Auszug aus dem Kochbuch - Hotel Alpenblick
Auszug aus dem Kochbuch - Hotel Alpenblick
Auszug aus dem Kochbuch - Hotel Alpenblick
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<strong>Alpenblick</strong>s Genusskreationen<br />
Wo Norden und Süden<br />
sich einig sind
Impressum<br />
Konzeption und Text/<br />
für den Inhalt verantwortlich:<br />
Markus Lanzinger<br />
Grafik und Produktion<br />
Dialogwerkstatt, Brixen<br />
Fotonachweis<br />
Anneliese Kompatscher (72 Fotos; Gerichte)<br />
<strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> (50 Fotos)<br />
Christian Tschurtschentaler (46 Fotos)<br />
Suedtirolfoto: H. Rier (8 Fotos),<br />
O. Seeh<strong>aus</strong>er (3 Fotos), B. Udo (2 Fotos)<br />
PatitucciPhoto: Daniel Patitucci (5 Fotos)<br />
Tourismusverband Hochpustertal (3 Fotos)<br />
Allesfoto: Kl<strong>aus</strong> Peterlin (2 Fotos)<br />
© Markus Lanzinger<br />
St. Josef-Straße 19<br />
39030 Moos bei Sexten<br />
Dolomiten . Südtirol . Italien<br />
Telefon 0039 0474 71 03 79<br />
Fax-Nr. 0039 0474 71 00 42<br />
hotel@alpenblick.it<br />
www.alpenblick.it
<strong>Alpenblick</strong>s Genusskreationen<br />
Wo Norden und Süden<br />
sich einig sind
Inhalt<br />
11 Vorwort<br />
12 Markus Lanzinger und<br />
seine <strong>Alpenblick</strong>-Gourmetküche<br />
14 Renato Cervo oder die<br />
Leichtigkeit des Südens<br />
KALTE VORSPEISEN<br />
16 Variation von Ziegenkäse<br />
von der Hofkäserei „Unteroltl“<br />
18 Südtiroler Gewürzspeck<br />
mit Knödel-Knusperscheiben<br />
20 Feta-Zucchini-Päckchen<br />
auf Tomatencarpaccio<br />
22 Das <strong>Alpenblick</strong><br />
28 Lauwarmes Bachforellen-Filet<br />
mit Rote-Beete-Tartar<br />
30 Hamburger von Garnelenschwänzen<br />
mit klassischer rosa Sauce<br />
32 Die Nemes-Alm<br />
34 Salat von Oktopus<br />
auf lauwarmer Kartoffelcreme<br />
36 Zampone auf Salat von Berglinsen<br />
38 Marinierte Sardinen<br />
mit Stockfisch-Mousse<br />
40 Bresaola-Tascherln gefüllt<br />
mit Ziegenfrischkäse<br />
[Das Gasthäusl Putschall]<br />
42 Büffelmozzarella mit Tartar<br />
von Auberginen und Tomaten<br />
44 Vom Guffen und vom Foirn<br />
46 Carpaccio von der Kalbshaxe<br />
mit Garnelenschwänzen<br />
48 Triologie von Meeresfrüchten
50 Rosa gebratener Kalbstafelspitz<br />
mit Auberginen-Tartar<br />
52 <strong>Alpenblick</strong>-Wellness<br />
58 Creste di gallo gefüllt mit<br />
Ziegenfrischkäse<br />
60 Vitello tonnato einmal anders<br />
SUPPEN<br />
62 Schaumsüppchen von Rucola<br />
mit frittierten San Daniele Wan Tan<br />
64 Schaumsüppchem von Sextner Bergheu<br />
mit getrockneten Wiesenblumen<br />
66 Schüttelbrot und Brotklee<br />
70 Schaumsüppchen von Roter Beete<br />
mit Ricotta-Praline vom Schaf<br />
72 Kokosmilchsüppchen mit Zitronengras,<br />
Ingwer und Räucherforelle<br />
74 Kartoffel-Schaumsüppchen mit Steinpilzen<br />
76 Lauchcremesüppchen mit Seppia<br />
78 Schaumsüppchen von Parmigiano<br />
Reggiano mit Trüffelöl<br />
81 Saure Blätter, würzige Gräser<br />
82 Schaumsüppchen von wil<strong>dem</strong> Bärlauch mit<br />
knusprigen Garnelenschwänzen im Pankoteig<br />
WARME VORSPEISEN<br />
[Heuschupfen in den Sextner Almmatten]<br />
84 Tortelli gefüllt mit Steinpilzen<br />
86 Paccheri gefüllt mit Ziegenfrischkäse<br />
88 Auberginen-Caramelle<br />
auf Tomatencarpaccio<br />
90 Risotto mit Lagrein Dunkel und<br />
Zitronengras-Garnelenspieß<br />
92 Kraut & Rüben<br />
94 Tortelli gefüllt mit Golden Delicious,<br />
Knusperspeck und Balsamico-Lack<br />
96 Pfannkuchen gefüllt mit Bergkäse auf<br />
Spinatcreme mit konfierten Tomaten
98 Raviolo aperto in zwei Farben<br />
mit Gambas und kleinem Gemüse<br />
100 Filet vom Wolfsbarsch im würzigen<br />
Speck mantel auf Linsengemüse<br />
102 Unser Nationalheld: Der Speck<br />
FISCHGERICHTE<br />
106 Praline vom Bachsaibling<br />
gefüllt mit Blattspinat im Safransud<br />
108 Gedämpfter Kabeljau im Kartoffel-<br />
Gemüsesud<br />
110 Gebirgsforellenfilet auf Basilikum-Tomaten<br />
mit Paprikagemüsekompott<br />
VEGETARISCHE GERICHTE<br />
112 Kartoffel-Steinpilz-Tartar mit kleinen<br />
Salaten und Schwarzbrothippe<br />
[Unesco Weltnaturerbe Dolomiten]<br />
114 Das Unesco-Weltnaturerbe<br />
Dolomiten<br />
120 Fencheltörtchen auf Gorgonzolasauce<br />
122 Steinpilzbuchteln mit Bärlauchsauce<br />
124 Auberginenröllchen gefüllt mit Kartoffel -<br />
püree auf Gemüsestreifen<br />
126 Lasagnette von Zucchini mit Tomaten<br />
128 Die Sextner Sonnenuhr<br />
132 Praline von Garnelenschwänzen<br />
im knusprigen Kartoffelmantel<br />
134 Blätterteig-Halbmonde gefüllt<br />
mit Auberginen auf Tomatencarpaccio<br />
136 Die Pustertaler Freiheit<br />
138 Feines Gemüse im knusprigen<br />
Tramezzinomantel auf zweierlei Saucen<br />
140 Süß-scharfe Garnelen auf Nishiki-Reis<br />
142 Kartoffelrolle gefüllt mit Ricotta und<br />
Paprikagemüse auf Lauchcreme<br />
144 Erdäpfel-Gulasch mit Gemüse<br />
und gerösteten Pilzen
146 Wald-Genusszeit<br />
148 Kürbiscannelloni auf Blattspinat<br />
mit gerösteten Pinienkernen und Rosinen<br />
FLEISCHGERICHTE<br />
150 Geschmorte Perlhuhnkeule auf weißen<br />
Polentamedaillons<br />
152 Würfel von der Schweinshaxe<br />
auf Semmelknödel<br />
154 Lackierte Brust von der Barberie-Ente<br />
auf Kartoffel-Kürbis-Rösti und Gemüseallerlei<br />
156 Kräuter-Lammrack auf frischem<br />
Marktgemüse mit Kartoffelpüree<br />
158 A Hitte<br />
162 Rosa gebratenes Hirschkalbfilet im Bergheu<br />
gegart mit kräftiger Rotweinsauce<br />
164 Türmchen von Kalbsfilet und<br />
mediterranem Gemüse<br />
166 Medaillon vom Iberico Schwein<br />
mit Kruste von Queso Manchego<br />
168 Variation Spanferkelrücken<br />
und -bäckchen mit Wirsing-Teigschnecke<br />
171 Terroir und winzerischer Eigensinn<br />
174 Wie der Wein nach Sexten kam<br />
176 Variation von Backen und Filet vom Pustertaler<br />
Almochsen mit Topinambur-Tascherln<br />
178 Gefüllte Kaninchenkeule nach mediterraner Art<br />
180 Surf and Turf vom geschmorten Ochsenschwanz<br />
und Meeresfrüchten<br />
[Sexten. Dorfidylle mit Dolomitenblick]<br />
DESSERTS<br />
182 Schokoladenhut gefüllt mit Sesam-Parfait<br />
184 Honig<br />
186 Schokoladenzylinder<br />
gefüllt mit Vanille-Creme-Eis
188 Gebackener Griesknödel<br />
auf karamellisierter Gewürzbirne<br />
190 Crème Brulé mit Waldfrüchten<br />
192 Wellness <strong>aus</strong> der Natur<br />
196 Millefoglie von Mandelblättern, Himbeeren<br />
und weißem Schokola<strong>dem</strong>ousse<br />
198 Schokoladenblätter gefüllt mit Nougat-<br />
Mousse auf karamellisierten Kastanien<br />
200 Espressomousse in der Schokoladentasse<br />
202 Knusperröllchen gefüllt mit Mousse<br />
von Buttermilch auf Ananas-Carpaccio<br />
[Lebendiges Brauchtum]<br />
204 Glückliche Milch<br />
206 Geeiste Schokoladenpraline<br />
auf Mango-Fruchtmark<br />
208 Mousse von Valhrona-Schokolade<br />
in der Teigspirale auf Baileys-Creme<br />
210 Amaretto-Parfait auf heller Cappuccinosauce<br />
212 Sacher einmal anders<br />
214 Das Erntedankfest<br />
216 Frittierte Banane im<br />
Filoteig auf Vanillesauce<br />
218 Bacio-Parfait mit Schokoladenpraline<br />
220 Ananas-Sorbet auf Pfirsich-Coulis<br />
222 Schnaps und Grappa<br />
NÜTZLICHES<br />
227 Verschiedene Nudelteige<br />
228 Gesalzene Garnituren<br />
229 Süße Garnituren<br />
230 Fonds & Saucen<br />
231 Süße Cremen, Saucen & Gelees<br />
232 Sonstiges<br />
234 Küchentipps von Renato Cervo<br />
235 Schokolade
Liebe Freunde,<br />
