Nur Fliegen sind schöner - Kulturnews
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Am 19. Juli<br />
um 20 Uhr<br />
Ice-T‘s wegweisende Hip-Hop-<br />
Dokumentation + Interview und<br />
Live-Performance mit Ice-T und<br />
Gästen, live übertragen von der<br />
Europapremiere aus London.<br />
Mehr Infos und Tickets<br />
unter www.UCI-KINOWELT.de<br />
62 kino //<br />
Strechlimousine durch New York fahren,<br />
das Innere des Wagens gleicht mit seinen<br />
blau illuminierten Computerbildschirmen<br />
einem Raumschiff. Packer führt mit zusteigenden<br />
Personen Dialoge, die eher<br />
Monologen gleichen, in denen in abstrakten,<br />
prätentiösen Worten der Zustand der<br />
Gesellschaft reflektiert wird. Packer isst,<br />
vögelt, spricht mit seiner Frau übers Vögeln,<br />
lässt sich die Prostata befühlen, weiß, man<br />
will ihn umbringen, kümmert sich nicht<br />
drum. Dabei macht Robert Pattinson als<br />
Packer ein Gesicht, das mit „reglos“ noch<br />
zu lebendig beschrieben ist. Geht es in<br />
David Cronenbergs Drama um eine kalte<br />
Welt, in der die Menschen kommunikatonsunfähig<br />
in ihrem eigenen Geist eingeschlossen<br />
<strong>sind</strong>? Ist Don DeLillos zugrunde<br />
liegender Roman von 2003 ein<br />
prophetisches Buch über die ultimative<br />
Weltentfremdung des mit unvorstellbaren<br />
Mengen Cybergeld spekulierenden Finanzhais,<br />
verbildlicht in dem Luxusgefährt, das<br />
Packer von einer der Anarchie anheimfallenden<br />
Umgebung abschirmt? DeLillos<br />
enigmatische Zeilen jedenfalls funktionieren<br />
nur als Literatur; auf die Leinwand<br />
übertragen <strong>sind</strong> sie eine 108-minütige<br />
Textlawine, der durch die surreale Inszenierung,<br />
die artifiziell agierenden Darsteller<br />
und Cronenbergs starre Kameraführung,<br />
die keine Dynamik und Bewegung kennt<br />
und Pattinson und Co. zu Sprechpuppen<br />
degradiert, jegliches Leben ausgetrieben<br />
wird. (vs)<br />
Sons of Norway<br />
DRAMA<br />
NO 2011, 87 Min.<br />
R: Jens Lien<br />
D: Sven Nordin, Åsmund Høeg,<br />
Sonja Richter<br />
ab 5. 7. (Alamode)<br />
Bananen kistenweise? Die Verkäuferin ist<br />
verblüfft. Doch Nikos Papa Magnus (Sven<br />
Nordin) antwortet nur, es sei doch Weihnachten<br />
– und hängt die Südfrüchte am<br />
Heiligabend 1979 an den Tannenbaum,<br />
schnippelt sie ins Essen, bastelt Girlanden<br />
draus und feiert in einem Reihenhaus am<br />
Rande von Oslo mit seinen Hippiefreunden<br />
kulturnews 7/12<br />
5//<br />
das Bananenfest. Doch es ist nicht das<br />
seltsame Benehmen seiner Eltern, das<br />
Niko (Åsmund Høeg) bald zum Rebellieren<br />
bringt. Als seine Mutter bei einem<br />
Unfall stirbt, verlieren Vater und Sohn<br />
gleichermaßen den Halt. Während Magnus<br />
sich in Depressionen und noch spinnerteren<br />
Ideen verliert, sucht Niko im Punkrock<br />
die Lösung seiner Probleme. Sensibel<br />
und liebevoll, aber auch mit realistischem<br />
Blick verfilmt Regisseur Jens Lien den<br />
semiautobiografischen Roman „Theory<br />
and Practice“ von Nikolaj Frobenius.<br />
Dabei darf trotz aller Tragik auch gelacht<br />
werden – wenn der weltfremde Magnus<br />
zur Beziehungspflege mit seinem immer<br />
schwieriger werdenden Teenagersohn<br />
ausgerechnet ins Nudistencamp fährt …<br />
(kab)<br />
Woody Allen: A Documentary<br />
DOKUMENTATION<br />
USA 2012, 113 Min.<br />
R: Robert B. Weide<br />
ab 5. 7. (NFP)<br />
4//<br />
41 Filme in 41 Jahren: Seit der Gagschreiber<br />
Woody Allen aus Brooklyn zum<br />
Filmemacher wurde, funktioniert er wie ein<br />
Uhrwerk. Robert Weides Porträt dieses<br />
reichen Lebens fügt Archivmaterial und<br />
Interviews zur facettenreichen Eloge auf<br />
einen der wichtigsten Kinoregisseure der<br />
Geschichte zusammen. Die kurzweilige<br />
Doku verschweigt dabei die Brüche nicht:<br />
die vernichtenden Kritiken für „Stardust<br />
Memories“ (1980), der Skandal, als seine<br />
Affäre mit der eigenen Adoptivtochter aufflog.<br />
Doch Weide reitet auch nicht darauf<br />
herum. Wichtiger ist ihm (und wem nicht?)<br />
Allens Rang als Komiker, Kinostilist, Sinnsucher.<br />
All seine Träume, sagt der 76-<br />
Jährige am Ende des Films, seien wahr<br />
geworden, und trotzdem habe er das Gefühl,<br />
es irgendwie vermasselt zu haben.<br />
Eine Koketterie, die perfekt passt zu diesem<br />
Porträt eines melancholischen Clowns,<br />
der in all seinen Filmen – den Komödien,<br />
den Tragödien und allen dazwischen – mit<br />
selbstironischer Verzweiflung die Frage<br />
nach dem Sinn des Lebens stellt. Obwohl<br />
er die Antwort auf diese Frage schon<br />
lange kennt. (mw)