02.07.2015 Aufrufe

MOTORRAD Classic 8/2014

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

8/<strong>2014</strong><br />

www.motorrad-classic.de<br />

Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />

Serie<br />

Restaurierung<br />

BMW<br />

R 80 G/S<br />

Teil 2:<br />

Antrieb<br />

CHARAKTER-<br />

BENELLI<br />

650 S TORNADO<br />

TWINS<br />

KAWASAKI<br />

650 W1<br />

Vorbild<br />

RUDGE<br />

SPECIAL<br />

Selten schön<br />

SUZUKI<br />

GS 400<br />

Honda Dominator-Racer<br />

von Louis<br />

Glanzstück<br />

RICKMAN-<br />

HONDA<br />

CR 750<br />

Deutschland 5,70 €<br />

Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />

BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />

Griechenland 8,20 €<br />

Aero-Dynamiker<br />

MONDIAL<br />

250<br />

BIALBERO


INHALT I<br />

8/<strong>2014</strong><br />

Schön war sie schon damals, doch die<br />

GS 400 galt anfangs eher als Einsteigeroder<br />

Brot-und-Butter-Motorrad. Heute ist<br />

die rare 400er ein gesuchter Klassiker<br />

70<br />

Seinen Jugendtraum<br />

vom kleinen 125er-Twin<br />

hat sich Dirk Wulbrede<br />

spät, dafür aber gleich<br />

doppelt erfüllt<br />

MOTORRÄDER<br />

IN DIESER<br />

AUSGABE:<br />

Benelli 650 S Tornado 4<br />

BMW R 80 G/S 78<br />

Honda CB 125 36<br />

Kawasaki 650 W1 4<br />

Louis-Café Racer 84<br />

Mondial 250 Bialbero 108<br />

Rickman-Honda CR 750 16<br />

Rudge Special 94<br />

Suzuki GS 400 70<br />

Yamaha RD 400 88<br />

Yamaha XS 850-<br />

Café Racer 104<br />

Zubehör-Gigant Louis zeigt,<br />

welch schicken Café Racer<br />

man aus einer Honda<br />

Dominator machen kann<br />

36<br />

84<br />

Four-Reiter? Der Rudge-Single glänzte<br />

schon früh mit vier Ventilen<br />

94<br />

Titelfotos: Bilski, Cathcart, Gonzales, jkuenstle.de, Louis, Siemer; Fotos Inhalt: Behle, Bilski, Botzkowski, Cathcart, jkuenstle.de, Koch, Louis, Schmieder, Siemer, Streblow<br />

2 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


16<br />

AUF ACHSE<br />

4 Benelli 650 S Tornado,<br />

Kawasaki 650 W1<br />

Italien oder Japan? Unterwegs mit zwei<br />

äußerst charakterstarken Parallel-Twins<br />

70 Suzuki GS 400<br />

Der bildschöne Mittelklasse-Twin hat sich<br />

vom Einsteiger- zum Kultbike gemausert<br />

24<br />

78<br />

32<br />

104<br />

IM STUDIO<br />

16 Rickman-Honda CR 750<br />

Japan-Vierer im stabilen Edel-Fahrwerk<br />

SZENE<br />

24 Schottenring-GP<br />

Feuer frei auf der Kult-Rennstrecke<br />

32 Eigenbauten von Jean-Luc Borgetto<br />

Ein Franzose huldigt den legendären<br />

Rennmaschinen mit frechen Nachbauten<br />

36 Honda CB 125<br />

Der 125er-Twin erfüllt Jugendträume<br />

40 Kawasaki-Sammler Maatz<br />

46 Nachrichten, Termine, Tipps<br />

84 Louis-Bike<br />

Café Racer auf Honda Dominator-Basis<br />

94 Rudge Special<br />

Früher Vertreter der Vierventil-Singles<br />

100 Club-Porträt AMSC Leonberg<br />

Klassiker-Fans mit Traditions-Clubhaus<br />

104 Leser bauen selbst: Yamaha XS 850-<br />

Café Racer<br />

RESTAURIERUNG<br />

78 BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />

Mit Getriebe und Kardan alles okay?<br />

ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />

30 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 10/1963<br />

Honda CB 77<br />

NACHGEDRUCKT<br />

88 Yamaha RD 400 im ersten Test von1976<br />

MARKT<br />

62 Der aktuelle Preisspiegel<br />

Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />

SPORT<br />

108 Mondial 250 Bialbero Racer<br />

Erinnerungsreiche Ausfahrt mit dem extrem<br />

aerodynamischen Weltmeister-Bike<br />

EDIT0RIAL<br />

Ab jetzt: Zehn<br />

Mal <strong>MOTORRAD</strong><br />

<strong>Classic</strong> im Jahr<br />

Eine gute Nachricht für alle<br />

Freunde von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>:<br />

Ab nächstem Jahr wird Ihre Zeitschrift<br />

nicht nur acht Mal wie bisher,<br />

sondern zehn Mal erscheinen. Die<br />

ständig wachsende Zahl der Liebhaber<br />

klassischer Motor räder und Youngtimer<br />

machte uns diese Entscheidung<br />

leicht. Seit Jahren steigt auch die Zahl<br />

der Käufer unserer Zeitschrift. Was<br />

beweist, dass wir die Interessen unserer<br />

Leserinnen und Leser treffen. Beispielsweise<br />

unsere Ausgabe mit den<br />

50ern vor ein paar Wochen: Diese war<br />

nicht nur eine der am besten verkauften<br />

Ausgaben der letzten Jahre. Nein,<br />

durch dieses Titelthema erreichte auch<br />

eine Flut von Leserbriefen unsere Redaktion.<br />

Hatte doch fast jeder zu Hercules,<br />

Kreidler, Zündapp & Co. eine eigene<br />

Geschichte zu erzählen. Herrlich!<br />

An mindestens ein Motorrad aus<br />

der jetzigen Ausgabe werden sich auch<br />

viele von Ihnen sicher erinnern: Die<br />

Suzuki GS 400 war Ende der 70er- Jahre<br />

mindestens so beliebt wie die vielen<br />

50er. In meiner Motorrad-Clique gab es<br />

auch eine. Der Kreili, dem die hübsche<br />

Suzuki gehörte, ärgert sich heute noch<br />

darüber, dass er sie damals verkauft<br />

hat. Deswegen sollte man ja auch nie<br />

ein Motorrad verkaufen...<br />

108<br />

RUBRIKEN<br />

48 Kleinanzeigen-Markt<br />

68 Leserbriefe<br />

114 Vorschau/Impressum<br />

Viel Spaß beim Lesen<br />

wünscht Ihnen<br />

Michael Pfeiffer<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 3


AUF ACHSE I<br />

Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />

Parallel-<br />

Welten<br />

4 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


Für die Flucht aus dem Alltag gibt es Besseres als das Internet mit seinen<br />

virtuellen Ersatzwirklichkeiten. Zum Beispiel Benelli Tornado und Kawasaki<br />

W1, in deren Zweizylindern die Kolben im Gleichschritt auf und ab<br />

sausen. Und dabei Stress und Hektik auf höchst unterhaltsame Weise aus<br />

Körper und Seele massieren, wie wir beim spaßigen Ausflug ins Parallel-<br />

Universum der beiden entspannten 650er-Twins erfahren konnten.<br />

Text: Uli Holzwarth; Fotos: Arturo Rivas<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 5


AUF ACHSE I<br />

Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />

Treppe oder Aufzug? Mal<br />

ehrlich, wer die Wahl hat,<br />

nimmt den Lift. Ich mache<br />

das jedenfalls so. Und würde<br />

daher auch liebend gern auf den<br />

schwarzen Starterknopf der Benelli drücken.<br />

Allerdings nicht aus Bequemlichkeit,<br />

sondern aus Respekt.<br />

Den hat mir die 650 S Tornado nämlich<br />

in den Tagen zuvor bei zwei, drei<br />

schüchternen Startversuchen in der <strong>Classic</strong>-Tiefgarage<br />

beigebracht. Jeder Tritt war<br />

nicht nur vergeblich, sondern auch ein<br />

wenig schmerzhaft, weil der Italo-Twin<br />

bei Zaghaften lieber austeilt als einsteckt.<br />

Dennoch, ich musste Norbert Breuninger,<br />

dem Besitzer dieses schönen 1972er-Modells,<br />

versprechen, den E-Starter nicht zu<br />

benutzen. Schlägt der Zweizylinder dabei<br />

zurück, kann die schwächliche Kette zum<br />

Anlasser reißen, hatte er mich gewarnt.<br />

So stehe ich nun mit gemischten Gefühlen<br />

und besonders stabilen Stiefeln auf<br />

den Rasten der Benelli. Jetzt gilt‘s, der Fotograf<br />

drängelt, außerdem schaut Jürgen,<br />

der Eigner der Kawasaki, erwartungsvoll<br />

herüber. Seine W1 brummelt schon sonor<br />

aus den kurzen Tüten, als ich – wie von<br />

Norbert empfohlen – den Kickstarter einen<br />

Klick nach unten drücke und erst danach<br />

entschlossen und mit Schmackes zutrete.<br />

So klappt‘s, die Benelli läuft, und das auf<br />

den ersten Tritt! Puh, ich bin echt erleichtert,<br />

die Benelli beschert mir das erste<br />

Glücksgefühl an diesem herrlichen, sonnigen<br />

Tag auf der Schwäbischen Alb.<br />

Die W1 gibt sich „very british“<br />

Jürgen hat von meiner Anspannung<br />

nichts mitbekommen, für ihn ist das<br />

Kicken kein großer Akt, seine W1 startet<br />

willig. Gut so, denn einen E-Starter besitzt<br />

die Kawasaki erst gar nicht. Nicht nur in<br />

diesem Punkt hält sich die W1 streng an<br />

die englischen Vorbilder. Auch konstruktiv<br />

schimmert überall traditioneller britischer<br />

Motorradbau durch, weshalb weniger<br />

zurückhaltende Zeitgenossen damals,<br />

1965, sogar von einer Kopie sprachen.<br />

Nicht ganz zu Unrecht, denn die Kawasaki<br />

W1 war eine Weiterentwicklung, die<br />

auf dem 500er-Meguro-Twin von 1959<br />

basierte. Und bei dem hatten die Techniker<br />

tatsächlich die BSA A7 ganz genau<br />

angeschaut, Bohrung (66 Millimeter) und<br />

Hub (72,6 Millimeter) waren bei der<br />

Meguro K1 sogar identisch mit der Britin.<br />

Anfang der 1960er-Jahre kooperierte<br />

6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Kawa saki mit Meguro. Ziel war, mit<br />

dem Know-how des zu jener Zeit nach<br />

Honda zweitgrößten japanischen Zweiradherstellers<br />

das eigene Motorrad-Portfolio<br />

rasch auszubauen. Zuerst wurde die<br />

gemeinsame Produktion nach Akashi verlegt,<br />

dann erfolgte im September 1964 die<br />

komplette Übernahme. Die verbesserte K2,<br />

noch immer mit 500 cm³, war bis 1965 das<br />

letzte unter dem Markennamen Meguro<br />

in Japan verkaufte Modell.<br />

Im selben Jahr machten sich die Kawasaki-Ingenieure<br />

an den ohv-Twin, der mit<br />

einer 74er-Bohrung bei unverändertem<br />

Hub mit 624,5 cm³ Hubraum den britischen<br />

Konkurrenten Paroli bieten sollte,<br />

die mit ihren 600ern und 650ern vor allem<br />

in den USA abräumten. Technisch<br />

blieb es jedoch bei dem von BSA abgekupferten<br />

Konzept des Stoßstangenmotors.<br />

Allerdings mit einigen entscheidenden<br />

Modifikationen im Detail, die die Schwächen<br />

des Originals weitgehend ausmerzten.<br />

Und natürlich metrischen Gewinden,<br />

was auch Jürgen bei der Restaurierung<br />

„sehr sympathisch“ fand. Der ab 1966 in<br />

Japan und den USA als Kawasaki 650 W1<br />

verkaufte Stoßstangen-Twin besitzt somit<br />

eine dreiteilige 360-Grad-Kurbelwelle mit<br />

zweifacher Wälzlagerung im vertikal<br />

geteilten Gehäuse, mit Zylindern aus<br />

Grauguss und Alu-Zylinderkopf. Die halbhoch<br />

hinter der Kurbelwelle angeordnete<br />

Nockenwelle betätigt die jeweils zwei<br />

Ventile über Stoßstangen, Stößel und<br />

Kipphebel. Hinterm charakteristischen,<br />

herzförmigen rechten Seitendeckel verbergen<br />

sich Ölpumpen-, Nockenwellenund<br />

Unterbrecherantrieb, die vor dem<br />

Kurbelgehäuse positionierte Lichtmaschine<br />

wird von einer Kette angetrieben.<br />

Typisch englisch auch der Primärtrieb auf<br />

der linken Seite, der die Kraft via Ölbadkupplung<br />

und Duplexkette an das in einem<br />

separaten Gehäuse untergebrachte<br />

Vierganggetriebe mit rechtsseitiger Betätigung<br />

weiterreicht.<br />

Über all dies hat sich Jürgen keine<br />

großen Gedanken gemacht, als er vor<br />

rund zwölf Jahren seine 1967er-W1 bei<br />

ebay ersteigerte, für 3200 Euro im desolaten<br />

Zustand. „Die Technik war mir anfangs<br />

gar nicht so wichtig, ich fand den<br />

Sound cool, und auch die Optik fand ich<br />

ganz passend für einen Chopper-Umbau“,<br />

meint der Schwabe grinsend. Wohl wissend,<br />

wie schauerlich das einstige Vorhaben<br />

heute klingt. Nachdem er sich gründlich<br />

mit der Historie der hierzulande raren<br />

Kawasaki beschäftigt hatte und dabei<br />

feststellen konnte, dass die Ersatzteilversorgung<br />

dank des Engagements von Ralf<br />

Gille und den heutigen Möglichkeiten per<br />

Internet ganz passabel ist, besann sich der<br />

51-Jährige eines Besseren. Die Maschine<br />

wurde innerhalb von drei Jahren komplett<br />

zerlegt und neu aufgebaut, mit Unterstützung<br />

von Kumpel Jürgen Reichelt.<br />

Die Arbeit hat sich gelohnt, heute<br />

steht Jürgens W1 wieder perfekt da. „Es<br />

gibt nur ganz wenige Teile, die bei diesem<br />

67er-Modell nicht original sind. Dazu gehören<br />

die Nachbau-Schalldämpfer eines<br />

späteren Modells, die Seiten-Gummis am<br />

Tank, der Sitzbankbezug und die Faltenbälge<br />

an der Gabel“, zählt Jürgen die Unterschiede<br />

auf.<br />

Seit 1972 im Familienbesitz<br />

Nach so etwas brauche ich bei Norberts<br />

Benelli gar nicht erst zu suchen, seine<br />

Tornado hat eine völlig andere Geschichte.<br />

Es ist ein Modell der zweiten Serie, mit<br />

12- Volt-Elektrik, E-Starter und etwas eleganterer<br />

Tank-Sitzbank-Linie. Sein Onkel<br />

– Norberts Vater stammt aus Italien – hatte<br />

die Tornado 1972 neu gekauft und fuhr<br />

Kurven umrundet die Benelli<br />

linientreu, die Kawasaki<br />

nimmt sie eher beschwingt<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 7


AUF ACHSE I<br />

Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />

Schön anzuschauen sind sie ja, die Instrumente. Trotz Gummilagerung<br />

pendeln die Zeiger heftig, was die Aussagekraft beeinträchtigt<br />

Ab 1972 besaß die Tornado einen elektrischen Anlasser, der<br />

den Motor über eine Kette startet, die reißen kann


Oben ein 72er-Prospekt<br />

der Tornado, rechts<br />

einer der ersten Modellreihe<br />

mit riemengetriebener<br />

Lichtmaschine<br />

hinter den Zylindern<br />

BENELLI<br />

650 S TORNADO<br />

Festes Schuhwerk empfiehlt sich<br />

beim Kicken, die Tornado schlägt<br />

gern mal zurück. Der massive Twin<br />

sitzt recht hoch im Fahrgestell<br />

Die Doppel-Simplex-Trommel sieht beeindruckender<br />

aus, als sie tatsächlich bremst<br />

damit fast jedes Wochenende von Palermo<br />

nach Mailand zu seiner Angebeteten<br />

– macht hin und zurück rund 3600 Kilometer!<br />

„Das funktioniert natürlich nur mit<br />

einem zuverlässigen Motorrad und einer<br />

besonnenen Fahrweise“, zollt der 55-Jährige<br />

sowohl der Maschine als auch der<br />

pfleglichen Behandlung seines Onkels<br />

Respekt, der es stets bei maximal 150<br />

km/h belassen hatte. Dank dieser Besonnenheit<br />

hat die Tornado bislang sage und<br />

schreibe 234 000 Kilometer geschafft, „ohne<br />

dass der Motor jemals geöffnet werden<br />

musste!“ Bis auf die üblichen Verschleißteile<br />

befindet sich Norberts Tornado also<br />

noch im Originalzustand. Und ist immer<br />

noch ein rassiges Familienmitglied, das<br />

sein Alter mit großer Würde trägt, die von<br />

der leichten Patina eher noch betont wird.<br />

„Der größte Feind einer Tornado ist die<br />

übertriebene Höchstgeschwindigkeitsangabe<br />

von 180 km/h. Oder besser gesagt:<br />

ein Fahrer, der das über längere Strecken<br />

ausprobieren will. Wer das von ihr abfordert,<br />

macht sie irgendwann kaputt“, ist<br />

sich der Kfz-Mechaniker sicher, der das<br />

Familien-Juwel nun auch schon viele Jahre<br />

hegt und pflegt.<br />

Benelli: solider Maschinenbau<br />

Was jedoch nicht bedeutet, dass die<br />

Mechanik der Tornado anfällig wäre. Im<br />

Gegenteil, der Motor gilt bei richtiger<br />

Behandlung als sehr standfest, bestätigt<br />

Römer-Topf: Diese Gravur adelt<br />

Schalldämpfer mit spezieller Anordnung<br />

der Reflexionskammern<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 9


AUF ACHSE I<br />

Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />

KAWASAKI<br />

650 W1<br />

Gerade aus dieser Perspektive<br />

offenbart die W1 mit dem herzförmigen<br />

Motordeckel die Ähnlichkeit<br />

mit englischen Twins<br />

Die eher schmächtig wirkende 200-Millimeter-Duplex-Trommel<br />

überzeugt mit guter Bremswirkung<br />

Die frühen W-Modelle besaßen ein ins Lampengehäuse integriertes Kombi- Instrument.<br />

Sowohl der Drehzahlmesser als auch der Tachometer zeigen ruhig an<br />

www.motorrad-classic.de


ÜBERSICHT: DIE EVOLUTION DER KAWASAKI W1<br />

Vom 650er-Parallel-Twin hat Kawasaki insgesamt<br />

26289 Stück gebaut. Dennoch sind diese Modelle<br />

hierzulande nur wenig bekannt. W-Spezialist Ralf<br />

Gille hat uns deshalb dankenswerterweise einen<br />

Überblick über die Modell-Geschichte erstellt.<br />

Ralf Gille Motorcycles & Engineering,<br />

Feuerbachstraße 21, 60325 Frankfurt,<br />

Telefon: 0162/2 50 94 54<br />

www.gille-restauration.de<br />

W1: Einvergaser-Modell, Kombi-Instrument, glatte<br />

Sitzbank, lange Auspuffrohre ähnlich BMW, ausladende<br />

Schutzbleche, Räder 1.65 x 18 vorne, 1.85 x<br />

18 hinten. 1965: Vorserie von 55 Stück, 1966: 2422<br />

Stück, 1967: 797 Stück, 1968: 8 Stück.<br />

W1P (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />

Box, Sirene, Rotlichter und Sturzbügel. Technisch<br />

wie W1, jedoch Gabel ohne Faltenbälge mit Hülsen.<br />

Polizeitacho. 1966: 22 Stück, 1967: 192 Stück,<br />

1968: 112 Stück.<br />

W1S: Japanisches Zweivergaser-Modell. Ohne<br />

Kombi-Instrument, separate Instrumente bis 1968<br />

identisch mit der TT, ab 1969 ähnlich H1 und A1/ A7,<br />

jedoch andere Skalen, teilweise auch mit Two Tone-<br />

Sitzbänken ausgeliefert. Auspuff ab 1968 mit Long<br />

Mufflers (englischer Stil, nicht wie bei der US-W1).<br />

1967: 160 Stück, 1968: 1929 Stück, 1969: 2759<br />

Stück.<br />

W1SP (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />

Box, Sirene, Rotlichtern und Sturzbügel. Technisch<br />

wie W1S, jedoch Gabel ohne Faltenbälge mit Hülsen.<br />

Polizeitacho. 1969: 274 Stück, 1970: 206 Stück.<br />

W1SS: Einvergaser-Modell, baugleich mit W2SS,<br />

allerdings mit Einvergaser-Zylinderkopf. Noch mit<br />

Kombi-Instrument, Short Mufflers, kürzeren Schutzblechen,<br />

19-Zoll-Vorderrad (1.85 x 19), hinten 2.15 x<br />

18. Tuck 6 Roll-Sitzbank, geänderter Öltank. Benzinhahnabgänge<br />

wie bei W2SS vorverlegt. Reines<br />

Export-Modell für USA und Australien. Bis 1968 mit<br />

Short Mufflers, ab Herbst 1968 mit Long Mufflers.<br />

1967: 201 Stück, 1968: 50 Stück.<br />

W2SS: Identisch mit W1SS, jedoch mit Zweivergaser-Zylinderkopf<br />

und Einzelluftfiltern. Bis 1968 mit<br />

Short Mufflers, ab Herbst 1968 mit Long Mufflers.<br />

Ab Herbst 1968 auch mit lackiertem Tank und<br />

lackierten Lampenhaltern. 1967: 1221 Stück,<br />

1968: 729 Stück, 1969: 41 Stück, 1970: 5 Stück.<br />

W2P (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />

Box, Sirene, Rotlichtern und Sturzbügel. Technisch<br />

wie W2SS, jedoch Gabel ohne Faltenbälge mit Hülsen.<br />

Polizeitacho. 1967: 12 Stück, 1968: 48 Stück.<br />

W2TT: Scrambler-Version. Technisch wie W2SS, jedoch<br />

High Pipes, 1968er-Modell mit Chromseiten am<br />

Tank und Einzel-Instrumenten der W1S. Rahmen zur<br />

Aufnahme der Auspuffanlage geändert. Armaturen<br />

beim 1969er-Modell ähnlich H1 und A1/ A7, jedoch<br />

andere Skalen und lackierter Tank sowie geänderte<br />

Auspuffanlage. 1968: 624 Stück, 1969: 15 Stück.<br />

W1SA: Zweivergaser-Modell, Schaltung durch die<br />

Schwingenachse auf die linke Seite verlegt, Instrumente<br />

ähnlich Kawasaki S1/S2, geänderte Vorderbremse,<br />

Auspuffform wie späte W2SS, jedoch in<br />

Gummi gelagert. Lenkerschalter geändert. Ab Herbst<br />

1972 bereits mit W3-Schalldämpfern (Cone-Type)<br />

versehen. Elektrik geändert, nun mit zwei Zündspulen<br />

und zwei Unterbrechern. 1970: 3663 Stück,<br />

1971: 4463 Stück, 1972: 1744 Stück.<br />

W1SAP (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />

Box, Sirene, Rotlichtern und Sturzbügel. Technisch<br />

wie W1SA, jedoch Gabel teilweise ohne Faltenbälge<br />

mit Hülsen. Polizeitacho. Wurde in Japan und Australien<br />

auch bei der Militärpolizei eingesetzt. 1971:<br />

121 Stück, 1972: 86 Stück.<br />

W3: Technisch wie W1SA, jedoch Tank ohne Seitenstrahlerhalter.<br />

Instrumente und Gabel ähnlich Z1,<br />

Doppelscheibenbremse, geänderte Sitzbank.<br />

Änderungen beim 1974er-Modell: Sitzbank-Muster,<br />

Choke-Hebel und Aufschriften der Kontroll-Leuchten.<br />

1972: 1103 Stück, 1973: 1728 Stück, 1974: 1599<br />

Stück.<br />

Weitere Unterschiede<br />

Die Einvergaser-Motoren leisten 50 PS, die mit zwei<br />

Vergasern drei mehr. Bis Baujahr 1969 wurde links<br />

ein Rollenlager an der Kurbelwelle und rechts ein<br />

Kugellager mit 8 Kugeln eingesetzt (Normlager).<br />

Ab Baujahr 1970 wurden links und rechts Kugellager<br />

mit 12 Kugeln eingesetzt (die lassen wir nachfertigen).<br />

Des Weiteren wurde der Spannmechanismus<br />

der Limakette ab der W2SS geändert, die Förderleistung<br />

der Ölpumpe wurde irgendwann vergrößert.<br />

Die frühen W-Modelle haben ein Getriebe mit der<br />

Kennung W1M. Ab W2SS wurden besser schaltbare<br />

Getriebe eingesetzt mit der Kennung W2M.<br />

Vorbild: Die BSA<br />

A7 stand Pate für<br />

das Konzept des<br />

Meguro-Twins,<br />

zu erkennen an<br />

vielen charakteristischen<br />

Details.<br />

Hub und<br />

Bohrung waren<br />

sogar gleich!<br />

Gut zu sehen:<br />

am Zylinderkopf<br />

angegossener<br />

Flansch<br />

der W1 mit einem<br />

Vergaser<br />

Nachbau: Die<br />

1959 präsentierte<br />

Meguro K1<br />

mit 500er-ohv-<br />

Twin wich nur in<br />

einigen Punkten<br />

vom Konstruktionsprinzip<br />

der BSA ab<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 11


AUF ACHSE I<br />

Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />

ebenso Wilfried Blöthe, der als „Benelli-<br />

Bauer“ in der Szene auch für die Tornados<br />

der erste Anlaufpunkt ist, wenn es um<br />

Teile geht (www.benelli-bauer.com).<br />

Also werfen wir doch mal einen<br />

kurzen Blick auf die Technik und Geschichte<br />

des italienischen Parallel-Twins,<br />

der – im Gegensatz zur Kawasaki – mit<br />

den klassischen englischen Konstruktionsprinzi<br />

pien kaum etwas gemein hat.<br />

Das ist insofern bemerkenswert, weil<br />

Benelli die Tornado ja fast zeitgleich mit<br />

der Kawasaki W1 im Jahr 1965 erstmals<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Auch<br />

die Italiener visierten mit ihrem neuen<br />

Twin die englische Konkurrenz an, der<br />

sie vor allem auf dem umsatzträchtigen<br />

US-Markt Kunden abspenstig machen<br />

wollten. Erst Ende 1969 rollte jedoch die<br />

Serien-Tornado vom Band – viel zu spät,<br />

um in den Staaten noch etwas zu drehen,<br />

wo den Honda-Händlern die Vierzylinder-750er<br />

bereits aus den Händen gerissen<br />

wurden.<br />

Gegen diesen Hype, der alsbald auch<br />

auf den alten Kontinent schwappte, hatte<br />

der Benelli-Twin einen schweren Stand.<br />

Dabei überzeugt der sehr kurzhubig ausgelegte<br />

Motor – der Kolbenhub beträgt<br />

nur 58 Millimeter bei einer Bohrung von<br />

84 Millimetern – mit seinem robusten und<br />

wartungsfreundlichen Aufbau. Das ungemein<br />

massiv wirkende Motorgehäuse<br />

ist horizontal teilbar, nach Abnahme des<br />

oberen Deckels präsentieren sich die Innereien<br />

dem Mechaniker wie auf einem<br />

Tablett. Von vorne beginnend sind das die<br />

Nockenwelle mit dem Schneckenantrieb<br />

der Ölpumpe, dahinter rotiert die Kurbelwelle<br />

mit der mittigen Schwungmasse in<br />

großzügig bemessenen Rollenlagern, deren<br />

Pleuel auf Nadellagern laufen. Darin<br />

sind ebenfalls die üppig dimensionierten<br />

Kolbenbolzen gelagert. Primär- und Nockenwellenantrieb<br />

erfolgen über eine<br />

Schrägverzahnung. Im Gegensatz zur<br />

Kawa besitzt die Benelli ein im Motorgehäuse<br />

integriertes Fünfganggetriebe. Die<br />

Zerlegung klappt ohne Spezialwerkzeug,<br />

alle Lager werden von Sicherungsringen<br />

und -stiften in ihrer Position gehalten.<br />

Benelli mit Dampf obenraus<br />

Woran ich im Sattel der Tornado allerdings<br />

gewisse Zweifel hege, denn im Leerlauf<br />

und Schiebebetrieb dringen besorgniserregende<br />

Geräusche ans Ohr. So ganz<br />

spurlos scheinen die 234 000 Kilometer<br />

doch nicht geblieben zu sein. Unter Last<br />

jedoch verschwindet das metallische<br />

Schlagen. Na prima, dann kann ich ja, wie<br />

von Norbert geraten, ordentlich am Kabel<br />

ziehen. Das braucht die Benelli auch, untenrum<br />

– der wild pendelnde Veglia-<br />

Drehzahlmesser lässt allenfalls Schätzungen<br />

zu – kann von Wirbelwind keine<br />

Rede sein, da herrscht eher Flaute.<br />

Darin unterscheidet sich der italienische<br />

Kurzhuber deutlich von den englischen<br />

Drückebergern, die im Drehzahlkeller<br />

spürbar mehr Drehmoment ans<br />

Hinterrad schaufeln. Etwa 3500 Touren<br />

Zwei eigenständige Parallel-<br />

Twins mit Charakter, die<br />

sich sehen lassen können<br />

12 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 13


AUF ACHSE I<br />

Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />

will sie haben, die Benelli, dann zieht sie<br />

kraftvoll, ja fast schon ruppig los, um danach<br />

eher gleichförmig bis an den roten<br />

Bereich zu drehen, in den sie die Nadel<br />

bereitwillig treibt. Diese Drehfreude ist<br />

schon im Test in „DAS <strong>MOTORRAD</strong>“<br />

7/1974 aufgefallen, bei welchem dem<br />

„Adria-Knurrhahn“ sogar 8000/min und<br />

mehr abverlangt wurden – ohne negative<br />

Folgen für die Mechanik. Solche Torturen<br />

erspare ich jedoch Norberts Marathon-<br />

Maschine, steppe lieber mit dem rechten<br />

Fuß den nächsten Gang des exakten, über<br />

etwas längere Wege zu schaltenden Getriebes<br />

hinein und halte die Tornado in<br />

ihrem Wohlfühlbereich von etwa 3500 bis<br />

5500 Touren. Hier entwickelt der dumpf<br />

und angenehm sonor klingende Twin genügend<br />

Dampf für spaßige Landstraßen-<br />

Stunden, ohne dass die Vibrationen störend<br />

ins Gewicht fallen. Die gehen bei<br />

wechselnden Lastzuständen wohl eher<br />

aufs Material als auf meine Nerven, was<br />

auch Norberts Verzicht auf nützliche Anbauteile<br />

wie Spiegel und Blinker erklärt.<br />

W1: kompakt und kultivierter<br />

Jürgens Kawasaki hat diese Dinge noch<br />

nicht von sich geworfen, obwohl sich die<br />

W1 bei höheren Touren mindestens genau<br />

so kribbelig anfühlt wie die Benelli. Bei<br />

beiden empfinde ich diese Lebens zeichen<br />

bei der Kurvenhatz jedoch nicht als wirklich<br />

lästig. Eher schon das etwas störrische<br />

Getriebe der Kawa, die vier Gänge<br />

wollen mit Bedacht und mehr Kraft eingelegt<br />

werden, was aber nicht immer geräuschlos<br />

klappt. Schade, denn in Sachen<br />

Laufkultur hat die Japanerin ansonsten<br />

klare Vorteile, ihr Twin läuft mechanisch<br />

wesentlich ruhiger als die Tornado. Vielleicht<br />

liegt es daran, dass mir die langhubigere<br />

Kawasaki sogar einen Tick drehfreudiger<br />

erscheint als die Benelli, wobei<br />

ich im direkten Vergleich vom Gefühl her<br />

eher Unterschiede im Charakter als bei<br />

der Leistung ausmachen kann. Mit beiden<br />

Maschinen fühle ich mich auf winkeligen<br />

Landstraßen gut motorisiert, wenngleich<br />

sich auch die Kawasaki im unteren Drehzahldrittel<br />

nicht ganz so heimisch fühlt<br />

wie eine englische Lady.<br />

Abgesehen davon gibt sich die W1 alle<br />

Mühe, es dem Fahrer so angenehm wie<br />

möglich zu machen. Vorausgesetzt, er<br />

misst nicht mehr als 1,75 Meter. Für Größere,<br />

und damit auch für mich, wird es<br />

ganz schön eng hinterm Hirschgeweih-<br />

Lenker, meinen Allerwertesten muss ich<br />

auf der harten Stufe der Sitzbank platzieren,<br />

um meine Beine einigermaßen unterzubringen.<br />

Dennoch bleibt mir nicht verborgen,<br />

wie leichtfüßig die W1 in Kurven<br />

klappt, wie ruhig das Kombi-Instrument<br />

anzeigt, wie leicht sich Kupplung und<br />

Handbremse betätigen lassen. Wobei die<br />

vordere Duplex-Trommel das Pendant<br />

der Benelli, eine Doppel-Simplex-Trommel,<br />

ganz klar aussticht. Sowohl Dosierung<br />

als auch die Bremswirkung vorn<br />

sind bei der Kawasaki deutlich besser.<br />

Sportliche Benelli, bequeme W<br />

Dennoch fühle ich mich auf der Benelli<br />

einfach wohler, der schmale Tank und die<br />

relativ hohe, nicht gestufte Sitzbank lassen<br />

mir genügend Bewegungsfreiheit<br />

beim Kurvenwetzen. Da stört es mich<br />

nicht, dass ich etwas kräftiger am weniger<br />

ausladenden Lenker ziehen muss, um die<br />

Tornado in Schräglage zu bitten, zumal sie<br />

sich ausgesprochen vertrauenerweckend<br />

in die Radien wirft. Kein Wackeln, kein<br />

Schaukeln, die straff gedämpfte Italienerin<br />

fährt genau auf der gewünschten<br />

Linie. Und schluckt dennoch die gröbsten<br />

Verwerfungen des Asphalts – der Kom-<br />

14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Benelli-Piloten dürfen dem<br />

Wegweiser gerne folgen.<br />

Kawa-Fahrer eher nicht...<br />

DATEN<br />

Benelli 650 S Tornado (1970-1976)<br />

Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine untenliegende<br />

Nockenwelle, je zwei Ventile pro Zylinder, über Stoßstangen und<br />

Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub 84 x 58 mm, Verdichtung 9,6:1,<br />

Hubraum 643 cm³, Leistung 33 kW (45 PS) bei 6500/min<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />

Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Zweiarmschwinge<br />

mit zwei Federbeinen hinten, Drahtspeichenräder mit<br />

Alu-Felgen, Reifen 3.50-18 vorn, 4.00-18 hinten, Doppel-Simplex-Trommelbremse<br />

vorn, Ø 230 mm, Simplex-Trommelbremse hinten, Ø 200 mm<br />

Maße und Gewichte:Radstand 1400 mm, Gewicht vollgetankt 220 kg,<br />

Tankinhalt 12 l<br />

Höchstgeschwindigkeit: zirka 170 km/h<br />

Preis 1974: 6295 Mark<br />

Kawasaki 650 W1 (1966-1975)<br />

Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine untenliegende<br />

Nockenwelle, je zwei Ventile pro Zylinder, über Stoßstangen und<br />

Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub 74 x 72,6 mm, Verdichtung 8,7:1, Hubraum<br />

624 cm³, Leistung 37 kW (50 PS) bei 6500/min<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Vierganggetriebe,<br />

Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Zweiarmschwinge<br />

mit zwei Federbeinen hinten, Drahtspeichenräder mit Stahlfelgen,<br />

Reifen 3.25-18 vorn, 3.50-18 hinten, Duplex-Trommelbremse vorn,<br />

Ø 200 mm, Simplex-Trommelbremse hinten, Ø 180 mm<br />

Maße und Gewichte:Radstand 1415 mm, Gewicht vollgetankt 200 kg,<br />

Tankinhalt 15 l<br />

Höchstgeschwindigkeit: zirka 180 km/h<br />

Preis 1967: 4830 Mark<br />

promiss aus Fahrstabilität, Handlichkeit<br />

und Komfort ist den Benelli-Ingenieuren<br />

bei der Tornado gut gelungen.<br />

In dieser Hinsicht offenbart die Kawasaki<br />

im Vergleich die größten Unterschiede.<br />

Sie nimmt das Leben auf der Landstraße<br />

recht beschwingt, der Gabel und<br />

den Federbeinen fehlt es an einer ausreichenden<br />

Dämpfung. Und dem Piloten<br />

dadurch die exakte Rückmeldung, woran<br />

aber auch die ungewöhnliche Federkern-<br />

Sitzbank nicht ganz unschuldig ist.<br />

Jürgen stört sich daran nicht im Geringsten,<br />

wie mir sein fröhliches Lachen<br />

verrät. Er liebt den kernigen Sound der<br />

W1, ihr umgängliches Wesen, die beiden<br />

sind im Lauf der Jahre zusammengewachsen.<br />

Wie auch Norbert und die Benelli,<br />

wenngleich sie es einem Neuling nicht<br />

ganz so einfach macht wie die W1.<br />

Die Tornado gibt sich eigenwilliger,<br />

sie fordert mehr vom Piloten, zahlt den<br />

höheren Einsatz dafür mit dem intensiveren<br />

Fahrerlebnis zurück. Oder anders<br />

ausgedrückt: Mit der Benelli werden vor<br />

allem jene glücklich, die statt des Aufzugs<br />

gerne auch mal die Treppe nehmen. ◻<br />

MEINUNG<br />

Fotos: Holzwarth<br />

Norbert<br />

Breuninger<br />

über die Benelli 650 S Tornado<br />

Die Benelli gehört seit 42 Jahren<br />

zu unserer Familie, das schweißt<br />

zusammen. Zumal sie mit einer<br />

hohen Zuverlässigkeit überzeugt,<br />

wenn man sie gut behandelt. Die<br />

Tornado ist ein Motorrad mit Charakter,<br />

das viel fordert, aber noch<br />

mehr gibt, wenn man sich darauf einlässt. Das macht für mich den besonderen<br />

