Hausarbeit
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Sollen Frauen in der Gemeinde schweigen?<br />
Eine ethische Auseinandersetzung mit der<br />
Ermahnung des Paulus<br />
Marta Müller<br />
September 2004<br />
Ich erkläre, dass ich diese <strong>Hausarbeit</strong> selbständig verfasst<br />
und alle Quellen, einschl. unveröffentlichter, angegeben habe.
Seite 2 von 16<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung..................................................................................................3<br />
2. Was die Bibel sagt .....................................................................................4<br />
2.1 Die Frau vor Gott.......................................................................................4<br />
2.2 Die Frau in der Ordnung Gottes ..................................................................5<br />
2.2.1 Unterordnung als Beziehung.......................................................................5<br />
2.2.2 Rollenverteilung – die Natur der Frau..........................................................5<br />
2.2.3 Reihenfolge gleich Rangfolge? ...................................................................6<br />
2.2.4 Namengebung ...........................................................................................7<br />
2.2.5 Handlanger oder Hilfe ? .............................................................................7<br />
2.3 Frauen im Alten Testament.........................................................................8<br />
2.4 Jesus und die Frauen ..................................................................................9<br />
2.4.1 Traditionelles ..........................................................................................10<br />
2.4.2 Frauen als Zeuge......................................................................................11<br />
2.5 Große Frauen im Neuen Testament ........................................................12<br />
3. Was die Exegeten sagen ...........................................................................13<br />
5. Was ich sage ...........................................................................................15<br />
6. Literaturverzeichnis und Internetquellen...................................................16
Seite 3 von 16<br />
1. Einleitung<br />
Seit den Anfängen des Christentums war die Rolle, die Frauen in kirchlichen<br />
Gemeinschaften einnahmen, umstritten. Neben dem berühmten Paulus-<br />
Wort „die Frau schweige in der Gemeinde" (1 Kor 14,34) trugen auch archaische<br />
Vorstellungen von der kultischen Unreinheit der Frau sowie ihre<br />
minderrechtliche Stellung dazu bei, dass Frauen bereits in der alten Kirche<br />
vom Priesteramt ausgeschlossen wurden. Dementsprechend konnten Frauen<br />
in den kirchlichen Hierarchien bis auf wenige Ausnahmen nur untergeordnete<br />
Positionen einnehmen. Trotzdem kam Frauen wichtige, oft entscheidende<br />
Bedeutung bei der Christianisierung der antiken und mittelalterlichen<br />
Welt sowie der Fortentwicklung von Theologie und Frömmigkeit zu. 1<br />
Eine gewisse Interpretation der paulinischen Ermahnung „Die Frauen sollen<br />
schweigen in der Gemeinde“ (1 Kor 14,34) hat im Laufe der Geschichte<br />
für so viel Unheil und Ungerechtigkeit gesorgt, dass es nur verständlich ist,<br />
dass dieses Thema immer noch nicht vom Tisch ist.<br />
Dass dieser Text von Paulus in einer neuen Welt der Emanzipation entweder<br />
ein Abwenden 2 oder eine Kampfansage „Das Weib sei willig, dumm<br />
und stumm, diese Zeiten sind jetzt um“ 3 bedeutet, ist nur darauf zurückzuführen,<br />
dass er eventuell nicht richtig interpretiert wird. Die 2000 Jahre alte<br />
Revolte der Frau scheint vorprogrammiert. Und nicht zu Unrecht, gilt der<br />
Vorwurf dass sich die Kirche aus der sozial politischen Verantwortung entweder<br />
herausnimmt oder die Missverhältnisse durch ihr Schweigen affirmiert.<br />
Auf die Frage, „ Sollen Frauen in der Gemeinde reden?“ werde ich anhand<br />
der höchsten Autorität, die für uns Christen gilt – der Bibel - versuchen zu<br />
antworten.<br />
1 Schmitt, Mainzer Vorträge 6, S.7<br />
2 D. Sölle, „Es gibt einen tiefen Ekel vor der in den Kirchen selbstverständlichen Männer-<br />
Herrschaft, die gerade die sensibelsten und wachsten Frauen heute im Christentum heimatlos<br />
macht. Es gibt eine alte und längst nicht überwundene Tradition von Verachtung der Frauen,<br />
Trivialisierung ihrer Fragen, ja Frauenhass, die von fadenscheinigsten theologischen Vorwänden<br />
genährt auch unterhalb scheinbarer Liberalität weiter wuchert. Gespeist wird der Ekel<br />
