Was Thüringen bewegt
WIRTSCHAFTSSPIEGEL Thüringen 05/15
WIRTSCHAFTSSPIEGEL Thüringen 05/15
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Automotive<br />
genden „financial stress“ zu begegnen.<br />
Seit der aggressiven Einkaufspolitik des<br />
Herrn Lopez (früherer Chef-Ein käufer<br />
bei VW, d. Red.) hat die Partner schaft<br />
gelitten. Es geht den OEMs offenbar nur<br />
um den kurzfristigen Erfolg. Nach dem<br />
die Zulieferer alle Infor ma tionen transparent<br />
gemacht haben, müs sen sie sich<br />
durch den OEM vorrechnen lassen, dass<br />
das Produkt nur Summe X kosten dürfe,<br />
denn schließlich bekäme man dieses<br />
Produkt in Polen, China und den USA<br />
günstiger als zum gesetzten Zielpreis.<br />
Ich möchte meinem Vortrag auf dem<br />
Branchentag hier nicht vorgreifen, denn<br />
ich könnte die Reihe der Forderungen,<br />
die der Zulieferer heute zu bewältigen<br />
hat, beliebig ergänzen. Wir sind der gläserne<br />
Patient, ohne Frage.<br />
Nun gehören dazu ja immer zwei<br />
Parteien: eine, die es tut und eine, die<br />
es mit sich machen lässt. Welche<br />
Chancen haben die Thüringer Zulie -<br />
ferfirmen, sich gegen die Forderungen<br />
der OEMs zur Wehr zu setzen? Oder<br />
anders gefragt: Fehlt es den oftmals<br />
kleinen und mittleren Firmen in Thü -<br />
ringen an Rückgrat in der Auseinan -<br />
dersetzung mit den Herstellern?<br />
Nur wenige Zulieferer können sich wehren.<br />
Nur Zulieferer, die ein spezielles<br />
Know-how in ihre Produkte haben einfließen<br />
lassen, haben die Chance, sich<br />
der einen oder anderen Forderung zu<br />
entziehen. Nur wenn sie kurz- oder mittelfristig<br />
nicht ersetzt werden können,<br />
haben sie eine Verhandlungschance.<br />
Wir kennen Zulieferer, die alle geforderten<br />
Vertragsbedingungen unterzeichnen,<br />
weil sie wissen, dass im Falle eines<br />
Regresses durch den Endkunden das<br />
Unternehmen nicht mehr existieren<br />
wird, nur um Anschlussaufträge zu erhalten.<br />
Es ist also nicht eine Frage des<br />
Rückgrates, sondern eine Frage der<br />
Überlebenswahrscheinlichkeit des Mit -<br />
tel standes unter diesen Bedingungen. Wir Zulieferer<br />
sind permanent Kosten steigerungen ausgesetzt, die<br />
wir selbst gar nicht zu verantworten haben und dennoch<br />
aufgefangen werden müssen, obwohl sie bei einer<br />
Vertragslaufzeit von fünf Jahren gar nicht bekannt<br />
waren. Nehmen wir Lohnkostensteigerungen, die zwischen<br />
OEMs und den Gewerkschaften ausgehandelt<br />
werden und die wir ungefragt in der Fläche übernehmen<br />
müssen. Wo und wie unterstützten die Gewerk -<br />
schaften die Interessen der Zulieferindustrie?<br />
Man sagt ja immer, dass Einigkeit stark macht. Aber<br />
allzu viele Absprachen der AT-Mitglieder untereinander<br />
würden das Kartellamt auf den Plan rufen.<br />
<strong>Was</strong> kann und will der AT in der Auseinander set -<br />
zung mit den OEMs tun?<br />
Hier möchte ich den Gedanken von Preisabsprachen<br />
gar nicht erst aufkommen lassen. Die Mitglieder des<br />
AT haben gemeinsame Interessen zu artikulieren, geben<br />
untereinander Know-how weiter im Umgang mit<br />
den OEMs und in Rechtsfragen. Wir sind aber immer<br />
auch Wettbewerber um die Aufträge der Zukunft. Es<br />
ist allerdings richtig, dass wir in <strong>Thüringen</strong> gegen große<br />
Zulieferer im Wettbewerb stehen, die solche<br />
Preisab sprachen einsetzen, um sich so einen Vorteil<br />
zu verschaffen. Ich kenne kein Unternehmen des AT,<br />
das mal schnell 300 Millionen Euro Strafe an das<br />
Kartell amt abführt, wie Schäffler oder Etscha mit 68<br />
Millio nen Euro in diesen Tagen. Webasto hat geplaudert<br />
und wird somit von einer Strafe verschont, die<br />
222 Mil lionen Euro ausgemacht hätte.<br />
Wir haben in der Automobilindustrie<br />
den Verband VDA unter Führung von<br />
Matthias Wissmann. Um solche Ma -<br />
chen schaften zu vermeiden, wäre es<br />
doch ein Gedanke, diese Firmen aus<br />
dem Verband auszuschließen. Im AT<br />
unter meiner Führung würde ich in einem<br />
solchen Fall dem Vorstand den<br />
Ausschluss der Fir men empfehlen oder<br />
aber mein Amt niederlegen. Im öffentlichen<br />
Bereich werden solche Firmen<br />
auf die rote Liste gesetzt. Beim VDA und<br />
den OEMs geht die Show weiter und der<br />
kleine Zu lieferer hat keine Chance.<br />
Kommen wir zu einem weiteren<br />
Reizthema, die Fachkräftesituation.<br />
Sie haben beklagt, dass die beiden<br />
Großen, also Opel und MDC, den kleinen<br />
Firmen die Mitarbeiter abjagen.<br />
<strong>Was</strong> raten Sie Ihren Mitglieds unter -<br />
nehmen im Kampf um die besten<br />
Fachkräfte?<br />
Zunächst lassen Sie mich eines festhalten:<br />
Ein Teil unseres markwirtschaftlichen<br />
Systems ist die freie Wahl des<br />
Arbeitgebers. Dies ist völlig normal. Ob<br />
es aus Sicht von Opel geschickt ist,<br />
Foto: MITEC<br />
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