Reiz dieser Maschine aus. Auf der Benelli wird man nicht gefahren,<br />

sondern man fährt. Und zwar bewusst, mit allen Sinnen. Außerdem gefällt<br />

mir natürlich, dass man eine Tornado nicht an jeder Straßenecke sieht.<br />

Jürgen<br />

Kurz<br />

über die Kawasaki 650 W1<br />

Als Kawa-Fan mit einem Faible für<br />

die Z 650 musste ich irgendwann<br />

auch einen der seltenen Twins<br />

haben. Die W1 ist für mich schon<br />

etwas Besonderes, vor allem der<br />

Sound und ihre Handlichkeit<br />

haben es mir angetan. Hinzu<br />

kommt, dass ich mich während der langen Restaurierung sehr intensiv mit<br />

Geschichte und Technik beschäftigt habe, was mit den Jahren zu einer engen<br />

Bindung geführt hat. Mittlerweile haben mein Kumpel Jürgen und ich<br />

uns weitere W-Modelle zugelegt, es werden wohl nicht die letzten sein.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 15


IM STUDIO I<br />

Rickman-Honda CR 750<br />

16 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Schwarzes<br />

Goldstück<br />

Die Gebrüder Rickman<br />

haben in den Sechzigern<br />

und Siebzigern<br />

mit ihren hochwertigen<br />

Rahmen und Umbau-<br />

Kits, anfangs vor allem<br />

für britische Motoren,<br />

für Furore gesorgt.<br />

Die Rickman-CR 750,<br />

Café Racer ganz früher<br />

Stunde, mit ihrem<br />

Honda-Vierzylinder<br />

liegt heute sogar voll<br />

im Trend und präsentiert<br />

sich aktueller<br />

denn je.<br />

Text: Gerhard Eirich<br />

Fotos: Jacek Bilski<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 17


Im Cockpit zeigt<br />

sich japanischer<br />

Standard – die<br />

Instrumente wurden<br />

von der CB 750<br />

übernommen<br />

Die Lockheed-<br />

Bremssättel gehören<br />

zum Besten,<br />

was damals zu<br />

bekommen war<br />

Glänzende Allianz: Die verchromten<br />

Krümmer des CB<br />

750-Motors schmiegen sich um<br />

die vernickelten Rahmenrohre<br />

18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


IM STUDIO I<br />

Rickman-Honda CR 750<br />

Große Erfindungen und geniale Ideen<br />

haben ihren Ursprung meist in engagierten<br />

Denkern, die sich die Frage<br />

stellen: „Warum gibt es das eigentlich<br />

noch nicht?“ oder „Warum hat man dies<br />

nicht besser gelöst?“. Auch die Bekanntheit der Firma<br />

Rickman ist auf die Unzufriedenheit der beiden<br />

namensgebenden Brüder Don und Derek Rickman<br />

zurückzuführen, die sich an die Lösung der erkannten<br />

Probleme machten und den Grundstein für den<br />

Ruhm einer hochgeschätzten Marke legten. Unzufrieden<br />

waren die ebenso ambitionierten wie talentierten<br />

Motocross-Fahrer mit den Fahrwerken ihrer<br />

Maschinen. Die Rahmen ihrer nur leicht modifizierten<br />

Straßenmaschinen (Ende der 1950er meist BSA<br />

Gold Star 500), die querfeldein durch die Prärie geprügelt<br />

wurden, waren den harten Offroad-Einsätzen<br />

einfach nicht gewachsen – sie verbogen sich<br />

oder brachen. Schnell entstanden die ersten Eigenbauten<br />

unter Verwendung von Bauteilen verschiedener<br />

Hersteller (Triumph Tiger 100-Motor, BSA-<br />

Chassis, Norton-Telegabel) namens Mark I (1959)<br />

und Mark II (1960) unter dem in einer Laune ausbaldowerten<br />

Namen „Métisse“ (französisch für Bastard).<br />

Die ersten selbst gebauten Rahmen<br />

Nägel mit Köpfen machten die Brüder schließlich<br />

1962, als sie sich mit dem Bau eines eigenen Rahmens<br />

auf neues Terrain wagten und die Basis für den<br />

künftigen Erfolg mit Sportfahrwerken und Umbau-<br />

Kits legten. Der Rahmen wurde aus dem berühmten<br />

Reynolds 531-Rohr, einer Legierung aus Mangan,<br />

Molybdän und Stahl, gefertigt. Die Einzelrohre mit<br />

32 Millimetern Außendurchmesser und 1,5 Millimeter<br />

Wandstärke wurden auch nicht wie sonst üblich<br />

verschweißt, sondern hartverlötet. Die Porenbildung<br />

an den Schweißnähten wurde so verhindert, anschließend<br />

konnte daher eine ebenso hochwertig<br />

aussehende wie dauerhaft vor Korrosion schützende<br />

Nickelschicht aufgebracht werden. Der Rahmenbau<br />

folgte bei Rickman stets dem Prinzip möglichst kurzer,<br />

gerader Verbindungen zwischen den Rohren.<br />

Steuerkopf und Schwingenlagerung sollten auf möglichst<br />

direktem Weg miteinander verbunden werden.<br />

Auch die Schwinge wurde auf diese Weise hergestellt,<br />

und als besonderes technisches Schmankerl<br />

ersann das Rickman-Team gleich noch eine Alternative<br />

zur simplen Kettenspann-Einrichtung per Verschieben<br />

der Hinterradachse: Man erfand eine Lösung<br />

mittels verdrehbarer, unterschiedlich stark exzentrisch<br />

gebohrter Einlagscheiben, die beim Span-<br />

Möglichst kurze,<br />

gerade Verbindungen<br />

beim Rahmenbau<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 19


IM STUDIO I<br />

Rickman-Honda CR 750<br />

Die CR 750 ist heute<br />

als Ur-Café Racer<br />

aktueller denn je<br />

nen garantierten, dass das Hinterrad immer in der<br />

Spur blieb. Nachfolgend stellten sich nicht nur zahlreiche<br />

Rennerfolge der beiden Brüder ein, sondern<br />

es folgten auch diverse Eigenbauten und Umbau-<br />

Kits (siehe Kasten S. 23). Nachdem anfangs vor allem<br />

Motoren britischer Hersteller als Antrieb für die<br />

Rickman-Kreationen oder als Basis für die Bausätze<br />

dienten, schuf die neue Ära der japanischen Vierzylinder-Motorräder,<br />

ausgelöst von der 1969 erschienenen<br />

Honda CB 750 Four, neuen Handlungsbedarf:<br />

Die starken, zuverlässigen Vierzylindermotoren<br />

steckten in eher labilen Fahrwerken mit überforderten,<br />

unter dimensionierten Rahmen. Es entstehen die<br />

ersten Vierzylinder-Bikes im Rickman-Chassis, und<br />

wie zuvor für die britischen Triebwerke bietet Rickman<br />

nun auch Umbau-Kits für die Honda CB<br />

750-Motoren und bald darauf auch für die noch stärkeren<br />

Kawasaki Z1-Motoren an.<br />

Eine der wenigen komplett bei Rickman gefertigten<br />

CR 750 mit jenem Honda-Motor befindet sich<br />

heute im Besitz von Tobias Aichele. Der 53-Jährige<br />

hat seit vielen Jahren mit hochkarätigen Autos und<br />

Motorrädern zu tun und verhilft mit seiner Firma<br />

PREMIUM<strong>MOTORRAD</strong> zweirädrigen Klassikern zu<br />

neuen Besitzern. Die Rickman hat er vor rund fünf<br />

Jahren entdeckt, und schnell war klar, dass diese Rarität<br />

in seiner privaten Sammlung verbleiben wird.<br />

Ein Klassiker muss gefahren werden<br />

Lediglich 3500 Meilen hatte die CR 750 damals auf<br />

der Uhr, und durfte seither noch mal etwas mehr als<br />

dieselbe Wegstrecke mit ihrem neuen Besitzer absolvieren.<br />

„Ein Klassiker, so wertvoll er auch sein mag,<br />

muss gefahren werden, wie es seine ureigene Bestimmung<br />

ist. Erst das Fahrerlebnis schafft die echte<br />

Verbindung zum Motorrad“, macht Aichele seine<br />

Einstellung klar. Der Diplom-Kaufmann ist ohnehin<br />

gern und viel unterwegs in der Szene, bei Treffen,<br />

Klassiker-Rennen oder Schauläufen, wo er den Oldie-Fans<br />

regelmäßig einige seiner Preziosen zeigt<br />

und zu Gehör bringt. „Die Rickman zählt für mich<br />

heute zu den Ur-Vertretern der Café Racer, die sich ja<br />

in letzter Zeit immer größerer Beliebtheit erfreuen“,<br />

schwärmt der Schwabe. „Und sie ist komplett original,<br />

also unrestauriert und somit in allen Teilen<br />

gleichmäßig gealtert, was ich extrem wichtig, weil<br />

authentisch finde. Naja, bis auf die gelochten Bremsscheiben.“<br />

Die hat Aichele nachträglich wegen der<br />

besseren Bremswirkung lochen lassen, auch weil das<br />

damals angeblich die meisten getan haben, also zeitgenössischer<br />

Umbau war. Eine Aktion, die er heute<br />

ein bisschen bereut, aber die beim Fahren eindeutig<br />

eine Verbesserung darstellt. Und gefahren wird sie,<br />

20 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


Rickman-CR 750<br />

MOTOR: Luftgekühlter ohc-Vierzylinder-Viertaktmotor,<br />

zwei Ventile pro Zylinder, über Kipphebel<br />

betätigt, Bohrung 61 mm, Hub 63 mm, 736 cm³,<br />

Verdichtung 9:1, 67 PS bei 8000/min, vier 28er-<br />

Keihin-Vergaser, Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />

Fünfganggetriebe<br />

FAHRWERK: Doppelschleifenrahmen aus vernickeltem<br />

Reynolds 531-Stahlrohr, Telegabel vorn,<br />

Zweiarmschwinge mit zwei Girling-Federbeinen<br />

hinten, Reifen 3.50-18 vorn, 4.25-18 hinten,<br />

Doppelscheibenbremse vorn und Scheibenbremse<br />

hinten, Lockheed-Zweikolbensättel, Radstand 1435<br />

mm, Trockengewicht 199,5 kg, Tankinhalt 16 l<br />

KONTAKT: www.premiummotorrad.de<br />

Der filigrane Spiegel<br />

am Lenkerende zeigt<br />

hier den Blick aufs<br />

Wesentliche, sonst<br />

auf die nahenden<br />

Verfolger<br />

Sportlichkeit bis<br />

ins Detail: Auch<br />

bei der Fußrastenhalterung<br />

kommt<br />

edles Reynoldsrohr<br />

zum Einsatz


IM STUDIO I<br />

Rickman-Honda CR 750<br />

Fummelei: Benzinhahn<br />

und der<br />

Hebel zur Kaltstarthilfe<br />

sind<br />

nur bedingt gut<br />

zugänglich<br />

Auf dem Akront-<br />

Speichenrad ist<br />

heute statt des 3.50-<br />

18 ein moderner<br />

100/80-18- Reifen<br />

montiert<br />

Die edle Lackierung<br />

im John Player-<br />

Special-Look unterstreicht<br />

die sportlich<br />

lang gestreckte Linie<br />

der Rickman-Honda<br />

22 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


wie gesagt. „Immer wieder erstaunlich, was mit den<br />

‚nur‘ 67 originalen PS geht und wie sich das anfühlt.“<br />

Mit knapp 200 Kilogramm Trockengewicht ist die<br />

Rickman leicht, aber kein Fliegengewicht. Jedoch<br />

stabil ohne Ende, und wer sich auf die lang gestreckte<br />

Sitzhaltung erst mal eingeschossen hat, kann die<br />

CR 750 auch sehr zügig um die Ecken werfen, wie<br />

Aichele schon das eine oder andere Mal bei Klassiker-Showläufen<br />

bewiesen hat. Dabei hilfreich: Die<br />

edlen Akront-Speichenräder tragen relativ schmale<br />

Pneus, die einst werksseitig verwendeten Dunlop TT<br />

100 sind längst moderneren Pirelli-Reifen gewichen.<br />

Damals, 1974, als die ersten 750er bei Rickman veredelt<br />

wurden, waren die Dunlops eine Macht.<br />

Auch Aicheles CR 750 verließ die Montagehalle<br />

einst mit den damals neu entwickelten Zweikolben-<br />

Racing-Bremssätteln von AP-Lockheed (die heute<br />

übrigens wieder hergestellt werden und für rund<br />

250 Pfund zu haben sind), deren Bremsanlagen aus<br />

einer unschlagbaren Aluguss-Legierung gefertigt<br />

wurden, die präzise kalkulierbare Wärmedehnung<br />

erlaubte und damit extrem enge Toleranz auch in Serie<br />

gestattete. Anders als viele CR 750, die eine auffällige<br />

Lackierung in Orange erhielten, tritt Aicheles<br />

Exemplar im markanten, seinerzeit angesagten John<br />

Player-Special-Look in Schwarz/Gold an. Der steht<br />

ihr nicht nur ausgezeichnet, er macht die Exotin<br />

auch zum noch exklusiveren und wertvollen<br />

schwarzen Goldstück.<br />

◻<br />

Die Brüder Derek und Don Rickman begutachten mit Motocross-<br />

Teammanager Ron Baines (v.l.n.r) den Neuaufbau eines Bikes<br />

Der Besitzer<br />

Rickman-Eigentümer und Klassiker-Spezialist<br />

Tobias Aichele (53) fährt und sammelt nicht<br />

nur privat zweirädrige Schätze, er verkauft<br />

und vermittelt auch professionell hochwer tige<br />

Young- und Oldtimer in seiner in Böb lingen<br />

ansässigen Firma (www.premium motorrad.<br />

de). Schon deshalb zieht der Diplom-Kaufmann<br />

auch mit wechselnden Bikes bei Klassiker-Läufen<br />

gern ordentlich am Kabel.<br />

Die Rickman-Story<br />

Edler<br />

Rahmen<br />

Der Name Rickman steht noch heute für besonders edle,<br />

stabile Rahmen und exklusive Umbau-Kits. <br />

Die Brüder Derek und Don Rickman (heute 81 bzw. 79 Jahre alt) starteten<br />

bereits in den 1950er-Jahren bei Geländesportveranstaltungen und erzielten<br />

Erfolge bei Grand Prix-Läufen. 1958 eröffneten sie ihren eigenen Motorradshop<br />

in New Milton, ein Jahr später bauten sie aus Enttäuschung über die<br />

lausigen Fahrwerke ihrer für den Cross-Einsatz modifizierten Straßenmotorräder<br />

das erste „Zwitter“-Bike aus Komponenten diverser Hersteller und<br />

nannten es nach dem französischen Begriff für Bastard „Métisse“ Mark I.<br />

Ein Jahr später folgte die Mark II, 1962 die Mark III, erstmals mit eigenem<br />

Rahmen aus hartverlötetem und anschließend vernickeltem Reynolds<br />

531er-Rohr. Es entstanden die ersten Rickman-Motorräder mit unterschiedlichen<br />

Motoren, meist britische Singles und Twins von AJS, BSA, Matchless<br />

oder Triumph. Ab 1966 baute Rickman auch Straßenmotorräder, das<br />

Geschäft mit Komplett-Bikes oder Fahrgestellen bzw. Umbau-Kits wuchs.<br />

Mit dem Ende des Triumph-Werks 1974 bei gleichzeitigem Boom der<br />

japanischen Vierzylinder kreierte Rickman die ersten CR 750, ein Jahr später<br />

auch die CR 900/1000 mit Kawasaki-Vierzylinder.<br />

Ende der 1970er bahnte sich das Ende für Rickman an, das Unternehmen<br />

baute zwar in der Not sogar noch Kit-Cars und kleine Geländewagen, doch<br />

1985 zogen sich die Brüder ins Privatleben zurück. 1991 schließlich wurde<br />

die Firma Rickman verkauft, 1992 aufgelöst. Die Rechte am Namen Métisse<br />

hingegen wechselten seither mehrfach den Besitzer, und auch der Name<br />

Rickman lebt weiter: Adrian Moss hat ihn erworben und fertigt bis heute<br />

Replika-Rahmenkits der MK III. Späten wohlverdienten Ruhm ernteten die<br />

Rickman-Brüder zudem 2007, als sie in die „Hall of Fame“ der American<br />

Motorcycle Association“ (AMA) aufgenommen wurden.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 23


SZENE I<br />

Schottenring-GP<br />

Schotten<br />

bebt<br />

Trotz Land unter im Fahrerlager und Regengüssen am ersten Renntag<br />

bot der 26. <strong>Classic</strong>-Grand Prix in Schotten wieder hautnah ein packendes<br />

Spektakel mit klassischen Rennmaschinen aus sieben Jahrzehnten.<br />

Text und Fotos von Nicolas Streblow<br />

Freitag, 11 Uhr: Die Strecke<br />

wird geschlossen. Knapp<br />

eineinhalb Kilometer öffentliche<br />

Straßen in Schotten<br />

werden bis Sonntagabend zur temporären<br />

Rennstrecke Schottenring, abgesperrt<br />

nach den Sicherheitsstandards des<br />

DMSB (Deutscher Motor Sport Bund) für<br />

Gleichmäßigkeitsfahrten.<br />

Bereits seit Montag sind die ersten<br />

Helfer im Einsatz, etwa 70 sind es schließlich,<br />

die am Aufbau arbeiten. Sie installieren<br />

3800 Strohballen, schön in Plastiksäcke<br />

eingewickelt, ziehen 800 Meter<br />

Bauzaun und 400 Meter Absperrgitter. Sie<br />

bauen Laufstege und eine hölzerne Überführung<br />

unter der Brücke über den Bach,<br />

damit die Zuschauer eine Chance haben,<br />

die Strecke zu queren. Auch die Fußgängerbrücke<br />

nahe dem Eingang zum Fahrerlager<br />

gibt es nur während des GP. Die im<br />

letzten Jahr neu eingeführte Schikane auf<br />

der Gegengeraden wird aus Reifenstapeln<br />

vorher zusammengeschraubt und beim<br />

Präparieren der Strecke positioniert. Diesmal<br />

fiel sie auf Wunsch der Fahrer niedriger<br />

aus, damit die Piloten sehen können,<br />

was dahinter geschieht.<br />

Der Lumpensammler<br />

Jürgen Schneider ist seit 40 Jahren im<br />

MSC Schotten aktiv, mittlerweile im Vorstand.<br />

Fahrerlager und Vorstart sind sein<br />

Wirkungskreis, er ist an beiden Tagen der<br />

Lumpensammler. Nach jedem Lauf, egal<br />

ob Training oder Rennen, fährt Schneider<br />

mit einem Anhänger im Schlepptau die<br />

Strecke ab und sammelt – falls nötig – liegengebliebene<br />

Rennmaschinen ein. Bis<br />

Sonntagabend hilft er 40 Pechvögeln.<br />

„Das sind viel weniger als früher,“ bemerkt<br />

der Endfünfziger, „am Anfang sind<br />

wir manchmal nach einem Lauf bis zu<br />

vier Mal rausgefahren, bis wir alle wieder<br />

im Fahrerlager hatten. Aber viele Teilnehmer<br />

sind schon so oft dabei gewesen,<br />

die haben ihre Technik im Griff.“ Eine kaputte<br />

Kerze, eine herausgefallene Düse,<br />

eine streikende Zündung oder in diesem<br />

Jahr auch die ungewohnte Nässe führen<br />

trotzdem schon mal zum kurzfristigen<br />

Ausfall, manchmal auch einfach das Alter.<br />

Was nach Jahrzehnten noch original ist,<br />

verabschiedet sich bisweilen eben aufgrund<br />

von Materialermüdung. Schneiders<br />

Runde endet beim Vorstart am Ausgang<br />

des Fahrerlagers. Von dort muss er sich<br />

mit dem von einem örtlichen Autohaus<br />

zur Verfügung gestellten BMW samt Anhänger<br />

durch einen Teil des Fahrerlagers<br />

24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Wenn die Meisterklasse lostobt,<br />

brennt die Luft und der<br />

Asphalt bebt. Schön: Gerade<br />

ist es sogar trocken!<br />

SCHOTTEN LÄDT EIN – UND AUF<br />

Jürgen Schneider vom MSC Schotten bringt die<br />

unterwegs Gestrandeten per Anhänger zurück ins<br />

Fahrerlager. Dank Klappmechanismus geht das Aufladen<br />

schnell, auch Gespanne dürfen mit. Die im<br />

Radhalter verankerte Bank macht den Transport<br />

gemütlicher, kommunikativer – und sicherer<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 25


SZENE I<br />

Schottenring-GP<br />

Nein, der Schmiermaxe von Nummer<br />

N22 macht kein Nickerchen – er hält<br />

nur das Seitenwagenrad am Boden<br />

SCHOTTEN VERSINKT<br />

Tagelanger Regen verwandelte das Fahrerlager<br />

auf der Wiese stellenweise in einen<br />

grundlosen Sturzacker. Wer auf befestigtem<br />

Untergrund Platz fand, hatte jedoch ebenso<br />

mit der Nässe zu kämpfen. Das wohlverdiente<br />

Abendessen schmeckte trotzdem<br />

kämpfen. Zum Glück durch den asphaltierten<br />

Bereich. Denn neben den Wegen<br />

würde die schwere Fuhre trotz Allradantrieb<br />

sofort im Schlamm stecken bleiben.<br />

Regen ohne Ende<br />

Während der vorangegangenen Woche<br />

hatte es jeden Tag geregnet, zeitweise sintflutartig.<br />

Glücklich ist, wer einen Platz<br />

auf asphaltiertem Grund bekommen hat,<br />

dann bleibt die Maschine sauber. Wer in<br />

der Wiese parkt, schiebt jedoch Renner an<br />

den Start, die eher an Enduros erinnern.<br />

Die braunen Ränder an den Reifen sind<br />

in den Läufen nicht zu übersehen, ebenso<br />

die Schlammspuren am Rücken der Fahrer.<br />

Da mangels Grip nur große Traktoren<br />

die Wohnwagengespanne ins Fahrerlager<br />

hin ein und wieder hinaus schleppen<br />

können, werden die Wege im Camp zusehends<br />

unpassierbar. Aber die meisten<br />

Teilnehmer tragen diese Wetterkapriolen<br />

mit Fassung, zumal es am Sonntag dann<br />

tatsächlich trocken bleibt. Fast 15 000<br />

Zuschauer applaudieren an den beiden<br />

Renntagen den vielen Enthusiasten auf<br />

ihren bis zu 80 Jahre alten Maschinen.<br />

Und natürlich den Helden von einst, wie<br />

Dieter Braun oder Helmut Dähne, die sogar<br />

ihre früheren Original-Renner fahren.<br />

Viel Rennprominenz<br />

Das Thema Seitenwagen hat in Schotten<br />

traditionell eine große Bedeutung. Dieses<br />

Mal waren frühere Gespannweltmeister<br />

wie Werner Schwärzel und Rolf Steinhausen<br />

oder Ralph Bohnhorst mit (dem noch<br />

amtierenden Weltmeister) Adolf Hänni im<br />

Boot in Aktion zu sehen.<br />

26 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


SCHOTTEN EHRT<br />

Zu Ehren des im Frühjahr <strong>2014</strong> verstorbenen<br />

Friedel Münch drehte der Münch-Club Deutschland<br />

ein paar Demo-Runden um den Kurs<br />

SCHOTTEN WINKT<br />

Kawasaki Ninja-Jubiläum<br />

Kawasaki brachte den fünffachen Weltmeister<br />

Toni Mang und mit Tom Sykes den<br />

aktuellen Titelträger der Superbike-WM<br />

mit nach Schotten. Im Rahmen der Kawasaki<br />

Days zelebrierte der japanische Hersteller<br />

bei dieser Traditionsveranstaltung<br />

den 30. Geburtstag der GPZ 900 R, der<br />

Stammmutter der Ninja-Baureihe. Sie war<br />

auf der Ehrenrunde ebenso zu sehen wie<br />

Champion Tom Sykes, der eine aktuelle<br />

1000er-Ninja pilotierte.<br />

Die Rennprominenz auf Show-Runde<br />

und in Aktion. Oben mit der weißen<br />

Kappe Phil Read, der diesmal nicht<br />

fuhr. Unten links Dieter Braun, rechts<br />

Urgestein Helmut Dähne<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 27


SZENE I<br />

Schottenring-GP<br />

Erinnerung an Friedel Münch<br />

Eine Ehrenrunde gab es in Schotten auch<br />

für den im April <strong>2014</strong> verstorbenen Friedel<br />

Münch. Der mit 25 „Mammuts“, darunter<br />

auch zwei modernen „Mammut<br />

2000“ angereiste Münch-Club Deutschland<br />

brummt mit diesem Gegenentwurf<br />

eines Rennmotorrads um den Kurs, um<br />

an den umtriebigen Konstrukteur zu erinnern.<br />

So viele Münch auf einmal wird<br />

man wohl so bald nicht wieder sehen.<br />

Kern der Traditionsveranstaltung<br />

bleiben allerdings auch in diesem Jahr<br />

die Läufe zur Deutschen Historischen<br />

Meisterschaft. Der Schottenring ist eine<br />

von acht Strecken. Eingeteilt in Klassen<br />

wie Vintage, Baujahre bis 1948 und bis<br />

350 Kubikzentimeter, oder <strong>Classic</strong>, gebaut<br />

von 1960 bis 1967 und über 350<br />

Kubik, absolvieren die Renner Gleichmäßigkeitsläufe.<br />

Dabei gewinnt nicht<br />

der Schnellste, sondern derjenige, der<br />

die eigene Zeit aus der zweiten Runde<br />

möglichst genau trifft – also gleichmäßig<br />

schnell unterwegs ist. Dieses Unterfangen<br />

wird umso schwieriger, je mehr langsame<br />

Fahrer überrundet werden müssen,<br />

weil ja nicht immer sofort Platz zum<br />

Überholen ist. Damit das leichter gelingt,<br />

bekommen die zu Überrundenden von<br />

den Streckenposten die blaue Flagge gezeigt:<br />

überholen lassen!<br />

Sonntagabend, 23 Uhr. Die Strohballen<br />

sind beiseite geräumt, die Absperrgitter<br />

abtransportiert. Die Strecke ist gereinigt<br />

und wieder für den Straßenverkehr freigegeben.<br />

Nur ein paar schwarze Striche<br />

auf dem Asphalt erinnern an ein trotz<br />

kühlen Regens heißes Wochenende. Keine<br />

24 Stunden später trifft sich der MSC<br />

Schotten wieder zur nächsten Sitzung.<br />

Denn nach dem GP ist vor dem GP. ◻<br />

SCHOTTEN FEIERT<br />

Toni Mang hat als ein Stargast der Kawasaki<br />

Days alle Hände voll zu tun. Die Kawasaki<br />

Mach III 500 von 1969, noch ausgeliefert von<br />

Detlev Louis, gewinnt den Preis für die älteste<br />

Kawasaki am Platz. Nicht fehlen darf natürlich<br />

die erste Ninja, damals noch rot und hierzulande<br />

nur als GPZ 900 R bekannt<br />

INFO<br />

Schweizer Duell:<br />

Hansueli Wyssen auf<br />

Norton Manx vor<br />

Christian Mangold<br />

auf Matchless G 50<br />

schenken sich nichts<br />

Der nächste Schottenring-GP findet am<br />

15./16. August 2015 statt. Als besonderer<br />

Schwerpunkt ist das Thema Solo-Weltmeister<br />

geplant. Veranstalter ist wieder der<br />

MSC Rund um Schotten e.V. im ADAC.<br />

Mehr Infos unter www.schottenring.de<br />

28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


<strong>MOTORRAD</strong>-Heft 10/1963<br />

Nach der beeindruckenden 250er, Kürzel<br />

CB 72, bringt Honda eine im Hubraum nur<br />

leicht aufgestockte Version namens CB 77.<br />

Trotz „nur“ 305 cm³ schickt sich die schnelle<br />

und stabile Honda an, die 500er-Klasse<br />

auf zumischen. Was sagt der erste Test?<br />

Fotos: MPS Fotostudio<br />

Honda CB 77<br />

Falscher<br />

Dreifuffziger<br />

Wer eine 250er aufbohrt, hat als Ziel wenigstens eine<br />

350er vor Augen. Sollte man meinen. Nicht so bei der<br />

Honda CB 77. Das Aufbohren der 250er auf 60 Millimeter<br />

bei identischem Hub von 54 Millimetern ergibt 305 cm³.<br />

Genug, um sich leistungsmäßig ordentlich von der 250er abzuheben,<br />

oder gar hubraumstärkeren Bikes Paroli bieten zu können?<br />

Der Test der mit nun 29 um vier PS stärkeren Honda soll es an den<br />

Tag bringen. Wie so oft treibt Tester Klacks Leverkus das Testobjekt<br />

Diagramme und Kurven sagen<br />

nichts über den enormen Fahrspaß<br />

aus, den die CB 77 macht<br />

82<br />

85 67<br />

Was uns 1963 noch bewegte<br />

77<br />

71<br />

19. März<br />

In den USA gelingt die erste Farbfernseh -<br />

über tragung über einen Satelliten.<br />

26. Juni<br />

US-Präsident John F. Kennedy hält anlässlich<br />

seines Berlin-Besuches die denkwürdige Rede vor<br />

dem Rathaus Schöneberg, die mit den berühmten<br />

Worten „Ich bin ein Berliner“ endet.<br />

1. Juli<br />

In den USA wird das Postleitzahlensystem<br />

(ZIP-Code) eingeführt.<br />

28. August<br />

Beim „Marsch auf Washington“ protestieren<br />

200 000 Menschen unter Führung des<br />

Bürgerrechtlers Martin Luther King (1929-<br />

1968) gegen die Rassendiskriminierung.<br />

Martin Luther King hält hierbei seine berühmte<br />

Rede „I have a dream“.<br />

31. August<br />

Die direkte Fernschreibleitung zwischen den<br />

Amtssitzen des US-Präsidenten in Washington<br />

und des sowjetischen Regierungschefs in<br />

Moskau, der sogenannte „heiße Draht“, wird<br />

in Betrieb genommen.<br />

30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


dazu um die Nordschleife des Nürburgrings<br />

und sammelt dabei akribisch Daten, Messwerte<br />

und Eindrücke. Er stellt zunächst lakonisch fest,<br />

dass die vier PS zwar keine Welt sind, dafür das<br />

Drehmoment spürbar angestiegen ist und die<br />

Beschleunigung spürbar flotter vonstatten geht.<br />

Fahrleistungsmäßig könne die Maschine gar in<br />

der 500er-Klasse mithalten, merkt der Autor an.<br />

Mit einem guten Fahrer im Sattel könnte man<br />

mit der Honda vor allem auf kurvenreichen,<br />

bergigen Landstraßen durchaus größeren<br />

Motorrädern das Rücklicht zeigen. Dazu tragen<br />

nach seiner Aussage außerdem die Telegabel,<br />

die straffe, ja fast harte Hinterradfederung, das<br />

stabile Fahrwerk und nicht zuletzt auch die<br />

ganz hervorragenden Bremsen bei. Das geringe<br />

Gewicht, die große Wendigkeit und die tolle<br />

Kurvenlage bereiten Leverkus offenbar so viel<br />

Freude, dass er die deutlichen Mehrkosten in<br />

der Versicherung für eine gute Investition in<br />

den deutlich höheren Fahrspaß hält. Mit<br />

Rundenzeiten von 12 Minuten und 19 Sekunden<br />

und einer Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

von 111 km/h schlägt sich die CB 77 wahrlich<br />

achtbar. Der gemessene<br />

Topspeed von 150 km/h<br />

verdient ebenso Respekt wie<br />

der angesichts der flotten<br />

Fahrweise geringe Verbrauch<br />

von rund 5,5 Litern/100 km.<br />

Einzige bedeutsame Änderungen<br />

zum 250er-Motor seien<br />

die größere Bohrung und der<br />

größere Vergaser (Ø 26 Millimeter),<br />

Kurbelwelle, Nockenwelle<br />

und auch die Getriebeübersetzungen<br />

sind mit der 250er<br />

identisch. Einziges erwähnenswertes<br />

Manko ist laut Klacks der<br />

deutliche Knick in der aufgezeichneten<br />

Leistungskurve zwischen<br />

8000 und 8500/min, der sich beim<br />

Fahren als ein spürbares Loch<br />

bemerkbar macht, die Fahrleistungen<br />

aber nicht beeinträchtigt.<br />

Besonderen Spaß scheinen im Laufe<br />

des Tests Überholmanöver auf Landstraßen<br />

gemacht zu haben, denn der Tester schwärmt<br />

vom Überraschungseffekt, wenn die offenbar unterschätzte<br />

Maschine mit Leichtigkeit an „behindernden<br />

Fahrzeugen“ vorbeiprescht, am besten mit Vollgas im<br />

dritten Gang beschleunigend, der bis 135 km/h bei 9500/min reicht.<br />

Allerdings stellt Klacks auch eine Lücke zwischen dem zweiten und<br />

Reklame<br />

Rührend, wie einst die Vorteile des Öls (hübsch getrennt<br />

nach Zwei- und Viertakt-Welt) angepriesen wurden. Zudem<br />

war auch die Verbreitung im Ausland einst noch ein Thema.<br />

dritten Gang fest, die doch mit Leichtigkeit durch einen weiteren<br />

Gang geschlossen werden könnte. Ansonsten hebt er vor allem die<br />

Zuverlässigkeit und Solidität der Japanerin hervor, die mit ihrem<br />

kräftigen Motor und dem tollen Fahrwerk glatt eine Klasse höher<br />

mitspielen kann. Also tatsächlich eine 305er im Dreifuffziger-Kleid.<br />

Mindestens.<br />

◻<br />

84<br />

82 80 68<br />

82bald wieder“ von Freddy Quinn, „Ich will 'nen<br />

22. November<br />

US-Präsident John F. Kennedy wird in Dallas/Texas<br />

bei einer Fahrt im offenen Wagen erschossen.<br />

Als Nachfolger wird Lyndon B. Johnson 108<br />

Minuten nach dem Attentat zum 36. Präsidenten<br />

der USA vereidigt.<br />

24. November<br />

Der Nachtclubbesitzer Jack Ruby erschießt in<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Dallas vor laufender Fernsehkamera Lee Harvey<br />

Oswald, den mutmaßlichen Mörder von US-Präsident<br />

John F. Kennedy.<br />

Musik<br />

In den deutschen Hitparaden sind folgende Titel<br />

wochenlang auf dem ersten Platz: „Junge komm<br />

Cowboy als Mann“ von Gitte Haenning und<br />

„Rote Lippen soll man küssen“ (Lucky Lips) von<br />

Cliff Richard.<br />

Film<br />

Die deutsche Kinolandschaft ist 1963 geprägt<br />

von „James Bond 007 jagt Dr. No“ mit<br />

Sean Connery, „Lawrence von Arabien“ mit<br />

Peter O’Toole und Alfred Hitchcock mit seinem<br />

Thriller „Die Vögel“.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 31


SZENE I<br />

Verrückte Eigenbauten von Jean-Luc Borgetto<br />

Magisches<br />

Metall<br />

Seine Motorräder mit drei, vier und fünf Zylindern<br />

sind eine Hommage an klassische Rennmaschinen<br />

von Honda und MV Agusta. Sie ziehen Bewunderer<br />

an wie ein Magnet die Eisenspäne: Bienvenue, willkommen<br />

in der wunderbaren Welt der französischfrechen<br />

Rennmaschinen von Jean-Luc Borgetto.<br />

Text und Fotos: Thomas Schmieder<br />

32 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


5-ZYLINDER-JLSP 305 Ob mit (links) oder ohne<br />

handgedengelte Aluminium-Verkleidung (unten): Die Fünfzylindermaschine<br />

ist einfach der Hammer, eine Verneigung vor Luigi Taveris mit WM-Titel geadelter<br />

125er-Honda RC 149. Verwegene Führung des mittleren Krümmers!<br />

Wassergekühlter Fünfzylinder-Viertaktmotor, Hubraum 312 cm3, Bohrung x Hub 48,5 x<br />

33,8 Millimeter, ca. 50 PS (37 kW) bei 20 000/min, zwei obenliegende, über Kette angetriebene<br />

Nockenwellen, je vier über Tassenstößel betätigte Ventile, Verdichtung 11,5 : 1<br />

(bei Serien-Honda CBR 250 RR), Gewicht: 115 Kilogramm, Bauzeit: rund 900 Stunden<br />