das ist mein <strong>Kochbuch</strong>.<br />
Schon mit 15, als ich zum ersten Mal in einer <strong>Hotel</strong>küche stand, waren Kochbücher<br />
für mich der Inbegriff von Genuss. Denn <strong>aus</strong> Unbearbeitetem entstanden darin<br />
neue Formen, <strong>aus</strong> Rohem wurde Feines und Geschmackvolles.<br />
Seit<strong>dem</strong> hat sich mein ganzes Leben um Genuss gedreht. Zuerst als Küchenjunge,<br />
dann über drei Jahrzehnte lang als Küchenchef in meiner eigenen <strong>Alpenblick</strong>-Gourmetküche,<br />
in der ich es mir zum Ziel gesetzt habe, <strong>aus</strong> Urlaubstagen unvergessliche<br />
Genusskreationen werden zu lassen.<br />
Dieses <strong>Kochbuch</strong>, das ich zusammen mit meinem italienischen Chefkoch Renato<br />
Cervo konzipiert und in die Tat umgesetzt habe, ist ein kleiner Höhepunkt in meinem<br />
Leben. Weil es mir zweierlei bedeutet: Einmal ist es Ausdruck jener Genuss-<br />
Philosophie, die sich durch den gesamten <strong>Alpenblick</strong> zieht. Das <strong>Kochbuch</strong> erlaubt<br />
es mir, unseren Gästen jetzt das mit nach H<strong>aus</strong>e zu geben, was meiner Meinung<br />
nach zu perfektem Genuss gehört. Zum anderen liegt meine ganze Erfahrung in<br />
diesen Seiten, viele Jahre an geschmacklichen Experimenten, meine Suche nach<br />
kreativeren Wegen, das Durchsetzen meines eigenen Stils gegen Einflüsse, die nicht<br />
zu mir gepasst hätten.<br />
Was Ihnen in meinem <strong>Kochbuch</strong> immer wieder auffallen wird, ist die Liebe zu meiner<br />
Heimat. Das Hochpustertal, Sexten, die Menschen und deren Bräuche sind die<br />
Grundsteine meiner Genussphilosophie. Denn die Gerichte meiner Mutter haben<br />
meinen Geschmacksinn geprägt, die Dinge, die dieses besondere Stück Südtiroler<br />
Erde hervorbringt, sind die Basiszutaten für meine Gerichte. Für mich ist Hochgenuss<br />
nichts anderes: Nämlich Kompositionen, die meine persönlichen Eigenheiten<br />
enthalten und meine Wurzeln widerspiegeln.<br />
Ich freue mich sehr, dass Sie meinen Genussstil mögen,<br />
herzlichst, Ihr<br />
Markus Lanzinger<br />
Do Geischt lenkt, die Emotion treib un.<br />
Der Geist ist der Lenker, die Emotion der Antrieb. – Markus Lanzinger
12 MARKUS LANZINGER<br />
Markus Lanzinger<br />
und seine <strong>Alpenblick</strong>-Gourmetküche<br />
Als ich beschloss, Koch zu werden, dann deshalb, weil meine Mutter es immer wieder<br />
geschafft hat, kleine Genusswunder auf den Familientisch zu stellen. Die Freude heimzukommen,<br />
der Duft von frischen Buchteln und Strauben in meiner Nase, die Vorfreude<br />
auf das gemeinsame Essen – sie gehören für mich zu den schönsten Erinnerungen, die<br />
ich habe.<br />
Heute, nach einer langen Lebensreise durch die Welt des Genusses, ist das Kochen immer<br />
noch mein liebstes Hobby. Meine persönliche Überzeugung, dass höchster Genuss<br />
nur dann entsteht, wenn man an seinen eigenen Wurzeln ansetzt, habe ich inzwischen<br />
in unserem ganzen <strong>Hotel</strong> umgesetzt.<br />
Vom Norden geprägt. Auch ich.<br />
Küchenmäßig treffen sich in Sexten zwei Welten.<br />
Zum einen der Norden, der von langen Wintern und<br />
einer rauen Bergwelt geprägt ist. Mit einer Küchentradition,<br />
die über Jahrhunderte hinweg Wert legte<br />
auf Kerniges und Nahrhaftes und darauf, möglichst<br />
alles von <strong>dem</strong> Wenigen, das man hatte, für hungrige<br />
Mäuler genussfertig zu machen. In dieser Tradition<br />
bin ich aufgewachsen und meine Mutter zeigte mir<br />
früh, Lebensmittel respektvoll zu behandeln. Auch<br />
sie war im <strong>Alpenblick</strong> jahrelang für das leibliche Wohl<br />
der Genuss-Gäste zuständig und war diejenige, die<br />
mich gelehrt hat, wie man <strong>aus</strong> <strong>dem</strong>, was in unserer<br />
Bergwelt wächst und gedeiht, Gerichte bereitet,<br />
die den internationalen Vergleich nicht zu scheuen<br />
brauchen.<br />
Dazu gesellt sich die Leichtigkeit des Südens, die mit<br />
den Römern, den Reisenden des Mittelalters und<br />
den Nobelgästen des 20. Jahrhunderts immer mehr<br />
Einfluss auf hiesige Kochgewohnheiten genommen<br />
hat. Renato Cervo, der heute mit mir zusammen die<br />
Gourmetküche des <strong>Alpenblick</strong> leitet, ist ein Koch, der<br />
in dieser Tradition groß geworden ist. So verschieden<br />
wir auch in unseren Persönlichkeiten sind, so optimal<br />
ergänzen wir uns in unseren kulinarischen Ideen.<br />
Zurück zu den Wurzeln<br />
Was mich im Laufe meiner Karriere anspornte, waren<br />
meine Wurzeln. Nirgends auf der Welt habe ich bisher<br />
eine kulinarisch so gewinnbringende Symbiose<br />
angetroffen: Die Präzision der nördlichen Mentalität<br />
und die Leichtlebigkeit der mediterranen. Auf diese<br />
beiden Küchen- und Lebenstraditionen greife ich<br />
zurück. Und ich verwende dazu genau das, was die<br />
Region, in der sie entstanden ist, liefert - Gutes <strong>aus</strong><br />
Sexten. Genau diese Mischung versuche ich in meinen<br />
Gerichten <strong>aus</strong>zudrücken und genau das werden<br />
Sie auf den folgenden Seiten antreffen.<br />
Wos gruaß wearn will, brauch tiafa Wurzl.<br />
Was groß werden will, braucht tiefe Wurzeln. – Markus Lanzinger
14 Renato Cervo<br />
Renato Cervo<br />
oder die Leichtigkeit des Südens.<br />
Renato Cervo, geboren in Belluno, ist ein Kind des Südens. Seine Karriere, die ihn in<br />
Italien weit herum gebracht hat, verschlug ihn immer weiter nach <strong>dem</strong> Norden. „Ich<br />
liebe die Berge und Sportarten, die man vor allem im Freien <strong>aus</strong>üben kann, das Laufen,<br />
Wandern, Bergsteigen, Klettern, das Mountainbike im Sommer und die Skier im Winter“,<br />
so Renato. Die Möglichkeiten, die ihm die Dolomiten rund um Sexten boten, waren mit<br />
ein Hauptgrund, den Norden als Arbeitsstätte zu wählen. Ein weiterer war die Freundschaft<br />
zu Markus Lanzinger.<br />
Den Süden im Blut<br />
Besonders beeindruckt hat ihn Markus´ Gourmetküche.<br />
„Meine Möglichkeiten waren mir sofort klar, als<br />
ich mich im Jahre 2009 hier vorstellte“, erzählt Renato,<br />
„der Umstand, in engem Kontakt mit der Natur zu<br />
arbeiten, macht mich frei. Auch in meinen kreativen<br />
Gedanken und Ideen.“ Seine Wurzeln liegen in einer<br />
anderen Region, und seine Küche ist eine leichte.<br />
Doch eines hat er von Markus Lanzinger übernommen.<br />
„Die wahre Qualität eines Gerichtes zeigt sich in<br />
der Mischung von Einfachheiten. Unverfälscht soll es<br />
schmecken, das Produkt muss den Vorzug bekommen<br />
und nicht das Gewürz.“ Vor<strong>aus</strong>setzung dafür, so<br />
meint Renato, sind Zutaten, die wirklich gut sind.<br />
Der Geschmack der Region<br />
Weil er bereits lange im Pustertal arbeitet, weiß er,<br />
dass die einheimischen Produkte geschmacklich von<br />
höchster Qualität sind. Der Respekt vor <strong>dem</strong>, was die<br />
Natur hier hergibt, die richtige und dabei sanfteste<br />
Garmethode und die Fähigkeiten, das Optimale an<br />
Geschmack her<strong>aus</strong>zuholen, liefern seiner Meinung<br />
nach die besten Ergebnisse – nämlich durchschaubare.<br />
Solche, die einfach und unverfälscht schmecken<br />
und die bereits optisch zeigen, was man sich erwarten<br />
darf. Die richtigen Farbkombinationen, sauber,<br />
duftend und doch überraschend.<br />
Le radici. Un tesoro.<br />
Mit seiner Ansicht, dass die eigenen Wurzeln der<br />
