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8/<strong>2014</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Serie<br />
Restaurierung<br />
BMW<br />
R 80 G/S<br />
Teil 2:<br />
Antrieb<br />
CHARAKTER-<br />
BENELLI<br />
650 S TORNADO<br />
TWINS<br />
KAWASAKI<br />
650 W1<br />
Vorbild<br />
RUDGE<br />
SPECIAL<br />
Selten schön<br />
SUZUKI<br />
GS 400<br />
Honda Dominator-Racer<br />
von Louis<br />
Glanzstück<br />
RICKMAN-<br />
HONDA<br />
CR 750<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />
BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 €<br />
Aero-Dynamiker<br />
MONDIAL<br />
250<br />
BIALBERO
INHALT I<br />
8/<strong>2014</strong><br />
Schön war sie schon damals, doch die<br />
GS 400 galt anfangs eher als Einsteigeroder<br />
Brot-und-Butter-Motorrad. Heute ist<br />
die rare 400er ein gesuchter Klassiker<br />
70<br />
Seinen Jugendtraum<br />
vom kleinen 125er-Twin<br />
hat sich Dirk Wulbrede<br />
spät, dafür aber gleich<br />
doppelt erfüllt<br />
MOTORRÄDER<br />
IN DIESER<br />
AUSGABE:<br />
Benelli 650 S Tornado 4<br />
BMW R 80 G/S 78<br />
Honda CB 125 36<br />
Kawasaki 650 W1 4<br />
Louis-Café Racer 84<br />
Mondial 250 Bialbero 108<br />
Rickman-Honda CR 750 16<br />
Rudge Special 94<br />
Suzuki GS 400 70<br />
Yamaha RD 400 88<br />
Yamaha XS 850-<br />
Café Racer 104<br />
Zubehör-Gigant Louis zeigt,<br />
welch schicken Café Racer<br />
man aus einer Honda<br />
Dominator machen kann<br />
36<br />
84<br />
Four-Reiter? Der Rudge-Single glänzte<br />
schon früh mit vier Ventilen<br />
94<br />
Titelfotos: Bilski, Cathcart, Gonzales, jkuenstle.de, Louis, Siemer; Fotos Inhalt: Behle, Bilski, Botzkowski, Cathcart, jkuenstle.de, Koch, Louis, Schmieder, Siemer, Streblow<br />
2 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
16<br />
AUF ACHSE<br />
4 Benelli 650 S Tornado,<br />
Kawasaki 650 W1<br />
Italien oder Japan? Unterwegs mit zwei<br />
äußerst charakterstarken Parallel-Twins<br />
70 Suzuki GS 400<br />
Der bildschöne Mittelklasse-Twin hat sich<br />
vom Einsteiger- zum Kultbike gemausert<br />
24<br />
78<br />
32<br />
104<br />
IM STUDIO<br />
16 Rickman-Honda CR 750<br />
Japan-Vierer im stabilen Edel-Fahrwerk<br />
SZENE<br />
24 Schottenring-GP<br />
Feuer frei auf der Kult-Rennstrecke<br />
32 Eigenbauten von Jean-Luc Borgetto<br />
Ein Franzose huldigt den legendären<br />
Rennmaschinen mit frechen Nachbauten<br />
36 Honda CB 125<br />
Der 125er-Twin erfüllt Jugendträume<br />
40 Kawasaki-Sammler Maatz<br />
46 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
84 Louis-Bike<br />
Café Racer auf Honda Dominator-Basis<br />
94 Rudge Special<br />
Früher Vertreter der Vierventil-Singles<br />
100 Club-Porträt AMSC Leonberg<br />
Klassiker-Fans mit Traditions-Clubhaus<br />
104 Leser bauen selbst: Yamaha XS 850-<br />
Café Racer<br />
RESTAURIERUNG<br />
78 BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />
Mit Getriebe und Kardan alles okay?<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
30 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 10/1963<br />
Honda CB 77<br />
NACHGEDRUCKT<br />
88 Yamaha RD 400 im ersten Test von1976<br />
MARKT<br />
62 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />
SPORT<br />
108 Mondial 250 Bialbero Racer<br />
Erinnerungsreiche Ausfahrt mit dem extrem<br />
aerodynamischen Weltmeister-Bike<br />
EDIT0RIAL<br />
Ab jetzt: Zehn<br />
Mal <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> im Jahr<br />
Eine gute Nachricht für alle<br />
Freunde von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>:<br />
Ab nächstem Jahr wird Ihre Zeitschrift<br />
nicht nur acht Mal wie bisher,<br />
sondern zehn Mal erscheinen. Die<br />
ständig wachsende Zahl der Liebhaber<br />
klassischer Motor räder und Youngtimer<br />
machte uns diese Entscheidung<br />
leicht. Seit Jahren steigt auch die Zahl<br />
der Käufer unserer Zeitschrift. Was<br />
beweist, dass wir die Interessen unserer<br />
Leserinnen und Leser treffen. Beispielsweise<br />
unsere Ausgabe mit den<br />
50ern vor ein paar Wochen: Diese war<br />
nicht nur eine der am besten verkauften<br />
Ausgaben der letzten Jahre. Nein,<br />
durch dieses Titelthema erreichte auch<br />
eine Flut von Leserbriefen unsere Redaktion.<br />
Hatte doch fast jeder zu Hercules,<br />
Kreidler, Zündapp & Co. eine eigene<br />
Geschichte zu erzählen. Herrlich!<br />
An mindestens ein Motorrad aus<br />
der jetzigen Ausgabe werden sich auch<br />
viele von Ihnen sicher erinnern: Die<br />
Suzuki GS 400 war Ende der 70er- Jahre<br />
mindestens so beliebt wie die vielen<br />
50er. In meiner Motorrad-Clique gab es<br />
auch eine. Der Kreili, dem die hübsche<br />
Suzuki gehörte, ärgert sich heute noch<br />
darüber, dass er sie damals verkauft<br />
hat. Deswegen sollte man ja auch nie<br />
ein Motorrad verkaufen...<br />
108<br />
RUBRIKEN<br />
48 Kleinanzeigen-Markt<br />
68 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
Michael Pfeiffer<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 3
AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
Parallel-<br />
Welten<br />
4 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
Für die Flucht aus dem Alltag gibt es Besseres als das Internet mit seinen<br />
virtuellen Ersatzwirklichkeiten. Zum Beispiel Benelli Tornado und Kawasaki<br />
W1, in deren Zweizylindern die Kolben im Gleichschritt auf und ab<br />
sausen. Und dabei Stress und Hektik auf höchst unterhaltsame Weise aus<br />
Körper und Seele massieren, wie wir beim spaßigen Ausflug ins Parallel-<br />
Universum der beiden entspannten 650er-Twins erfahren konnten.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Arturo Rivas<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 5
AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
Treppe oder Aufzug? Mal<br />
ehrlich, wer die Wahl hat,<br />
nimmt den Lift. Ich mache<br />
das jedenfalls so. Und würde<br />
daher auch liebend gern auf den<br />
schwarzen Starterknopf der Benelli drücken.<br />
Allerdings nicht aus Bequemlichkeit,<br />
sondern aus Respekt.<br />
Den hat mir die 650 S Tornado nämlich<br />
in den Tagen zuvor bei zwei, drei<br />
schüchternen Startversuchen in der <strong>Classic</strong>-Tiefgarage<br />
beigebracht. Jeder Tritt war<br />
nicht nur vergeblich, sondern auch ein<br />
wenig schmerzhaft, weil der Italo-Twin<br />
bei Zaghaften lieber austeilt als einsteckt.<br />
Dennoch, ich musste Norbert Breuninger,<br />
dem Besitzer dieses schönen 1972er-Modells,<br />
versprechen, den E-Starter nicht zu<br />
benutzen. Schlägt der Zweizylinder dabei<br />
zurück, kann die schwächliche Kette zum<br />
Anlasser reißen, hatte er mich gewarnt.<br />
So stehe ich nun mit gemischten Gefühlen<br />
und besonders stabilen Stiefeln auf<br />
den Rasten der Benelli. Jetzt gilt‘s, der Fotograf<br />
drängelt, außerdem schaut Jürgen,<br />
der Eigner der Kawasaki, erwartungsvoll<br />
herüber. Seine W1 brummelt schon sonor<br />
aus den kurzen Tüten, als ich – wie von<br />
Norbert empfohlen – den Kickstarter einen<br />
Klick nach unten drücke und erst danach<br />
entschlossen und mit Schmackes zutrete.<br />
So klappt‘s, die Benelli läuft, und das auf<br />
den ersten Tritt! Puh, ich bin echt erleichtert,<br />
die Benelli beschert mir das erste<br />
Glücksgefühl an diesem herrlichen, sonnigen<br />
Tag auf der Schwäbischen Alb.<br />
Die W1 gibt sich „very british“<br />
Jürgen hat von meiner Anspannung<br />
nichts mitbekommen, für ihn ist das<br />
Kicken kein großer Akt, seine W1 startet<br />
willig. Gut so, denn einen E-Starter besitzt<br />
die Kawasaki erst gar nicht. Nicht nur in<br />
diesem Punkt hält sich die W1 streng an<br />
die englischen Vorbilder. Auch konstruktiv<br />
schimmert überall traditioneller britischer<br />
Motorradbau durch, weshalb weniger<br />
zurückhaltende Zeitgenossen damals,<br />
1965, sogar von einer Kopie sprachen.<br />
Nicht ganz zu Unrecht, denn die Kawasaki<br />
W1 war eine Weiterentwicklung, die<br />
auf dem 500er-Meguro-Twin von 1959<br />
basierte. Und bei dem hatten die Techniker<br />
tatsächlich die BSA A7 ganz genau<br />
angeschaut, Bohrung (66 Millimeter) und<br />
Hub (72,6 Millimeter) waren bei der<br />
Meguro K1 sogar identisch mit der Britin.<br />
Anfang der 1960er-Jahre kooperierte<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Kawa saki mit Meguro. Ziel war, mit<br />
dem Know-how des zu jener Zeit nach<br />
Honda zweitgrößten japanischen Zweiradherstellers<br />
das eigene Motorrad-Portfolio<br />
rasch auszubauen. Zuerst wurde die<br />
gemeinsame Produktion nach Akashi verlegt,<br />
dann erfolgte im September 1964 die<br />
komplette Übernahme. Die verbesserte K2,<br />
noch immer mit 500 cm³, war bis 1965 das<br />
letzte unter dem Markennamen Meguro<br />
in Japan verkaufte Modell.<br />
Im selben Jahr machten sich die Kawasaki-Ingenieure<br />
an den ohv-Twin, der mit<br />
einer 74er-Bohrung bei unverändertem<br />
Hub mit 624,5 cm³ Hubraum den britischen<br />
Konkurrenten Paroli bieten sollte,<br />
die mit ihren 600ern und 650ern vor allem<br />
in den USA abräumten. Technisch<br />
blieb es jedoch bei dem von BSA abgekupferten<br />
Konzept des Stoßstangenmotors.<br />
Allerdings mit einigen entscheidenden<br />
Modifikationen im Detail, die die Schwächen<br />
des Originals weitgehend ausmerzten.<br />
Und natürlich metrischen Gewinden,<br />
was auch Jürgen bei der Restaurierung<br />
„sehr sympathisch“ fand. Der ab 1966 in<br />
Japan und den USA als Kawasaki 650 W1<br />
verkaufte Stoßstangen-Twin besitzt somit<br />
eine dreiteilige 360-Grad-Kurbelwelle mit<br />
zweifacher Wälzlagerung im vertikal<br />
geteilten Gehäuse, mit Zylindern aus<br />
Grauguss und Alu-Zylinderkopf. Die halbhoch<br />
hinter der Kurbelwelle angeordnete<br />
Nockenwelle betätigt die jeweils zwei<br />
Ventile über Stoßstangen, Stößel und<br />
Kipphebel. Hinterm charakteristischen,<br />
herzförmigen rechten Seitendeckel verbergen<br />
sich Ölpumpen-, Nockenwellenund<br />
Unterbrecherantrieb, die vor dem<br />
Kurbelgehäuse positionierte Lichtmaschine<br />
wird von einer Kette angetrieben.<br />
Typisch englisch auch der Primärtrieb auf<br />
der linken Seite, der die Kraft via Ölbadkupplung<br />
und Duplexkette an das in einem<br />
separaten Gehäuse untergebrachte<br />
Vierganggetriebe mit rechtsseitiger Betätigung<br />
weiterreicht.<br />
Über all dies hat sich Jürgen keine<br />
großen Gedanken gemacht, als er vor<br />
rund zwölf Jahren seine 1967er-W1 bei<br />
ebay ersteigerte, für 3200 Euro im desolaten<br />
Zustand. „Die Technik war mir anfangs<br />
gar nicht so wichtig, ich fand den<br />
Sound cool, und auch die Optik fand ich<br />
ganz passend für einen Chopper-Umbau“,<br />
meint der Schwabe grinsend. Wohl wissend,<br />
wie schauerlich das einstige Vorhaben<br />
heute klingt. Nachdem er sich gründlich<br />
mit der Historie der hierzulande raren<br />
Kawasaki beschäftigt hatte und dabei<br />
feststellen konnte, dass die Ersatzteilversorgung<br />
dank des Engagements von Ralf<br />
Gille und den heutigen Möglichkeiten per<br />
Internet ganz passabel ist, besann sich der<br />
51-Jährige eines Besseren. Die Maschine<br />
wurde innerhalb von drei Jahren komplett<br />
zerlegt und neu aufgebaut, mit Unterstützung<br />
von Kumpel Jürgen Reichelt.<br />
Die Arbeit hat sich gelohnt, heute<br />
steht Jürgens W1 wieder perfekt da. „Es<br />
gibt nur ganz wenige Teile, die bei diesem<br />
67er-Modell nicht original sind. Dazu gehören<br />
die Nachbau-Schalldämpfer eines<br />
späteren Modells, die Seiten-Gummis am<br />
Tank, der Sitzbankbezug und die Faltenbälge<br />
an der Gabel“, zählt Jürgen die Unterschiede<br />
auf.<br />
Seit 1972 im Familienbesitz<br />
Nach so etwas brauche ich bei Norberts<br />
Benelli gar nicht erst zu suchen, seine<br />
Tornado hat eine völlig andere Geschichte.<br />
Es ist ein Modell der zweiten Serie, mit<br />
12- Volt-Elektrik, E-Starter und etwas eleganterer<br />
Tank-Sitzbank-Linie. Sein Onkel<br />
– Norberts Vater stammt aus Italien – hatte<br />
die Tornado 1972 neu gekauft und fuhr<br />
Kurven umrundet die Benelli<br />
linientreu, die Kawasaki<br />
nimmt sie eher beschwingt<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 7
AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
Schön anzuschauen sind sie ja, die Instrumente. Trotz Gummilagerung<br />
pendeln die Zeiger heftig, was die Aussagekraft beeinträchtigt<br />
Ab 1972 besaß die Tornado einen elektrischen Anlasser, der<br />
den Motor über eine Kette startet, die reißen kann
Oben ein 72er-Prospekt<br />
der Tornado, rechts<br />
einer der ersten Modellreihe<br />
mit riemengetriebener<br />
Lichtmaschine<br />
hinter den Zylindern<br />
BENELLI<br />
650 S TORNADO<br />
Festes Schuhwerk empfiehlt sich<br />
beim Kicken, die Tornado schlägt<br />
gern mal zurück. Der massive Twin<br />
sitzt recht hoch im Fahrgestell<br />
Die Doppel-Simplex-Trommel sieht beeindruckender<br />
aus, als sie tatsächlich bremst<br />
damit fast jedes Wochenende von Palermo<br />
nach Mailand zu seiner Angebeteten<br />
– macht hin und zurück rund 3600 Kilometer!<br />
„Das funktioniert natürlich nur mit<br />
einem zuverlässigen Motorrad und einer<br />
besonnenen Fahrweise“, zollt der 55-Jährige<br />
sowohl der Maschine als auch der<br />
pfleglichen Behandlung seines Onkels<br />
Respekt, der es stets bei maximal 150<br />
km/h belassen hatte. Dank dieser Besonnenheit<br />
hat die Tornado bislang sage und<br />
schreibe 234 000 Kilometer geschafft, „ohne<br />
dass der Motor jemals geöffnet werden<br />
musste!“ Bis auf die üblichen Verschleißteile<br />
befindet sich Norberts Tornado also<br />
noch im Originalzustand. Und ist immer<br />
noch ein rassiges Familienmitglied, das<br />
sein Alter mit großer Würde trägt, die von<br />
der leichten Patina eher noch betont wird.<br />
„Der größte Feind einer Tornado ist die<br />
übertriebene Höchstgeschwindigkeitsangabe<br />
von 180 km/h. Oder besser gesagt:<br />
ein Fahrer, der das über längere Strecken<br />
ausprobieren will. Wer das von ihr abfordert,<br />
macht sie irgendwann kaputt“, ist<br />
sich der Kfz-Mechaniker sicher, der das<br />
Familien-Juwel nun auch schon viele Jahre<br />
hegt und pflegt.<br />
Benelli: solider Maschinenbau<br />
Was jedoch nicht bedeutet, dass die<br />
Mechanik der Tornado anfällig wäre. Im<br />
Gegenteil, der Motor gilt bei richtiger<br />
Behandlung als sehr standfest, bestätigt<br />
Römer-Topf: Diese Gravur adelt<br />
Schalldämpfer mit spezieller Anordnung<br />
der Reflexionskammern<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 9
AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
KAWASAKI<br />
650 W1<br />
Gerade aus dieser Perspektive<br />
offenbart die W1 mit dem herzförmigen<br />
Motordeckel die Ähnlichkeit<br />
mit englischen Twins<br />
Die eher schmächtig wirkende 200-Millimeter-Duplex-Trommel<br />
überzeugt mit guter Bremswirkung<br />
Die frühen W-Modelle besaßen ein ins Lampengehäuse integriertes Kombi- Instrument.<br />
Sowohl der Drehzahlmesser als auch der Tachometer zeigen ruhig an<br />
www.motorrad-classic.de
ÜBERSICHT: DIE EVOLUTION DER KAWASAKI W1<br />
Vom 650er-Parallel-Twin hat Kawasaki insgesamt<br />
26289 Stück gebaut. Dennoch sind diese Modelle<br />
hierzulande nur wenig bekannt. W-Spezialist Ralf<br />
Gille hat uns deshalb dankenswerterweise einen<br />
Überblick über die Modell-Geschichte erstellt.<br />
Ralf Gille Motorcycles & Engineering,<br />
Feuerbachstraße 21, 60325 Frankfurt,<br />
Telefon: 0162/2 50 94 54<br />
www.gille-restauration.de<br />
W1: Einvergaser-Modell, Kombi-Instrument, glatte<br />
Sitzbank, lange Auspuffrohre ähnlich BMW, ausladende<br />
Schutzbleche, Räder 1.65 x 18 vorne, 1.85 x<br />
18 hinten. 1965: Vorserie von 55 Stück, 1966: 2422<br />
Stück, 1967: 797 Stück, 1968: 8 Stück.<br />
W1P (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />
Box, Sirene, Rotlichter und Sturzbügel. Technisch<br />
wie W1, jedoch Gabel ohne Faltenbälge mit Hülsen.<br />
Polizeitacho. 1966: 22 Stück, 1967: 192 Stück,<br />
1968: 112 Stück.<br />
W1S: Japanisches Zweivergaser-Modell. Ohne<br />
Kombi-Instrument, separate Instrumente bis 1968<br />
identisch mit der TT, ab 1969 ähnlich H1 und A1/ A7,<br />
jedoch andere Skalen, teilweise auch mit Two Tone-<br />
Sitzbänken ausgeliefert. Auspuff ab 1968 mit Long<br />
Mufflers (englischer Stil, nicht wie bei der US-W1).<br />
1967: 160 Stück, 1968: 1929 Stück, 1969: 2759<br />
Stück.<br />
W1SP (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />
Box, Sirene, Rotlichtern und Sturzbügel. Technisch<br />
wie W1S, jedoch Gabel ohne Faltenbälge mit Hülsen.<br />
Polizeitacho. 1969: 274 Stück, 1970: 206 Stück.<br />
W1SS: Einvergaser-Modell, baugleich mit W2SS,<br />
allerdings mit Einvergaser-Zylinderkopf. Noch mit<br />
Kombi-Instrument, Short Mufflers, kürzeren Schutzblechen,<br />
19-Zoll-Vorderrad (1.85 x 19), hinten 2.15 x<br />
18. Tuck 6 Roll-Sitzbank, geänderter Öltank. Benzinhahnabgänge<br />
wie bei W2SS vorverlegt. Reines<br />
Export-Modell für USA und Australien. Bis 1968 mit<br />
Short Mufflers, ab Herbst 1968 mit Long Mufflers.<br />
1967: 201 Stück, 1968: 50 Stück.<br />
W2SS: Identisch mit W1SS, jedoch mit Zweivergaser-Zylinderkopf<br />
und Einzelluftfiltern. Bis 1968 mit<br />
Short Mufflers, ab Herbst 1968 mit Long Mufflers.<br />
Ab Herbst 1968 auch mit lackiertem Tank und<br />
lackierten Lampenhaltern. 1967: 1221 Stück,<br />
1968: 729 Stück, 1969: 41 Stück, 1970: 5 Stück.<br />
W2P (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />
Box, Sirene, Rotlichtern und Sturzbügel. Technisch<br />
wie W2SS, jedoch Gabel ohne Faltenbälge mit Hülsen.<br />
Polizeitacho. 1967: 12 Stück, 1968: 48 Stück.<br />
W2TT: Scrambler-Version. Technisch wie W2SS, jedoch<br />
High Pipes, 1968er-Modell mit Chromseiten am<br />
Tank und Einzel-Instrumenten der W1S. Rahmen zur<br />
Aufnahme der Auspuffanlage geändert. Armaturen<br />
beim 1969er-Modell ähnlich H1 und A1/ A7, jedoch<br />
andere Skalen und lackierter Tank sowie geänderte<br />
Auspuffanlage. 1968: 624 Stück, 1969: 15 Stück.<br />
W1SA: Zweivergaser-Modell, Schaltung durch die<br />
Schwingenachse auf die linke Seite verlegt, Instrumente<br />
ähnlich Kawasaki S1/S2, geänderte Vorderbremse,<br />
Auspuffform wie späte W2SS, jedoch in<br />
Gummi gelagert. Lenkerschalter geändert. Ab Herbst<br />
1972 bereits mit W3-Schalldämpfern (Cone-Type)<br />
versehen. Elektrik geändert, nun mit zwei Zündspulen<br />
und zwei Unterbrechern. 1970: 3663 Stück,<br />
1971: 4463 Stück, 1972: 1744 Stück.<br />
W1SAP (Polizei): Mit Einzelsitz, Gepäckbrücke und<br />
Box, Sirene, Rotlichtern und Sturzbügel. Technisch<br />
wie W1SA, jedoch Gabel teilweise ohne Faltenbälge<br />
mit Hülsen. Polizeitacho. Wurde in Japan und Australien<br />
auch bei der Militärpolizei eingesetzt. 1971:<br />
121 Stück, 1972: 86 Stück.<br />
W3: Technisch wie W1SA, jedoch Tank ohne Seitenstrahlerhalter.<br />
Instrumente und Gabel ähnlich Z1,<br />
Doppelscheibenbremse, geänderte Sitzbank.<br />
Änderungen beim 1974er-Modell: Sitzbank-Muster,<br />
Choke-Hebel und Aufschriften der Kontroll-Leuchten.<br />
1972: 1103 Stück, 1973: 1728 Stück, 1974: 1599<br />
Stück.<br />
Weitere Unterschiede<br />
Die Einvergaser-Motoren leisten 50 PS, die mit zwei<br />
Vergasern drei mehr. Bis Baujahr 1969 wurde links<br />
ein Rollenlager an der Kurbelwelle und rechts ein<br />
Kugellager mit 8 Kugeln eingesetzt (Normlager).<br />
Ab Baujahr 1970 wurden links und rechts Kugellager<br />
mit 12 Kugeln eingesetzt (die lassen wir nachfertigen).<br />
Des Weiteren wurde der Spannmechanismus<br />
der Limakette ab der W2SS geändert, die Förderleistung<br />
der Ölpumpe wurde irgendwann vergrößert.<br />
Die frühen W-Modelle haben ein Getriebe mit der<br />
Kennung W1M. Ab W2SS wurden besser schaltbare<br />
Getriebe eingesetzt mit der Kennung W2M.<br />
Vorbild: Die BSA<br />
A7 stand Pate für<br />
das Konzept des<br />
Meguro-Twins,<br />
zu erkennen an<br />
vielen charakteristischen<br />
Details.<br />
Hub und<br />
Bohrung waren<br />
sogar gleich!<br />
Gut zu sehen:<br />
am Zylinderkopf<br />
angegossener<br />
Flansch<br />
der W1 mit einem<br />
Vergaser<br />
Nachbau: Die<br />
1959 präsentierte<br />
Meguro K1<br />
mit 500er-ohv-<br />
Twin wich nur in<br />
einigen Punkten<br />
vom Konstruktionsprinzip<br />
der BSA ab<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 11
AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
ebenso Wilfried Blöthe, der als „Benelli-<br />
Bauer“ in der Szene auch für die Tornados<br />
der erste Anlaufpunkt ist, wenn es um<br />
Teile geht (www.benelli-bauer.com).<br />
Also werfen wir doch mal einen<br />
kurzen Blick auf die Technik und Geschichte<br />
des italienischen Parallel-Twins,<br />
der – im Gegensatz zur Kawasaki – mit<br />
den klassischen englischen Konstruktionsprinzi<br />
pien kaum etwas gemein hat.<br />
Das ist insofern bemerkenswert, weil<br />
Benelli die Tornado ja fast zeitgleich mit<br />
der Kawasaki W1 im Jahr 1965 erstmals<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt hatte. Auch<br />
die Italiener visierten mit ihrem neuen<br />
Twin die englische Konkurrenz an, der<br />
sie vor allem auf dem umsatzträchtigen<br />
US-Markt Kunden abspenstig machen<br />
wollten. Erst Ende 1969 rollte jedoch die<br />
Serien-Tornado vom Band – viel zu spät,<br />
um in den Staaten noch etwas zu drehen,<br />
wo den Honda-Händlern die Vierzylinder-750er<br />
bereits aus den Händen gerissen<br />
wurden.<br />
Gegen diesen Hype, der alsbald auch<br />
auf den alten Kontinent schwappte, hatte<br />
der Benelli-Twin einen schweren Stand.<br />
Dabei überzeugt der sehr kurzhubig ausgelegte<br />
Motor – der Kolbenhub beträgt<br />
nur 58 Millimeter bei einer Bohrung von<br />
84 Millimetern – mit seinem robusten und<br />
wartungsfreundlichen Aufbau. Das ungemein<br />
massiv wirkende Motorgehäuse<br />
ist horizontal teilbar, nach Abnahme des<br />
oberen Deckels präsentieren sich die Innereien<br />
dem Mechaniker wie auf einem<br />
Tablett. Von vorne beginnend sind das die<br />
Nockenwelle mit dem Schneckenantrieb<br />
der Ölpumpe, dahinter rotiert die Kurbelwelle<br />
mit der mittigen Schwungmasse in<br />
großzügig bemessenen Rollenlagern, deren<br />
Pleuel auf Nadellagern laufen. Darin<br />
sind ebenfalls die üppig dimensionierten<br />
Kolbenbolzen gelagert. Primär- und Nockenwellenantrieb<br />
erfolgen über eine<br />
Schrägverzahnung. Im Gegensatz zur<br />
Kawa besitzt die Benelli ein im Motorgehäuse<br />
integriertes Fünfganggetriebe. Die<br />
Zerlegung klappt ohne Spezialwerkzeug,<br />
alle Lager werden von Sicherungsringen<br />
und -stiften in ihrer Position gehalten.<br />
Benelli mit Dampf obenraus<br />
Woran ich im Sattel der Tornado allerdings<br />
gewisse Zweifel hege, denn im Leerlauf<br />
und Schiebebetrieb dringen besorgniserregende<br />
Geräusche ans Ohr. So ganz<br />
spurlos scheinen die 234 000 Kilometer<br />
doch nicht geblieben zu sein. Unter Last<br />
jedoch verschwindet das metallische<br />
Schlagen. Na prima, dann kann ich ja, wie<br />
von Norbert geraten, ordentlich am Kabel<br />
ziehen. Das braucht die Benelli auch, untenrum<br />
– der wild pendelnde Veglia-<br />
Drehzahlmesser lässt allenfalls Schätzungen<br />
zu – kann von Wirbelwind keine<br />
Rede sein, da herrscht eher Flaute.<br />
Darin unterscheidet sich der italienische<br />
Kurzhuber deutlich von den englischen<br />
Drückebergern, die im Drehzahlkeller<br />
spürbar mehr Drehmoment ans<br />
Hinterrad schaufeln. Etwa 3500 Touren<br />
Zwei eigenständige Parallel-<br />
Twins mit Charakter, die<br />
sich sehen lassen können<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 13
AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
will sie haben, die Benelli, dann zieht sie<br />
kraftvoll, ja fast schon ruppig los, um danach<br />
eher gleichförmig bis an den roten<br />
Bereich zu drehen, in den sie die Nadel<br />
bereitwillig treibt. Diese Drehfreude ist<br />
schon im Test in „DAS <strong>MOTORRAD</strong>“<br />
7/1974 aufgefallen, bei welchem dem<br />
„Adria-Knurrhahn“ sogar 8000/min und<br />
mehr abverlangt wurden – ohne negative<br />
Folgen für die Mechanik. Solche Torturen<br />
erspare ich jedoch Norberts Marathon-<br />
Maschine, steppe lieber mit dem rechten<br />
Fuß den nächsten Gang des exakten, über<br />
etwas längere Wege zu schaltenden Getriebes<br />
hinein und halte die Tornado in<br />
ihrem Wohlfühlbereich von etwa 3500 bis<br />
5500 Touren. Hier entwickelt der dumpf<br />
und angenehm sonor klingende Twin genügend<br />
Dampf für spaßige Landstraßen-<br />
Stunden, ohne dass die Vibrationen störend<br />
ins Gewicht fallen. Die gehen bei<br />
wechselnden Lastzuständen wohl eher<br />
aufs Material als auf meine Nerven, was<br />
auch Norberts Verzicht auf nützliche Anbauteile<br />
wie Spiegel und Blinker erklärt.<br />
W1: kompakt und kultivierter<br />
Jürgens Kawasaki hat diese Dinge noch<br />
nicht von sich geworfen, obwohl sich die<br />
W1 bei höheren Touren mindestens genau<br />
so kribbelig anfühlt wie die Benelli. Bei<br />
beiden empfinde ich diese Lebens zeichen<br />
bei der Kurvenhatz jedoch nicht als wirklich<br />
lästig. Eher schon das etwas störrische<br />
Getriebe der Kawa, die vier Gänge<br />
wollen mit Bedacht und mehr Kraft eingelegt<br />
werden, was aber nicht immer geräuschlos<br />
klappt. Schade, denn in Sachen<br />
Laufkultur hat die Japanerin ansonsten<br />
klare Vorteile, ihr Twin läuft mechanisch<br />
wesentlich ruhiger als die Tornado. Vielleicht<br />
liegt es daran, dass mir die langhubigere<br />
Kawasaki sogar einen Tick drehfreudiger<br />
erscheint als die Benelli, wobei<br />
ich im direkten Vergleich vom Gefühl her<br />
eher Unterschiede im Charakter als bei<br />
der Leistung ausmachen kann. Mit beiden<br />
Maschinen fühle ich mich auf winkeligen<br />
Landstraßen gut motorisiert, wenngleich<br />
sich auch die Kawasaki im unteren Drehzahldrittel<br />
nicht ganz so heimisch fühlt<br />
wie eine englische Lady.<br />
Abgesehen davon gibt sich die W1 alle<br />
Mühe, es dem Fahrer so angenehm wie<br />
möglich zu machen. Vorausgesetzt, er<br />
misst nicht mehr als 1,75 Meter. Für Größere,<br />
und damit auch für mich, wird es<br />
ganz schön eng hinterm Hirschgeweih-<br />
Lenker, meinen Allerwertesten muss ich<br />
auf der harten Stufe der Sitzbank platzieren,<br />
um meine Beine einigermaßen unterzubringen.<br />
Dennoch bleibt mir nicht verborgen,<br />
wie leichtfüßig die W1 in Kurven<br />
klappt, wie ruhig das Kombi-Instrument<br />
anzeigt, wie leicht sich Kupplung und<br />
Handbremse betätigen lassen. Wobei die<br />
vordere Duplex-Trommel das Pendant<br />
der Benelli, eine Doppel-Simplex-Trommel,<br />
ganz klar aussticht. Sowohl Dosierung<br />
als auch die Bremswirkung vorn<br />
sind bei der Kawasaki deutlich besser.<br />
Sportliche Benelli, bequeme W<br />
Dennoch fühle ich mich auf der Benelli<br />
einfach wohler, der schmale Tank und die<br />
relativ hohe, nicht gestufte Sitzbank lassen<br />
mir genügend Bewegungsfreiheit<br />
beim Kurvenwetzen. Da stört es mich<br />
nicht, dass ich etwas kräftiger am weniger<br />
ausladenden Lenker ziehen muss, um die<br />
Tornado in Schräglage zu bitten, zumal sie<br />
sich ausgesprochen vertrauenerweckend<br />
in die Radien wirft. Kein Wackeln, kein<br />
Schaukeln, die straff gedämpfte Italienerin<br />