zugleich durch die Verehrung der männlichen Werte, die Anbetung der Macht um jeden Preis,<br />
die selbst Gott nur als Repräsentanten schlechthinniger Macht denken kann… der Auszug aus<br />
dem christlichen Glauben in die postchristliche Existenz hinein ist heute eine Option bewusster<br />
Frauen. In Halbfas: Die Bibel S 576<br />
3 Ein zeitgenössischer Slogan ( Quelle nicht bekannt, Demo-Transparent mal in einer Zeitung<br />
gesehen)
Seite 4 von 16<br />
Am Anfang steht allerdings zunächst die Frage nach der Stellung der Frauen<br />
in der Frühzeit des Christentums, nach den Möglichkeiten der Frauen in der<br />
Jesusbewegung sowie in den paulinischen und nachpaulinischen Gemeinden.<br />
Eine differenzierte Beobachtung anhand der biblischen Überlieferungen<br />
soll uns die Antwort auf diese umstrittene Frage geben. Dabei soll<br />
Paulus nicht die Rolle des „Unterdrückers“ 4 zugewiesen bekommen.<br />
2. Was die Bibel sagt<br />
2.1 Die Frau vor Gott<br />
Man muss untersuchen, welche grundlegende Richtung die Bibel einschlägt<br />
und was die vorherrschenden Aussagen der Bibel sind. Welche Tendenz ist<br />
mehrheitlich und prinzipiell vertreten. Nur drei Bibelstellen müssen herhalten,<br />
um ein 2000 Jahre altes androzentrisches Bild der Welt und der Gesellschaft<br />
zuzulassen: Der Mann ist das Haupt der Frau (1Kor 11,3). Die Frau darf<br />
nicht lehren und muss still sein und sich dem Mann unterordnen (1Tim 2,12).<br />
Die Frau soll in der Gemeindeversammlung schweigen (1Kor 14,34-36). Als<br />
Argument für die Gleichstellung von Mann und Frau in der Bibel gibt es aber<br />
auch Aussagen anderer Art:„Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild,<br />
und er schuf ihn als Mann und Frau“ (1Mose 1,27).<br />
In der Apostelgeschichte finden wir etwas von der radikalen Gleichheit in<br />
der neuen Gemeinschaft der Christen (Apg 2,16ff) in Bezug auf Geistbegabung<br />
und prophetisches Reden, und im Galaterbrief 3,28 lesen wir „Es gibt<br />
nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau;<br />
denn ihr alle seid einer/eins in Christus Jesus “ durch die Taufe.<br />
Hier ist die Frau vor Gott dem Mann völlig gleichwertig: Hier ist kein Mann<br />
noch Weib, alle sind Gottes Kinder. Der Heilige Geist fällt der alttestamentlichen<br />
Weissagung entsprechend auf Männer und Frauen gemeinsam (Apg<br />
8,12.15.16), und jeder erhält auch Anteil an den Gaben des Geistes (1Kor<br />
12,7). Frauen beten und weissagen im Gottesdienst (1Kor 11,5) und nichts lässt<br />
darauf schließen, dass sie wie im Synagogengottesdienst nur Zuhörer von außen<br />
gewesen wären 5 . Neben dem Bruder (Röm 14,13) steht die Schwester<br />
4 Schmitt, Mainzer Vorträge 6, S.7<br />
5 Vgl. M. Crüsemann: In Unvertretbar frauenfeindlich. S 199 – 223 :In Kompendium: L<br />
Schottroff / M-T Wacker S. 587 - 589
Seite 5 von 16<br />
(Röm 16,1; 1Kor 7,15; 9,5; Jak 2,15). Paulus nennt Frauen (Phil 4,2.3; Röm<br />
16,3) mit dem gleichen auszeichnenden Wort wie Männer seine Gehilfen<br />
(griech. synergoi = Mitarbeiter, Mithelfer) 6 und weist Timotheus an, jungen<br />
Frauen wie Schwestern, älteren wie Müttern zu begegnen (1 Tim 5,2).<br />
2.2 Die Frau in der Ordnung Gottes<br />
2.2.1 Unterordnung als Beziehung<br />
In der Schöpfungsgeschichte heißt es, dass die Menschen nach dem Bild Gottes<br />
geschaffen wurden (1 Mos 1, 27). Im nächsten Atemzug heißt es, dass sie als<br />
Mann und Frau geschaffen wurden. Mit anderen Worten: Als Mann und als<br />
Frau geschaffen zu sein, ist offensichtlich eng verknüpft damit, dem Bild Gottes<br />
zu entsprechen. Wir sind Wesen, die auf Beziehungen angelegt sind, genauso<br />
wie Gott auf Beziehungen aus ist. Gott ist dreieinig, er ist drei – und doch ist<br />
er eins. Er schuf Menschen als Mann und Frau 7 . Einige Verse später heißt es: „<br />
Und sie werden zu einem Fleisch werden“. Das Einssein innerhalb der Dreieinigkeit<br />
kommt in der Freude zum Ausdruck, einander dienen zu können. Der<br />
Sohn freut sich, wenn er den Willen des Vaters tun kann. Der Vater freut sich,<br />
weil er den Sohn erhöhen kann. In dieser Gemeinschaft besteht eine gegenseitige<br />
Unterordnung 8 die auch bei der „Mann und Frau Beziehung“ nichts Anrüchiges<br />
hat.<br />
2.2.2 Rollenverteilung – die Natur der Frau<br />
„Unsere Arbeit ist jetzt wichtiger als unser Schweigen “ 9<br />
- diesen Satz hätte<br />
nicht eine Feministin aus dem 20. Jahrhundert geschrieben, wenn er nicht<br />
schon im ersten Jahrhundert gedacht wurde. Frauen wurde schon seit eh und je<br />
gewisse soziale und gesellschaftliche Rollen zugewiesen. Es ist auf keinen Fall<br />
wegzudiskutieren, dass die Frau in der Bibel einen Platz angestammt bekommt<br />