größte Schatz sind, der einem Koch geschenkt wurde,<br />
liegt er ganz im Trend internationaler Spitzenköche. Er<br />
modernisiert mit seinem Küchenteam und zusammen<br />
mit Markus Lanzinger regionale Rezepte und mischt<br />
sie mit der Kochtradition, <strong>aus</strong> der er selbst stammt.<br />
Und während die Nahrungsmittelindustrie anderswo<br />
immer mehr Veränderungen vornimmt, beruft sich<br />
die Gourmetküche im <strong>Alpenblick</strong> unter der Führung<br />
Renato Cervos und Markus Lanzingers noch deutlicher<br />
auf althergebrachte Zutaten. Deshalb trifft man<br />
die beiden Genusstheoretiker auch oft zusammen<br />
an – beim praktischen Aussuchen von Gemüse und<br />
Salat auf <strong>dem</strong> Markt, beim Speckbauern und auf der<br />
Kasalm. Denn geschmacklich verlassen sie sich am<br />
liebsten auf sich selbst. Und auf ihre Wurzeln.<br />
Non sei tu a portare le radici,<br />
ma loro a sorreggerti.<br />
Nicht du trägst die Wurzel, die Wurzel trägt dich. – Renato Cervo
16 kalte vorspeisen<br />
Variation von Ziegenkäse<br />
von der Hofkäserei „Unteroltl“<br />
mit Birnenchutney von Alpe Pragas<br />
Für 4 Personen<br />
Auberginensäckchen<br />
1 Aubergine (für die<br />
Auberginensäckchen)<br />
Olivenöl, Semmelbrösel,<br />
Schnittlauchstengel<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Basilikum<br />
Ziegenkäserolle<br />
200 g gereifte<br />
Ziegefrischkäserolle<br />
100 g Ziegenfrischkäse<br />
200 g verschiedene<br />
Ziegenkäsesorten<br />
nach Geschmack<br />
Früchtebrot<br />
280 g Milch<br />
35 g Hefe<br />
600 g Weizenmehl<br />
80 g getrocknete Früchte<br />
grob gehackt<br />
30 g Haselnüsse<br />
grob gehackt<br />
1 Ei, 1 Eigelb<br />
80 g flüssige Butter<br />
1 Prise Zucker<br />
Salz<br />
Garnitur<br />
Etwas Kresse<br />
Früchte<br />
Birnenchutney<br />
von Alpe Pragas<br />
Auberginensäckchen<br />
Die Auberginen waschen, vom Stiel befreien und mit der Schale<br />
der Länge nach mit der Aufschnittmaschine in dünne Scheiben<br />
schneiden. Die Scheiben in gesalzenem Essigwasser 2 – 3 Minuten<br />
kochen und auf Küchenpapier trocknen. Den Ziegenfrischkäse mit<br />
Salz, Pfeffer und frischem Basilikum abschmecken, die Auberginenscheiben<br />
damit füllen und zu Säckchen formen und mit einem<br />
blanchierten Schnittlauchhalm zubinden.<br />
Ziegenkäserolle<br />
Die Ziegenkäserolle in 2 etwas dickere Scheiben schneiden und<br />
diese nochmals halbieren, ganz leicht mit Semmelbrösel bestreuen,<br />
damit der Käse beim Grillen nicht klebt bzw. zu schnell zerläuft.<br />
Früchtebrot<br />
Hefe und Zucker mit lauwarmer Milch verrühren, bis sich die Hefe<br />
aufgelöst hat. Zusammen mit allen übrigen Zutaten zu einem Teig<br />
kneten und diesen zugedeckt an einem warmen Ort ca. 35 Minuten<br />
gehen lassen. Den Teig nochmals durchkneten und nach Belieben<br />
Brotlaibe oder kleine Brötchen formen. Auf ein Backblech geben<br />
und die Brote zugedeckt nochmals 30 Minuten gehen lassen.<br />
Im vorgeheizten Backofen bei ca. 190 Grad goldbraun backen.<br />
Anrichten<br />
Die verschiedenen Ziegenkäsesorten sowie die Auberginensäckchen<br />
und die gegrillte Ziegenkäsescheiben dekorativ anrichten und mit<br />
Birnenchutney und h<strong>aus</strong>gemachtem Früchtebrot servieren.
22 Das alpenblick<br />
<strong>Alpenblick</strong><br />
Genüsse vom Norden und vom Süden<br />
Das <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> hat eine besondere Lage. In Sexten hält der Alpenhauptkamm die<br />
kalten Nordwinde ab, während der Süden seine Ausläufer spürbar macht, hier trafen<br />
sich früher die Händler und Adligen, die auf der Via Alemagna von Venedig nach Augsburg<br />
zogen, hier mischen sich bajuwarische Bauerntraditionen und südliche Lebensart.<br />
Das <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> ist geprägt von dieser Lage. Und die Gäste profitieren davon.<br />
[Sexten: Alpine Höhen, mediterrane Lebensart.]
[Fest verbunden mit den eigenen Wurzeln: Familie Lanzinger vor der Jägerhütte.]<br />
Was in der Küche gut ist, kann im Rest des H<strong>aus</strong>es<br />
nur willkommen sein: Genüsse kreieren <strong>aus</strong> regionalen<br />
Eigenheiten. Dem Gehaltvollen des Nordens<br />
und <strong>dem</strong> Feinen des Südens Ausdruck geben.<br />
Überall im <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> hat Familie Lanzinger<br />
Gelegenheiten geschaffen, die Besonderheiten der<br />
<strong>Alpenblick</strong>-Lage zu genießen. Man kombiniert den<br />
Norden mit <strong>dem</strong> Süden und erhält Genusskreationen,<br />
in denen man in jeder einzelnen deutlich jene<br />
Wurzeln erkennt, mit denen die Lanzingers mit ihrem<br />
Heimatort verbandelt sind. Was die Gegend etwa<br />
bereits an Gutem zu bieten hat, verfeinert Markus<br />
Lanzinger mit seinem Genuss-Können. Die gewaltigen<br />
Eindrücke der Natur komplettiert Sabine mit<br />
sportlichen Hochgefühlen. Das gemütlich-alpine<br />
Dorfflair Sextens wird ergänzt von den anspruchsvollen<br />
Angeboten des <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong>. Eine Philosophie,<br />
die einlädt – das Leben von seiner Genussseite<br />
zu nehmen.
28 kalte vorspeisen<br />
Lauwarmes<br />
Bachforellen-Filet<br />
mit Rote-Beete-Tartar<br />
und lauwarmem Brioche<br />
Für 4 Personen<br />
270 g Rote Beete,<br />
gekocht und geschält<br />
1 EL fein geschnittene<br />
Schalotte<br />
1 TL Worcestersauce<br />
1 TL Sherry-Essig<br />
3 kleine Gewürzgurken,<br />
fein gehackt<br />
40 g Kapern, gehackt<br />
3 EL Mayonnaise<br />
Salz<br />
Pfeffer <strong>aus</strong> der Mühle<br />
1 EL Petersilie, gehackt<br />
4 geräucherte Forellenfilets<br />
150 g Feldsalat<br />
Salatdressing<br />
Brioche<br />
500 g Weizenmehl<br />
40 g Hefe<br />
250 ml Milch<br />
25 g Zucker<br />
10 g Salz<br />
10 Eigelb<br />
110 g flüssige Butter<br />
Die Rote Beete in der Küchenmaschine zerkleinern und in eine Schüssel<br />
geben. Schalotte, Worchestersauce, Essig, Gewürzgurken, Kapern und<br />
Mayonnaise hinzufügen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />
Die Petersilie am besten erst vor <strong>dem</strong> Servieren dazugeben. Den Feldsalat<br />
putzen, waschen und in der Salatschleuder trocknen. Mit <strong>dem</strong> Dressing<br />
marinieren. Die Forellenfilets im 50 Grad warmen Backofen leicht erwärmen.<br />
Die Filets mit <strong>dem</strong> marinierten Feldsalat und <strong>dem</strong> Tartar auf Tellern<br />
anrichten.<br />
Brioche<br />
Die Hefe in lauwarmer Milch auflösen und mit den restlichen Zutaten<br />
zu einem geschmeidigen Teig schlagen, bis er Blasen macht. An einem<br />
warmen Ort für ca. 30 Minuten aufgehen lassen. Vom Teig kleine Kugeln<br />
formen (sollten die Hälfte der Form <strong>aus</strong>füllen) und diese in kleine <strong>aus</strong>gebutterte<br />
und mehlierte Förmchen geben. Zugedeckt an einem warmen<br />
Ort aufgehen lassen und nachher mit einem Eigelb/Sahne-Gemisch<br />
bestreichen. Im vorgeheizten Backrohr bei 200 Grad backen.
32 DIE NEMES-ALM<br />
Die Nemes-Alm:<br />
Blütenwiesen, soweit das Auge reicht<br />
Wer auf Blütenwiesensuche ist, der ist auf der Nemes-Alm in Sexten genau richtig.<br />
Die Wanderung auf die traditionelle Alm startet direkt vor <strong>dem</strong> <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> und<br />
ist unbedingt empfehlenswert. Gerade <strong>aus</strong> Genießer-Sicht.<br />
[Weitläufige Dolomitenpracht: Die Nemes-Alm.]