fährt genau auf der gewünschten<br />
Linie. Und schluckt dennoch die gröbsten<br />
Verwerfungen des Asphalts – der Kom-<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Benelli-Piloten dürfen dem<br />
Wegweiser gerne folgen.<br />
Kawa-Fahrer eher nicht...<br />
DATEN<br />
Benelli 650 S Tornado (1970-1976)<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine untenliegende<br />
Nockenwelle, je zwei Ventile pro Zylinder, über Stoßstangen und<br />
Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub 84 x 58 mm, Verdichtung 9,6:1,<br />
Hubraum 643 cm³, Leistung 33 kW (45 PS) bei 6500/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Zweiarmschwinge<br />
mit zwei Federbeinen hinten, Drahtspeichenräder mit<br />
Alu-Felgen, Reifen 3.50-18 vorn, 4.00-18 hinten, Doppel-Simplex-Trommelbremse<br />
vorn, Ø 230 mm, Simplex-Trommelbremse hinten, Ø 200 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1400 mm, Gewicht vollgetankt 220 kg,<br />
Tankinhalt 12 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka 170 km/h<br />
Preis 1974: 6295 Mark<br />
Kawasaki 650 W1 (1966-1975)<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine untenliegende<br />
Nockenwelle, je zwei Ventile pro Zylinder, über Stoßstangen und<br />
Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub 74 x 72,6 mm, Verdichtung 8,7:1, Hubraum<br />
624 cm³, Leistung 37 kW (50 PS) bei 6500/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Vierganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Zweiarmschwinge<br />
mit zwei Federbeinen hinten, Drahtspeichenräder mit Stahlfelgen,<br />
Reifen 3.25-18 vorn, 3.50-18 hinten, Duplex-Trommelbremse vorn,<br />
Ø 200 mm, Simplex-Trommelbremse hinten, Ø 180 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1415 mm, Gewicht vollgetankt 200 kg,<br />
Tankinhalt 15 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka 180 km/h<br />
Preis 1967: 4830 Mark<br />
promiss aus Fahrstabilität, Handlichkeit<br />
und Komfort ist den Benelli-Ingenieuren<br />
bei der Tornado gut gelungen.<br />
In dieser Hinsicht offenbart die Kawasaki<br />
im Vergleich die größten Unterschiede.<br />
Sie nimmt das Leben auf der Landstraße<br />
recht beschwingt, der Gabel und<br />
den Federbeinen fehlt es an einer ausreichenden<br />
Dämpfung. Und dem Piloten<br />
dadurch die exakte Rückmeldung, woran<br />
aber auch die ungewöhnliche Federkern-<br />
Sitzbank nicht ganz unschuldig ist.<br />
Jürgen stört sich daran nicht im Geringsten,<br />
wie mir sein fröhliches Lachen<br />
verrät. Er liebt den kernigen Sound der<br />
W1, ihr umgängliches Wesen, die beiden<br />
sind im Lauf der Jahre zusammengewachsen.<br />
Wie auch Norbert und die Benelli,<br />
wenngleich sie es einem Neuling nicht<br />
ganz so einfach macht wie die W1.<br />
Die Tornado gibt sich eigenwilliger,<br />
sie fordert mehr vom Piloten, zahlt den<br />
höheren Einsatz dafür mit dem intensiveren<br />
Fahrerlebnis zurück. Oder anders<br />
ausgedrückt: Mit der Benelli werden vor<br />
allem jene glücklich, die statt des Aufzugs<br />
gerne auch mal die Treppe nehmen. ◻<br />
MEINUNG<br />
Fotos: Holzwarth<br />
Norbert<br />
Breuninger<br />
über die Benelli 650 S Tornado<br />
Die Benelli gehört seit 42 Jahren<br />
zu unserer Familie, das schweißt<br />
zusammen. Zumal sie mit einer<br />
hohen Zuverlässigkeit überzeugt,<br />
wenn man sie gut behandelt. Die<br />
Tornado ist ein Motorrad mit Charakter,<br />
das viel fordert, aber noch<br />
mehr gibt, wenn man sich darauf einlässt. Das macht für mich den besonderen<br />
Reiz dieser Maschine aus. Auf der Benelli wird man nicht gefahren,<br />
sondern man fährt. Und zwar bewusst, mit allen Sinnen. Außerdem gefällt<br />
mir natürlich, dass man eine Tornado nicht an jeder Straßenecke sieht.<br />
Jürgen<br />
Kurz<br />
über die Kawasaki 650 W1<br />
Als Kawa-Fan mit einem Faible für<br />
die Z 650 musste ich irgendwann<br />
auch einen der seltenen Twins<br />
haben. Die W1 ist für mich schon<br />
etwas Besonderes, vor allem der<br />
Sound und ihre Handlichkeit<br />
haben es mir angetan. Hinzu<br />
kommt, dass ich mich während der langen Restaurierung sehr intensiv mit<br />
Geschichte und Technik beschäftigt habe, was mit den Jahren zu einer engen<br />
Bindung geführt hat. Mittlerweile haben mein Kumpel Jürgen und ich<br />
uns weitere W-Modelle zugelegt, es werden wohl nicht die letzten sein.<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 15
IM STUDIO I<br />
Rickman-Honda CR 750<br />
16 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Schwarzes<br />
Goldstück<br />
Die Gebrüder Rickman<br />
haben in den Sechzigern<br />
und Siebzigern<br />
mit ihren hochwertigen<br />
Rahmen und Umbau-<br />
Kits, anfangs vor allem<br />
für britische Motoren,<br />
für Furore gesorgt.<br />
Die Rickman-CR 750,<br />
Café Racer ganz früher<br />
Stunde, mit ihrem<br />
Honda-Vierzylinder<br />
liegt heute sogar voll<br />
im Trend und präsentiert<br />
sich aktueller<br />
denn je.<br />
Text: Gerhard Eirich<br />
Fotos: Jacek Bilski<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 17
Im Cockpit zeigt<br />
sich japanischer<br />
Standard – die<br />
Instrumente wurden<br />
von der CB 750<br />
übernommen<br />
Die Lockheed-<br />
Bremssättel gehören<br />
zum Besten,<br />
was damals zu<br />
bekommen war<br />
Glänzende Allianz: Die verchromten<br />
Krümmer des CB<br />
750-Motors schmiegen sich um<br />
die vernickelten Rahmenrohre<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
IM STUDIO I<br />
Rickman-Honda CR 750<br />
Große Erfindungen und geniale Ideen<br />
haben ihren Ursprung meist in engagierten<br />
Denkern, die sich die Frage<br />
stellen: „Warum gibt es das eigentlich<br />
noch nicht?“ oder „Warum hat man dies<br />
nicht besser gelöst?“. Auch die Bekanntheit der Firma<br />
Rickman ist auf die Unzufriedenheit der beiden<br />
namensgebenden Brüder Don und Derek Rickman<br />
zurückzuführen, die sich an die Lösung der erkannten<br />
Probleme machten und den Grundstein für den<br />
Ruhm einer hochgeschätzten Marke legten. Unzufrieden<br />
waren die ebenso ambitionierten wie talentierten<br />
Motocross-Fahrer mit den Fahrwerken ihrer<br />
Maschinen. Die Rahmen ihrer nur leicht modifizierten<br />
Straßenmaschinen (Ende der 1950er meist BSA<br />
Gold Star 500), die querfeldein durch die Prärie geprügelt<br />
wurden, waren den harten Offroad-Einsätzen<br />
einfach nicht gewachsen – sie verbogen sich<br />
oder brachen. Schnell entstanden die ersten Eigenbauten<br />
unter Verwendung von Bauteilen verschiedener<br />
Hersteller (Triumph Tiger 100-Motor, BSA-<br />
Chassis, Norton-Telegabel) namens Mark I (1959)<br />
und Mark II (1960) unter dem in einer Laune ausbaldowerten<br />
Namen „Métisse“ (französisch für Bastard).<br />
Die ersten selbst gebauten Rahmen<br />
Nägel mit Köpfen machten die Brüder schließlich<br />
1962, als sie sich mit dem Bau eines eigenen Rahmens<br />
auf neues Terrain wagten und die Basis für den<br />
künftigen Erfolg mit Sportfahrwerken und Umbau-<br />
Kits legten. Der Rahmen wurde aus dem berühmten<br />
Reynolds 531-Rohr, einer Legierung aus Mangan,<br />
Molybdän und Stahl, gefertigt. Die Einzelrohre mit<br />
32 Millimetern Außendurchmesser und 1,5 Millimeter<br />
Wandstärke wurden auch nicht wie sonst üblich<br />
verschweißt, sondern hartverlötet. Die Porenbildung<br />
an den Schweißnähten wurde so verhindert, anschließend<br />
konnte daher eine ebenso hochwertig<br />
aussehende wie dauerhaft vor Korrosion schützende<br />
Nickelschicht aufgebracht werden. Der Rahmenbau<br />
folgte bei Rickman stets dem Prinzip möglichst kurzer,<br />
gerader Verbindungen zwischen den Rohren.<br />
Steuerkopf und Schwingenlagerung sollten auf möglichst<br />
direktem Weg miteinander verbunden werden.<br />
Auch die Schwinge wurde auf diese Weise hergestellt,<br />
und als besonderes technisches Schmankerl<br />
ersann das Rickman-Team gleich noch eine Alternative<br />
zur simplen Kettenspann-Einrichtung per Verschieben<br />
der Hinterradachse: Man erfand eine Lösung<br />
mittels verdrehbarer, unterschiedlich stark exzentrisch<br />
gebohrter Einlagscheiben, die beim Span-<br />
Möglichst kurze,<br />
gerade Verbindungen<br />
beim Rahmenbau<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 19
IM STUDIO I<br />
Rickman-Honda CR 750<br />
Die CR 750 ist heute<br />
als Ur-Café Racer<br />
aktueller denn je<br />
nen garantierten, dass das Hinterrad immer in der<br />
Spur blieb. Nachfolgend stellten sich nicht nur zahlreiche<br />
Rennerfolge der beiden Brüder ein, sondern<br />
es folgten auch diverse Eigenbauten und Umbau-<br />
Kits (siehe Kasten S. 23). Nachdem anfangs vor allem<br />
Motoren britischer Hersteller als Antrieb für die<br />
Rickman-Kreationen oder als Basis für die Bausätze<br />
dienten, schuf die neue Ära der japanischen Vierzylinder-Motorräder,<br />
ausgelöst von der 1969 erschienenen<br />
Honda CB 750 Four, neuen Handlungsbedarf:<br />
Die starken, zuverlässigen Vierzylindermotoren<br />
steckten in eher labilen Fahrwerken mit überforderten,<br />
unter dimensionierten Rahmen. Es entstehen die<br />
ersten Vierzylinder-Bikes im Rickman-Chassis, und<br />
wie zuvor für die britischen Triebwerke bietet Rickman<br />
nun auch Umbau-Kits für die Honda CB<br />
750-Motoren und bald darauf auch für die noch stärkeren<br />
Kawasaki Z1-Motoren an.<br />
Eine der wenigen komplett bei Rickman gefertigten<br />
CR 750 mit jenem Honda-Motor befindet sich<br />
heute im Besitz von Tobias Aichele. Der 53-Jährige<br />
hat seit vielen Jahren mit hochkarätigen Autos und<br />
Motorrädern zu tun und verhilft mit seiner Firma<br />
PREMIUM<strong>MOTORRAD</strong> zweirädrigen Klassikern zu<br />
neuen Besitzern. Die Rickman hat er vor rund fünf<br />
Jahren entdeckt, und schnell war klar, dass diese Rarität<br />
in seiner privaten Sammlung verbleiben wird.<br />
Ein Klassiker muss gefahren werden<br />
Lediglich 3500 Meilen hatte die CR 750 damals auf<br />
der Uhr, und durfte seither noch mal etwas mehr als<br />
dieselbe Wegstrecke mit ihrem neuen Besitzer absolvieren.<br />
„Ein Klassiker, so wertvoll er auch sein mag,<br />
muss gefahren werden, wie es seine ureigene Bestimmung<br />
ist. Erst das Fahrerlebnis schafft die echte<br />
Verbindung zum Motorrad“, macht Aichele seine<br />
Einstellung klar. Der Diplom-Kaufmann ist ohnehin<br />
gern und viel unterwegs in der Szene, bei Treffen,<br />
Klassiker-Rennen oder Schauläufen, wo er den Oldie-Fans<br />
regelmäßig einige seiner Preziosen zeigt<br />
und zu Gehör bringt. „Die Rickman zählt für mich<br />
heute zu den Ur-Vertretern der Café Racer, die sich ja<br />
in letzter Zeit immer größerer Beliebtheit erfreuen“,<br />
schwärmt der Schwabe. „Und sie ist komplett original,<br />
also unrestauriert und somit in allen Teilen<br />
gleichmäßig gealtert, was ich extrem wichtig, weil<br />
authentisch finde. Naja, bis auf die gelochten Bremsscheiben.“<br />
Die hat Aichele nachträglich wegen der<br />
besseren Bremswirkung lochen lassen, auch weil das<br />
damals angeblich die meisten getan haben, also zeitgenössischer<br />
Umbau war. Eine Aktion, die er heute<br />
ein bisschen bereut, aber die beim Fahren eindeutig<br />
eine Verbesserung darstellt. Und gefahren wird sie,<br />
20 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
Rickman-CR 750<br />
MOTOR: Luftgekühlter ohc-Vierzylinder-Viertaktmotor,<br />
zwei Ventile pro Zylinder, über Kipphebel<br />
betätigt, Bohrung 61 mm, Hub 63 mm, 736 cm³,<br />
Verdichtung 9:1, 67 PS bei 8000/min, vier 28er-<br />
Keihin-Vergaser, Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe<br />
FAHRWERK: Doppelschleifenrahmen aus vernickeltem<br />
Reynolds 531-Stahlrohr, Telegabel vorn,<br />
Zweiarmschwinge mit zwei Girling-Federbeinen<br />
hinten, Reifen 3.50-18 vorn, 4.25-18 hinten,<br />
Doppelscheibenbremse vorn und Scheibenbremse<br />
hinten, Lockheed-Zweikolbensättel, Radstand 1435<br />
mm, Trockengewicht 199,5 kg, Tankinhalt 16 l<br />
KONTAKT: www.premiummotorrad.de<br />
Der filigrane Spiegel<br />
am Lenkerende zeigt<br />
hier den Blick aufs<br />
Wesentliche, sonst<br />
auf die nahenden<br />
Verfolger<br />
Sportlichkeit bis<br />
ins Detail: Auch<br />
bei der Fußrastenhalterung<br />
kommt<br />
edles Reynoldsrohr<br />
zum Einsatz
IM STUDIO I<br />
Rickman-Honda CR 750<br />
Fummelei: Benzinhahn<br />
und der<br />
Hebel zur Kaltstarthilfe<br />
sind<br />
nur bedingt gut<br />
zugänglich<br />
Auf dem Akront-<br />
Speichenrad ist<br />
heute statt des 3.50-<br />
18 ein moderner<br />
100/80-18- Reifen<br />
montiert<br />
Die edle Lackierung<br />
im John Player-<br />
Special-Look unterstreicht<br />
die sportlich<br />
lang gestreckte Linie<br />
der Rickman-Honda<br />
22 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
wie gesagt. „Immer wieder erstaunlich, was mit den<br />
‚nur‘ 67 originalen PS geht und wie sich das anfühlt.“<br />
Mit knapp 200 Kilogramm Trockengewicht ist die<br />
Rickman leicht, aber kein Fliegengewicht. Jedoch<br />
stabil ohne Ende, und wer sich auf die lang gestreckte<br />
Sitzhaltung erst mal eingeschossen hat, kann die<br />
CR 750 auch sehr zügig um die Ecken werfen, wie<br />
Aichele schon das eine oder andere Mal bei Klassiker-Showläufen<br />
bewiesen hat. Dabei hilfreich: Die<br />
edlen Akront-Speichenräder tragen relativ schmale<br />
Pneus, die einst werksseitig verwendeten Dunlop TT<br />
100 sind längst moderneren Pirelli-Reifen gewichen.<br />
Damals, 1974, als die ersten 750er bei Rickman veredelt<br />
wurden, waren die Dunlops eine Macht.<br />
Auch Aicheles CR 750 verließ die Montagehalle<br />
einst mit den damals neu entwickelten Zweikolben-<br />
Racing-Bremssätteln von AP-Lockheed (die heute<br />
übrigens wieder hergestellt werden und für rund<br />
250 Pfund zu haben sind), deren Bremsanlagen aus<br />
einer unschlagbaren Aluguss-Legierung gefertigt<br />
wurden, die präzise kalkulierbare Wärmedehnung<br />
erlaubte und damit extrem enge Toleranz auch in Serie<br />
gestattete. Anders als viele CR 750, die eine auffällige<br />
Lackierung in Orange erhielten, tritt Aicheles<br />
Exemplar im markanten, seinerzeit angesagten John<br />
Player-Special-Look in Schwarz/Gold an. Der steht<br />
ihr nicht nur ausgezeichnet, er macht die Exotin<br />
auch zum noch exklusiveren und wertvollen<br />
schwarzen Goldstück.<br />
◻<br />
Die Brüder Derek und Don Rickman begutachten mit Motocross-<br />
Teammanager Ron Baines (v.l.n.r) den Neuaufbau eines Bikes<br />
Der Besitzer<br />
Rickman-Eigentümer und Klassiker-Spezialist<br />
Tobias Aichele (53) fährt und sammelt nicht<br />
nur privat zweirädrige Schätze, er verkauft<br />
und vermittelt auch professionell hochwer tige<br />
Young- und Oldtimer in seiner in Böb lingen<br />
ansässigen Firma (www.premium motorrad.<br />
de). Schon deshalb zieht der Diplom-Kaufmann<br />
auch mit wechselnden Bikes bei Klassiker-Läufen<br />
gern ordentlich am Kabel.<br />
Die Rickman-Story<br />
Edler<br />
Rahmen<br />
Der Name Rickman steht noch heute für besonders edle,<br />
stabile Rahmen und exklusive Umbau-Kits. <br />
Die Brüder Derek und Don Rickman (heute 81 bzw. 79 Jahre alt) starteten<br />
bereits in den 1950er-Jahren bei Geländesportveranstaltungen und erzielten<br />
Erfolge bei Grand Prix-Läufen. 1958 eröffneten sie ihren eigenen Motorradshop<br />
in New Milton, ein Jahr später bauten sie aus Enttäuschung über die<br />
lausigen Fahrwerke ihrer für den Cross-Einsatz modifizierten Straßenmotorräder<br />
das erste „Zwitter“-Bike aus Komponenten diverser Hersteller und<br />
nannten es nach dem französischen Begriff für Bastard „Métisse“ Mark I.<br />
Ein Jahr später folgte die Mark II, 1962 die Mark III, erstmals mit eigenem<br />
Rahmen aus hartverlötetem und anschließend vernickeltem Reynolds<br />
531er-Rohr. Es entstanden die ersten Rickman-Motorräder mit unterschiedlichen<br />
Motoren, meist britische Singles und Twins von AJS, BSA, Matchless<br />
oder Triumph. Ab 1966 baute Rickman auch Straßenmotorräder, das<br />
Geschäft mit Komplett-Bikes oder Fahrgestellen bzw. Umbau-Kits wuchs.<br />
Mit dem Ende des Triumph-Werks 1974 bei gleichzeitigem Boom der<br />
japanischen Vierzylinder kreierte Rickman die ersten CR 750, ein Jahr später<br />
auch die CR 900/1000 mit Kawasaki-Vierzylinder.<br />
Ende der 1970er bahnte sich das Ende für Rickman an, das Unternehmen<br />
baute zwar in der Not sogar noch Kit-Cars und kleine Geländewagen, doch<br />
1985 zogen sich die Brüder ins Privatleben zurück. 1991 schließlich wurde<br />
die Firma Rickman verkauft, 1992 aufgelöst. Die Rechte am Namen Métisse<br />
hingegen wechselten seither mehrfach den Besitzer, und auch der Name<br />
Rickman lebt weiter: Adrian Moss hat ihn erworben und fertigt bis heute<br />
Replika-Rahmenkits der MK III. Späten wohlverdienten Ruhm ernteten die<br />
Rickman-Brüder zudem 2007, als sie in die „Hall of Fame“ der American<br />
Motorcycle Association“ (AMA) aufgenommen wurden.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 23
SZENE I<br />
Schottenring-GP<br />
Schotten<br />
bebt<br />
Trotz Land unter im Fahrerlager und Regengüssen am ersten Renntag<br />
bot der 26. <strong>Classic</strong>-Grand Prix in Schotten wieder hautnah ein packendes<br />
Spektakel mit klassischen Rennmaschinen aus sieben Jahrzehnten.<br />
Text und Fotos von Nicolas Streblow<br />
Freitag, 11 Uhr: Die Strecke<br />
wird geschlossen. Knapp<br />
eineinhalb Kilometer öffentliche<br />
Straßen in Schotten<br />
werden bis Sonntagabend zur temporären<br />
Rennstrecke Schottenring, abgesperrt<br />
nach den Sicherheitsstandards des<br />
DMSB (Deutscher Motor Sport Bund) für<br />
Gleichmäßigkeitsfahrten.<br />
Bereits seit Montag sind die ersten<br />
Helfer im Einsatz, etwa 70 sind es schließlich,<br />
die am Aufbau arbeiten. Sie installieren<br />
3800 Strohballen, schön in Plastiksäcke<br />
eingewickelt, ziehen 800 Meter<br />
Bauzaun und 400 Meter Absperrgitter. Sie<br />
bauen Laufstege und eine hölzerne Überführung<br />
unter der Brücke über den Bach,<br />
damit die Zuschauer eine Chance haben,<br />
die Strecke zu queren. Auch die Fußgängerbrücke<br />
nahe dem Eingang zum Fahrerlager<br />
gibt es nur während des GP. Die im<br />
letzten Jahr neu eingeführte Schikane auf<br />
der Gegengeraden wird aus Reifenstapeln<br />
vorher zusammengeschraubt und beim<br />
Präparieren der Strecke positioniert. Diesmal<br />
fiel sie auf Wunsch der Fahrer niedriger<br />
aus, damit die Piloten sehen können,<br />
was dahinter geschieht.<br />
Der Lumpensammler<br />
Jürgen Schneider ist seit 40 Jahren im<br />
MSC Schotten aktiv, mittlerweile im Vorstand.<br />
Fahrerlager und Vorstart sind sein<br />
Wirkungskreis, er ist an beiden Tagen der<br />
Lumpensammler. Nach jedem Lauf, egal<br />
ob Training oder Rennen, fährt Schneider<br />
mit einem Anhänger im Schlepptau die<br />
Strecke ab und sammelt – falls nötig – liegengebliebene<br />
Rennmaschinen ein. Bis<br />
Sonntagabend hilft er 40 Pechvögeln.<br />
„Das sind viel weniger als früher,“ bemerkt<br />
der Endfünfziger, „am Anfang sind<br />
wir manchmal nach einem Lauf bis zu<br />
vier Mal rausgefahren, bis wir alle wieder<br />
im Fahrerlager hatten. Aber viele Teilnehmer<br />
sind schon so oft dabei gewesen,<br />
die haben ihre Technik im Griff.“ Eine kaputte<br />
Kerze, eine herausgefallene Düse,<br />
eine streikende Zündung oder in diesem<br />
Jahr auch die ungewohnte Nässe führen<br />
trotzdem schon mal zum kurzfristigen<br />
Ausfall, manchmal auch einfach das Alter.<br />
Was nach Jahrzehnten noch original ist,<br />
verabschiedet sich bisweilen eben aufgrund<br />
von Materialermüdung. Schneiders<br />
Runde endet beim Vorstart am Ausgang<br />
des Fahrerlagers. Von dort muss er sich<br />
mit dem von einem örtlichen Autohaus<br />
zur Verfügung gestellten BMW samt Anhänger<br />
durch einen Teil des Fahrerlagers<br />
24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Wenn die Meisterklasse lostobt,<br />
brennt die Luft und der<br />
Asphalt bebt. Schön: Gerade<br />
ist es sogar trocken!<br />
SCHOTTEN LÄDT EIN – UND AUF<br />
Jürgen Schneider vom MSC Schotten bringt die<br />
unterwegs Gestrandeten per Anhänger zurück ins<br />
Fahrerlager. Dank Klappmechanismus geht das Aufladen<br />
schnell, auch Gespanne dürfen mit. Die im<br />
Radhalter verankerte Bank macht den Transport<br />
gemütlicher, kommunikativer – und sicherer<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 25
SZENE I<br />
Schottenring-GP<br />
Nein, der Schmiermaxe von Nummer<br />
N22 macht kein Nickerchen – er hält<br />
nur das Seitenwagenrad am Boden<br />
SCHOTTEN VERSINKT<br />
Tagelanger Regen verwandelte das Fahrerlager<br />
auf der Wiese stellenweise in einen<br />
grundlosen Sturzacker. Wer auf befestigtem<br />
Untergrund Platz fand, hatte jedoch ebenso<br />
mit der Nässe zu kämpfen. Das wohlverdiente<br />
Abendessen schmeckte trotzdem<br />
kämpfen. Zum Glück durch den asphaltierten<br />
Bereich. Denn neben den Wegen<br />
würde die schwere Fuhre trotz Allradantrieb<br />
sofort im Schlamm stecken bleiben.<br />
Regen ohne Ende<br />
Während der vorangegangenen Woche<br />
hatte es jeden Tag geregnet, zeitweise sintflutartig.<br />
Glücklich ist, wer einen Platz<br />
auf asphaltiertem Grund bekommen hat,<br />
dann bleibt die Maschine sauber. Wer in<br />
der Wiese parkt, schiebt jedoch Renner an<br />
den Start, die eher an Enduros erinnern.<br />
Die braunen Ränder an den Reifen sind<br />
in den Läufen nicht zu übersehen, ebenso<br />
die Schlammspuren am Rücken der Fahrer.<br />
Da mangels Grip nur große Traktoren<br />
die Wohnwagengespanne ins Fahrerlager<br />
hin ein und wieder hinaus schleppen<br />
können, werden die Wege im Camp zusehends<br />
unpassierbar. Aber die meisten<br />
Teilnehmer tragen diese Wetterkapriolen<br />
mit Fassung, zumal es am Sonntag dann<br />
tatsächlich trocken bleibt. Fast 15 000<br />
Zuschauer applaudieren an den beiden<br />
Renntagen den vielen Enthusiasten auf<br />
ihren bis zu 80 Jahre alten Maschinen.<br />
Und natürlich den Helden von einst, wie<br />
Dieter Braun oder Helmut Dähne, die sogar<br />
ihre früheren Original-Renner fahren.<br />
Viel Rennprominenz<br />
Das Thema Seitenwagen hat in Schotten<br />
traditionell eine große Bedeutung. Dieses<br />
Mal waren frühere Gespannweltmeister<br />
wie Werner Schwärzel und Rolf Steinhausen<br />
oder Ralph Bohnhorst mit (dem noch<br />
amtierenden Weltmeister) Adolf Hänni im<br />
Boot in Aktion zu sehen.<br />
26 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
SCHOTTEN EHRT<br />
Zu Ehren des im Frühjahr <strong>2014</strong> verstorbenen<br />
Friedel Münch drehte der Münch-Club Deutschland<br />
ein paar Demo-Runden um den Kurs<br />
SCHOTTEN WINKT<br />
Kawasaki Ninja-Jubiläum<br />
Kawasaki brachte den fünffachen Weltmeister<br />
Toni Mang und mit Tom Sykes den<br />
aktuellen Titelträger der Superbike-WM<br />
mit nach Schotten. Im Rahmen der Kawasaki<br />
Days zelebrierte der japanische Hersteller<br />
bei dieser Traditionsveranstaltung<br />
den 30. Geburtstag der GPZ 900 R, der<br />
Stammmutter der Ninja-Baureihe. Sie war<br />
auf der Ehrenrunde ebenso zu sehen wie<br />
Champion Tom Sykes, der eine aktuelle<br />
1000er-Ninja pilotierte.<br />
Die Rennprominenz auf Show-Runde<br />
und in Aktion. Oben mit der weißen<br />
Kappe Phil Read, der diesmal nicht<br />
fuhr. Unten links Dieter Braun, rechts<br />
Urgestein Helmut Dähne<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 27
SZENE I<br />
Schottenring-GP<br />
Erinnerung an Friedel Münch<br />
Eine Ehrenrunde gab es in Schotten auch<br />
für den im April <strong>2014</strong> verstorbenen Friedel<br />
Münch. Der mit 25 „Mammuts“, darunter<br />
auch zwei modernen „Mammut<br />
2000“ angereiste Münch-Club Deutschland<br />
brummt mit diesem Gegenentwurf<br />
eines Rennmotorrads um den Kurs, um<br />
an den umtriebigen Konstrukteur zu erinnern.<br />
So viele Münch auf einmal wird<br />
man wohl so bald nicht wieder sehen.<br />
Kern der Traditionsveranstaltung<br />
bleiben allerdings auch in diesem Jahr<br />
die Läufe zur Deutschen Historischen<br />
Meisterschaft. Der Schottenring ist eine<br />
von acht Strecken. Eingeteilt in Klassen<br />
wie Vintage, Baujahre bis 1948 und bis<br />
350 Kubikzentimeter, oder <strong>Classic</strong>, gebaut<br />
von 1960 bis 1967 und über 350<br />
Kubik, absolvieren die Renner Gleichmäßigkeitsläufe.<br />
Dabei gewinnt nicht<br />
der Schnellste, sondern derjenige, der<br />
die eigene Zeit aus der zweiten Runde<br />
möglichst genau trifft – also gleichmäßig<br />
schnell unterwegs ist. Dieses Unterfangen<br />
wird umso schwieriger, je mehr langsame<br />
Fahrer überrundet werden müssen,<br />
weil ja nicht immer sofort Platz zum<br />
Überholen ist. Damit das leichter gelingt,<br />
bekommen die zu Überrundenden von<br />
den Streckenposten die blaue Flagge gezeigt:<br />
überholen lassen!<br />
Sonntagabend, 23 Uhr. Die Strohballen<br />
sind beiseite geräumt, die Absperrgitter<br />
abtransportiert. Die Strecke ist gereinigt<br />
und wieder für den Straßenverkehr freigegeben.<br />
Nur ein paar schwarze Striche<br />
auf dem Asphalt erinnern an ein trotz<br />
kühlen Regens heißes Wochenende. Keine<br />
24 Stunden später trifft sich der MSC<br />
Schotten wieder zur nächsten Sitzung.<br />
Denn nach dem GP ist vor dem GP. ◻<br />
SCHOTTEN FEIERT<br />
Toni Mang hat als ein Stargast der Kawasaki<br />
Days alle Hände voll zu tun. Die Kawasaki<br />
Mach III 500 von 1969, noch ausgeliefert von<br />
Detlev Louis, gewinnt den Preis für die älteste<br />
Kawasaki am Platz. Nicht fehlen darf natürlich<br />
die erste Ninja, damals noch rot und hierzulande<br />
nur als GPZ 900 R bekannt<br />
INFO<br />
Schweizer Duell:<br />
Hansueli Wyssen auf<br />
Norton Manx vor<br />
Christian Mangold<br />
auf Matchless G 50<br />
schenken sich nichts<br />
Der nächste Schottenring-GP findet am<br />
15./16. August 2015 statt. Als besonderer<br />
Schwerpunkt ist das Thema Solo-Weltmeister<br />
geplant. Veranstalter ist wieder der<br />
MSC Rund um Schotten e.V. im ADAC.<br />
Mehr Infos unter www.schottenring.de<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
<strong>MOTORRAD</strong>-Heft 10/1963<br />
Nach der beeindruckenden 250er, Kürzel<br />
CB 72, bringt Honda eine im Hubraum nur<br />
leicht aufgestockte Version namens CB 77.<br />
Trotz „nur“ 305 cm³ schickt sich die schnelle<br />
und stabile Honda an, die 500er-Klasse<br />
auf zumischen. Was sagt der erste Test?<br />
Fotos: MPS Fotostudio<br />
Honda CB 77<br />
Falscher<br />
Dreifuffziger<br />
Wer eine 250er aufbohrt, hat als Ziel wenigstens eine<br />
350er vor Augen. Sollte man meinen. Nicht so bei der<br />
Honda CB 77. Das Aufbohren der 250er auf 60 Millimeter<br />
bei identischem Hub von 54 Millimetern ergibt 305 cm³.<br />
Genug, um sich leistungsmäßig ordentlich von der 250er abzuheben,<br />
oder gar hubraumstärkeren Bikes Paroli bieten zu können?<br />
Der Test der mit nun 29 um vier PS stärkeren Honda soll es an den<br />
Tag bringen. Wie so oft treibt Tester Klacks Leverkus das Testobjekt<br />
Diagramme und Kurven sagen<br />
nichts über den enormen Fahrspaß<br />
aus, den die CB 77 macht<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1963 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
19. März<br />
In den USA gelingt die erste Farbfernseh -<br />
über tragung über einen Satelliten.<br />