4-ZYLINDER-<br />

RC 162-REPLIKA<br />

Gelebte Passion: Bei seinem Erstlingswerk<br />

im Jahr 2005 verpflanzte Monsieur<br />

Borgetto den serienmäßigen 45-PS-<br />

Motor der Honda CBR 250 RR in<br />

seinen Eigenbau. Erst später variierte<br />

er zusätzlich noch die Zylinderzahl.<br />

Vierzylinder-Viertaktmotor, Hubraum 250 cm3,<br />

Bohrung x Hub 48,5 x 33,8 Millimeter,<br />

ca. 45 PS bei 20 000/min, zwei obenliegende,<br />

über Kette angetriebene Nockenwellen, je vier<br />

über Tassenstößel betätigte Ventile, Verdichtung<br />

11,5 : 1(bei Serien-Honda CBR 250 RR), Gewicht:<br />

ca. 120 Kilogramm, Bauzeit: unbekannt<br />

Es ist der erste April-Sonntag<br />

<strong>2014</strong>. Motorengedröhn<br />

rauscht über den Circuit<br />

Paul Ricard in Le Castellet.<br />

Es ist Sunday Ride <strong>Classic</strong>, Bikers <strong>Classic</strong>s<br />

auf Französisch: nur bunter, voller, frecher<br />

und frivoler als die Veranstaltung in<br />

Bel gien. Ex-Champions stehen zum Gruppenfoto<br />

vereint: „König Ago“ (so heißt<br />

Multi-Weltmeister Giacomo Agostini im<br />

Programmheft), Jim Redman, Freddie<br />

Spencer, Steve Baker und Lokalmatador<br />

Christian Sarron. Daneben parkt in einer<br />

Box des Fahrerlagers vermeintlich Agos<br />

MV-Dreizylinder neben einer Honda RC.<br />

Ein schlanker Herr tritt herbei, turnt<br />

fast schlaksig zwischen vier Motorrädern<br />

herum. „Das sind eigentlich keine Repliken“,<br />

sagt er mit freundlich-fröhlichem<br />

Tonfall, „dies ist meine ganz persönliche<br />

Hommage an klassische Rennmaschinen<br />

von Honda und MV Agusta!“ Der hagere<br />

Monsieur wirbelt herum, lüftet eine Verkleidung.<br />

Der Kreis der Neugierigen zieht<br />

sich enger: Das sind ja FÜNF Zylinder.<br />

„Bien sûr“, natürlich, „die baue ich selbst.“<br />

Wie der mittlere Krümmer sich kunstvoll<br />

links herum einmal komplett um den<br />

Motor windet, auf der rechten Seite in einen<br />

hochgelegten Auspuff mündet. Wow.<br />

Das ergibt also eine offene Fünf-infünf-Auspuffanlage<br />

im Stil von Hondas<br />

RC-Rennmaschinen. „Ist auch Eigenbau.<br />

Ich bin Monsieur Borgetto, aber sagen Sie<br />

Jean-Luc zu mir.“ Was es mit den Motorrädern<br />

auf sich hat? Das sei ganz einfach:<br />

„Alors, drei der vier von mir gebauten Maschinen<br />

haben die gleiche motorische Basis:<br />

Den Vierzylinder der Honda CBR 250<br />

RR, die 1990 in Japan verkauft wurde.“<br />

Den wassergekühlten Reihenmotor<br />

nutzte der Südfranzose mit dem italie nischen<br />

Nachnamen Borgetto („Mein Opa<br />

wanderte im Jahr 1900 von Italien nach<br />

Frankreich aus“) als Basis für jeweils einen<br />

Renner mit Drei-, Vier- und Fünfzylinder.<br />

Die erste Maschine baute Jean-Luc im<br />

Jahr 2005 nach dem Vorbild der Vierventil-Vierzylinder-Honda<br />

RC 162 von 1962:<br />

„Meine erste Konstruktion entsprang einer<br />

spontanen Gelegenheit: Ein Freund<br />

gab mir einen Motor der Honda CBR 250<br />

RR. So begann ich, Rahmen und Auspuffe<br />

dazu selber anzufertigen.“ Es folgten eine<br />

eigene Rennverkleidung, Sitzbankhöcker<br />

und Tank, alle aus Aluminium. Jean-Luc<br />

war stets motorradaffin, hatte eine Werkstatt<br />

mit Dreh- und Fräsbank zu Hause. So<br />

konnte er viele Teile selber bauen.<br />

„Alles was ich weiß, brachte ich mir<br />

selbst bei, autodidaktisch, ohne Ausbildung.“<br />

Er half im Familienunternehmen<br />

mit, das sein Vater 1957 gründete: ein<br />

Campingplatz-Betrieb an der Côte d’Azur.<br />

„Die Saison dauerte sechs Monate, sieben<br />

Tage die Woche.“ Der Rest des Jahres<br />

diente dazu, den Campingplatz zu warten,<br />

instand zu halten, Toilettenhäuschen,<br />

Duschen, alles. „Abends nach der Arbeit<br />

verbrachte ich die meiste Zeit in der Werkstatt<br />

und bastelte an meinen Bikes.“<br />

Mit Menschen umgehen kann Jean-<br />

Luc bis heute, genießt die Gespräche über<br />

seine Maschinen, spricht auch Englisch<br />

und etwas Deutsch. Zeit fürs RC 162-Projekt<br />

fand er, weil er bereits 2002 aufgehört<br />

hatte zu arbeiten: „Mein Konto an Lebensarbeitszeit<br />

war prall gefüllt.“ Nun konnte<br />

er sich ganz seiner Passion widmen: „Ausgehend<br />

von Fotos, die ich sorgfältig betrachtet<br />

habe, war es meine Motivation,<br />

das Bild der Maschine möglichst nahe zu<br />

rekonstruieren.“ Da gehörte für ihn untrennbar<br />

der Sound dazu. Speziell der<br />

„unglaubliche Klang“ der MV Agusta-<br />

Dreizylinder von Giacomo Agostini.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 33


SZENE I<br />

Verrückte Eigenbauten von Jean-Luc Borgetto<br />

3-ZYLINDER-JLSP 153 Was bleibt übrig, wenn man dem 250er-Honda-Vierzylinder ein Viertel<br />

amputiert? Klar, ein extrem kleiner, hochdrehender und federleichter Triple. Hier noch dazu bewusst im Hub reduziert.<br />

Motor: Wassergekühlter Dreizylinder-<br />

Viertaktmotor, 155 cm3, Bohrung x Hub<br />

48,5 x 28,0 mm, ca. 35 PS (26 kW) bei<br />

18000/min, zwei obenliegende, über Kette<br />

an getriebene Nockenwellen, je vier über<br />

Tassen stößel betätigte Ventile, Verdichtung<br />

11,5 : 1 (bei Serien-Honda CBR 250 RR),<br />

Kurbelwellenkröpfung 120 Grad, Gewicht:<br />

rund 100 Kilogramm, Bauzeit: rund<br />

500 Stunden<br />

Daher verfiel der Franzose auf eine<br />

geniale Idee: Einen Drei- aus einem Vierzylinder<br />

zu bauen, dem einer Yamaha R6<br />

aus dem Jahr 2000. Das Resultat war 2007<br />

seine zweite Maschine, die JLSP 503, das<br />

steht für Jean-Luc-SPecial 500er-Dreizylinder.<br />

Sie wäre als Dreiviertel-600er an<br />

sich eine 450er. Also amputierte Jean-Luc<br />

nicht nur einen Zylinder, sondern erhöhte<br />

noch den Hub von 44,5 auf 49 Millimeter.<br />

Dies ergibt bei 65,5 Millimeter Bohrung<br />

volle 495 cm3 – nah an Agos Vorbild.<br />

Kompliziert: Es musste eine komplett<br />

neue Kurbelwelle her. „Der Hubzapfenversatz<br />

beträgt 120 Grad, so wie bei der<br />

MV3.“ Damit könne er die gleiche „Musik“<br />

produzieren. „Meine Motorräder habe ich<br />

nach Intuition gebaut, die einzigen Pläne,<br />

die ich machte, waren die für die Kurbelwelle.<br />

Ein Freund hat das dann nach meinem<br />

Entwurf auf einem PC mit 3D-Programm<br />

gezeichnet.“ Für notwendige neue<br />

Nockenwellen brachte Jean-Luc „einige<br />

Abmessungen zu Papier, den Rest machte<br />

ich ohne Plan, einfach nach Gefühl“.<br />

Ein befreundeter Spezialist bearbeitete<br />

die Kurbelwelle aus einem Stück, ein<br />

weiterer schliff die Nocken gemäß Jean-<br />

Lucs Skizze und übernahm auch die Härtung.<br />

Ein anderer Freund, der eine Zahnradfabrik<br />

hatte, fertigte neue Zahnräder<br />

an. „Den Rest habe ich selbst gebaut, vom<br />

Chassis bis zur Elektrik: Schweißen von<br />

Ölwannen und neuen Gehäusedeckeln,<br />

Einbau des Motors, Farb anstrich, Auspuff<br />

und so weiter.“ Die Werksrenner der 60er-<br />

Jahre waren ja auch handgemacht. „Der<br />

beste Weg war bestehende Motoren zu<br />

nutzen, damit ich keine Kurse im Gehäusegießen<br />

machen musste.“<br />

Beim zweiten Motorrad, der JLSP 503,<br />

kam noch Gehäuse aufschneiden und einen<br />

Zylinder kappen hinzu. Bei der dritten<br />

Maschine, der JLSP 305, ging Jean-Luc<br />

2012 den umgekehrten Weg: „Ich fügte<br />

einen von mir bearbeiteten Zylinder hinzu.“<br />

Der famose Fünfzylinder ist eine<br />

Hommage an die Honda RC 149, mit der<br />

Luigi Taveri Weltmeister wurde: Hondas<br />

geniale 125er-Fünfzylinder. Klar braucht’s<br />

dafür auch zugekaufte Teile. Etwa Gabeln<br />

samt Bremsen von Ceriani (mit Aludeckel)<br />

oder Fontana (mit Magnesiumdeckel).<br />

Das vierte Motorrad entstand 2013,<br />

die JLSP 153: Ein 155er-Dreizylinder, der<br />

vermutlich kleinste Triple weltweit. Jean-<br />

Luc reduzierte den Hub der verbleibenden<br />

drei Zylinder mittels anderer Pleuel<br />

und Hubzapfen der 120-Grad-Kurbelwelle.<br />

„Die Motorräder, die ich baue, entsprechen<br />

dem Geist der Motorräder des Grand<br />

Prix-Sports der 60er-und 70er-Jahre, denn<br />

das sind die Jahre meiner Jugend.“ Alors,<br />

34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Wassergekühlter Dreizylinder-Viertaktmotor, Hubraum<br />

495 cm3, Bohrung x Hub 65,5 x 49,0 mm, 94 PS (69 kW)<br />

bei 13 200/min (Maximaldrehzahl: 14 500/min), 53 Newtonmeter,<br />

Verdichtung 13,8 : 1, zwei obenliegende,<br />

über Kette angetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro<br />

Zylinder, Kurbelwellenkröpfung 120 Grad, Keihin-FCR-<br />

Flachschiebervergaser (Durchmesser 34 mm), Gewicht:<br />

rund 125 Kilogramm, Bauzeit: zirka 1100 Stunden<br />

Ironie und Wortspiel: „JL“ statt MV im<br />

Logo (links). Te Gusta fragt auf Spanisch<br />

„Gefällt es dir?“ Der bildschöne Drehzahlmesser<br />

bekommt genug zu tun<br />

3-ZYLINDER-JLSP 503 Eine rasante Hommage an Agostinis legendäre, extrem erfolgreiche 500er-MV.<br />

Das betörende Big Bike des Monsieur Borgetto basiert auf einem 600er-Vierzylinder, dem einer Yamaha YZF-R6 des Jahres 2000.<br />

Jean-Luc ist 62 Jahre alt, wirkt jünger, sehr<br />

agil. Er zeigt, erklärt, erläutert. „Was mich<br />

fasziniert, ist der Klang und der visuelle<br />

Eindruck der Motorräder dieser Jahre.“<br />

Die Passion: GPs der 60er-Jahre<br />

Jean-Luc schwärmt, wie gut man damals<br />

an den Rennstrecken noch mit Fahrern<br />

und Maschinen zusammenkommen<br />

konnte. Daran knüpft Sunday Ride <strong>Classic</strong><br />

heute an. Nur dass er heute Ehrengast ist,<br />

kein kleiner Steppke mehr. Die eng anliegende<br />

schwarze Lederkombi steht ihm<br />

gut. Wahnsinn, wie der Fünfzylinder beim<br />

Soundcheck bellt, mit ganz eigener Klangfarbe,<br />

röchelnd und heiser. Vor allem aber<br />

viel tiefer als erwartet. Nach dem Abstellen<br />

gibt’s spontanen Applaus ringsum!<br />

Mit dem 500er-Dreizylinder im MV-<br />

Look rückt Jean-Luc für ein paar schnelle<br />

Runden auf dem schönen Kurs aus: Die<br />

Startmaschine bedient er selbst, geht jährlich<br />

auf drei, vier Bergrennen in Südfrankreich.<br />

Der Routinier weiß, wie man überholt<br />

und wo die richtige Linie ist. Wahnsinn,<br />

wie der Triple aus offenen Megafonen<br />

brüllt, ohrenbetäubend kreischend.<br />

Aber ein Kolbenfresser just am jüngsten<br />

Motor treibt ihn bald zurück an die Box.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Jean-Luc trägt‘s mit Fassung: „R6-Motoren<br />

gibt es ja oft zu kaufen.“ Im Gegensatz zu<br />

den 250er-Hondas: Dafür böte in Europa<br />

bloß noch www.cmsnl.com Teile an.<br />

So hat Jean-Luc Zeit, von seiner bewegten<br />

Vergangenheit zu erzählen: Vom<br />

Mofa fahren mit sieben (dem der Mutter),<br />

dem Solex-Moped für die Fahrt zur Schule<br />

und einer Itom-Sportmaschine. Ferner<br />

von spanischen Motocross- und Trialmaschinen.<br />

Französische Typen? Le voilà:<br />

Motobécane Ydral und Magnat-Debon<br />

(„mein erstes echtes Motorrad“). Englische<br />

Motorräder hatte er viele: 250er-BSA,<br />

350er-AJS, Triumph T 110, Triton, Norton<br />

850. Heute besitzt er noch eine 1968er-<br />

Bonneville T 120 R und einen 500er-AJS-<br />

Single. Italienischen Maschinen wie Rumi<br />

Gentleman und Ducati Darmah folgten<br />

eine Menge japanische (650er-Yamaha XS<br />

1), vor allem Hondas, bis hin zur RC 30,<br />

die er immer noch hat: „Das ist die Marke,<br />

an der ich besonders hänge.“ Bien sûr.<br />

Dieser Mann lebt und liebt sein magisches<br />

Metall: „Ich werde keines meiner<br />

Eigenbau-Motorräder verkaufen, sie sind<br />

allein für mich bestimmt, werden in Familienbesitz<br />

übergehen, für meine Kinder<br />

◻<br />

und Enkel.“ Merci, Jean-Luc.<br />

INFOS, KONTAKT<br />

Jean-Luc Borgetto, der 1973 bis 1975<br />

schon auf dem Elefantentreffen am<br />

Nürburgring war, kommt am 4./5. April<br />

2015 zum Sunday Ride <strong>Classic</strong>: Einem<br />

Festival rund ums Motorrad mit vielen<br />

Stars auf dem Circuit Paul Ricard in<br />

Le Castellet, Provence/Frankreich.<br />

Infos per www.sundayrideclassic.com<br />

und www.circuitpaulricard.com.<br />

Jean Luc erreicht man in seinem Blog:<br />

http://inspiration-mv3.jlsp503.<br />

over-blog.com/. Der Franzose hat<br />

Fahr-Filme mit tollen Klangproben in<br />

seinem eigenen Video-Kanal auf<br />

Youtube eingestellt; einfach mal JLSP<br />

153, JLSP 305 oder JLSP 503 eingeben.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 35


SZENE I<br />

Honda CB 125<br />

DAS<br />

DOPPELTE LOTT<br />

Kleine Motorräder, große Gefühle – Leser Dirk Wulbredes Jugendschwarm war die<br />

1974er-Honda CB 125. Nun besitzt er sie endlich. Und das gleich im Doppelpack.<br />

Sie sind Schwestern, und sie<br />

sind gleich, meine beiden<br />

Honda CB 125 B6. Allerdings<br />

nur auf den ersten<br />

Blick. Bei genauerem Hinsehen erinnern<br />

sie mich jedoch an die Zwillinge in Erich<br />

Kästners Roman „Das doppelte Lottchen“,<br />

die, nachdem sie durch die Trennung der<br />

Eltern auseinandergerissen werden, ganz<br />

unterschiedliche Temperamente und<br />

Charaktereigenschaften ausbilden.<br />

Meine beiden „Lottchen“ erblickten<br />

kurz nach Kästners Tod am 29. Juli 1974<br />

das Licht der Welt. Es war ein turbulentes<br />

Jahr. Man jubelte über den Bomber der<br />

Nation, der Deutschland zur Fußballweltmeisterschaft<br />

geschossen hatte. Und<br />

fürchtete zugleich die Bomben der RAF,<br />

die die Nation erschütterten. Heftig erschüttert<br />

wurde auch Joe Frazier, im unvergessenen<br />

Kampf gegen Muhammad<br />

Ali. Ebenfalls legendär der Auftritt von<br />

ABBA, die in Brighton mit „Waterloo“ den<br />

Eurovision Song Contest gewannen und<br />

ihre Weltkarriere starteten. Wie der Golf,<br />

mit dem VW das gleiche Ziel verfolgte.<br />

Die Mitte der 70er-Jahre war geprägt<br />

vom Glaube an den Fortschritt, an zukunftsweisende<br />

Technik. Dem entsprachen<br />

meine „Lottchen“ mit der per Seilzug<br />

betätigten Scheibenbremse, der sie den<br />

Beinamen „Disc“ verdankten. Ansonsten<br />

unterschied sich die in Deutschland ab<br />

1974 für 2698 Mark angebotene CB 125<br />

B6 nur durch die neue Tankform und den<br />

Elektrostarter vom K5-Vorgängermodell,<br />

technisch blieb alles beim Alten. So arbeitet<br />

auch in meinen 125ern ein Paralleltwin<br />

mit zwei Ver gasern, dessen Grundkonstruktion<br />

bis Ende der 1960er-Jahre<br />

zurückreicht. In der Ausgabe 5/1975 stellte<br />

„Das <strong>MOTORRAD</strong>“ beim neuen Modell<br />

weder in der Beschleunigung noch in der<br />

Spitze wesentliche Unterschiede gegenüber<br />

dem Vorgängermodell fest, obwohl<br />

36 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Mitte der 1970er-Jahre liefen die<br />

Schocker im Kino. Und 125er<br />

waren noch „richtige“ Motorräder<br />

CHEN<br />

Text: Dirk Wulbrede<br />

Fotos: Tim Botzkowski<br />

phia“, immer mehr den Rang ablief. Allmählich<br />

verabschiedeten sich außerdem<br />

immer mehr junge Männer vom Gammel-<br />

Look. Ob es daran lag, dass man ab 1.<br />

Januar 1975 schon mit 18 Jahren die<br />

Volljährigkeit erlangte?<br />

Ich weiß es nicht mehr so genau.<br />

Bekannt sind mir dafür die Gründe, die<br />

meine Vorbesitzer zur Anschaffung der<br />

„Lottchen“ bewegten. Und das, obwohl<br />

man mit dem „Einser“ eigentlich auch<br />

große Motorräder fahren durfte. Die<br />

waren für viele freilich unerschwinglich,<br />

nicht zuletzt wegen der horrenden Versichungsprämien<br />

für die Big Bikes.<br />

Meine erste CB 125 hatte sich eine<br />

Fahrschule im südlichsten Baden als<br />

Schulungskrad gesichert. Dort war sie<br />

nicht allzu viel in Gebrauch, stand aber<br />

immer im Trockenen. Zuletzt sogar in<br />

einer Vitrine im Schulungsraum. Nach<br />

Aufgabe der Fahrschule ging die Disc auf<br />

die Reise. Via ebay zunächst zu einem<br />

Herrn im Landbereich Köln. Der ehemalige<br />

Zündapp-Cross-Fahrer überholte<br />

die Honda, fühlte sich aber bereits nach<br />

kürzester Zeit vom modernen Straßendie<br />

neue B6 laut Papierform angeblich<br />

drei PS und 20 km/h Endgeschwindigkeit<br />

verloren haben sollte.<br />

Zeitgemäßer präsentierte sich das<br />

Design. Während die Kotflügel noch den<br />

Schwung der 60er in Chrom nachzeichneten,<br />

passte der eckige Tank mit Renn-<br />

Klappverschluss und poppigen Zweifarb-<br />

Lackierungen bestens in diese farbenfrohe<br />

Zeit. Ohne Farbe blieben dagegen<br />

die mattschwarzen Seitendeckel, auf denen<br />

gelb die Typenbezeichnung aufgeklebt<br />

war. Dieser Charme der späten 60er,<br />

kombiniert mit der simplen Technik der<br />

70er macht für mich die Faszination der<br />

damaligen Honda CB-Reihe aus. Eine perfekte<br />

Synthese, die diese 125er-Motorräder<br />

bis heute zum Hingucker macht.<br />

Das zeigt auch der Vergleich mit den<br />

deutschen Klassen-Kameraden des Jahrgangs<br />

1974, der recht biederen Zündapp<br />

KS 125 Sport und der Hercules K 125 T.<br />

Die beiden Einzylinder-Zweitakter leisteten<br />

mit 17 PS zwar mehr, waren aber auch<br />

teurer: Die Hercules kostete 2880 Mark,<br />

die Zündapp 2895 Mark. Eine vordere<br />

Scheibenbremse wie die CB 125 B6 boten<br />

die beiden deutschen Hersteller aber erst<br />

an, als sich die Disc 1976 schon wieder<br />

verabschiedete. Da kostete sie nach dem<br />

deutlichen Preisanstieg 2812 Mark, besaß<br />

nun jedoch eine einjährige Garantie. Hein<br />

Gericke gab allerdings auf alle erhöhten<br />

Honda-Preise einen Nachlass von bis zu<br />

neun Prozent.<br />

Da blieb noch etwas über für eine Maß<br />

auf dem Oktoberfest, die schon 3,20 Mark<br />

kostete. Alternativ auch für den einen<br />

oder anderen „Cinzano on the Rocks“,<br />

den es damals in den Musikkneipen für<br />

60 Pfennig gab. Zusammen mit Black<br />

Music, die TSOP, „The Sound of Philadel-<br />

Auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden:<br />

CB 125 Disc, die eine perfekt, die andere mit Patina<br />

www.motorrad-classic.de


SZENE I<br />

Honda CB 125<br />

Seltene Liebhaberstücke: Auch die<br />

kleinen 125er schmeicheln dem Auge<br />

mit schönen Details wie dem klassischen<br />

Cockpit, dem zweifarbigen Tank<br />

mit poliertem Einfülldeckel und Kunststoffeinsatz<br />

oder den geschwungenen<br />

Chrom-Schutzblechen im Stil der 60er<br />

verkehr überfordert. So fand sich die<br />

Honda noch im selben Jahr bei ebay wieder,<br />

mit nur 7711 gefahrenen Kilometern.<br />

Wo ich über sie stolperte. Daran war<br />

das kurz zuvor über die Bühne gegangene<br />

Klassentreffen nicht ganz unschuldig. Auf<br />

einmal waren sie nämlich wieder da, all<br />

die Jugend-Erinnerungen. An die bei den<br />

Eltern verpönte Disco „Black & White“ auf<br />

der Hauptstraße, den „Moon-Keller“ im<br />

evangelischen Gemeindehaus, die Mädchen<br />

in kurzen Röcken oder – ganz verwegen<br />

– im Bikini am See. Nicht zu vergessen<br />

„Radar Love“ und die chromblitzenden<br />

Motorräder vor „Eis-Nagel“. Eine<br />

Kugel in der Waffel gab es noch für 20<br />

Pfennig, Lehrlinge leisteten sich da schon<br />

mal für eine Mark den Früchtebecher mit<br />

tiefroter Amarenakirsche auf dem Sahnehäubchen.<br />

Das Leben spielte sich zwischen<br />

Sportplatz, Baggersee und den Jugendtreffs<br />

ab, und dazu brauchte man ein<br />

Transportmittel. Als Schüler musste ich<br />

mich mit einer Vespa Ciao begnügen, die<br />

125er-Hondas wurden dagegen von Erstverdienern<br />

gefahren, sie waren damals<br />

für mich unerreichbar. Umso mehr blieben<br />

sie mir im Gedächtnis. Allein die<br />

Kontrolllampen in den geteilten Instrumenten,<br />

der doppelte Auspuff ...<br />

Ich konnte also gar nicht anders als<br />

diese einst so ersehnte 125er zu ersteigern<br />

und damit mein erstes „Lottchen“ aus<br />

dem Kölner Raum wieder zurück nach<br />

Baden zu holen. Hier machte ich mich<br />

gleich ans Werk und restaurierte die Disc<br />

behutsam, wobei ich viel Wert auf Beibehaltung<br />

der Patina legte. Gründlich saniert<br />

wurde letztlich nur der Tank. Nach<br />

zwei Jahren entdeckte ich ein Loch im<br />

rechten Auspufftopf. Das passte nicht<br />

zum ansonsten vortrefflichen Zustand der<br />

Maschine, Ersatz war demnach angesagt.<br />

Bei der Teilesuche kam ich dann mit dem<br />

Besitzer einer anderen CB 125 in Kontakt,<br />

der das Oldtimer-Hobby gänzlich aufgeben<br />

und neben diversen Teilen auch eine<br />

komplett restaurierte Disc verkaufen<br />

wollte. Diese Honda war wirklich perfekt!<br />

Der Anbieter hatte sie als Scheunenfund<br />

mit rund 11 000 Kilometern in sehr ordentlichem<br />

Zustand erworben. Dennoch<br />

hat er sie komplett zerlegt und neu aufgebaut.<br />

Der Rahmen wurde pulverbeschichtet,<br />

vieles neu verchromt oder poliert, der<br />

Tank innen konserviert, außen neu lackiert<br />

und liniert, der Motor komplett<br />

überholt. Außerdem hat er alle Züge und<br />

Verschleißteile ausgetauscht – mehr geht<br />

nicht! Diese Disc konnte ich einfach nicht<br />

stehen lassen, ich musste sie haben. Und<br />

so hatte ich dann meine „doppelten Lottchen“<br />

– die eine perfekt, die andere mit<br />

leichter Patina.<br />

Technik und Äußeres sind auf den ersten<br />

Blick gleich. Doch bei genauerem Hinsehen<br />

offenbaren sie – wie die Zwillinge<br />

in Kästners Roman – Unterschiede. Während<br />

das ehemalige Fahrschulkrad die<br />

Die Top Ten der Hitparaden<br />

dominierten die 45er-Singles. Und<br />

nur ganz selten die 125er-Twins<br />

38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


sprochen wendige Honda mit ihrem laufruhigen<br />

und drehfreudigen Paralleltwin<br />

immer wieder begeistert. Für eine 125er<br />

klingt die CB außerdem sehr erwachsen,<br />

ihr ungewöhnlicher Ton fällt sogar Fahrern<br />

größerer und stärkerer Motorräder<br />

auf. Gut, bergauf müssen Mann und Maschine<br />

etwas mehr arbeiten, mit emsigem<br />

Schalten und viel Drehzahl erklimmt das<br />

„Lottchen“ aber jeden Gipfel. Dabei quäle<br />

ich meine „Lottchen“ aber nur selten mit<br />

Drehzahlen bis an den roten Bereich bei<br />

10 500 Touren, da klingen sie mir einfach<br />

zu schrill. Im Solo-Betrieb streift die Drehzahlmessernadel<br />

daher nur selten über<br />

die 9000er-Marke.<br />

Dass mit Sozia und Gepäck selbst eine<br />

50er zum ernsthaften Gegner für die CB<br />

wird, wie „Das <strong>MOTORRAD</strong>“ in Ausgabe<br />

5/1975 bemerkte, ist mir egal. Ich freue<br />

mich viel mehr über die exakte Schaltung,<br />

die standfeste Kupplung und die gute<br />

Ausstattung mit E-Starter, Scheibenbrem-<br />

erste Spiegelgeneration trägt, sind bei<br />

„Lottchen“ Nummer zwei modernere<br />

Honda-Spiegel montiert. Die Instrumente<br />

zeigen ebenfalls Abweichungen. Der Tacho<br />

der komplett restaurierten Honda hat<br />

einen Tageskilometerzähler mit einem<br />

Knubbel als Rücksteller, die Anzeige<br />

selbst unterscheidet sich ebenfalls vom<br />

Original. Dabei handelt es sich um den<br />

Tacho einer Honda XL 125, der trotz<br />

km/h-Beschriftung einen Nutzerhinweis<br />

in Englisch enthält. Der Tacho ist also ein<br />

zeitgenössisches Honda-Teil, das später<br />

montiert wurde – durch das Baukastensystem<br />

von Honda kein Problem.<br />

Problemlos ist ebenso das passende<br />

Attribut für das Fahrverhalten der CB 125.<br />

Die beiden „Lottchen“ machen mir richtig<br />

Spaß. Natürlich können beide dem Tempo<br />

heutiger Motorräder nicht folgen, viel<br />

mehr als 100 km/h sind nicht drin. Das<br />

reicht jedoch für genüssliche Touren, wo<br />

mich die 127 Kilogramm leichte, ausgese<br />

und den perfekten, ruhig anzeigenden<br />

Instrumenten. Schon damals veraltet war<br />

hingegen die Sechs-Volt-Elektrik, aber<br />

auch damit lässt es sich leben. Ebenso mit<br />

der Reichweite des Tanks, dessen rund<br />

neun Liter Inhalt für mindestens 200 Kilometer<br />

genügen.<br />

Alles in allem ist die Honda CB 125<br />

Disc für mich heute das perfekte Entschleunigungsgerät<br />

im stressigen Alltag,<br />

das jede Ausfahrt zu einem besonderen<br />

Erlebnis macht, weil dabei immer die Erinnerungen<br />

an meine Jugendträume mitfahren.<br />

Ob es anderen CB-Eignern auch<br />

so geht? Viele gibt es ja nicht mehr, laut<br />

Kraftfahrtbundesamt sind in Deutschland<br />

von der Disc (B6) nur noch 264 Stück zugelassen.<br />

Dennoch ist die Ersatzteilversorgung<br />

passabel, das Internet ist eine<br />

gute Hilfe. Ich werde meinen beiden CB<br />

125 also noch lange die Treue halten.<br />

Schließlich können sie nur zusammen<br />

„Das doppelte Lottchen“ sein. ◻<br />

DATEN<br />

Honda CB 125 (Typ B6)<br />

Motor: Luftgekühlter Reihenzweizylinder-<br />

Viertaktmotor, eine obenliegende Nockenwelle,<br />

je zwei Ventile pro Zylinder, Hubraum<br />

124 cm³, Leistung 12 PS bei 10 500/min<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />

Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Rückgratrahmen aus Profilteilen<br />

mit Rohrunterzügen, Telegabel, Schwinge mit<br />

zwei Federbeinen, Drahtspeichenräder, Reifen<br />

v/h 2.50-18/2.75-18, seilzugbetätigte Scheibenbremse<br />

vorn, Trommelbremse hinten<br />

Maße und Gewichte:Radstand 1280 mm,<br />

Trockengewicht 127 kg, Tankinhalt 9 Liter<br />

Höchstgeschwindigkeit: 108 km/h<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 39


SZENE I<br />

Kawasaki-Sammler Maatz<br />

Der Küchen<br />

40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


chef Text<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Rund um klassische Kawasakis hat man schon so<br />

manches gehört. Aber noch längst nicht alles, wie<br />

das Oberstübchen von Reinhard Maatz beweist.<br />

und Fotos von Fred Siemer<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 41


SZENE I<br />

Kawasaki-Sammler Maatz<br />

Statt Essecke: Drei Z1 diverser Bau jahre,<br />

eine Z 1000, eine Z 1000 FI und eine<br />

750er-Z2 drängeln sich in der Küche<br />

Bis zur Eingangstür scheint<br />

alles sehr normal. Die<br />

Gegend, das Wohnviertel,<br />

die Straße, das Grundstück.<br />

Auch Einfahrt und Garten wirken<br />

unverdächtig, der Hausherr sowieso. Mit<br />

offenem Grinsen und markigem Händedruck<br />

bittet Reinhard Maatz herein. Unter<br />

anderem besitzt er alle Kawasakis mit<br />

750 cm³ und mehr Hubraum bis Baujahr<br />

1979. „Echte Schmuckstücke, die musst<br />

du sehen“, hat einer gemeint, der Reinhard<br />

kennt, „Und der Typ ist voll verstrahlt.“<br />

Also gut, es zählt zu den angenehmeren<br />

Wochenendbeschäftigungen,<br />

sich schöne Kawas anzuschauen. Jedenfalls<br />

besser als Rasenmähen. Nur wer ist<br />

hier, bitte, verstrahlt? Reinhard grinst<br />

immer noch, dann weist er nach oben.<br />

Nach oben? Man bleibt ja höflich und hält<br />

seinen Mund, aber meist ist es am schönsten,<br />

wenn es sofort zur Sache geht, und<br />

die Garage wäre doch gleich vorm Haus...<br />

Ziemlich steil, die Treppe, und leicht<br />

gedreht. In der Einliegerwohnung unterm<br />

Dach angekommen, öffnet der 55-Jährige<br />

die erste Tür links, und wer jetzt nicht<br />

zuckt, der hat wirklich Nerven, denn das<br />

hast du noch nicht gesehen und ja, ja,<br />

ja, der Mann ist komplett verstrahlt: Wie<br />

aus einem Schmuckkästchen funkelt und<br />

blitzt es dem ungläubigen Betrachter entgegen.<br />

Metallen, poliert, verchromt, dicht<br />

an dicht und in diversen Lacktönen. Nach<br />

dem ersten Erstaunen rattern die grauen<br />

Zellen. Z-Vierzylinder, frühe und seltene.<br />

In außerirdischem Zustand. Im ersten<br />

Stock. Sechs an der Zahl sortieren sie sich<br />

vor eine sauber holzvertäfelte Dachschrä-<br />

ge, dazwischen und daneben lagern diverse<br />

Motoren, unterfüttern das ganze<br />

Glimmen und Flirren mit ihrer technischen<br />

Eleganz. Makellos aufgebaut ist<br />

kein Ausdruck, und man beschließt in<br />

ehrfürchtiger Andacht: Jetzt bloß die<br />

Schnauze halten, hier hat einer Ahnung.<br />

Das hier sind echt Kunstwerke<br />

Reinhard geht vor. „Sonst sind die natürlich<br />

abgedeckt“, berichtet er treu. „Schon<br />

wegen des Lichts.“ Ist klar. Das sind hier<br />

nämlich gar keine Motorräder, man hat<br />

sich so was gedacht. Sondern Kunstwerke.<br />

Aber bevor Reinhard weiter erläutern<br />

kann, entdeckt der eintretende Besucher,<br />

dass im Hause Maatz die Kunst in der<br />

Küche parkt. Ein schmaler Gang nur<br />

trennt Kawas und Hauswirtschaftszeile.<br />

Arbeitsplatte, Hängeschränke, alles da.<br />

Ob im Kühlschrank ein Klarer lagert? Man<br />

könnte einen gebrauchen, erfährt aber<br />

stattdessen, wie das alles angefangen hat.<br />

Damit nämlich, dass Reinhard anno 1976<br />

eine H2 kaufen wollte. Für jemanden, der<br />

schon als Bengel und ohne Führerschein<br />

nicht schnell genug um die Ecken kommen<br />

konnte, war der giftige 750er-Zweitakter<br />

genau richtig. Aber irgendwie muss<br />

dem kaufwilligen Jungspund entgangen<br />

sein, dass der Dreizylinder nicht mehr im<br />

Programm war. Und die Z 900, damals<br />

gerade neu als Nachfolgerin der 1972 vorgestellten<br />

Z1, zu teuer. Also kam deren<br />

kleine Schwester her, eine von Detlev<br />

Louis importierte Z2.<br />

Eben diese Maschine steckte später<br />

mal zur Hälfte in einem Opel Ascona. Der<br />

hatte die Vorfahrt genommen und Rein-<br />

hard zwei gebrochene Hände. Deshalb<br />

konnte er nicht zum Bund und dort Kfz-<br />

Mechaniker lernen. Mit der Nachfolgerin<br />

lief auch nicht alles rund, Reinhard und<br />

seine Freundin überlebten in Spanien<br />

ziemlich unverletzt einen denkwürdigen<br />

Unfall, an dessen Ende die Z 900 – ebenfalls<br />

fast unversehrt – in einem Baum hing.<br />

So was verbindet: Sie hieß bald Frau<br />

Maatz, er blieb der Kawa treu. Irgendwie<br />

sogar 1985, als er eine GPZ 900 R erwarb<br />

und sich von allem Luftgekühlten trennte,<br />

nur von der 900er nicht. Fünf Jahre stand<br />

sie einsam neben aktuellen Kawasaki-<br />

Brennern, dann reichte es. Reinhard lässt’s<br />

wirklich gerne laufen. „Aber dafür brauch<br />

ich keine 150 PS.“ Ab ZX 10 verweigerte er<br />

die Leistungseskalation und verliebte sich<br />

neu. In seine alte Z 900. Die eine unbändige,<br />

vorher nie gekannte Sammelleidenschaft<br />

weckte und bald wieder original<br />

restauriert war<br />

Das Wörtchen „original“ spielt hier<br />

augenscheinlich eine besondere Rolle,<br />

aber vor der genüsslichen Detailanalyse<br />

42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


So sieht das aus,<br />

wenn einer mal<br />

wirklich praktisch<br />

denkt. Obwohl:<br />

Eigentlich gehören<br />

gute Zylinderköpfe<br />

und Original-Instrumente<br />

mittlerweile in<br />

einen Tresor und<br />

nicht in den Topfschrank<br />

oder die<br />

Tiefkühltruhe<br />

muss zunächst mal diese eine Frage geklärt<br />

werden: Warum stehen die schönsten<br />

Teile jetzt in einer Küche im ersten<br />

Stock? „Weil die Kinder aus dem Haus<br />

sind und weil es hier echt trocken ist und<br />

weil ich den Platz in der Garage für Fahrzeuge<br />

brauche, nicht für Stehzeuge.“ Die<br />

Wucht dieser Dreifachbegründung überzeugt,<br />

eher kleinlaut kommt als Gegenwehr:<br />

„Und die Treppe?“ Jetzt grinst Reinhard<br />

wieder. Dafür braucht man Freunde.<br />

Fünf pro Motorrad. Der Mann ist zwar gelernter<br />

Maurer, arbeitet aber schon seit<br />

Jahrzehnten als Kranführer, mit heiklen<br />

Hievs kennt er sich aus. Nur warum kann<br />

er so begnadet schrauben? Als Junge hat<br />

er immer einem Nachbarn über die Schulter<br />

geschaut, der Bahnmotoren gemacht<br />

hat. Dann hat er sich eben reingefummelt.<br />

Nicht nur ins Schrauben, sondern über die<br />

Jahre auch ins Teile-Beschaffen. Wie aufgezogen<br />

kann Reinhard berichten, was<br />

mittlerweile alles selten (Auspuffanlagen<br />

für die Z 1000), höchstens noch in USA zu<br />

haben (gute Zylinderköpfe), nur mit ex-<br />

Die Versorgungslage<br />

ist bei Reinhard<br />

Maatz völlig<br />

entspannt, und<br />

genau wie andere<br />

Leute auch erkennt<br />

er das an<br />

einem gut gefüllten<br />

Kühlschrank<br />

Im Kinderzimmer<br />

plärren die beiden<br />

H2, die eine<br />

original restauriert,<br />

die andere<br />

mit gerade mal<br />

6000 Meilen und<br />

Originalbereifung


SZENE I<br />

Kawasaki-Sammler Maatz<br />

Anbetungswürdig: Perfekter und liebevoller kann man wohl nicht restaurieren<br />