[Almrosen in der vollen Frühlingsblüte]<br />
Geologisch gesehen zeigt sich Sexten von zwei<br />
sehr unterschiedlichen Seiten: Die Westseite ist<br />
gekennzeichnet durch die schroffen Türme der<br />
Dolomiten, die Ostseite hingegen besticht durch<br />
sanfte Hänge. Diese zählen bereits zum Karnischen<br />
Kamm, sind geprägt von bäuerlichen Streusiedlungen,<br />
von Waldzonen und <strong>aus</strong>gedehnten Almen. Von<br />
besonderer landwirtschaftlicher Bedeutung für die<br />
Sextner Bauern ist die Nemesalm, ein Weidegebiet,<br />
das von 1750 m bis auf 2500 m Meereshöhe reicht.<br />
Bereits im Jahre 965 unter den Ottonen war sie im<br />
Besitz des Innichner Stiftes.<br />
Heute ist die Alm ihrer herrlichen Lage und der <strong>aus</strong>gedehnten<br />
Almrosenbestände wegen ein beliebtes<br />
Wandergebiet, die Almhütten sind J<strong>aus</strong>enstationen.<br />
Dass die Qualität der Kräuter auf den Bergwiesen<br />
der Nemes-Alm eine besondere ist, schmeckt man.<br />
Nicht nur beim Kosten von Bergthymian oder beim<br />
Einlegen des Bergarnika von den Almwiesen. Auch<br />
in der Milch der Kühe, die auf diesen Weiden den<br />
ganzen Sommer lang grasen.<br />
Der Zugangsweg zur Nemesalm startet direkt vor<br />
<strong>dem</strong> <strong>Alpenblick</strong> und führt nur leicht ansteigend<br />
durch Wälder und helle Lichtungen. Die Alm liegt<br />
oberhalb der Waldgrenze auf 1877 m und bietet<br />
einen herrlichen Ausblick auf die gegenüberliegenden<br />
Dolomiten mit Rotwand, Zwölfer, Dreischusterspitze<br />
und Haunold. Die Alm ist etwa 1.000 ha<br />
groß, liegt auf <strong>aus</strong>gedehnten Almmatten und ist<br />
im Sommer traditionsreiche Almweide für viele<br />
glückliche Kühe.<br />
Nach etwa 2,5 Stunden Gehzeit erreicht man die<br />
Alm. Die Kuhmilch, die hier gemolken wird, gehört<br />
zu den besten in der ganzen Region. Empfehlenswert<br />
sind die Milchprodukte, die direkt auf der Alm<br />
hergestellt werden, besonders der Almkäse. Er ist<br />
von einer besonderen Würzigkeit – die zum einen<br />
vom Geschick des Senners stammt, zum anderen<br />
von der Qualität der frischen Bergkräuter, die die<br />
Kühe sich hier den ganzen Sommer lang zupfen<br />
dürfen.<br />
[Milchkannen, wie sie heute noch gebraucht werden]
64 Suppen<br />
Schaumsüppchen<br />
vom Sextner Bergheu<br />
mit getrockneten Wiesenblumen<br />
und Schüttelbrot<br />
Für 4 Personen<br />
500 g Heusud<br />
(700 g Wasser,<br />
50 g Bergheu)<br />
300 g Gemüsefond<br />
Zwiebel<br />
Knoblauch<br />
Olivenöl<br />
20 g Weizenvollkornmehl<br />
1/8 Weißwein<br />
150 g Sahne<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Wasser aufkochen lassen, das Bergheu ohne zu kochen ca. 15 Minuten<br />
ziehen lassen. Anschließend sofort durch ein Haarsieb passieren.<br />
Feingeschnittene Zwiebel und Knoblauch andünsten, das Mehl beigeben,<br />
mit der Hälfte des Weißweines ablöschen und mit Gemüsefond und<br />
Heusud aufgießen. Die Sahne beigeben und alles ca. 30 Minuten köcheln<br />
lassen. Anschließend die Suppe abschmecken, eventuell noch mit Kartoffelstärke<br />
etwas binden und nochmals durch ein Haarsieb passieren.<br />
Anrichten<br />
Die Suppe mit restlichem Weißwein abschmecken und mit kalter Butter<br />
aufschlagen, in einem passenden Geschirr anrichten und mit getrockneten<br />
Wiesenblumen servieren.<br />
Tipp:<br />
Schüttelbrot dazu essen!
Schüttelbrot und Brotklee<br />
Der Brotgeschmack<br />
Frisches Brot war in Südtirol lange Zeit ein rarer Genuss. Weil nur ein paar Mal im Jahr<br />
im Bauernofen gebacken wurde, musste Brot vor allem eines sein: lange haltbar. Damit<br />
es beim Austrocknungsprozess seine Würze nicht verlor, wurden alte Brotsorten besonders<br />
raffiniert gewürzt.
Brot und Kas sein die beschte Medizin.<br />
Brot und Käse sind die beste Medizin. – Markus Lanzinger<br />
Die Gewürze –<br />
typisch und traditionsreich<br />
Heute wird das typische Südtiroler Brot <strong>aus</strong> unterschiedlichen<br />
Getrei<strong>dem</strong>ischungen wie Roggen,<br />
Dinkel und Weizen hergestellt. Ihre Besonderheiten<br />
sind den typischen Brotsorten geblieben und auch<br />
heute noch sind sie die Visitenkarte des Landes. Für<br />
den charakteristischen Geschmack von Vinschgerlen,<br />
Pusterer Breatln, Schüttelbrot oder anderen typischen<br />
Brotsorten sind spezielle Gewürze wie Anis,<br />
Fenchel, Kümmel und Brotklee verantwortlich. Sie<br />
geben ihm den typischen Geschmack und machen<br />
es leicht verdaulich. Brotklee – im Dialekt „Zigainakraut“<br />
– bauen die Bauern immer noch selbst an, er ist<br />
die Haupt-Geschmackskomponente im Roggenbrot.<br />
[Die „Grommel“: Urtümliches Gerät zum Zerteilen von hartem Roggenbrot.]<br />
Roggen war vor noch nicht allzu langer Zeit Hauptgetreidesorte<br />
für das Südtiroler Brot. Weil es Hefe<br />
noch nicht gab, wurde es <strong>aus</strong> Sauerteig hergestellt.<br />
Die Brote wurden dann entweder flach geschüttelt<br />
und sofort schon zur trockenen Kruste gebacken,<br />
oder nach <strong>dem</strong> Backen in einem Brotrahmen, <strong>dem</strong><br />
”Broatrohmen“ luftgetrocknet.<br />
Schüttelbrot. Haltbar und knackig.<br />
Das Schüttelbrot war ursprünglich ein einfacher<br />
Fladen, der ohne Verwendung von Sauerteig <strong>aus</strong> zerquetschtem<br />
Korn auf einem heißen Stein gebacken<br />
wurde. Später wurde er <strong>aus</strong> Sauerteig, Roggenmehl,<br />
Wasser, Hefe, Salz und Gewürzen hergestellt. Schüttelbrot<br />
formt man heute noch mit den Händen und<br />
backt es bis zur Knusprigkeit. Konservierungsstoffe<br />
fehlen bewusst. Die Lagerung ist unkompliziert, das<br />
Brot ist lange haltbar. Besonders zur „Marende“ ist<br />
es empfehlenswert, zusammen mit Speck, Kaminwurzen,<br />
Bier, Käse, Wein und als Hungerstiller beim<br />
Wandern. Ein Tipp: Schüttelbrot, das für kurze Zeit<br />
im Backrohr erwärmt wird, entwickelt einen noch<br />
würzigeren Geschmack!
68 SCHÜTTELBROT UND BROTKLEE<br />
[Traditionelle „Roggenbreatlan“]<br />
[Alter Brotrahmen]<br />
Vinschgerlen.<br />
Frisch und getrocknet gut<br />
Die „Vinschger Paarlen“ stammen <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> Westen<br />
Südtirols. Zwei zusammengeführte Laibe mit glatter,<br />
leicht gerissener und bemehlter Oberfläche und<br />
75 % Roggenmehlanteil werden im Bauernofen<br />
gebacken. Frisch schmeckten sie zu jeder Mahlzeit.<br />
Wenn sie getrocknet und hart sind, dann eignet sich<br />
das Roggenbrot, in kleine Würfel gehackt, bestens als<br />
Suppeneinlage oder als „Bröcke“. Diese wurden früher<br />
den Kindern in einer Schüssel Milch vorgesetzt. Zum<br />
Zerkleinern des teilweise sehr harten Brotes benutzte<br />
man einen speziellen Holzrahmen, in <strong>dem</strong> ein breites<br />
Messer hing, die „Grommel“.<br />
Der Zelten.<br />
Brotgeschichten von Arm und Reich<br />
Der Zelten oder das Kletzenbrot, eine süße Brotsorte,<br />
erzählt wie alle anderen Südtiroler Brotspezialitäten<br />
seine eigene Geschichte – nämlich die von Armut<br />
und Reichtum. Während Schüttel- und Roggenbrot<br />
auf allen Südtiroler Höfen hergestellt wurde, war der<br />
Zelten eine Besonderheit für die wohlhabenderen<br />
Leute. Die süße Brotsorte wird heute noch in der<br />
Weihnachtszeit handgemacht und enthält einen hohen<br />
Anteil an getrockneten und kandierten Früchten,<br />
die sich die allermeisten Bauern früher kaum leisten<br />
konnten.