- die Familie - der Mann - die Gesellschaft-. Damit lassen sich Aufgaben zuordnen<br />
und verteilen. Die Frau ist für Kinder gebären, Haus, Hof, Garten, Küche<br />
und Bett zuständig und der Mann für das Geld, das Wohlergehen der Familie<br />
im sozial- politischen Umfeld der Gesellschaft (Tit 2,4-8; 1Petr 3,1-8) Da-<br />
6 Rienecker, Lexikon zur Bibel, S 1513<br />
7 H. Schüngel-Straumann: in Kompendium , L. Schottroff/ M.-T. Wacker, S 10<br />
8 J. Ortberg, Die Frau schweige? S 20<br />
9 A. Lorde: in Schuld un Macht. C. Schaumberger/ L. Schottroff S155
Seite 6 von 16<br />
mit prägen die Frauen ihr Umfeld und die Männer auch. Diesem Schema ist<br />
nur insoweit was entgegenzusetzen, wenn die Rollenverteilung gewertet oder<br />
hierarchisch interpretiert wird. Wenn die Rollenschemata dafür benutzt werden,<br />
um Frauen unterdrückende, lähmende, Macht stabilisierende androzentrische<br />
Auffassungen in einer Gesellschaft zu etablieren, 10 so wie es die oikos-<br />
Ekklesiologie der Pastoralbriefe geschafft hat und damit die Restriktion der<br />
Partizipation von Frauen in der Kirche zementierte 11 . Der Frau wird in der<br />
Bibel folgendes innere Wesen zugeschrieben. Liebe zu Mann und Kindern,<br />
ein häusliches, gütiges, treues und zuchtvolles Leben (1Tim 3,11; Tit 2,4.5) in<br />
Reinheit und Gottesfurcht (1 Petr 3,6).<br />
Eine andere Rolle die der Frau von der Kirche zugewiesen wurde, und ihr Jahrtausende<br />
geschadet und sie in ein falsches Bild gerückt hat, ist die Frage der<br />
Schuld und der Sünde. Eva brachte die Sünde in die Welt, und Eva ist das Urbild<br />
der Verführbarkeit. Evas Schuld wird meist als Ursache für das Elend er<br />
ganzen Menschheit verstanden (1Tim 2,13-14). Das historische Unrecht an<br />
Frauen und nicht zuletzt an Paulus durch christliche Interpretationen des Gesetzes<br />
hat so seinen Anfang genommen. 12 Sexualität wurde gleichgestellt mit<br />
Sünde und Abwenden von Gott. Die Schwäche des Mannes, eine Frau zu begehren<br />
wurde allein der Schuld der Frau zugewiesen. 13 Ein Beispiel dafür,<br />
kann aus der Gegenwart genannt werden. Vergewaltigungen werden oft dem<br />
unadäquaten Verhalten der Frau zugeschrieben und nicht dem sich nicht kontrollierenden<br />
Mann. Der Frau als Opfer wird unterstellt, den Mann entweder<br />
durch ihre Erschienung zum Verbrecher werden zu lassen od. erst die Gelegenheit<br />
zu der Vergewaltigung eröffnet zu haben 14<br />
2.2.3 Reihenfolge gleich Rangfolge?<br />
Ein anderer wichtiger Aspekt des 2. Schöpfungsberichts hat mit der Reihenfolge<br />
zu tun. Manchmal hört man das Argument, dass der Mann zuerst geschaffen<br />
wurde und die Frau danach (1Mos 2,22). Deshalb sei der Mann vorrangig.<br />
10 vgl. Tertullian/ Papst PiusII/ Th.Aquin/ Augustinus/ Synode von. Coyaca 1050, von Paris<br />
846, : in Zitate: http://www.kirchenopfer.de/dieopfer/frauen/<br />
11 vgl. L. Schottroff: Schuld und Macht . Adams Schuld, Die paulinische Sündentheorie und<br />
ihr geistes- und sozialgeschichtlicher Kontext S 31 – 55<br />
12 vgl. I. Raming: http://www.womenpriests.org/de/deutsch/raming08.htm (Original in: Orientierung<br />
Jg.64, 2000, S. 100-103 u. S.111-114) Zit. in: L’Osservatore Romano, Wochenausgabe<br />
in deutscher Sprache, v. 17.03.2000, S. 3.<br />
13 vgl. auch : http://www.womenpriests.org/de/traditio/sinful.htm#latin<br />
14 vgl. S. Brownmiller: http://www.ceiberweiber.at/ownpages/feminism/brownm.htm#menu
Seite 7 von 16<br />
Diese Schöpfungsgeschichte kann in soweit nicht als schlüssiges Argument mit<br />
der Reihenfolge dienen, da die Reihenfolge im 1. Schöpfungsbericht den Tieren<br />
den Vorrang gibt. Auch widerspricht der Rangfolge der Geschlechter die<br />
Formulierung des originalen Textes „ die Frau entspricht dem Manne“.<br />
2.2.4 Namengebung<br />
Eine andere Sache aus dem Schöpfungsbericht hat mit der Namensgebung von<br />
Eva zu tun. In 1 Mose Kapitel 3, Vers 20 heißt es, dass Adam seine Frau Eva<br />
nannte. Einige argumentieren, die Tatsache, dass Adam Eva einen Namen gab,<br />
sei ein Beweis dafür, dass er eine höhere Stellung habe als sie. Genauso wie<br />
Adam den Tieren Namen gab und damit über ihnen stand. Aber Adam gab ihr<br />
erst nach dem Sündenfall, nachdem der Fluch in Kraft getreten war, einen Namen.<br />
Vor dem Sündenfall erkannte er an, dass sie Frau, bzw. „Männin“, (1Mos<br />
2,23) genannt werden soll. Das ist der Gattungsbegriff für Frauen, ischa ist die<br />
hebräische Bezeichnung. Isch ist das Wort für Mann, ischa die weibliche<br />
Form. Erst nach dem Sündenfall findet die - Eva - Namensgebung statt. Nach<br />
dem Fluch ist Gottes Absicht für die Gemeinschaft befleckt: Feindseligkeit,<br />