trem viel Glück zu kriegen ist (Teile fürs<br />

Antriebsketten-Schmiersystem der ersten<br />

Z1) oder fast schon mit Gold aufgewogen<br />

wird (Kilometer-Tachos für die H2).<br />

Dem Zuhörer schwindelt, und er ahnt:<br />

Ein Aufbau im Originalzustand fordert<br />

nicht nur den Handwerker, sondern vor<br />

allem den Händler im Manne, und der<br />

muss sein Restaurierungsobjekt in- und<br />

auswendig kennen, damit er am richtigen<br />

Ort oder beim richtigen Forum genau im<br />

richtigen Moment zuschlagen kann. Reinhard<br />

ist bestens gewappnet, denn er hat<br />

alle Mikrofiches. Ein Wahnsinn. Jetzt<br />

schreitet er auf den Kühlschrank zu. Jau,<br />

einen Klaren, gute Idee. Schwungvoll öffnet<br />

die Tür. „Hier“, sagt Reinhard und freut<br />

sich. Dem Besucher fällt die Kinnlade runter.<br />

Wo der Schnaps stehen könnte, lagern<br />

Kawasaki-Schriftzüge, im Gemüsefach<br />

Blinker und ganz oben die Innereien von<br />

Instrumenten. „Davon hab ich noch mehr.“<br />

Schon gewährt auch der Gefrierschrank<br />

tiefe Einblicke, und tatsächlich: Statt Bohnen<br />

und Schnitzel warten heute Drehzahlmesser<br />

und Tachos auf zweckdienliche<br />

Verwendung. Die Sinne schwinden,<br />

eine 73er-Z1 muss als Stütze herhalten,<br />

aber die Show geht immer weiter: Mit<br />

einem Motorradschlachter hat Reinhard<br />

vereinbart, dass er sich alle Kawa-Schrauben,<br />

-Hülsen und -Distanzstücke angucken<br />

darf, bevor die weggeschmissen<br />

werden. Davon sucht er die besten raus<br />

und arbeitet sie auf, einige lagern matt<br />

glänzend in Schüben für Haferflocken<br />

und Zucker, andere im Geschirrfach. Wie<br />

praktisch so eine Küche sein kann! In den<br />

Topfschrank passen sogar Zylinderköpfe.<br />

Was steht im Kinderzimmer?<br />

Jetzt hilft nur noch die Flucht nach vorn:<br />

Was ist eigentlich in den anderen Räumen?<br />

Ungerührt betritt Reinhard den Flur<br />

der kleinen Dachgeschosswohnung, öffnet<br />

die nächste Tür. „Das Kinderzimmer.“<br />

Ja, und da stehen sie auch schon, die kleinen<br />

Racker. Eine original restaurierte H2.<br />

„Das musste ja wohl sein, oder?“ Und eine<br />

H2 im Originalzustand mit Originalbereifung.<br />

„Da kann man nicht nein sagen.“<br />

Dann bittet der Hausherr in die gute Stube,<br />

und da steht – ein gedeckter Kaffeetisch.<br />

Gott sei Dank. Bei der zweiten Tasse<br />

verrät Reinhard, dass er damals – also<br />

1990 – gerade noch rechtzeitig und vor allem<br />

mit der nötigen Entschlossenheit eingestiegen<br />

ist. „Heute suchen die Leute oft<br />

wie blöd, und die Preise spielen verrückt.“<br />

Außerdem hat er weise Bescheidenheit<br />

walten lassen: Alles nach Baujahr 1980,<br />

ab Z 1000 J und Geschwistern also, blieb<br />

außen vor. „Das ist ja praktisch ein ganz<br />

anderer Motor.“ Längst hat Reinhard sich<br />

angewöhnt, auf Anfragen mit einer Gegenfrage<br />

zu kontern: Was bekomme ich<br />

dafür? An Teilen, nicht Geld. Womit auch<br />

geklärt wäre, was ihn besonders fesselt an<br />

den alten Z-Fours: Er will schrauben, aufbauen.<br />

Und wenn wieder eines dieser<br />

epochalen Motorräder fertig ist, will er<br />

sich freuen. Jedes Mal neu ein alter Jugendtraum,<br />

schöner als damals.<br />

Nun ist aber genug gequatscht.<br />

„Komm, wir gehen in die Garage.“ Prima<br />

Idee, doch auch Fahrzeuge gucken geht<br />

hier nicht ohne Überraschungen. Erstens<br />

steht auf der Bühne eine Zweitakt-250er,<br />

die seltene KR1 mit wassergekühltem<br />

Reihenzweizylinder, kurz vor der Vollendung.<br />

„Ist mir hier um die Ecke zugelaufen.“<br />

Zweitens lugt unter alten Wolldecken<br />

eine wahnsinnig sauber aufgebaute<br />

Yamaha RD 500 hervor. „Seitensprung, na<br />

und? Eine Suzuki RG 500 hätte ich auch<br />

gerne.“ Drittens (siehe Kasten) steht da<br />

eine Z 1000, die mit original wenig, mit<br />

endgeil aber sehr viel zu tun hat. „Ich<br />

wollte mal zeigen, was alles geht.“ Und<br />

dann die Sechszylinder Z 1300. Fahrbereit<br />

und schön, aber gemessen am Küchengerät<br />

noch kein Schmuckstück. Mensch,<br />

Reinhard, dabei wär‘ die doch wirklich<br />

was für die gute Stube.<br />

◻<br />

KAWASAKI Z 1000-UMBAU<br />

Um allen zu zeigen, dass er außer Original auch Umbau kann, hat Reinhard<br />

Maatz einen Z 1000-Rahmen – als einer der Ersten – mit der Schwinge einer<br />

ZRX 1100 veredelt, in der das Hinterrad einer ZZR 1100 rotiert und die sich gegen<br />

Koni-Federbeine abstützt. Vorn kümmert sich eine Gabel aus GPZ 900 R-<br />

Stand- und ZX 10-Tauchrohren mit Wilbers-Gabelfedern um den Bodenkontakt.<br />

Die Bremse entstammt ebenfalls einer ZX 10, das Vorderrad einer ZZR 600,<br />

geführt wird das Ganze am breiten Superbike-Lenker. In einem Z 1 R-Motorgehäuse<br />

rotiert die leichte Kurbelwelle einer 1973er-Z1, ebenso fanden deren<br />

hohlgebohrte Nockenwellen Verwendung. Das Gemisch bereiten 29er-Smooth-<br />

Bore-Mikunis auf, der K & N-Luftfilter sitzt vor dem leergeräumten Luftfilterkasten,<br />

und auch sonst wurde alles unternommen,<br />

um Strömungswiderstände zu<br />

minimieren. Mehr nicht. Leistung? Hat<br />

Reinhard nie gemessen, auf jeden Fall genug.<br />

www.motorrad-classic.de


Der große <strong>MOTORRAD</strong>-Markt<br />

1 INSERAT IN<br />

3 ZEITSCHRIFTEN<br />

+ ONLINE-MARKT<br />

UND ALLES FÜR 0 EURO * !<br />

»<br />

NEU:<br />

PRIVATANZEIGEN JETZT BIS SECHS ZEILEN UND MIT EINEM FOTO GRATIS.<br />

Gilt für die Zeitschriften <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>, <strong>MOTORRAD</strong> und PS sowie für den großen <strong>MOTORRAD</strong>-Markt<br />

unter motorradonline.de. Mit einer privaten Kleinanzeige in der Kombination von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />

<strong>MOTORRAD</strong> und PS können Sie bis zu 1,02 Millionen Leser erreichen (Quelle: AWA <strong>2014</strong>).<br />

MARKT<br />

motorradonline.de<br />

Anzeigen-Coupon im Heft oder unter www.motorradonline.de/anzeigen<br />

* Gilt nur für Privatanzeigen bis sechs Zeilen und mit einem Foto. Private Gratis-Anzeigen erscheinen gedruckt in der gewünschten Kombination, soweit der verfügbare Platz es zulässt.<br />

Entscheidend ist die Reihenfolge des Auftragseingangs. Alle Anzeigen erscheinen auf jeden Fall online.


SZENE I<br />

Nachrichten, Termine, Tipps<br />

Wer‘s dezent und<br />

unauffällig mag,<br />

sollte die neue<br />

Matchless meiden<br />

Matchless wiederbelebt<br />

Rechtzeitig zum 115. Jubiläum der Marke stellen<br />

die neuen Firmeninhaber auf der Eicma in Mailand<br />

eine neue Matchless vor: die X Reloaded.<br />

Matchless Motorcycles, einst von<br />

Henry Collier und seinen Söhnen<br />

1899 gegründet, mauserte sich in den<br />

ersten Jahrzehnten schnell zur bedeutenden<br />

Weltmarke und zu einem der innovativsten<br />

Motorradhersteller. 1929 wurde die berühmte<br />

„Model X“ vorgestellt, mit einem<br />

herausragenden 990-cm³-V2. Die Matchless-Singles<br />

wie G3 und G80 entpuppten<br />

sich nachfolgend als äußerst erfolgreich,<br />

auch die Parallel-Twins dürfen als Meilensteine<br />

gelten. Mit dem Kauf von Matchless<br />

durch die Malenotti-Familie 2012 brach ein<br />

neues Zeitalter für die Marke an, die nach<br />

den Erfolgen der<br />

„Matchless London“-<br />

Klamottenlinie (von<br />

vielen Hollywood-<br />

Topstars getragen)<br />

nun auch wieder<br />

Matchless-Motorräder<br />

hervorbringt. Der renommierte Designer<br />

Franco Malenotti hat bereits berühmte<br />

Bikes wie die Laverda Jota und RGS gestaltet<br />

und zeichnet nun verantwortlich für das<br />

Design der neuen „Model X Reloaded“.<br />

Angetrieben wird die Neue von einem<br />

1916-cm³-V-Twin mit Einspritzung des amerikanischen<br />

Motorenbauers S&S. Der Zen -<br />

tral rohrrahmen aus Stahl beherbergt auch<br />

den Ölvorrat, die vordere Einscheibenbremse<br />

mit Zwölfkolbensattel erregt ebenso Aufsehen<br />

wie der von 740 bis 800 Milli meter<br />

höhenverstellbare Solositz.<br />

www.matchlesslondon.com<br />

Fotos: Matchless<br />

Japan-Deutsche<br />

Was japanische Designer aus einem<br />

deutschen Retro-Boxer machen. Bei den<br />

BMW Motorrad Days in Japan erlebten die<br />

Zuschauer eine ganz besondere Premiere:<br />

Vier ganz spezielle R nine T, jeweils umgebaut<br />

von führenden japanischen Customizing-Firmen,<br />

wurden zum ersten Mal der<br />

Öffent lichkeit präsentiert. In weniger als 200<br />

Tagen entstanden ganz individuelle Kreationen,<br />

die begeisterten Applaus ernteten.<br />

Gelungene Hingucker sind sie alle – ob<br />

„Clubman Racer“: „Ich wollte einen sportlichen<br />

Café Racer bauen, der auch für die<br />

Rennstrecke taugt“, „Boxer“: „Der schlanke<br />

Alutank ist das Hauptmerkmal, die Verkleidung<br />

ist an ein Rennmotorrad aus den 70ern<br />

angelehnt“, „Cyclone“: „Ich wollte den<br />

leichtfüßig wirkenden Charakter eines Tracker-Bikes<br />

er zielen“ oder die Kreation “Highway<br />

Fighter“: „Ich habe mir vorgestellt, wie<br />

BMW-Motorräder in zehn Jahren aussehen<br />

könnten.“ Ola Stenegard, BMW-Chefdesigner<br />

der R nine T, zeigte sich begeistert: „Es<br />

hat mich fast umgehauen. Die Details: irre.“<br />

Boxer auf japanisch: Die Custom-Varianten der R nineT „Clubman Racer“,<br />

„Boxer“, „Cyclone“ und „Highway Fighter“ (v.l.n.r.) können sich sehen lassen<br />

Foto: BMW<br />

46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Bonhams Boliden<br />

Großes Angebot an exklusiven Klassikern<br />

bei der Bonhams-Auktion am 19.<br />

Oktober. Mit über 180 Motorrädern, die<br />

bei der jährlichen Stafford-Herbst-Auktion<br />

im Rahmen der <strong>Classic</strong> Motorcycle Mechanics<br />

Show unter den Hammer kommen,<br />

dürfte für fast jeden etwas dabei sein. So<br />

kann eine einst preisgekrönte (Best Custom<br />

Bike) Dresda-Honda 900 von 1975,<br />

Teil einer privaten Sammlung von Bikes der<br />

70er- und 80er-Jahre, schon für einen erwarteten<br />

Preis von 8000 bis 12000 Pfund<br />

(ca. 10300 bis 15500 Euro) den Besitzer<br />

wechseln. Großes Interesse dürfte auch die<br />

mit ihrem 998-cm³-V-Twin einst als<br />

„stärkstes Motorrad der Welt“ gepriesene<br />

Bikes im Wandel<br />

der Zeit: Flying<br />

Merkel von 1914,<br />

MV Agusta von<br />

1954 und Dresda-<br />

Honda von 1975<br />

Flying Merkel von 1914 wecken, allerdings<br />

beläuft sich der Schätzpreis hier auf<br />

etwa 50000 bis 70000 Pfund (ca. 65000<br />

bis 90000 Euro). Mit erwarteten 55000 bis<br />

75000 Pfund (ca. 71000 bis 96000 Euro)<br />

noch etwas teurer werden dürfte der rare<br />

MV Agusta-Ex-Werksrenner von 1954 mit<br />

dem 125er-Twin-Cam-Motor. Er ist Teil<br />

einer privaten Sammlung des einstigen<br />

TT-Rekordhalters Maurice „Mole“ Benn,<br />

die aus sieben MV Agustas besteht, die<br />

allesamt versteigert werden sollen.<br />

Weitere Highlights sind unter anderem<br />

ein 600er-Premier-V-Twin von 1909, eine<br />

490-cm³-Norton 16H von 1924<br />

und eine 349-cm³-AJS Big Port von 1926.<br />

Fotos: Bonhams<br />

Rolling Stone<br />

Die neue Moto Guzzi-Baureihe<br />

V7 II (Due) glänzt mit neuen<br />

Details und verbesserter Technik.<br />

Der Small-Block-Motor verfügt<br />

über ein neues Sechsganggetriebe<br />

und eine überarbeitete, nun leichtgängigere<br />

Kupplung. Für mehr<br />

Sicherheit sorgen das Zweikanal-<br />

ABS und eine Traktionskontrolle<br />

namens MGCT. Der 90-Grad-V2<br />

wurde um vier Grad nach vorne geneigt<br />

und zehn Millimeter tiefer<br />

montiert – dies soll Aussehen und<br />

Kniefreiheit verbessern. Für mehr<br />

Komfort sorgen auch die nun 25<br />

Millimeter tiefer angebrachten Fußrasten.<br />

Besonders das gezeigte<br />

MODELL STONE (neben den Modellen<br />

Special und Racer), aufs<br />

Wesent liche beschränkt, aber in<br />

den typischen Farben der 70er-Jahre,<br />

dürfte eingefleischten Guzzi-<br />

Fans gefallen, wenn es ab November<br />

<strong>2014</strong> auf den Markt kommt.<br />

Foto: Moto Guzzi<br />

Ein im Rennen getragener<br />

Arai-Helm von Racing-Legende<br />

Barry Sheene kommt<br />

(u.a. neben seiner Dainese-<br />

Rennkombi) ebenfalls am<br />

19. Oktober bei Bonhams<br />

unter den Hammer<br />

TERMINE<br />

OKTOBER<br />

17.-19. 10.: Oldtimertreffen des Z-Club-Germany<br />

e.V. für alle klassischen Motor räder aus den<br />

Jahren 1960 bis 1985; Rund um den Solitude-<br />

Turm am Glemseck bei Leonberg, 71229 Leonberg,<br />

Tel. 0 71 52/7 17 20, www.youngtimerbikes.de<br />

19.10.: Oldtimertreff am historischen Zentrum;<br />

Engelsstraße 10/18, 42283 Wuppertal,<br />

Tel. 0172/9 53 11 92, www.avd-wtal.de<br />

19.10.: 25. Veteranen-Teilemarkt im Speedwaystadion;<br />

24616 Brokstedt, Tel. 04324/883858<br />

25.10.: Saisonabschlussfahrt ab dem Motorrad-<br />

Museum; 56410 Montabaur, Tel. 026 02/4327,<br />

www.motorrad-museum-montabaur.de<br />

25.10.: 11. Vorkriegsteilemarkt; (Autobahn A 72,<br />

Abfahrt 8), 08233 Treuen, Tel. 0175/1 79 39 48<br />

25./26. 10.: Oldtimer- und Teilemarkt in der<br />

Vestlandhalle & Freigelände; 45659 Recklinghausen,<br />

Tel. 0202/30 08 48<br />

NOVEMBER<br />

2.11.: „Das kleine Museum der Oldieträume“<br />

(Mopeds & mehr); von 10 bis 18 Uhr,<br />

79777 Ühlingen, Tel. 0162/7 75 35 05<br />

8./9.11.: 45. Oldtimermarkt für Schrauber &<br />

Sammler in der Kopernikus-Aula;<br />

53773 Hennef, Tel. 0179/3 92 77 47,<br />

www.oldtimertage-hennef-sieg.de<br />

9.11.: Motorradteilemarkt „Karl am Kanal“;<br />

Wallstraße 52, 45899 Gelsenkirchen,<br />

Tel. 0172/6 19 45 76,<br />

www.herber-nrw.eu<br />

15.11.: Oldtimermarkt Klassik-Technik;<br />

Mehrzweckhalle, 71083 Herrenberg,<br />

Tel. 097 21/4 14 55,<br />

www.oldtimermarkt-klassik.de<br />

22./23.11.: 8. Veteranen-Motorradausstellung<br />

in der Festhalle; 76831 Heuchelheim,<br />

Tel. 063 49/17 39<br />

30.11.: 8. Mopedteilemarkt in der Schillerhalle<br />

(Teile und Komplettfahrzeuge);<br />

66978 Donsieders,<br />

Tel. 0178/2 13 14 53<br />

Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />

Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 47


MARKT I<br />

Preisliste<br />

PREISSPIEGEL<br />

YOUNGTIMER<br />

Hier finden Sie die aktuellen Preise von über 450<br />

Motorrad-Klassikern der Baujahre 1970 bis 1990.<br />

Foto: Siemer<br />

Angebot und Nachfrage<br />

gelten auch bei Motorrädern<br />

als die entscheidenden<br />

Faktoren für<br />

die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />

sind in einer größeren Menge vorhanden<br />

und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />

es jedoch daran: Dem knappen, für<br />

Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />

eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />

Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />

einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />

oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />

In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />

wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />

für Klassiker, die wir zusammen<br />

mit den Experten von classic-analytics<br />

erstellt haben. In dieser Ausgabe haben<br />

wir über 450 Modelle der Baujahre 1970<br />

bis 1990 unter die Lupe genommen. Um<br />

ein noch besseres Gefühl für den Klassiker-Markt<br />

zu vermitteln, geben wir darüber<br />

hinaus die ehemaligen Neupreise des<br />

letzten Modelljahres in D-Mark an.<br />

Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />

Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />

Originalzustand befinden und nur<br />

kleinere Gebrauchsspuren aufweisen.<br />

Verbrauchte Kräder mit deutlichen<br />

Mängeln und eingeschränkter Fahrbarkeit<br />

bekommen dagegen die Zustandsnote<br />

„schlecht“. Sie stellen eine brauchbare<br />

Restaurierungsbasis dar.<br />

Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />

die bei besonders gut erhaltenen<br />

oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />

auch mal deutlich überschritten werden<br />

können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />

oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />

einen entsprechenden Nachlass.<br />

classic-analytics aus Bochum<br />

betreibt Marktbeobachtung und<br />

erstellt Bewertungen für Oldtimer,<br />

Youngtimer und alle Arten von<br />

Liebhaberfahrzeugen. Die Klassik-<br />

Experten stehen in ständigem Dialog<br />

mit Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />

besuchen europaweit<br />

Fach messen und werten neben<br />

Internet-Offerten jeden Monat mehr<br />

als 60 Fachzeitschriften im In- und<br />

Ausland aus. Eine komplette Liste<br />

aller Bewertungspartner gibt es unter<br />

www.classic-analytics.de. Wer es ganz<br />

eilig hat, kann für 9,95 Euro eine<br />

Online-Bewertung (Home Check) des<br />

Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />

Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />

freut man sich über Rückmeldungen.<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

BENELLI<br />

R 60/6 5992 1973-76 30/40 5300 1800<br />

250 2C/Sport 3820 1972-88 20/27 2500 700 R 60/7 6850 1976-78 30/40 4500 1400<br />

250 Quattro/254/304 4980 1976-89 20/27 2500 700 R 65 8890 1978-85 35/48 3100 900<br />

354/Sport 7610 1979-84 28/38 3500 1100 R 65 9850* 1985-93 20/27 3000 900<br />

500 Quattro 5995 1974-80 32/44 4100 1400 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3400 1000<br />

650 Tornado 6295 1968-75 33/45 5300 1900 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4100 1500<br />

650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 3800 1200 R 75/5 4996 1969-73 37/50 6200 2300<br />

750 Sei 9820 1973-77 55/75 11 000 4300 R 75/6 7110 1973-76 37/50 6100 2200<br />

900 Sei 10 500 1978-89 59/80 10 100 4000 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5300 1800<br />

BIMOTA<br />

K 75 13 350 1986-96 55/75 3200 800<br />

KB 1 24 130 1978-82 63/85 13 500 5900 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3400 900<br />

YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/121 13 900 6000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 7500 1800<br />

YB 6 34 980 1988-89 103/140 11 500 3800 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 5100 1800<br />

BMW<br />

R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 4600 1600<br />

R 45 7690 1978-85 20/27 2800 800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3300 1000<br />

R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 1900 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 4400 1400<br />

R 60/5 3996 1969-73 30/40 5800 2000 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 4000 1300<br />

*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni <strong>2014</strong><br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

R 90/6 7110 1973-76 44/60 6500 2400<br />

R 90 S 9130 1973-76 49/67 9500 3300<br />

R 100/7 8590 1976-78 44/60 4000 1400<br />

R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4100 1500<br />

R 100 S 10 190 1976-78 48/65 4800 1600<br />

R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6000 2000<br />

R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 5300 1800<br />

R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 4300 1600<br />

R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 5100 1800<br />

R 100 CS 12 190 1980-84 51/70 5800 1900<br />

R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 5300 1900<br />

K 100 15 900 1983-90 66/90 3200 900<br />

K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3600 1000<br />

K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 3500 1000<br />

K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 3700 1000<br />

K 1 21 000 1988-93 74/100 5600 2100<br />

BSA<br />

B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />

A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 6100 2600<br />

A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 6500 2800<br />

Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 9400 4300<br />

CAGIVA<br />

SST 350 7900 1980-86 20/27 1500 600<br />

T4 500 E 8490 1988-89 31/42 1700 600<br />

Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />

Elefant 650 12 390 1985-88 37/50 2500 700<br />

Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />

DUCATI<br />

250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4400 1900<br />

350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5800 2400<br />

350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7200 2700<br />

350 GTV 6020 1975-80 17/24 3800 1500<br />

450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7700 2900<br />

500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 4000 1500<br />

500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 4900 2000<br />

600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 5100 2100<br />

750 F1 18 499 1985-87 59/80 14 200 7000<br />

750 Paso 13 990 1986-90 54/73 4000 1400<br />

750 GT 6495 1971-74 44/60 16 000 7000<br />

750 S 8000 1972-74 47/64 19 200 8800<br />

750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 37 500 20 000<br />

750 SS (eckig) 11 580 1975-77 50/68 25 000 12 500<br />

851 S 29 990 1988-89 75/102 6200 2800<br />

860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 7200 2500<br />

900 SS 12 028 1975-82 53/72 21 000 8000<br />

Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 7500 2900<br />

Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 7700 3000<br />

900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11 500 5600<br />

900 S2 12 361 1983-84 48/65 7000 3200<br />

906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3400 1000<br />

1000 Hailwoood Repl. 15 990 1985-86 56/76 11 100 5400<br />

1000 S2 15 990 1985-86 56/76 10 500 5200<br />

ENFIELD INDIA<br />

Bullet 350 4990* 1955 13/17 4100 1500<br />

GILERA<br />

500 Saturno 11 500 1988-91 28/38 7200 2100<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

HARLEY-DAVIDSON<br />

XL 883 Sportster 12 190 1986-95 37/50 5700 2100<br />

XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10 500 4800<br />

XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 6900 3900<br />

XLCR 1000 11 980 1977-78 44/60 15 700 8200<br />

XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16 700 8800<br />

XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 6900 3900<br />

FLH 1200 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 12 800 7100<br />

FX 1200 Super Glide 14 198 1971 43/58 12 300 6900<br />

FX 1200 Super Glide 12 460 1972-80 43/58 12 300 6900<br />

XL 1200 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />

FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 12 300 6800<br />

FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 11 000 5000<br />

FXE/R 1340 Super Glide 21 180 1982-94 33/45 11 600 5400<br />

FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11 300 5300<br />

FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13 300 7300<br />

FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13 300 7300<br />

HERCULES<br />

K 125 Military 7150* 1971-90 9/12 2000 800<br />

HONDA<br />

CB 125 2098 1970-76 10/13 2200 600<br />

CB 125 J/S 2698 1975-79 10/13 1900 400<br />

CB 125 T 3352 1978-86 13/17 1600 300<br />

XL 125 2658 1976-79 10/13 1800 400<br />

CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />

XL 185 S 3708 1979-82 12/16 1800 500<br />

CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />

MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1400 300<br />

XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1600 400<br />

CB 250 3048 1968-73 22/30 3100 1100<br />

CB 250 N 4840 1978-84 13/17 1400 400<br />

CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1600 500<br />

CB 250 T 3878 1977-78 20/27 1500 400<br />

CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2000 600<br />

CL 250 3017 1968-72 22/30 3900 1100<br />

CL 250 S 4328 1982-84 13/17 1000 200<br />

CM 250 C 4088 1982-85 13/17 1200 400<br />

NX 250 7080 1988-94 19/26 1600 400<br />

XL 250 3818 1974-78 15/20 2200 700<br />

XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1800 600<br />

XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1500 500<br />

CB 350 3548 1968-74 26/36 3600 1200<br />

CB 350 F 4298 1972-74 25/34 3500 1200<br />

XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1700 500<br />

CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 2200 600<br />

CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3000 1000<br />

CB 400 N 5148 1978-83 32/43 1600 400<br />

CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 1900 500<br />

CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />

NS 400 R 10 128 1984-86 53/72 5600 2200<br />

CB 450 4248 1965-74 33/45 4600 1500<br />

CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1300 300<br />

CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1300 300<br />

CL 450 4248 1968-72 32/43 5400 1800<br />

CB 500 F 6328 1972-77 35/48 3600 1200<br />

CB 500 T 5018 1975-77 31/42 3000 1000<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 63


MARKT I<br />

Preisliste<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

CX 500 6753 1978-83 37/50 2300 600<br />

CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2000 500<br />

CX 500 C 6753 1980-83 37/50 2300 600<br />

CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 4700 1600<br />

FT 500 4699 1982-84 20/27 1300 400<br />

GL 500 7873 1982-85 37/50 2800 700<br />

VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 1600 400<br />

VT 500 E 7900 1983-88 37/50 1900 500<br />

VT 500 C 7793 1983-88 37/50 2500 800<br />

XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1800 500<br />

XL 500 S 5370 1979-82 20/27 2200 600<br />

XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2000 500<br />

CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 3600 1200<br />

CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 1800 500<br />

CBR 600 F 12 150 1987-98 68/93 3800 1600<br />

XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />

XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />

XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />

XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />

VT 600 C Shadow 9930 1988 30/41 4500 1500<br />

CB 650 6972 1979-83 46/63 3700 1500<br />

CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 1700 400<br />

CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 2100 600<br />

CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2600 600<br />

CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2400 600<br />

CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5800 2000<br />

GL 650 8814 1983-85 48/65 3400 800<br />

NTV 650 10 145 1988-98 44/60 1900 600<br />

NX 650 Dominator 9395 1988 33/45 2200 800<br />

XRV 650 Africa Twin 12 880 1988-90 37/50 3900 1100<br />

CB 750 7368 1969-78 46/63 11 800 5600<br />

CB 750 C 8613 1980-83 57/77 2500 800<br />

CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 5900 2100<br />

CB 750 K 8613 1978-84 57/77 3200 800<br />

CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 3500 1100<br />

CBX 750 F 10 138 1984-86 67/91 2600 700<br />

VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2200 600<br />

VF 750 C 9173 1982-84 60/82 2600 700<br />

VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2400 600<br />

VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3000 800<br />

VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3000 800<br />

VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 18 600 12 300<br />

VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />

XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3400 1100<br />

CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 3900 1300<br />

CB 900 F2 11 573 1981-84 70/95 2900 1000<br />

CBR 1000 F 16 495 1987-02 74/100 3100 1000<br />

CBX 11 262 1978-81 74/100 8000 3500<br />

CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 7500 3300<br />

GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 7400 3100<br />

VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 2600 800<br />

VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />

CB 1100 F 11 643 1982-85 74/100 3500 1300<br />

CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 6400 2300<br />

GL 1100 Gold Wing 11 327 1980-83 61/83 8100 4000<br />

VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 2600 800<br />

*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni <strong>2014</strong><br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 3900 1600<br />

GL 1200 18 978 1984-87 69/94 8400 4100<br />

GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />

JAWA<br />

250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 400<br />

250 California 2190 1969-74 12/16 3600 600<br />

350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2900 700<br />

350 California 2790 1969-74 17/23 3700 600<br />

KAWASAKI<br />

KH 125 2798 1977-81 7/10 900 200<br />

KMX 125 4690 1986-88 13/17 1100 200<br />

KMX 200 5490 1988-90 13/17 1200 200<br />

Z 200 2900 1977-79 13/17 1300 200<br />

250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3200 1200<br />

EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />

GPZ 250 4740 1983-84 13/17 1100 200<br />

KL 250 3530 1977-84 13/17 1100 200<br />

KLR 250 6060 1984-92 13/17 1200 200<br />

Z 250/A 4480 1978-83 20/27 1300 300<br />

Z 250 C 3870 1980-84 13/17 1200 200<br />

Z 250 Ltd 3980 1980-83 13/17 1200 200<br />

GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />

350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 3500 1300<br />

KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />

GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />

Z 400 4020 1974-79 20/27 3100 1100<br />

Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 1200 200<br />

Z 440 5110 1980-84 20/27 2600 1000<br />

Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 3100 1100<br />

Ltd 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />

500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5200 2900<br />

GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />

GPZ 550 7940 1981-90 48/65 3300 1100<br />

Z 500 6218 1979-80 37/50 2700 1000<br />

Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 2500 700<br />

Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />

GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 1200<br />

GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 1200<br />

KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />

ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />

KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />

Z 650/F 7000 1976-83 50/67 4100 1700<br />

Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2700 1000<br />

750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 9800 3900<br />

GPX 750 R 12 640 1987-90 74/100 2800 1000<br />

GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2000 600<br />

GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2000 600<br />

VN 750 10 690 1986-90 48/65 2500 700<br />

Z 750 6500 1976-79 38/51 5100 1900<br />

Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 2400 700<br />

Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 1600 400<br />

Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 1500 400<br />

Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1900<br />

ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2900 1000<br />

900 Z1 8500 1972-75 60/82 7800 3400<br />

GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3500 1200<br />

GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3300 1100<br />

64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2700 1000<br />

Z 1000 9100 1977-79 63/85 7400 2500<br />

Z 1 R 9800 1978-80 66/90 7400 2500<br />

Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 7200 2400<br />

Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3500 1300<br />

Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 3200 1100<br />

Z 1000 R k.a.* 1983 74/100 3100 1100<br />

Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 1000<br />

ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 2900 1000<br />

ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2700 900<br />

GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3100 1100<br />

Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />

Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />

VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />

LAVERDA<br />

500 6860 1976-80 33/45 3300 1200<br />

500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />

750 GT 6600 1970-73 38/52 7800 4800<br />

750 SF 6800 1971-73 45/61 8100 4900<br />

750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />

750 SFC 10 500 1971-78 55/75 18 200 9700<br />

1000/3C 9600 1973-75 57/78 5100 2400<br />

1000 3CL 9995 1976-80 57/78 5100 2400<br />

1000 Jota 12 500 1980-86 63/86 6600 3200<br />

1000 RGS 12 688 1982-86 63/86 6800 3400<br />

1000 SFC 16 970 1985 70/95 6800 3200<br />

1200 TS 11 748 1978-82 63/86 7000 3600<br />

MOTO GUZZI<br />

V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />

Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />

V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1600<br />

V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3900 1700<br />

V 65/II 7888 1981-87 37/50 2800 1000<br />

V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 7600 4400<br />

V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9800 4800<br />

750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />

850 LeMans 10 560 1976-78 52/70 8500 4500<br />

850 LeMans II 11 350 1979-80 54/74 7800 4400<br />

850 LeMans III 12 220 1981-84 56/76 7600 4500<br />

850 T 7160 1974-75 42/57 8000 4500<br />

850 T3 9200 1975-80 43/59 6200 3100<br />

850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 8300 4600<br />

850 T4 10 550 1980-83 43/59 4800 2000<br />

850 T5 10 550 1983-88 49/67 5900 2400<br />

V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />

V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10 400 5200<br />

V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 6400 3800<br />

1000 California II 13 490 1981-87 49/67 8100 4500<br />

1000 California III 14 880 1987-92 49/67 5200 2800<br />

1000 SP 11 850 1978-84 45/61 7100 3600<br />

1000 SP II 12 650 1984-87 49/67 4700 2500<br />

1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4500 2200<br />

1000 G5 10 400 1978-85 45/61 7200 3600<br />

1000 GT 12 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />

1000 LeMans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />

1000 LeMans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

MOTO MORINI<br />

125/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />

250 T 3960 1977-80 13/17 2800 1100<br />

250 J 4995 1980-85 17/23 3400 1300<br />

3 ½ 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />

3 ½ K2 6699 1983-86 20/27 2600 1200<br />

Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2500 1100<br />

500 T/S 7040 1978-81 30/41 7100 3500<br />

500 Sei 7985 1982-85 30/41 7800 4100<br />

MV AGUSTA<br />

125 Sport 3135 1975-77 9/12 3800 1500<br />

350/Sport 5252 1970-79 20/27 5900 2600<br />

750 GT 14 250 1970-75 56/76 43 500 28 600<br />

750 S 14 250 1970-75 56/76 47 000 30 200<br />

750 SS 16 500 1975-77 56/76 46 300 29 800<br />

800 S America 15 384 1977-80 60/82 35 300 19 200<br />

900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38 100 23 500<br />

Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 42 500 28 100<br />

GP 1100 32 400 1979-82 88/119 70 000 0<br />

MZ<br />

ETZ 125 1680 1985-91 7/10 1000 200<br />

TS 125 1799 1973-85 7/10 1700 300<br />

ETS 150 1598 1969-73 9/12 2500 1000<br />

ETZ 150 k.a.** 1985-91 9/12 1100 200<br />

ES 250/2 3015 1967-73 14/19 2600 1100<br />

ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />

TS 250 2490 1973-76 14/19 2400 800<br />

TS 250/1 2490 1976-81 13/17 2300 800<br />

ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1400 300<br />

NORTON<br />

Commando 750 5900 1967-74 44/60 8600 3800<br />

Commando 850 6800 1973-77 37/51 8400 3700<br />

SUZUKI<br />

GP 125 3031 1978-81 7/10 1000 200<br />

GT 125 20 870 1974-78 10/13 1500 300<br />

RV 125 3522 1977-81 6/8 1500 300<br />

GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />

GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />

DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />

GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />

GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 2000 600<br />

GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />

RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 1600<br />

RGV 250 9590 1988-93 43/58 3500 1500<br />

TS 250 4461 1972-81 13/17 1900 400<br />

TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 300<br />

SP 370 4590 1978-80 20/27 2400 800<br />

GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 1200<br />

DR 400 S 5112 1980-82 20/27 1100 200<br />

GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />

GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 900<br />

GSX 400 5249 1980-88 20/27 1200 300<br />

GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1400 300<br />

GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />

DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />

GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 65


MARKT I<br />

Preisliste<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

GS 500 E 6850 1988 34/46 2000 800<br />

GT 500 4870 1976-77 28/38 3500 1300<br />

RG 500 12 184 1984-89 70/95 7600 3200<br />

GS 550 E 7011 1977-84 36/49 2700 1000<br />

GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 2700 1000<br />

GSX 550 6999 1982-88 37/50 2700 1000<br />

GT 550 5420 1972-77 35/48 4500 1700<br />

DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />

GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />

GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2700 1000<br />

LS 650 Savage 7590 1986 20/27 2500 800<br />

DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />

VS 750 11 250 1986-91 37/50 3200 1100<br />

GS 750 7190 1976-80 46/63 2900 1100<br />

GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />

GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />

GSX 750 F 12 740 1989-99 74/100 2400 800<br />

GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 5500 2100<br />

GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 5900 2200<br />

GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />

GT 750 6900 1972-76 51/70 7800 3400<br />

GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 1000<br />

GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3500 1300<br />

GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1300<br />

GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 6900 2700<br />

GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 3500 1300<br />

GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 3300 1200<br />

GSX 1100 EF 12 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />

GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />

VS 1400 15 030 1987-03 49/67 5800 2100<br />

RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 7800 3600<br />

TRIUMPH<br />

Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />

Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />

Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />

Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />

YAMAHA<br />

DT 125 E 3120 1973-81 7/10 1600 600<br />

RD 125 2585 1974-76 13/17 1400 300<br />

RD 125 LC 3420 1982-86 13/17 1000 200<br />

DT 175 MX 3483 1977-80 11/15 1300 300<br />

RD 200 3523 1975-80 13/17 1500 300<br />

DS 7 3245 1971-73 22/30 2600 900<br />

DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />

DT 250 MX 4283 1977-80 12/16 1200 200<br />

RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 1200<br />

SR 250 4107 1980-83 13/17 900 200<br />

RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />

TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />

TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 1200<br />

XS 250 4193 1978-80 13/17 1900 700<br />

XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />

RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 1200<br />

RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 2600 900<br />

RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />

XT 350 6910 1985-95 20/27 1500 300<br />

XS 360 3952 1976-78 20/27 2000 700<br />

*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni <strong>2014</strong><br />

DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 1900 400<br />

RD 400 4640 1976-80 32/43 3300 1200<br />

XS 400 4868 1978-82 20/27 2100 800<br />

XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1700 400<br />

XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />

RD 500 12 070 1984-89 65/88 7600 3400<br />

SR 500 6160 1978-99 20/27 3500 1300<br />

XS 500 5298 1976-80 36/49 2800 1100<br />

XT 500 6610 1976-90 20/27 3500 1300<br />

XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1300 200<br />

XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />

XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 400<br />

XT 550 5480 1982-84 28/38 1500 300<br />

XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />

FZR 600 12 750 1988-94 67/91 2300 700<br />

SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />

XJ 600 8900 1984-91 53/73 3200 1100<br />

XT 600 8025 1984-90 33/45 1900 400<br />

XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />

XJ 650 7780 1980-87 52/71 2100 700<br />

XJ 650 Turbo 12 288 1982-84 66/90 4500 1800<br />

XS 650 6505 1975-83 37/50 4100 1700<br />

XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3100 1000<br />

FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2200 700<br />

FZX 750 Fazer 11 325 1987-89 69/94 2400 700<br />

FZR 750 R OW-01 37 100 1987-90 74/100 13 700 9200<br />

TX 750 5995 1972-74 46/63 2800 1000<br />

XS 750 7318 1976-80 54/74 4700 1900<br />

XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />

XTZ 750 Super Ténéré 11 980 1987-96 51/69 2800 1000<br />

XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />

XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 2500 700<br />

XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2300 800<br />

XS 850 7915 1980-82 58/79 4700 1900<br />

XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />

XJ 900 F/N 12 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />

TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 1200<br />

FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />

XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 2800 900<br />

XV 1000/1100 Virago 12 870 1986-89 46/62 2600 800<br />

XS 1100 10 498 1978-83 70/95 4800 2000<br />

XS 1.1 Sport 11 178 1981-83 70/95 4100 1800<br />

FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />

FJ 1200 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />

V-Max k.a.** 1984-02 107/145 4900 2000<br />

XVZ 12 T 19 500 1984-89 71/97 3700 1500<br />

XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 3800 1600<br />

ZÜNDAPP<br />

KS 125 Sport 3458 1970-77 13/17 2900 1100<br />

KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3200 1200<br />

VORSCHAU<br />

Neupreis<br />

D-Mark<br />

Baujahre<br />

kW/PS<br />

In der nächsten Ausgabe<br />

finden sie den Preisspiegel<br />

für die Klassiker vor 1970<br />

Zustand:<br />

gepflegt<br />

Preise in Euro<br />

Zustand:<br />

schlecht<br />

66 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Name:<br />

GESCHENKABO<br />

Das perfekte Weihnachtsgeschenk:<br />

Verschenken Sie <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> und<br />

belohnen Sie sich mit einem Tankgutschein.<br />

Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 70162 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 9302. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid, Norbert Lehmann.<br />

Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp (Vorsitz),<br />

Heino Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />

NEU!<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />

jetzt<br />

10x jährlich<br />

20 €<br />

JET Tankgutschein 20 €<br />

Bequem und bargeldlos Markenkraftstoff<br />

an allen JET-Filialen tanken.<br />

Ihr Geschenk<br />

Jetzt 1 Jahr <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> inkl. der Clubmitgliedschaft verschenken:<br />

p 10 x <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> pünktlich frei Haus p 5,9 % Preisvorteil gegenüber Kioskpreis p Tankgutschein als Dankeschön p Geld-zurück-Garantie<br />

p Online-Kundenservice p Gratis-Ausgabe bei Bankeinzug p Der neue Leser wird automatisch Mitglied im <strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN-Club mit vollem<br />

Zugriff auf exklusive Inhalte und Angebote im geschlossenen Bereich von www.motorrad-helden.de<br />

Ja, ich möchte <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> selbst lesen Best.-Nr. 1234305 verschenken Best.-Nr. 1234325<br />

Senden Sie dem Beschenkten bzw. mir die nächsten 10 Ausgaben von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> frei Haus für nur 53,50 €<br />

(A: 60,– €; CH: 98,50 SFr.; weitere Auslandspreise auf Anfrage) zu. GRATIS erhalte ich den JET Tankguschein 20 € nach<br />

Zahlung der Abogebühr und werde automatisch Mitglied im <strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN-Club. Nach Ablauf des ersten<br />

Bezugsjahres habe ich das Recht zur jederzeit möglichen Kündigung. Das Geschenkabo endet nach einem Jahr automatisch.<br />

Bei Bankeinzug in Deutschland erhalte ich eine zusätzliche Gratis-Ausgabe (nicht im Geschenkabo).<br />

Meine persönlichen Angaben: (bitte unbedingt ausfüllen)<br />

Name, Vorname<br />

Geburtsdatum<br />

Club-Partner:<br />

<strong>2014</strong><br />

Mitgliedsnummer:<br />

Max Mustermann<br />

1234 5678 9012<br />

*SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige die DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Düsternstr. 1-3, 20355 Hamburg, Gläubiger-<br />

Identifikationsnummer DE77ZZZ00000004985, wiederkehrende Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen.<br />

Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften<br />

einzulösen. Die Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem<br />

Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten<br />

Bedingungen.<br />

Ich verschenke PS an: (nur bei Geschenkabo auszufüllen)<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Nr.<br />

Straße, Nr.<br />

PLZ<br />

Wohnort<br />

PLZ<br />

Wohnort<br />

Telefon<br />

E-Mail<br />

Die Belieferung soll frühestens beginnen am (optional):<br />

Ja, ich bin damit einverstanden, dass PS und die Motor Presse Stuttgart<br />

mich künftig per Telefon oder E-Mail über interessante Angebote informieren.<br />

Ich bezahle per Bankeinzug* und erhalte eine Gratis-Ausgabe (nicht im Geschenkabo)<br />

IBAN<br />

BIC<br />

Geldinstitut<br />

Verlagsgarantie: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen. Die Frist beginnt an dem<br />

Tag, an dem Sie die erste bestellte Aus gabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anfor derungen von<br />

Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses,<br />

die Bestellung zu widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten<br />

an: <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0)711 3206-8899, Telefax: +49 (0)711 182-2550, E-Mail:<br />

motorradclassic@dpv.de<br />

Datum Unterschrift für Ihren Auftrag<br />

Ich bezahle per Rechnung<br />

Lieferung der Zugabe nach Zahlungseingang solange Vorrat reicht, Ersatzlieferung vorbehalten.<br />

Diese und weitere interressante Aboangebote online: www.motorrad-helden.de/mclabo<br />

+49 (0)711 3206-8899 +49 (0)711 182-2550 motorradclassic@dpv.de <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> Aboservice · 70138 Stuttgart Bitte Bestell-Nr. angeben


Foto: Tichatschek<br />

LESERBRIEFE<br />

Foto: Dinschuh<br />

Ostzonaler Nachbau der BMW R 12<br />

Foto: Wiengarn<br />

Legal: CX 500-Café Racer aus Bergkamen<br />

Foto: Wolf<br />

Zonen-Boxer<br />

Jörg Birkholz weiß eine Antwort auf<br />

Franz Dinschuhs Leseranfrage zum<br />

Boxermotor mit Königswellenantrieb.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />

Hallo, vielleicht kann ich weiterhelfen. Es<br />

geht um die Anfrage von Franz Dinschuh<br />

in der letzten Ausgabe. Hier handelt es<br />

sich um einen Motor der BMW R 12. Dieser<br />

wurde in der sowjetisch besetzten<br />

Zone nachgebaut. Er wurde auch im Dreirad<br />

(Torpedo Blitz) eingebaut und als Antriebs-Aggregat<br />

für Landmaschinen in<br />

den 50er-Jahren benutzt.<br />

Jörg Birkholz, 12435 Berlin<br />

Breites Grinsen<br />

Leser Dahms hatte Spaß an der Geschichte<br />

über die Suzuki RV-Modelle.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />

Hallo <strong>Classic</strong>-Freunde, vielen Dank für<br />

den Bericht über die RV-Modelle. Hatte<br />

selbst eine 50er als Mokick mit Einzelsitzbank.<br />

Ein Kolbenschaden sorgte für die<br />

zweite Übergröße und 51 cm³. Die richtige<br />

„Frisur“ brachte allerdings die Vergrößerung<br />

des Einlasskanals im Kurbelgehäuse<br />

von 6 auf 10 Millimeter Durchmesser.<br />

Dann die größte Übersetzung von Suzuki<br />

montiert, und der kleine Gummiwutz lief<br />

mit 65 km/h in den roten Drehzahlbereich<br />

(Armaturen mit Drehzahlmesser montiert).<br />

Nach dem Weiterverkauf montierte<br />

der neue Besitzer fremde Ritzel, und die<br />

Karre lief dann zirka 80. Später besaß ich<br />

auch noch eine 125er. Höchstgeschwindigkeit<br />

war nicht wirklich deren Stärke,<br />

aber der coole Auftritt, außerdem war sie<br />

saubequem. Und hatte damals den breitesten<br />

Hinterreifen auf einem Moped.<br />

Peter Dahms, 24229 Schwedeneck<br />

Gleiche Idee<br />

Sven Wiengarn steht ebenfalls auf die<br />

Honda CX – und auf Café Racer.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />

Sehr geehrte <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Redaktion,<br />

mit viel Interesse und Freude habe<br />

ich Ausgabe 7/<strong>2014</strong> wieder einmal an<br />

zwei Tagen förmlich verschlungen. Besonders<br />

gefreut habe ich mich beim Lesen<br />

des Artikels über Albert Weishäupl und<br />

seinen Honda CX 500-Café Racer, denn<br />

genau dieses Projekt sind wir (Kumpel<br />

Thomas, mein Vater Andreas und ich) vor<br />

zwei Jahren auch angegangen. Und so ist<br />

es immer wieder schön zu sehen, was andere<br />

aus diesem Bike so alles herausholen.<br />

Bei uns hatte die Wahl der CX einen<br />

anderen Hintergrund. Besagter Kumpel<br />

Thomas liebäugelte schon länger mit der<br />

Moto Guzzi V 50 Monza meines Vaters,<br />

diese wollte er so ähnlich herrichten wie<br />

meinen Ducati 900 SS-Café Racer. Da sich<br />

mein Vater nicht von seiner Guzzi trennen<br />

wollte, suchten wir nach einer Alternative.<br />

Und stießen auf die CX 500.<br />

Vor zwei Jahren waren diese Motorräder<br />

noch sehr günstig zu bekommen,<br />

Thomas zahlte 400 Euro für ein „sehr“ gebrauchtes,<br />

aber fahrtüchtiges Exemplar<br />

mit 50 000 Kilometern. Da wir in Deutschland<br />

leben, stand bei unserem Umbau von<br />

vornherein die Straßenzulassung ganz<br />

oben auf der Liste. Der Rahmen im Heck<br />

wurde nach vorheriger Absprache mit<br />

dem Prüfingenieur gekürzt. Da man am<br />

Rahmen (offiziell) nicht schweißen darf,<br />

haben wir nicht den Rahmen an den Sitz<br />

angepasst, sondern den Höcker um den<br />

Rahmen gebaut. Alle anderen verbauten<br />

Teile haben eine Zulassung oder ABE. Da<br />

wir die CX mit Stummellenkern ausgestattet<br />

haben, wollten wir die originale<br />

Lenkerbefestigung samt Sicherungskasten<br />

nicht mehr im Cockpit sehen. Die einfachste<br />

und schönste Variante war die<br />

Verwendung der Gabelbrücken einer<br />

Honda CM 400 T. Diese passen auf die Gabel<br />

der CX 500 und wirken viel schlanker.<br />

Von der CX 500 C stammen die Seitendeckel,<br />

sie besitzen eine schönere Linie.<br />

Thomas ist seit dem Umbau mehr als<br />

10 000 Kilometer gefahren, das Bike<br />

macht noch genau so viel Spaß wie am<br />

ersten Tag. Ich habe Bilder beigefügt, vielleicht<br />

gefällt ja auch unser Umbau. Nicht<br />

so radikal wie von Herrn Weishäupl, der<br />

einen super Job gemacht hat, aber dafür<br />

im eleganten Stil mit Straßenzulassung.<br />

Mehr Bilder von unseren Projekten gibt es<br />

im Internet unter http://cafe2ride.de. Mit<br />

freundlichem Gruß<br />

Sven Wiengarn, Bergkamen<br />

Denkmal zu Ehren von Rupert Hollaus<br />

Unvergessen<br />

Auch in seiner Heimat erinnert man<br />

sich an den ersten österreichischen<br />

Motorradweltmeister Rupert Hollaus.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />

Sehr geehrte Redaktion, vielen Dank für<br />

den Artikel über Rupert Hollaus. Da ich in<br />

der Nähe seines Heimatortes wohne, erlaube<br />

ich mir ergänzend zum Artikel ein<br />

Foto des Denkmals beizufügen, das man<br />

in Traisen zu seinen Ehren errichtet hat.<br />

Es steht in Traisen an der Mariazeller Straße<br />

(B 20) auf dem Hollausplatz. Am Denkmal<br />

ist eine Tafel angebracht, die Hollaus<br />

als „Österreichs ersten Motorradweltmeister“<br />

bezeichnet. So weit mir bekannt,<br />

ist er bis heute auch der einzige. Das Foto<br />

habe ich selbst gemacht, sie können es<br />

gerne veröffentlichen. Mit freundlichen<br />

Grüßen<br />

Gottfried Tichatschek,<br />

A-2351 Wiener Neudorf<br />

Velocette-Autor<br />

Leser Maarten Mager hat einen Artikel<br />

in <strong>Classic</strong> entdeckt, den er einst für<br />

„DAS <strong>MOTORRAD</strong>“ geschrieben hat.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />

Guten Tag, es hat mich gefreut in Nummer<br />

7/<strong>2014</strong> auf den Seiten 78/79 meinen Artikel<br />

von 1966 über die Velocette Thruxton<br />

mit dem schönen Titelbild wieder zu sehen.<br />

Es ist ein tolles Motorrad. Der Besitzer,<br />

Per Smedberg, lebt noch und fährt<br />

heute eine Guzzi V 65. Auch ich (bin nun<br />

76) fahre noch regelmäßig Motorrad, im<br />

Stall stehen ein Guzzi-Gespann, eine Beta<br />

Alp 04 und eine Fantic Trial 240 von 1984<br />

(siehe Bild), mit der ich mich noch an<br />

<strong>Classic</strong>-Veranstaltungen beteilige. Um<br />

auch geistig nicht einzuschlafen, betreibe<br />

ich den norwegischen Wilbers-Import. Ihre<br />

Zeitschrift abonniere ich (noch) nicht,<br />

bin aber <strong>MOTORRAD</strong>-Abonnent seit 1958.<br />

Besten Gruß<br />

Maarten Mager, N-4768 Engesland<br />

68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Foto: Mager<br />

JAHRESABO<br />

Willkommen im Club!<br />

Breit-Reifen: Suzuki RV 125 Maarten Mager:<br />

Mehr Ost-50er!<br />

Noch ein Rückblick auf die 50er-Jahre.<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 6/<strong>2014</strong><br />

mit 76 über Stock und Stein<br />

Hallo liebe <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Redaktion,<br />

auch mir kamen beim Lesen Eures Artikels<br />

über die 50er-Kleinkrafträder unvergessliche<br />

Jugenderinnerungen hoch. Meine Zweiradleidenschaft<br />

begann 1974 ebenfalls mit satten<br />

50 cm³ Hubraum auf einem gebrauchten<br />

Simson KR 50 (50er-Kleinroller, 2,1 PS, 50<br />

km/h, Zweigang-Handschaltung). Ich war 15<br />

Jahre jung und verzichtete auf die damals<br />

unter Jugendlichen allgemein übliche Tanzschule<br />

zugunsten der Fahrschule für den Mopedschein.<br />

Seit ich denken kann, bin ich unheilbar<br />

mit dem „Motorradvirus“ infiziert,<br />

hatte bis zum heutigen Tag immer mindestens<br />

ein zweirädriges Kraftfahrzeug in meinem<br />

Besitz. Heute stehen in meiner Garage<br />

meine drei Traummopeds: BMW R 1150 R<br />

(2003), MZ RT 125 (2004) und mein Oldtimer-<br />

Schätzchen MZ ES1 50/1 Trophy von 1973.<br />

Leider hat Euer toller Beitrag über Kleinkrafträder<br />

einen Makel, denn er findet ausschließlich<br />

im Westen statt. Und das ist eben<br />

nur die halbe Wahrheit, denn auch wir in der<br />

damaligen DDR hatten zu jener Zeit eine lebhafte<br />

50er-Szene. Zwar nicht mit der bunten<br />

Markenvielfalt des Westens, dafür mit einer<br />

ordentlichen Modellvielfalt wie SR1, SR2, KR<br />

50, Spatz, Star, Habicht, Sperber, Schwalbe<br />

(KR51), S 50, S 51/S 70, SR 50/SR 80 von Simson<br />

oder von JAWA die 05, 20 und 50 Mustang<br />

aus der damaligen CSSR. Vielleicht findet<br />

Ihr demnächst auch mal die Muse, einen<br />

ebenso emotionalen Artikel über die 50er-<br />

Szene der ehemaligen DDR zu bringen. Ich<br />

glaube, auch wir haben es verdient, in der<br />

deutschen Kleinkraftrad-Historie erwähnt zu<br />

werden, auch wir sind Deutschland! Mit<br />

freundlichen Grüßen aus der schönen Hansestadt<br />

Rostock<br />

Michael Rexroth, Rostock<br />

KONTAKT<br />

Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen<br />

Name und Wohnort an.<br />

Fragen und Post an die Redaktion:<br />

Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />

Stichwort Leserbriefe, 70162 Stuttgart,<br />

Fax 0711/182-1781<br />

E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />

Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG, 70162 Stuttgart. Registergericht Stuttgart HRA 9302. Geschäftsführer: Dr. Volker Breid,<br />

Norbert Lehmann. Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp<br />

(Vorsitz), Heino Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />

GRATIS<br />

HELD Motorradbrille<br />

Retro-Motorradbrille mit Einfassung<br />

aus echtem Leder, innen angenehm zu<br />

tragendes Rauleder und ein verstell bares<br />

Brillenband. Das 2-teilige Sicherheitsglas<br />

schützt vor UV-Strahlen, beschlägt nicht<br />

und garantiert freie Sicht. Farbe: Schwarz.<br />

Gleich bestellen:<br />

www.motorrad-helden.de/mclabo<br />

IHRE VORTEILE: p 10 x <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> pünktlich<br />

frei Haus p 5,9 % Preisvorteil gegenüber Kioskpreis p Retro-Motorradbrille<br />

KONTAKT<br />

als Begrüßungsgeschenk p Gratis-Ausgabe bei Bankeinzug p automatisch<br />

Mitglied im <strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN-Club p Voller Zugriff auf exklusive Inhalte<br />

und Angebote im geschlossenen Bereich von www.motorrad-helden.de<br />

Meine persönlichen Angaben: (bitte unbedingt ausfüllen)<br />

Straße, Nr.<br />

PLZ Wohnort<br />

E-Mail<br />

Telefon<br />

Club-Partner:<br />

<strong>2014</strong><br />

Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen Name und Wohnort an.<br />

Fragen und Post an die Redaktion:<br />

Ja, Redaktion ich möchte <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>, Stichwort lesen. Leserbriefe, 70162 Stuttgart, Bestell-Nr. 1234365<br />

Bitte Fax senden 0711/182-1781 Sie mir die nächsten E-Mail: 10 Ausgaben motorradclassic@motorpresse.de<br />

von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> frei Haus für nur 53,50 € (A: 60,– €;<br />

CH: 98,50 SFr.*). Gratis dazu erhalte ich die HELD Motorradbrille nach Zahlungseingang solange Vorrat<br />

reicht, Ersatzlieferung vorbehalten. Außerdem werde ich automatisch Clubmitglied bei den <strong>MOTORRAD</strong>-<br />

HELDEN. Bei Bezahlung per Bankeinzug erhalte ich eine zusätzliche Ausgabe GRATIS. Nach Ablauf des<br />

ersten Bezugsjahres habe ich das Recht zur jederzeit möglichen Kündigung beim <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />

Aboservice, 70138 Stuttgart. Im Voraus gezahlte Beiträge erhalte ich zurück.<br />

Name:<br />

Mitgliedsnummer:<br />

Name, Vorname Geburtsdatum<br />

Ja, ich bin damit einverstanden, dass <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> und die Motor Presse Stuttgart<br />

mich künftig per Telefon oder E-Mail über interessante Angebote informieren.<br />

Ich bezahle per Bankeinzug und erhalte zusätzlich eine GRATIS-Ausgabe.<br />

IBAN<br />

BIC<br />

Geldinstitut<br />

10 Ausgaben<br />

druckfrisch per Post<br />

+ Clubmitgliedschaft<br />

+ Willkommensgeschenk<br />

gratis<br />

Max Mustermann<br />

1234 5678 9012<br />

SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige die DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Düsternstr. 1-3, 20355 Hamburg, Gläubiger-Identifikationsnummer<br />

DE77ZZZ00000004985, wiederkehrende Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein<br />

Kreditinstitut an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Mandatsreferenz<br />

wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungs datum, die Erstattung des belasteten<br />

Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />

Ich bezahle per Rechnung<br />

Verlagsgarantie: Sie können die Bestellung binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen. Die Frist beginnt an dem Tag, an<br />

dem Sie die erste bestellte Aus gabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anfor derungen von Art. 246a § 1<br />

Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die Bestellung zu<br />

widerrufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten an: <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />

Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0)711 3206-8899, Telefax: +49 (0)711 182-2550, E-Mail: motorradclassic@dpv.de<br />

Datum Unterschrift für Ihren Auftrag<br />

+49 (0)711 3206-8899 +49 (0)711 182-2550 motorradclassic@dpv.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> Aboservice · 70138 Stuttgart Bitte Bestell-Nr. angeben


AUF ACHSE I<br />

Suzuki GS 400<br />

70 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Export-<br />

Schlager<br />

Einst eroberte die GS 400 auch hierzulande die Herzen<br />

der Motorradfahrer, für viele war sie die erste „richtige“<br />

Maschine. Heute gehört die kleine Suzuki bei uns<br />

jedoch zu den Raritäten. Tausende wurden wieder zurück<br />

nach Japan verschifft. Weil sich die 400er in ihrer<br />

Heimat mittlerweile kultiger Verehrung erfreut.<br />

Text: Uli Holzwarth; Fotos: jkünstle.de<br />

Mal heißt sie Margarethe,<br />

mal nennt sie<br />

sich einfach nur<br />

Maggy. Wer in den<br />

Weiten des Internets nach einer Suzuki<br />

GS 400 fahndet, stößt irgendwann fast<br />

zwangsläufig auf sie. Und auf andere<br />

Suchende. Nur auf Suchende. Denn der<br />

Markt in Deutschland, ja in ganz Europa,<br />

ist weitestgehend abgegrast, die GS 400,<br />

bei uns ehedem das „Brot-und-Butter“-<br />

Motorrad schlechthin, ist verschwunden.<br />

Heimlich, still und leise.<br />

Nur ganz wenige haben in den letzten<br />

Jahren bemerkt, welch Dramatik sich<br />

hinter den so unverfänglich klingenden<br />

Suchanzeigen von Maggy & Co. verbirgt.<br />

Jetzt ist es zu spät, einige clevere Exporteure<br />

haben längst ihren Reibach gemacht.<br />

Und zig Tausende der hübschen<br />

Japanerin gewinnbringend wieder zurück<br />

nach Japan verkauft, wo sie sich in der<br />

Motorrad-Szene als begehrenswertes<br />

Kulturgut einer hohen Nachfrage erfreut.<br />

Das ist gewiss nicht verwerflich. Aber<br />

irgendwie schade.<br />

Findet auch Frank Lutz, der sieben GS<br />

400 sein Eigen nennt. Und sich für kein<br />

Geld der Welt von seinen Schätzen trennen<br />

würde. Schon zu Zeiten des großen<br />

Leistungs-Hungers hat der Franke nämlich<br />

festgestellt, dass auch Brot und Butter<br />

satt machen kann, wenn man es so<br />

schmackhaft serviert bekommt wie bei<br />

Suzukis kleinem Viertakt-Twin.<br />

Genau 30 Jahre ist es jetzt her, als der<br />

Radio- und Fernsehtechniker seine erste<br />

GS 400 gebraucht erstanden hat – für sehr<br />

kleines Geld, wie er heute schmunzelnd<br />

anmerkt. Wie zuvor schon mehrfach exerziert,<br />

wollte er auch das etwas mitgenommene<br />

1976er-Modell wieder aufbretzeln<br />

und verkaufen, um damit sein Motorrad-Hobby<br />

zu finanzieren. Doch bei der<br />

Suzuki ist er hängen geblieben, ihrer<br />

Schönheit erlegen. „Die GS 400 ist für<br />

mich ein unheimlich ästhetisches Motorrad,<br />

die zeitlose und ausgesprochen harmonische<br />

Linienführung begeistert mich<br />

bis heute. Ein Traum, vor allem mit<br />

Chromschutzblech und Speichenrädern!“<br />

Die Technik ist absolut robust<br />

Es war der Beginn einer intensiven Leidenschaft,<br />

die bis heute ungebrochen ist,<br />

wie man beim Blick in die Garage des<br />

52-Jährigen unschwer erkennen kann.<br />

Dort teilen sich die sieben 400er den Platz<br />

nicht nur mit diversen anderen Suzuki<br />

GS- und GT-Modellen, sondern auch mit<br />

unzähligen Ersatzteilen und Motoren, die<br />

der Suzuki-Fan im Lauf der Jahre angesammelt<br />

hat. Oder besser gesagt: vor<br />

dem Verschrotten gerettet hat. „Damals<br />

hat sich keiner für diese Motorräder interessiert,<br />

es waren typische Gebrauchs- und<br />

Verbrauchsmotorräder, die ich oft für ein<br />

paar Mark erstanden habe, selbst Teile<br />

waren spottbillig“, erinnert sich Frank.<br />

Rund 25 bis 30 Maschinen hat er ausgeschlachtet,<br />

mehr als genug, um seinen<br />

Bedarf zu decken, zumal sich die Technik<br />

des Zweiventil-Zweizylinders als ausgesprochen<br />

solide erwiesen hat. „Eine GS<br />

400 läuft ewig, konstruktiv ist der Zweizylinder<br />

eigentlich überdimensioniert<br />

und nahezu unzerstörbar“, weiß Frank<br />

aus seiner langjährigen Erfahrung.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 71


AUF ACHSE I<br />

Suzuki GS 400<br />

Eng verwandt mit der 750er<br />

Suzuki wollte 1976 eben auf Nummer<br />

sicher gehen. Schließlich war die GS 400<br />

nach der kurz zuvor präsentierten Vierzylinder-750er<br />

erst das zweite Viertaktmotorrad<br />

des japanischen Herstellers, der<br />

in dieser Hinsicht der Konkurrenz deutlich<br />

hinterherhinkte. Der erste Aufschlag<br />

musste also sitzen, um im Spiel zu bleiben.<br />

Er passte perfekt. Sowohl bei der viel gelobten<br />

750er als auch bei der 400er, deren<br />

aufwendig gemachter Twin viele Gemeinsamkeiten<br />

mit dem robusten Vierzylinder<br />

aufwies (siehe „Im Detail“ Seite 75).<br />

Das üppige Technik-Paket mit zwei<br />

obenliegenden Nockenwellen, Wälzlager-<br />

Kurbeltrieb und Ausgleichswelle gab es<br />

natürlich nicht zum Dumpingpreis. So<br />

war die GS 400 in den ersten Jahren immer<br />

einen Tick teurer als die japanische<br />

Zweizylinder-Konkurrenz in der damals<br />

sehr populären, weil versicherungsgünstigen<br />

27-PS-Klasse. In Letztere passte die<br />

GS 400 erst ab Frühjahr 1977, als Suzuki<br />

mit zahmeren Nockenwellen sieben der<br />

ursprünglich 34 PS kappte. Eignern<br />

früherer Exemplare bot Suzuki damals<br />

wahlweise die kostenlose Drosselung im<br />

Tausch gegen die 34-PS-Nockenwellen<br />

an. Wer jene behalten wollte, musste die<br />

Einbaukosten aber komplett bezahlen.<br />

Frank hat sich diesen Aufwand bei<br />

seiner ersten GS gespart. Der Lohn: eine<br />

72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Eingeschränkte Symbol-Kraft: Das im linken Motordeckel dargestellte Schaltschema stiftet<br />

eher Verwirrung. Da loben wir doch viel lieber die exakte Darstellung des Zweizylinders<br />

im offiziellen Werkstatthandbuch, die einen guten Einblick in die robuste Technik gibt<br />