[Sextner Mühlsteine]<br />
[Wasserkraftantrieb einer Mühle]<br />
Zeugnisse uralter Backtraditionen:<br />
Die Sextner Mühlsteine<br />
Dass das Brotbacken seit Urzeiten zu den alpinen Traditionen<br />
gehört, beweist eine Sextner Rarität: die<br />
Sextner Mühlsteine. Weil die Landwirtschaft in den<br />
kargen Bergdörfern früher nicht viel hergab, mussten<br />
viele Sextner, die kleine Höfe hatten, sich ein<br />
Zusatzeinkommen schaffen. Mit <strong>dem</strong> Herstellen von<br />
Mühlsteinen fand so mancher sein Auskommen.<br />
Als Material verwendete man ein Konglomerat <strong>aus</strong><br />
Grödner Sandstein, das besonders hart war und von<br />
den Steinmetzen als „Sextner-Mühlstein-Erz“ bezeichnet<br />
wurde. Man fand es auf <strong>dem</strong> Langpigl zwischen<br />
Innichen und Sexten, einzelne Blöcke auch auf der<br />
Nemes-Alm. Die Mühlsteine wurden mühsam mit<br />
Eisenschlägeln bearbeitet und in die richtige Form<br />
gehauen. Während der Leger etwa 140 cm Durchmesser<br />
hatte und mit einem starken Eisenband gebunden<br />
war, war der Läufer halb so groß und bekam zwei der<br />
stabilisierenden Bänder. Nicht nur diese Arbeit machte<br />
die Steinmetzen zu Kraftburschen: Der Transport an<br />
den Bestimmungsort war nicht minder schwierig.<br />
Verkauft wurden die Mühlsteine nämlich nicht nur in<br />
Tirol, sondern auch in Salzburg, Kärnten und Venetien,<br />
zu den besten Zeiten bis zu 300 Stück pro Jahr.<br />
Heute kann man die Mühlsteine immer noch bewundern.<br />
Auf <strong>dem</strong> Sextner Rundweg, einer einfachen<br />
Wanderung, die mitten im Dorf startet. Der <strong>aus</strong> zwei<br />
Teilen bestehende Weg zeigt in etwa drei Stunden<br />
naturkundliche und geschichtliche Themen. Der erste<br />
Teil beginnt mit der Sextner Sonnenuhr, Legenden,<br />
<strong>dem</strong> Spitzköfele, den Sextner Mühlsteinen und einer<br />
uralten Wassermühle und führt direkt hinein in ein<br />
längst vergangenes Alltagsleben, das geprägt war<br />
vom harten Kampf um das tägliche Brot.<br />
Bäuerliche Brot-Denkmäler.<br />
Die Getreideharpfen<br />
Noch um 1950 war der Getreideanbau eine der<br />
Haupteinnahmequellen der Sextner Bauern und<br />
wichtiger Teil der Selbstversorgung. Die Getreidefelder<br />
sind heute verschwunden. Sieht man aber<br />
genau hin, so findet man mancherorts noch hohe,<br />
leiterartige Holzgerüste, die „Harpfen“. Sie waren die<br />
Trockenanlagen der Getreidebauern: Nach der Ernte<br />
wurden Hülsenfrüchte, Getreide und frisches Heu<br />
zu diesen Trockengerüsten gebracht, um es dort auf<br />
den waagrechten Stangen aufzuhängen. Hier konnten<br />
sie bis spät in den Oktober nachreifen und abtrocknen,<br />
ohne dass man Gefahr lief, die Ernte in der<br />
Bodenfeuchtigkeit des Ackers zu verlieren. Harpfen<br />
finden sich im gesamten Ostalpenraum. Sie wurden<br />
im rechten Winkel zur Wetterseite <strong>aus</strong>gerichtet, um<br />
Wind und Regen möglichst wenig Angriffsfläche zu<br />
bieten. Schräge Stützen fingen den Winddruck ab,<br />
ein schmales Satteldach bot Witterungsschutz.<br />
[Getreideharpfen]
74 Suppen<br />
Kartoffel-Schaumsüppchen<br />
mit Steinpilzen<br />
Für 4 Personen<br />
Schaumsüppchen<br />
400 g geschälte Kartoffeln<br />
50 g Zwiebel<br />
50 g Lauch<br />
50 g Butter<br />
1000 ml Gemüsefond<br />
200 ml Sahne<br />
100 g kalte Butter<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Muskatnuss<br />
Lorbeerblatt<br />
Majoran<br />
Steinpilze<br />
500 g frische geputzte<br />
Steinpilze<br />
Olivenöl<br />
2 gehackte Schalotten<br />
1 gehackte Knoblauchzehe<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
½ Bund Kerbel<br />
Schaumsüppchen<br />
Gehackte Zwiebel mit geschnittenem Lauch, Majoran und Lorbeerblatt<br />
in Butter andünsten, die geschnittenen Kartoffeln dazugeben und kurz<br />
mitdünsten. Mit <strong>dem</strong> Gemüsefond aufgießen und ca. 1 Stunde leicht<br />
kochen lassen, die Sahne dazugeben und alles im Mixer pürieren.<br />
Durch ein Haarsieb seihen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken<br />
und vor <strong>dem</strong> Servieren mit kalter Butter aufmontieren.<br />
Steinpilze<br />
Steinpilze in Scheiben schneiden, Schalotten und Knoblauch in einer<br />
Pfanne in Olivenöl andünsten, die Steinpilze dazugeben und gut durchrösten,<br />
mit Salz und Pfeffer abschmecken.<br />
Anrichten<br />
Mit gebratenen Steinpilzen und Kerbel servieren.
98 warme Vorspeisen<br />
Raviolo aperto<br />
in zwei Farben<br />
mit Gambas und kleinem Gemüse<br />
Für 4 Personen<br />
250 g gelber Nudelteig<br />
(siehe Seite 227)<br />
250 g schwarzer Nudelteig<br />
(siehe Seite 227)<br />
8 Garnelenschwänze<br />
Olivenöl<br />
Knoblauch<br />
insg. 500 g kleines Gemüse<br />
wie Babykarotten,<br />
Minizucchini, Saubohnen<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
100 ml Hummerfond<br />
(siehe Seite 230)<br />
50 ml Weißwein<br />
100 g Butter<br />
100 g Kerbel<br />
Den gelben Teig mit der Nudelmaschine zu hauchdünnen Platten <strong>aus</strong>rollen,<br />
ebenso den schwarzen Nudelteig. Die gelben Nudelteigplatten mit<br />
Wasser bestreichen, den schwarzen Nudelteig in Streifen schneiden und<br />
diese auf die gelben Nudelteigplatten aufkleben. Nochmals durch die<br />
Nudelmaschine rollen – so ergeben sich die gestreiften Nudelplatten.<br />
In ca. 15 x 15 cm große Quadrate schneiden und zugedeckt im Kühlschrank<br />
aufbewahren.<br />
Die Garnelenschwänze putzen und den Darm entfernen, das Gemüse in<br />
Salzwasser kochen, in Butter schwenken und mit Salz und Pfeffer würzen.<br />
Die Riesengarnelen in einer Pfanne mit Olivenöl anbraten, mit Salz, Pfeffer<br />
und Knoblauch würzen, mit Weißwein ablöschen und mit Hummerfond<br />
aufgießen.<br />
Jeweils zwei gestreifte Nudelplatten in Salzwasser kochen und diese mit<br />
<strong>dem</strong> Gemüse und den Garnelenschwänzen in einem tiefen Teller direkt<br />
füllen. Mit etwas Kerbel garnieren und servieren.
122 vegetarische gerichte<br />
Steinpilzbuchteln<br />
mit Bärlauchsauce<br />
Für 4 Personen<br />
Buchteln<br />
20 g Hefe<br />
100 ml Milch<br />
50 ml Sahne<br />
300 g Weizenmehl<br />
10 g Staubzucker<br />
1 Ei<br />
1 Dotter<br />
Salz<br />
50 g Butter<br />
Füllung<br />
50 g Zwiebel<br />
1 Knoblauchzehe<br />
Olivenöl<br />
300 g Steinpilze<br />
10 g gehackte Petersilie<br />
oder Schnittlauch<br />
Salz Pfeffer<br />
Sauce<br />
50 g Bärlauch<br />
½ Zwiebel gehackt<br />
Olivenöl<br />
200 ml Sahne<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Buchteln<br />
Hefe und Salz in das lauwarme Gemisch von Milch und Sahne geben<br />
und 100 g Weizenmehl einrühren. Das Dampfl so lange gehen lassen, bis<br />
sich an der Oberfläche kleine Risse bilden. Anschließend Staubzucker mit<br />
Ei und Dotter verrühren, mit 200 g Mehl, der flüssigen Butter und <strong>dem</strong><br />
Dampfl verrühren und zu einem Teig schlagen. An einem warmen Ort<br />
ruhen lassen.<br />
Den Germteig ca. 3 cm dick <strong>aus</strong>rollen und in 4 x 4 cm große Rechtecke<br />
schneiden. Mit der Steinpilzmasse füllen und in gebutterte Auflaufförmchen<br />
setzen, dann zugedeckt an einem warmen Ort auf das doppelte<br />
Volumen aufgehen lassen. Im Rohr bei 160 Grad ca. 30 Minuten goldgelb<br />
backen.<br />
Füllung<br />
Zwiebeln und Knoblauchzehe fein hacken und in Olivenöl glacieren, dann<br />
die gehackten Steinpilze dazugeben. Zum Schluss mit gehackter Petersilie<br />
verfeinern und mit Salz und Pfeffer würzen.<br />
Den Germteig ca. 3 cm dick <strong>aus</strong>rollen und in 5 x 5 cm große Rechtecke<br />
schneiden. Mit der Steinpilzmasse füllen und in eine gebutterte Form<br />
setzen, dann auf das doppelte Volumen aufgehen lassen. Im Rohr bei<br />
180 Grad ca. 30 – 45 Minuten goldgelb backen.<br />
Sauce<br />
Zwiebel in Olivenöl andünsten, den Bärlauch dazugeben, mit der Sahne<br />
aufgießen und ca. 10 Minuten köcheln lassen. Im Mixer pürieren, mit Salz<br />
und Pfeffer abschmecken und durch ein Haarsieb passiern.