Sexismus und Machtkampf zwischen den Geschlechtern nehmen ihren Anfang<br />
- und stehen bis heute auf der Tagesordnung.<br />
2.2.5 Handlanger oder Hilfe ?<br />
Ein anderer Teil des Schöpfungsberichts, der auch oft falsch verstanden wird:<br />
Als Gott die Frau erschuf, nannte er sie „Gehilfin“ (Luther) oder „Hilfe“. Manche<br />
schließen daraus, sie sei eine Art Handlanger oder Assistentin des Mannes.<br />
Aber so ist dieses Wort nicht zu verstehen. Im Alten Testament wird dieses<br />
hebräische Wort „Hilfe“ am häufigsten für Gott verwendet. Zum Beispiel in<br />
Psalm 33,20: „Unsere Seele wartet auf den Herrn; unsere Hilfe und unser<br />
Schild ist er.“ Der Psalmist verwendet hier dasselbe Wort und will bestimmt<br />
nicht sagen, dass Gott ein Assistent oder Handlanger oder so etwas wäre ... Im<br />
Kontext des 1. Buches Moses geht es bei dieser Hilfe ganz eindeutig darum,<br />
dass die Frau da ist, um dem Mann zu helfen, damit sie gemeinsam daran arbeiten,<br />
die Hauptaufgabe der Menschen zu erfüllen - die der Mann allein nicht<br />
bewältigen kann. Was ist diese Hauptaufgabe? Gemeinschaft! Einssein! Erinnern<br />
wir uns: Wir sind nach Gottes Bild geschaffen. Gott selbst ist drei und
Seite 8 von 16<br />
doch eins. Er erschafft Menschen, damit sie Einssein erfahren, damit sie Gemeinschaft<br />
aufbauen. Das ist die Berufung des Menschen: Gemeinschaft aufzubauen.<br />
Allein könnte ein Mann oder eine Frau das nicht schaffen. Es muss<br />
mindestens zwei Menschen geben, damit man anfangen kann eine Gemeinschaft<br />
aufzubauen. 15<br />
2.3 Frauen im Alten Testament<br />
Im Alten Testament finden wir Frauen, die eine herausragende Rolle spielen.<br />
Miriam wird in 2 Mose 15,20 als Prophetin bezeichnet. In 4 Mose 12<br />
wird sie bezeichnet als eine, durch die der Herr redete. 16 Eine herausragende<br />
Rolle spielt auch die Prophetin Hulda (2 Könige 22,11-16), die in einer kritischen<br />
Situation um Rat gefragt wird und den Männern, die sie im Auftrag<br />
des Königs und des Priesters besuchen, das Wort Gottes verkündigt. 17<br />
Es wäre wirklich schwer verständlich, wenn Gott etwas dagegen hätte, dass<br />
Frauen Männer lehren und Leitungsaufgaben wahrnehmen, und gleichzeitig<br />
veranlasste, dass der König und der Priester zu einer Frau gehen, um von ihr<br />
bindende Anweisungen entgegenzunehmen. Schon im Alten Testament gehen<br />
der König und der Priester zu einer Frau, um von ihr das Wort Gottes zu hören.<br />
Wenn es in Gottes Augen also falsch wäre, dass Frauen so etwas tun, würden<br />
uns diese Berichte vor ein großes Problem stellen. Wie sollte man dann<br />
Gottes Handeln in dieser Situation begreifen?<br />
Eine weitere bemerkenswerte Frau finden wir in Richter 4,4: „Und Debora,<br />
eine Prophetin, die Frau des Lappidot, war Richterin in Israel zu jener Zeit.“<br />
Das Wort „Richterin“ kann auf verschiedene Weise übersetzt werden. Es lässt<br />
sich auch mit „Anführerin“ wiedergeben. Zu jener Zeit lag die politische, richterliche<br />
und geistliche Führung Israels in der Hand von Richtern. Von der Zeit<br />
Josuas bis zur Einsetzung des ersten Königs hatten Richter das höchste Amt in<br />
Israel. Sie waren die oberste Autorität. Im weiteren Verlauf dieses Textes wird<br />
deutlich, dass Debora so geachtet war, dass der militärische Oberbefehlshaber<br />
nur in den Kampf ziehen wollte, wenn sie mitkommen würde. Obwohl aus dem<br />
Text klar hervorgeht, dass Debora verheiratet war, wird sie - und nicht ihr<br />
15 Vgl. R. Habermann, in Kompendium , L. Schottroff/ M.-T. Wacker, S 538-539<br />
16 Vgl. U. Rapp in Kompendium , L. Schottroff/ M.-T. Wacker , S 56-57<br />
17 Vrg. S Scholz, in Kompendium , L. Schottroff/ M.-T. Wacker, S 143
Seite 9 von 16<br />
Mann - von Gott ausgewählt, sein Volk anzuführen. Was hier so überrascht, ist<br />
die Tatsache, dass das Alte Testament diese Berichte von Frauen in Führungspositionen<br />
einfach erzählt, ohne einen Kommentar dazu abzugeben. Es heißt<br />
nicht etwa: „Debora wurde zur Richterin gewählt, weil kein Mann zur Verfügung<br />
stand.“ Es heißt nicht: „Kein Mann wollte vortreten und diese Aufgabe<br />
übernehmen, deshalb musste es eine Frau tun.“ Das Alte Testament akzeptiert<br />
diese Frau als Stimme Gottes und Führerin des Volkes. 18 Es kann also nicht<br />
Gottes Wille sein, dass nur Männer und nicht auch Frauen sein Volk lehren und<br />
Führungsaufgaben wahrnehmen. Die Hebammen Schiphra und Pua sind gegen<br />
den Pharao ungehorsam und retten somit das Kind Mose (Ex 1,19). So wie<br />
Gott später durch Mose handelte, um sein Volk zu befreien, so handelte Gott<br />
zuerst durch die Frauen, um sein Volk zu retten. Frauen sind ebenso wie Männer<br />