26. Juni<br />
US-Präsident John F. Kennedy hält anlässlich<br />
seines Berlin-Besuches die denkwürdige Rede vor<br />
dem Rathaus Schöneberg, die mit den berühmten<br />
Worten „Ich bin ein Berliner“ endet.<br />
1. Juli<br />
In den USA wird das Postleitzahlensystem<br />
(ZIP-Code) eingeführt.<br />
28. August<br />
Beim „Marsch auf Washington“ protestieren<br />
200 000 Menschen unter Führung des<br />
Bürgerrechtlers Martin Luther King (1929-<br />
1968) gegen die Rassendiskriminierung.<br />
Martin Luther King hält hierbei seine berühmte<br />
Rede „I have a dream“.<br />
31. August<br />
Die direkte Fernschreibleitung zwischen den<br />
Amtssitzen des US-Präsidenten in Washington<br />
und des sowjetischen Regierungschefs in<br />
Moskau, der sogenannte „heiße Draht“, wird<br />
in Betrieb genommen.<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
dazu um die Nordschleife des Nürburgrings<br />
und sammelt dabei akribisch Daten, Messwerte<br />
und Eindrücke. Er stellt zunächst lakonisch fest,<br />
dass die vier PS zwar keine Welt sind, dafür das<br />
Drehmoment spürbar angestiegen ist und die<br />
Beschleunigung spürbar flotter vonstatten geht.<br />
Fahrleistungsmäßig könne die Maschine gar in<br />
der 500er-Klasse mithalten, merkt der Autor an.<br />
Mit einem guten Fahrer im Sattel könnte man<br />
mit der Honda vor allem auf kurvenreichen,<br />
bergigen Landstraßen durchaus größeren<br />
Motorrädern das Rücklicht zeigen. Dazu tragen<br />
nach seiner Aussage außerdem die Telegabel,<br />
die straffe, ja fast harte Hinterradfederung, das<br />
stabile Fahrwerk und nicht zuletzt auch die<br />
ganz hervorragenden Bremsen bei. Das geringe<br />
Gewicht, die große Wendigkeit und die tolle<br />
Kurvenlage bereiten Leverkus offenbar so viel<br />
Freude, dass er die deutlichen Mehrkosten in<br />
der Versicherung für eine gute Investition in<br />
den deutlich höheren Fahrspaß hält. Mit<br />
Rundenzeiten von 12 Minuten und 19 Sekunden<br />
und einer Durchschnittsgeschwindigkeit<br />
von 111 km/h schlägt sich die CB 77 wahrlich<br />
achtbar. Der gemessene<br />
Topspeed von 150 km/h<br />
verdient ebenso Respekt wie<br />
der angesichts der flotten<br />
Fahrweise geringe Verbrauch<br />
von rund 5,5 Litern/100 km.<br />
Einzige bedeutsame Änderungen<br />
zum 250er-Motor seien<br />
die größere Bohrung und der<br />
größere Vergaser (Ø 26 Millimeter),<br />
Kurbelwelle, Nockenwelle<br />
und auch die Getriebeübersetzungen<br />
sind mit der 250er<br />
identisch. Einziges erwähnenswertes<br />
Manko ist laut Klacks der<br />
deutliche Knick in der aufgezeichneten<br />
Leistungskurve zwischen<br />
8000 und 8500/min, der sich beim<br />
Fahren als ein spürbares Loch<br />
bemerkbar macht, die Fahrleistungen<br />
aber nicht beeinträchtigt.<br />
Besonderen Spaß scheinen im Laufe<br />
des Tests Überholmanöver auf Landstraßen<br />
gemacht zu haben, denn der Tester schwärmt<br />
vom Überraschungseffekt, wenn die offenbar unterschätzte<br />
Maschine mit Leichtigkeit an „behindernden<br />
Fahrzeugen“ vorbeiprescht, am besten mit Vollgas im<br />
dritten Gang beschleunigend, der bis 135 km/h bei 9500/min reicht.<br />
Allerdings stellt Klacks auch eine Lücke zwischen dem zweiten und<br />
Reklame<br />
Rührend, wie einst die Vorteile des Öls (hübsch getrennt<br />
nach Zwei- und Viertakt-Welt) angepriesen wurden. Zudem<br />
war auch die Verbreitung im Ausland einst noch ein Thema.<br />
dritten Gang fest, die doch mit Leichtigkeit durch einen weiteren<br />
Gang geschlossen werden könnte. Ansonsten hebt er vor allem die<br />
Zuverlässigkeit und Solidität der Japanerin hervor, die mit ihrem<br />
kräftigen Motor und dem tollen Fahrwerk glatt eine Klasse höher<br />
mitspielen kann. Also tatsächlich eine 305er im Dreifuffziger-Kleid.<br />
Mindestens.<br />
◻<br />
84<br />
82 80 68<br />
82bald wieder“ von Freddy Quinn, „Ich will 'nen<br />
22. November<br />
US-Präsident John F. Kennedy wird in Dallas/Texas<br />
bei einer Fahrt im offenen Wagen erschossen.<br />
Als Nachfolger wird Lyndon B. Johnson 108<br />
Minuten nach dem Attentat zum 36. Präsidenten<br />
der USA vereidigt.<br />
24. November<br />
Der Nachtclubbesitzer Jack Ruby erschießt in<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Dallas vor laufender Fernsehkamera Lee Harvey<br />
Oswald, den mutmaßlichen Mörder von US-Präsident<br />
John F. Kennedy.<br />
Musik<br />
In den deutschen Hitparaden sind folgende Titel<br />
wochenlang auf dem ersten Platz: „Junge komm<br />
Cowboy als Mann“ von Gitte Haenning und<br />
„Rote Lippen soll man küssen“ (Lucky Lips) von<br />
Cliff Richard.<br />
Film<br />
Die deutsche Kinolandschaft ist 1963 geprägt<br />
von „James Bond 007 jagt Dr. No“ mit<br />
Sean Connery, „Lawrence von Arabien“ mit<br />
Peter O’Toole und Alfred Hitchcock mit seinem<br />
Thriller „Die Vögel“.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 31
SZENE I<br />
Verrückte Eigenbauten von Jean-Luc Borgetto<br />
Magisches<br />
Metall<br />
Seine Motorräder mit drei, vier und fünf Zylindern<br />
sind eine Hommage an klassische Rennmaschinen<br />
von Honda und MV Agusta. Sie ziehen Bewunderer<br />
an wie ein Magnet die Eisenspäne: Bienvenue, willkommen<br />
in der wunderbaren Welt der französischfrechen<br />
Rennmaschinen von Jean-Luc Borgetto.<br />
Text und Fotos: Thomas Schmieder<br />
32 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
5-ZYLINDER-JLSP 305 Ob mit (links) oder ohne<br />
handgedengelte Aluminium-Verkleidung (unten): Die Fünfzylindermaschine<br />
ist einfach der Hammer, eine Verneigung vor Luigi Taveris mit WM-Titel geadelter<br />
125er-Honda RC 149. Verwegene Führung des mittleren Krümmers!<br />
Wassergekühlter Fünfzylinder-Viertaktmotor, Hubraum 312 cm3, Bohrung x Hub 48,5 x<br />
33,8 Millimeter, ca. 50 PS (37 kW) bei 20 000/min, zwei obenliegende, über Kette angetriebene<br />
Nockenwellen, je vier über Tassenstößel betätigte Ventile, Verdichtung 11,5 : 1<br />
(bei Serien-Honda CBR 250 RR), Gewicht: 115 Kilogramm, Bauzeit: rund 900 Stunden<br />
4-ZYLINDER-<br />
RC 162-REPLIKA<br />
Gelebte Passion: Bei seinem Erstlingswerk<br />
im Jahr 2005 verpflanzte Monsieur<br />
Borgetto den serienmäßigen 45-PS-<br />
Motor der Honda CBR 250 RR in<br />
seinen Eigenbau. Erst später variierte<br />
er zusätzlich noch die Zylinderzahl.<br />
Vierzylinder-Viertaktmotor, Hubraum 250 cm3,<br />
Bohrung x Hub 48,5 x 33,8 Millimeter,<br />
ca. 45 PS bei 20 000/min, zwei obenliegende,<br />
über Kette angetriebene Nockenwellen, je vier<br />
über Tassenstößel betätigte Ventile, Verdichtung<br />
11,5 : 1(bei Serien-Honda CBR 250 RR), Gewicht:<br />
ca. 120 Kilogramm, Bauzeit: unbekannt<br />
Es ist der erste April-Sonntag<br />
<strong>2014</strong>. Motorengedröhn<br />
rauscht über den Circuit<br />
Paul Ricard in Le Castellet.<br />
Es ist Sunday Ride <strong>Classic</strong>, Bikers <strong>Classic</strong>s<br />
auf Französisch: nur bunter, voller, frecher<br />
und frivoler als die Veranstaltung in<br />
Bel gien. Ex-Champions stehen zum Gruppenfoto<br />
vereint: „König Ago“ (so heißt<br />
Multi-Weltmeister Giacomo Agostini im<br />
Programmheft), Jim Redman, Freddie<br />
Spencer, Steve Baker und Lokalmatador<br />
Christian Sarron. Daneben parkt in einer<br />
Box des Fahrerlagers vermeintlich Agos<br />
MV-Dreizylinder neben einer Honda RC.<br />
Ein schlanker Herr tritt herbei, turnt<br />
fast schlaksig zwischen vier Motorrädern<br />
herum. „Das sind eigentlich keine Repliken“,<br />
sagt er mit freundlich-fröhlichem<br />
Tonfall, „dies ist meine ganz persönliche<br />
Hommage an klassische Rennmaschinen<br />
von Honda und MV Agusta!“ Der hagere<br />
Monsieur wirbelt herum, lüftet eine Verkleidung.<br />
Der Kreis der Neugierigen zieht<br />
sich enger: Das sind ja FÜNF Zylinder.<br />
„Bien sûr“, natürlich, „die baue ich selbst.“<br />
Wie der mittlere Krümmer sich kunstvoll<br />
links herum einmal komplett um den<br />
Motor windet, auf der rechten Seite in einen<br />
hochgelegten Auspuff mündet. Wow.<br />
Das ergibt also eine offene Fünf-infünf-Auspuffanlage<br />
im Stil von Hondas<br />
RC-Rennmaschinen. „Ist auch Eigenbau.<br />
Ich bin Monsieur Borgetto, aber sagen Sie<br />
Jean-Luc zu mir.“ Was es mit den Motorrädern<br />
auf sich hat? Das sei ganz einfach:<br />
„Alors, drei der vier von mir gebauten Maschinen<br />
haben die gleiche motorische Basis:<br />
Den Vierzylinder der Honda CBR 250<br />
RR, die 1990 in Japan verkauft wurde.“<br />
Den wassergekühlten Reihenmotor<br />
nutzte der Südfranzose mit dem italie nischen<br />
Nachnamen Borgetto („Mein Opa<br />
wanderte im Jahr 1900 von Italien nach<br />
Frankreich aus“) als Basis für jeweils einen<br />
Renner mit Drei-, Vier- und Fünfzylinder.<br />
Die erste Maschine baute Jean-Luc im<br />
Jahr 2005 nach dem Vorbild der Vierventil-Vierzylinder-Honda<br />
RC 162 von 1962:<br />
„Meine erste Konstruktion entsprang einer<br />
spontanen Gelegenheit: Ein Freund<br />
gab mir einen Motor der Honda CBR 250<br />
RR. So begann ich, Rahmen und Auspuffe<br />
dazu selber anzufertigen.“ Es folgten eine<br />
eigene Rennverkleidung, Sitzbankhöcker<br />
und Tank, alle aus Aluminium. Jean-Luc<br />
war stets motorradaffin, hatte eine Werkstatt<br />
mit Dreh- und Fräsbank zu Hause. So<br />
konnte er viele Teile selber bauen.<br />
„Alles was ich weiß, brachte ich mir<br />
selbst bei, autodidaktisch, ohne Ausbildung.“<br />
Er half im Familienunternehmen<br />
mit, das sein Vater 1957 gründete: ein<br />
Campingplatz-Betrieb an der Côte d’Azur.<br />
„Die Saison dauerte sechs Monate, sieben<br />
Tage die Woche.“ Der Rest des Jahres<br />
diente dazu, den Campingplatz zu warten,<br />
instand zu halten, Toilettenhäuschen,<br />
Duschen, alles. „Abends nach der Arbeit<br />
verbrachte ich die meiste Zeit in der Werkstatt<br />
und bastelte an meinen Bikes.“<br />
Mit Menschen umgehen kann Jean-<br />
Luc bis heute, genießt die Gespräche über<br />
seine Maschinen, spricht auch Englisch<br />
und etwas Deutsch. Zeit fürs RC 162-Projekt<br />
fand er, weil er bereits 2002 aufgehört<br />
hatte zu arbeiten: „Mein Konto an Lebensarbeitszeit<br />
war prall gefüllt.“ Nun konnte<br />
er sich ganz seiner Passion widmen: „Ausgehend<br />
von Fotos, die ich sorgfältig betrachtet<br />
habe, war es meine Motivation,<br />
das Bild der Maschine möglichst nahe zu<br />
rekonstruieren.“ Da gehörte für ihn untrennbar<br />
der Sound dazu. Speziell der<br />
„unglaubliche Klang“ der MV Agusta-<br />
Dreizylinder von Giacomo Agostini.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 33
SZENE I<br />
Verrückte Eigenbauten von Jean-Luc Borgetto<br />
3-ZYLINDER-JLSP 153 Was bleibt übrig, wenn man dem 250er-Honda-Vierzylinder ein Viertel<br />
amputiert? Klar, ein extrem kleiner, hochdrehender und federleichter Triple. Hier noch dazu bewusst im Hub reduziert.<br />
Motor: Wassergekühlter Dreizylinder-<br />
Viertaktmotor, 155 cm3, Bohrung x Hub<br />
48,5 x 28,0 mm, ca. 35 PS (26 kW) bei<br />
18000/min, zwei obenliegende, über Kette<br />
an getriebene Nockenwellen, je vier über<br />
Tassen stößel betätigte Ventile, Verdichtung<br />
11,5 : 1 (bei Serien-Honda CBR 250 RR),<br />
Kurbelwellenkröpfung 120 Grad, Gewicht:<br />
rund 100 Kilogramm, Bauzeit: rund<br />
500 Stunden<br />
Daher verfiel der Franzose auf eine<br />
geniale Idee: Einen Drei- aus einem Vierzylinder<br />
zu bauen, dem einer Yamaha R6<br />
aus dem Jahr 2000. Das Resultat war 2007<br />
seine zweite Maschine, die JLSP 503, das<br />
steht für Jean-Luc-SPecial 500er-Dreizylinder.<br />
Sie wäre als Dreiviertel-600er an<br />
sich eine 450er. Also amputierte Jean-Luc<br />
nicht nur einen Zylinder, sondern erhöhte<br />
noch den Hub von 44,5 auf 49 Millimeter.<br />
Dies ergibt bei 65,5 Millimeter Bohrung<br />
volle 495 cm3 – nah an Agos Vorbild.<br />
Kompliziert: Es musste eine komplett<br />
neue Kurbelwelle her. „Der Hubzapfenversatz<br />
beträgt 120 Grad, so wie bei der<br />
MV3.“ Damit könne er die gleiche „Musik“<br />
produzieren. „Meine Motorräder habe ich<br />
nach Intuition gebaut, die einzigen Pläne,<br />
die ich machte, waren die für die Kurbelwelle.<br />
Ein Freund hat das dann nach meinem<br />
Entwurf auf einem PC mit 3D-Programm<br />
gezeichnet.“ Für notwendige neue<br />
Nockenwellen brachte Jean-Luc „einige<br />
Abmessungen zu Papier, den Rest machte<br />
ich ohne Plan, einfach nach Gefühl“.<br />
Ein befreundeter Spezialist bearbeitete<br />
die Kurbelwelle aus einem Stück, ein<br />
weiterer schliff die Nocken gemäß Jean-<br />
Lucs Skizze und übernahm auch die Härtung.<br />
Ein anderer Freund, der eine Zahnradfabrik<br />
hatte, fertigte neue Zahnräder<br />
an. „Den Rest habe ich selbst gebaut, vom<br />
Chassis bis zur Elektrik: Schweißen von<br />
Ölwannen und neuen Gehäusedeckeln,<br />
Einbau des Motors, Farb anstrich, Auspuff<br />
und so weiter.“ Die Werksrenner der 60er-<br />
Jahre waren ja auch handgemacht. „Der<br />
beste Weg war bestehende Motoren zu<br />
nutzen, damit ich keine Kurse im Gehäusegießen<br />
machen musste.“<br />
Beim zweiten Motorrad, der JLSP 503,<br />
kam noch Gehäuse aufschneiden und einen<br />
Zylinder kappen hinzu. Bei der dritten<br />
Maschine, der JLSP 305, ging Jean-Luc<br />
2012 den umgekehrten Weg: „Ich fügte<br />
einen von mir bearbeiteten Zylinder hinzu.“<br />
Der famose Fünfzylinder ist eine<br />
Hommage an die Honda RC 149, mit der<br />
Luigi Taveri Weltmeister wurde: Hondas<br />
geniale 125er-Fünfzylinder. Klar braucht’s<br />
dafür auch zugekaufte Teile. Etwa Gabeln<br />
samt Bremsen von Ceriani (mit Aludeckel)<br />
oder Fontana (mit Magnesiumdeckel).<br />
Das vierte Motorrad entstand 2013,<br />
die JLSP 153: Ein 155er-Dreizylinder, der<br />
vermutlich kleinste Triple weltweit. Jean-<br />
Luc reduzierte den Hub der verbleibenden<br />
drei Zylinder mittels anderer Pleuel<br />
und Hubzapfen der 120-Grad-Kurbelwelle.<br />
„Die Motorräder, die ich baue, entsprechen<br />
dem Geist der Motorräder des Grand<br />
Prix-Sports der 60er-und 70er-Jahre, denn<br />
das sind die Jahre meiner Jugend.“ Alors,<br />
34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Wassergekühlter Dreizylinder-Viertaktmotor, Hubraum<br />
495 cm3, Bohrung x Hub 65,5 x 49,0 mm, 94 PS (69 kW)<br />
bei 13 200/min (Maximaldrehzahl: 14 500/min), 53 Newtonmeter,<br />
Verdichtung 13,8 : 1, zwei obenliegende,<br />
über Kette angetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro<br />
Zylinder, Kurbelwellenkröpfung 120 Grad, Keihin-FCR-<br />
Flachschiebervergaser (Durchmesser 34 mm), Gewicht:<br />
rund 125 Kilogramm, Bauzeit: zirka 1100 Stunden<br />
Ironie und Wortspiel: „JL“ statt MV im<br />
Logo (links). Te Gusta fragt auf Spanisch<br />
„Gefällt es dir?“ Der bildschöne Drehzahlmesser<br />
bekommt genug zu tun<br />
3-ZYLINDER-JLSP 503 Eine rasante Hommage an Agostinis legendäre, extrem erfolgreiche 500er-MV.<br />
Das betörende Big Bike des Monsieur Borgetto basiert auf einem 600er-Vierzylinder, dem einer Yamaha YZF-R6 des Jahres 2000.<br />
Jean-Luc ist 62 Jahre alt, wirkt jünger, sehr<br />
agil. Er zeigt, erklärt, erläutert. „Was mich<br />
fasziniert, ist der Klang und der visuelle<br />
Eindruck der Motorräder dieser Jahre.“<br />
Die Passion: GPs der 60er-Jahre<br />
Jean-Luc schwärmt, wie gut man damals<br />
an den Rennstrecken noch mit Fahrern<br />
und Maschinen zusammenkommen<br />
konnte. Daran knüpft Sunday Ride <strong>Classic</strong><br />
heute an. Nur dass er heute Ehrengast ist,<br />
kein kleiner Steppke mehr. Die eng anliegende<br />
schwarze Lederkombi steht ihm<br />
gut. Wahnsinn, wie der Fünfzylinder beim<br />
Soundcheck bellt, mit ganz eigener Klangfarbe,<br />
röchelnd und heiser. Vor allem aber<br />
viel tiefer als erwartet. Nach dem Abstellen<br />
gibt’s spontanen Applaus ringsum!<br />
Mit dem 500er-Dreizylinder im MV-<br />
Look rückt Jean-Luc für ein paar schnelle<br />
Runden auf dem schönen Kurs aus: Die<br />
Startmaschine bedient er selbst, geht jährlich<br />
auf drei, vier Bergrennen in Südfrankreich.<br />
Der Routinier weiß, wie man überholt<br />
und wo die richtige Linie ist. Wahnsinn,<br />
wie der Triple aus offenen Megafonen<br />
brüllt, ohrenbetäubend kreischend.<br />
Aber ein Kolbenfresser just am jüngsten<br />
Motor treibt ihn bald zurück an die Box.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Jean-Luc trägt‘s mit Fassung: „R6-Motoren<br />
gibt es ja oft zu kaufen.“ Im Gegensatz zu<br />
den 250er-Hondas: Dafür böte in Europa<br />
bloß noch www.cmsnl.com Teile an.<br />
So hat Jean-Luc Zeit, von seiner bewegten<br />
Vergangenheit zu erzählen: Vom<br />
Mofa fahren mit sieben (dem der Mutter),<br />
dem Solex-Moped für die Fahrt zur Schule<br />
und einer Itom-Sportmaschine. Ferner<br />
von spanischen Motocross- und Trialmaschinen.<br />
Französische Typen? Le voilà:<br />
Motobécane Ydral und Magnat-Debon<br />
(„mein erstes echtes Motorrad“). Englische<br />
Motorräder hatte er viele: 250er-BSA,<br />
350er-AJS, Triumph T 110, Triton, Norton<br />
850. Heute besitzt er noch eine 1968er-<br />
Bonneville T 120 R und einen 500er-AJS-<br />
Single. Italienischen Maschinen wie Rumi<br />
Gentleman und Ducati Darmah folgten<br />
eine Menge japanische (650er-Yamaha XS<br />
1), vor allem Hondas, bis hin zur RC 30,<br />
die er immer noch hat: „Das ist die Marke,<br />
an der ich besonders hänge.“ Bien sûr.<br />
Dieser Mann lebt und liebt sein magisches<br />
Metall: „Ich werde keines meiner<br />
Eigenbau-Motorräder verkaufen, sie sind<br />
allein für mich bestimmt, werden in Familienbesitz<br />
übergehen, für meine Kinder<br />
◻<br />
und Enkel.“ Merci, Jean-Luc.<br />
INFOS, KONTAKT<br />
Jean-Luc Borgetto, der 1973 bis 1975<br />
schon auf dem Elefantentreffen am<br />
Nürburgring war, kommt am 4./5. April<br />
2015 zum Sunday Ride <strong>Classic</strong>: Einem<br />
Festival rund ums Motorrad mit vielen<br />
Stars auf dem Circuit Paul Ricard in<br />
Le Castellet, Provence/Frankreich.<br />
Infos per www.sundayrideclassic.com<br />
und www.circuitpaulricard.com.<br />
Jean Luc erreicht man in seinem Blog:<br />
http://inspiration-mv3.jlsp503.<br />
over-blog.com/. Der Franzose hat<br />
Fahr-Filme mit tollen Klangproben in<br />
seinem eigenen Video-Kanal auf<br />
Youtube eingestellt; einfach mal JLSP<br />
153, JLSP 305 oder JLSP 503 eingeben.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 35
SZENE I<br />
Honda CB 125<br />
DAS<br />
DOPPELTE LOTT<br />
Kleine Motorräder, große Gefühle – Leser Dirk Wulbredes Jugendschwarm war die<br />
1974er-Honda CB 125. Nun besitzt er sie endlich. Und das gleich im Doppelpack.<br />
Sie sind Schwestern, und sie<br />
sind gleich, meine beiden<br />
Honda CB 125 B6. Allerdings<br />
nur auf den ersten<br />
Blick. Bei genauerem Hinsehen erinnern<br />
sie mich jedoch an die Zwillinge in Erich<br />
Kästners Roman „Das doppelte Lottchen“,<br />
die, nachdem sie durch die Trennung der<br />
Eltern auseinandergerissen werden, ganz<br />
unterschiedliche Temperamente und<br />
Charaktereigenschaften ausbilden.<br />
Meine beiden „Lottchen“ erblickten<br />
kurz nach Kästners Tod am 29. Juli 1974<br />
das Licht der Welt. Es war ein turbulentes<br />
Jahr. Man jubelte über den Bomber der<br />
Nation, der Deutschland zur Fußballweltmeisterschaft<br />
geschossen hatte. Und<br />
fürchtete zugleich die Bomben der RAF,<br />
die die Nation erschütterten. Heftig erschüttert<br />
wurde auch Joe Frazier, im unvergessenen<br />
Kampf gegen Muhammad<br />
Ali. Ebenfalls legendär der Auftritt von<br />
ABBA, die in Brighton mit „Waterloo“ den<br />
Eurovision Song Contest gewannen und<br />
ihre Weltkarriere starteten. Wie der Golf,<br />
mit dem VW das gleiche Ziel verfolgte.<br />
Die Mitte der 70er-Jahre war geprägt<br />
vom Glaube an den Fortschritt, an zukunftsweisende<br />
Technik. Dem entsprachen<br />
meine „Lottchen“ mit der per Seilzug<br />
betätigten Scheibenbremse, der sie den<br />
Beinamen „Disc“ verdankten. Ansonsten<br />
unterschied sich die in Deutschland ab<br />
1974 für 2698 Mark angebotene CB 125<br />
B6 nur durch die neue Tankform und den<br />
Elektrostarter vom K5-Vorgängermodell,<br />
technisch blieb alles beim Alten. So arbeitet<br />
auch in meinen 125ern ein Paralleltwin<br />
mit zwei Ver gasern, dessen Grundkonstruktion<br />
bis Ende der 1960er-Jahre<br />
zurückreicht. In der Ausgabe 5/1975 stellte<br />
„Das <strong>MOTORRAD</strong>“ beim neuen Modell<br />
weder in der Beschleunigung noch in der<br />
Spitze wesentliche Unterschiede gegenüber<br />
dem Vorgängermodell fest, obwohl<br />
36 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Mitte der 1970er-Jahre liefen die<br />
Schocker im Kino. Und 125er<br />
waren noch „richtige“ Motorräder<br />
CHEN<br />
Text: Dirk Wulbrede<br />
Fotos: Tim Botzkowski<br />
phia“, immer mehr den Rang ablief. Allmählich<br />
verabschiedeten sich außerdem<br />
immer mehr junge Männer vom Gammel-<br />
Look. Ob es daran lag, dass man ab 1.<br />
Januar 1975 schon mit 18 Jahren die<br />
Volljährigkeit erlangte?<br />
Ich weiß es nicht mehr so genau.<br />
Bekannt sind mir dafür die Gründe, die<br />
meine Vorbesitzer zur Anschaffung der<br />
„Lottchen“ bewegten. Und das, obwohl<br />
man mit dem „Einser“ eigentlich auch<br />
große Motorräder fahren durfte. Die<br />
waren für viele freilich unerschwinglich,<br />
nicht zuletzt wegen der horrenden Versichungsprämien<br />
für die Big Bikes.<br />
Meine erste CB 125 hatte sich eine<br />
Fahrschule im südlichsten Baden als<br />
Schulungskrad gesichert. Dort war sie<br />
nicht allzu viel in Gebrauch, stand aber<br />
immer im Trockenen. Zuletzt sogar in<br />
einer Vitrine im Schulungsraum. Nach<br />
Aufgabe der Fahrschule ging die Disc auf<br />
die Reise. Via ebay zunächst zu einem<br />
Herrn im Landbereich Köln. Der ehemalige<br />
Zündapp-Cross-Fahrer überholte<br />
die Honda, fühlte sich aber bereits nach<br />
kürzester Zeit vom modernen Straßendie<br />
neue B6 laut Papierform angeblich<br />
drei PS und 20 km/h Endgeschwindigkeit<br />
verloren haben sollte.<br />
Zeitgemäßer präsentierte sich das<br />
Design. Während die Kotflügel noch den<br />
Schwung der 60er in Chrom nachzeichneten,<br />
passte der eckige Tank mit Renn-<br />
Klappverschluss und poppigen Zweifarb-<br />
Lackierungen bestens in diese farbenfrohe<br />
Zeit. Ohne Farbe blieben dagegen<br />
die mattschwarzen Seitendeckel, auf denen<br />
gelb die Typenbezeichnung aufgeklebt<br />
war. Dieser Charme der späten 60er,<br />
kombiniert mit der simplen Technik der<br />
70er macht für mich die Faszination der<br />
damaligen Honda CB-Reihe aus. Eine perfekte<br />
Synthese, die diese 125er-Motorräder<br />
bis heute zum Hingucker macht.<br />
Das zeigt auch der Vergleich mit den<br />
deutschen Klassen-Kameraden des Jahrgangs<br />
1974, der recht biederen Zündapp<br />
KS 125 Sport und der Hercules K 125 T.<br />
Die beiden Einzylinder-Zweitakter leisteten<br />
mit 17 PS zwar mehr, waren aber auch<br />
teurer: Die Hercules kostete 2880 Mark,<br />
die Zündapp 2895 Mark. Eine vordere<br />
Scheibenbremse wie die CB 125 B6 boten<br />
die beiden deutschen Hersteller aber erst<br />
an, als sich die Disc 1976 schon wieder<br />
verabschiedete. Da kostete sie nach dem<br />
deutlichen Preisanstieg 2812 Mark, besaß<br />
nun jedoch eine einjährige Garantie. Hein<br />
Gericke gab allerdings auf alle erhöhten<br />
Honda-Preise einen Nachlass von bis zu<br />
neun Prozent.<br />
Da blieb noch etwas über für eine Maß<br />
auf dem Oktoberfest, die schon 3,20 Mark<br />
kostete. Alternativ auch für den einen<br />
oder anderen „Cinzano on the Rocks“,<br />
den es damals in den Musikkneipen für<br />
60 Pfennig gab. Zusammen mit Black<br />
Music, die TSOP, „The Sound of Philadel-<br />
Auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden:<br />
CB 125 Disc, die eine perfekt, die andere mit Patina<br />
www.motorrad-classic.de
SZENE I<br />
Honda CB 125<br />
Seltene Liebhaberstücke: Auch die<br />
kleinen 125er schmeicheln dem Auge<br />
mit schönen Details wie dem klassischen<br />
Cockpit, dem zweifarbigen Tank<br />
mit poliertem Einfülldeckel und Kunststoffeinsatz<br />
oder den geschwungenen<br />
Chrom-Schutzblechen im Stil der 60er<br />
verkehr überfordert. So fand sich die<br />
Honda noch im selben Jahr bei ebay wieder,<br />
mit nur 7711 gefahrenen Kilometern.<br />
Wo ich über sie stolperte. Daran war<br />
das kurz zuvor über die Bühne gegangene<br />
Klassentreffen nicht ganz unschuldig. Auf<br />
einmal waren sie nämlich wieder da, all<br />
die Jugend-Erinnerungen. An die bei den<br />
Eltern verpönte Disco „Black & White“ auf<br />
der Hauptstraße, den „Moon-Keller“ im<br />
evangelischen Gemeindehaus, die Mädchen<br />
in kurzen Röcken oder – ganz verwegen<br />
– im Bikini am See. Nicht zu vergessen<br />
„Radar Love“ und die chromblitzenden<br />
Motorräder vor „Eis-Nagel“. Eine<br />
Kugel in der Waffel gab es noch für 20<br />
Pfennig, Lehrlinge leisteten sich da schon<br />
mal für eine Mark den Früchtebecher mit<br />
tiefroter Amarenakirsche auf dem Sahnehäubchen.<br />
Das Leben spielte sich zwischen<br />
Sportplatz, Baggersee und den Jugendtreffs<br />
ab, und dazu brauchte man ein<br />
Transportmittel. Als Schüler musste ich<br />
mich mit einer Vespa Ciao begnügen, die<br />
125er-Hondas wurden dagegen von Erstverdienern<br />
gefahren, sie waren damals<br />
für mich unerreichbar. Umso mehr blieben<br />
sie mir im Gedächtnis. Allein die<br />
Kontrolllampen in den geteilten Instrumenten,<br />
der doppelte Auspuff ...<br />
Ich konnte also gar nicht anders als<br />
diese einst so ersehnte 125er zu ersteigern<br />
und damit mein erstes „Lottchen“ aus<br />
dem Kölner Raum wieder zurück nach<br />
Baden zu holen. Hier machte ich mich<br />
gleich ans Werk und restaurierte die Disc<br />
behutsam, wobei ich viel Wert auf Beibehaltung<br />
der Patina legte. Gründlich saniert<br />
wurde letztlich nur der Tank. Nach<br />
zwei Jahren entdeckte ich ein Loch im<br />
rechten Auspufftopf. Das passte nicht<br />
zum ansonsten vortrefflichen Zustand der<br />
Maschine, Ersatz war demnach angesagt.<br />
Bei der Teilesuche kam ich dann mit dem<br />
Besitzer einer anderen CB 125 in Kontakt,<br />
der das Oldtimer-Hobby gänzlich aufgeben<br />
und neben diversen Teilen auch eine<br />
komplett restaurierte Disc verkaufen<br />
wollte. Diese Honda war wirklich perfekt!<br />
Der Anbieter hatte sie als Scheunenfund<br />
mit rund 11 000 Kilometern in sehr ordentlichem<br />
Zustand erworben. Dennoch<br />
hat er sie komplett zerlegt und neu aufgebaut.<br />
Der Rahmen wurde pulverbeschichtet,<br />
vieles neu verchromt oder poliert, der<br />
Tank innen konserviert, außen neu lackiert<br />
und liniert, der Motor komplett<br />
überholt. Außerdem hat er alle Züge und<br />
Verschleißteile ausgetauscht – mehr geht<br />
nicht! Diese Disc konnte ich einfach nicht<br />
stehen lassen, ich musste sie haben. Und<br />
so hatte ich dann meine „doppelten Lottchen“<br />
– die eine perfekt, die andere mit<br />
leichter Patina.<br />
Technik und Äußeres sind auf den ersten<br />
Blick gleich. Doch bei genauerem Hinsehen<br />
offenbaren sie – wie die Zwillinge<br />
in Kästners Roman – Unterschiede. Während<br />
das ehemalige Fahrschulkrad die<br />
Die Top Ten der Hitparaden<br />
dominierten die 45er-Singles. Und<br />
nur ganz selten die 125er-Twins<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