124 vegetarische gerichte<br />
Auberginenröllchen<br />
gefüllt mit Kartoffelpüree<br />
auf Gemüsestreifen<br />
Für 4 Personen<br />
Püree<br />
600 g Kartoffeln<br />
100 g kalte Butter gewürfelt<br />
100 ml Milch<br />
100 ml Sahne<br />
Salz, Muskatnuss<br />
Röllchen<br />
2 große Auberginen<br />
100 g Karotten<br />
100 g Zucchini<br />
100 g Paprika rot und gelb<br />
100 g Erbsenschoten<br />
Salz<br />
Pfeffer<br />
Olivenöl<br />
Panade<br />
100 g Brotbrösel<br />
100 g Mehl<br />
3 Eier<br />
Auberginen schälen und mit der Aufschnittmaschine der Länge nach in<br />
etwa 5 mm dicke Scheiben schneiden. Die Scheiben mit Salz und Pfeffer<br />
würzen und auf <strong>dem</strong> Grill oder in der Pfanne auf beiden Seiten braten/<br />
grillen.<br />
Für das Kartoffelpüree die Kartoffeln schälen und in gleich große Würfel<br />
schneiden. In Salzwasser kochen und vor <strong>dem</strong> Passieren gut <strong>aus</strong>dämpfen<br />
lassen. Die noch heißen Kartoffeln passieren und mit der heißen Milch,<br />
Sahne und Butter sowie Salz und Muskatnuss flaumig rühren. Für dieses<br />
Gericht sollte die Kartoffelmasse etwas fester sein.<br />
Das Kartoffelpüree auf die vorbereiteten Auberginenscheiben verteilen<br />
und zusammenrollen. Die Röllchen im Kühlschrank für ca. 1 Stunde kaltstellen,<br />
nachher mit der Panade panieren.<br />
Die Gemüsesorten in Streifen schneiden, in Salzwasser kochen und<br />
nachher in Eiswasser abschrecken.<br />
Fertigstellung<br />
Die Auberginenröllchen in heißem Fett bei ca. 160 Grad langsam goldgelb<br />
backen. Die Gemüsestreifen in Olivenöl schwenken, abschmecken<br />
und mit den gebackenen Auberginenröllchen dekorativ anrichten.
des Paßportenkopfes gemahnte sie, den Reisepass<br />
(ital. passaporto) bereit zu halten, während sie bei der<br />
Rückkehr beim Anblick des Paternkofels (ital. patria =<br />
Heimat) wussten, dass sie bald zuh<strong>aus</strong>e waren.<br />
Learnen konn man viel.<br />
Lei net die Schneide.<br />
Vieles kann man lernen. Den Mut nicht. – Markus Lanzinger<br />
Wiege des Alpinismus<br />
Lange galten die Dolomiten als unbezwingbar und<br />
als Reich von Hexen und Geistern. Als der junge<br />
Wiener Paul Grohmann im Sommer 1868 nach Sexten<br />
kam, war dort noch kein Berg bestiegen. Im besten<br />
Gämsjäger des Tales, Josef Innerkofler, fand er seinen<br />
ersten Begleiter für seine geplante Erstbesteigung<br />
der Dreischusterspitze, musste wegen Schneefalles<br />
aber umkehren. Erst im kommenden Jahr schaffte er<br />
den Gipfel – zusammen mit <strong>dem</strong> Steinmetzgesellen<br />
Franz Innerkofler, <strong>dem</strong> Sohn des Gämsjägers. Bald<br />
kam alles, was Rang und Namen in alpinen Kreisen<br />
hatte, ins Hochpustertal. Die Bierkutscher Michl und<br />
Hans Innerkofler <strong>aus</strong> Sexten schließlich wurden zu den<br />
bedeutendsten Erschließern der Sextner Dolomiten.<br />
Mehr als ein Dutzend Erstbesteigungen werden ihnen<br />
zugeschrieben, viele davon schaffte Michl allein.<br />
Das Gasthäusl Putschall: Ausgangspunkt<br />
in eine faszinierende Bergwelt<br />
Wer die Sextner Sonnenuhr in ihrer ganzen, gewaltigen<br />
Schönheit genießen möchte, der ist im Fischleintal<br />
genau richtig. Am Fuße der Rotwand steht das<br />
Gasthäusl Putschall. Das 300 Jahre alte Bauernh<strong>aus</strong><br />
wurde am Großglockner in der Ortschaft Putschall<br />
Balken für Balken abgetragen und hier, am Tor zum<br />
Unesco Weltnaturerbe, wieder aufgebaut. Im Sommer<br />
hat man hier die beste Sicht auf die Sextner Sonnenuhr<br />
und kann den Weg der Schatten verfolgen,<br />
im Winter beginnt hier die kilometerlange Rodelbahn<br />
der Rotwand. Heimische Spezialitäten, ein echtes<br />
Pusterer Bier und ein süffiger Wein zur Marende sind<br />
die besten Begleiter bei der Dolomitenschau.<br />
[Aussichts- und Genusspunkt im Fischleintal: das Gasthäusl Putschall.]
Die Pustertaler Freiheit<br />
Bier mit Freigeist<br />
Das Biertrinken lieben die Pusterer. Seit mehr als 1.000 Jahren. Die Tradition im Braugerstenanbau<br />
und im Bierbrauen, die im Mittelalter und in der Neuzeit im Pustertal<br />
hoch gehalten wurde, haben einige freigeistige Bierbrauer wieder aufleben lassen.<br />
Mit einem besonderen Bier.
[Zünftige Marende mit Pusterer Bier und Speckbrettl.]<br />
Erzherzog Ferdinand II. soll ein leidenschaftlicher<br />
Biertrinker gewesen sein und förderte die bäuerlich<br />
strukturierte Bierbrautradition im 16. Jahrhundert<br />
stark. Die Hochblüte erlebte das hiesige Brauwesen<br />
aber zur K. u. K.-Zeit, in der das Pustertal zu den<br />
wichtigsten Brauregionen im österreichischen Großreich<br />
gehörte. Im Pustertal gab es damals ganze 11<br />
Brauhäuser, an der Etsch lediglich eines, und noch im<br />
Jahre 1906 soll das Pusterer Bier laut einer Zeitungsnotiz<br />
„reißenden Absatz“ gefunden haben. Bis zum<br />
ersten Weltkrieg, denn dann mussten die Kleinbrauereien<br />
der Kriegsfolgen wegen ihre Kessel für lange<br />
Zeit leer stehen lassen.<br />
Nach über 80jähriger P<strong>aus</strong>e ließen sechs Pusterer<br />
Burschen die alte Brautradition wieder aufleben. Weil<br />
die Braugerste, die im Pustertal immer noch angebaut<br />
wurde, plötzlich ohne Abnehmer war, gründeten<br />
sie – mit viel jugendlichem Idealismus - die<br />
Pustertal Bier GmbH. Das erste Bier, die „Pustertaler<br />
Freiheit“, wurde 1999 vorgestellt, das Weißbier im<br />
Sommer 2000. Die Bier-Renaissance begann.<br />
Der Braumeister: „Desch is gwaltig!“<br />
Das Brauwesen hat im Pustertal wortwörtlich goldenen<br />
Boden: nämlich die <strong>aus</strong>gezeichnete Gerste,<br />
die hier gedeiht. Die klimatischen Bedingungen<br />
sowie die Bodenbeschaffenheit sind bestens für den<br />
Anbau von Gerste geeignet. Sortenwahl, Fruchtfolge,<br />
Phytomedizin und Behandlung des Erntegutes<br />
sind wichtige Kriterien, der kontrollierte Anbau die<br />
Vor<strong>aus</strong>setzung für die Bierproduktion. Die Qualität<br />
der Gerste, von der auch bayrische Braumeister ins<br />
Schwärmen gerieten, war der Beweggrund, die<br />
alten Brautraditionen wieder aufleben zu lassen.<br />
Nun brauchte es nur noch den geeigneten Brauhof.<br />
Diplombraumeister Alexander Weissteiner fand ihn in<br />
der Brauerei Huber in St. Johann/Tirol. Der seit 1727<br />
existierende Braubetrieb ist seit seiner Gründung im<br />
Familienbesitz und hatte ideale Vor<strong>aus</strong>setzungen:<br />
klein, übersichtlich, mit moderner Technik. Nun stand<br />
<strong>dem</strong> Bier-Unternehmen nichts mehr im Wege, und<br />
Weissteiner ging an seinen Traum. Ein besonderes,<br />
einzigartiges Bier nach eigenem Rezept und nach<br />
<strong>dem</strong> bayerischen Reinheitsgebot von 1516.<br />
Weil der Braumeister alles überwacht – das Heranwachsen<br />
der Gerste, die Behandlung und Weiterverarbeitung<br />
des Erntegutes und die Prozesse während<br />
des Brauvorganges – entstand ein Stück besonderer<br />
Braukultur: das Pustertaler Bier. Mit einem großen<br />
Hauch von Freiheit, so schmecken zu dürfen, wie das<br />
Pustertal selbst. Sanft, luftig, süffig.<br />
La libertà è il bene più prezioso:<br />
la filosofia che ha portato al successo<br />
i birrai della Val Pusteria.<br />
Die Freiheit ist das kostbarste Gut. Die Pustertaler Bierbrauer haben<br />
daran geglaubt und damit Erfolg gehabt. – Renato Cervo
152 Fleischgerichte<br />
Würfel von der Schweinshaxe<br />
auf Semmelknödel, Erbsenschoten<br />
und getrockneten Tomaten<br />
Für 4 Personen<br />
Würfel<br />
3 Schweinshaxen<br />
ohne Schwarte<br />
1 Zwiebel<br />
150 g Knollensellerie<br />
2 – 3 EL Öl<br />
1 EL Tomatenmark<br />
200 ml kräftiger Rotwein<br />
300 ml Hühnerbrühe<br />
1 Lorbeerblatt<br />
½ TL schwarze Pfefferkörner<br />
1 Knoblauchzehe<br />
1 kleiner Thymianzweig<br />
20 g kalte Butter<br />
Salz<br />
Pfeffer <strong>aus</strong> der Mühle<br />
Getrocknete Kirschtomaten<br />
Erbsenschoten blanchiert<br />
Bunte Kresse und<br />
Knusperspeck<br />
Knödel<br />
250 g Knödelbrot<br />
(vom Vortag in Würfel<br />