Werkzeuge Gottes für das Heil und, in der Exoduserzählung, die ersten<br />
Mittler Gottes. 19 Gott sprach durch Frauen ebenso wie durch Männer. Bemerkenswert<br />
ist noch für das AT die Weissagung von Joel 3,1 „Danach werde ich<br />
ausgießen meinen Geist über alles Fleisch und es werden weissagen euere<br />
Söhne und Töchter…“ die in der Apostelgeschichte aufgenommen wird.<br />
2.4 Jesus und die Frauen<br />
Es ist unumstritten, dass Frauen zu Jesu Zuhörern gehörten und von ihm geheilt<br />
wurden (Lk 8,2; 13,10-17; Mk1,29-31; 5,25-34; 7,24-30). Davon legen<br />
die Evangelien sowohl durch die Erzähl- als auch die Wortüberlieferung ein<br />
vielfältiges Zeugnis ab. Jesu Botschaft richtet sich gezielt auch an die ausgestoßenen<br />
Frauen der Gesellschaft, was beispielsweise die Erzählung von der<br />
salbenden Sünderin zeigt (Lk 7,36-50). Damit wird eine antike idealtypische<br />
Beschränkung von Frauen auf das Haus von beiden Seiten, d.h. also sowohl<br />
von Jesus als auch von Frauen, durchbrochen.<br />
Im Neuen Testament fällt uns schnell auf, wie ungewöhnlich das Verhältnis<br />
Jesu zu Frauen ist. Auch in diesem Sinne ist er einzigartig unter den Rabbis<br />
seiner Zeit - das wird allgemein so gesehen und akzeptiert. Auch hier ist<br />
wieder wichtig, dass wir erkennen, in welche Richtung eine Bibelstelle<br />
weist und wie sie darauf eingeht, was in der herrschenden Kultur üblich<br />
war. Rabbis vertraten im allgemeinen die Ansicht, Frauen seien minderwer-<br />
18 Vgl. J.C. Exum , in Kompendium , L. Schottroff/ M.-T. Wacker, S 92-93<br />
19 L. M. Russel, Als Mann und Frau ruft er uns, S 54
Seite 10 von 16<br />
tig. Sie weigerten sich zum Beispiel, Frauen die Tora, die fünf Bücher<br />
Mose, zu lehren. Es gab Aussagen wie: „Es ist besser, die Tora zu verbrennen,<br />
als sie einer Frau zu lehren.“ Eine andere rabbinische Aussage aus jener<br />
Zeit lautet: „Denn die Gräueltat eines Mannes ist besser, als wenn eine Frau<br />
etwas Gutes tut“ 20<br />
Jesus steht hier in einem krassen Gegensatz zu den Rabbinern<br />
seiner Zeit.<br />
Ergänzend zu dieser rabbinischen Abneigung der Frau gegenüber kommt<br />
noch das Gebot der Reinheit (Blut – verunreinigt) nach dem Gebären (Lev<br />
12,4) „ Und sie soll daheim bleiben dreiunddreißig Tage im Blut ihrer Reinigung.<br />
Kein Heiliges soll sie anrühren, und zum Heiligtum soll sie nicht kommen,<br />
bis die Tage ihrer Reinigung um sind“. Jesus setzt sich über dieses Gebot<br />
hinweg. Die Blutflüssigenheilung der Frau (Mk 5,25-34) ist eine soziale Integrationsgeschichte.<br />
Jesus wird nicht unrein, sondern die Frau wird geheilt. 21<br />
2.4.1 Traditionelles<br />
Zu den Jüngern und Nachfolgern Jesu gehörten auch Frauen. Dazu möchte ich<br />
auf zwei Bibelstellen verweisen, die aber vorher noch eine besondere Erklärung<br />
benötigen. In Apostelgeschichte 22 findet sich eine feste Redewendung,<br />
deren Bedeutung für das Verständnis von Jesu Haltung wichtig ist. Paulus hält<br />
eine Verteidigungsrede und erklärt den Behörden, wer er ist. Er wendet sich in<br />
hebräischer Sprache an sie: „Ihr Brüder und Väter, hört jetzt meine Verantwortung<br />
vor euch! Als sie aber hörten, dass er sie in hebräischer Mundart anredete,<br />
hielten sie noch mehr Ruhe. Und er spricht: Ich bin ein jüdischer Mann, geboren<br />
in Tarsus in Zilizien; aber auferzogen in dieser Stadt, zu den Füßen<br />
Gamaliels unterwiesen nach der Strenge des väterlichen Gesetze“ (Apg 22,1-<br />
3). Die Formulierung „zu den Füßen Gamaliels“ war eine feste Redewendung.<br />
Damals geschah die theologische Ausbildung in der Form, dass ein Rabbi seine<br />
eigene Schule hatte, seine private Rabbinerschule. Seine Schüler bzw. Jünger<br />
folgten ihm einfach, wohin er ging, und sie setzten sich unterhalb von ihm hin,<br />
während der Rabbi lehrte - das nannte man „zu den Füßen des Rabbis“. „Zu<br />
den Füßen eines Rabbis sitzen“ bedeutete also, dass man als sein Jünger verstanden<br />
wurde. Mit anderen Worten sagt Paulus hier nichts anderes als: „Ich<br />
war in der Schule Gamaliels, war sein Jünger, war in seiner Universität einge-<br />
20 L. M. Russel, Als Mann und Frau ruft er uns, S 63<br />
21 Vgl. M Fander , in Kompendium , L. Schottroff/ M.-T. Wacker, S 502-503
Seite 11 von 16<br />
schrieben.“ Gamaliel war einer der bekanntesten Rabbis jener Zeit. 22 In den<br />
zwei Bibelstellen, die ich betrachten will, werden wir diese Formulierung wieder<br />
entdecken. „Auf ihrem Weg nach Jerusalem kamen Jesus und die Jünger<br />
auch in ein Dorf, in dem eine Frau mit Namen Marta sie in ihr Haus einlud.<br />
Ihre Schwester Maria saß Jesus zu Füßen …“ (Lk 10,38 ff). Hier wird deutlich,<br />
