br />

einer sozialräumlichen Polarisierung hat <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Senat inzwischen mit neuen Konzepten<br />

sowie einer Vielzahl von Programmen und Maßnahmen reagiert. Das <strong>Berlin</strong>er Quartiersmanagement,<br />

die Rahmenstrategie Soziale Stadtentwicklung und die Integrationskonzepte<br />

zur Einglie<strong>der</strong>ung von Migranten zeigen das Bemühen des Senats, die Integrationskraft<br />

<strong>der</strong> Stadt zu bewahren und die Ressourcen <strong>der</strong> Einwohner zu mobilisieren. Das sind<br />

neue, bemerkenswerte Akzente in einer Stadt, die nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung viel zu lange<br />

auf extern induzierte Wachstumsszenarien gesetzt hat, die sich rasch als Illusionen erwiesen<br />

haben.<br />

Wie kaum eine an<strong>der</strong>e Stadt in Deutschland bietet <strong>Berlin</strong> mit seiner großen Vielfalt an<br />

Einrichtungen, Projekten und Netzwerken noch längst nicht ausgeschöpfte Ressourcen und<br />

Kompetenzen, die für eine offensive und auf Partizipation ausgerichtete Integrationspolitik<br />

genutzt werden können. Mit dem im Juli 2007 vorgelegten Integrationskonzept hat <strong>der</strong><br />

Senat einen weiteren Schritt zur Etablierung von Integrationspolitik als Querschnittsaufgabe<br />

verschiedener Ressorts und zur Stärkung <strong>der</strong> integrationspolitischen Steuerung unternommen.<br />

Das <strong>Berlin</strong>er Integrationskonzept muss allerdings noch durch eine überzeugende<br />

Strategie zur Umsetzung <strong>der</strong> integrationspolitischen Ziele sowie differenziertere Modelle<br />

<strong>der</strong> Steuerung und Partizipation weiter entwickelt werden. Es mangelt nach wie vor an<br />

einem überzeugenden Gesamtkonzept, das Integrationspolitik als gesamtgesellschaftliche<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung begreift, die zahlreichen Träger von Integrationsmaßnahmen einbindet,<br />

vorhandene Ressourcen und Kompetenzen bündelt und För<strong>der</strong>maßnahmen systematisch<br />

evaluiert und weiterentwickelt.<br />

Zu den zentralen Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Berlin</strong>er Integrationspolitik gehören eine aktive<br />

und zielgerichtete Bildungs-, Jugend- und Familienpolitik, die Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

mit Migrationshintergrund einen chancengleichen Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeit<br />

ermöglicht. Hierzu bedarf es insbeson<strong>der</strong>e einer stärkeren Verknüpfung <strong>der</strong> verschiedenen<br />

Fachpolitiken, wie sie beispielsweise in <strong>der</strong> Rahmenstrategie Soziale Stadtentwicklung<br />

vorgesehen ist, einer eindeutigen Prioritätensetzung zugunsten einer För<strong>der</strong>ung des Bildungserfolgs<br />

junger Migranten sowie einer kooperativen Strategie zur integrationspolitischen<br />

Einbindung <strong>der</strong> Bezirke. Im Kern muss es hierbei um die Entwicklung von Zukunftsperspektiven<br />

für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche gehen, denn diese sind das entscheidende Potenzial<br />

<strong>der</strong> Stadt. Hierbei sind <strong>der</strong> Erwerb von Bildungsqualifikationen von Kin<strong>der</strong>n schon in vorschulischen<br />

Betreuungseinrichtungen, die För<strong>der</strong>ung von Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Jugendlichen und <strong>der</strong> Zugang zum Arbeitsmarkt von zentraler Bedeutung.<br />

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stelle/archiv/2008/03/11/95999/index.html. Zugriff: 10.07.2008

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