sprochen wendige Honda mit ihrem laufruhigen<br />
und drehfreudigen Paralleltwin<br />
immer wieder begeistert. Für eine 125er<br />
klingt die CB außerdem sehr erwachsen,<br />
ihr ungewöhnlicher Ton fällt sogar Fahrern<br />
größerer und stärkerer Motorräder<br />
auf. Gut, bergauf müssen Mann und Maschine<br />
etwas mehr arbeiten, mit emsigem<br />
Schalten und viel Drehzahl erklimmt das<br />
„Lottchen“ aber jeden Gipfel. Dabei quäle<br />
ich meine „Lottchen“ aber nur selten mit<br />
Drehzahlen bis an den roten Bereich bei<br />
10 500 Touren, da klingen sie mir einfach<br />
zu schrill. Im Solo-Betrieb streift die Drehzahlmessernadel<br />
daher nur selten über<br />
die 9000er-Marke.<br />
Dass mit Sozia und Gepäck selbst eine<br />
50er zum ernsthaften Gegner für die CB<br />
wird, wie „Das <strong>MOTORRAD</strong>“ in Ausgabe<br />
5/1975 bemerkte, ist mir egal. Ich freue<br />
mich viel mehr über die exakte Schaltung,<br />
die standfeste Kupplung und die gute<br />
Ausstattung mit E-Starter, Scheibenbrem-<br />
erste Spiegelgeneration trägt, sind bei<br />
„Lottchen“ Nummer zwei modernere<br />
Honda-Spiegel montiert. Die Instrumente<br />
zeigen ebenfalls Abweichungen. Der Tacho<br />
der komplett restaurierten Honda hat<br />
einen Tageskilometerzähler mit einem<br />
Knubbel als Rücksteller, die Anzeige<br />
selbst unterscheidet sich ebenfalls vom<br />
Original. Dabei handelt es sich um den<br />
Tacho einer Honda XL 125, der trotz<br />
km/h-Beschriftung einen Nutzerhinweis<br />
in Englisch enthält. Der Tacho ist also ein<br />
zeitgenössisches Honda-Teil, das später<br />
montiert wurde – durch das Baukastensystem<br />
von Honda kein Problem.<br />
Problemlos ist ebenso das passende<br />
Attribut für das Fahrverhalten der CB 125.<br />
Die beiden „Lottchen“ machen mir richtig<br />
Spaß. Natürlich können beide dem Tempo<br />
heutiger Motorräder nicht folgen, viel<br />
mehr als 100 km/h sind nicht drin. Das<br />
reicht jedoch für genüssliche Touren, wo<br />
mich die 127 Kilogramm leichte, ausgese<br />
und den perfekten, ruhig anzeigenden<br />
Instrumenten. Schon damals veraltet war<br />
hingegen die Sechs-Volt-Elektrik, aber<br />
auch damit lässt es sich leben. Ebenso mit<br />
der Reichweite des Tanks, dessen rund<br />
neun Liter Inhalt für mindestens 200 Kilometer<br />
genügen.<br />
Alles in allem ist die Honda CB 125<br />
Disc für mich heute das perfekte Entschleunigungsgerät<br />
im stressigen Alltag,<br />
das jede Ausfahrt zu einem besonderen<br />
Erlebnis macht, weil dabei immer die Erinnerungen<br />
an meine Jugendträume mitfahren.<br />
Ob es anderen CB-Eignern auch<br />
so geht? Viele gibt es ja nicht mehr, laut<br />
Kraftfahrtbundesamt sind in Deutschland<br />
von der Disc (B6) nur noch 264 Stück zugelassen.<br />
Dennoch ist die Ersatzteilversorgung<br />
passabel, das Internet ist eine<br />
gute Hilfe. Ich werde meinen beiden CB<br />
125 also noch lange die Treue halten.<br />
Schließlich können sie nur zusammen<br />
„Das doppelte Lottchen“ sein. ◻<br />
DATEN<br />
Honda CB 125 (Typ B6)<br />
Motor: Luftgekühlter Reihenzweizylinder-<br />
Viertaktmotor, eine obenliegende Nockenwelle,<br />
je zwei Ventile pro Zylinder, Hubraum<br />
124 cm³, Leistung 12 PS bei 10 500/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Rückgratrahmen aus Profilteilen<br />
mit Rohrunterzügen, Telegabel, Schwinge mit<br />
zwei Federbeinen, Drahtspeichenräder, Reifen<br />
v/h 2.50-18/2.75-18, seilzugbetätigte Scheibenbremse<br />
vorn, Trommelbremse hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1280 mm,<br />
Trockengewicht 127 kg, Tankinhalt 9 Liter<br />
Höchstgeschwindigkeit: 108 km/h<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 39
SZENE I<br />
Kawasaki-Sammler Maatz<br />
Der Küchen<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
chef Text<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Rund um klassische Kawasakis hat man schon so<br />
manches gehört. Aber noch längst nicht alles, wie<br />
das Oberstübchen von Reinhard Maatz beweist.<br />
und Fotos von Fred Siemer<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 41
SZENE I<br />
Kawasaki-Sammler Maatz<br />
Statt Essecke: Drei Z1 diverser Bau jahre,<br />
eine Z 1000, eine Z 1000 FI und eine<br />
750er-Z2 drängeln sich in der Küche<br />
Bis zur Eingangstür scheint<br />
alles sehr normal. Die<br />
Gegend, das Wohnviertel,<br />
die Straße, das Grundstück.<br />
Auch Einfahrt und Garten wirken<br />
unverdächtig, der Hausherr sowieso. Mit<br />
offenem Grinsen und markigem Händedruck<br />
bittet Reinhard Maatz herein. Unter<br />
anderem besitzt er alle Kawasakis mit<br />
750 cm³ und mehr Hubraum bis Baujahr<br />
1979. „Echte Schmuckstücke, die musst<br />
du sehen“, hat einer gemeint, der Reinhard<br />
kennt, „Und der Typ ist voll verstrahlt.“<br />
Also gut, es zählt zu den angenehmeren<br />
Wochenendbeschäftigungen,<br />
sich schöne Kawas anzuschauen. Jedenfalls<br />
besser als Rasenmähen. Nur wer ist<br />
hier, bitte, verstrahlt? Reinhard grinst<br />
immer noch, dann weist er nach oben.<br />
Nach oben? Man bleibt ja höflich und hält<br />
seinen Mund, aber meist ist es am schönsten,<br />
wenn es sofort zur Sache geht, und<br />
die Garage wäre doch gleich vorm Haus...<br />
Ziemlich steil, die Treppe, und leicht<br />
gedreht. In der Einliegerwohnung unterm<br />
Dach angekommen, öffnet der 55-Jährige<br />
die erste Tür links, und wer jetzt nicht<br />
zuckt, der hat wirklich Nerven, denn das<br />
hast du noch nicht gesehen und ja, ja,<br />
ja, der Mann ist komplett verstrahlt: Wie<br />
aus einem Schmuckkästchen funkelt und<br />
blitzt es dem ungläubigen Betrachter entgegen.<br />
Metallen, poliert, verchromt, dicht<br />
an dicht und in diversen Lacktönen. Nach<br />
dem ersten Erstaunen rattern die grauen<br />
Zellen. Z-Vierzylinder, frühe und seltene.<br />
In außerirdischem Zustand. Im ersten<br />
Stock. Sechs an der Zahl sortieren sie sich<br />
vor eine sauber holzvertäfelte Dachschrä-<br />
ge, dazwischen und daneben lagern diverse<br />
Motoren, unterfüttern das ganze<br />
Glimmen und Flirren mit ihrer technischen<br />
Eleganz. Makellos aufgebaut ist<br />
kein Ausdruck, und man beschließt in<br />
ehrfürchtiger Andacht: Jetzt bloß die<br />
Schnauze halten, hier hat einer Ahnung.<br />
Das hier sind echt Kunstwerke<br />
Reinhard geht vor. „Sonst sind die natürlich<br />
abgedeckt“, berichtet er treu. „Schon<br />
wegen des Lichts.“ Ist klar. Das sind hier<br />
nämlich gar keine Motorräder, man hat<br />
sich so was gedacht. Sondern Kunstwerke.<br />
Aber bevor Reinhard weiter erläutern<br />
kann, entdeckt der eintretende Besucher,<br />
dass im Hause Maatz die Kunst in der<br />
Küche parkt. Ein schmaler Gang nur<br />
trennt Kawas und Hauswirtschaftszeile.<br />
Arbeitsplatte, Hängeschränke, alles da.<br />
Ob im Kühlschrank ein Klarer lagert? Man<br />
könnte einen gebrauchen, erfährt aber<br />
stattdessen, wie das alles angefangen hat.<br />
Damit nämlich, dass Reinhard anno 1976<br />
eine H2 kaufen wollte. Für jemanden, der<br />
schon als Bengel und ohne Führerschein<br />
nicht schnell genug um die Ecken kommen<br />
konnte, war der giftige 750er-Zweitakter<br />
genau richtig. Aber irgendwie muss<br />
dem kaufwilligen Jungspund entgangen<br />
sein, dass der Dreizylinder nicht mehr im<br />
Programm war. Und die Z 900, damals<br />
gerade neu als Nachfolgerin der 1972 vorgestellten<br />
Z1, zu teuer. Also kam deren<br />
kleine Schwester her, eine von Detlev<br />
Louis importierte Z2.<br />
Eben diese Maschine steckte später<br />
mal zur Hälfte in einem Opel Ascona. Der<br />
hatte die Vorfahrt genommen und Rein-<br />
hard zwei gebrochene Hände. Deshalb<br />
konnte er nicht zum Bund und dort Kfz-<br />
Mechaniker lernen. Mit der Nachfolgerin<br />
lief auch nicht alles rund, Reinhard und<br />
seine Freundin überlebten in Spanien<br />
ziemlich unverletzt einen denkwürdigen<br />
Unfall, an dessen Ende die Z 900 – ebenfalls<br />
fast unversehrt – in einem Baum hing.<br />
So was verbindet: Sie hieß bald Frau<br />
Maatz, er blieb der Kawa treu. Irgendwie<br />
sogar 1985, als er eine GPZ 900 R erwarb<br />
und sich von allem Luftgekühlten trennte,<br />
nur von der 900er nicht. Fünf Jahre stand<br />
sie einsam neben aktuellen Kawasaki-<br />
Brennern, dann reichte es. Reinhard lässt’s<br />
wirklich gerne laufen. „Aber dafür brauch<br />
ich keine 150 PS.“ Ab ZX 10 verweigerte er<br />
die Leistungseskalation und verliebte sich<br />
neu. In seine alte Z 900. Die eine unbändige,<br />
vorher nie gekannte Sammelleidenschaft<br />
weckte und bald wieder original<br />
restauriert war<br />
Das Wörtchen „original“ spielt hier<br />
augenscheinlich eine besondere Rolle,<br />
aber vor der genüsslichen Detailanalyse<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
So sieht das aus,<br />
wenn einer mal<br />
wirklich praktisch<br />
denkt. Obwohl:<br />
Eigentlich gehören<br />
gute Zylinderköpfe<br />
und Original-Instrumente<br />
mittlerweile in<br />
einen Tresor und<br />
nicht in den Topfschrank<br />
oder die<br />
Tiefkühltruhe<br />
muss zunächst mal diese eine Frage geklärt<br />
werden: Warum stehen die schönsten<br />
Teile jetzt in einer Küche im ersten<br />
Stock? „Weil die Kinder aus dem Haus<br />
sind und weil es hier echt trocken ist und<br />
weil ich den Platz in der Garage für Fahrzeuge<br />
brauche, nicht für Stehzeuge.“ Die<br />
Wucht dieser Dreifachbegründung überzeugt,<br />
eher kleinlaut kommt als Gegenwehr:<br />
„Und die Treppe?“ Jetzt grinst Reinhard<br />
wieder. Dafür braucht man Freunde.<br />
Fünf pro Motorrad. Der Mann ist zwar gelernter<br />
Maurer, arbeitet aber schon seit<br />
Jahrzehnten als Kranführer, mit heiklen<br />
Hievs kennt er sich aus. Nur warum kann<br />
er so begnadet schrauben? Als Junge hat<br />
er immer einem Nachbarn über die Schulter<br />
geschaut, der Bahnmotoren gemacht<br />
hat. Dann hat er sich eben reingefummelt.<br />
Nicht nur ins Schrauben, sondern über die<br />
Jahre auch ins Teile-Beschaffen. Wie aufgezogen<br />
kann Reinhard berichten, was<br />
mittlerweile alles selten (Auspuffanlagen<br />
für die Z 1000), höchstens noch in USA zu<br />
haben (gute Zylinderköpfe), nur mit ex-<br />
Die Versorgungslage<br />
ist bei Reinhard<br />
Maatz völlig<br />
entspannt, und<br />
genau wie andere<br />
Leute auch erkennt<br />
er das an<br />
einem gut gefüllten<br />
Kühlschrank<br />
Im Kinderzimmer<br />
plärren die beiden<br />
H2, die eine<br />
original restauriert,<br />
die andere<br />
mit gerade mal<br />
6000 Meilen und<br />
Originalbereifung
SZENE I<br />
Kawasaki-Sammler Maatz<br />
Anbetungswürdig: Perfekter und liebevoller kann man wohl nicht restaurieren<br />
trem viel Glück zu kriegen ist (Teile fürs<br />
Antriebsketten-Schmiersystem der ersten<br />
Z1) oder fast schon mit Gold aufgewogen<br />
wird (Kilometer-Tachos für die H2).<br />
Dem Zuhörer schwindelt, und er ahnt:<br />
Ein Aufbau im Originalzustand fordert<br />
nicht nur den Handwerker, sondern vor<br />
allem den Händler im Manne, und der<br />
muss sein Restaurierungsobjekt in- und<br />
auswendig kennen, damit er am richtigen<br />
Ort oder beim richtigen Forum genau im<br />
richtigen Moment zuschlagen kann. Reinhard<br />
ist bestens gewappnet, denn er hat<br />
alle Mikrofiches. Ein Wahnsinn. Jetzt<br />
schreitet er auf den Kühlschrank zu. Jau,<br />
einen Klaren, gute Idee. Schwungvoll öffnet<br />
die Tür. „Hier“, sagt Reinhard und freut<br />
sich. Dem Besucher fällt die Kinnlade runter.<br />
Wo der Schnaps stehen könnte, lagern<br />
Kawasaki-Schriftzüge, im Gemüsefach<br />
Blinker und ganz oben die Innereien von<br />
Instrumenten. „Davon hab ich noch mehr.“<br />
Schon gewährt auch der Gefrierschrank<br />
tiefe Einblicke, und tatsächlich: Statt Bohnen<br />
und Schnitzel warten heute Drehzahlmesser<br />
und Tachos auf zweckdienliche<br />
Verwendung. Die Sinne schwinden,<br />
eine 73er-Z1 muss als Stütze herhalten,<br />
aber die Show geht immer weiter: Mit<br />
einem Motorradschlachter hat Reinhard<br />
vereinbart, dass er sich alle Kawa-Schrauben,<br />
-Hülsen und -Distanzstücke angucken<br />
darf, bevor die weggeschmissen<br />
werden. Davon sucht er die besten raus<br />
und arbeitet sie auf, einige lagern matt<br />
glänzend in Schüben für Haferflocken<br />
und Zucker, andere im Geschirrfach. Wie<br />
praktisch so eine Küche sein kann! In den<br />
Topfschrank passen sogar Zylinderköpfe.<br />
Was steht im Kinderzimmer?<br />
Jetzt hilft nur noch die Flucht nach vorn:<br />
Was ist eigentlich in den anderen Räumen?<br />
Ungerührt betritt Reinhard den Flur<br />
der kleinen Dachgeschosswohnung, öffnet<br />
die nächste Tür. „Das Kinderzimmer.“<br />
Ja, und da stehen sie auch schon, die kleinen<br />
Racker. Eine original restaurierte H2.<br />
„Das musste ja wohl sein, oder?“ Und eine<br />
H2 im Originalzustand mit Originalbereifung.<br />
„Da kann man nicht nein sagen.“<br />
Dann bittet der Hausherr in die gute Stube,<br />
und da steht – ein gedeckter Kaffeetisch.<br />
Gott sei Dank. Bei der zweiten Tasse<br />
verrät Reinhard, dass er damals – also<br />
1990 – gerade noch rechtzeitig und vor allem<br />
mit der nötigen Entschlossenheit eingestiegen<br />
ist. „Heute suchen die Leute oft<br />
wie blöd, und die Preise spielen verrückt.“<br />
Außerdem hat er weise Bescheidenheit<br />
walten lassen: Alles nach Baujahr 1980,<br />
ab Z 1000 J und Geschwistern also, blieb<br />
außen vor. „Das ist ja praktisch ein ganz<br />
anderer Motor.“ Längst hat Reinhard sich<br />
angewöhnt, auf Anfragen mit einer Gegenfrage<br />
zu kontern: Was bekomme ich<br />
dafür? An Teilen, nicht Geld. Womit auch<br />
geklärt wäre, was ihn besonders fesselt an<br />
den alten Z-Fours: Er will schrauben, aufbauen.<br />
Und wenn wieder eines dieser<br />
epochalen Motorräder fertig ist, will er<br />
sich freuen. Jedes Mal neu ein alter Jugendtraum,<br />
schöner als damals.<br />
Nun ist aber genug gequatscht.<br />
„Komm, wir gehen in die Garage.“ Prima<br />
Idee, doch auch Fahrzeuge gucken geht<br />
hier nicht ohne Überraschungen. Erstens<br />
steht auf der Bühne eine Zweitakt-250er,<br />
die seltene KR1 mit wassergekühltem<br />
Reihenzweizylinder, kurz vor der Vollendung.<br />
„Ist mir hier um die Ecke zugelaufen.“<br />
Zweitens lugt unter alten Wolldecken<br />
eine wahnsinnig sauber aufgebaute<br />
Yamaha RD 500 hervor. „Seitensprung, na<br />
und? Eine Suzuki RG 500 hätte ich auch<br />
gerne.“ Drittens (siehe Kasten) steht da<br />
eine Z 1000, die mit original wenig, mit<br />
endgeil aber sehr viel zu tun hat. „Ich<br />
wollte mal zeigen, was alles geht.“ Und<br />
dann die Sechszylinder Z 1300. Fahrbereit<br />
und schön, aber gemessen am Küchengerät<br />
noch kein Schmuckstück. Mensch,<br />
Reinhard, dabei wär‘ die doch wirklich<br />
was für die gute Stube.<br />
◻<br />
KAWASAKI Z 1000-UMBAU<br />
Um allen zu zeigen, dass er außer Original auch Umbau kann, hat Reinhard<br />
Maatz einen Z 1000-Rahmen – als einer der Ersten – mit der Schwinge einer<br />
ZRX 1100 veredelt, in der das Hinterrad einer ZZR 1100 rotiert und die sich gegen<br />
Koni-Federbeine abstützt. Vorn kümmert sich eine Gabel aus GPZ 900 R-<br />
Stand- und ZX 10-Tauchrohren mit Wilbers-Gabelfedern um den Bodenkontakt.<br />
Die Bremse entstammt ebenfalls einer ZX 10, das Vorderrad einer ZZR 600,<br />
geführt wird das Ganze am breiten Superbike-Lenker. In einem Z 1 R-Motorgehäuse<br />
rotiert die leichte Kurbelwelle einer 1973er-Z1, ebenso fanden deren<br />
hohlgebohrte Nockenwellen Verwendung. Das Gemisch bereiten 29er-Smooth-<br />
Bore-Mikunis auf, der K & N-Luftfilter sitzt vor dem leergeräumten Luftfilterkasten,<br />
und auch sonst wurde alles unternommen,<br />
um Strömungswiderstände zu<br />
minimieren. Mehr nicht. Leistung? Hat<br />
Reinhard nie gemessen, auf jeden Fall genug.<br />
www.motorrad-classic.de
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SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Wer‘s dezent und<br />
unauffällig mag,<br />
sollte die neue<br />
Matchless meiden<br />
Matchless wiederbelebt<br />
Rechtzeitig zum 115. Jubiläum der Marke stellen<br />
die neuen Firmeninhaber auf der Eicma in Mailand<br />
eine neue Matchless vor: die X Reloaded.<br />
Matchless Motorcycles, einst von<br />
Henry Collier und seinen Söhnen<br />
1899 gegründet, mauserte sich in den<br />
ersten Jahrzehnten schnell zur bedeutenden<br />
Weltmarke und zu einem der innovativsten<br />
Motorradhersteller. 1929 wurde die berühmte<br />
„Model X“ vorgestellt, mit einem<br />
herausragenden 990-cm³-V2. Die Matchless-Singles<br />
wie G3 und G80 entpuppten<br />
sich nachfolgend als äußerst erfolgreich,<br />
auch die Parallel-Twins dürfen als Meilensteine<br />
gelten. Mit dem Kauf von Matchless<br />
durch die Malenotti-Familie 2012 brach ein<br />
neues Zeitalter für die Marke an, die nach<br />
den Erfolgen der<br />
„Matchless London“-<br />
Klamottenlinie (von<br />
vielen Hollywood-<br />
Topstars getragen)<br />
nun auch wieder<br />
Matchless-Motorräder<br />
hervorbringt. Der renommierte Designer<br />
Franco Malenotti hat bereits berühmte<br />
Bikes wie die Laverda Jota und RGS gestaltet<br />
und zeichnet nun verantwortlich für das<br />
Design der neuen „Model X Reloaded“.<br />
Angetrieben wird die Neue von einem<br />
1916-cm³-V-Twin mit Einspritzung des amerikanischen<br />
Motorenbauers S&S. Der Zen -<br />
tral rohrrahmen aus Stahl beherbergt auch<br />
den Ölvorrat, die vordere Einscheibenbremse<br />
mit Zwölfkolbensattel erregt ebenso Aufsehen<br />
wie der von 740 bis 800 Milli meter<br />
höhenverstellbare Solositz.<br />
www.matchlesslondon.com<br />
Fotos: Matchless<br />
Japan-Deutsche<br />
Was japanische Designer aus einem<br />
deutschen Retro-Boxer machen. Bei den<br />
BMW Motorrad Days in Japan erlebten die<br />
Zuschauer eine ganz besondere Premiere:<br />
Vier ganz spezielle R nine T, jeweils umgebaut<br />
von führenden japanischen Customizing-Firmen,<br />
wurden zum ersten Mal der<br />
Öffent lichkeit präsentiert. In weniger als 200<br />
Tagen entstanden ganz individuelle Kreationen,<br />
die begeisterten Applaus ernteten.<br />
Gelungene Hingucker sind sie alle – ob<br />
„Clubman Racer“: „Ich wollte einen sportlichen<br />
Café Racer bauen, der auch für die<br />
Rennstrecke taugt“, „Boxer“: „Der schlanke<br />
Alutank ist das Hauptmerkmal, die Verkleidung<br />
ist an ein Rennmotorrad aus den 70ern<br />
angelehnt“, „Cyclone“: „Ich wollte den<br />
leichtfüßig wirkenden Charakter eines Tracker-Bikes<br />
er zielen“ oder die Kreation “Highway<br />
Fighter“: „Ich habe mir vorgestellt, wie<br />
BMW-Motorräder in zehn Jahren aussehen<br />
könnten.“ Ola Stenegard, BMW-Chefdesigner<br />
der R nine T, zeigte sich begeistert: „Es<br />
hat mich fast umgehauen. Die Details: irre.“<br />
Boxer auf japanisch: Die Custom-Varianten der R nineT „Clubman Racer“,<br />
„Boxer“, „Cyclone“ und „Highway Fighter“ (v.l.n.r.) können sich sehen lassen<br />
Foto: BMW<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Bonhams Boliden<br />
Großes Angebot an exklusiven Klassikern<br />
bei der Bonhams-Auktion am 19.<br />
Oktober. Mit über 180 Motorrädern, die<br />
bei der jährlichen Stafford-Herbst-Auktion<br />
im Rahmen der <strong>Classic</strong> Motorcycle Mechanics<br />
Show unter den Hammer kommen,<br />
dürfte für fast jeden etwas dabei sein. So<br />
kann eine einst preisgekrönte (Best Custom<br />
Bike) Dresda-Honda 900 von 1975,<br />
Teil einer privaten Sammlung von Bikes der<br />
70er- und 80er-Jahre, schon für einen erwarteten<br />
Preis von 8000 bis 12000 Pfund<br />
(ca. 10300 bis 15500 Euro) den Besitzer<br />
wechseln. Großes Interesse dürfte auch die<br />
mit ihrem 998-cm³-V-Twin einst als<br />
„stärkstes Motorrad der Welt“ gepriesene<br />
Bikes im Wandel<br />
der Zeit: Flying<br />
Merkel von 1914,<br />
MV Agusta von<br />
1954 und Dresda-<br />
Honda von 1975<br />
Flying Merkel von 1914 wecken, allerdings<br />
beläuft sich der Schätzpreis hier auf<br />
etwa 50000 bis 70000 Pfund (ca. 65000<br />
bis 90000 Euro). Mit erwarteten 55000 bis<br />
75000 Pfund (ca. 71000 bis 96000 Euro)<br />
noch etwas teurer werden dürfte der rare<br />
MV Agusta-Ex-Werksrenner von 1954 mit<br />
dem 125er-Twin-Cam-Motor. Er ist Teil<br />
einer privaten Sammlung des einstigen<br />
TT-Rekordhalters Maurice „Mole“ Benn,<br />
die aus sieben MV Agustas besteht, die<br />
allesamt versteigert werden sollen.<br />
Weitere Highlights sind unter anderem<br />
ein 600er-Premier-V-Twin von 1909, eine<br />
490-cm³-Norton 16H von 1924<br />
und eine 349-cm³-AJS Big Port von 1926.<br />
Fotos: Bonhams<br />
Rolling Stone<br />
Die neue Moto Guzzi-Baureihe<br />
V7 II (Due) glänzt mit neuen<br />
Details und verbesserter Technik.<br />
Der Small-Block-Motor verfügt<br />
über ein neues Sechsganggetriebe<br />
und eine überarbeitete, nun leichtgängigere<br />
Kupplung. Für mehr<br />
Sicherheit sorgen das Zweikanal-<br />
ABS und eine Traktionskontrolle<br />
namens MGCT. Der 90-Grad-V2<br />
wurde um vier Grad nach vorne geneigt<br />
und zehn Millimeter tiefer<br />
montiert – dies soll Aussehen und<br />
Kniefreiheit verbessern. Für mehr<br />
Komfort sorgen auch die nun 25<br />
Millimeter tiefer angebrachten Fußrasten.<br />
Besonders das gezeigte<br />
MODELL STONE (neben den Modellen<br />
Special und Racer), aufs<br />
Wesent liche beschränkt, aber in<br />
den typischen Farben der 70er-Jahre,<br />
dürfte eingefleischten Guzzi-<br />
Fans gefallen, wenn es ab November<br />
<strong>2014</strong> auf den Markt kommt.<br />
Foto: Moto Guzzi<br />
Ein im Rennen getragener<br />
Arai-Helm von Racing-Legende<br />
Barry Sheene kommt<br />
(u.a. neben seiner Dainese-<br />
Rennkombi) ebenfalls am<br />
19. Oktober bei Bonhams<br />
unter den Hammer<br />
TERMINE<br />
OKTOBER<br />
17.-19. 10.: Oldtimertreffen des Z-Club-Germany<br />
e.V. für alle klassischen Motor räder aus den<br />
Jahren 1960 bis 1985; Rund um den Solitude-<br />
Turm am Glemseck bei Leonberg, 71229 Leonberg,<br />
Tel. 0 71 52/7 17 20, www.youngtimerbikes.de<br />
19.10.: Oldtimertreff am historischen Zentrum;<br />
Engelsstraße 10/18, 42283 Wuppertal,<br />
Tel. 0172/9 53 11 92, www.avd-wtal.de<br />
19.10.: 25. Veteranen-Teilemarkt im Speedwaystadion;<br />
24616 Brokstedt, Tel. 04324/883858<br />
25.10.: Saisonabschlussfahrt ab dem Motorrad-<br />
Museum; 56410 Montabaur, Tel. 026 02/4327,<br />
www.motorrad-museum-montabaur.de<br />
25.10.: 11. Vorkriegsteilemarkt; (Autobahn A 72,<br />
Abfahrt 8), 08233 Treuen, Tel. 0175/1 79 39 48<br />
25./26. 10.: Oldtimer- und Teilemarkt in der<br />
Vestlandhalle & Freigelände; 45659 Recklinghausen,<br />
Tel. 0202/30 08 48<br />
NOVEMBER<br />
2.11.: „Das kleine Museum der Oldieträume“<br />
(Mopeds & mehr); von 10 bis 18 Uhr,<br />
79777 Ühlingen, Tel. 0162/7 75 35 05<br />
8./9.11.: 45. Oldtimermarkt für Schrauber &<br />
Sammler in der Kopernikus-Aula;<br />
53773 Hennef, Tel. 0179/3 92 77 47,<br />
www.oldtimertage-hennef-sieg.de<br />
9.11.: Motorradteilemarkt „Karl am Kanal“;<br />
Wallstraße 52, 45899 Gelsenkirchen,<br />
Tel. 0172/6 19 45 76,<br />
www.herber-nrw.eu<br />
15.11.: Oldtimermarkt Klassik-Technik;<br />
Mehrzweckhalle, 71083 Herrenberg,<br />
Tel. 097 21/4 14 55,<br />
www.oldtimermarkt-klassik.de<br />
22./23.11.: 8. Veteranen-Motorradausstellung<br />
in der Festhalle; 76831 Heuchelheim,<br />
Tel. 063 49/17 39<br />
30.11.: 8. Mopedteilemarkt in der Schillerhalle<br />
(Teile und Komplettfahrzeuge);<br />
66978 Donsieders,<br />
Tel. 0178/2 13 14 53<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 47
MARKT I<br />
Preisliste<br />
PREISSPIEGEL<br />
YOUNGTIMER<br />
Hier finden Sie die aktuellen Preise von über 450<br />
Motorrad-Klassikern der Baujahre 1970 bis 1990.<br />
Foto: Siemer<br />
Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für<br />
die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />
sind in einer größeren Menge vorhanden<br />
und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />
es jedoch daran: Dem knappen, für<br />
Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />
eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />
Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />
einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen<br />
mit den Experten von classic-analytics<br />
erstellt haben. In dieser Ausgabe haben<br />
wir über 450 Modelle der Baujahre 1970<br />
bis 1990 unter die Lupe genommen. Um<br />
ein noch besseres Gefühl für den Klassiker-Markt<br />
zu vermitteln, geben wir darüber<br />
hinaus die ehemaligen Neupreise des<br />
letzten Modelljahres in D-Mark an.<br />
Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />
Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />
Originalzustand befinden und nur<br />
kleinere Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Verbrauchte Kräder mit deutlichen<br />
Mängeln und eingeschränkter Fahrbarkeit<br />
bekommen dagegen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Sie stellen eine brauchbare<br />
Restaurierungsbasis dar.<br />
Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
auch mal deutlich überschritten werden<br />
können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />
oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />
einen entsprechenden Nachlass.<br />
classic-analytics aus Bochum<br />
betreibt Marktbeobachtung und<br />
erstellt Bewertungen für Oldtimer,<br />
Youngtimer und alle Arten von<br />
Liebhaberfahrzeugen. Die Klassik-<br />
Experten stehen in ständigem Dialog<br />
mit Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />
besuchen europaweit<br />
Fach messen und werten neben<br />
Internet-Offerten jeden Monat mehr<br />
als 60 Fachzeitschriften im In- und<br />
Ausland aus. Eine komplette Liste<br />
aller Bewertungspartner gibt es unter<br />
www.classic-analytics.de. Wer es ganz<br />
eilig hat, kann für 9,95 Euro eine<br />
Online-Bewertung (Home Check) des<br />
Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />
freut man sich über Rückmeldungen.<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
BENELLI<br />
R 60/6 5992 1973-76 30/40 5300 1800<br />
250 2C/Sport 3820 1972-88 20/27 2500 700 R 60/7 6850 1976-78 30/40 4500 1400<br />
250 Quattro/254/304 4980 1976-89 20/27 2500 700 R 65 8890 1978-85 35/48 3100 900<br />
354/Sport 7610 1979-84 28/38 3500 1100 R 65 9850* 1985-93 20/27 3000 900<br />
500 Quattro 5995 1974-80 32/44 4100 1400 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3400 1000<br />
650 Tornado 6295 1968-75 33/45 5300 1900 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4100 1500<br />
650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 3800 1200 R 75/5 4996 1969-73 37/50 6200 2300<br />
750 Sei 9820 1973-77 55/75 11 000 4300 R 75/6 7110 1973-76 37/50 6100 2200<br />
900 Sei 10 500 1978-89 59/80 10 100 4000 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5300 1800<br />
BIMOTA<br />
K 75 13 350 1986-96 55/75 3200 800<br />
KB 1 24 130 1978-82 63/85 13 500 5900 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3400 900<br />
YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/121 13 900 6000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 7500 1800<br />
YB 6 34 980 1988-89 103/140 11 500 3800 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 5100 1800<br />
BMW<br />
R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 4600 1600<br />