wie ernst Jesus Frauen nimmt. Diese Stelle hier bedeutet: In der frauenfeindlichen<br />
Welt seiner Zeit nahm Jesus Frauen genauso wie Männer in seine Gemeinschaft<br />
und Schule auf. Und wir wissen, wie diese Szene weitergeht: „...<br />
und hörte ihm aufmerksam zu. Marta dagegen mühte sich mit der Bewirtung<br />
der Gäste. Sie kam zu Jesus und sagte: Herr, ist es nicht ungerecht, dass meine<br />
Schwester hier sitzt, während ich die ganze Arbeit tue? Sag ihr, sie soll kommen<br />
und mir helfen. Doch der Herr sagte zu ihr: Meine liebe Marta, du sorgst<br />
dich um so viele Kleinigkeiten! Im Grunde ist doch nur eines wirklich wichtig.<br />
Maria hat erkannt, was das ist - und ich werde es ihr nicht nehmen.“ (Lk 10,38-<br />
42). Diese Geschichte wird heutzutage leider oft nur zu einer Geschichte über<br />
Maria-Typen und Marta-Typen reduziert; dass wir also mehr lernen müssen,<br />
uns wie Maria Zeit zu nehmen und den Duft der Rosen wieder zu riechen und<br />
Ähnliches. Im ersten Jahrhundert hätte kein Leser diese Geschichte so meditativ<br />
verstanden. Die Kernaussage in dieser Geschichte, die damals jedem sofort<br />
ins Auge stach, ist eine ganz andere. Jesus lobt nicht die Frau, die die traditionelle<br />
Rolle der Gastgeberin einnimmt. Vielmehr lobt er die Frau, die eine<br />
Schülerin des Rabbis ist, von ihm lernt und zu seinen Füßen sitzt.<br />
2.4.2 Frauen als Zeuge<br />
Im Neuen Testament erfahren wir außerdem, dass Frauen frei mit Jesus umherzogen,<br />
während er predigte und den Menschen half. Ein Beispiel dafür finden<br />
wir in Lukas 8,1-3. Nach allem, was wir über diese Zeit wissen, war auch das<br />
im Leben eines Rabbi im ersten Jahrhundert ohne Beispiel. Sehr auffallend ist<br />
auch für das erste Jahrhundert, dass Frauen die ersten Zeugen für den Höhepunkt<br />
von Jesu Dienst, seine Auferstehung, waren (vgl. Matthäus 28,1ff).<br />
Diese Tatsache gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn man versteht, wie<br />
wichtig in jener Zeit Zeugen waren. Wenn irgendetwas vor Gericht als Tatsache<br />
gelten sollte, musste es von Zeugen bestätigt werden. Noch etwas muss<br />
22 F.Rienecker, Lexikon zur Bibel S434
Seite 12 von 16<br />
man in diesem Zusammenhang wissen: Frauen waren als Zeugen nicht zugelassen.<br />
Wenn ein Mann einen Mord beging und diese Tat nur von Frauen bezeugt<br />
wurde, egal von wie vielen -selbst wenn es mehrere hundert waren, war<br />
er kein Mörder. Er konnte vor Gericht nicht verurteilt werden. Es musste<br />
mindestens zwei männliche Zeugen geben. Es ist sehr auffallend, dass die<br />
Verfasser der Evangelien festhalten, dass Frauen die ersten Zeugen der Auferstehung<br />
waren.<br />
Ein letztes Beispiel für Jesu Verhalten gegenüber Frauen ist seine auffallende<br />
Begegnung mit einer Samariterin, der Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4). Jesus<br />
sprach mit der Frau, während die Jünger in der Stadt waren. Schließlich kamen<br />
sie zurück. Auch über diesen Satz wird heute oft achtlos hinweg gelesen:<br />
„In diesem Augenblick kehrten seine Jünger zurück. Sie waren erstaunt, ihn<br />
im Gespräch mit einer Frau zu sehen ...“ (Joh 4,27). Natürlich wunderten sie<br />
sich, denn in jener Zeit taten Rabbis so etwas nicht! Sie wunderten sich, dass<br />
er mit einer Frau sprach - aber er tat so etwas immer wieder.<br />
2.5 Große Frauen im Neuen Testament<br />
… diese Frauen hören bzw. lernen, reden, führen und lehren. „Wer aber prophetisch<br />
redet, der redet den Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und<br />
zur Tröstung.“ (1Kor 14,3) und „Ihr könnt alle prophetisch reden, doch einer<br />
nach dem andern, damit alle lernen und alle ermahnt werden.“ In Apg 21,9<br />
haben wir noch sehr wohl Prophetinnen – die vier Töchter des Philippus, wo es<br />
heißt „ sie waren Jungfrauen und weissagten“. Eine weitere Frau, die in der<br />
Urkirche erwähnt wir, ist Priszilla (Apg 18), die Frau von Aquila. In der griechischen<br />
Literatur ist die Reihenfolge, in der Namen aufgezählt werden, sehr<br />
aussagekräftig und hat große Bedeutung. Zu beachten ist hier die Aufzählung<br />
„Paulus und Barnabas“, „Paulus und Silas“. Wer die Führung hat steht am<br />
Anfang in der Aufzählung. In Apg 18, 18. 24 – 26 sind Beispiele zu finden,<br />
dass Priszilla Gottes Wort genauer erklären konnte, und das bestimmt nicht<br />
unter der Autorität ihres Mannes sondern eher umgekehrt. Eine bemerkenswerte<br />
Frau ist auch Phöbe (Römer 16, 1-2). Paulus nennt sie eine Dienerin, im<br />
griechischen Text Diakonin. Paulus benutzt dieses Wort fast ausschließlich für<br />
Diener des Wortes Gottes, Lehrer, Prediger. Es ist ein Amt.
