Nur Fliegen sind schöner - Kulturnews
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Ein kluger Kunstgriff, der die Drastik der<br />
Handlung geschickt transzendiert. Ansonsten<br />
ist „Underground Barbie“ ein Stück<br />
Popliteratur, bunt und grausam, passend<br />
zu einem Krieg, der auch im Feld der Popkultur<br />
ausgetragen wurde. (fis)<br />
Haruki Murakami<br />
Die Bäckerei-Überfälle<br />
Neue Literatur // bücher 59<br />
ERZÄHLUNG<br />
Aus d. Japan. v.<br />
Damian Larens<br />
Dumont, 2012<br />
82 S.<br />
14,99 Euro<br />
Dieses Buch wird weggehen wie warme<br />
Semmeln! Auch wenn „Der Bäckereiüberfall“<br />
und „Der zweite Bäckereiüberfall“<br />
bereits vor Jahren in dem Kurzgeschichtenband<br />
„Der Elefant verschwindet“ veröffentlicht<br />
wurden, erlebt selbst der Murakami-Kenner<br />
eine wunderbare Neubegegnung<br />
mit den beiden skurrilen Meisterstücken.<br />
Gestalterisch aufgewertet als<br />
kleines Hardcoverbuch mit zweifarbigen<br />
Illustrationen von Kat Menschik veredelt,<br />
wird den Geschichten ein Rahmen gegeben,<br />
der das Leseerlebnis steigert. Und<br />
das ist ohnehin enorm, da Murakami<br />
auch gerade in der kurzen Form seine Magie<br />
zu entfachen weiß. Die liebenswerte<br />
Story um zwei hungrige Freunde, die beim<br />
Bäckereiüberfall von einem verständnisvollen<br />
Bäcker zu einem ungewöhnlichen<br />
Deal überredet werden und die Fortsetzung,<br />
die ein paar Jahre später zur Erbeutung<br />
von 30 Big Mäcs führt, zeugen<br />
fantasievoll von Murakamis so typischer<br />
Art, Alltagssituationen unerwartete Wendungen<br />
zu geben. Und Menschiks verträumte<br />
Illustrationen spiegeln kongenial<br />
die Stimmung der Geschichten wider.<br />
Beim nächsten Überfall auf eine Buchhandlung<br />
unbedingt mitnehmen! (nh)<br />
Massimo Carlotto<br />
Tödlicher Staub<br />
THRILLER<br />
5//<br />
Aus d. Ital. v. Hinrich<br />
Schmidt-Henkel<br />
Tropen, 2012<br />
164 S.<br />
14,95 Euro<br />
5//<br />
Goethe hat mit seiner „Italienischen<br />
Reise“ eine Begeisterung für Natur, Kunst<br />
und Kultur Italiens entfacht, und er sah<br />
dort ein neues Arkadien, einen Ort, an<br />
dem ein friedliches und freies Leben<br />
möglich ist. Rund 200 Jahre später arbeitet<br />
Massimo Carlotto mit seinen Romanen<br />
nun daran, diesen Mythos zu<br />
zerstören. „Tödlicher Staub“ spielt auf<br />
der vermeintlich ruhigen Insel Sardinien.<br />
Nina ist Tierärztin und arbeitet für ein<br />
Unternehmen, das militärische Schutzkleidung<br />
entwickelt. Sie experimentiert<br />
mit Schafen und Ziegen, die dort in<br />
einem militärischen Sperrgebiet durch<br />
abgefeuerte Spezialmunition mit Uranpartikeln<br />
in Berühung gekommen <strong>sind</strong>.<br />
Als Dateien mit Ninas Forschungsdaten<br />
geklaut werden und sie kurz darauf vergewaltigt<br />
wird, weiß sie, dass ihre Gegner<br />
alles riskieren, um sie zu stoppen. Carlotto<br />
beschreibt, wie skrupellos Menschen werden<br />
können, wenn es um Macht und<br />
Geld geht. Nicht so detailiert wie Goethe<br />
in seinen Naturbeobachtungen, aber dafür<br />
spannend und trotz der schablonenhaft<br />
gezeichneten Charaktere erschreckend<br />
glaubwürdig. Arrivederci Arkadien! (nh)<br />
Craig Thompson<br />
Mach’s gut, Chunky Rice<br />
COMIC<br />
Reprodukt, 2012<br />
128 S.<br />
16 Euro<br />
5//<br />
Ein Kindercomic? Die melancholische<br />
Schildkröte Chunky liebt das Hirschferkel<br />
Dandel. Aber Schildkröten tragen ihr<br />
Haus mit sich, und in der Stadt fällt<br />
ihnen die Decke auf den Kopf – also<br />
zieht Chunky los, auf die grenzenlose<br />
See, in die weite Welt. Craig Thompson,<br />
der in Deutschland mit der berührenden<br />
Comic-Autobiografie „Blankets“ bekannt<br />
wurde, zeichnet mit seinem 1999 entstandenen<br />
Erstling „Good-bye, Chunky<br />
Rice“ eine Abschiedsgeschichte im Stil<br />
einer Tierfabel, freundlich und liebenswert<br />
zwar, aber von solcher Traurigkeit<br />
durchzogen, dass man den jetzt auf<br />
Deutsch erschienen Band ungern einem<br />
Kind in die Hand geben würde. Zu<br />
abgründig ist die Geschichte, zu gnadenlos<br />
Thompsons Strich, als dass man<br />
diese große, traurige Literatur wirklich<br />
als kindgerecht klassifizieren möchte.<br />
Andererseits: Weswegen eigentlich nicht?<br />
Wer sagt denn, dass Kinder nur auf<br />
„niedlich“ können? (fis)<br />
kulturnews 7/12