laut <strong>MOTORRAD</strong>-Messung (Heft 9/1977)<br />

um rund 20 km/h höhere Spitze und mehr<br />

Biss bei hohen Touren. Den bekomme ich<br />

allerdings nicht zu spüren. Für die Fotos<br />

habe ich lieber ein völlig originales 27-PS-<br />

Exemplar aus Franks Sammlung ausgewählt.<br />

Seine Ur-GS hat er damals nämlich<br />

ein wenig individualisiert. „Vor 30 Jahren<br />

war das eben noch interessanter als ein<br />

perfekter Originalzustand“, kommentiert<br />

er meine Entscheidung gelassen.<br />

www.motorrad-classic.de


AUF ACHSE I<br />

Suzuki GS 400<br />

Seltenes Stil-Leben: So eine bunte Vielfalt<br />

an GS 400 findet man heute kaum noch<br />

Gedrosselte Dynamik<br />

Und rät auch mir zu einer Portion Gelassenheit,<br />

als ich mich in den komfortablen<br />

Sattel des blauen Fotomodells schwinge,<br />

das dem 1978er-Jahrgang entstammt.<br />

Auch er weiß, dass 27 PS heute niemanden<br />

mehr vom Hocker reißen. Zu meiner<br />

Überraschung leidet unter den Drosselmaßnahmen<br />

jedoch eher mein Vorurteil<br />

als der Fahrspaß. Es hat allerdings eine<br />

Weile gedauert, bis ich mich auf die sanfte,<br />

gleichmäßige Leistungscharakteristik des<br />

Zweizylinders einlassen konnte.<br />

Speziell auf breiten, gut ausgebauten<br />

Bundesstraßen oder gar Autobahnen bekommt<br />

man auf so einem 27-PS-Motorrad<br />

doch recht anschaulich gezeigt, wie<br />

schnell der Verkehr heute geworden ist.<br />

Je enger und winkeliger die Strecken,<br />

desto eher lernt man jedoch die gleichmäßige<br />

Leistungsentfaltung der Drossel-<br />

Suzi zu schätzen. Der ist es nämlich ziemlich<br />

egal, in welchem Gang sie durchs Winkelwerk<br />

getrieben wird, selbst im sechsten<br />

gibt es ab 2500 Touren – oder 45 km/h –<br />

unerschütterlichen, ruckfreien Vortrieb.<br />

Allein dessen Intensität lässt sich über das<br />

exakte und leicht schaltbare Getriebe va-<br />

MODELLPFLEGE SUZUKI GS 400<br />

Hier hat uns Frank die wichtigsten Änderungen bei<br />

den GS 400-Jahrgängen aufgelistet. Seine Favoriten<br />

sind die ersten Modelle: „Die GS 400 hatte keinerlei<br />

Kinderkrankheiten, war 1976/77 am besten verarbeitet<br />

und ausgestattet. Fast alle späteren Änderungen<br />

zielten daher vor allem auf Einsparungen bei<br />

den Fertigungskosten. Das zeigt sich insbesondere<br />

ab 1979, da hat die Qualität von Lack und Schweißnähten<br />

deutlich nachgelassen.“<br />

1976/77: GS 400 B (Fahrgestellnummer: GS400-<br />

10001 bis 30705). Farben: Stardust Silver Metallic,<br />

Candy Calypso Red, Andes Blue Metallic ohne Tankdekor.<br />

Schwarze Seitendeckel, Bremsscheiben zweiteilig,<br />

vernietet (6,7 mm dick). Armaturen verchromt<br />

mit schwarzer Abdeckung unten, digitale Ganganzeige<br />

mit Siebensegmentanzeige, Auspuffanlage<br />

zweiteilig ohne Interferenzrohr, starre Fahrerfußrasten,<br />

Schmiernippel an der Schwinge, Zugang<br />

zum Ölpumpensieb über separaten Deckel an der<br />

Motorunterseite. Lenkerschalter aus Alu, Anlasserabdeckung<br />

verchromt, Sitzbankbezug mit Längsstreifen,<br />

Drosselung von 34 auf 27 PS nur über<br />

Nocken wellen. GS 400 XB: wie GS 400 B, aber mit<br />

Trommelbremse der T 250 im Vorderrad, ohne Anlasser.<br />

1978: GS 400 C/EC (Fahrgestellnummer C: GS400-<br />

30705 bis 58411, EC: GS400-500001 bis 502463).<br />

Farben: Black, Candy Florida Blue, Stardust Silver<br />

Metallic, Marble Straight Red, Pure White mit<br />

schmalen Dekorstreifen am Tank. Änderungen<br />

gegen über B: Bremsscheibe einteilig (6 mm), Armaturen<br />

schwarz mit verchromter unterer Abdeckung,<br />

Ölpumpensieb von außen nicht mehr zugänglich,<br />

neue 2-in-2-Auspuffanlage mit Interferenzrohr,<br />

Krümmer und Auspuff nun verschweißt, Lenkerschalter<br />

aus Kunststoff, Anlasserabdeckung silbern lackiert,<br />

im Laufe des Modelljahres Umstellung bei der<br />

Gang anzeige auf einzelne Leuchten, Schmiernippel<br />

an Schwinge entfällt, geänderte Vorderradnabe, Kabelbaum<br />

geändert. Drosselung auf 27 PS über andere<br />

Nocken wellen und dickere Fußdichtung. EC: Gussräder,<br />

Trommelbremse hinten, Ø 160 statt 180 mm.<br />

1979: GS 400 N/EN (Fahrgestellnummer N: ab<br />

GS400-58412, EN: GS400-502494 bis 505115).<br />

Farben: Black, Straight Blue, Marble Straight Red mit<br />

breitem Dekor. Änderungen gegenüber C: Seitendeckel<br />

in Tankfarbe lackiert, klappbare Fahrerfußrasten,<br />

andere Blinker, Scheinwerfer mit schmalem<br />

Chromring, Sitzbankbezug mit Rautenmuster,<br />

Schriftzüge goldfarben. GS 400 EBN „Black Suzi“,<br />

Fahrgestellnummer: GS400-503972 bis 504471<br />

­(eigene Recherche, es gibt keine offiziellen Angaben).<br />

Farbe: Black, Sitzbank weiß. Technisch keine<br />

Unterschiede. GS 400 L Softchopper, Fahrgestellnummer<br />

ab GS400-700001, offiziell nicht importiert,<br />

nicht zu verwechseln mit der GS (X) 400 L, die ab 79<br />

verkauft wurde. Nur wenige Exemplare gebaut.<br />

1981: GS 400 ET (Fahrgestellnummer: ab GS400-<br />

505116 bis 505xxx, eine Rahmennummer 506xxx<br />

habe ich noch nicht gesehen). Farbe: Stardust Silver<br />

Metallic mit dünnem, schwarzem Dekor. Technisch<br />

kaum Unterschiede zur GS 400 EN. Gabel geändert,<br />

identisch mit der GS 450/GSX 400, Schriftzug „GS<br />

400“ auf dem Seitendeckel jetzt als Kunststoffemblem,<br />

nicht mehr als Aufkleber.<br />

<br />

Frank Lutz<br />

Rationalisierung:<br />

Die meisten<br />

Änderungen hatten<br />

die Senkung<br />

der Produktionskosten<br />

zum Ziel. So<br />

wurde die Siebensegment-Ganganzeige<br />

der ersten<br />

Modelle (links)<br />

durch eine einfachere<br />

mit sechs<br />

Lampen ersetzt


IM DETAIL: SUZUKI GS 400<br />

(1976 – 1983)<br />

Preis 1978: 4850 Mark<br />

Daten (Typ GS 400 C)<br />

Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />

zwei<br />

obenliegende Nockenwellen, zwei<br />

Ventile pro Zylinder, über Tassenstößel<br />

betätigt, Hubraum 398<br />

cm³, Leistung 20 kW (27 PS) bei<br />

7400/min (wahlweise 25 kW/34<br />

PS bei 8500/min)<br />

Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />

Sechsganggetriebe,<br />

Kettenantrieb<br />

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />

aus Stahlrohr, Telegabel vorn,<br />

Ø 33 mm, Zweiarmschwinge mit<br />

zwei Federbeinen, Drahtspeichenräder,<br />

Reifen 3.00 S 18 vorn, 3.50<br />

S 18 hinten, Scheibenbremse<br />

vorn, Ø 270 mm, Einkolben-<br />

Schwimmsattel, Simplex-Trommelbremse<br />

hinten, Ø 180 mm<br />

Maße und Gewichte: Radstand<br />

1385 mm, Gewicht vollgetankt<br />

185 kg<br />

0-100 km/h: 7,2 s<br />

Vmax: 144 km/h (ungedrosselt:<br />

166 km/h)<br />

Technik<br />

Die enge Verwandtschaft des 400er-<br />

Zweizylinders mit dem 750er-Vierzylinder<br />

war kein Zufall, sondern entsprach<br />

auch kaufmännischem Kalkül. Nur so<br />

ließ sich wohl der hohe technische<br />

Aufwand rechtfertigen, mit dem die GS<br />

400 bei ihrem Debüt 1976 die Konkurrenz<br />

klar übertraf. Wie der Vierzylinder<br />

besitzt auch der Zweiventil-Twin mit<br />

180 Grad Kurbelwellenkröpfung ein<br />

horizontal geteiltes Motorgehäuse,<br />

in dem sich eine fünfteilige<br />

Kurbelwelle in drei Rollenlagern dreht.<br />

Mit Ausnahme der beiden über eine<br />

Steuerkette angetriebenen, obenliegenden<br />

Nockenwellen kommen im Motor<br />

zur Kraftübertragung ausschließlich<br />

Zahnräder zum Einsatz, die vor der<br />

Kurbelwelle mit gleicher Drehzahl rotierende<br />

Ausgleichswelle wird ebenfalls<br />

über einen Stirnradsatz angetrieben.<br />

Anders als bei der 750er erfolgt der<br />

Primärtrieb bei der 400er über eine<br />

Schrägverzahnung. Baugleich sind<br />

dagegen Kolben (Ø 65 mm), Steuerkette<br />

mit Führungen und Spanner<br />

sowie die Ventile mit Federtellern,<br />

Keilen, Tassenstößeln und<br />

Shims. Die Steuerkette wird von zwei<br />

kunststoffbeschichteten Gleitschienen<br />

und einer Rolle zwischen den Nockenwellen<br />

geführt, auf die hintere drückt<br />

der automatische Kettenspanner<br />

mit federbelasteter Schubstange und<br />

Arretierstift. Die Kraftübertragung<br />

übernehmen eine Mehrscheiben-Ölbadkupplung<br />

und ein klauengeschaltetes<br />

Getriebe, das mit sechs Gängen<br />

einen mehr besitzt als das Pendant im<br />

hubraumstärkeren Vierzylinder.<br />

Kauf-Check<br />

Die GS 400 wurde über Jahrzehnte als<br />

günstiges Alltagsfahrzeug verbraucht.<br />

Beim Kauf gilt also: Keine Illusionen,<br />

gepflegte Ersthand-Perlen gibt es nicht<br />

mehr. Ebenso wenig echte Schwachstellen,<br />

Kurbeltrieb und Getriebe sind<br />

überdimensioniert und für sehr hohe<br />

Laufleistungen gut. Schäden? Praktisch<br />

unbekannt. Kolben, Zylinder und Ventiltrieb<br />

halten – je nach Fahrweise –<br />

ebenfalls weit über 100 000 Kilometer.<br />

Probleme bereitet hingegen häufiger<br />

der automatische Steuerkettenspanner<br />

mit einem leckenden Wellendichtring<br />

(10x16x4). Zudem arbeitet sich die<br />

Kugel des Mechanismus in die schiefe<br />

Ebene ein, dann funktioniert die automatische<br />

Nachstellung nicht mehr,<br />

bemerkbar am Rasseln der Steuerkette.<br />

Undichtigkeiten kennt man auch vom<br />

Wellendichtring auf der Zündungsseite,<br />

wenn dieser verhärtet. Er lässt sich<br />

jedoch – wie die anderen Wellendichtringe<br />

– ohne Demontage des Motors<br />

von außen wechseln. Vorsicht: Die<br />

meisten GS 400 besitzen ab Werk eine<br />

Fußdichtung mit einem Millimeter<br />

Stärke (27-PS-Version). Im Handel<br />

(und in allen Zubehör-Dichtsätzen) ist<br />

nur noch die Dichtung der ungedrosselten<br />

Version zu bekommen, die nur 0,6<br />

Millimeter misst. Montiert man diese,<br />

ohne den leichten „Absatz“ am Umkehrpunkt<br />

der Kolbenringe auszuschleifen,<br />

besteht das Risiko, dass die Ringe<br />

an dieser „Kante“ anstoßen, wodurch<br />

die Kolbenringnut in kürzester Zeit ausschlägt<br />

und Bruch droht. Wer auf<br />

Nummer sicher gehen will, verwendet<br />

daher am besten zwei Fußdichtungen<br />

(ergibt dann 1,2 mm). Bei der Ersatzteilversorgung<br />

gilt: Technik ist noch<br />

lieferbar, hier passt auch viel von<br />

Nachfolgemodellen. Die Kolben sind<br />

mit der GS 750 identisch, Ventile und<br />

Führungen wurden noch in der GS 500<br />

E verwendet. Anbauteile gibt es generell<br />

nicht mehr, auch keine Auspuffanlagen,<br />

nicht einmal aus dem Zubehör.<br />

Entdrosseln lässt sich eine GS<br />

400 heute auch mit den 42-PS-Nockenwellen<br />

der GS 450, eine weitere<br />

Leistungssteigerung ist durch Aufbohren<br />

der Zylinder unter Verwendung<br />

von Kolben der GS 850 mit 69 Millimetern<br />

Bohrung möglich.<br />

Markt<br />

Welcher Markt? Die Suchanzeigen zumeist<br />

professioneller Exporteure überwiegen<br />

deutlich, die für abgehalfterte<br />

GS 400 rund 800 bis 1000 Euro bezahlen.<br />

Dem steht hierzulande jedoch<br />

praktisch kein Angebot gegenüber.<br />

Dennoch wachsen die Preise nicht zu<br />

sehr in den Himmel. Wer Glück hat und<br />

ein gutes Exemplar finden sollte, muss<br />

mit Forderungen zwischen 2500 und<br />

etwa 3500 Euro rechnen.<br />

Spezialisten<br />

Rainer Vater<br />

Telefon 074 57/2070,<br />

www.motorrad-vater.de<br />

Internet-Foren<br />

www.suzuki-classic.de<br />

www.suzuki-gs.de<br />

www.gs-classic.de<br />

www.suzukicycles.org<br />

Historie<br />

1980:Ablösung der GS 400<br />

durch die GS 450 E. Radikal anderes<br />

Styling, kaum verändertes<br />

Fahrwerk. Motor nun kurzhubiger<br />

und mit gleitgelagertem Kurbeltrieb.<br />

Preis: 5151 Mark<br />

1988:Suzuki gräbt den Zweiventiler<br />

wieder aus und setzt ihn<br />

ins Fahrgestell der GSX 400 –<br />

fertig ist die GS 450 E/S mit 27/<br />

42 PS. Preis: ab 5319 Mark<br />

1989:Aufgebohrt auf 487 cm³<br />

startet die GS 500 E mit 46 PS.<br />

Auch deren Zweiventiler basiert<br />

auf jenem der GS 400. Sie wird<br />

ein Topseller, der sich bis 2004<br />

hält. Preis 1989: 6540 Mark


AUF ACHSE I<br />

Suzuki GS 400<br />

Ein schönes Stück Technik: Suzuki hat es bei seinen ersten Viertaktern perfekt verstanden,<br />

die ungemein standfeste Mechanik besonders attraktiv zu verpacken<br />

riieren, wobei sich die gefühlte Bandbreite<br />

vom stoischen „ich schaff‘s noch“ in der<br />

höchsten Stufe bis zum sanften Klaps in<br />

den Hintern im dritten Gang erstreckt.<br />

So kann ich mich in aller Ruhe auf die<br />

Nebensächlichkeiten konzentrieren, die<br />

sich mit zunehmender Fahrt immer mehr<br />

in den Vordergrund drängen. Beispielsweise<br />

die beeindruckende Laufkultur.<br />

Gut, völlig verschont wird man vom Kribbeln<br />

nicht, dennoch leistet die Ausgleichswelle<br />

ganze Arbeit.<br />

Bemerkenswert zudem die mechanische<br />

Laufruhe der fast 40 Jahre alten Konstruktion.<br />

Wozu der Stirnradantrieb des<br />

Vibrationshemmers ebenso beiträgt wie<br />

die Tatsache, dass mit Ausnahme von Kurbelwelle<br />

und Steuerkette auschließlich<br />

Zahnräder im horizontal geteilten Motorgehäuse<br />

rotieren. Schlagende Ketten, lästige<br />

Rasselgeräusche? Gibt es nicht.<br />

76 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong><br />

Unspektakuläre Zuverlässigkeit<br />

So dringt vor allem das gedämpfte Hämmern<br />

des Zweizylinders ans Ohr, mit 180<br />

Grad Kurbelwellenkröpfung allerdings<br />

ohne spektakuläre Note. Das passt jedoch<br />

zu diesem gezähmten Antrieb, dessen<br />

flache Drehmomentkurve zwischen 2500<br />

und 7500 Touren 90 Prozent des maximalen<br />

Drehmoments (27 Nm) liefert.<br />

Mehr Eindruck macht da schon die<br />

Zuverlässigkeit und Standfestigkeit des<br />

Twins. „Kurbeltrieb und Getriebe sind<br />

bei der GS 400 unkaputtbar, diese Bauteile<br />

halten ewig“, lobt Frank die Konstruk<br />

teure. Diesen Eindruck hatten einst<br />

auch die <strong>MOTORRAD</strong>-Tester nach der<br />

GS 400 E „BLACK SUZI“<br />

Zer legung der Dauertest-Maschine (Ausgabe<br />

23/1978), bei der nur die erschlafften<br />

Ölabstreifringe auffielen – nach Franks<br />

Erfahrungen aber kein typisches Problem.<br />

Problemlosigkeit charakterisiert auch<br />

das Fahrverhalten der Suzi. Ihre 27 PS<br />

bringen den stabilen Doppelschleifenrahmen<br />

niemals in Verlegenheit. Draufsitzen<br />

und wohlfühlen – das sind die ersten Gedanken,<br />

die meine persönliche Festplatte<br />

abgespeichert hat. Relativ kompakte Haltung,<br />

angenehmer Kniewinkel, komfortable<br />

Bank, schluckfreudige Federung –<br />

das passt, selbst für lange Strecken. Schon<br />

auf leichten Zug am Lenker klappt die GS<br />

willig in Schräglage und lässt sich mit<br />

Als einer der ersten Hersteller<br />

erkannte Suzuki 1979 die verkaufsfördernde<br />

Wirkung eines<br />

limitierten Sondermodells. Bis<br />

auf die schwarze Lackierung<br />

mit den auffälligen Schriftzeichen<br />

samt Nummerierung,<br />

den ebenfalls in<br />

Schwarz gehaltenen<br />

Motor und<br />

die weiße Sitzbank<br />

entsprach<br />

die „Black Suzi“<br />

dem Standardmodell<br />

–<br />

sogar beim Preis!


Verschluss-Sache: Der Tankdeckel verbirgt<br />

sich unter einer Abdeckung<br />

Lesen bildet: Hier bleiben keine Fragen<br />

mehr offen, was ein Auspuff bezweckt<br />

ihren schmalen Sohlen selbst von Bodenwellen<br />

nicht vom Kurs abbringen, obwohl<br />

die relativ schwach gedämpften Federelemente<br />

auf Holperstrecken bisweilen<br />

mehr Schwung ins Geschehen bringen,<br />

als es sein müsste. Zäheres Öl, straffere<br />

Konis – und das Thema wäre erledigt. Zumal<br />

die nadelgelagerte Schwinge (anfänglich<br />

sogar mit Schmiernippeln!) die beste<br />

Voraussetzung für ein dauerhaft präzises<br />

Fahrverhalten bietet – selbst in diesem<br />

Punkt rechtfertigte die Suzuki also ihren<br />

im Konkurrenz-Vergleich höheren Preis.<br />

Dem milden Temperament sind die<br />

Bremsen jederzeit gewachsen, wenngleich<br />

ich an Franks Stelle wahrscheinlich<br />

ein wenig mit den vorderen Belägen experimentieren<br />

würde, um bissigere für die<br />

einzelne Scheibe zu finden. Die hintere<br />

Trommel arbeitet hingegen so, wie das<br />

ganze Motorrad – sehr solide.<br />

Ansteckende Gelassenheit<br />

Ich mache noch einen kleinen Schlenker,<br />

noch ein paar Kilometer Umweg allein<br />

durchs kurvige Grün des Steigerwaldes,<br />

folge dem permanenten Wechsel von<br />

Licht und Schatten. Ohne Stress, ohne<br />

Hektik und ohne drängelnden Verkehr<br />

lasse ich mich treiben, hänge meinen Gedanken<br />

nach. Und merke irgendwann,<br />

dass es die kleine Suzuki doch tatsächlich<br />

geschafft hat, mich mit ihrem Gleichmut<br />

anzustecken! Ob ihr das wohl immer gelingen<br />

würde? Ich weiß es nicht.<br />

Klar ist mir jetzt allerdings, dass Drosselmaschinen<br />

nicht automatisch Lustkiller<br />

sein müssen. Und dass sich die harmonische<br />

Ausstrahlung der GS 400 nicht alleine<br />

auf das hübsche Äußere beschränkt.<br />

Frank nickt heftig. Nach 30 Jahren mit<br />

der Suzuki GS 400 weiß der Techniker<br />

und Schrauber schließlich am besten,<br />

dass es für so eine leidenschaftliche Beziehung<br />

natürlich in besonderem Maße<br />

auf die inneren Werte ankommt. Ob die<br />

auch für Maggy & Co. zählen? Ich hab da<br />

so meine Zweifel.<br />

◻<br />

MEINUNG<br />

Frank Lutz<br />

über die Suzuki GS 400<br />

Ich bin vor 30 Jahren an der GS 400 hängengeblieben,<br />

weil mir das hübsche Äußere der Suzi<br />

den Kopf verdreht hat. Es ist ein zeitloses, sehr<br />

harmonisches Design, bei dem mich immer wieder<br />

begeistert, wie Tropfentank, Sitzbank und<br />

Heckbürzel den Schwung der Auspuffanlage<br />

aufnehmen. Als Schrauber beeindruckt mich zudem<br />

die ausgesprochen robuste Konstruktion<br />

des Zweizylinders. Natürlich hat auch eine Rolle<br />

gespielt, dass damals sowohl Motorräder als<br />

auch Teile sehr günstig zu bekommen waren.<br />

Schade, dass die GS 400 bei uns fast vollständig<br />

aus dem Straßenbild verschwunden ist, im guten<br />

Zustand ist sie heute eine absolute Rarität.


RESTAURIERUNG I<br />

BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />

Wie der Motor selbst<br />

zeigte auch das Getriebe<br />

mitsamt Kardan<br />

bei der Probefahrt<br />

nach 114 000 Kilometern keine<br />

verdächtigen Geräusche oder Mängel.<br />

Massive Schäden können durch lautes<br />

Heulen bestimmter Gangstufen auf schweres<br />

Pitting der Zahnräder oder durch<br />

mahlende Geräusche in allen Gang stufen<br />

auf ausgelaufene Kugellager hinweisen.<br />

Davon war bei der G/S nichts zu hören.<br />

Auch der Kardan machte unter allen Lastzuständen<br />

keine Mucken.<br />

Selbst das Öl aus dem Antrieb ließ<br />

nicht vermuten, dass sich das eine oder<br />

andere Bauteil bereits im fortgeschrittenen<br />

Zerfall befand. Deshalb ist es bei jeder<br />

Grundüberholung ratsam, sämtliche Baugruppen<br />

im Antrieb, von der Kupplung<br />

bis zum Winkeltrieb im Kardan, in Augenschein<br />

zu nehmen. Sollte die Sichtprüfung<br />

keinen Grund zur Sorge ergeben, umso<br />

besser. Sind, wie in unserem Fall, aber bereits<br />

etliche Bauteile kurz vor dem Komplettausfall,<br />

hat sich die Mühe gelohnt.<br />

Löst sich ein Getrieberad oder -lager während<br />

der Fahrt in seine Bestandteile auf,<br />

wird der Schaden ungleich größer und<br />

kann auch noch intakte Bauteile irreparabel<br />

zerstören. Von der Gefahr eines Sturzes<br />

durch blockierende Gangräder ganz<br />

zu schweigen.<br />

Wie bereits bei der Motorrevision<br />

kommen auch am Antriebsstrang etliche<br />

Abziehvorrichtungen zum Einsatz. Kann<br />

man sich im Inneren der Schaltbox mit<br />

Universalabziehern behelfen, ist für den<br />

Flansch am Getriebeausgang eine robuste<br />

Abziehglocke unumgänglich, um den<br />

Kardananschluss von seinem Konus abzuziehen.<br />

Hier muss mit mächtig viel<br />

Kraft und Vorsicht gearbeitet werden, da<br />

Zahn um<br />

Zahn Text:<br />

Auch wenn der Boxer ohne<br />

verdächtige Geräusche oder<br />

krachende Schaltung seine<br />

Arbeit ver richtet, sollte<br />

der Antriebsstrang bei der<br />

Renovierung gründlich<br />

unter die Lupe genommen<br />

werden.<br />

Werner Koch; Fotos: fact, Koch<br />

78 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Provisorischer, aber funktioneller Gegenhalter, um die Zentralmutter<br />

zu lösen, die den Kardanflansch auf dem Konus hält. Dabei<br />

müssen nicht zwingend alle vier Schrauben im Eingriff sein<br />

Nur mit der massiven Abziehglocke von BMW konnte der<br />

Flansch vom Konus entfernt werden. Versuche mit soliden<br />

Dreiarm-Abziehern waren zum Scheitern verurteilt<br />

sich der Abzieher und der Flansch mit<br />

einem lauten Knall und heftigem Ruck<br />

regel recht von der Getriebewelle sprengen.<br />

Zum Lösen der mit hohem Drehmoment<br />

angezogenen Muttern und<br />

Schrauben auf den Wellen sollte nicht die<br />

Ratsche, sondern ein Knebel verwendet<br />

werden, um die Ratschenmechanik nicht<br />

zu zerstören.<br />

Der Getriebedeckel wird nach dem<br />

Erhitzen gleichmäßig und mit leichten<br />

Schlägen eines Kunststoffhammers von<br />

den Lagern gezogen. Dabei sollten die<br />

Getriebewellen senkrecht stehen. So wird<br />

verhindert, dass die Distanzscheiben bei<br />

der Demontage herunterfallen und nicht<br />

mehr zweifelsfrei der jeweiligen Welle<br />

zugeordnet werden können.<br />

Wenn weder Getriebewellen noch das<br />

Gehäuse getauscht werden, kann diese<br />

Distanzierung ohne Nachmessen wiederverwendet<br />

werden. Bei einem Wechsel<br />

der Kugellager sind die Toleranzen im<br />

Hinblick auf die Breite des Außenringes<br />

so gering, dass man sich diese Mühe getrost<br />

ersparen kann.<br />

Mit Ausnahme des robusten Rollenlagers<br />

der Primärwelle sollten bei einer<br />

Komplett-Zerlegung stets sämtliche Kugellager<br />

erneuert werden. Die Erfahrung<br />

zeigt, dass diese Lager gelegentlich kollabieren,<br />

was zu gravierenden Folgeschäden<br />

führen kann. Vermutlich leiden die Kugellager<br />

heftig unter der axialen Last. Diese<br />

rührt daher, dass das Drehmoment von der<br />

Primärwelle auf die Ausgangswelle über<br />

schrägverzahnte Getrieberäder weitergeleitet<br />

wird. Beim Rollenlager hin gegen genügt<br />

eine Sicht- und Laufgeräuschprüfung.<br />

Natürlich werden alle Getriebezahnräder<br />

sorgfältig auf Verschleiß an den<br />

Mitnehmer-Klauen und Pitting überprüft.<br />

In unserem Fall musste jedoch nur das<br />

Primärrad am Knagge-Dämpfer wegen<br />

ein paar leichten Oberflächenausbrüchen<br />

getauscht werden, alle anderen Bauteile<br />

waren in gutem Zustand.<br />

Sollten die Schaltgabeln seitliche Reibspuren<br />

aufweisen, ist zu vermuten, dass<br />

Die neue Gummitülle verhindert, dass<br />

Regenwasser über Getriebeentlüftung<br />

und Tachoantrieb ins Gehäuse gelangt<br />

Der Schaltautomat<br />

mit den Kulissenscheiben<br />

für die<br />

Schaltgabeln und<br />

dem Schaltstern<br />

mit Arretierklinke<br />

ist ein robustes<br />

Bauteil. Beim<br />

Zusammenbau<br />

darauf achten,<br />

dass die beiden<br />

verzahnten, mit<br />

Körnerpunkten<br />

markierten<br />

Scheiben korrekt<br />

eingreifen<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 79


RESTAURIERUNG I<br />

BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />

Die Getriebeeingangswelle in ihren Einzelteilen. Vorn das Primärrad mit dem Gegenstück<br />

des Knagge-Dämpfers und der Druckfeder. Das Zahnrad rechts überträgt die<br />

Dreh bewegung des Kickstarters auf die Kurbelwelle<br />

am dazugehörigen Zahnrad die Kanten<br />

der Mitnehmer-Klauen verschlissen und<br />

verrundet sind. Dieser ursächliche Mangel<br />

führt dazu, dass das Gangrad unter<br />

Last seitlich ausweichen möchte und<br />

dabei die Schaltgabeln mit Fressspuren<br />

überzieht. Dann ist ein Austausch beider<br />

Bauteile unumgänglich.<br />

Werden aufgepresste oder aufgeschrumpfte<br />

Bauteile erneuert, müssen<br />

diese vor der Montage gründlich entfettet<br />

gabeln poliert werden, um die Reibung<br />

zwischen Schaltgabel und Welle zu reduzieren.<br />

Allerdings müssen die Wellen –<br />

wie bei einem Gabelstandrohr – linear, also<br />

der Länge nach poliert werden. Nur so<br />

lassen sich die feinen Bearbeitungsspuren<br />

der radial geschliffenen Wellen glätten.<br />

Zur Montage der drei Getriebewellen<br />

muss das Gehäuse wieder aufgeheizt<br />

werden, damit die Lager leicht und ohne<br />

jenes zu beschädigen in ihren Sitz schlüpwerden,<br />

um einen sicheren Sitz der Oberflächen<br />

zu gewährleisten. BMW-Spezialisten<br />

raten auch dazu, die Schenkelfeder<br />

am Schaltautomaten zu wechseln. Bricht<br />

diese, wird die Schaltung lahmgelegt. Für<br />

die Reparatur muss das Getriebe komplett<br />

zerlegt werden! Am Schaltautomaten<br />

selbst ist dafür kein gravierender Verschleiß<br />

oder Defekt zu erwarten.<br />

Für eine geschmeidigere Schaltbarkeit<br />

können jedoch die Wellen der Schalt-<br />

Mit dem Heißluftföhn auf zirka 100 Grad erhitzt, weiten sich die Lagersitze im Getriebedeckel<br />

auf. Nur so lässt sich der Deckel von den Außenringen der Kugellager abziehen<br />

Sämtliche Getriebewellen und Zahnräder<br />

waren in sehr gutem Zustand, konnten ohne<br />

nachzubessern wiederverwendet werden. Lediglich<br />

die Kugellager wurden rundum ersetzt<br />

80 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Frisch montiertes Getriebe<br />

mit Schalt automat und<br />

Schaltwellen. Die Distanzscheiben<br />

und Ölleitbleche<br />

(Pfeil) werden ebenso wie<br />

die Papierdichtung mit<br />

Fett fixiert<br />

fen können. Nach dem Einsortieren der<br />

Schaltgabeln und des Schaltautomaten<br />

kann das Getriebe überprüft und durchgeschaltet<br />

werden. Das ist allerdings<br />

meist eine etwas hakelige Angelegenheit,<br />

da die Wellen nicht wirklich parallel<br />

stehen. Erst mit aufgesetztem Getriebedeckel<br />

lässt sich die Funktion endgültig<br />

beurteilen. Nicht wundern, wenn sich die<br />

Getriebewellen in diesem Fall nur schwer<br />

drehen lassen. Wir haben deshalb alle<br />

Wellen bei noch heißem Getriebegehäuse<br />

mit leichten Schlägen durch Stahlhammer<br />

und aufgesetztem Aluminium-Dorn bis<br />

zum Anschlag in ihren Sitz getrieben. Die<br />

perfekte Leichtgängigkeit aller Wellen<br />

war das Ergebnis. Eine Beschädigung der<br />

Kugellager ist dabei nicht zu befürchten.<br />

Zu guter Letzt werden die Simmerringe<br />

mit einer passenden Hülse eingetrieben<br />

und das Getriebeöl eingefüllt.<br />

Das alte, schrägverzahnte Primärzahnrad (rechts) mit den beiden<br />

Auskehlungen für den Knagge-Dämpfer wurde durch ein neues<br />

Bauteil (links) ersetzt, da sich an einigen Zahnflanken bereits<br />

Ober flächenausbrüche zeigten, sogenanntes Pitting (Pfeil)<br />

Schwungscheibe und Kupplungsdruckplatte sind nach gründlicher<br />

Reinigung und dem Abziehen der Laufflächen mit<br />

Läppleinen wieder fit. Ersetzt wurde nur die Reibscheibe,<br />

die Zentrierung erfolgte mittels selbst gedrehtem Alu-Dorn<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 81


RESTAURIERUNG I<br />

BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />

Wichtig: Die Gummitülle am Tachoantrieb<br />

muss er neuert werden. Denn dort kann<br />

über den Schneckenantrieb Regenwasser<br />

ins Getriebe gelangen, sofern die Gummitülle<br />

nicht fest und dicht an der Tachowelle<br />

anliegt. Ein kleiner Drahtring oder<br />

eine Schlauchsicherung sowie eine ordentliche<br />

Fettfüllung können diese Malaise<br />

dauerhaft verhindern.<br />

Beim Kardan machte <strong>MOTORRAD</strong><br />

<strong>Classic</strong> Nägel mit Köpfen. In der Absicht,<br />

das Beste aus der G/S herauszuholen, entschieden<br />

wir uns für die Verlängerung<br />

der Schwinge. Zu wenig Gewicht auf dem<br />

Vorderrad, zu kurzer Radstand und zu<br />

viel Ausfedermoment beim Beschleunigen<br />

durch den Kardanantrieb – so fuhr die<br />

BMW vor der Renovierung. Also wurde<br />

der Schwingenarm durch ein Aluminium-<br />

Distanzstück zwischen dem Flansch gestreckt,<br />

die Kardanwelle selbst durch ein<br />

spezielles Verfahren vom Boxer-Spezialisten<br />

Herbert Gletter (www.gletter.de) um<br />

50 Millimeter verlängert. Da das Rad jetzt<br />

weiter hinten steht, muss auch die Aussparung<br />

in der Schwinge nach hinten verlängert<br />

werden, um eine ausreichende<br />

Freigängigkeit des Reifens zu garantieren,<br />

ohne die Felge allzu weit aus der Mitte<br />

einspeichen zu müssen. Beim Überprüfen<br />

des Kardangelenks wurde ein leichtes,<br />

subjektiv aber unbedenkliches Spiel festgestellt.<br />

Herbert Gletter war sich aber sicher:<br />

neu lagern, sonst gar nix. Das war<br />

auch gut so, denn die Oberflächen aller<br />

vier Lagerzapfen waren tief und rau eingelaufen.<br />

Bemerkt man im entfetteten<br />

Zustand einen deutlich spürbaren freien<br />

Nach dem Erhitzen des Getriebedeckels wird dieser durch leichte Schläge mit dem<br />

Kunststoffhammer über die Lagerringe gestülpt. Anschließend werden die Wellen<br />

mit leichten Schlägen in ihren endgültigen Sitz getrieben<br />

Verdrehwinkel des Kreuzgelenks, sollten<br />

die Nadellager und der Kreuzzapfen ausgetauscht<br />

werden. Das ist aber eine Arbeit<br />

für den Spezialisten.<br />

Schließlich stand die Kontrolle des<br />

Winkeltriebs auf der Arbeitsliste, die je­<br />

doch nach dem Abziehen des Tellerrad-<br />

Deckels und einer Sichtprüfung rasch erledigt<br />

war – Teller- und Kegelrad befanden<br />

sich in einem perfekten Zustand. Gott<br />

sei Dank, denn ein zermahlener Endantrieb<br />

kostet zum einen eine Stange<br />

Aussortiert: Sämtliche Kugellager wurden erneuert, selbst<br />

wenn in Sachen Laufgeräusch und Spiel noch nichts Verdächtiges<br />

zu bemerken war. Natürlich gab es auch neue<br />

Simmerringe und ein Primärrad ohne Pitting<br />

Versuchsaufbau: Für eine bessere Schaltbarkeit wanderte<br />

der Drehpunkt des Schalthebels nach unten (Pfeil), zudem<br />

wurde mit der Hebelübersetzung experimentiert, um sowohl<br />

Schaltkraft als auch Schaltweg zu minimieren<br />

82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Lagersalat am Kreuzgelenk des Kardans: Gut zu erkennen sind die starken<br />

­Oberflächenausbrüche am Kreuzbolzen, wo sich die Nadeln eingearbeitet hatten<br />

(Pfeil), die eine komplette Erneuerung unumgänglich machten<br />

Geld, zum anderen ist das Einjustieren<br />

des Tragbildes der Hypoid-Verzahnung<br />

eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit.<br />

Um den Schaltvorgang des Getriebes<br />

zu optimieren, wurde die Betätigung so<br />

ausgelegt, dass der Drehpunkt des Schalt-<br />

hebels nach unten wanderte und der Fuß<br />

jetzt weniger nach vorn gegen den Schalthebel<br />

drückt, sondern diesen nach oben<br />

zieht. Mit dieser noch provisorischen<br />

Hebelmimik, durch die auch Schaltweg<br />

und -kraft optimiert wurden, kann man auf<br />

den sich frei drehenden Schaltknauf verzichten.<br />

Also Elektrik verkabeln, Vergaser<br />

drauf, Schnaps in den Tank und los – von<br />

wegen. Bis der Motor zum ersten Mal<br />

losbrummen durfte, gab‘s noch reichlich<br />

Arbeit. Mehr dazu im nächsten Heft. ◻<br />

Verlängerung: Die Kardanwelle mit dem renovierten Kreuzgelenk<br />

wurde von Herbert Gletter um 50 Millimeter verlängert, der<br />

bogen verzahnte Flansch wird auf dem Konus verschraubt. Ein<br />

zweiter Ruckdämpfer zwischen Getriebe und Kardan entfällt<br />

nun. Bislang ohne spürbare Auswirkungen auf das Lastwechsel -<br />

ver halten oder den Fahrkomfort<br />

Einarm-Schwinge mit dem 50 Millimeter langen Alu-Frästeil<br />

zwischen dem Flansch (Pfeil). Durch den längeren Hebelarm<br />

musste das Wilbers-Federbein anders abgestimmt werden.<br />

Die Kardanreaktionen werden durch die Verlängerung deutlich<br />

reduziert, der Federweg fällt um rund 10 Prozent länger<br />

und die Lenkgeometrie dadurch etwas handlicher aus<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 83


SZENE I<br />

Louis-Bike


Domi-Racer<br />

Ja, wir kennen uns. Und er ist eigentlich ganz in Ordnung, der Kay Blanke von<br />

Louis. Doch jetzt ist er zu weit gegangen. Entschieden zu weit. Weil er getan<br />

hat, woran ich nicht mal zu denken wagte. Und das auch noch verdammt gut.<br />

Text: Uli Holzwarth; Fotos: Hertler, Holzwarth, Humke, Louis, Zastera<br />

Es muss ein Ablenkungsmanöver<br />

gewesen sein.<br />

Irgendwann im Frühjahr<br />

war es, als Kay Blanke in<br />

seiner Eigenschaft als Honda XBR-Eigner<br />

wieder mal bei mir angerufen hat. Und –<br />

wie immer – nebenbei versucht hat, mir<br />

meinen Speichenrad-Satz abzuschwatzen,<br />

wegen Umbau und so.<br />

Hätte er sich eigentlich sparen können,<br />

meine Antwort kannte er ja. Keine<br />

Speichenfelgen, kein Café Racer-Umbau.<br />

Dachte ich, während ich gleichzeitig Ausschau<br />

nach einer guten Honda Dominator<br />

hielt. Ebenfalls wegen Umbau, und<br />

so. Was ich ihm aber nicht gleich<br />

auf die Nase gebunden habe. Ein<br />

Scrambler sollte es werden, mit<br />

etwas Chrom und runder Lampe,<br />

so hab ich mir das vorgestellt.<br />

Glemseck 101 gehörte für mich<br />

deshalb auch in diesem Jahr<br />

wieder zum Pflichtprogramm. Nirgendwo<br />

sonst sieht man so viele tolle Umbauten,<br />

so viele inspirierende Maschinen<br />

und abgefahrene Leute, ähm, Ideenlieferanten<br />

auf einem Fleck. Aus ganz Europa<br />

sind sie Anfang September wieder zur<br />

alten Solitude-Rennstrecke gepilgert, die<br />

Frickler, Künstler, Spinner, Amateure und<br />

Profis, um einer Szene zu huldigen, die<br />

viel zu bunt und vielschichtig ist, als dass<br />

man sie bloß auf die der Café Racer reduzieren<br />

könnte.<br />

Mittendrin auf der drei Kilometer langen<br />

Show-Meile natürlich auch das weiße<br />

Louis-Zelt. Logisch, dass ich dort vorbeischauen<br />

musste, man kennt sich ja. Ebenso<br />

den Seven Fifty-Umbau auf dem Podest,<br />

mit dem die Louis-Truppe im letzten<br />

Jahr schon mitgemischt hat.<br />

Olle Kamelle, denke ich noch bei mir,<br />

als es mir fast die Pupillen aus dem Schädel<br />

reißt und mein Unterkiefer Richtung<br />

Zehenspitzen klappt. Dummerweise genau<br />

in dem Moment, als der Herr Blanke<br />

meiner gewahr wird. Ich sehe sein breites<br />

Grinsen, während mein Oberstübchen<br />

noch verzweifelt versucht, die Sinneseindrücke<br />

zu einem vollständigen Bild zusammenzufügen.<br />

Nicht, dass es an ungewöhnlichen<br />

Umbauten mangeln würde,<br />

schon gar nicht beim Glemseck 101.<br />

Doch dieser Umbau hier, der hat mich<br />

wirklich umgehauen. Weil er einfach geil<br />

gemacht ist. Und so anders ist als alles andere,<br />

was man üblicherweise zu sehen bekommt.<br />

Da ich mich ja selbst eingehend<br />

mit der Honda Dominator beschäftige,<br />

haben mir die Vierkantprofile im Bereich<br />

der Schwingenlagerung sofort verraten,<br />

welchen Ursprungs dieser Umbau ist.<br />

Meine Güte, was schütten sich die Jungs<br />

in Hamburg bloß in ihren Morgenkaffee?<br />

Es muss etwas sein, das Horizont und<br />

Sinne mächtig erweitert. Wie sonst kommt<br />

Dominator und Domina-Tor: Kay Blanke<br />

mit dem perplexen Autor, der noch gar<br />

nicht glauben will, dass man aus der<br />

Honda so einen zierlichen <strong>Classic</strong>-Racer<br />

bauen kann. Handgefertigter Alu-Tank<br />

mit tiefgründiger Lackierung als glänzendes<br />

Schmuckstück (unten, von links)<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 85