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Am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts hatte eine christliche Prophetin,<br />
die Vorsteherin einer prophetischen Gruppe oder Schule war, großen<br />
Einfluss in der Gemeinde von Thyatira (Offb 2, 19-23). Diese Prophetin<br />
scheint in der Gemeinde eine anerkannte Autorität gewesen zu sein, denn der<br />
Autor der Geheimen Offenbarung wirft der Gemeinde vor, sie habe sich ihr<br />
nicht aktiv entgegengestellt. Der Einfluss dieser Frau muss dem Schreiber weit<br />
reichend und bedrohlich erschienen sein. Indem er sie Jezebel nennt, unterstellt<br />
er, dass die Prophetin, wie die Königin im alten Testament, die Leute zum Götzendienst<br />
anstiftete und ihre Ziele durch Verführungskünste und böswilliges<br />
Ränkeschmieden erreichte.<br />
3. Was die Exegeten sagen<br />
Laut Exegeten sind die Verse 1 Kor 14,34b-36 von Problemen belastet. Die<br />
Verse stehen in den Kodizes Claromontanus, Augiensis und Boernerianus<br />
(Hauptzeugen des sog. westlichen Textes), in altlateinischen Übersetzungen,<br />
mehreren Vulgatahandschriften und in dem Ambrosius zugeschriebenen Pauluskommentar<br />
hinter V. 40. 23<br />
1. Die radikalste und gegenwärtig weithin akzeptierte Lösung lautet: Der<br />
Abschnitt stammt nicht von Paulus, sondern wurde erst später hier eingefügt,<br />
womöglich unter Abhängigkeit von 1Tim 2,11f unter dem<br />
Stichwort „schweigen“. Die Fälschung sei zum Zwecke unterdrückerischer<br />
Frauenpolitik nicht wegzudiskutieren. 24<br />
2. Da die Aussagen aus 1Kor 11,3ff und 14,33b-36 widersprüchlich sind,<br />
seien sie auch auf verschiedene Stufen der Korrespondenz des Paulus<br />
mit den Korinthern zu verteilen 25 . Die Situation in der Gemeinde habe<br />
sich verändert, deshalb seien andere Anweisungen notwendig geworden,<br />
schärferes Durchgreifen sei das Resultat mit den so verhängnisvollen<br />
Worten für die Nachwelt geworden. Hier greift die situationsbezogene<br />
Anweisung, sie kann auf keinen Fall zu einer prinzipiellen Annahme<br />
führen.<br />
23 C. Wolff, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, S 140<br />
24 L. Schottroff/ M.T. Wacker, Kompendium Feministische Bibelauslegung S 589<br />
25 C. Wolff, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, S 140 Vgl. W. Schmithals, Gnosis<br />
S230-232
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3. Ein anderer Lösungsvorschlag ist der, dass es nicht um eine theologische<br />
Ebenbürtigkeit von Mann und Frau geht, sondern um die Schicklichkeit<br />
weiblichen Benehmens. Frauen sollen nicht „Dazwischenfragen“<br />
oder „Drauflosreden“. Ein Missverständnis kann auch das Wort<br />
„sprechen“ – aus dem Griechischen übersetzt herbeiführen. Mal steht es<br />
für eine pneumatische Sprache (1Kor14,34), mal für eine glossolale<br />
und prophetische Sprache (1Kor 11,5.13). Die Anleitung zu einem geordneten<br />
Gottesdienst ist hier Paulus’ Intention und nicht das generelle<br />
Verbot, dass Frauen nicht sprechen sollen 26 .<br />
Das Prinzip der Katholischen Kirche „Mulier taceat in ecclesia“ ist eine völlig<br />
falsche Auslegung gewesen. Bei der Rekonstruktion von Frauengeschichten<br />
über ihre Bedeutung im NT ist auch zu berücksichtigen, dass die neutestamentlichen<br />
Schriften aus einer androzentrischen, männlichen Perspektive 27 und in<br />
einer ebensolchen Sprache verfasst sind 28 . Oft fehlt jede weibliche Anrede in<br />
nachpaulinischen Texten. Die Abwesenheit weiblicher Spuren ist jedoch nicht<br />
immer gleichbedeutend mit Frauenfeindlichkeit. So legt sich „bis zum Beweis<br />
des Gegenteils“ eine inklusive Lektüre nahe. „ Solange Frauen bzw. weibliche<br />
Aspekte nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden, muss bei grammatikalisch<br />
androzentrisches Texten angenommen werden, dass sowohl von Männern als<br />
auch von Frauen die Rede ist“ 29 . Es ist davon auszugehen, dass die Gelehrten<br />
sich allgemein darüber einig sind, dass Jesus seinen Nachfolgern keinen Leitfaden<br />
hinterließ für die Organisation und die Strukturierung der Kirche. Zur<br />
Zeit des Paulus waren Führungspositionen noch auf charismatische Autorität<br />
gegründet und man wechselte sich darin ab. Der Prozess der Erstarrung und<br />