geschnittenes Weißbrot)<br />
100 ml Milch<br />
30 g Butter<br />
2 Eier<br />
1 EL Mehl<br />
Salz, Schnittlauch,<br />
Zwiebel, Lauch<br />
Würfel<br />
Schweinshaxen salzen, pfeffern und auf allen Seiten kurz anbraten,<br />
bei 160 Grad im Ofen für ca. ½ Stunde auf allen Seiten schön knusprig<br />
braten, das Wurzelgemüse mit den Kräutern dazugeben und mit Rotwein<br />
ablöschen. Die Schweinshaxen zugedeckt noch ca. 1,5 Stunden weich<br />
schmoren, nachher die geschmorten Haxen warm stellen und den Bratensatz<br />
mit etwas Tomatenmark anrösten und mit Geflügelbrühe aufgießen,<br />
eine kräftige Sauce ziehen und mit der Butter verfeinern. Das Fleisch von<br />
den Haxen lösen, in eine Schüssel geben, mit etwas Bratensauce binden,<br />
nachher in eine passende rechteckige Form (ca. 5 cm Höhe) füllen, pressen<br />
und im Kühlschrank <strong>aus</strong>kühlen lassen. Anschließend in ca. 5 x 5 cm große<br />
Würfel schneiden und vor <strong>dem</strong> Anrichten die Würfel in der Mikrowelle<br />
kurz erhitzen.<br />
Knödel<br />
Zwiebel und Lauch klein schneiden und in Butter andünsten, zum Knödelbrot<br />
geben und mit <strong>dem</strong> Mehl gut untermengen. Die Eier mit der Hälfte<br />
der Milch aufschlagen, über das Knödelbrot gießen und zu einer geschmeidigen<br />
Masse durchmischen, wenn nötig noch etwas Milch beimengen.<br />
Den Teig ca. 15 Minuten rasten lassen, <strong>aus</strong> der Masse einen länglichen<br />
Knödel formen, diesen in Klarsichtfolie einrollen und die Enden wie bei<br />
einer Wurst abbinden. In Salzwasser ca. 30 Minuten köcheln und nachher<br />
im Kühlschrank <strong>aus</strong>kühlen lassen. Vor <strong>dem</strong> Servieren den Knödel in ca. 2 cm<br />
dicke Scheiben schneiden und diese auf beiden Seiten in Butter kross braten.<br />
Fertigstellung<br />
Ein kross gebratenes Knödelmedaillon auf den Teller setzen, und mit<br />
einem Würfel von Schweinshaxe belegen, mit Erbsenschoten, Tomaten,<br />
Knusperspeck und bunter Kresse <strong>aus</strong>garnieren und mit der kräftigen<br />
Sauce nappieren.
186 desserts<br />
Schokoladenzylinder<br />
gefüllt mit Vanille-Creme-Eis<br />
und Espresso-Schaum<br />
Für 4 Personen<br />
Schokoladenzylinder<br />
100 g Butter<br />
100 g Staubzucker<br />
100 g Eiweiß<br />
80 g Mehl<br />
20 g Kakao<br />
Espresso-Schaum<br />
300 g Sahne<br />
150 g Milch<br />
1 dopp. Espresso<br />
100 g Zucker<br />
180 g Eigelb<br />
Schokoladenzylinder<br />
Die Butter schaumig rühren, das Eiweiß mit <strong>dem</strong> Zucker zu Schnee schlagen.<br />
Unter die schaumige Butter abwechselnd Eiweiß, Mehl und Kakao<br />
unterheben. Die Schokoladenmasse mit einer vorgefertigten Schablone<br />
(ca. 20 x 7) auf eine Silpatmatte ca. 2 mm dick aufstreichen und im<br />
vorgeheizten Backrohr bei 190 Grad ca. 3 Minuten backen. Die Schokoladenstreifen<br />
mit Hilfe einer Röhre von ca. 7 cm Durchmesser aufrollen und<br />
<strong>aus</strong>kühlen lassen. Das Aufrollen muss sehr schnell gehen, da die Streifen<br />
sonst <strong>aus</strong>kühlen und sich nicht mehr aufrollen lassen. Aus diesem Grund<br />
ist es ratsam, mehrere Röhren zum Aufrollen bereitzustellen.<br />
Vanille-Creme-Eis<br />
(siehe Seite 231)<br />
Schokoladencreme<br />
(siehe Seite 231)<br />
Espresso-Schaum<br />
Zucker und Eigelb schaumig schlagen, Milch und Sahne aufkochen, zur<br />
Eigelbmasse geben und den Espresso hinzufügen. Die Masse zur Rose<br />
erhitzen und nachher durch ein Haarsieb seihen, <strong>aus</strong>kühlen lassen und in<br />
eine Siphonflasche füllen.<br />
Fertigstellung<br />
Den Schokoladenzylinder auf einem flachen Teller in der Mitte positionieren.<br />
Den Zylinder abwechselnd mit Schokoladensauce, karamellisierten<br />
Haselnüssen und Vanille-Creme-Eis bis zur Hälfte füllen und mit Espresso-<br />
Schaum <strong>aus</strong> der Siphonflasche abschließen. Nach eigenem Geschmack<br />
<strong>aus</strong>garnieren und servieren.
192 WELLNESS AUS DER NATUR<br />
Wellness <strong>aus</strong> der Natur<br />
Im <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> gibt es gar einige Naturprodukte, die in der Küche gen<strong>aus</strong>o verwendet<br />
werden wie im Wellnessbereich. Die Pflanzen, die typisch sind für Südtirol, sind<br />
altbekannte Heilmittel, die man früher bereits in der Naturheilkunde erfolgreich eingesetzt<br />
hat. Dazu gehören Johanniskraut, Äpfel, Hagebutte, Arnika, Schafgarbe, Heublumen,<br />
Traubentrester und Latschenkiefer.<br />
[Ungedüngte Sextner Wiesen bergen wahre Wohlgenüsse: Für den ganzen Körper.]
[Johanniskraut vor <strong>dem</strong> <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong>]<br />
[Frauenmantel auf der Nemes Alm]<br />
Johanniskraut. Gute Laune<br />
und Rundum-Linderung<br />
Weil sie um den 24. Juni, den Johannistag, blüht,<br />
heißt die Pflanze, die besonders viele Öldrüsen<br />
enthält und deren Blätter dadurch mitunter perforiert<br />
erscheinen, Johanniskraut. Die Staudenpflanze kann<br />
gar einiges: Sie beruhigt, stimuliert dabei den Kreislauf<br />
und ist ideales Naturheilmittel gegen schlechte<br />
Laune und depressive Stimmungen. Verdauungsstörungen,<br />
Hyperaktivität und hormonelle Beschwerden<br />
lassen sich mit Johanniskraut lindern, ebenso<br />
Verbrennungen. Bei chronischer Müdigkeit, Muskelschmerzen,<br />
Angstzuständen, Hautproblemen –<br />
etwa Unreinheiten oder Juckreiz – entfaltet das Kraut<br />
ebenso seine Wirkung. Nicht zu unterschätzen ist<br />
das Mittel als Hilfe beim Stressabbau: Wer schlecht<br />
einschlafen kann oder ständig unruhig ist, ist mit<br />
Johanniskraut bestens beraten. Als Badezusatz oder<br />
als Massageöl wird Johanniskraut zu<strong>dem</strong> zu einer<br />
Wohltat für sensible, trockene, gereizte Haut, wirkt<br />
lindernd bei Neurodermitis und Schuppenflechte.<br />
Und effektiv bei Sonnenbrand.<br />
Äpfel. Damit der Doktor<br />
zuh<strong>aus</strong>e bleiben kann<br />
Was bei den alten Rätern noch als Mär galt, ist heute<br />
wissenschaftlich bewiesen. Äpfel verfügen über<br />
sieben verschiedene Vitalstoffe. Für die Gesundheit<br />
sind sie unerlässlich, reich an Vitaminen und Spurenelementen,<br />
mit wichtigen Mineralstoffen und<br />
organischen Säuren. Im <strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> sind sie<br />
deshalb wichtiger Bestandteil von Wellness und Beauty.<br />
Äpfel galten nämlich seit jeher als Schönheitsmittel<br />
und Bewahrer der ewigen Jugend. Der hohe Anteil an<br />
Vitamin E ist ein natürlicher Faltenkiller, die fettlösliche<br />
Wirkung sorgt für eine straffere Zellstruktur und kann<br />
geschädigtes Bindegewebe sogar reparieren. Pektin<br />
ist der ideale Helfer bei Diäten, der Ballaststoff kurbelt<br />
den Stoffwechsel und damit die Verdauung an. Als Immunschützer<br />
ist Vitamin C schon lange bekannt, nicht<br />
aber als Abbauhelfer von Gift- und Schlackenstoffen.<br />
Salizyl- und Gerbsäuren gelten als Zahnreiniger, gegen<br />
Konzentrationsschwäche hilft Kalium. Die Antioxidantien<br />
Favonoide und Carotinoide mindern das Krebserkrankungsrisiko.<br />
Bäder und Massagen mit Apfelextrakten<br />
sind <strong>aus</strong> diesen Gründen wahre Wohltaten.<br />
Hagebutten. Zu allem bereit<br />
Die Früchte der Wildrose sind als Marmeladen, Gelee<br />
oder Tee äußerst schmackhaft und galten sehr früh<br />
schon als Heilmittel. Grund dafür ist wohl der bemerkenswerte<br />
Vitamin-C-Gehalt, der fünfmal so hoch<br />
ist wie in Zitronen. Er machte die Hagebutte bereits<br />
bei den Germanen zum Allheilmittel bei Erkältungen.<br />
Flavone, Fruchtsäuren und ein ganzer Vitamin<br />
B-Komplex sind nur einige der natürlichen Vitalstoffe,<br />
die die Hagebutte enthält, Antioxidantien, Galaktolipide,<br />
Pektine und Bioflavonide sind bioaktive und gesundheitsfördernde<br />
Inhaltsstoffe, die sogar nach der<br />
Verarbeitung der Frucht noch erhalten bleiben. Im<br />
<strong>Hotel</strong> <strong>Alpenblick</strong> nützt man die Wirkstoffe in Bädern<br />
und Massageölen. Die Haut dankt es in je<strong>dem</strong> Falle.
