Kirchen - Evangelische Kirche in Freising

4 THEMA: ZEICHEN
Andererseits ist es schön, das
Staunen in großen Kinderaugen
zu sehen, wenn plötzlich
Geschenke unter dem Christbaum
liegen, auch wenn das
Kind sichtlich rätselt, warum
Mama und Papa auch etwas
bekommen, obwohl sie doch
oft nicht brav, sondern eher
streng sind...
Und die Fantasie geht auf die
Reise. Meine Tochter (4) meinte
vor kurzem: „Ich wünsche
mir vom Christkind ein Barbie-
Schloss.“ Ich darauf: „Dann sage
ich dem Christkind, dass das
nicht infrage kommt!“, woraufhin
mein Sohn (6) sich trocken
nach meinem Mitspracherecht
in diesem Zusammenhang erkundigte.
In unserer Zeit, in der alles
bestimmt ist von visuellen Effekten,
Glitter und Glamour
und die der Fantasie wenig
Spielraum lässt, genieße ich es,
dass sich meine Kinder ausmalen,
wie das Christkind auf die
Reise geht, die Wunschzettel
der Kinder liest (und gegebenenfalls
noch einmal kurz mit
mir Rücksprache hält) und
dann die Pakete verteilt. Hoffentlich
an möglichst viele Kinder
auf der ganzen Welt.
Dafür nehme ich es in Kauf,
eines Tages in nicht allzu ferner
Zukunft als Lügnerin enttarnt
zu werden. Und vielleicht gelingt
es mir bis dahin ja auch,
gemeinsam mit den Kindern
dem Geheimnis der Liebe Gottes
auf die Spur zu kommen.
Manuela Kießl
Was sage ich, wenn mein Kind mich fragt: Warum schmücken wir einen
Baum, was sagt die Nuss über das Christfest, warum verzieren wir an Ostern
Eier?
Es lohnt sich, auch unseren Bräuchen, unseren Symbolen, den besondern
„Festspeisen“ nachzugehen – nicht nur, um den Kindern etwas erklären zu können.
Manchmal gehen einem auch als Erwachsenen neue Lichter auf.
Was sagt die Nuss über das Christfest?
Pfarrerin Horn hat in einer Weihnachtspredigt in Velden „Christus in der Nuss“
gefunden. Die Nuss hat eine harte Schale aus Holz. Sie erinnert an das harte
Holz der Krippe, die Härte der Armut, des Lebens in der Fremde. Sie erinnert
an das Holz des Kreuzes, an Schmerzen und Tod.
An Weihnachten vergolden wir die harte Schale der Nuss. Glanz und Lichter,
Glühwein, stimmungsvolle Abende, Tannenbaum und Geschenke: Die
glänzende Schale von Weihnachten.
Die Nuss birgt ein Geheimnis: den Kern, das Wertvolle. Das eigentliche
„süße“ Geschenk, das in der Nuss steckt, der Kern von Weihnachten. Aus
einer halben Nussschale kann man eine winzige Krippe gestalten, darin
das Kind. Jesus. Das Kind, das Zukunft verheißt, in dem sich Gott zu erkennen
gibt, inmitten der harten Schale der Welt. Ein Nusskern hat enorme
Kraft: Wenn man das scheinbar tote Holz der Nuss in die Erde legt,
kann neues, verwandeltes Leben daraus wachsen. Wieder eine Verknüpfung
mit Ostern, die Verknüpfung der Weihnachtsbotschaft vom Kommen
Gottes in die Welt mit der Osterbotschaft von der Überwindung der
Mächte, die Leben zerstören.
Rituale und Symbole
Pfarrer Prusseit schreibt in der Besinnung etwas darüber, warum wir gerade
zu Weihnachten Geschenke machen, Pfarrerin Löser hat bei einer
Weihnachtsfeier überraschten Motorradfahrern die Bedeutung des Adventskranzes
erklärt, Dekan Hauer dem Kirchenvorstand, was es mit dem
„Osterlachen“ auf sich hat. Zur Frage „Warum hängt am Weihnachtsbaum
kein Ei“ gibt der Hamburger Pfarrer Christian Butt im gleichnamigen kleinen
Büchlein über das Kirchenjahr Antwort.
Rituale und Symbole geben ein Gerüst für unsere Feste, für den Ablauf
des Jahres, den Ablauf des Lebens. Sie verbinden uns untereinander, sie
verbinden Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges. Sie können etwas
erschließen, was mit dem Verstand allein nicht erfassbar ist. Sie sind
über Sprachbarrieren hinweg verständlich, ohne die Verknüpfung mit ihrer
Erklärung oder der Suche nach ihrer alten oder neuen Auslegung werden
sie aber allmählich bedeutungslos. Es ist spannend und lohnend, nachzuforschen,
was es mit dem Stroh, dem Baum und seinen Kugeln und Sternen,
dem Christstollen auf sich hat, was Gold, Weihrauch und Myrrhe symbolisieren,
woher der Aschermittwoch kommt und was das Osterei für eine Geschichte
hat.
Birgitta Sutor