SZENE I<br />

Louis-Bike<br />

INTERVIEW<br />

Kay Blanke (50),<br />

Pressemann,<br />

Mädchen für<br />

Vieles und Mitglied<br />

der Louis-<br />

Schrauber-Crew<br />

man auf die Idee, ein hochhackiges, leicht<br />

pummeliges Stollenkrad wie die Dominator<br />

als Ausgangsbasis für einen klassischen,<br />

zierlichen Renner zu verwenden?<br />

Der Kay muss mir mal eine Prise von diesem<br />

Mittelchen überlassen. Denn das, was<br />

er und seine Truppe da auf die schmalen<br />

Speichenräder gestellt haben, ist ein Knaller,<br />

für mich DAS Bike beim diesjährigen<br />

Glemseck 101. Ein herrlich puristischer<br />

„Domi-Racer“, der so harmonisch geraten<br />

ist, dass die Enduro-Gene selbst für<br />

Kenner kaum mehr zu erahnen sind. Ein<br />

wunderschöner, in jeder Hinsicht gelungener<br />

Umbau zum klassischen Renner,<br />

der sich mit seinem Flat Tracker-Heck<br />

außerdem noch wohltuend vom üblichen<br />

Café Racer-Einerlei abhebt.<br />

Im Zentrum der flachen und schlanken<br />

Kreation steht der auf 675 Kubikzentimeter<br />

aufgebohrte Radial-Vierventiler<br />

mit gesunden 62,5 PS. Der schwarze Riese<br />

bildet einen reizvollen Kontrast zu dem<br />

handgedengelten Alu-Tank, durch dessen<br />

aufwendige Mehrschicht-Lackierung hier<br />

und da ein feiner Wölkchen-Schliff schimmert.<br />

Nicht minder gelungen die extravagante<br />

Auspuffanlage und viele weitere<br />

schöne Details, von denen sich hier jeder<br />

selbst ein Bild machen kann. Ich jedenfalls<br />

bin schwer beeindruckt.<br />

Aber auch ein wenig konsterniert.<br />

Weil ich mir einen besseren Umbau auf<br />

Basis der Honda Dominator kaum vorstellen<br />

kann. Meine eigenen Pläne habe ich<br />

deswegen erst einmal auf Eis gelegt. Vielleicht<br />

werde ich sogar schwach, wenn Kay<br />

irgendwann wieder mal nach meinen<br />

Speichenrädern fragen sollte. Weil ich<br />

weiß, dass er nicht nur ziemlich in Ordnung<br />

ist. Sondern – wie man sieht – auch<br />

ein richtig Guter.<br />

◻<br />

„Solche Um bauten<br />

sind die Kür<br />

unseres Jobs“<br />

Wie bist du ausgerechnet auf die Dominator<br />

als Basis für den Umbau gekommen?<br />

Für uns bei Louis ist es wichtig, dass wir<br />

möglichst viele Motorradfahrer erreichen<br />

und ihnen Anregungen geben können, das<br />

eigene Fahrzeug so oder ähnlich umzugestalten.<br />

Daher ist Grundvoraussetzung für<br />

solch einen Umbau, dass beim Kraftfahrtbundesamt<br />

noch genügend Bikes dieses<br />

Typs geführt werden. Die Dominator ist in<br />

Deutschland noch roundabout 10000-mal<br />

vertreten, mit den XL- und XLR-Modellen<br />

hat sie außerdem noch einige Geschwister,<br />

auf die sich so ein Umbau ganz gut übertragen<br />

lässt. Sehr verlockend war für uns in<br />

diesem Fall natürlich auch der ziemlich<br />

drastische Vorher-Nachher-Effekt.<br />

Was gab den Anstoß?<br />

Das Konzept lag schon eine Weile in der<br />

Schublade. Nach dem Seven Fifty-Umbau<br />

als klassischem Café Racer im vergangenen<br />

Jahr wollten wir etwas Spannenderes<br />

machen und keine Stil-Wiederholung.<br />

Die Verwandlungs-Künstler: Kay Blanke hatte einen Plan,<br />

den er dann zusammen mit Detlef Stüdemann umsetzte<br />

86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Wann habt ihr angefangen?<br />

Im Mai konnten wir absehen, dass wir es<br />

zeitlich packen können. Als erste Präsen -<br />

ta tion haben wir uns das Glemseck 101<br />

Anfang September gesetzt. Damit war der<br />

Terminplan schon sehr sportlich gefasst,<br />

zumal wir zu dem Zeitpunkt nicht einmal<br />

das Basisfahrzeug hatten.<br />

Wer war denn alles am Umbau der<br />

Honda Dominator beteiligt?<br />

Unser Werkstatt-Urgestein Detlef Stüdemann<br />

hat die Schraub- und Detailarbeiten erledigt,<br />

mein Part waren Konzept und Design.<br />

War der Umbau nur ein Spaß-Projekt,<br />

oder was steckt dahinter?<br />

Solche Dinge sind die Kür unseres Jobs. Es<br />

ist großartig, so ein Vorhaben wachsen und<br />

letztendlich fertig zu sehen. Auch wenn es in<br />

der Tat unglaublich viel Spaß macht, ist Sinn<br />

und Zweck vor allem das Aufzeigen, was<br />

man mit den Teilen aus unserem Sortiment<br />

so alles anstellen kann.<br />

Was war dabei die größte Hürde?<br />

Ganz klar der eng gesteckte Terminplan.<br />

Daher haben wir einige Dinge parallel laufen<br />

lassen. Mit Tuning-Papst Ulf Penner, Friedhelm<br />

Lammers, der den Alu-Tank gebaut hat,<br />

und Danny Schramm als Lackierer haben wir<br />

einige Cracks der Szene mit ins Boot geholt,<br />

die einen hervorragenden Job gemacht<br />

haben.<br />

War dir von vornherein klar, wie das<br />

Er gebnis aussehen sollte?<br />

Eigentlich schon. Scrambler- und Flat Tracker-<br />

Umbauten gab es inzwischen ja schon einige,<br />

warum also das Teil nicht richtig flach legen?<br />

Das Ganze dann in hübsch und ohne Rücksicht<br />

auf Konventionen bauen, so war der<br />

Plan. Dass die Umsetzung wegen der Hochbeinigkeit<br />

und dem steil ansteigenden<br />

Rahmen der Dominator durchaus tricky wird,<br />

hat für mich letztendlich auch den Reiz<br />

dieses Projekts ausgemacht.<br />

Und wie habt ihr das Bike so flach<br />

bekommen?<br />

Statt hinten mit der Pro-Link-Hebelei zu<br />

experimentieren, haben wir ein kürzeres<br />

Federbein von Bitubo verbaut. Das bringt<br />

dort sieben Zentimeter. Vorn haben wir die<br />

Gabelstandrohre gekürzt und das 21er-<br />

Vorderrad durch ein 19 Zoll messendes<br />

ersetzt, das hat 9,5 Zentimeter eingespart.<br />

Außerdem ist der hohe Serienaufbau von<br />

Verkleidung, Tank und Sitzbank entfallen.<br />

Nicht zuletzt deshalb wirkt die Honda<br />

jetzt geradezu zierlich. Das täuscht übrigens<br />

nicht, ohne Sprit bringt sie nur noch 139<br />

Kilogramm auf die Waage!<br />

Stichwort Leistung: Wie viel drückt eure Domi?<br />

Mit offener Auspuffanlage hat Ulf 62,5 PS<br />

und 74 Newtonmeter auf die Rolle gezaubert.<br />

Er nannte das gegenüber 44 PS und<br />

54 Newton meter im Serienzustand „ganz<br />

ordentlich“. Damit beim Glemseck 101 aber<br />

nicht gleich das Laub von den Bäumen fällt,<br />

musste ein Vorschalldämpfer her. Aber auch<br />

damit sind immer noch außerordentlich<br />

stürmische 58 PS dabei, das Vorderrad selbst<br />

im dritten Gang anzuheben. Erreicht wurde<br />

die Mehrleistung durch klassisches Tuning<br />

wie Aufbohren des Zylinders, Erhöhung der<br />

Ver dichtung, Bearbeitung der Kanäle, eine<br />

scharfe Nockenwelle und den obligatorischen<br />

Mikuni-Flachschiebervergaser samt K&N-<br />

Luft filter.<br />

Was kostete der Umbau, was waren<br />

die teuersten Posten?<br />

Inklusive des Basisfahrzeugs mit gerade mal<br />

8400 Kilometern auf dem Tacho haben wir<br />

rund 10000 Euro ausgegeben. Man kann<br />

einer Dominator aber auch für deutlich weniger<br />

Geld ein sehr ähnliches Äußeres verleihen.<br />

Bei uns schlug zum Beispiel allein die<br />

Einzelanfertigung von Krümmer und Vorschalldämpferanlage<br />

sowie dem Hurric-<br />

Enddämpfer mit 2000 Euro zu Buche.<br />

Nach der Seven Fifty nun die Dominator<br />

als Racer: Auf was dürfen wir uns denn<br />

beim nächsten Glemseck 101 freuen?<br />

Da muss ich erst einmal auf die KBA-Zahlen<br />

gucken. Und in unsere Terminkalender...<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 87


NACHDRUCK<br />

Titelthema ja, Titelbild<br />

nein: Für die MOTOR-<br />

RAD-Ausgabe 11/1976<br />

war der Test des<br />

RD-Topmodells kein<br />

Topthema<br />

Fotos: MPS Fotostudio


www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 89


NACHDRUCK<br />

90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Foto: Stefan Wolf<br />

Die Yamaha<br />

RD 400<br />

aus heutiger<br />

Sicht<br />

Die damals größte RD war kein<br />

Verkaufsschlager, und auch heute<br />

sieht man sie nur selten. Schade,<br />

denn der starke Flitzer ist ein<br />

solides, ausgereiftes Bike.<br />

„Das klare, kantige Design (Stichwort:<br />

Sargtank) des RD-Mauerblümchens<br />

gefällt mir bis heute“<br />

Sie fristete damals wie heute<br />

ein Mauerblümchen-Dasein,<br />

obwohl sie zu ihrer Zeit das<br />

Spitzenmodell war. Ihre Bauzeit<br />

währte nur kurz: Sie krönte die<br />

RD-Reihe ab 1976, wurde aber<br />

schon 1980 von den neuen,<br />

sportlicher gestylten und<br />

wasser gekühlten LC-Modellen<br />

verdrängt. Mich hat die RD 400<br />

schon früh fasziniert, weil ich<br />

als Teenie das Glück hatte, sie<br />

regelmäßig bestaunen zu<br />

Redakteur Gerhard Eirich können. Ein Zweitaktfan im<br />

mag Mauerblümchen Nachbarort besaß eine, damals<br />

1976 wohl eine der Ersten, und<br />

ich sah und hörte ihn, eigentlich<br />

eher in umgekehrter Reihenfolge, regelmäßig an<br />

unserem Haus vorbeipreschen. Es war das letzte Haus<br />

am Ortsrand, also kam ich oft in den Genuss, Motorräder<br />

beim vollen Beschleunigen am Ortsschild zu erleben.<br />

So auch die RD 400. Auch sie hatte natürlich dieses<br />

zornige Zweitaktsägen, doch angesichts des stolzen<br />

Hubraums etwas dumpfer. Und dass die 400er fahrleistungsmäßig<br />

ein echtes Feuerzeug war, wurde mir<br />

bereits damals schnell klar. Wenn ich besonders Dusel<br />

hatte, erwischte ich den glücklichen Besitzer beim Spritfassen<br />

an der Dorftanke, wo ich ehrfürchtig auf die Hubraumangabe<br />

starrte – 400, die große RD, ja, die größte.<br />

Topmodelle mit viel Hubraum und Leistung beeindrucken<br />

automatisch, doch an der RD faszinierten mich auch<br />

und vor allem das klare, kantige Design (Stichwort:<br />

Sargtank), die Gussräder und nicht zuletzt natürlich der<br />

Sound. Auch heute würde ich sie den älteren, rundlichen<br />

Modellen vorziehen, unter anderem weil ich ein Faible<br />

für Mauerblümchen habe. Oft sprach man vom Bauernmotor,<br />

weil er bei richtiger Einstellung nicht nur robust,<br />

sondern sogar relativ durchzugsstark war, zudem für<br />

einen Zweitakter recht sparsam, und das ganze Motorrad<br />

als ausgereift und sauber verarbeitet gelten durfte.<br />

Gefahren bin ich im Laufe der folgenden Jahre diverse<br />

RDs, die 400er leider nie – wer eine hat, bitte melden.<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 91


NACHDRUCK<br />

92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 93


SZENE I<br />

Rudge Special<br />

Allen was<br />

fourgemacht<br />

Vierventil-Viertakt-Einzylinder hatten auch für andere schon Rennen gewonnen.<br />

Rudge jedoch übertrug diese Technik bereits 1924 in den Serienbau und<br />

beglückte sportliche Tourenfahrer. Etwa mit der Special aus den späten 30ern.<br />

Text und Fotos von Fred Siemer<br />

94 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 95


SZENE I<br />

Rudge Special<br />

Der Wiederaufbau erforderte<br />

Geduld, doch<br />

dank der rüh rigen Rudge<br />

Enthusiasts und ihrer<br />

Nach fertigungen kam<br />

letztlich alles zusammen<br />

wer die Jungs vor<br />

dem Krieg nach<br />

einem tollen, sportlichen<br />

Motorrad<br />

gefragt hat, der bekam nicht nur in England<br />

verdammt oft den Namen Rudge zu<br />

hören. Es war nämlich noch nie egal, wie<br />

ein Motorrad aussieht. Auch nicht, welcher<br />

Konstruktionsmerkmale es sich bedient<br />

und was für ein Image sein Hersteller<br />

besitzt. Sieg auf Sieg fuhr der nicht<br />

mehr kleine, aber auch nicht wirklich<br />

große Hersteller aus Coventry ein, in<br />

schlanker und klarer Form präsentierte er<br />

seine qualitativ hervorragenden Serien-<br />

Einzylinder und bestückte sie – mit Vierventilköpfen.<br />

Das zog. Auch bei Modellen,<br />

die keine Rennambitionen hatten.<br />

Die Rudge Special geht im Prinzip auf<br />

jene Konstruktion zurück, die 1924 begeistert<br />

begrüßt wurde und eine 15 Jahre<br />

dauernde Reise antrat. Gewisse Parallelen<br />

zum 1921 vom Motorenpapst Sir Harry<br />

Ricardo für Triumph gebauten Vierventiler<br />

ließen sich nicht vermeiden, das<br />

Drumherum geriet bei Rudge jedoch<br />

deutlich moderner. Four valves, four gears<br />

hieß der Verkaufsslogan. Vier Ventile, vier<br />

Gänge, denn die 350er erhielt selbstverständlich<br />

das ein Jahr zuvor im V2-Spitzenmodell<br />

vorgestellte Vierganggetriebe.<br />

nen eigenen Vierventiler an. Alles andere<br />

als Brot und Butter, entsprechend schwer<br />

zu verkaufen, wenn breite Massen nicht<br />

mal Butter haben. Die Special, immerhin,<br />

konnte sich dank ihrer gediegenen Motorcharakteristik<br />

als Zugmaschine für Gespanne<br />

einem breiteren Käuferkreis anbieten,<br />

aber den Karren aus dem Dreck<br />

ziehen konnte auch sie nicht. Allerdings<br />

war die Firma recht breit aufgestellt: Herpa<br />

ihr Potenzial an, dann der Durchbruch:<br />

1928 gewann Graham Walker – bei der<br />

Senior-TT noch in Führung liegend ausgefallen<br />

– den Ulster-Grand Prix mit riesigem<br />

Vorsprung. Folglich hieß das<br />

schnellste Serienmodell nicht mehr Sport,<br />

sondern Ulster. Darunter rangierten wie<br />

seit 1926 gewohnt die Special und die<br />

einfacher ausgestattete, wenig populäre<br />

Standard. Beide mit 19 statt 21 Zoll großen<br />

Rädern und ausladenden Schutzblechen<br />

versehen, aber prinzipiell mit demselben<br />

Motor und demselben Fahrwerk. Ersterer<br />

übernimmt im unten offenen Rohr rahmen<br />

mittragende Funktion, vorn führt eine bei<br />

Rudge entwickelte, reibungsgedämpfte<br />

Trapezgabel mit einer Feder und mechanischem<br />

Lenkungsdämpfer. Bedächtig<br />

und konsequent wurde weiterentwickelt.<br />

Wie die Werksrenner trugen Ulster und<br />

Special ab 1928 modische Satteltanks, die<br />

Special anfangs sogar<br />

als Kombi-Behälter für<br />

Öl und Benzin. Außerdem<br />

ersetzten Halbnaben-Trommeln<br />

die bis<br />

dahin verwendeten Riemenbremsen.<br />

Die vordere<br />

konnte nicht nur<br />

mit dem Hand-, sondern<br />

kombiniert mit der hinteren<br />

auch mittels Fußhebel betätigt werden.<br />

1930 kam die Trockensumpfschmierung,<br />

und eben dieses Jahr hätte zum goldenen<br />

für Rudge werden können.<br />

Sportliche Motorradfahrer schätzten<br />

die Firma längst, weitere Siege sollten den<br />

Ruhm mehren. George Hack, der sich<br />

schon um die dachförmigen Zylinderköpfe<br />

der 500er gekümmert hatte, durfte sich<br />

nun eine Klasse tiefer versuchen. Er dach-<br />

1930 hätte das große<br />

Jahr für Rudge werden<br />

können, aber die<br />

Krise verdarb alles<br />

Das Rückgrat der Firma<br />

1925 debütierte die Halbliter-Version, und<br />

die sollte dann bis zum eher unrühmlichen<br />

Ende das Rückgrat der Firma werden.<br />

Natürlich versuchte Rudge bald, die<br />

leistungsstarken Motorräder im Sport zu<br />

platzieren, anfangs jedoch nur mit mäßigem<br />

Erfolg. 1927 deuteten sie mit einem<br />

dritten Platz beim Großen Preis von Eurote<br />

die Sache zu Ende und entwickelte im<br />

Interesse optimaler Verbrennungsabläufe<br />

einen Kopf mit vier radial angeordneten<br />

und von insgesamt sechs Kipphebeln<br />

betätigten Ventilen. Mit Ach und Krach<br />

gelang es, drei Motoren für die TT aufzubauen.<br />

Obwohl alle schon während des<br />

Trainings Risse in den Kolben hatten, belegten<br />

sie die ersten drei Plätze. Damit<br />

nicht genug: Der Gastfahrer Wal Handley<br />

holte für Rudge mit der bewährten 500er<br />

auch den Erfolg in der Senior-TT – mehr<br />

Pub licity war damals nicht denkbar. Doch<br />

vergebens, denn zur selben Zeit schlug<br />

die Weltwirtschaftskrise zu, binnen einen<br />

Jahres sanken die Verkaufszahlen 1931<br />

von knapp 8000 auf nur noch 2500.<br />

Rudge war ein Premium-Anbieter. Der<br />

Versuch, 250er mit JAP-Zweiventilern auf<br />

Kundenfang zu schicken, schlug fehl, also<br />

bot man ab 1931 auch in dieser Klasse ei-<br />

96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


DATEN<br />

Rudge Special<br />

MOTOR: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine untenliegende,<br />

über Kette angetriebene Nockenwelle, vier über<br />

Stoßstangen und Gabelkipphebel betätigte Ventile, Bohrung x<br />

Hub 84,5 x 88 mm, Hubraum 495 cm³, Verdichtung 5,5 : 1,<br />

Leistung zirka 20 PS, Amal-Vergaser Typ 76/113, Trockensumpfschmierung,<br />

Primärantrieb über Simplexkette, Vierscheibenkupplung,<br />

Vierganggetriebe, Sekundärantrieb über Kette<br />

FAHRWERK: Unten offener Stahlrohrrahmen, Trapezgabel<br />

vorn mit Reibungsdämpfern, starres Hinterrad, Halbnaben-<br />

Trommelbremsen vorn und hinten, Drahtspeichen räder,<br />

Reifen 3.25 x 19 vorn und hinten<br />

INFORMATIONEN: Die Rudge schart keine Fans um sich,<br />

sondern Enthusiasten, wie auf www.rudge.co.uk zu sehen<br />

Jörg Niemeyer hat<br />

das rare Stück über<br />

den Kanal geholt und<br />

liebevoll restauriert


SZENE I<br />

Rudge Special<br />

98 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong><br />

Eine Blechblende verdeckt<br />

das Getriebe,<br />

aber der Bremshebel<br />

verrät: Dieses hier ist<br />

linksgeschaltet


vorgegangen aus dem Zusammenschluss<br />

der Fahrradhersteller Rudge (gegründet<br />

in Wolverhampton) und Whitworth Cycle<br />

(Birmingham) produzierte sie ab 1894 in<br />

Coventry mit großem Erfolg Fahrräder.<br />

Schon 1910 knatterte der Prototyp eines<br />

Motorrads durch die Crow Lane, ab 1911<br />

wurde auch verkauft. Parallel entstanden<br />

weiterhin Fahrräder, als sehr lukrativ erwies<br />

sich zudem die Herstellung von<br />

Speichenrädern für Autos. Mit ihrem patentierten<br />

Zentralverschluss gehörten die<br />

Rudge-Wheels bald zum Erscheinungsbild<br />

vieler europäischer Sportwagen, die<br />

Nachbau-Lizenz für Italien hatte sich übrigens<br />

die noch junge und aufstrebende<br />

Firma Borrani gesichert. Ein weiteres Geschäftsfeld<br />

eröffnete ab 1931 der Verkauf<br />

kompletter Motoren; unter dem Namen<br />

Python wanderten Rudge-Singles beispielsweise<br />

in Fahrwerke von Zündapp<br />

und Imperia (Deutschland), Miller (Italien)<br />

sowie James und Cotton (England).<br />

Wieder ein Triumph bei der TT<br />

Dank all dieser Anstrengungen blieb immer<br />

noch ein wenig Geld, um die Motorräder<br />

weiterzuentwickeln. Ein Ölbad-Kettenkasten<br />

aus Alu-Guss umschließt bei<br />

den 500ern ab 1932 den Primärtrieb, auch<br />

die Kette zur Lichtmaschine bezieht daraus<br />

ihren Schmierstoff. Außerdem lassen<br />

sich die größeren Rudge seither äußerst<br />

bequem aufbocken: Ein langer Hebel an<br />

der linken Seite drückt über eine Umlenkung<br />

den Hauptständer nach unten. Die<br />

finanziellen Probleme jedoch ließen sich<br />

nicht aushebeln, 1933 drohte der Konkurs.<br />

Dann wieder Triumphe: 1934 fuhr<br />

Jimmie Simpson vor zwei Markenkollegen<br />

auf der 250er-Rudge den letzten<br />

Rudge-Sieg auf der Isle of Man ein, 1935<br />

stellte das Werk sein offizielles Sportengagement<br />

ein. Im selben Jahr ging die<br />

Firma in den Besitz eines großen Gläubigers<br />

über, der Electric & Musical Industries<br />

(EMI), der sogar investierte, eine neue<br />

250er mit Zweiventilmotor und eine stabilere<br />

Gabel für Special und Ulster ermöglichte.<br />

Die 500er erhielten schließlich ab<br />

1937 gekapselte Zylinderköpfe, auch die<br />

Special stellte von Hand- auf Fußschaltung<br />

um, zwei Jahre später war Schluss.<br />

Ein Triebwerk dieser Ära hatte sich –<br />

warum auch immer – in ein geringfügig<br />

älteres Fahrwerk mit<br />

Seitenwagen verirrt,<br />

das vor geraumer Zeit<br />

im englischen Fachblatt<br />

<strong>Classic</strong> Bike annonciert<br />

wurde. Rudge, diese<br />

Geschichte, diese Technik:<br />

Der Briten-Spezi<br />

Jörg Niemeyer war sofort<br />

begeistert und holte<br />

das seltene und fahrtüchtige Stück von<br />

der Insel. In seinem Hamburger Laden<br />

Single & Twin (siehe auch <strong>MOTORRAD</strong><br />

<strong>Classic</strong> 1/2013) wurde alles komplett zerlegt,<br />

überholt und im Lauf der letzten Jahre<br />

wieder aufgebaut. Die vom Vor besitzer<br />

geänderte Ölführung baute Niemeyer zurück,<br />

ein nachträglich eingerichteter Luftfilterkasten<br />

musste dem serienmäßigen<br />

Batteriefach weichen, der Seitenwagen<br />

rollt mittlerweile neben einer BSA durch<br />

die Hansestadt. In ihrer Substanz bewiesen<br />

Motor, Getriebe und Fahrwerk hohe<br />

Qualität. Die rollengelagerte Kurbelwelle<br />

treibt auf ihrer rechten Seite mittels<br />

Zahnrad die Nockenwelle und die Ölpumpe<br />

an, mittels Kette setzt ein Zahnrad<br />

auf der Nockenwelle den Zündmagneten<br />

in Schwung. Den Primärtrieb erledigt eine<br />

Simplexkette, auf dieser Motorseite liegt<br />

auch der Kettenantrieb des vor dem Zylinderfuß<br />

angebrachten Generators. Über<br />

eine Vierscheibenkupplung gelangt die<br />

Kraft ins ausnahmsweise linksgeschaltete<br />

Vierganggetriebe.<br />

Alles solider britischer Motorenbau<br />

eben, die Unterschiede liegen ganz klar<br />

im Kopf. Mit je zwei parallel hängenden<br />

Ein- und Auslassventilen war der Rudge-<br />

Rudge war Premium,<br />

die gute Substanz von<br />

Chassis wie Triebwerk<br />

zeigt es noch heute<br />

Four gestartet, und anders als die Ulster<br />

hat es die Special immer dabei belassen.<br />

Das Sportmodell war 1932 – gleich den<br />

erfolgreichen 350er-TT-Siegermaschinen –<br />

mit vollradialem Kopf aufgetaucht. Merkwürdigerweise<br />

ohne Mehrleistung, weshalb<br />

es fortan zu einem Mix kam: Einlassventile<br />

parallel, Auslässe radial. Letzteres<br />

bekam dem Hitzehaushalt ganz gut. Die<br />

Special hatte derlei Tricks nicht nötig, ihr<br />

genügte die nach außen strebende Führung<br />

der Auslasskanäle und Krümmer,<br />

um völlig cool zu bleiben.<br />

◻<br />

Sehr klangvoll, aber<br />

keineswegs stürmisch<br />

kommt der<br />

Vierventiler in<br />

Gang. Der Smith-<br />

Tacho ist überholt<br />

worden, der Hebel<br />

für den Hauptständer<br />

dagegen<br />

brauchte nur neuen<br />

Lack. Frappierend<br />

leicht flutscht die<br />

Rudge auf den<br />

Ständer


Aller Ehren w<br />

SZENE I<br />

Club-Porträt AMSC Leonberg<br />

Wirklich beachtlich, was<br />

dieser Motorradclub vom<br />

exklusivsten Clubhaus<br />

Deutschlands aus so alles<br />

stemmt: Jähr liche Themen-<br />

Ausstellungen bei der<br />

Messe Retro <strong>Classic</strong>s,<br />

tolle Treffen und Hilfe<br />

beim Motorrad-Festival<br />

Glemseck 101 sind die<br />

Highlights.<br />

Text: Thomas Schmieder<br />

Fotos: AMSC Leonberg, TSR (je 5)<br />

Ein typischer Mittwochabend<br />

im Sommer <strong>2014</strong> vor<br />

den Toren Stuttgarts. Am 60<br />

Jahre alten Start-und Zielturm<br />

der ehemaligen Solitude-Rennstrecke<br />

kehrt Leben ein. Ein Motorrad nach<br />

dem anderen steuert das markante Bauwerk<br />

an. Hier ein paar Wasserbüffel, die<br />

blaue Wölkchen ausstoßen, dort eine röchelnde<br />

Laverda und dazu noch ein paar<br />

blubbernde BMW-Zweiventiler.<br />

Dirk Adam tuckert mit seinem roten<br />

NSU-Vorkriegs-Gespann, einer OSL 501,<br />

heran. Stilecht im Outfit der 30er-Jahre,<br />

passioniert beim Kennzeichen: LEO-SL<br />

501. Hier kommen echte Enthusiasten zusammen.<br />

Und das jeden Mittwochabend.<br />

Es wird herzlich gelacht und jede Menge<br />

Benzin geredet. Auch wenn heute nur ein<br />

Teil der 60 Mitglieder des AMSC Leonberg<br />

anwesend ist. Im ersten Stock des historischen<br />

Turms gibt’s Bier und alkoholfreie<br />

Getränke, im zweiten Stock beeindruckt<br />

der Gerhard-Mitter-Saal mit tollen historischen<br />

Fotos von der Solitude-Rennstrecke:<br />

Start- und Renn szenen, Siegerehrungen.<br />

Pokale, Rennstrecken-Wegweiser<br />

aus den 60er-Jahren (!) und andere Devotionalien<br />

verteilen sich in den Räumen<br />

des Turms, eine einzigartige Atmosphäre.<br />

Und damit ein würdiger Rahmen, um<br />

über den markenoffenen AMSC Leonberg<br />

zu plaudern, den Allgemeinen Motorradsport-Club<br />

e.V., Ortsclub im ADAC.<br />

Jörg Halder erklärt das Verbindende:<br />

„Sympathie! Wir kennen uns einfach gut.“<br />

100 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


An historischer Stätte: Der 60 Jahre alte Start-Ziel-Turm an der ehemaligen GP-Strecke der<br />

Solitude ist AMSC-Vereinsheim. Im Vordergrund: die NSU 501 OSL von Dirk Adam (2. v. r.)<br />

Engagiert, aktiv: der<br />

Vereinsvorsitzende<br />

Klaus Roth mit seiner<br />

1950er-BMW<br />

aus Eisenach<br />

ert<br />

In guter Atmosphäre: Vereinsmitglieder Manfred<br />

Baumann, Thomas Schmid, Jörg Halder und Thomas<br />

Rieg (v. l. n. r.) im Gerhard-Mitter-Saal des Turms<br />

„Viele Menschen meinen ja“, sinniert der<br />

52-Jährige, „dass Vereine im Internet-<br />

Zeitalter obsolet wären.“ Doch Facebook-<br />

Freunde und Forums-Bekanntschaften<br />

könnten nicht stemmen, was dieser Club<br />

auf die Beine, pardon: Räder stellt. Wer je<br />

mal im März auf der Retro <strong>Classic</strong>s war,<br />

weiß, dass sich die Stuttgarter Messe mehr<br />

und mehr zur Edelshow teurer Automobile<br />

verwandelt. Alle Hallen sind von Luxuskarossen<br />

besetzt. Die ganzen Hallen?<br />

Nein, ein von unbeugsamen Motorradfahrern<br />

unterhaltener Messestand stemmt<br />

sich der vierrädrigen Übermacht entgegen.<br />

Es ist der rührige AMSC Leonberg, der<br />

mit beeindruckenden Ausstellungen tapfer<br />

„die Fahne der Motorradfahrer hochhält“,<br />

sagt Club-Mitglied Thomas Rieg (59).<br />

www.motorrad-classic.de<br />

Fahrerlager-Romantik. Heute beim<br />

Touren- und Gespannfahrertreffen,<br />

in den 60ern beim Solitude-GP


SZENE I<br />

Club-Porträt AMSC Leonberg<br />

„Küchen-Maschinen“: Große Schau von Richard<br />

Küchens Konstruktionen auf der Retro <strong>Classic</strong>s ...<br />

... wozu auch die Victoria Bergmeister mit rundlichem<br />

64-Grad-V2 (347 cm3) und Kardan zählte<br />

Massen auf der Messe: NSUs<br />

aus dem Museum Neckarsulm<br />

„Wir haben dort bereits alles rund um die<br />

Themen BMW, Moto Guzzi oder Laverda<br />

gezeigt.“ Aber es geht noch doller: „Für<br />

unsere Ausstellung von NSU-Motorrädern<br />

haben wir einen 38-Tonnen-Sattelschlepper<br />

zum Zweiradmuseum Neckarsulm geschickt.“<br />

Er kam vollbeladen mit exklusiven<br />

Exponaten retour: Maschinen ab<br />

Baujahr 1905 konnten so gezeigt werden.<br />

Ebenso wie Motorräder mit lokalem<br />

Bezug: Im März <strong>2014</strong> präsentierten die<br />

Ausstellungen Maschinen von Standard<br />

und UT mit den Produktions-Stätten in<br />

Ludwigsburg, Feuerbach, Plochingen und<br />

Stuttgart-Untertürkheim.<br />

Solche Expositionen sind natürlich<br />

auch eine Würdigung der Firmengründer,<br />

in diesem Fall Wilhelm Gutbrod und Hermann<br />

Scheihing. Dies trieb der AMSC im<br />

März 2012 auf die Spitze, mit einer bemerkenswerten<br />

Schau von Motoren und Motorrädern<br />

des Ingolstädter Konstrukteurs<br />

Richard Küchen. Nachkriegs-Höhepunkt<br />

seiner Motor(rad)-Entwürfe war die ebenfalls<br />

präsentierte Victoria Bergmeister.<br />

Zeitgenössische Werbeplakate, Konstruktionszeichnungen<br />

und andere Insignien<br />

gehören zur Kür bei den Ausstellungen.<br />

Dafür nehmen sich die Beteiligten<br />

sogar mehrere Tage Urlaub. Zudem kosten<br />

die Shows Geld für Transport und Organisation.<br />

Geld, das ein Imbissstand beim<br />

Motorrad-Festival Glemseck 101 am ersten<br />

September-Wochenende wieder einspielen<br />

muss. Der AMSC organisiert dort<br />

einen Teil der Achtelmeilen-Sprints und<br />

stellt historische Maschinen aus, erzählt<br />

der Clubvorsitzende Klaus Roth (57).<br />

Seit 1981 im Solitude-Turm<br />

Alle diese Aktivitäten sind nur machbar,<br />

„weil wir ein lebendiges Netzwerk sind“,<br />

wie der zehnfache Laverda-Besitzer Manfred<br />

Baumann sagt. „Da gibt es immer einen,<br />

an den man sich wenden kann, wenn<br />

man ein Problem hat.“ Zwar gäbe es Nachwuchsprobleme,<br />

wie überall, aber immerhin<br />

sei das Club-Nesthäkchen Sissi<br />

Roth erst 23 Jahre alt. Ihr Vater sammelt<br />

übrigens originale Polizei-Motorräder.<br />

Der AMSC wurde am 28. August 1950<br />

als MSC (Motorsportclub) gegründet. 1952<br />

erfolgte die Änderung des Vereinsnamens<br />

in AMSC (Automobil- und Motorsport-<br />

Club), 1987 dann in Allgemeiner Motorradsport-Club.<br />

Und der Turm? Er wurde in<br />

den 50er-Jahren vom ADAC gebaut und<br />

stand dann nach dem Ende der GP-Rennen<br />

an der Solitude von 1966 bis 1980 leer,<br />

füllte sich mit Schutt. Der ADAC vermietete<br />

den Turm 1981 an den AMSC, der ihn zu<br />

dem machte, was er heute ist.<br />

In den 50er-Jahren organisierte der<br />

AMSC „Sportliche Prüfungsfahrten“ auf<br />

der eigens gesperrten Solitude-Strecke.<br />

„Die Veranstaltung dient der Vervollkommnung<br />

des Fahrstils und besserer<br />

Fahrzeug-Beherrschung“, schrieb vor 55<br />

Jahren DAS <strong>MOTORRAD</strong> in Ausgabe<br />

13/1959. Tradition hat das Touren- und Gespannfahrertreffen,<br />

das zum 29. Mal vom<br />

17. bis 19. Oktober <strong>2014</strong> stattfindet, inklusive<br />

Markentreffen für Honda CB 750 Four,<br />

Z- Kawasakis, Suzuki GT 750 und Yamaha<br />

SR 500 am Samstag. Aller Ehren wert! ◻<br />

TERMINE, THEMEN, KONTAKT<br />

Eine Institution: Die Freunde der Wasserbüffel<br />

treffen sich ebenfalls im historischen Ambiente<br />

Zu den vielfältigen Aktivitäten des Allgemeinen<br />

Motorradsport-Clubs Leonberg e.V, einem Ortsclub<br />

im ADAC, zählt das traditionelle Tourenund<br />

Gespannfahrertreffen vom 17. bis 19.<br />

Oktober <strong>2014</strong>. Es steigt inklusive Teile-/Flohmarkt<br />

und Demofahrten zum 29. Mal am Start-<br />

Zielturm an der alten Solitude-Strecke. GPS-Koordinaten:<br />

N 48.7681, E 9.0473; die Ausfahrt Leonberg-Ost<br />

der A8 ist einen Kilometer entfernt.<br />

Jährlich organisiert der AMSC weiterhin<br />

tolle Ausstellungen zu bestimmten Zweirad-Themen<br />

auf der Retro <strong>Classic</strong>s. Vom<br />

26. bis 29. März 2015 stehen Maico und Hans A.<br />

Muth im Fokus, 2016 dann erneut eine Laverda-<br />

Show (Foto). Club-Abende sind mittwochs<br />

ab 19 Uhr; Oldtimerstammtisch ist jeden<br />

ersten Donnerstag im Monat. Freunde der<br />

Suzuki GT 750 treffen sich am zweiten Mittwoch<br />

im Monat, die der Yamaha SR 500 am dritten<br />

Mittwoch des Monats. Gemeinsame Ausfahrten<br />

stehen in der Saison am ersten Sonntag im<br />

Monat an. Gleichgesinnte sind herzlich willkommen.<br />

Kontakt und Infos: vorstand@amsc-leonberg.de,<br />

www.amsc-leonberg.de oder Telefon<br />

07 11 / 85 85 69 und 0 71 56/ 2 62 77.<br />

102 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Fliegende Legenden<br />

Foto: KL-Dokumentation<br />

Klassiker der Luftfahrt aus der<br />

FLUG REVUE-Edition präsentiert<br />

spannende Dokumentationen<br />

über historische Flugzeuge und<br />

ihre faszinierende Technik.<br />

Mit einzigartigen Drei-Seiten-<br />

Zeichnungen und Foto-Raritäten.<br />

Täglich informiert mit<br />

www.klassiker-der-luftfahrt.de<br />

www.Klassiker-der-Luftfahrt.de<br />

Die faszinierendsten Flugzeuge der Welt<br />

Jetzt<br />

im Handel!