212 desserts<br />
Sacher einmal anders<br />
nach Art von Renato Cervo<br />
Für 4 Personen<br />
Mousse<br />
250 g Kuvertüre<br />
Valhrona 64 %<br />
3 Eigelb<br />
20 g Zucker<br />
10 ml Cognac<br />
500 ml geschlagene Sahne<br />
1 Blatt Gelatine<br />
Schokoladenerde<br />
150 g Butter<br />
60 g Rohrzucker<br />
300 g Mehl<br />
20 g Kakao<br />
1 Prise Salz<br />
Parfait<br />
3 Eigelb<br />
60 g Zucker<br />
1 Vanilleschote<br />
250 ml Sahne<br />
Mousse<br />
Gelatine in kaltem Wasser quellen lassen und nachher im erwärmten Cognac<br />
auflösen. Kuvertüre in 50 Grad warmem Wasserbad schmelzen. Eigelb mit<br />
Zucker im Wasserbad aufschlagen, bis das doppelte Volumen erreicht ist. Die<br />
geschmolzene Kuvertüre und den Cognac mit der Gelatine mit 1/3 der geschlagenen<br />
Sahne verrühren, den Rest der Sahne unterheben und im Kühlschrank<br />
ca. 3 – 4 Stunden kaltstellen.<br />
Schokoladenerde<br />
Alle Zutaten wie bei einem Mürbteig zu einem Teig kneten, auf einem Backbleck<br />
ca. 1 cm <strong>aus</strong>rollen und im vorgeheizten Backrohr bei 170 Grad ca. 10<br />
Minuten backen. Den gebackenen Teig in Stücke brechen, grob mahlen und<br />
durch ein grobes Sieb passieren.<br />
Aprikosengelee (siehe Seite 231)<br />
Sigarillo<br />
Vorbereitung: Beschichtetes Backpapier in 14 x 8 cm große Streifen schneiden;<br />
als Halterung ein 4 cm dickes Brett oder ähnliches mit Vertiefungen von 2,5 cm<br />
Durchmesser und 3 cm Tiefe. Temperierte Schokolade (siehe Seite 235) auf die<br />
vorgefertigten Backpapierstreifen dünn aufstreichen und diese dann aufrollen<br />
(ø ca. 2 cm), in die vorgefertigte Halterung geben und im Tiefkühlfach anfrieren.<br />
Parfait<br />
Eigelb, Zucker und Vanillemark im Wasserbad warm aufschlagen und nachher<br />
in der Rührmaschine kalt schaumig schlagen. Die geschlagene Sahne unterheben<br />
und mit einem Spritzsack die vorbereiteten Schokoladen-Sigarillo füllen<br />
und ca. 3 Stunden tiefkühlen.<br />
Fertigstellung<br />
Die einzelnen vorbereiteten Speisen wie auf <strong>dem</strong> Bild anrichten und servieren.
214 ERNTEDANKFEST<br />
[Prozessionen in Sexten. Lebendiges Brauchtum.]<br />
Das Erntedankfest<br />
mit <strong>dem</strong> Kirchta-Michl<br />
Das Jahr der Bauern ist trotz Maschinen noch lang, arbeitsreich und oft unvorhersehbar.<br />
Deshalb wird im Herbst, wenn die Ernte eingefahren ist, umso traditioneller gefeiert. In<br />
Sexten mit einem Erntedankfest, zu <strong>dem</strong> der Kirchtamichl unbedingt dazugehört.
[Frisch geerntete Pusterer Erdäpfel]<br />
[Kastanien, zum Teil noch im „Keschtnigl“ verpackt]<br />
Wenn die Ernte im Stadel und das Vieh gesund und<br />
vollzählig von den Almen zurück ist, dann haben die<br />
Sextner Bauern auch heute noch allen Grund, ein<br />
gelungenes Jahr zu feiern. Das ganze Dorf schließt sich<br />
ihnen an, mit <strong>dem</strong> großen Erntedankfest. Eröffnet wird<br />
es mit einem Gottesdienst, an den sich die traditionelle<br />
Erntedankprozession anschließt. Früher zog sie mit<br />
Kreuz und Baldachin durch die Felder und Wiesen von<br />
Sexten und man dankte Gott von Herzen, dass man<br />
genug für den harten Winter einfahren konnte.<br />
Nach der Prozession versammelt sich auch heute noch<br />
die Dorfgemeinschaft zum Frühschoppen auf <strong>dem</strong><br />
Dorfplatz. Dort steht ein mit Bändern geschmückter<br />
hoher Baum, auf dessen Gipfel eine traditionelle,<br />
lebensgroße Strohpuppe hängt. Der Kirchta-Michl.<br />
Der Michl hat sich wohl <strong>aus</strong> vorchristlichen Symbolfiguren<br />
entwickelt. Er wird zusammen mit <strong>dem</strong> Baum<br />
in die Höhe gehoben, am Ende des Festes von einem<br />
furchtlosen Burschen wieder herunter geholt und<br />
am Kirchtag-Montag oder nach <strong>dem</strong> Erntedankfest<br />
begraben. Weil der Brauch des Kirchtamichls nur<br />
im Pustertal bekannt ist und auch das Gadertal ihn<br />
niemals praktiziert hat, nimmt man an, dass er bajuwarischen<br />
Ursprungs ist. Der Name Michel könnte an<br />
den „großen“ – das althochdeutsche Wort dafür ist<br />
„michel“ – Erntegott Wodan erinnern, der an germanischen<br />
Erntebräuchen stark beteiligt war. Der Baum<br />
hat eine ähnliche Rolle. Er ist verwandt mit <strong>dem</strong> Maibaum,<br />
einst Lebensbaum der germanischen Völker.<br />
Die Strohpuppe, die einen blauen Südtiroler Schurz<br />
trägt, lodene Hosen, Bergschuhe, eine Joppe, einen<br />
Hut und darunter ein auf weißen Stoff aufgemaltes<br />
Gesicht, ist der ganze Stolz der männlichen Dorfjugend.<br />
In manchen Orten wird sogar ein Kirchtamichl-<br />
Komitee gegründet. Auf <strong>dem</strong> Hut des Michl flattern<br />
zwei Federn, und, damit der Michl nicht verhungert<br />
und verdurstet, werden ihm sinnbildhaft Krapfen und<br />
Schnapsflasche in die Hände gedrückt.<br />
Nun müssen die Burschen den Baum mit <strong>dem</strong> Michl<br />
so lange bewachen, bis das Erntedankfest zu Ende ist.<br />
So lange nämlich versuchen die Burschen des Nachbardorfes,<br />
den Michl zu stehlen und ihn kopfüber auf<br />
ihren eigenen Baum aufzuhängen. Passiert das, so gilt<br />
das als Schande für das ganze Dorf. Früher ließ man<br />
deshalb niemanden an den Baum heran und nutzte<br />
die Gelegenheit, mit den Nachbarsburschen ein<br />
„Ranggel“-Turnier zu veranstalten, eine Art Ringkampf,<br />
der oft in einer groben Rauferei endete.<br />
Heute noch wird am Erntedankfest die gesamte<br />
Palette an Sextner Kirchtagsspezialitäten angeboten.<br />
Tirschtlan sind in Öl gebackene und mit Sauerkraut<br />
oder Spinat gefüllte Teigtaschen. Tschotteblattlan<br />
werden ebenfalls in Öl gebacken, sind aber mit Topfen<br />
und Kartoffeln gefüllt. Unter Nigilan versteht der<br />
Pusterer eine Art Germteigsüßgebäck, das ebenfalls in<br />
Öl gebacken wurde. Zum Erntedank unbedingt dazu<br />
gehören im Kohlefeuer gebratene Keschtn (Kastanien),<br />
Strauben – in Öl gebratener Eierteig mit Preiselbeermarmelade<br />
– und die traditionellen sauren Krapfen,<br />
die man allerdings nur noch sehr selten bekommt.