R 45 7690 1978-85 20/27 2800 800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3300 1000<br />
R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 1900 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 4400 1400<br />
R 60/5 3996 1969-73 30/40 5800 2000 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 4000 1300<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni <strong>2014</strong><br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
R 90/6 7110 1973-76 44/60 6500 2400<br />
R 90 S 9130 1973-76 49/67 9500 3300<br />
R 100/7 8590 1976-78 44/60 4000 1400<br />
R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4100 1500<br />
R 100 S 10 190 1976-78 48/65 4800 1600<br />
R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6000 2000<br />
R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 5300 1800<br />
R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 4300 1600<br />
R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 5100 1800<br />
R 100 CS 12 190 1980-84 51/70 5800 1900<br />
R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 5300 1900<br />
K 100 15 900 1983-90 66/90 3200 900<br />
K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3600 1000<br />
K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 3500 1000<br />
K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 3700 1000<br />
K 1 21 000 1988-93 74/100 5600 2100<br />
BSA<br />
B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />
A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 6100 2600<br />
A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 6500 2800<br />
Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 9400 4300<br />
CAGIVA<br />
SST 350 7900 1980-86 20/27 1500 600<br />
T4 500 E 8490 1988-89 31/42 1700 600<br />
Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />
Elefant 650 12 390 1985-88 37/50 2500 700<br />
Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />
DUCATI<br />
250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4400 1900<br />
350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5800 2400<br />
350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7200 2700<br />
350 GTV 6020 1975-80 17/24 3800 1500<br />
450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7700 2900<br />
500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 4000 1500<br />
500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 4900 2000<br />
600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 5100 2100<br />
750 F1 18 499 1985-87 59/80 14 200 7000<br />
750 Paso 13 990 1986-90 54/73 4000 1400<br />
750 GT 6495 1971-74 44/60 16 000 7000<br />
750 S 8000 1972-74 47/64 19 200 8800<br />
750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 37 500 20 000<br />
750 SS (eckig) 11 580 1975-77 50/68 25 000 12 500<br />
851 S 29 990 1988-89 75/102 6200 2800<br />
860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 7200 2500<br />
900 SS 12 028 1975-82 53/72 21 000 8000<br />
Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 7500 2900<br />
Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 7700 3000<br />
900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11 500 5600<br />
900 S2 12 361 1983-84 48/65 7000 3200<br />
906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3400 1000<br />
1000 Hailwoood Repl. 15 990 1985-86 56/76 11 100 5400<br />
1000 S2 15 990 1985-86 56/76 10 500 5200<br />
ENFIELD INDIA<br />
Bullet 350 4990* 1955 13/17 4100 1500<br />
GILERA<br />
500 Saturno 11 500 1988-91 28/38 7200 2100<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
XL 883 Sportster 12 190 1986-95 37/50 5700 2100<br />
XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10 500 4800<br />
XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 6900 3900<br />
XLCR 1000 11 980 1977-78 44/60 15 700 8200<br />
XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16 700 8800<br />
XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 6900 3900<br />
FLH 1200 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 12 800 7100<br />
FX 1200 Super Glide 14 198 1971 43/58 12 300 6900<br />
FX 1200 Super Glide 12 460 1972-80 43/58 12 300 6900<br />
XL 1200 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />
FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 12 300 6800<br />
FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 11 000 5000<br />
FXE/R 1340 Super Glide 21 180 1982-94 33/45 11 600 5400<br />
FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11 300 5300<br />
FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13 300 7300<br />
FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13 300 7300<br />
HERCULES<br />
K 125 Military 7150* 1971-90 9/12 2000 800<br />
HONDA<br />
CB 125 2098 1970-76 10/13 2200 600<br />
CB 125 J/S 2698 1975-79 10/13 1900 400<br />
CB 125 T 3352 1978-86 13/17 1600 300<br />
XL 125 2658 1976-79 10/13 1800 400<br />
CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />
XL 185 S 3708 1979-82 12/16 1800 500<br />
CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />
MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1400 300<br />
XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1600 400<br />
CB 250 3048 1968-73 22/30 3100 1100<br />
CB 250 N 4840 1978-84 13/17 1400 400<br />
CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1600 500<br />
CB 250 T 3878 1977-78 20/27 1500 400<br />
CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2000 600<br />
CL 250 3017 1968-72 22/30 3900 1100<br />
CL 250 S 4328 1982-84 13/17 1000 200<br />
CM 250 C 4088 1982-85 13/17 1200 400<br />
NX 250 7080 1988-94 19/26 1600 400<br />
XL 250 3818 1974-78 15/20 2200 700<br />
XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1800 600<br />
XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1500 500<br />
CB 350 3548 1968-74 26/36 3600 1200<br />
CB 350 F 4298 1972-74 25/34 3500 1200<br />
XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1700 500<br />
CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 2200 600<br />
CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3000 1000<br />
CB 400 N 5148 1978-83 32/43 1600 400<br />
CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 1900 500<br />
CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />
NS 400 R 10 128 1984-86 53/72 5600 2200<br />
CB 450 4248 1965-74 33/45 4600 1500<br />
CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1300 300<br />
CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1300 300<br />
CL 450 4248 1968-72 32/43 5400 1800<br />
CB 500 F 6328 1972-77 35/48 3600 1200<br />
CB 500 T 5018 1975-77 31/42 3000 1000<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 63
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
CX 500 6753 1978-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2000 500<br />
CX 500 C 6753 1980-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 4700 1600<br />
FT 500 4699 1982-84 20/27 1300 400<br />
GL 500 7873 1982-85 37/50 2800 700<br />
VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 1600 400<br />
VT 500 E 7900 1983-88 37/50 1900 500<br />
VT 500 C 7793 1983-88 37/50 2500 800<br />
XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1800 500<br />
XL 500 S 5370 1979-82 20/27 2200 600<br />
XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2000 500<br />
CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 3600 1200<br />
CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 1800 500<br />
CBR 600 F 12 150 1987-98 68/93 3800 1600<br />
XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />
XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />
XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />
XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />
VT 600 C Shadow 9930 1988 30/41 4500 1500<br />
CB 650 6972 1979-83 46/63 3700 1500<br />
CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 1700 400<br />
CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 2100 600<br />
CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2600 600<br />
CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2400 600<br />
CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5800 2000<br />
GL 650 8814 1983-85 48/65 3400 800<br />
NTV 650 10 145 1988-98 44/60 1900 600<br />
NX 650 Dominator 9395 1988 33/45 2200 800<br />
XRV 650 Africa Twin 12 880 1988-90 37/50 3900 1100<br />
CB 750 7368 1969-78 46/63 11 800 5600<br />
CB 750 C 8613 1980-83 57/77 2500 800<br />
CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 5900 2100<br />
CB 750 K 8613 1978-84 57/77 3200 800<br />
CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 3500 1100<br />
CBX 750 F 10 138 1984-86 67/91 2600 700<br />
VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2200 600<br />
VF 750 C 9173 1982-84 60/82 2600 700<br />
VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2400 600<br />
VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3000 800<br />
VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3000 800<br />
VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 18 600 12 300<br />
VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />
XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3400 1100<br />
CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 3900 1300<br />
CB 900 F2 11 573 1981-84 70/95 2900 1000<br />
CBR 1000 F 16 495 1987-02 74/100 3100 1000<br />
CBX 11 262 1978-81 74/100 8000 3500<br />
CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 7500 3300<br />
GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 7400 3100<br />
VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 2600 800<br />
VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />
CB 1100 F 11 643 1982-85 74/100 3500 1300<br />
CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 6400 2300<br />
GL 1100 Gold Wing 11 327 1980-83 61/83 8100 4000<br />
VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 2600 800<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni <strong>2014</strong><br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 3900 1600<br />
GL 1200 18 978 1984-87 69/94 8400 4100<br />
GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />
JAWA<br />
250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 400<br />
250 California 2190 1969-74 12/16 3600 600<br />
350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2900 700<br />
350 California 2790 1969-74 17/23 3700 600<br />
KAWASAKI<br />
KH 125 2798 1977-81 7/10 900 200<br />
KMX 125 4690 1986-88 13/17 1100 200<br />
KMX 200 5490 1988-90 13/17 1200 200<br />
Z 200 2900 1977-79 13/17 1300 200<br />
250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3200 1200<br />
EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />
GPZ 250 4740 1983-84 13/17 1100 200<br />
KL 250 3530 1977-84 13/17 1100 200<br />
KLR 250 6060 1984-92 13/17 1200 200<br />
Z 250/A 4480 1978-83 20/27 1300 300<br />
Z 250 C 3870 1980-84 13/17 1200 200<br />
Z 250 Ltd 3980 1980-83 13/17 1200 200<br />
GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />
350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 3500 1300<br />
KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />
GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />
Z 400 4020 1974-79 20/27 3100 1100<br />
Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 1200 200<br />
Z 440 5110 1980-84 20/27 2600 1000<br />
Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 3100 1100<br />
Ltd 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />
500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5200 2900<br />
GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />
GPZ 550 7940 1981-90 48/65 3300 1100<br />
Z 500 6218 1979-80 37/50 2700 1000<br />
Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 2500 700<br />
Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />
GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 1200<br />
GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 1200<br />
KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />
ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />
KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />
Z 650/F 7000 1976-83 50/67 4100 1700<br />
Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2700 1000<br />
750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 9800 3900<br />
GPX 750 R 12 640 1987-90 74/100 2800 1000<br />
GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2000 600<br />
GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2000 600<br />
VN 750 10 690 1986-90 48/65 2500 700<br />
Z 750 6500 1976-79 38/51 5100 1900<br />
Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 2400 700<br />
Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 1600 400<br />
Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 1500 400<br />
Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1900<br />
ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2900 1000<br />
900 Z1 8500 1972-75 60/82 7800 3400<br />
GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3500 1200<br />
GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3300 1100<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2700 1000<br />
Z 1000 9100 1977-79 63/85 7400 2500<br />
Z 1 R 9800 1978-80 66/90 7400 2500<br />
Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 7200 2400<br />
Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3500 1300<br />
Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 3200 1100<br />
Z 1000 R k.a.* 1983 74/100 3100 1100<br />
Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 1000<br />
ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 2900 1000<br />
ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2700 900<br />
GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3100 1100<br />
Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />
Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />
VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />
LAVERDA<br />
500 6860 1976-80 33/45 3300 1200<br />
500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />
750 GT 6600 1970-73 38/52 7800 4800<br />
750 SF 6800 1971-73 45/61 8100 4900<br />
750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />
750 SFC 10 500 1971-78 55/75 18 200 9700<br />
1000/3C 9600 1973-75 57/78 5100 2400<br />
1000 3CL 9995 1976-80 57/78 5100 2400<br />
1000 Jota 12 500 1980-86 63/86 6600 3200<br />
1000 RGS 12 688 1982-86 63/86 6800 3400<br />
1000 SFC 16 970 1985 70/95 6800 3200<br />
1200 TS 11 748 1978-82 63/86 7000 3600<br />
MOTO GUZZI<br />
V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />
Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />
V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1600<br />
V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3900 1700<br />
V 65/II 7888 1981-87 37/50 2800 1000<br />
V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 7600 4400<br />
V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9800 4800<br />
750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />
850 LeMans 10 560 1976-78 52/70 8500 4500<br />
850 LeMans II 11 350 1979-80 54/74 7800 4400<br />
850 LeMans III 12 220 1981-84 56/76 7600 4500<br />
850 T 7160 1974-75 42/57 8000 4500<br />
850 T3 9200 1975-80 43/59 6200 3100<br />
850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 8300 4600<br />
850 T4 10 550 1980-83 43/59 4800 2000<br />
850 T5 10 550 1983-88 49/67 5900 2400<br />
V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />
V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10 400 5200<br />
V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 6400 3800<br />
1000 California II 13 490 1981-87 49/67 8100 4500<br />
1000 California III 14 880 1987-92 49/67 5200 2800<br />
1000 SP 11 850 1978-84 45/61 7100 3600<br />
1000 SP II 12 650 1984-87 49/67 4700 2500<br />
1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4500 2200<br />
1000 G5 10 400 1978-85 45/61 7200 3600<br />
1000 GT 12 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />
1000 LeMans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />
1000 LeMans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
MOTO MORINI<br />
125/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />
250 T 3960 1977-80 13/17 2800 1100<br />
250 J 4995 1980-85 17/23 3400 1300<br />
3 ½ 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />
3 ½ K2 6699 1983-86 20/27 2600 1200<br />
Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2500 1100<br />
500 T/S 7040 1978-81 30/41 7100 3500<br />
500 Sei 7985 1982-85 30/41 7800 4100<br />
MV AGUSTA<br />
125 Sport 3135 1975-77 9/12 3800 1500<br />
350/Sport 5252 1970-79 20/27 5900 2600<br />
750 GT 14 250 1970-75 56/76 43 500 28 600<br />
750 S 14 250 1970-75 56/76 47 000 30 200<br />
750 SS 16 500 1975-77 56/76 46 300 29 800<br />
800 S America 15 384 1977-80 60/82 35 300 19 200<br />
900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38 100 23 500<br />
Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 42 500 28 100<br />
GP 1100 32 400 1979-82 88/119 70 000 0<br />
MZ<br />
ETZ 125 1680 1985-91 7/10 1000 200<br />
TS 125 1799 1973-85 7/10 1700 300<br />
ETS 150 1598 1969-73 9/12 2500 1000<br />
ETZ 150 k.a.** 1985-91 9/12 1100 200<br />
ES 250/2 3015 1967-73 14/19 2600 1100<br />
ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />
TS 250 2490 1973-76 14/19 2400 800<br />
TS 250/1 2490 1976-81 13/17 2300 800<br />
ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1400 300<br />
NORTON<br />
Commando 750 5900 1967-74 44/60 8600 3800<br />
Commando 850 6800 1973-77 37/51 8400 3700<br />
SUZUKI<br />
GP 125 3031 1978-81 7/10 1000 200<br />
GT 125 20 870 1974-78 10/13 1500 300<br />
RV 125 3522 1977-81 6/8 1500 300<br />
GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />
GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />
DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />
GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />
GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 2000 600<br />
GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />
RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 1600<br />
RGV 250 9590 1988-93 43/58 3500 1500<br />
TS 250 4461 1972-81 13/17 1900 400<br />
TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 300<br />
SP 370 4590 1978-80 20/27 2400 800<br />
GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 1200<br />
DR 400 S 5112 1980-82 20/27 1100 200<br />
GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />
GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 900<br />
GSX 400 5249 1980-88 20/27 1200 300<br />
GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1400 300<br />
GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />
DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />
GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 65
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
GS 500 E 6850 1988 34/46 2000 800<br />
GT 500 4870 1976-77 28/38 3500 1300<br />
RG 500 12 184 1984-89 70/95 7600 3200<br />
GS 550 E 7011 1977-84 36/49 2700 1000<br />
GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 2700 1000<br />
GSX 550 6999 1982-88 37/50 2700 1000<br />
GT 550 5420 1972-77 35/48 4500 1700<br />
DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />
GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />
GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2700 1000<br />
LS 650 Savage 7590 1986 20/27 2500 800<br />
DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />
VS 750 11 250 1986-91 37/50 3200 1100<br />
GS 750 7190 1976-80 46/63 2900 1100<br />
GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />
GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />
GSX 750 F 12 740 1989-99 74/100 2400 800<br />
GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 5500 2100<br />
GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 5900 2200<br />
GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />
GT 750 6900 1972-76 51/70 7800 3400<br />
GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 1000<br />
GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3500 1300<br />
GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1300<br />
GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 6900 2700<br />
GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 3500 1300<br />
GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 3300 1200<br />
GSX 1100 EF 12 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />
GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />
VS 1400 15 030 1987-03 49/67 5800 2100<br />
RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 7800 3600<br />
TRIUMPH<br />
Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />
Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />
Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />
Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />
YAMAHA<br />
DT 125 E 3120 1973-81 7/10 1600 600<br />
RD 125 2585 1974-76 13/17 1400 300<br />
RD 125 LC 3420 1982-86 13/17 1000 200<br />
DT 175 MX 3483 1977-80 11/15 1300 300<br />
RD 200 3523 1975-80 13/17 1500 300<br />
DS 7 3245 1971-73 22/30 2600 900<br />
DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />
DT 250 MX 4283 1977-80 12/16 1200 200<br />
RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 1200<br />
SR 250 4107 1980-83 13/17 900 200<br />
RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />
TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />
TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 1200<br />
XS 250 4193 1978-80 13/17 1900 700<br />
XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />
RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 1200<br />
RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 2600 900<br />
RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />
XT 350 6910 1985-95 20/27 1500 300<br />
XS 360 3952 1976-78 20/27 2000 700<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni <strong>2014</strong><br />
DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 1900 400<br />
RD 400 4640 1976-80 32/43 3300 1200<br />
XS 400 4868 1978-82 20/27 2100 800<br />
XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1700 400<br />
XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />
RD 500 12 070 1984-89 65/88 7600 3400<br />
SR 500 6160 1978-99 20/27 3500 1300<br />
XS 500 5298 1976-80 36/49 2800 1100<br />
XT 500 6610 1976-90 20/27 3500 1300<br />
XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1300 200<br />
XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />
XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 400<br />
XT 550 5480 1982-84 28/38 1500 300<br />
XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />
FZR 600 12 750 1988-94 67/91 2300 700<br />
SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />
XJ 600 8900 1984-91 53/73 3200 1100<br />
XT 600 8025 1984-90 33/45 1900 400<br />
XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />
XJ 650 7780 1980-87 52/71 2100 700<br />
XJ 650 Turbo 12 288 1982-84 66/90 4500 1800<br />
XS 650 6505 1975-83 37/50 4100 1700<br />
XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3100 1000<br />
FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2200 700<br />
FZX 750 Fazer 11 325 1987-89 69/94 2400 700<br />
FZR 750 R OW-01 37 100 1987-90 74/100 13 700 9200<br />
TX 750 5995 1972-74 46/63 2800 1000<br />
XS 750 7318 1976-80 54/74 4700 1900<br />
XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />
XTZ 750 Super Ténéré 11 980 1987-96 51/69 2800 1000<br />
XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />
XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 2500 700<br />
XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2300 800<br />
XS 850 7915 1980-82 58/79 4700 1900<br />
XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />
XJ 900 F/N 12 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />
TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 1200<br />
FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />
XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 2800 900<br />
XV 1000/1100 Virago 12 870 1986-89 46/62 2600 800<br />
XS 1100 10 498 1978-83 70/95 4800 2000<br />
XS 1.1 Sport 11 178 1981-83 70/95 4100 1800<br />
FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />
FJ 1200 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />
V-Max k.a.** 1984-02 107/145 4900 2000<br />
XVZ 12 T 19 500 1984-89 71/97 3700 1500<br />
XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 3800 1600<br />
ZÜNDAPP<br />
KS 125 Sport 3458 1970-77 13/17 2900 1100<br />
KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3200 1200<br />
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Vertrieb: Belieferung, Betreuung und Inkasso erfolgen durch DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH, Nils Oberschelp (Vorsitz),<br />
Heino Dührkop, Dr. Michael Rathje, Düsternstraße 1, 20355 Hamburg, als leistender Unternehmer. AG Hamburg, HRB 95752.<br />
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Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften<br />
einzulösen. Die Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem<br />
Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten<br />
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an: <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0)711 3206-8899, Telefax: +49 (0)711 182-2550, E-Mail:<br />
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Diese und weitere interressante Aboangebote online: www.motorrad-helden.de/mclabo<br />
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Foto: Tichatschek<br />
LESERBRIEFE<br />
Foto: Dinschuh<br />
Ostzonaler Nachbau der BMW R 12<br />
Foto: Wiengarn<br />
Legal: CX 500-Café Racer aus Bergkamen<br />
Foto: Wolf<br />
Zonen-Boxer<br />
Jörg Birkholz weiß eine Antwort auf<br />
Franz Dinschuhs Leseranfrage zum<br />
Boxermotor mit Königswellenantrieb.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />
Hallo, vielleicht kann ich weiterhelfen. Es<br />
geht um die Anfrage von Franz Dinschuh<br />
in der letzten Ausgabe. Hier handelt es<br />
sich um einen Motor der BMW R 12. Dieser<br />
wurde in der sowjetisch besetzten<br />
Zone nachgebaut. Er wurde auch im Dreirad<br />
(Torpedo Blitz) eingebaut und als Antriebs-Aggregat<br />
für Landmaschinen in<br />
den 50er-Jahren benutzt.<br />
Jörg Birkholz, 12435 Berlin<br />
Breites Grinsen<br />
Leser Dahms hatte Spaß an der Geschichte<br />
über die Suzuki RV-Modelle.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />
Hallo <strong>Classic</strong>-Freunde, vielen Dank für<br />
den Bericht über die RV-Modelle. Hatte<br />
selbst eine 50er als Mokick mit Einzelsitzbank.<br />
Ein Kolbenschaden sorgte für die<br />
zweite Übergröße und 51 cm³. Die richtige<br />
„Frisur“ brachte allerdings die Vergrößerung<br />
des Einlasskanals im Kurbelgehäuse<br />
von 6 auf 10 Millimeter Durchmesser.<br />
Dann die größte Übersetzung von Suzuki<br />
montiert, und der kleine Gummiwutz lief<br />
mit 65 km/h in den roten Drehzahlbereich<br />
(Armaturen mit Drehzahlmesser montiert).<br />
Nach dem Weiterverkauf montierte<br />
der neue Besitzer fremde Ritzel, und die<br />
Karre lief dann zirka 80. Später besaß ich<br />
auch noch eine 125er. Höchstgeschwindigkeit<br />
war nicht wirklich deren Stärke,<br />
aber der coole Auftritt, außerdem war sie<br />
saubequem. Und hatte damals den breitesten<br />
Hinterreifen auf einem Moped.<br />
Peter Dahms, 24229 Schwedeneck<br />
Gleiche Idee<br />
Sven Wiengarn steht ebenfalls auf die<br />
Honda CX – und auf Café Racer.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />
Sehr geehrte <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Redaktion,<br />
mit viel Interesse und Freude habe<br />
ich Ausgabe 7/<strong>2014</strong> wieder einmal an<br />
zwei Tagen förmlich verschlungen. Besonders<br />
gefreut habe ich mich beim Lesen<br />
des Artikels über Albert Weishäupl und<br />
seinen Honda CX 500-Café Racer, denn<br />
genau dieses Projekt sind wir (Kumpel<br />
Thomas, mein Vater Andreas und ich) vor<br />
zwei Jahren auch angegangen. Und so ist<br />
es immer wieder schön zu sehen, was andere<br />
aus diesem Bike so alles herausholen.<br />
Bei uns hatte die Wahl der CX einen<br />
anderen Hintergrund. Besagter Kumpel<br />
Thomas liebäugelte schon länger mit der<br />
Moto Guzzi V 50 Monza meines Vaters,<br />
diese wollte er so ähnlich herrichten wie<br />
meinen Ducati 900 SS-Café Racer. Da sich<br />
mein Vater nicht von seiner Guzzi trennen<br />
wollte, suchten wir nach einer Alternative.<br />
Und stießen auf die CX 500.<br />
Vor zwei Jahren waren diese Motorräder<br />
noch sehr günstig zu bekommen,<br />
Thomas zahlte 400 Euro für ein „sehr“ gebrauchtes,<br />
aber fahrtüchtiges Exemplar<br />
mit 50 000 Kilometern. Da wir in Deutschland<br />
leben, stand bei unserem Umbau von<br />
vornherein die Straßenzulassung ganz<br />
oben auf der Liste. Der Rahmen im Heck<br />
wurde nach vorheriger Absprache mit<br />
dem Prüfingenieur gekürzt. Da man am<br />
Rahmen (offiziell) nicht schweißen darf,<br />
haben wir nicht den Rahmen an den Sitz<br />
angepasst, sondern den Höcker um den<br />
Rahmen gebaut. Alle anderen verbauten<br />
Teile haben eine Zulassung oder ABE. Da<br />
wir die CX mit Stummellenkern ausgestattet<br />
haben, wollten wir die originale<br />
Lenkerbefestigung samt Sicherungskasten<br />
nicht mehr im Cockpit sehen. Die einfachste<br />
und schönste Variante war die<br />
Verwendung der Gabelbrücken einer<br />
Honda CM 400 T. Diese passen auf die Gabel<br />
der CX 500 und wirken viel schlanker.<br />
Von der CX 500 C stammen die Seitendeckel,<br />
sie besitzen eine schönere Linie.<br />
Thomas ist seit dem Umbau mehr als<br />
10 000 Kilometer gefahren, das Bike<br />
macht noch genau so viel Spaß wie am<br />
ersten Tag. Ich habe Bilder beigefügt, vielleicht<br />
gefällt ja auch unser Umbau. Nicht<br />
so radikal wie von Herrn Weishäupl, der<br />
einen super Job gemacht hat, aber dafür<br />
im eleganten Stil mit Straßenzulassung.<br />
Mehr Bilder von unseren Projekten gibt es<br />
im Internet unter http://cafe2ride.de. Mit<br />
freundlichem Gruß<br />
Sven Wiengarn, Bergkamen<br />
Denkmal zu Ehren von Rupert Hollaus<br />
Unvergessen<br />
Auch in seiner Heimat erinnert man<br />
sich an den ersten österreichischen<br />
Motorradweltmeister Rupert Hollaus.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />
Sehr geehrte Redaktion, vielen Dank für<br />
den Artikel über Rupert Hollaus. Da ich in<br />
der Nähe seines Heimatortes wohne, erlaube<br />
ich mir ergänzend zum Artikel ein<br />
Foto des Denkmals beizufügen, das man<br />
in Traisen zu seinen Ehren errichtet hat.<br />
Es steht in Traisen an der Mariazeller Straße<br />
(B 20) auf dem Hollausplatz. Am Denkmal<br />
ist eine Tafel angebracht, die Hollaus<br />
als „Österreichs ersten Motorradweltmeister“<br />
bezeichnet. So weit mir bekannt,<br />
ist er bis heute auch der einzige. Das Foto<br />
habe ich selbst gemacht, sie können es<br />
gerne veröffentlichen. Mit freundlichen<br />
Grüßen<br />
Gottfried Tichatschek,<br />
A-2351 Wiener Neudorf<br />
Velocette-Autor<br />
Leser Maarten Mager hat einen Artikel<br />
in <strong>Classic</strong> entdeckt, den er einst für<br />
„DAS <strong>MOTORRAD</strong>“ geschrieben hat.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 7/<strong>2014</strong><br />
Guten Tag, es hat mich gefreut in Nummer<br />
7/<strong>2014</strong> auf den Seiten 78/79 meinen Artikel<br />
von 1966 über die Velocette Thruxton<br />
mit dem schönen Titelbild wieder zu sehen.<br />
Es ist ein tolles Motorrad. Der Besitzer,<br />
Per Smedberg, lebt noch und fährt<br />
heute eine Guzzi V 65. Auch ich (bin nun<br />
76) fahre noch regelmäßig Motorrad, im<br />
Stall stehen ein Guzzi-Gespann, eine Beta<br />
Alp 04 und eine Fantic Trial 240 von 1984<br />
(siehe Bild), mit der ich mich noch an<br />
<strong>Classic</strong>-Veranstaltungen beteilige. Um<br />
auch geistig nicht einzuschlafen, betreibe<br />
ich den norwegischen Wilbers-Import. Ihre<br />
Zeitschrift abonniere ich (noch) nicht,<br />
bin aber <strong>MOTORRAD</strong>-Abonnent seit 1958.<br />
Besten Gruß<br />
Maarten Mager, N-4768 Engesland<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Foto: Mager<br />
JAHRESABO<br />
Willkommen im Club!<br />
Breit-Reifen: Suzuki RV 125 Maarten Mager:<br />
Mehr Ost-50er!<br />
Noch ein Rückblick auf die 50er-Jahre.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 6/<strong>2014</strong><br />
mit 76 über Stock und Stein<br />
Hallo liebe <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-Redaktion,<br />
auch mir kamen beim Lesen Eures Artikels<br />
über die 50er-Kleinkrafträder unvergessliche<br />
Jugenderinnerungen hoch. Meine Zweiradleidenschaft<br />
begann 1974 ebenfalls mit satten<br />
50 cm³ Hubraum auf einem gebrauchten<br />
Simson KR 50 (50er-Kleinroller, 2,1 PS, 50<br />
km/h, Zweigang-Handschaltung). Ich war 15<br />
Jahre jung und verzichtete auf die damals<br />
unter Jugendlichen allgemein übliche Tanzschule<br />
zugunsten der Fahrschule für den Mopedschein.<br />
Seit ich denken kann, bin ich unheilbar<br />
mit dem „Motorradvirus“ infiziert,<br />
hatte bis zum heutigen Tag immer mindestens<br />
ein zweirädriges Kraftfahrzeug in meinem<br />
Besitz. Heute stehen in meiner Garage<br />
meine drei Traummopeds: BMW R 1150 R<br />
(2003), MZ RT 125 (2004) und mein Oldtimer-<br />
Schätzchen MZ ES1 50/1 Trophy von 1973.<br />
Leider hat Euer toller Beitrag über Kleinkrafträder<br />
einen Makel, denn er findet ausschließlich<br />
im Westen statt. Und das ist eben<br />
nur die halbe Wahrheit, denn auch wir in der<br />
damaligen DDR hatten zu jener Zeit eine lebhafte<br />
50er-Szene. Zwar nicht mit der bunten<br />
Markenvielfalt des Westens, dafür mit einer<br />
ordentlichen Modellvielfalt wie SR1, SR2, KR<br />
50, Spatz, Star, Habicht, Sperber, Schwalbe<br />
(KR51), S 50, S 51/S 70, SR 50/SR 80 von Simson<br />
oder von JAWA die 05, 20 und 50 Mustang<br />
aus der damaligen CSSR. Vielleicht findet<br />
Ihr demnächst auch mal die Muse, einen<br />
ebenso emotionalen Artikel über die 50er-<br />
Szene der ehemaligen DDR zu bringen. Ich<br />
glaube, auch wir haben es verdient, in der<br />
deutschen Kleinkraftrad-Historie erwähnt zu<br />
werden, auch wir sind Deutschland! Mit<br />
freundlichen Grüßen aus der schönen Hansestadt<br />
Rostock<br />
Michael Rexroth, Rostock<br />
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AUF ACHSE I<br />
Suzuki GS 400<br />
70 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Export-<br />
Schlager<br />
Einst eroberte die GS 400 auch hierzulande die Herzen<br />
der Motorradfahrer, für viele war sie die erste „richtige“<br />
Maschine. Heute gehört die kleine Suzuki bei uns<br />
jedoch zu den Raritäten. Tausende wurden wieder zurück<br />
nach Japan verschifft. Weil sich die 400er in ihrer<br />
Heimat mittlerweile kultiger Verehrung erfreut.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: jkünstle.de<br />
Mal heißt sie Margarethe,<br />
mal nennt sie<br />
sich einfach nur<br />
Maggy. Wer in den<br />
Weiten des Internets nach einer Suzuki<br />
GS 400 fahndet, stößt irgendwann fast<br />
zwangsläufig auf sie. Und auf andere<br />
Suchende. Nur auf Suchende. Denn der<br />
Markt in Deutschland, ja in ganz Europa,<br />
ist weitestgehend abgegrast, die GS 400,<br />
bei uns ehedem das „Brot-und-Butter“-<br />
Motorrad schlechthin, ist verschwunden.<br />
Heimlich, still und leise.<br />
Nur ganz wenige haben in den letzten<br />
Jahren bemerkt, welch Dramatik sich<br />
hinter den so unverfänglich klingenden<br />
Suchanzeigen von Maggy & Co. verbirgt.<br />
Jetzt ist es zu spät, einige clevere Exporteure<br />
haben längst ihren Reibach gemacht.<br />
Und zig Tausende der hübschen<br />
Japanerin gewinnbringend wieder zurück<br />
nach Japan verkauft, wo sie sich in der<br />
Motorrad-Szene als begehrenswertes<br />
Kulturgut einer hohen Nachfrage erfreut.<br />
Das ist gewiss nicht verwerflich. Aber<br />
irgendwie schade.<br />
Findet auch Frank Lutz, der sieben GS<br />
400 sein Eigen nennt. Und sich für kein<br />
Geld der Welt von seinen Schätzen trennen<br />
würde. Schon zu Zeiten des großen<br />
Leistungs-Hungers hat der Franke nämlich<br />
festgestellt, dass auch Brot und Butter<br />
satt machen kann, wenn man es so<br />
schmackhaft serviert bekommt wie bei<br />
Suzukis kleinem Viertakt-Twin.<br />
Genau 30 Jahre ist es jetzt her, als der<br />
Radio- und Fernsehtechniker seine erste<br />
GS 400 gebraucht erstanden hat – für sehr<br />
kleines Geld, wie er heute schmunzelnd<br />
anmerkt. Wie zuvor schon mehrfach exerziert,<br />
wollte er auch das etwas mitgenommene<br />
1976er-Modell wieder aufbretzeln<br />
und verkaufen, um damit sein Motorrad-Hobby<br />
zu finanzieren. Doch bei der<br />
Suzuki ist er hängen geblieben, ihrer<br />
Schönheit erlegen. „Die GS 400 ist für<br />
mich ein unheimlich ästhetisches Motorrad,<br />
die zeitlose und ausgesprochen harmonische<br />
Linienführung begeistert mich<br />
bis heute. Ein Traum, vor allem mit<br />
Chromschutzblech und Speichenrädern!“<br />
Die Technik ist absolut robust<br />
Es war der Beginn einer intensiven Leidenschaft,<br />
die bis heute ungebrochen ist,<br />
wie man beim Blick in die Garage des<br />
52-Jährigen unschwer erkennen kann.<br />
Dort teilen sich die sieben 400er den Platz<br />
nicht nur mit diversen anderen Suzuki<br />
GS- und GT-Modellen, sondern auch mit<br />
unzähligen Ersatzteilen und Motoren, die<br />
der Suzuki-Fan im Lauf der Jahre angesammelt<br />
hat. Oder besser gesagt: vor<br />
dem Verschrotten gerettet hat. „Damals<br />
hat sich keiner für diese Motorräder interessiert,<br />
es waren typische Gebrauchs- und<br />
Verbrauchsmotorräder, die ich oft für ein<br />
paar Mark erstanden habe, selbst Teile<br />
waren spottbillig“, erinnert sich Frank.<br />
Rund 25 bis 30 Maschinen hat er ausgeschlachtet,<br />
mehr als genug, um seinen<br />
Bedarf zu decken, zumal sich die Technik<br />
des Zweiventil-Zweizylinders als ausgesprochen<br />
solide erwiesen hat. „Eine GS<br />
400 läuft ewig, konstruktiv ist der Zweizylinder<br />
eigentlich überdimensioniert<br />
und nahezu unzerstörbar“, weiß Frank<br />
aus seiner langjährigen Erfahrung.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 71
AUF ACHSE I<br />
Suzuki GS 400<br />
Eng verwandt mit der 750er<br />
Suzuki wollte 1976 eben auf Nummer<br />
sicher gehen. Schließlich war die GS 400<br />
nach der kurz zuvor präsentierten Vierzylinder-750er<br />
erst das zweite Viertaktmotorrad<br />
des japanischen Herstellers, der<br />
in dieser Hinsicht der Konkurrenz deutlich<br />
hinterherhinkte. Der erste Aufschlag<br />
musste also sitzen, um im Spiel zu bleiben.<br />
Er passte perfekt. Sowohl bei der viel gelobten<br />
750er als auch bei der 400er, deren<br />
aufwendig gemachter Twin viele Gemeinsamkeiten<br />
mit dem robusten Vierzylinder<br />
aufwies (siehe „Im Detail“ Seite 75).<br />
Das üppige Technik-Paket mit zwei<br />
obenliegenden Nockenwellen, Wälzlager-<br />
Kurbeltrieb und Ausgleichswelle gab es<br />
natürlich nicht zum Dumpingpreis. So<br />
war die GS 400 in den ersten Jahren immer<br />
einen Tick teurer als die japanische<br />
Zweizylinder-Konkurrenz in der damals<br />
sehr populären, weil versicherungsgünstigen<br />
27-PS-Klasse. In Letztere passte die<br />
GS 400 erst ab Frühjahr 1977, als Suzuki<br />
mit zahmeren Nockenwellen sieben der<br />
ursprünglich 34 PS kappte. Eignern<br />
früherer Exemplare bot Suzuki damals<br />
wahlweise die kostenlose Drosselung im<br />
Tausch gegen die 34-PS-Nockenwellen<br />
an. Wer jene behalten wollte, musste die<br />
Einbaukosten aber komplett bezahlen.<br />
Frank hat sich diesen Aufwand bei<br />
seiner ersten GS gespart. Der Lohn: eine<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Eingeschränkte Symbol-Kraft: Das im linken Motordeckel dargestellte Schaltschema stiftet<br />
eher Verwirrung. Da loben wir doch viel lieber die exakte Darstellung des Zweizylinders<br />
im offiziellen Werkstatthandbuch, die einen guten Einblick in die robuste Technik gibt<br />
laut <strong>MOTORRAD</strong>-Messung (Heft 9/1977)<br />
um rund 20 km/h höhere Spitze und mehr<br />
Biss bei hohen Touren. Den bekomme ich<br />
allerdings nicht zu spüren. Für die Fotos<br />
habe ich lieber ein völlig originales 27-PS-<br />
Exemplar aus Franks Sammlung ausgewählt.<br />
Seine Ur-GS hat er damals nämlich<br />
ein wenig individualisiert. „Vor 30 Jahren<br />
war das eben noch interessanter als ein<br />
perfekter Originalzustand“, kommentiert<br />
er meine Entscheidung gelassen.<br />
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AUF ACHSE I<br />
Suzuki GS 400<br />
Seltenes Stil-Leben: So eine bunte Vielfalt<br />
an GS 400 findet man heute kaum noch<br />
Gedrosselte Dynamik<br />
Und rät auch mir zu einer Portion Gelassenheit,<br />
als ich mich in den komfortablen<br />
Sattel des blauen Fotomodells schwinge,<br />
das dem 1978er-Jahrgang entstammt.<br />
Auch er weiß, dass 27 PS heute niemanden<br />
mehr vom Hocker reißen. Zu meiner<br />
Überraschung leidet unter den Drosselmaßnahmen<br />
jedoch eher mein Vorurteil<br />
als der Fahrspaß. Es hat allerdings eine<br />
Weile gedauert, bis ich mich auf die sanfte,<br />
gleichmäßige Leistungscharakteristik des<br />
Zweizylinders einlassen konnte.<br />
Speziell auf breiten, gut ausgebauten<br />
Bundesstraßen oder gar Autobahnen bekommt<br />
man auf so einem 27-PS-Motorrad<br />
doch recht anschaulich gezeigt, wie<br />
schnell der Verkehr heute geworden ist.<br />
Je enger und winkeliger die Strecken,<br />
desto eher lernt man jedoch die gleichmäßige<br />
Leistungsentfaltung der Drossel-<br />
Suzi zu schätzen. Der ist es nämlich ziemlich<br />
egal, in welchem Gang sie durchs Winkelwerk<br />
getrieben wird, selbst im sechsten<br />
gibt es ab 2500 Touren – oder 45 km/h –<br />
unerschütterlichen, ruckfreien Vortrieb.<br />
Allein dessen Intensität lässt sich über das<br />
exakte und leicht schaltbare Getriebe va-<br />
MODELLPFLEGE SUZUKI GS 400<br />
Hier hat uns Frank die wichtigsten Änderungen bei<br />
den GS 400-Jahrgängen aufgelistet. Seine Favoriten<br />
sind die ersten Modelle: „Die GS 400 hatte keinerlei<br />
Kinderkrankheiten, war 1976/77 am besten verarbeitet<br />
und ausgestattet. Fast alle späteren Änderungen<br />
zielten daher vor allem auf Einsparungen bei<br />
den Fertigungskosten. Das zeigt sich insbesondere<br />
ab 1979, da hat die Qualität von Lack und Schweißnähten<br />
deutlich nachgelassen.“<br />
1976/77: GS 400 B (Fahrgestellnummer: GS400-<br />
10001 bis 30705). Farben: Stardust Silver Metallic,<br />
Candy Calypso Red, Andes Blue Metallic ohne Tankdekor.<br />
Schwarze Seitendeckel, Bremsscheiben zweiteilig,<br />
vernietet (6,7 mm dick). Armaturen verchromt<br />
mit schwarzer Abdeckung unten, digitale Ganganzeige<br />
mit Siebensegmentanzeige, Auspuffanlage<br />
zweiteilig ohne Interferenzrohr, starre Fahrerfußrasten,<br />
Schmiernippel an der Schwinge, Zugang<br />
zum Ölpumpensieb über separaten Deckel an der<br />
Motorunterseite. Lenkerschalter aus Alu, Anlasserabdeckung<br />
verchromt, Sitzbankbezug mit Längsstreifen,<br />
Drosselung von 34 auf 27 PS nur über<br />
Nocken wellen. GS 400 XB: wie GS 400 B, aber mit<br />
Trommelbremse der T 250 im Vorderrad, ohne Anlasser.<br />
1978: GS 400 C/EC (Fahrgestellnummer C: GS400-<br />
30705 bis 58411, EC: GS400-500001 bis 502463).<br />
Farben: Black, Candy Florida Blue, Stardust Silver<br />
Metallic, Marble Straight Red, Pure White mit<br />
schmalen Dekorstreifen am Tank. Änderungen<br />
gegen über B: Bremsscheibe einteilig (6 mm), Armaturen<br />
schwarz mit verchromter unterer Abdeckung,<br />
Ölpumpensieb von außen nicht mehr zugänglich,<br />
neue 2-in-2-Auspuffanlage mit Interferenzrohr,<br />
Krümmer und Auspuff nun verschweißt, Lenkerschalter<br />
aus Kunststoff, Anlasserabdeckung silbern lackiert,<br />
im Laufe des Modelljahres Umstellung bei der<br />
Gang anzeige auf einzelne Leuchten, Schmiernippel<br />
an Schwinge entfällt, geänderte Vorderradnabe, Kabelbaum<br />
geändert. Drosselung auf 27 PS über andere<br />
Nocken wellen und dickere Fußdichtung. EC: Gussräder,<br />
Trommelbremse hinten, Ø 160 statt 180 mm.<br />
1979: GS 400 N/EN (Fahrgestellnummer N: ab<br />
GS400-58412, EN: GS400-502494 bis 505115).<br />
Farben: Black, Straight Blue, Marble Straight Red mit<br />
breitem Dekor. Änderungen gegenüber C: Seitendeckel<br />
in Tankfarbe lackiert, klappbare Fahrerfußrasten,<br />
andere Blinker, Scheinwerfer mit schmalem<br />
Chromring, Sitzbankbezug mit Rautenmuster,<br />
Schriftzüge goldfarben. GS 400 EBN „Black Suzi“,<br />
Fahrgestellnummer: GS400-503972 bis 504471<br />
(eigene Recherche, es gibt keine offiziellen Angaben).<br />
Farbe: Black, Sitzbank weiß. Technisch keine<br />
Unterschiede. GS 400 L Softchopper, Fahrgestellnummer<br />
ab GS400-700001, offiziell nicht importiert,<br />
nicht zu verwechseln mit der GS (X) 400 L, die ab 79<br />
verkauft wurde. Nur wenige Exemplare gebaut.<br />
1981: GS 400 ET (Fahrgestellnummer: ab GS400-<br />
505116 bis 505xxx, eine Rahmennummer 506xxx<br />
habe ich noch nicht gesehen). Farbe: Stardust Silver<br />
Metallic mit dünnem, schwarzem Dekor. Technisch<br />
kaum Unterschiede zur GS 400 EN. Gabel geändert,<br />
identisch mit der GS 450/GSX 400, Schriftzug „GS<br />
400“ auf dem Seitendeckel jetzt als Kunststoffemblem,<br />
nicht mehr als Aufkleber.<br />
<br />
Frank Lutz<br />
Rationalisierung:<br />
Die meisten<br />
Änderungen hatten<br />
die Senkung<br />
der Produktionskosten<br />
zum Ziel. So<br />
wurde die Siebensegment-Ganganzeige<br />
der ersten<br />
Modelle (links)<br />
durch eine einfachere<br />
mit sechs<br />
Lampen ersetzt
IM DETAIL: SUZUKI GS 400<br />
(1976 – 1983)<br />
Preis 1978: 4850 Mark<br />
Daten (Typ GS 400 C)<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor,<br />
zwei<br />
obenliegende Nockenwellen, zwei<br />
Ventile pro Zylinder, über Tassenstößel<br />
betätigt, Hubraum 398<br />
cm³, Leistung 20 kW (27 PS) bei<br />
7400/min (wahlweise 25 kW/34<br />
PS bei 8500/min)<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Sechsganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel vorn,<br />
Ø 33 mm, Zweiarmschwinge mit<br />
zwei Federbeinen, Drahtspeichenräder,<br />
Reifen 3.00 S 18 vorn, 3.50<br />
S 18 hinten, Scheibenbremse<br />
vorn, Ø 270 mm, Einkolben-<br />
Schwimmsattel, Simplex-Trommelbremse<br />
hinten, Ø 180 mm<br />
Maße und Gewichte: Radstand<br />
1385 mm, Gewicht vollgetankt<br />
185 kg<br />
0-100 km/h: 7,2 s<br />
Vmax: 144 km/h (ungedrosselt:<br />
166 km/h)<br />
Technik<br />
Die enge Verwandtschaft des 400er-<br />
Zweizylinders mit dem 750er-Vierzylinder<br />
war kein Zufall, sondern entsprach<br />
auch kaufmännischem Kalkül. Nur so<br />
ließ sich wohl der hohe technische<br />
Aufwand rechtfertigen, mit dem die GS<br />
400 bei ihrem Debüt 1976 die Konkurrenz<br />
klar übertraf. Wie der Vierzylinder<br />
besitzt auch der Zweiventil-Twin mit<br />
180 Grad Kurbelwellenkröpfung ein<br />
horizontal geteiltes Motorgehäuse,<br />
in dem sich eine fünfteilige<br />
Kurbelwelle in drei Rollenlagern dreht.<br />
Mit Ausnahme der beiden über eine<br />
Steuerkette angetriebenen, obenliegenden<br />
Nockenwellen kommen im Motor<br />
zur Kraftübertragung ausschließlich<br />
Zahnräder zum Einsatz, die vor der<br />
Kurbelwelle mit gleicher Drehzahl rotierende<br />
Ausgleichswelle wird ebenfalls<br />
über einen Stirnradsatz angetrieben.<br />
Anders als bei der 750er erfolgt der<br />
Primärtrieb bei der 400er über eine<br />
Schrägverzahnung. Baugleich sind<br />
dagegen Kolben (Ø 65 mm), Steuerkette<br />
mit Führungen und Spanner<br />
sowie die Ventile mit Federtellern,<br />
Keilen, Tassenstößeln und<br />
Shims. Die Steuerkette wird von zwei<br />
kunststoffbeschichteten Gleitschienen<br />
und einer Rolle zwischen den Nockenwellen<br />
geführt, auf die hintere drückt<br />
der automatische Kettenspanner<br />
mit federbelasteter Schubstange und<br />
Arretierstift. Die Kraftübertragung<br />
übernehmen eine Mehrscheiben-Ölbadkupplung<br />
und ein klauengeschaltetes<br />
Getriebe, das mit sechs Gängen<br />
einen mehr besitzt als das Pendant im<br />
hubraumstärkeren Vierzylinder.<br />
Kauf-Check<br />
Die GS 400 wurde über Jahrzehnte als<br />
günstiges Alltagsfahrzeug verbraucht.<br />
Beim Kauf gilt also: Keine Illusionen,<br />
gepflegte Ersthand-Perlen gibt es nicht<br />
mehr. Ebenso wenig echte Schwachstellen,<br />
Kurbeltrieb und Getriebe sind<br />
überdimensioniert und für sehr hohe<br />
Laufleistungen gut. Schäden? Praktisch<br />
unbekannt. Kolben, Zylinder und Ventiltrieb<br />
halten – je nach Fahrweise –<br />
ebenfalls weit über 100 000 Kilometer.<br />
Probleme bereitet hingegen häufiger<br />
der automatische Steuerkettenspanner<br />
mit einem leckenden Wellendichtring<br />
(10x16x4). Zudem arbeitet sich die<br />
Kugel des Mechanismus in die schiefe<br />
Ebene ein, dann funktioniert die automatische<br />
Nachstellung nicht mehr,<br />
bemerkbar am Rasseln der Steuerkette.<br />
Undichtigkeiten kennt man auch vom<br />
Wellendichtring auf der Zündungsseite,<br />
wenn dieser verhärtet. Er lässt sich<br />
jedoch – wie die anderen Wellendichtringe<br />
– ohne Demontage des Motors<br />
von außen wechseln. Vorsicht: Die<br />
meisten GS 400 besitzen ab Werk eine<br />
Fußdichtung mit einem Millimeter<br />
Stärke (27-PS-Version). Im Handel<br />
(und in allen Zubehör-Dichtsätzen) ist<br />
nur noch die Dichtung der ungedrosselten<br />
Version zu bekommen, die nur 0,6<br />
Millimeter misst. Montiert man diese,<br />
ohne den leichten „Absatz“ am Umkehrpunkt<br />
der Kolbenringe auszuschleifen,<br />
besteht das Risiko, dass die Ringe<br />
an dieser „Kante“ anstoßen, wodurch<br />
die Kolbenringnut in kürzester Zeit ausschlägt<br />
und Bruch droht. Wer auf<br />
Nummer sicher gehen will, verwendet<br />
daher am besten zwei Fußdichtungen<br />
(ergibt dann 1,2 mm). Bei der Ersatzteilversorgung<br />
gilt: Technik ist noch<br />
lieferbar, hier passt auch viel von<br />
Nachfolgemodellen. Die Kolben sind<br />
mit der GS 750 identisch, Ventile und<br />
Führungen wurden noch in der GS 500<br />
E verwendet. Anbauteile gibt es generell<br />
nicht mehr, auch keine Auspuffanlagen,<br />
nicht einmal aus dem Zubehör.<br />
Entdrosseln lässt sich eine GS<br />
400 heute auch mit den 42-PS-Nockenwellen<br />
der GS 450, eine weitere<br />
Leistungssteigerung ist durch Aufbohren<br />
der Zylinder unter Verwendung<br />
von Kolben der GS 850 mit 69 Millimetern<br />
Bohrung möglich.<br />
Markt<br />
Welcher Markt? Die Suchanzeigen zumeist<br />
professioneller Exporteure überwiegen<br />
deutlich, die für abgehalfterte<br />
GS 400 rund 800 bis 1000 Euro bezahlen.<br />
Dem steht hierzulande jedoch<br />
praktisch kein Angebot gegenüber.<br />
Dennoch wachsen die Preise nicht zu<br />
sehr in den Himmel. Wer Glück hat und<br />
ein gutes Exemplar finden sollte, muss<br />
mit Forderungen zwischen 2500 und<br />
etwa 3500 Euro rechnen.<br />
Spezialisten<br />
Rainer Vater<br />
Telefon 074 57/2070,<br />
www.motorrad-vater.de<br />
Internet-Foren<br />
www.suzuki-classic.de<br />
www.suzuki-gs.de<br />
www.gs-classic.de<br />
www.suzukicycles.org<br />
Historie<br />
1980:Ablösung der GS 400<br />
durch die GS 450 E. Radikal anderes<br />
Styling, kaum verändertes<br />
Fahrwerk. Motor nun kurzhubiger<br />
und mit gleitgelagertem Kurbeltrieb.<br />
Preis: 5151 Mark<br />
1988:Suzuki gräbt den Zweiventiler<br />
wieder aus und setzt ihn<br />
ins Fahrgestell der GSX 400 –<br />
fertig ist die GS 450 E/S mit 27/<br />
42 PS. Preis: ab 5319 Mark<br />
1989:Aufgebohrt auf 487 cm³<br />
startet die GS 500 E mit 46 PS.<br />
Auch deren Zweiventiler basiert<br />
auf jenem der GS 400. Sie wird<br />
ein Topseller, der sich bis 2004<br />
hält. Preis 1989: 6540 Mark
AUF ACHSE I<br />
Suzuki GS 400<br />
Ein schönes Stück Technik: Suzuki hat es bei seinen ersten Viertaktern perfekt verstanden,<br />
die ungemein standfeste Mechanik besonders attraktiv zu verpacken<br />
riieren, wobei sich die gefühlte Bandbreite<br />
vom stoischen „ich schaff‘s noch“ in der<br />
höchsten Stufe bis zum sanften Klaps in<br />
den Hintern im dritten Gang erstreckt.<br />
So kann ich mich in aller Ruhe auf die<br />
Nebensächlichkeiten konzentrieren, die<br />
sich mit zunehmender Fahrt immer mehr<br />
in den Vordergrund drängen. Beispielsweise<br />
die beeindruckende Laufkultur.<br />
Gut, völlig verschont wird man vom Kribbeln<br />
nicht, dennoch leistet die Ausgleichswelle<br />
ganze Arbeit.<br />
Bemerkenswert zudem die mechanische<br />
Laufruhe der fast 40 Jahre alten Konstruktion.<br />
Wozu der Stirnradantrieb des<br />
Vibrationshemmers ebenso beiträgt wie<br />
die Tatsache, dass mit Ausnahme von Kurbelwelle<br />
und Steuerkette auschließlich<br />
Zahnräder im horizontal geteilten Motorgehäuse<br />
rotieren. Schlagende Ketten, lästige<br />
Rasselgeräusche? Gibt es nicht.<br />
76 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong><br />
Unspektakuläre Zuverlässigkeit<br />
So dringt vor allem das gedämpfte Hämmern<br />
des Zweizylinders ans Ohr, mit 180<br />
Grad Kurbelwellenkröpfung allerdings<br />
ohne spektakuläre Note. Das passt jedoch<br />
zu diesem gezähmten Antrieb, dessen<br />
flache Drehmomentkurve zwischen 2500<br />
und 7500 Touren 90 Prozent des maximalen<br />
Drehmoments (27 Nm) liefert.<br />
Mehr Eindruck macht da schon die<br />
Zuverlässigkeit und Standfestigkeit des<br />
Twins. „Kurbeltrieb und Getriebe sind<br />
bei der GS 400 unkaputtbar, diese Bauteile<br />
halten ewig“, lobt Frank die Konstruk<br />
teure. Diesen Eindruck hatten einst<br />
auch die <strong>MOTORRAD</strong>-Tester nach der<br />
GS 400 E „BLACK SUZI“<br />
Zer legung der Dauertest-Maschine (Ausgabe<br />
23/1978), bei der nur die erschlafften<br />
Ölabstreifringe auffielen – nach Franks<br />
Erfahrungen aber kein typisches Problem.<br />
Problemlosigkeit charakterisiert auch<br />
das Fahrverhalten der Suzi. Ihre 27 PS<br />
bringen den stabilen Doppelschleifenrahmen<br />
niemals in Verlegenheit. Draufsitzen<br />
und wohlfühlen – das sind die ersten Gedanken,<br />
die meine persönliche Festplatte<br />
abgespeichert hat. Relativ kompakte Haltung,<br />
angenehmer Kniewinkel, komfortable<br />
Bank, schluckfreudige Federung –<br />
das passt, selbst für lange Strecken. Schon<br />
auf leichten Zug am Lenker klappt die GS<br />
willig in Schräglage und lässt sich mit<br />
Als einer der ersten Hersteller<br />
erkannte Suzuki 1979 die verkaufsfördernde<br />
Wirkung eines<br />
limitierten Sondermodells. Bis<br />
auf die schwarze Lackierung<br />
mit den auffälligen Schriftzeichen<br />
samt Nummerierung,<br />
den ebenfalls in<br />
Schwarz gehaltenen<br />
Motor und<br />
die weiße Sitzbank<br />
entsprach<br />
die „Black Suzi“<br />
dem Standardmodell<br />
–<br />
sogar beim Preis!