SZENE I<br />

Leser bauen selbst: Yamaha XS 850 Café Racer<br />

Die<br />

Erfüllung<br />

Alle Gralshüter der absoluten Originalität müssen jetzt tapfer sein. Hier zeigt uns<br />

Wilhelm Behle nämlich seine Vorstellung von einer XS 850. Mit der Verwandlung<br />

der Yamaha in einen klassischen Sportler hat er sich einen Jugendtraum erfüllt.<br />

104 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Gekonnter Stil-Mix: klassische Instrumente mit modernen Lenkstummeln<br />

Glanzstücke: polierte Rasten und Hebel<br />

Text und Fotos von Wilhelm Behle<br />

Dass meine Traum-Maschine<br />

einmal drei Zylinder<br />

und Kardanantrieb haben<br />

würde, wusste ich<br />

damals, als Student auf einer lahmen<br />

Honda MT-5, natürlich nicht. Dafür aber<br />

ganz genau, wie sie aussehen musste.<br />

Deshalb ist bei meiner 1983er-Yamaha XS<br />

850 nur noch der Rumpfmotor original,<br />

alles andere wurde meinen Vorstellungen<br />

entsprechend abgeändert.<br />

Café Racer? Renn-Replika? Eigentlich<br />

egal, wie man meine XS bezeichnet. Für<br />

mich ist sie ein Motorrad mit Seele und<br />

Charakter. Auf den Yamaha-Dreizylinder<br />

bin ich letztlich durch die Triumph-Triples<br />

gekommen, weil sie unter all meinen Motorrädern<br />

immer die Aura des Besonderen<br />

ausgestrahlt haben.<br />

Trotzdem erschien mir mein Fuhrpark<br />

immer seelenloser, je moderner er wurde.<br />

Irgendwann wurde mir bewusst, dass<br />

auch ich statt auf Handarbeit und Werkzeug<br />

immer öfter auf schnöde Software-<br />

Updates setzte. Weshalb ich beschloss,<br />

dass mein nächstes Motorrad kein fahrendes<br />

Rechenzentrum und keine auf Euro 4<br />

kastrierte Stangenware sein sollte. Sondern<br />

eine echte, kompromisslose Fahrmaschine,<br />

wie ich sie mir schon vor 30<br />

Jahren gewünscht hatte.<br />

Zufallstreffer im Internet<br />

Eigentlich wollte ich dieses Motorrad<br />

selbst auf die Räder stellen. Auf der Suche<br />

nach einer geeigneten Basis im Internet<br />

stieß ich auf Andreas Landrock, Inhaber<br />

der Yamaha-Vertretung Ride In im sächsischen<br />

Glauchau (www.ride-in.de). Der<br />

baut nebenbei wirklich tolle Einzelstücke,<br />

basierend auf Klassikern und Youngtimern.<br />

So auch den Umbau einer XS 850,<br />

der gerade zum Verkauf stand. Die Maschine<br />

– ein Kunde hatte sie nach mehre-<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 105


SZENE I<br />

Leser bauen selbst: Yamaha XS 850 Café Racer<br />

Die Basis: Eine 32 Jahre alte XS 850,<br />

die ganz offensichtlich viel erlebt hat<br />

Anprobe: In der Werkstatt von „Ride<br />

In“ entstehen Tank und Höcker aus GFK<br />

Verstärkung: Der abgeänderte Rahmen<br />

mit eingeschweißten Knotenblechen<br />

Aufgefrischt: Der Zylinderkopf wurde<br />

beim Spezialisten gründlich überholt<br />

Aufbau: Bis auf Kurbeltrieb, Getriebe<br />

und Kraftübertragung ist alles neu<br />

Aufgebohrt: In den gehonten Zylindern<br />

laufen Kolben mit erstem Übermaß<br />

AUFRUF<br />

Haben Sie auch einen<br />

Klassiker restauriert<br />

oder zeitgenössisch<br />

umgebaut?<br />

Dann nichts wie her mit Text und Bildern an:<br />

Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />

Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart<br />

oder per E-Mail an motorradclassic@motorpresse.de<br />

ren Jahren wieder in Zahlung gegeben –<br />

kam meinen Vorstellungen vom „Traum-<br />

Motorrad“ verblüffend nahe. Außerdem<br />

muss ich ehrlich zugeben, dass ich so eine<br />

Skulptur niemals selbst auf die Reihe<br />

bekommen hätte. Da alle Modifikationen<br />

sogar den behördlichen Segen besaßen,<br />

gab es für mich kein Halten mehr. Nachdem<br />

ich noch einen Tank mit Höcker und<br />

einen vorderen Kotflügel heraushandeln<br />

konnte, wurden wir uns rasch einig.<br />

Neuer Stil, geänderte Technik<br />

Es sind zweifellos diese wunderschönen<br />

GFK-Teile von Ride In, die den Stil des<br />

XS 850-Umbaus prägen. Technisch waren<br />

jedoch ebenfalls einige tiefgreifende Modifikationen<br />

erforderlich. So wurde der<br />

Rahmen an den Höcker angepasst, anschließend<br />

gecleaned (das Rahmendreieck<br />

sollte ja frei bleiben) und partiell mit<br />

Knotenblechen versteift. Die Schwinge<br />

erhielt ebenfalls Verstärkungen in Gestalt<br />

zweier Unterzüge, außerdem steuerte<br />

eine XJR 1300 sowohl die Gabel als auch<br />

die beiden Federbeine bei. Vorne ersetzt<br />

die 18-Zoll-Felge einer XS 400 das originale<br />

19-Zoll-Exemplar, wobei beide Felgen<br />

für eine stämmigere Bereifung noch<br />

verbreitert wurden. Was allerdings ein<br />

Ausdistanzieren des Kardan-Winkelgetriebes<br />

nötig machte, um Spurversatz zu<br />

vermeiden. Vorn verzögern Vierkolbensättel<br />

einer Yamaha FZ 750, die in 300er-<br />

Scheiben beißen, unter Druck gesetzt von<br />

einer Brembo PS16-Handpumpe. Die hintere<br />

Bremse besteht aus einer abgeänderten<br />

Originalscheibe mit Yamaha-R6-Sattel,<br />

der sich über eine Schubstrebe an der<br />

Schwinge abstützt.<br />

Nicht unangetastet blieb natürlich auch<br />

der Dreizylinder, dem nun eine perfekt abgestimmte<br />

Mikuni BST 36-Batterie mit offenen<br />

Trichtern das Atmen erleichtert. Auslassseitig<br />

kümmert sich eine 3-in-1-Anlage<br />

aus Edelstahl um den guten, gerade<br />

noch legalen Ton. Eine Raask-Fußrastenanlage<br />

und Stummellenker von LSL sorgen<br />

für eine sportliche Haltung auf dem<br />

zwei Zentimeter dünnen Sitzkissen.<br />

In Erinnerung an meine Vespa Bravo,<br />

die ich anno 1977 mit einer gruseligen<br />

Spraydosen-Lackierung in Weiß-Blau<br />

„verschönert“ hatte, wählte ich auch für<br />

die Lackierung der Anbauteile ein Metallic-Weiß<br />

als Grundfarbe. Darauf kamen<br />

dann die von Maik Heidner (www.4moto.<br />

de) aus Folie geschnittenen Design-Elemente<br />

in Tiefblau-Metallic, Bleichgold<br />

und Schwarz, die anschließend mit Klarlack<br />

überlackiert wurden. Im Vergleich<br />

zu meinem jugendlichen Erstlingswerk<br />

eine deutliche Weiterentwicklung, wie<br />

ich finde.<br />

Lieber Perfektion statt Patina<br />

Anlass für eine Weiterentwicklung bot für<br />

meinen Geschmack freilich auch die XS<br />

850. Nachdem ich sie zunächst im Auslieferungszustand<br />

gefahren hatte, stand<br />

im vergangenen Winter eine gründliche<br />

Überholung an. Der Umbau war ja – wie<br />

erwähnt – nicht mehr ganz taufrisch.<br />

Außerdem störten Patina und einige Detaillösungen<br />

meinen Seelenfrieden. Also<br />

habe ich die XS komplett zerlegt und<br />

meinem Perfektionswahn freien Lauf gelassen.<br />

Fleißarbeiten, wie zum Beispiel<br />

die aus Kernschrott restaurierten Lenkerschalter<br />

oder die penible Sanierung sämtlicher<br />

Oberflächen und Komponenten,<br />

waren dabei eher das Spaßprogramm.<br />

Dazu musste aber auch handfest geschraubt<br />

werden. Denn bei der Kompressionsmessung<br />

drückte der mittlere Zylin-<br />

106 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


Zahn der Zeit: Der verschlissene Anlasser-Freilauf<br />

wird selbst repariert<br />

der nur noch sechs bar. Für mich Grund<br />

genug, dem gehonten Dreizylinder MOS2-<br />

beschichtete Kolben im ersten Übermaß<br />

und einen überholten Zylinderkopf zu<br />

spendieren (www.scheuerlein-motorentechnik.de).<br />

Der müde Anlasser und dessen<br />

Freilauf verlangten ebenfalls nach<br />

Wartung. Erneuert oder instandgesetzt<br />

habe ich außerdem Bremsscheiben, Gabelstandrohre<br />

und die Federbeine, während<br />

ein Fachbetrieb (www.ka-ja-tacho.<br />

de) die Instrumente überholte. Erneuert<br />

werden musste zudem der Fliehkraftregler<br />

der Zündung, den ich als Neuware nur<br />

noch in den USA auftreiben konnte.<br />

Schwierige Teilebeschaffung<br />

Überhaupt ist die Ersatzteillage für die<br />

Yamaha-Dreizylinder ziemlich durchwachsen.<br />

Vieles wird als Neuteil zunehmend<br />

rar. Kardan-Winkelgetriebe oder<br />

wesentliche Teile für deren Instandsetzung<br />

gibt es nur noch zu Apotheken-Tarifen.<br />

Und wer noch einen Simmerring für<br />

die linke Kurbelwellenseite hat, hütet den<br />

am besten in der Schmuckschatulle. Ich<br />

habe daher vorsorglich eine gut erhaltene<br />

XS 850 geschlachtet und diese zusammen<br />

mit einem weiteren Motor nebst Antriebsstrang<br />

sowie einer Fülle von Kleinteilen<br />

und Dichtungen ins Regal gepackt.<br />

Selbstzweifel, ob das Projekt diesen –<br />

zugegebenermaßen – übersteigerten Aufwand<br />

wert ist, hatte ich nie. Schließlich<br />

kann man so ein Motorrad ab Werk nicht<br />

kaufen. Nirgendwo.<br />

Umso glücklicher bin ich über meine<br />

ganz spezielle XS. Sie lebt, sie hat Charisma.<br />

Das erste Motorrad, das mich sogar im<br />

Stand stundenlang ohne einen Anflug von<br />

Langeweile unterhalten könnte. Erst recht<br />

natürlich nach dem Druck aufs Knöpfchen.<br />

Diese Symphonie aus knurrendem<br />

Ansaug- und bellendem Auspuffgeräusch<br />

macht süchtig. Schon bei moderatem<br />

Tempo wird jeder Kilometer mit der XS<br />

850 zu einem Erlebnis, das meine modernen,<br />

irgendwie weichgespülten Motorräder<br />

mit ihrer glattgelutschten Perfektion<br />

niemals so unterhaltsam rüberbringen<br />

können. Eingeklemmt zwischen hohen<br />

Rasten und tiefen Stummeln fühlt man<br />

sich wie auf einem Werksrenner der späten<br />

70er-Jahre. Na ja, so ähnlich stelle ich<br />

mir das jedenfalls vor. Das radikale Konzept<br />

des Umbaus taugt natürlich nicht für<br />

die Urlaubsreise. Macht nichts, zum Kilometerfressen<br />

ist die XS sowieso zu schade.<br />

Ihre Bestimmung ist die genussvolle Feierabendrunde,<br />

wo sie mich reichlich mit<br />

Endorphinen beglückt. Mein Traum ist<br />

damit tatsächlich wahr geworden! ◻<br />

Rank und (relativ) schlank: Die Behle-<br />

XS 850 hat rund 50 Kilo abgespeckt<br />

Große Freude: Wilhelm Behle<br />

hat sich mit dem Sport-Umbau<br />

der Yamaha XS 850 einen Traum<br />

erfüllt. Mehr darüber erzählt er<br />

in seinem Internet-Blog unter<br />

http://850slingshot.weebly.com<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 107


SPORT I<br />

Mondial 250 Bialbero Racer<br />

Märchen-<br />

Gestalt<br />

Die kleine italienische Marke FB Mondial hat Renn geschichte<br />

geschrieben. Auf dem Höhepunkt des Erfolges, mit dem<br />

WM-Titel in der 125er- und der 250er-Klasse, zog sich Mondial<br />

1957 aus dem Rennsport zurück. Einer der 250er-Renner<br />

steht im Museum von Sammy Miller und weckte beim Autor<br />

alte Erinnerungen.<br />

Text: Alan Cathcart und Gerhard Eirich; Fotos: Kyoichi Nakamura<br />

Ja, klar – eine 250er-Werks-Mondial steht zum<br />

Verkauf, irgendwo in den USA. Mal wieder<br />

eines von diesen utopischen „Honda-Sechszylinder-250er<br />

in Transsylvanien zu verkaufen“-Märchen,<br />

die von Zeit zu Zeit die Runde machen.<br />

Ich reagierte also auf diese Information nicht sofort.<br />

Als ich jedoch sechs Monate später, es war im Jahr 1979,<br />

ohnehin in den Staaten zu tun hatte, beschloss ich an<br />

einem locker ausklingenden Tag den Abend mit ein<br />

wenig Recherche-Arbeit zu verbringen. Eine 100-Dollar-<br />

Telefonrechnung später und mit steigender Anspannung<br />

wich die Ungewissheit der Erkenntnis: es stimmte. Es<br />

WAR eine Mondial, es WAR eine Rennmaschine, es WAR<br />

eine 250er und weil 1957 das einzige Jahr war, in dem<br />

das Werk einen echten Fullsize-250er-Single gebaut hatte,<br />

musste es ein Werksrenner aus diesem Baujahr sein.<br />

Die einzige ungeklärte Frage blieb: Wie zum Henker hatte<br />

es die Werks-Mondial 250 mit der Seriennummer 0504<br />

hierher nach Muskogee/Oklahoma verschlagen?<br />

Glückskauf: ramponiert, aber komplett<br />

Nun, die Antwort auf diese Frage wird wohl ewig im<br />

Nebel der Zeit verborgen bleiben, aber ich kaufte die<br />

Mon dial und brachte meine Beute in ramponiertem, aber<br />

komplettem Zustand 1980 nach England. Meine Kumpels<br />

Ron Lewis und Dick Linton bauten den Motor komplett<br />

neu auf, nachdem sie Hoeckle in Deutschland dazu gebracht<br />

hatten, neue Kurbelzapfen und Pleuel zu fertigen,<br />

mit den originalgetreuen Nadellagern. Ich fuhr die<br />

Mondial bei der TT-Parade auf der Isle of Man 1983, und<br />

dies vermittelte mir die nötigen umfangreichen Fahreindrücke<br />

mit dem einst ultimativen Renn-Single, um die<br />

Erfahrungen der wenigen Runden, die ich exakt 30 Jahre<br />

später mit Sammy Millers vollverkleidetem Bike auf seiner<br />

108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 109


SPORT I<br />

Mondial 250 Bialbero Racer<br />

Der hoch bauende<br />

250er hängt<br />

im Rohrrahmen<br />

der 125er<br />

Der kurzhubige<br />

dohc-Single<br />

darf bis 11 400<br />

Touren drehen<br />

110 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>


„Wir hätten nach 1957 nur<br />

noch verlieren können.<br />

Also hörte ich auf“<br />

Flugfeld-Teststrecke rund um sein Museum drehen durfte,<br />

zu untermauern. Sammy Miller hatte als Drittplatzierter in<br />

der WM 1957 schließlich einen bedeutsamen Platz in der<br />

glorreichen Renngeschichte der 250er-Mondial. Die kleine<br />

italienische Marke, die in einer Saison in zwei verschiedenen<br />

Klassen WM-Titel einfahren konnte, hat damit sicherlich<br />

Geschichte geschrieben. Sammy hatte lange nach einem der<br />

nur sechs gebauten Exemplare für sein Museum gesucht,<br />

bevor er schließlich 1993 eines in Italien ergattern konnte.<br />

Was also steckt hinter dieser Marke, die so schnell wie<br />

keine andere den Aufstieg in die Weltspitze des Rennsports<br />

geschafft hat, um sich dann nach kaum einem Jahrzehnt auf<br />

der Höhe ihres Erfolgs aus dem Rennsport zurückzuziehen?<br />

FB Mondial war die Erfindung der Boselli-Famile, deren vier<br />

Brüder (daher das Kürzel FB für Fratelli Boselli = Boselli-<br />

Brüder) 1936 eine Motorradfirma in Bologna gründeten. Die<br />

Bosellis waren eine wohlhabende Familie, die eine Menge<br />

Land besaß, und deren ungewöhnlicher Einstieg in die<br />

Motorradbranche auf die Rennerfolge des ältesten Bruders<br />

Giuseppe zwischen 1927 und 1935 zurückzuführen ist. Die<br />

Bosellis konzentrierten sich zunächst ausschließlich auf den<br />

Bau von dreirädrigen Lieferfahrzeugen, angetrieben von<br />

einem langhubigen 600er-ohv-Single. Die FB Moto carro entwickelte<br />

sich zu einem der angesehensten Fahr zeuge ihrer<br />

Klasse, doch die Kriegsereignisse und die Besetzung durch<br />

die deutsche Wehrmacht führten schließlich zum Ende der<br />

Fabrik – sie wurde 1944 zerstört. Giuseppe Boselli trat die<br />

Nachfolge seines Vaters an und baute die Firma in neuer,<br />

vermeintlich besserer Lage in Mailand wieder auf.<br />

Die Nachkriegszeit schuf eine immense Nachfrage nach<br />

Fahrzeugen und Transportmitteln, und neue Moped- und<br />

Motorradhersteller schossen wie Pilze aus dem Boden.<br />

Boselli beschloss, der Firma ein besonderes Image zu verschaffen<br />

und nutzte die Rennleidenschaft der Italiener. So<br />

rollten also zwei Jahre vor der ersten Serienmaschine bereits<br />

Rennbikes von Boselli auf den Grand Prix-Strecken. Als neuen<br />

Namen wählte man Mondial, mit dem Kürzel FB vorangestellt,<br />

doch im täglichen Sprachgebrauch fiel das Kürzel<br />

schnell unter den Tisch. Die 125er-Klasse wurde auserkoren,<br />

um das Feld für die geplanten Serienmaschinen zu ebnen,<br />

und obwohl zu der Zeit die Zweitakter von MV Agusta und<br />

Morini das Geschehen dominierten, wählte der frisch rekrutierte<br />

Konstrukteur Alfonso Drusiani eine abgespeckte<br />

Version des klassischen ohc-Viertakt-Single-Formats, das<br />

später so typisch für italienische Rennmotoren werden sollte.<br />

Schon im zweiten je absolvierten Rennen gewann Nello<br />

Pagani, und die kleine ungewöhnliche Mondial sollte sich<br />

in den Folgejahren als unschlagbar erweisen: 1949 bis 1951<br />

gewann sie alle elf GP-Rennen, Pagani wurde 1949 Weltmeister,<br />

1950 errang Teamkollege Bruno Ruffo den Titel,<br />

1951 war Carlo Ubbiali an der Reihe.<br />

Siegfähiger Single statt wuchtiger Twin<br />

Die nächsten Jahre triumphierten MV Agusta und vor allem<br />

das NSU-Team, doch Boselli hatte ohnehin längst die 250er-<br />

Klasse im Visier. Diese schien bislang runtergebüchsten<br />

350ern vorbehalten zu sein, doch Drusiani verfolgte den<br />

anderen Weg, in der Annahme, ein aufgebohrtes 125er- oder<br />

Die extrem<br />

strömungsgünstige<br />

Vollverkleidung<br />

trug maßgeblich<br />

zu den<br />

großen Rennerfolgen<br />

bei<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 111


SPORT I<br />

Mondial 250 Bialbero Racer<br />

schleunigen und Bremsen nieder, was zur erstmaligen Verwendung<br />

einer Scheibenbremse bei einem Rennmotorrad<br />

führte. Doch Drusiani erkannte schnell, dass dieser von ihm<br />

kreierte weiße Elefant nie konkurrenzfähig sein würde, und<br />

der Twin wurde schnell ausrangiert. Die beste Lösung würde<br />

ein echter 250er-Single sein, und so konstruierte der Mondial-Techniker<br />

im Winter 1956/1957 ein Bike, das viele, nicht<br />

zuletzt der große Mike Hailwood, für eines der besten Einzylinder-Rennmotorräder<br />

aller Zeiten halten. Der neue Mondial<br />

Nasssumpf-Single mit stehendem Zylinder und zwei<br />

obenliegenden Nockenwellen kam mit deutlich überquadratischer<br />

Auslegung daher, wies zwar denselben Hub (56,4<br />

mm) wie die 125er auf, aber mit 75 Millimetern eine deutlich<br />

größere Bohrung und erlaubte eine Maximaldrehzahl von<br />

11 400/min, mit einer Höchstleistung von 29 PS bei 10 800/<br />

min. Mit 110 Kilogramm Gewicht inklusive Vollverkleidung<br />

stellte die neue Mondial eine deutlich ernst zu nehmendere<br />

Konkurrentin dar als der wuchtige Twin, vor allem angesichts<br />

des neuen Stahlrohrrahmens, den sie mit der 125er gemeinsam<br />

hatte. Mit sagenhaften 219 km/h wurde die 250er-<br />

Mondial in Monza gemessen, schneller als die meisten 500er-<br />

Singles. Die große 220-Millimeter-Doppelnocken-Trommelbremse<br />

vorn wurde eigens für die 250er angefertigt, die<br />

großen Kühlungsöffnungen sollten den typischen Problemen<br />

mit der Streamline-Verkleidung Rechnung tragen.<br />

Zum starken Fahrerteam, bestehend aus Provini und<br />

Sandford, stieß zur TT 1957 ein junger Nordire namens<br />

Sammy Miller. Es hätte eine wahrhaft märchenhafte Story<br />

werden können, denn Miller führte im 250er-Rennen der TT<br />

bis zur letzten Kurve, Governors Bridge, als er mit der Zielflagge<br />

im Blick übermütig wurde. „Ich gab aus der letzten<br />

Kurve heraus mächtig Gas, die Maschine kam quer und ich<br />

stürzte. Ich hob das Bike auf, doch der Motor ließ sich nicht<br />

mehr starten, also schob ich die 250er die letzte halbe Meile<br />

den Berg hoch ins Ziel und wurde Fünfter. So nah an einem<br />

Grand Prix-Sieg war ich nie wieder“, blickt Sammy weh-<br />

„Ein Sturz in der letzten<br />

Kurve – so nah war ich nie<br />

wieder an einem GP-Sieg“<br />

Dramatische Ankunft: Ein erschöpfter Sammy Miller<br />

schiebt seine Mondial bei der TT 1957 nach einem<br />

tragischen Sturz in der letzten Kurve über die Ziellinie<br />

(oben). Später im selben Jahr in Monza bewegt Miller<br />

die 250er zum letzten Mal (unten)<br />

175er-Bike würde sein Leistungsmanko durch das geringere<br />

Gewicht und das agilere Handling mehr als ausgleichen.<br />

Dru siani reizte den 125er bis auf sein Maximum von 216 cm³<br />

aus, die dem vollverkleideten Bike zu 190 km/h Topspeed<br />

verhalfen, doch der Titel in dieser Saison ging an eine NSU<br />

Sportmax. Mit der Erkenntnis, dass der 216er-Single nicht<br />

siegfähig war, begann Drusiani an einem echten 250er-Twin<br />

zu arbeiten, indem er zwei 125er-Zylinder auf eine gemeinsame<br />

Kurbelwelle pflanzte. Als das komplette Bike zu Beginn<br />

der Saison 1956 an den Start rollte, wurde seine wuchtige<br />

Erscheinung nur noch durch sein enormes Gewicht getoppt<br />

– runde 140 Kilogramm brachte es auf die Waage. Die<br />

Zylinder-Dimensionen waren die damals üblichen 53 x 56<br />

Millimeter. Und obwohl sie mit angegebenen 35 PS bei<br />

10 000/min dieselbe Leistung lieferte wie die ewige Konkurrentin<br />

NSU Rennmax, spielte die Mondial Bicylindrica nicht<br />

in derselben Liga. Der Gewichtsnachteil schlug sich beim Bemütig<br />

zurück. Erfolge stellten sich dennoch ein. Miller wurde<br />

Dritter bei der Dutch TT in Assen und eine Woche darauf<br />

gar Zweiter beim GP in Spa. Dort hatte Teamkollege Provini<br />

mit eindrucksvollem Speed geglänzt, obwohl im Grunde alle<br />

Mondials technisch identisch waren. Provini hat Miller viel<br />

später einmal sein kleines Geheimnis verraten. „Ich hatte<br />

meine eigenen speziellen Nockenwellen, die immer eingebaut<br />

wurden, egal welches der Bikes ich im Rennen fahren<br />

sollte. Dies und ein paar andere Modifikationen brachten<br />

mir die Portion Extra-Power. Schau mal, ich war der einzige<br />

Italiener in einem italienischen Team, mit italienischen<br />

Mechanikern, die alle meine Freunde waren – also was erwartest<br />

du?“ Nun, Provini wurde Weltmeister in der 125er-<br />

Klasse, Sandford holte den Titel bei den 250ern. „Es war die<br />

Erfüllung eines Traums“, erzählte Boselli seinem ehemaligen<br />

Fahrer Miller viele Jahre später einmal. „Ein perfekter Moment,<br />

der so niemals wiederholt werden könnte. Wir hätten<br />

nur verlieren können, wenn wir weitergemacht hätten – also<br />

beschloss ich, aufzuhören.“ Am 15. September 1957 erschütterte<br />

die Nachricht die Rennszene, dass der Doppelweltmeister<br />

FB Mondial sich aus dem Rennsport zurückzieht.<br />

112 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


MONDIAL 250<br />

BIALBERO RACER<br />

MOTOR: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />

zwei obenliegende, über Zahnräder<br />

angetriebene Nockenwellen, zwei Ventile,<br />

Bohrung x Hub: 75 x 56,4 mm, Hubraum:<br />

249 cm³, Verdichtung: 10,5:1, Vergaser:<br />

32-mm-Dellorto SS1, Leistung: 29 PS bei<br />

10800/min, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />

FAHRWERK: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen,<br />

35-mm-Telegabel von Marzocchi<br />

vorn, Stahlrohr-Zweiarmschwinge mit zwei<br />

Girling-Federbeinen hinten, Duplex-Trommelbremse<br />

vorn, Ø 220 mm, Simplex-Trommelbremse<br />

hinten, Ø 220 mm, Reifen vorn 2.75 x<br />

18, hinten 3.00 x 18, Trockengewicht: 110 kg<br />

(mit Vollverkleidung), Höchstgeschwindigkeit:<br />

219 km/h, www.sammymiller.co.uk/museum<br />

Und nun fand ich mich also 1983 auf der von meinen<br />

Kumpels frisch renovierten 250er am Start zur TT, erstickte<br />

fast an den von Castrol R schwangeren Abgasschwaden und<br />

war fast taub vom donnernden Gebrüll der zahlreichen Norton<br />

Manx um mich herum. Das lange Warten beim Start mit<br />

immer heißer werdendem Motor ließ die Mondial hinterher<br />

bergab bei Bray Hill ein paar Mal husten, doch einmal im<br />

letzten der fünf Gänge angekommen, schnurrte der Single<br />

fröhlich unter mir. Der aufwendige Nockenwellenantrieb<br />

produzierte ordentlich mechanischen Lärm, und die freiliegenden<br />

Ventilfedern versauten meinen linken Stiefel und<br />

den langen Auspuff eifrig mit Öl. Angesichts des Alters und<br />

der Empfindlichkeit des Motors und in Ermangelung von<br />

Ersatzteilen hielt ich die Drehzahl unter 9000/min, und trotz<br />

der montierten zahmen Nockenwellen hatte ich ein genügend<br />

breites Drehzahlband, um in engen Kehren nicht zu<br />

verhungern. Ein Dröhnen bei 4600/min kündigte die Leistung<br />

an, die bei 5200/min recht deutlich einsetzte und mir in<br />

der Folge ein 4000 Umdrehungen breites nutzbares Band eröffnete.<br />

Trotz des winzigen Radstands von 1270 Millimetern<br />

erwies sich die Sitzposition für mich als ideal – dank des weit<br />

hinten über der Hinterachse montierten Sitzes. Im Grunde<br />

war die Mondial recht groß geraten für eine 250er, dennoch<br />

besaß sie ein traumhaftes Handling. Es war ein Genuss, die<br />

kleine 250er durch die Ecken und Kehren des Glen Helen-<br />

Abschnitts zu jagen, während das Auspuffdröhnen von den<br />

Felswänden widerhallte. Keine Frage, in Sachen Handling<br />

und Bremsen hatte die Mondial alle Prüfungen bestanden.<br />

Grundsätzlich stellt die 250er-Mondial also ein sorgfältig<br />

konstruiertes und sauber gefertigtes, recht konventionelles<br />

Motorrad dar, das seine Erfolge 1957 hauptsächlich seiner<br />

extrem effizienten, strömungsgünstigen Verkleidung verdankte,<br />

die laut Sammy Miller zudem nicht sehr seitenwindempfindlich<br />

war. Letzterem kann man zu seinem exzellent<br />

restaurierten Exemplar nur gratulieren. Doch was ist aus<br />

meiner Mondial geworden, werden Sie vielleicht fragen?<br />

Nun, ich verkaufte sie, um mir vom Erlös meine erste Paton<br />

zu kaufen, den 250er-Twin. Heute ist die Mondial im Besitz<br />

eines Sammlers in den USA. Wenn Sie also wieder mal so<br />

eine märchenhafte Geschichte à la „Honda-Sechs zylinder-<br />

250er in Transsylvanien zu verkaufen“ hören, gehen Sie<br />

sofort hin. Sie könnte schließlich wahr sein.<br />

◻<br />

www.motorrad-classic.de<br />

<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 113


VORSCHAU I<br />

Ausgabe 1/2015 erscheint am 5. Dezember <strong>2014</strong><br />

Foto: BMW-Medien-Archiv<br />

Victoria KR 6<br />

Die Zeit nagt, und<br />

erst recht nagen<br />

85 Jahre. So alt ist<br />

nämlich das urige<br />

Victoria-Gespann<br />

von Volker<br />

Möllenbeck, und<br />

so alt ist auch der<br />

Originallack. Vor<br />

30 Jahren meinten<br />

alle, das<br />

Dreirad müsse<br />

unbedingt restauriert<br />

werden,<br />

heute stehen<br />

solch ehrliche<br />

Klassiker ganz<br />

hoch im Kurs<br />

TOURIST TROPHY 1939<br />

IM ZEICHEN<br />

DES DREIZACK<br />

Maserati feiert in diesem<br />

Jahr seinen 100. Geburtstag.<br />

Berühmt ist der<br />

italienische Her steller für<br />

seine edlen Sportwagen,<br />

aber auch die in den<br />

50er-Jahren gebauten<br />

Zweiräder können sich<br />

sehen lassen<br />

Foto: Muratori<br />

Foto: Siemer<br />

Schorsch Meier gewann<br />

1939 als erster<br />

nicht-englischer Pilot<br />

die Senior-TT auf<br />

einer nicht-englischen<br />

Maschine. Ein legendärer<br />

Sieg in aufgeheizter<br />

Atmos<br />

phäre, um den sich<br />

viele Legenden gebildet<br />

haben. Nach<br />

nunmehr 75 Jahren ist<br />

es Zeit, Wahres von<br />

Falschem zu trennen<br />

und Unsicheres als<br />

solches zu benennen<br />

IMPRESSUM<br />

ISSN 0937-9495<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />

Leuschnerstraße 1<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon 0711/182-1374<br />

Telefax 0711/182-1781<br />

E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />

Redaktionelle Gesamtleitung<br />

und Chefredakteur<br />

Dipl.-Ing. (FH) Michael Pfeiffer<br />

Chef vom Dienst<br />

Matthias Ackermann<br />

Redaktion<br />

Uli Holzwarth (Ltg.), Gerhard Eirich<br />

Schlussredaktion<br />

Lothar Kutschera<br />

Grafische Gestaltung<br />

Stefan Weber (verantwortlich),<br />

Thomas Waldhauer, Sonja Pfeiffer<br />

Bildbearbeitung und Endseitenproduktion<br />

Stefan Widmann (Ltg.), Iris Heer, Sabine Heilig-<br />

Schweikert, Yvonne Hertler, Catherine Pröschild<br />

Bildredaktion<br />

Yvonne Hertler<br />

Archiv<br />

Ralph Söhner<br />

Mitarbeiter an diesem Heft<br />

Wilhelm Behle, Alan Cathcart, Werner Koch,<br />

Thomas Schmieder, Fred Siemer, Nicolas Streblow,<br />

Dirk Wulbrede<br />

Fotografen<br />

Jacek Bilski, Tim Botzkowski, jkünstle.de, Kyoichi<br />

Nakamura, Arturo Rivas<br />

Verlag<br />

Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG<br />

Leuschnerstraße 1<br />

70174 Stuttgart<br />

Postfach: 70162 Stuttgart<br />

Telefon 0711/182-01<br />

Telefax 0711/182-1349<br />

Fotoservice/Syndication/Lizenzen<br />

Motor-Presse International<br />

Telefon 0711/182-1874<br />

Leitung Geschäftsbereich Motorrad<br />

Peter-Paul Pietsch<br />

Stellvertretende Verlagsleitung<br />

Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Eva-Maria Gerst<br />

Brandmanagement<br />

Dipl.-Wirt.-Ing. (FH) Natalie Lehn<br />

Anzeigenleiter: Marcus Schardt,<br />

verantwortlich für den Anzeigenteil: Carmen Brix<br />

Herstellung: Rainer Jüttner (verantwortlich)<br />

Druck: Neef + Stumme premium printing<br />

GmbH & Co. KG, 29378 Wittingen<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> erscheint zehn Mal<br />

jährlich. Lieferung durch den Verlag,<br />

Post, Buch- und Zeitschriftenhandel. Höhere<br />

Gewalt entbindet den Verlag von der<br />

Lieferungspflicht. Ersatzansprüche können<br />

in einem solchen Fall nicht anerkannt werden.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

© by Motor Presse Stuttgart GmbH & Co. KG.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Fotos und Zeichnungen wird keine Gewähr<br />

übernommen.<br />

Abonnement-Service, 70138 Stuttgart<br />

Telefon 07 11/32 06 88 99<br />

Telefax 07 11/1 82-25 50<br />

E-Mail: motorradclassic@dpv.de<br />

Einzelheftbestellung<br />

Telefon 07 11/32 06 88 99<br />

Vertrieb Einzelverkauf<br />

Vertriebsleiter:<br />

Dirk Geschke, DPV Deutscher Pressevertrieb,<br />

22773 Hamburg<br />

Bezugspreise<br />

Einzelpreis 5,70 €; Jahresabonnement über<br />

zehn Ausgaben frei Haus: 53,50 € im Inland<br />

(A: 60,00 €; CH: 98,50 SFr).<br />

<strong>MOTORRAD</strong> und <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> zum Kombipreis<br />

mit rund 15 % Preisvorteil. Jahrespreis für<br />

Inland 26 Ausgaben <strong>MOTORRAD</strong> und 10 Ausgaben<br />

<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 134,65 € (A: 151,70 € ;<br />

CH: 256,15 SFr). Übriges Ausland auf Anfrage.<br />

Studenten erhalten gegen Vorlage einer<br />

Immatrikulationsbescheinigung einen<br />

Nachlass von 40 % auf den Kioskpreis.<br />

Übriges Ausland auf Anfrage.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 59.<br />

Bei Anzeigen aus dem<br />

Ausland Vorkasse<br />

Gerichtsstand Stuttgart.<br />

114 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de


SONDERHEFT<br />

LEIDENSCHAFT BMW.<br />

Das neue <strong>MOTORRAD</strong>-Sonderheft BMW SPEZIAL 2/<strong>2014</strong>. Mit informativen Vergleichstests, der<br />

Dauertest-Abschlussbilanz zur R 1200 GS, umfangreichem Reifentest, begeisternden Umbauten,<br />

jeder Menge News und vielem mehr.<br />

VONHELDENUNDGESTALTEN.DE<br />

JETZT AM KIOSK!<br />

DIREKTBESTELLUNG: WWW.<strong>MOTORRAD</strong>ONLINE.DE/SONDERHEFTE


LOUIS<br />

ALLE!<br />

HAT<br />

SIE<br />

Über 200 Marken, über 32.000 Produkte,<br />

sofort lieferbar: www.louis.de und<br />

in über 70 Shops bei Ihnen vor Ort.<br />

www.louis.de | 040-734 193 60 | order@louis.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!