Institutionalisierung setzte erst zu Ende des ersten Jahrhunderts richtig ein. 30<br />
26 C. Wolff, Der erste Brief des Paulus an die Korinther, S 141<br />
27 G. Lerner: in die Bibel, Halbfas S 81 „ ..Der androzentrische Irrtum von dem das gesamte<br />
Denken der westlichen Zivilisation geprägt ist…“<br />
28 Vgl. Russel, Als Mann und Frau ruft er uns, S 49<br />
29 M. Crüsemann: in Kompendium, L. Schottroff/ M.-T. Wacker S 654<br />
30 Russell, Als Mann und Frau ruft er uns, S 44
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4. Zusammenfassung<br />
Am Anfang war Gott – er schuf den Menschen nach seinem Bilde – Mann und<br />
Frau waren gleich. Die Erkenntnis, die Suche nach dem Ich ohne Gott, der<br />
Sündenfall, brachte die Ungleichheit, die Angst, die Machtgier zu den Menschen,<br />
sie wandten sich von Gott ab. Der Kampf der Geschlechter begann, die<br />
Unterdrückung der Frau und des Schwächeren – aus welchem Anlass auch<br />
immer, gesellschaftlich, situationsbezogen, oder politisch – die Frau hat ihre<br />
Gleichstellung verloren. Die Beteiligung der Frau in der frühesten christlichen<br />
Bewegung hat das erste Jahrhundert nicht überlebt. Ein androzentrisches Weltbild<br />
sollte die Folge sein und trotz der 2 Jahrtausende Frauenunterdrückung in<br />
christlichen Kirchen gilt: In Jesus, seiner Liebe und seinem Sterben für uns<br />
alle, wird wieder der paradiesische Zustand – wie Gott es vorgesehen hat, hergestellt.<br />
Alle Menschen ohne Ausnahme von Rasse, Stand, Geschlecht werden<br />
wieder gleichgestellt. Das geschieht auf Erden schon durch die Taufe, und das<br />
neue Leben in Jesus Nachfolge. Regeln und Anweisungen, die die Gleichstellung<br />
von Mann und Frau unterbinden, werden gegenstandslos. So auch - die<br />
Frau schweige in der Gemeinde…<br />
5. Was ich sage<br />
Mann und Frau sind gleichwertig, eine Rollenverteilung nach Gaben und Fähigkeiten<br />
sollte in den Gemeinden, der Gesellschaft möglich sein. Wenn eine<br />
Frau die Gabe zum reden hat, dann ist es ihre Pflicht zu reden. Gott schuf den<br />
Menschen nach seinem Bilde. Jeder Angriff oder mindere Wertschätzung sowie<br />
ungleiche Behandlung der Frau, ist eine Anmaßung, eine In-Frage- Stellung<br />
der höchsten Autorität – Gott -. Jesus bekräftigt diese Gleichstellung<br />
zweifellos. Die Kirche hat die Aufgabe diese Realität zu akzeptieren und auch<br />
umzusetzen. Wenn sie einen integrativen Anspruch an die Gesellschaft hat,<br />
muss sie die Ermahnung des Paulus so betrachten, dass keine Gaben der Frauen<br />
verloren gehen oder unterdrückt werden.
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6. Literaturverzeichnis und Internetquellen<br />
Literaturverzeichnis:<br />
Omerzu, Heike: „Es gibt nicht mehr männlich und weiblich“. Zur Bedeutung<br />
von Frauen im frühen Christentum, in: Schmitt, Sigrid(Hg.):Frauen und Kirche.<br />
Mainzer Vorträge 6. Stuttgart 2002. S.11-34.<br />
Ortberg, John: Die Frau schweige? (übersetzt von S. Lutz). Gaben in der Gemeinde-ein<br />
Diskussionsbeitrag. Holzgerlingen 2004.<br />
Rienecker, Fritz (Hg.): Lexikon der Bibel. 5.Auflage, Wuppertal 1964.<br />
Russell, Letty M. (Hg.): Als Mann und Frau ruft er uns. (übersetzt von Ann<br />
Heuwig-Arnold u. Armand Arnold) Vom nicht sexistischen gebrauch der Bibel.<br />
München 1979<br />
Halbfas, Hubertus: Die Bibel. Erschlossen und kommentiert. Düsseldorf<br />
2001<br />
Schaumberger, Christine / Schottroff, Luise ( Hg.): Schuld und Macht. Studien<br />
zu einer feministischen Befreiungstheologie. München 1988<br />
Schottroff, Luise / Marie-Theres Wacher (Hg.):Kompendium. Feministische<br />
Bibelauslegung. Gütersloh 1998.<br />
Wolf, Christian: Der erste Brief des Paulus an die Korinther. Zweiter Teil<br />
(Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament).2. Auflage, Berlin<br />
1982.<br />
Internetquellen:<br />
Frauen Online Magazine:<br />
© 1996 - 2004 by CeiberWeiber® Last modified April 2004<br />
http://www.ceiberweiber.at/service/map.htm<br />
Speis, Ralf : Zitate in "Ein Mahnmal für die Opfer der Kirche"<br />
http://www.kirchenopfer.de/dieopfer/frauen/<br />
Wijengaards, John:<br />
http://www.womenpriests.org/de/deutsch/raming08.htm 2003