Verschluss-Sache: Der Tankdeckel verbirgt<br />
sich unter einer Abdeckung<br />
Lesen bildet: Hier bleiben keine Fragen<br />
mehr offen, was ein Auspuff bezweckt<br />
ihren schmalen Sohlen selbst von Bodenwellen<br />
nicht vom Kurs abbringen, obwohl<br />
die relativ schwach gedämpften Federelemente<br />
auf Holperstrecken bisweilen<br />
mehr Schwung ins Geschehen bringen,<br />
als es sein müsste. Zäheres Öl, straffere<br />
Konis – und das Thema wäre erledigt. Zumal<br />
die nadelgelagerte Schwinge (anfänglich<br />
sogar mit Schmiernippeln!) die beste<br />
Voraussetzung für ein dauerhaft präzises<br />
Fahrverhalten bietet – selbst in diesem<br />
Punkt rechtfertigte die Suzuki also ihren<br />
im Konkurrenz-Vergleich höheren Preis.<br />
Dem milden Temperament sind die<br />
Bremsen jederzeit gewachsen, wenngleich<br />
ich an Franks Stelle wahrscheinlich<br />
ein wenig mit den vorderen Belägen experimentieren<br />
würde, um bissigere für die<br />
einzelne Scheibe zu finden. Die hintere<br />
Trommel arbeitet hingegen so, wie das<br />
ganze Motorrad – sehr solide.<br />
Ansteckende Gelassenheit<br />
Ich mache noch einen kleinen Schlenker,<br />
noch ein paar Kilometer Umweg allein<br />
durchs kurvige Grün des Steigerwaldes,<br />
folge dem permanenten Wechsel von<br />
Licht und Schatten. Ohne Stress, ohne<br />
Hektik und ohne drängelnden Verkehr<br />
lasse ich mich treiben, hänge meinen Gedanken<br />
nach. Und merke irgendwann,<br />
dass es die kleine Suzuki doch tatsächlich<br />
geschafft hat, mich mit ihrem Gleichmut<br />
anzustecken! Ob ihr das wohl immer gelingen<br />
würde? Ich weiß es nicht.<br />
Klar ist mir jetzt allerdings, dass Drosselmaschinen<br />
nicht automatisch Lustkiller<br />
sein müssen. Und dass sich die harmonische<br />
Ausstrahlung der GS 400 nicht alleine<br />
auf das hübsche Äußere beschränkt.<br />
Frank nickt heftig. Nach 30 Jahren mit<br />
der Suzuki GS 400 weiß der Techniker<br />
und Schrauber schließlich am besten,<br />
dass es für so eine leidenschaftliche Beziehung<br />
natürlich in besonderem Maße<br />
auf die inneren Werte ankommt. Ob die<br />
auch für Maggy & Co. zählen? Ich hab da<br />
so meine Zweifel.<br />
◻<br />
MEINUNG<br />
Frank Lutz<br />
über die Suzuki GS 400<br />
Ich bin vor 30 Jahren an der GS 400 hängengeblieben,<br />
weil mir das hübsche Äußere der Suzi<br />
den Kopf verdreht hat. Es ist ein zeitloses, sehr<br />
harmonisches Design, bei dem mich immer wieder<br />
begeistert, wie Tropfentank, Sitzbank und<br />
Heckbürzel den Schwung der Auspuffanlage<br />
aufnehmen. Als Schrauber beeindruckt mich zudem<br />
die ausgesprochen robuste Konstruktion<br />
des Zweizylinders. Natürlich hat auch eine Rolle<br />
gespielt, dass damals sowohl Motorräder als<br />
auch Teile sehr günstig zu bekommen waren.<br />
Schade, dass die GS 400 bei uns fast vollständig<br />
aus dem Straßenbild verschwunden ist, im guten<br />
Zustand ist sie heute eine absolute Rarität.
RESTAURIERUNG I<br />
BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />
Wie der Motor selbst<br />
zeigte auch das Getriebe<br />
mitsamt Kardan<br />
bei der Probefahrt<br />
nach 114 000 Kilometern keine<br />
verdächtigen Geräusche oder Mängel.<br />
Massive Schäden können durch lautes<br />
Heulen bestimmter Gangstufen auf schweres<br />
Pitting der Zahnräder oder durch<br />
mahlende Geräusche in allen Gang stufen<br />
auf ausgelaufene Kugellager hinweisen.<br />
Davon war bei der G/S nichts zu hören.<br />
Auch der Kardan machte unter allen Lastzuständen<br />
keine Mucken.<br />
Selbst das Öl aus dem Antrieb ließ<br />
nicht vermuten, dass sich das eine oder<br />
andere Bauteil bereits im fortgeschrittenen<br />
Zerfall befand. Deshalb ist es bei jeder<br />
Grundüberholung ratsam, sämtliche Baugruppen<br />
im Antrieb, von der Kupplung<br />
bis zum Winkeltrieb im Kardan, in Augenschein<br />
zu nehmen. Sollte die Sichtprüfung<br />
keinen Grund zur Sorge ergeben, umso<br />
besser. Sind, wie in unserem Fall, aber bereits<br />
etliche Bauteile kurz vor dem Komplettausfall,<br />
hat sich die Mühe gelohnt.<br />
Löst sich ein Getrieberad oder -lager während<br />
der Fahrt in seine Bestandteile auf,<br />
wird der Schaden ungleich größer und<br />
kann auch noch intakte Bauteile irreparabel<br />
zerstören. Von der Gefahr eines Sturzes<br />
durch blockierende Gangräder ganz<br />
zu schweigen.<br />
Wie bereits bei der Motorrevision<br />
kommen auch am Antriebsstrang etliche<br />
Abziehvorrichtungen zum Einsatz. Kann<br />
man sich im Inneren der Schaltbox mit<br />
Universalabziehern behelfen, ist für den<br />
Flansch am Getriebeausgang eine robuste<br />
Abziehglocke unumgänglich, um den<br />
Kardananschluss von seinem Konus abzuziehen.<br />
Hier muss mit mächtig viel<br />
Kraft und Vorsicht gearbeitet werden, da<br />
Zahn um<br />
Zahn Text:<br />
Auch wenn der Boxer ohne<br />
verdächtige Geräusche oder<br />
krachende Schaltung seine<br />
Arbeit ver richtet, sollte<br />
der Antriebsstrang bei der<br />
Renovierung gründlich<br />
unter die Lupe genommen<br />
werden.<br />
Werner Koch; Fotos: fact, Koch<br />
78 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Provisorischer, aber funktioneller Gegenhalter, um die Zentralmutter<br />
zu lösen, die den Kardanflansch auf dem Konus hält. Dabei<br />
müssen nicht zwingend alle vier Schrauben im Eingriff sein<br />
Nur mit der massiven Abziehglocke von BMW konnte der<br />
Flansch vom Konus entfernt werden. Versuche mit soliden<br />
Dreiarm-Abziehern waren zum Scheitern verurteilt<br />
sich der Abzieher und der Flansch mit<br />
einem lauten Knall und heftigem Ruck<br />
regel recht von der Getriebewelle sprengen.<br />
Zum Lösen der mit hohem Drehmoment<br />
angezogenen Muttern und<br />
Schrauben auf den Wellen sollte nicht die<br />
Ratsche, sondern ein Knebel verwendet<br />
werden, um die Ratschenmechanik nicht<br />
zu zerstören.<br />
Der Getriebedeckel wird nach dem<br />
Erhitzen gleichmäßig und mit leichten<br />
Schlägen eines Kunststoffhammers von<br />
den Lagern gezogen. Dabei sollten die<br />
Getriebewellen senkrecht stehen. So wird<br />
verhindert, dass die Distanzscheiben bei<br />
der Demontage herunterfallen und nicht<br />
mehr zweifelsfrei der jeweiligen Welle<br />
zugeordnet werden können.<br />
Wenn weder Getriebewellen noch das<br />
Gehäuse getauscht werden, kann diese<br />
Distanzierung ohne Nachmessen wiederverwendet<br />
werden. Bei einem Wechsel<br />
der Kugellager sind die Toleranzen im<br />
Hinblick auf die Breite des Außenringes<br />
so gering, dass man sich diese Mühe getrost<br />
ersparen kann.<br />
Mit Ausnahme des robusten Rollenlagers<br />
der Primärwelle sollten bei einer<br />
Komplett-Zerlegung stets sämtliche Kugellager<br />
erneuert werden. Die Erfahrung<br />
zeigt, dass diese Lager gelegentlich kollabieren,<br />
was zu gravierenden Folgeschäden<br />
führen kann. Vermutlich leiden die Kugellager<br />
heftig unter der axialen Last. Diese<br />
rührt daher, dass das Drehmoment von der<br />
Primärwelle auf die Ausgangswelle über<br />
schrägverzahnte Getrieberäder weitergeleitet<br />
wird. Beim Rollenlager hin gegen genügt<br />
eine Sicht- und Laufgeräuschprüfung.<br />
Natürlich werden alle Getriebezahnräder<br />
sorgfältig auf Verschleiß an den<br />
Mitnehmer-Klauen und Pitting überprüft.<br />
In unserem Fall musste jedoch nur das<br />
Primärrad am Knagge-Dämpfer wegen<br />
ein paar leichten Oberflächenausbrüchen<br />
getauscht werden, alle anderen Bauteile<br />
waren in gutem Zustand.<br />
Sollten die Schaltgabeln seitliche Reibspuren<br />
aufweisen, ist zu vermuten, dass<br />
Die neue Gummitülle verhindert, dass<br />
Regenwasser über Getriebeentlüftung<br />
und Tachoantrieb ins Gehäuse gelangt<br />
Der Schaltautomat<br />
mit den Kulissenscheiben<br />
für die<br />
Schaltgabeln und<br />
dem Schaltstern<br />
mit Arretierklinke<br />
ist ein robustes<br />
Bauteil. Beim<br />
Zusammenbau<br />
darauf achten,<br />
dass die beiden<br />
verzahnten, mit<br />
Körnerpunkten<br />
markierten<br />
Scheiben korrekt<br />
eingreifen<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 79
RESTAURIERUNG I<br />
BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />
Die Getriebeeingangswelle in ihren Einzelteilen. Vorn das Primärrad mit dem Gegenstück<br />
des Knagge-Dämpfers und der Druckfeder. Das Zahnrad rechts überträgt die<br />
Dreh bewegung des Kickstarters auf die Kurbelwelle<br />
am dazugehörigen Zahnrad die Kanten<br />
der Mitnehmer-Klauen verschlissen und<br />
verrundet sind. Dieser ursächliche Mangel<br />
führt dazu, dass das Gangrad unter<br />
Last seitlich ausweichen möchte und<br />
dabei die Schaltgabeln mit Fressspuren<br />
überzieht. Dann ist ein Austausch beider<br />
Bauteile unumgänglich.<br />
Werden aufgepresste oder aufgeschrumpfte<br />
Bauteile erneuert, müssen<br />
diese vor der Montage gründlich entfettet<br />
gabeln poliert werden, um die Reibung<br />
zwischen Schaltgabel und Welle zu reduzieren.<br />
Allerdings müssen die Wellen –<br />
wie bei einem Gabelstandrohr – linear, also<br />
der Länge nach poliert werden. Nur so<br />
lassen sich die feinen Bearbeitungsspuren<br />
der radial geschliffenen Wellen glätten.<br />
Zur Montage der drei Getriebewellen<br />
muss das Gehäuse wieder aufgeheizt<br />
werden, damit die Lager leicht und ohne<br />
jenes zu beschädigen in ihren Sitz schlüpwerden,<br />
um einen sicheren Sitz der Oberflächen<br />
zu gewährleisten. BMW-Spezialisten<br />
raten auch dazu, die Schenkelfeder<br />
am Schaltautomaten zu wechseln. Bricht<br />
diese, wird die Schaltung lahmgelegt. Für<br />
die Reparatur muss das Getriebe komplett<br />
zerlegt werden! Am Schaltautomaten<br />
selbst ist dafür kein gravierender Verschleiß<br />
oder Defekt zu erwarten.<br />
Für eine geschmeidigere Schaltbarkeit<br />
können jedoch die Wellen der Schalt-<br />
Mit dem Heißluftföhn auf zirka 100 Grad erhitzt, weiten sich die Lagersitze im Getriebedeckel<br />
auf. Nur so lässt sich der Deckel von den Außenringen der Kugellager abziehen<br />
Sämtliche Getriebewellen und Zahnräder<br />
waren in sehr gutem Zustand, konnten ohne<br />
nachzubessern wiederverwendet werden. Lediglich<br />
die Kugellager wurden rundum ersetzt<br />
80 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Frisch montiertes Getriebe<br />
mit Schalt automat und<br />
Schaltwellen. Die Distanzscheiben<br />
und Ölleitbleche<br />
(Pfeil) werden ebenso wie<br />
die Papierdichtung mit<br />
Fett fixiert<br />
fen können. Nach dem Einsortieren der<br />
Schaltgabeln und des Schaltautomaten<br />
kann das Getriebe überprüft und durchgeschaltet<br />
werden. Das ist allerdings<br />
meist eine etwas hakelige Angelegenheit,<br />
da die Wellen nicht wirklich parallel<br />
stehen. Erst mit aufgesetztem Getriebedeckel<br />
lässt sich die Funktion endgültig<br />
beurteilen. Nicht wundern, wenn sich die<br />
Getriebewellen in diesem Fall nur schwer<br />
drehen lassen. Wir haben deshalb alle<br />
Wellen bei noch heißem Getriebegehäuse<br />
mit leichten Schlägen durch Stahlhammer<br />
und aufgesetztem Aluminium-Dorn bis<br />
zum Anschlag in ihren Sitz getrieben. Die<br />
perfekte Leichtgängigkeit aller Wellen<br />
war das Ergebnis. Eine Beschädigung der<br />
Kugellager ist dabei nicht zu befürchten.<br />
Zu guter Letzt werden die Simmerringe<br />
mit einer passenden Hülse eingetrieben<br />
und das Getriebeöl eingefüllt.<br />
Das alte, schrägverzahnte Primärzahnrad (rechts) mit den beiden<br />
Auskehlungen für den Knagge-Dämpfer wurde durch ein neues<br />
Bauteil (links) ersetzt, da sich an einigen Zahnflanken bereits<br />
Ober flächenausbrüche zeigten, sogenanntes Pitting (Pfeil)<br />
Schwungscheibe und Kupplungsdruckplatte sind nach gründlicher<br />
Reinigung und dem Abziehen der Laufflächen mit<br />
Läppleinen wieder fit. Ersetzt wurde nur die Reibscheibe,<br />
die Zentrierung erfolgte mittels selbst gedrehtem Alu-Dorn<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 81
RESTAURIERUNG I<br />
BMW R 80 G/S, Teil 2: Antrieb<br />
Wichtig: Die Gummitülle am Tachoantrieb<br />
muss er neuert werden. Denn dort kann<br />
über den Schneckenantrieb Regenwasser<br />
ins Getriebe gelangen, sofern die Gummitülle<br />
nicht fest und dicht an der Tachowelle<br />
anliegt. Ein kleiner Drahtring oder<br />
eine Schlauchsicherung sowie eine ordentliche<br />
Fettfüllung können diese Malaise<br />
dauerhaft verhindern.<br />
Beim Kardan machte <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> Nägel mit Köpfen. In der Absicht,<br />
das Beste aus der G/S herauszuholen, entschieden<br />
wir uns für die Verlängerung<br />
der Schwinge. Zu wenig Gewicht auf dem<br />
Vorderrad, zu kurzer Radstand und zu<br />
viel Ausfedermoment beim Beschleunigen<br />
durch den Kardanantrieb – so fuhr die<br />
BMW vor der Renovierung. Also wurde<br />
der Schwingenarm durch ein Aluminium-<br />
Distanzstück zwischen dem Flansch gestreckt,<br />
die Kardanwelle selbst durch ein<br />
spezielles Verfahren vom Boxer-Spezialisten<br />
Herbert Gletter (www.gletter.de) um<br />
50 Millimeter verlängert. Da das Rad jetzt<br />
weiter hinten steht, muss auch die Aussparung<br />
in der Schwinge nach hinten verlängert<br />
werden, um eine ausreichende<br />
Freigängigkeit des Reifens zu garantieren,<br />
ohne die Felge allzu weit aus der Mitte<br />
einspeichen zu müssen. Beim Überprüfen<br />
des Kardangelenks wurde ein leichtes,<br />
subjektiv aber unbedenkliches Spiel festgestellt.<br />
Herbert Gletter war sich aber sicher:<br />
neu lagern, sonst gar nix. Das war<br />
auch gut so, denn die Oberflächen aller<br />
vier Lagerzapfen waren tief und rau eingelaufen.<br />
Bemerkt man im entfetteten<br />
Zustand einen deutlich spürbaren freien<br />
Nach dem Erhitzen des Getriebedeckels wird dieser durch leichte Schläge mit dem<br />
Kunststoffhammer über die Lagerringe gestülpt. Anschließend werden die Wellen<br />
mit leichten Schlägen in ihren endgültigen Sitz getrieben<br />
Verdrehwinkel des Kreuzgelenks, sollten<br />
die Nadellager und der Kreuzzapfen ausgetauscht<br />
werden. Das ist aber eine Arbeit<br />
für den Spezialisten.<br />
Schließlich stand die Kontrolle des<br />
Winkeltriebs auf der Arbeitsliste, die je<br />
doch nach dem Abziehen des Tellerrad-<br />
Deckels und einer Sichtprüfung rasch erledigt<br />
war – Teller- und Kegelrad befanden<br />
sich in einem perfekten Zustand. Gott<br />
sei Dank, denn ein zermahlener Endantrieb<br />
kostet zum einen eine Stange<br />
Aussortiert: Sämtliche Kugellager wurden erneuert, selbst<br />
wenn in Sachen Laufgeräusch und Spiel noch nichts Verdächtiges<br />
zu bemerken war. Natürlich gab es auch neue<br />
Simmerringe und ein Primärrad ohne Pitting<br />
Versuchsaufbau: Für eine bessere Schaltbarkeit wanderte<br />
der Drehpunkt des Schalthebels nach unten (Pfeil), zudem<br />
wurde mit der Hebelübersetzung experimentiert, um sowohl<br />
Schaltkraft als auch Schaltweg zu minimieren<br />
82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Lagersalat am Kreuzgelenk des Kardans: Gut zu erkennen sind die starken<br />
Oberflächenausbrüche am Kreuzbolzen, wo sich die Nadeln eingearbeitet hatten<br />
(Pfeil), die eine komplette Erneuerung unumgänglich machten<br />
Geld, zum anderen ist das Einjustieren<br />
des Tragbildes der Hypoid-Verzahnung<br />
eine sehr zeitaufwendige Angelegenheit.<br />
Um den Schaltvorgang des Getriebes<br />
zu optimieren, wurde die Betätigung so<br />
ausgelegt, dass der Drehpunkt des Schalt-<br />
hebels nach unten wanderte und der Fuß<br />
jetzt weniger nach vorn gegen den Schalthebel<br />
drückt, sondern diesen nach oben<br />
zieht. Mit dieser noch provisorischen<br />
Hebelmimik, durch die auch Schaltweg<br />
und -kraft optimiert wurden, kann man auf<br />
den sich frei drehenden Schaltknauf verzichten.<br />
Also Elektrik verkabeln, Vergaser<br />
drauf, Schnaps in den Tank und los – von<br />
wegen. Bis der Motor zum ersten Mal<br />
losbrummen durfte, gab‘s noch reichlich<br />
Arbeit. Mehr dazu im nächsten Heft. ◻<br />
Verlängerung: Die Kardanwelle mit dem renovierten Kreuzgelenk<br />
wurde von Herbert Gletter um 50 Millimeter verlängert, der<br />
bogen verzahnte Flansch wird auf dem Konus verschraubt. Ein<br />
zweiter Ruckdämpfer zwischen Getriebe und Kardan entfällt<br />
nun. Bislang ohne spürbare Auswirkungen auf das Lastwechsel -<br />
ver halten oder den Fahrkomfort<br />
Einarm-Schwinge mit dem 50 Millimeter langen Alu-Frästeil<br />
zwischen dem Flansch (Pfeil). Durch den längeren Hebelarm<br />
musste das Wilbers-Federbein anders abgestimmt werden.<br />
Die Kardanreaktionen werden durch die Verlängerung deutlich<br />
reduziert, der Federweg fällt um rund 10 Prozent länger<br />
und die Lenkgeometrie dadurch etwas handlicher aus<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 83
SZENE I<br />
Louis-Bike
Domi-Racer<br />
Ja, wir kennen uns. Und er ist eigentlich ganz in Ordnung, der Kay Blanke von<br />
Louis. Doch jetzt ist er zu weit gegangen. Entschieden zu weit. Weil er getan<br />
hat, woran ich nicht mal zu denken wagte. Und das auch noch verdammt gut.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Hertler, Holzwarth, Humke, Louis, Zastera<br />
Es muss ein Ablenkungsmanöver<br />
gewesen sein.<br />
Irgendwann im Frühjahr<br />
war es, als Kay Blanke in<br />
seiner Eigenschaft als Honda XBR-Eigner<br />
wieder mal bei mir angerufen hat. Und –<br />
wie immer – nebenbei versucht hat, mir<br />
meinen Speichenrad-Satz abzuschwatzen,<br />
wegen Umbau und so.<br />
Hätte er sich eigentlich sparen können,<br />
meine Antwort kannte er ja. Keine<br />
Speichenfelgen, kein Café Racer-Umbau.<br />
Dachte ich, während ich gleichzeitig Ausschau<br />
nach einer guten Honda Dominator<br />
hielt. Ebenfalls wegen Umbau, und<br />
so. Was ich ihm aber nicht gleich<br />
auf die Nase gebunden habe. Ein<br />
Scrambler sollte es werden, mit<br />
etwas Chrom und runder Lampe,<br />
so hab ich mir das vorgestellt.<br />
Glemseck 101 gehörte für mich<br />
deshalb auch in diesem Jahr<br />
wieder zum Pflichtprogramm. Nirgendwo<br />
sonst sieht man so viele tolle Umbauten,<br />
so viele inspirierende Maschinen<br />
und abgefahrene Leute, ähm, Ideenlieferanten<br />
auf einem Fleck. Aus ganz Europa<br />
sind sie Anfang September wieder zur<br />
alten Solitude-Rennstrecke gepilgert, die<br />
Frickler, Künstler, Spinner, Amateure und<br />
Profis, um einer Szene zu huldigen, die<br />
viel zu bunt und vielschichtig ist, als dass<br />
man sie bloß auf die der Café Racer reduzieren<br />
könnte.<br />
Mittendrin auf der drei Kilometer langen<br />
Show-Meile natürlich auch das weiße<br />
Louis-Zelt. Logisch, dass ich dort vorbeischauen<br />
musste, man kennt sich ja. Ebenso<br />
den Seven Fifty-Umbau auf dem Podest,<br />
mit dem die Louis-Truppe im letzten<br />
Jahr schon mitgemischt hat.<br />
Olle Kamelle, denke ich noch bei mir,<br />
als es mir fast die Pupillen aus dem Schädel<br />
reißt und mein Unterkiefer Richtung<br />
Zehenspitzen klappt. Dummerweise genau<br />
in dem Moment, als der Herr Blanke<br />
meiner gewahr wird. Ich sehe sein breites<br />
Grinsen, während mein Oberstübchen<br />
noch verzweifelt versucht, die Sinneseindrücke<br />
zu einem vollständigen Bild zusammenzufügen.<br />
Nicht, dass es an ungewöhnlichen<br />
Umbauten mangeln würde,<br />
schon gar nicht beim Glemseck 101.<br />
Doch dieser Umbau hier, der hat mich<br />
wirklich umgehauen. Weil er einfach geil<br />
gemacht ist. Und so anders ist als alles andere,<br />
was man üblicherweise zu sehen bekommt.<br />
Da ich mich ja selbst eingehend<br />
mit der Honda Dominator beschäftige,<br />
haben mir die Vierkantprofile im Bereich<br />
der Schwingenlagerung sofort verraten,<br />
welchen Ursprungs dieser Umbau ist.<br />
Meine Güte, was schütten sich die Jungs<br />
in Hamburg bloß in ihren Morgenkaffee?<br />
Es muss etwas sein, das Horizont und<br />
Sinne mächtig erweitert. Wie sonst kommt<br />
Dominator und Domina-Tor: Kay Blanke<br />
mit dem perplexen Autor, der noch gar<br />
nicht glauben will, dass man aus der<br />
Honda so einen zierlichen <strong>Classic</strong>-Racer<br />
bauen kann. Handgefertigter Alu-Tank<br />
mit tiefgründiger Lackierung als glänzendes<br />
Schmuckstück (unten, von links)<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 85
SZENE I<br />
Louis-Bike<br />
INTERVIEW<br />
Kay Blanke (50),<br />
Pressemann,<br />
Mädchen für<br />
Vieles und Mitglied<br />
der Louis-<br />
Schrauber-Crew<br />
man auf die Idee, ein hochhackiges, leicht<br />
pummeliges Stollenkrad wie die Dominator<br />
als Ausgangsbasis für einen klassischen,<br />
zierlichen Renner zu verwenden?<br />
Der Kay muss mir mal eine Prise von diesem<br />
Mittelchen überlassen. Denn das, was<br />
er und seine Truppe da auf die schmalen<br />
Speichenräder gestellt haben, ist ein Knaller,<br />
für mich DAS Bike beim diesjährigen<br />
Glemseck 101. Ein herrlich puristischer<br />
„Domi-Racer“, der so harmonisch geraten<br />
ist, dass die Enduro-Gene selbst für<br />
Kenner kaum mehr zu erahnen sind. Ein<br />
wunderschöner, in jeder Hinsicht gelungener<br />
Umbau zum klassischen Renner,<br />
der sich mit seinem Flat Tracker-Heck<br />
außerdem noch wohltuend vom üblichen<br />
Café Racer-Einerlei abhebt.<br />
Im Zentrum der flachen und schlanken<br />
Kreation steht der auf 675 Kubikzentimeter<br />
aufgebohrte Radial-Vierventiler<br />
mit gesunden 62,5 PS. Der schwarze Riese<br />
bildet einen reizvollen Kontrast zu dem<br />
handgedengelten Alu-Tank, durch dessen<br />
aufwendige Mehrschicht-Lackierung hier<br />
und da ein feiner Wölkchen-Schliff schimmert.<br />
Nicht minder gelungen die extravagante<br />
Auspuffanlage und viele weitere<br />
schöne Details, von denen sich hier jeder<br />
selbst ein Bild machen kann. Ich jedenfalls<br />
bin schwer beeindruckt.<br />
Aber auch ein wenig konsterniert.<br />
Weil ich mir einen besseren Umbau auf<br />
Basis der Honda Dominator kaum vorstellen<br />
kann. Meine eigenen Pläne habe ich<br />
deswegen erst einmal auf Eis gelegt. Vielleicht<br />
werde ich sogar schwach, wenn Kay<br />
irgendwann wieder mal nach meinen<br />
Speichenrädern fragen sollte. Weil ich<br />
weiß, dass er nicht nur ziemlich in Ordnung<br />
ist. Sondern – wie man sieht – auch<br />
ein richtig Guter.<br />
◻<br />
„Solche Um bauten<br />
sind die Kür<br />
unseres Jobs“<br />
Wie bist du ausgerechnet auf die Dominator<br />
als Basis für den Umbau gekommen?<br />
Für uns bei Louis ist es wichtig, dass wir<br />
möglichst viele Motorradfahrer erreichen<br />
und ihnen Anregungen geben können, das<br />
eigene Fahrzeug so oder ähnlich umzugestalten.<br />
Daher ist Grundvoraussetzung für<br />
solch einen Umbau, dass beim Kraftfahrtbundesamt<br />
noch genügend Bikes dieses<br />
Typs geführt werden. Die Dominator ist in<br />
Deutschland noch roundabout 10000-mal<br />
vertreten, mit den XL- und XLR-Modellen<br />
hat sie außerdem noch einige Geschwister,<br />
auf die sich so ein Umbau ganz gut übertragen<br />
lässt. Sehr verlockend war für uns in<br />
diesem Fall natürlich auch der ziemlich<br />
drastische Vorher-Nachher-Effekt.<br />
Was gab den Anstoß?<br />
Das Konzept lag schon eine Weile in der<br />
Schublade. Nach dem Seven Fifty-Umbau<br />
als klassischem Café Racer im vergangenen<br />
Jahr wollten wir etwas Spannenderes<br />
machen und keine Stil-Wiederholung.<br />
Die Verwandlungs-Künstler: Kay Blanke hatte einen Plan,<br />
den er dann zusammen mit Detlef Stüdemann umsetzte<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Wann habt ihr angefangen?<br />
Im Mai konnten wir absehen, dass wir es<br />
zeitlich packen können. Als erste Präsen -<br />
ta tion haben wir uns das Glemseck 101<br />
Anfang September gesetzt. Damit war der<br />
Terminplan schon sehr sportlich gefasst,<br />
zumal wir zu dem Zeitpunkt nicht einmal<br />
das Basisfahrzeug hatten.<br />
Wer war denn alles am Umbau der<br />
Honda Dominator beteiligt?<br />
Unser Werkstatt-Urgestein Detlef Stüdemann<br />
hat die Schraub- und Detailarbeiten erledigt,<br />
mein Part waren Konzept und Design.<br />
War der Umbau nur ein Spaß-Projekt,<br />
oder was steckt dahinter?<br />
Solche Dinge sind die Kür unseres Jobs. Es<br />
ist großartig, so ein Vorhaben wachsen und<br />
letztendlich fertig zu sehen. Auch wenn es in<br />
der Tat unglaublich viel Spaß macht, ist Sinn<br />
und Zweck vor allem das Aufzeigen, was<br />
man mit den Teilen aus unserem Sortiment<br />
so alles anstellen kann.<br />
Was war dabei die größte Hürde?<br />
Ganz klar der eng gesteckte Terminplan.<br />
Daher haben wir einige Dinge parallel laufen<br />
lassen. Mit Tuning-Papst Ulf Penner, Friedhelm<br />
Lammers, der den Alu-Tank gebaut hat,<br />
und Danny Schramm als Lackierer haben wir<br />
einige Cracks der Szene mit ins Boot geholt,<br />
die einen hervorragenden Job gemacht<br />
haben.<br />
War dir von vornherein klar, wie das<br />
Er gebnis aussehen sollte?<br />
Eigentlich schon. Scrambler- und Flat Tracker-<br />
Umbauten gab es inzwischen ja schon einige,<br />
warum also das Teil nicht richtig flach legen?<br />
Das Ganze dann in hübsch und ohne Rücksicht<br />
auf Konventionen bauen, so war der<br />
Plan. Dass die Umsetzung wegen der Hochbeinigkeit<br />
und dem steil ansteigenden<br />
Rahmen der Dominator durchaus tricky wird,<br />
hat für mich letztendlich auch den Reiz<br />
dieses Projekts ausgemacht.<br />
Und wie habt ihr das Bike so flach<br />
bekommen?<br />
Statt hinten mit der Pro-Link-Hebelei zu<br />
experimentieren, haben wir ein kürzeres<br />
Federbein von Bitubo verbaut. Das bringt<br />
dort sieben Zentimeter. Vorn haben wir die<br />
Gabelstandrohre gekürzt und das 21er-<br />
Vorderrad durch ein 19 Zoll messendes<br />
ersetzt, das hat 9,5 Zentimeter eingespart.<br />
Außerdem ist der hohe Serienaufbau von<br />
Verkleidung, Tank und Sitzbank entfallen.<br />
Nicht zuletzt deshalb wirkt die Honda<br />
jetzt geradezu zierlich. Das täuscht übrigens<br />
nicht, ohne Sprit bringt sie nur noch 139<br />
Kilogramm auf die Waage!<br />
Stichwort Leistung: Wie viel drückt eure Domi?<br />
Mit offener Auspuffanlage hat Ulf 62,5 PS<br />
und 74 Newtonmeter auf die Rolle gezaubert.<br />
Er nannte das gegenüber 44 PS und<br />
54 Newton meter im Serienzustand „ganz<br />
ordentlich“. Damit beim Glemseck 101 aber<br />
nicht gleich das Laub von den Bäumen fällt,<br />
musste ein Vorschalldämpfer her. Aber auch<br />
damit sind immer noch außerordentlich<br />
stürmische 58 PS dabei, das Vorderrad selbst<br />
im dritten Gang anzuheben. Erreicht wurde<br />
die Mehrleistung durch klassisches Tuning<br />
wie Aufbohren des Zylinders, Erhöhung der<br />
Ver dichtung, Bearbeitung der Kanäle, eine<br />
scharfe Nockenwelle und den obligatorischen<br />
Mikuni-Flachschiebervergaser samt K&N-<br />
Luft filter.<br />
Was kostete der Umbau, was waren<br />
die teuersten Posten?<br />
Inklusive des Basisfahrzeugs mit gerade mal<br />
8400 Kilometern auf dem Tacho haben wir<br />
rund 10000 Euro ausgegeben. Man kann<br />
einer Dominator aber auch für deutlich weniger<br />
Geld ein sehr ähnliches Äußeres verleihen.<br />
Bei uns schlug zum Beispiel allein die<br />
Einzelanfertigung von Krümmer und Vorschalldämpferanlage<br />
sowie dem Hurric-<br />
Enddämpfer mit 2000 Euro zu Buche.<br />
Nach der Seven Fifty nun die Dominator<br />
als Racer: Auf was dürfen wir uns denn<br />
beim nächsten Glemseck 101 freuen?<br />
Da muss ich erst einmal auf die KBA-Zahlen<br />
gucken. Und in unsere Terminkalender...<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 87
NACHDRUCK<br />
Titelthema ja, Titelbild<br />
nein: Für die MOTOR-<br />
RAD-Ausgabe 11/1976<br />
war der Test des<br />
RD-Topmodells kein<br />
Topthema<br />
Fotos: MPS Fotostudio
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 89
NACHDRUCK<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Foto: Stefan Wolf<br />
Die Yamaha<br />
RD 400<br />
aus heutiger<br />
Sicht<br />
Die damals größte RD war kein<br />
Verkaufsschlager, und auch heute<br />
sieht man sie nur selten. Schade,<br />
denn der starke Flitzer ist ein<br />
solides, ausgereiftes Bike.<br />
„Das klare, kantige Design (Stichwort:<br />
Sargtank) des RD-Mauerblümchens<br />
gefällt mir bis heute“<br />
Sie fristete damals wie heute<br />
ein Mauerblümchen-Dasein,<br />
obwohl sie zu ihrer Zeit das<br />
Spitzenmodell war. Ihre Bauzeit<br />
währte nur kurz: Sie krönte die<br />
RD-Reihe ab 1976, wurde aber<br />
schon 1980 von den neuen,<br />
sportlicher gestylten und<br />
wasser gekühlten LC-Modellen<br />
verdrängt. Mich hat die RD 400<br />
schon früh fasziniert, weil ich<br />
als Teenie das Glück hatte, sie<br />
regelmäßig bestaunen zu<br />
Redakteur Gerhard Eirich können. Ein Zweitaktfan im<br />
mag Mauerblümchen Nachbarort besaß eine, damals<br />
1976 wohl eine der Ersten, und<br />
ich sah und hörte ihn, eigentlich<br />
eher in umgekehrter Reihenfolge, regelmäßig an<br />
unserem Haus vorbeipreschen. Es war das letzte Haus<br />
am Ortsrand, also kam ich oft in den Genuss, Motorräder<br />
beim vollen Beschleunigen am Ortsschild zu erleben.<br />
So auch die RD 400. Auch sie hatte natürlich dieses<br />
zornige Zweitaktsägen, doch angesichts des stolzen<br />
Hubraums etwas dumpfer. Und dass die 400er fahrleistungsmäßig<br />
ein echtes Feuerzeug war, wurde mir<br />
bereits damals schnell klar. Wenn ich besonders Dusel<br />
hatte, erwischte ich den glücklichen Besitzer beim Spritfassen<br />
an der Dorftanke, wo ich ehrfürchtig auf die Hubraumangabe<br />
starrte – 400, die große RD, ja, die größte.<br />
Topmodelle mit viel Hubraum und Leistung beeindrucken<br />
automatisch, doch an der RD faszinierten mich auch<br />
und vor allem das klare, kantige Design (Stichwort:<br />
Sargtank), die Gussräder und nicht zuletzt natürlich der<br />
Sound. Auch heute würde ich sie den älteren, rundlichen<br />
Modellen vorziehen, unter anderem weil ich ein Faible<br />
für Mauerblümchen habe. Oft sprach man vom Bauernmotor,<br />
weil er bei richtiger Einstellung nicht nur robust,<br />
sondern sogar relativ durchzugsstark war, zudem für<br />
einen Zweitakter recht sparsam, und das ganze Motorrad<br />
als ausgereift und sauber verarbeitet gelten durfte.<br />
Gefahren bin ich im Laufe der folgenden Jahre diverse<br />
RDs, die 400er leider nie – wer eine hat, bitte melden.<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 91
NACHDRUCK<br />
92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 93
SZENE I<br />
Rudge Special<br />
Allen was<br />
fourgemacht<br />
Vierventil-Viertakt-Einzylinder hatten auch für andere schon Rennen gewonnen.<br />
Rudge jedoch übertrug diese Technik bereits 1924 in den Serienbau und<br />
beglückte sportliche Tourenfahrer. Etwa mit der Special aus den späten 30ern.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
94 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 95
SZENE I<br />
Rudge Special<br />
Der Wiederaufbau erforderte<br />
Geduld, doch<br />
dank der rüh rigen Rudge<br />
Enthusiasts und ihrer<br />
Nach fertigungen kam<br />
letztlich alles zusammen<br />
wer die Jungs vor<br />
dem Krieg nach<br />
einem tollen, sportlichen<br />
Motorrad<br />
gefragt hat, der bekam nicht nur in England<br />
verdammt oft den Namen Rudge zu<br />
hören. Es war nämlich noch nie egal, wie<br />
ein Motorrad aussieht. Auch nicht, welcher<br />
Konstruktionsmerkmale es sich bedient<br />
und was für ein Image sein Hersteller<br />
besitzt. Sieg auf Sieg fuhr der nicht<br />
mehr kleine, aber auch nicht wirklich<br />
große Hersteller aus Coventry ein, in<br />
schlanker und klarer Form präsentierte er<br />
seine qualitativ hervorragenden Serien-<br />
Einzylinder und bestückte sie – mit Vierventilköpfen.<br />
Das zog. Auch bei Modellen,<br />
die keine Rennambitionen hatten.<br />
Die Rudge Special geht im Prinzip auf<br />
jene Konstruktion zurück, die 1924 begeistert<br />
begrüßt wurde und eine 15 Jahre<br />
dauernde Reise antrat. Gewisse Parallelen<br />
zum 1921 vom Motorenpapst Sir Harry<br />
Ricardo für Triumph gebauten Vierventiler<br />
ließen sich nicht vermeiden, das<br />
Drumherum geriet bei Rudge jedoch<br />
deutlich moderner. Four valves, four gears<br />
hieß der Verkaufsslogan. Vier Ventile, vier<br />
Gänge, denn die 350er erhielt selbstverständlich<br />
das ein Jahr zuvor im V2-Spitzenmodell<br />
vorgestellte Vierganggetriebe.<br />
nen eigenen Vierventiler an. Alles andere<br />
als Brot und Butter, entsprechend schwer<br />
zu verkaufen, wenn breite Massen nicht<br />
mal Butter haben. Die Special, immerhin,<br />
konnte sich dank ihrer gediegenen Motorcharakteristik<br />
als Zugmaschine für Gespanne<br />
einem breiteren Käuferkreis anbieten,<br />
aber den Karren aus dem Dreck<br />
ziehen konnte auch sie nicht. Allerdings<br />
war die Firma recht breit aufgestellt: Herpa<br />
ihr Potenzial an, dann der Durchbruch:<br />
1928 gewann Graham Walker – bei der<br />
Senior-TT noch in Führung liegend ausgefallen<br />
– den Ulster-Grand Prix mit riesigem<br />
Vorsprung. Folglich hieß das<br />
schnellste Serienmodell nicht mehr Sport,<br />
sondern Ulster. Darunter rangierten wie<br />
seit 1926 gewohnt die Special und die<br />
einfacher ausgestattete, wenig populäre<br />
Standard. Beide mit 19 statt 21 Zoll großen<br />
Rädern und ausladenden Schutzblechen<br />
versehen, aber prinzipiell mit demselben<br />
Motor und demselben Fahrwerk. Ersterer<br />
übernimmt im unten offenen Rohr rahmen<br />
mittragende Funktion, vorn führt eine bei<br />
Rudge entwickelte, reibungsgedämpfte<br />
Trapezgabel mit einer Feder und mechanischem<br />
Lenkungsdämpfer. Bedächtig<br />
und konsequent wurde weiterentwickelt.<br />
Wie die Werksrenner trugen Ulster und<br />
Special ab 1928 modische Satteltanks, die<br />
Special anfangs sogar<br />
als Kombi-Behälter für<br />
Öl und Benzin. Außerdem<br />
ersetzten Halbnaben-Trommeln<br />
die bis<br />
dahin verwendeten Riemenbremsen.<br />
Die vordere<br />
konnte nicht nur<br />
mit dem Hand-, sondern<br />
kombiniert mit der hinteren<br />
auch mittels Fußhebel betätigt werden.<br />
1930 kam die Trockensumpfschmierung,<br />
und eben dieses Jahr hätte zum goldenen<br />
für Rudge werden können.<br />
Sportliche Motorradfahrer schätzten<br />
die Firma längst, weitere Siege sollten den<br />
Ruhm mehren. George Hack, der sich<br />
schon um die dachförmigen Zylinderköpfe<br />
der 500er gekümmert hatte, durfte sich<br />
nun eine Klasse tiefer versuchen. Er dach-<br />
1930 hätte das große<br />
Jahr für Rudge werden<br />
können, aber die<br />
Krise verdarb alles<br />
Das Rückgrat der Firma<br />
1925 debütierte die Halbliter-Version, und<br />
die sollte dann bis zum eher unrühmlichen<br />
Ende das Rückgrat der Firma werden.<br />
Natürlich versuchte Rudge bald, die<br />
leistungsstarken Motorräder im Sport zu<br />
platzieren, anfangs jedoch nur mit mäßigem<br />
Erfolg. 1927 deuteten sie mit einem<br />
dritten Platz beim Großen Preis von Eurote<br />
die Sache zu Ende und entwickelte im<br />
Interesse optimaler Verbrennungsabläufe<br />
einen Kopf mit vier radial angeordneten<br />
und von insgesamt sechs Kipphebeln<br />
betätigten Ventilen. Mit Ach und Krach<br />
gelang es, drei Motoren für die TT aufzubauen.<br />
Obwohl alle schon während des<br />
Trainings Risse in den Kolben hatten, belegten<br />
sie die ersten drei Plätze. Damit<br />
nicht genug: Der Gastfahrer Wal Handley<br />
holte für Rudge mit der bewährten 500er<br />
auch den Erfolg in der Senior-TT – mehr<br />
Pub licity war damals nicht denkbar. Doch<br />
vergebens, denn zur selben Zeit schlug<br />
die Weltwirtschaftskrise zu, binnen einen<br />
Jahres sanken die Verkaufszahlen 1931<br />
von knapp 8000 auf nur noch 2500.<br />
Rudge war ein Premium-Anbieter. Der<br />
Versuch, 250er mit JAP-Zweiventilern auf<br />
Kundenfang zu schicken, schlug fehl, also<br />
bot man ab 1931 auch in dieser Klasse ei-<br />
96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
DATEN<br />
Rudge Special<br />
MOTOR: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, eine untenliegende,<br />
über Kette angetriebene Nockenwelle, vier über<br />
Stoßstangen und Gabelkipphebel betätigte Ventile, Bohrung x<br />
Hub 84,5 x 88 mm, Hubraum 495 cm³, Verdichtung 5,5 : 1,<br />
Leistung zirka 20 PS, Amal-Vergaser Typ 76/113, Trockensumpfschmierung,<br />
Primärantrieb über Simplexkette, Vierscheibenkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Sekundärantrieb über Kette<br />
FAHRWERK: Unten offener Stahlrohrrahmen, Trapezgabel<br />
vorn mit Reibungsdämpfern, starres Hinterrad, Halbnaben-<br />
Trommelbremsen vorn und hinten, Drahtspeichen räder,<br />
Reifen 3.25 x 19 vorn und hinten<br />
INFORMATIONEN: Die Rudge schart keine Fans um sich,<br />
sondern Enthusiasten, wie auf www.rudge.co.uk zu sehen<br />
Jörg Niemeyer hat<br />
das rare Stück über<br />
den Kanal geholt und<br />
liebevoll restauriert
SZENE I<br />
Rudge Special<br />
98 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong><br />
Eine Blechblende verdeckt<br />
das Getriebe,<br />
aber der Bremshebel<br />
verrät: Dieses hier ist<br />
linksgeschaltet
vorgegangen aus dem Zusammenschluss<br />
der Fahrradhersteller Rudge (gegründet<br />
in Wolverhampton) und Whitworth Cycle<br />
(Birmingham) produzierte sie ab 1894 in<br />
Coventry mit großem Erfolg Fahrräder.<br />
Schon 1910 knatterte der Prototyp eines<br />
Motorrads durch die Crow Lane, ab 1911<br />
wurde auch verkauft. Parallel entstanden<br />
weiterhin Fahrräder, als sehr lukrativ erwies<br />
sich zudem die Herstellung von<br />
Speichenrädern für Autos. Mit ihrem patentierten<br />
Zentralverschluss gehörten die<br />
Rudge-Wheels bald zum Erscheinungsbild<br />
vieler europäischer Sportwagen, die<br />
Nachbau-Lizenz für Italien hatte sich übrigens<br />
die noch junge und aufstrebende<br />
Firma Borrani gesichert. Ein weiteres Geschäftsfeld<br />
eröffnete ab 1931 der Verkauf<br />
kompletter Motoren; unter dem Namen<br />
Python wanderten Rudge-Singles beispielsweise<br />
in Fahrwerke von Zündapp<br />
und Imperia (Deutschland), Miller (Italien)<br />
sowie James und Cotton (England).<br />
Wieder ein Triumph bei der TT<br />
Dank all dieser Anstrengungen blieb immer<br />
noch ein wenig Geld, um die Motorräder<br />
weiterzuentwickeln. Ein Ölbad-Kettenkasten<br />
aus Alu-Guss umschließt bei<br />
den 500ern ab 1932 den Primärtrieb, auch<br />
die Kette zur Lichtmaschine bezieht daraus<br />
ihren Schmierstoff. Außerdem lassen<br />
sich die größeren Rudge seither äußerst<br />
bequem aufbocken: Ein langer Hebel an<br />
der linken Seite drückt über eine Umlenkung<br />
den Hauptständer nach unten. Die<br />
finanziellen Probleme jedoch ließen sich<br />
nicht aushebeln, 1933 drohte der Konkurs.<br />
Dann wieder Triumphe: 1934 fuhr<br />
Jimmie Simpson vor zwei Markenkollegen<br />
auf der 250er-Rudge den letzten<br />
Rudge-Sieg auf der Isle of Man ein, 1935<br />
stellte das Werk sein offizielles Sportengagement<br />
ein. Im selben Jahr ging die<br />
Firma in den Besitz eines großen Gläubigers<br />
über, der Electric & Musical Industries<br />
(EMI), der sogar investierte, eine neue<br />
250er mit Zweiventilmotor und eine stabilere<br />
Gabel für Special und Ulster ermöglichte.<br />
Die 500er erhielten schließlich ab<br />
1937 gekapselte Zylinderköpfe, auch die<br />
Special stellte von Hand- auf Fußschaltung<br />
um, zwei Jahre später war Schluss.<br />
Ein Triebwerk dieser Ära hatte sich –<br />
warum auch immer – in ein geringfügig<br />
älteres Fahrwerk mit<br />
Seitenwagen verirrt,<br />
das vor geraumer Zeit<br />
im englischen Fachblatt<br />
<strong>Classic</strong> Bike annonciert<br />
wurde. Rudge, diese<br />
Geschichte, diese Technik:<br />
Der Briten-Spezi<br />
Jörg Niemeyer war sofort<br />
begeistert und holte<br />
das seltene und fahrtüchtige Stück von<br />
der Insel. In seinem Hamburger Laden<br />
Single & Twin (siehe auch <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> 1/2013) wurde alles komplett zerlegt,<br />
überholt und im Lauf der letzten Jahre<br />
wieder aufgebaut. Die vom Vor besitzer<br />
geänderte Ölführung baute Niemeyer zurück,<br />
ein nachträglich eingerichteter Luftfilterkasten<br />
musste dem serienmäßigen<br />
Batteriefach weichen, der Seitenwagen<br />
rollt mittlerweile neben einer BSA durch<br />
die Hansestadt. In ihrer Substanz bewiesen<br />
Motor, Getriebe und Fahrwerk hohe<br />
Qualität. Die rollengelagerte Kurbelwelle<br />
treibt auf ihrer rechten Seite mittels<br />
Zahnrad die Nockenwelle und die Ölpumpe<br />
an, mittels Kette setzt ein Zahnrad<br />
auf der Nockenwelle den Zündmagneten<br />
in Schwung. Den Primärtrieb erledigt eine<br />
Simplexkette, auf dieser Motorseite liegt<br />
auch der Kettenantrieb des vor dem Zylinderfuß<br />
angebrachten Generators. Über<br />
eine Vierscheibenkupplung gelangt die<br />
Kraft ins ausnahmsweise linksgeschaltete<br />
Vierganggetriebe.<br />
Alles solider britischer Motorenbau<br />
eben, die Unterschiede liegen ganz klar<br />
im Kopf. Mit je zwei parallel hängenden<br />
Ein- und Auslassventilen war der Rudge-<br />
Rudge war Premium,<br />
die gute Substanz von<br />
Chassis wie Triebwerk<br />
zeigt es noch heute<br />
Four gestartet, und anders als die Ulster<br />
hat es die Special immer dabei belassen.<br />
Das Sportmodell war 1932 – gleich den<br />
erfolgreichen 350er-TT-Siegermaschinen –<br />
mit vollradialem Kopf aufgetaucht. Merkwürdigerweise<br />
ohne Mehrleistung, weshalb<br />
es fortan zu einem Mix kam: Einlassventile<br />
parallel, Auslässe radial. Letzteres<br />
bekam dem Hitzehaushalt ganz gut. Die<br />
Special hatte derlei Tricks nicht nötig, ihr<br />
genügte die nach außen strebende Führung<br />
der Auslasskanäle und Krümmer,<br />
um völlig cool zu bleiben.<br />
◻<br />
Sehr klangvoll, aber<br />
keineswegs stürmisch<br />
kommt der<br />
Vierventiler in<br />
Gang. Der Smith-<br />
Tacho ist überholt<br />
worden, der Hebel<br />
für den Hauptständer<br />
dagegen<br />
brauchte nur neuen<br />
Lack. Frappierend<br />
leicht flutscht die<br />
Rudge auf den<br />
Ständer
Aller Ehren w<br />
SZENE I<br />
Club-Porträt AMSC Leonberg<br />
Wirklich beachtlich, was<br />
dieser Motorradclub vom<br />
exklusivsten Clubhaus<br />
Deutschlands aus so alles<br />
stemmt: Jähr liche Themen-<br />
Ausstellungen bei der<br />
Messe Retro <strong>Classic</strong>s,<br />
tolle Treffen und Hilfe<br />
beim Motorrad-Festival<br />
Glemseck 101 sind die<br />
Highlights.<br />
Text: Thomas Schmieder<br />
Fotos: AMSC Leonberg, TSR (je 5)<br />
Ein typischer Mittwochabend<br />
im Sommer <strong>2014</strong> vor<br />
den Toren Stuttgarts. Am 60<br />
Jahre alten Start-und Zielturm<br />
der ehemaligen Solitude-Rennstrecke<br />
kehrt Leben ein. Ein Motorrad nach<br />
dem anderen steuert das markante Bauwerk<br />
an. Hier ein paar Wasserbüffel, die<br />
blaue Wölkchen ausstoßen, dort eine röchelnde<br />
Laverda und dazu noch ein paar<br />
blubbernde BMW-Zweiventiler.<br />
Dirk Adam tuckert mit seinem roten<br />
NSU-Vorkriegs-Gespann, einer OSL 501,<br />
heran. Stilecht im Outfit der 30er-Jahre,<br />
passioniert beim Kennzeichen: LEO-SL<br />
501. Hier kommen echte Enthusiasten zusammen.<br />
Und das jeden Mittwochabend.<br />
Es wird herzlich gelacht und jede Menge<br />
Benzin geredet. Auch wenn heute nur ein<br />
Teil der 60 Mitglieder des AMSC Leonberg<br />
anwesend ist. Im ersten Stock des historischen<br />
Turms gibt’s Bier und alkoholfreie<br />
Getränke, im zweiten Stock beeindruckt<br />
der Gerhard-Mitter-Saal mit tollen historischen<br />
Fotos von der Solitude-Rennstrecke:<br />
Start- und Renn szenen, Siegerehrungen.<br />
Pokale, Rennstrecken-Wegweiser<br />
aus den 60er-Jahren (!) und andere Devotionalien<br />
verteilen sich in den Räumen<br />
des Turms, eine einzigartige Atmosphäre.<br />
Und damit ein würdiger Rahmen, um<br />
über den markenoffenen AMSC Leonberg<br />
zu plaudern, den Allgemeinen Motorradsport-Club<br />
e.V., Ortsclub im ADAC.<br />
Jörg Halder erklärt das Verbindende:<br />
„Sympathie! Wir kennen uns einfach gut.“<br />
100 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
An historischer Stätte: Der 60 Jahre alte Start-Ziel-Turm an der ehemaligen GP-Strecke der<br />
Solitude ist AMSC-Vereinsheim. Im Vordergrund: die NSU 501 OSL von Dirk Adam (2. v. r.)<br />
Engagiert, aktiv: der<br />
Vereinsvorsitzende<br />
Klaus Roth mit seiner<br />
1950er-BMW<br />
aus Eisenach<br />
ert<br />
In guter Atmosphäre: Vereinsmitglieder Manfred<br />
Baumann, Thomas Schmid, Jörg Halder und Thomas<br />
Rieg (v. l. n. r.) im Gerhard-Mitter-Saal des Turms<br />
„Viele Menschen meinen ja“, sinniert der<br />
52-Jährige, „dass Vereine im Internet-<br />
Zeitalter obsolet wären.“ Doch Facebook-<br />
Freunde und Forums-Bekanntschaften<br />
könnten nicht stemmen, was dieser Club<br />
auf die Beine, pardon: Räder stellt. Wer je<br />
mal im März auf der Retro <strong>Classic</strong>s war,<br />
weiß, dass sich die Stuttgarter Messe mehr<br />
und mehr zur Edelshow teurer Automobile<br />
verwandelt. Alle Hallen sind von Luxuskarossen<br />
besetzt. Die ganzen Hallen?<br />
Nein, ein von unbeugsamen Motorradfahrern<br />
unterhaltener Messestand stemmt<br />
sich der vierrädrigen Übermacht entgegen.<br />
Es ist der rührige AMSC Leonberg, der<br />
mit beeindruckenden Ausstellungen tapfer<br />
„die Fahne der Motorradfahrer hochhält“,<br />
sagt Club-Mitglied Thomas Rieg (59).<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Fahrerlager-Romantik. Heute beim<br />
Touren- und Gespannfahrertreffen,<br />
in den 60ern beim Solitude-GP
SZENE I<br />
Club-Porträt AMSC Leonberg<br />
„Küchen-Maschinen“: Große Schau von Richard<br />
Küchens Konstruktionen auf der Retro <strong>Classic</strong>s ...<br />
... wozu auch die Victoria Bergmeister mit rundlichem<br />
64-Grad-V2 (347 cm3) und Kardan zählte<br />
Massen auf der Messe: NSUs<br />
aus dem Museum Neckarsulm<br />
„Wir haben dort bereits alles rund um die<br />
Themen BMW, Moto Guzzi oder Laverda<br />
gezeigt.“ Aber es geht noch doller: „Für<br />
unsere Ausstellung von NSU-Motorrädern<br />
haben wir einen 38-Tonnen-Sattelschlepper<br />
zum Zweiradmuseum Neckarsulm geschickt.“<br />
Er kam vollbeladen mit exklusiven<br />
Exponaten retour: Maschinen ab<br />
Baujahr 1905 konnten so gezeigt werden.<br />
Ebenso wie Motorräder mit lokalem<br />
Bezug: Im März <strong>2014</strong> präsentierten die<br />
Ausstellungen Maschinen von Standard<br />
und UT mit den Produktions-Stätten in<br />
Ludwigsburg, Feuerbach, Plochingen und<br />
Stuttgart-Untertürkheim.<br />
Solche Expositionen sind natürlich<br />
auch eine Würdigung der Firmengründer,<br />
in diesem Fall Wilhelm Gutbrod und Hermann<br />
Scheihing. Dies trieb der AMSC im<br />
März 2012 auf die Spitze, mit einer bemerkenswerten<br />
Schau von Motoren und Motorrädern<br />
des Ingolstädter Konstrukteurs<br />
Richard Küchen. Nachkriegs-Höhepunkt<br />
seiner Motor(rad)-Entwürfe war die ebenfalls<br />
präsentierte Victoria Bergmeister.<br />
Zeitgenössische Werbeplakate, Konstruktionszeichnungen<br />
und andere Insignien<br />
gehören zur Kür bei den Ausstellungen.<br />
Dafür nehmen sich die Beteiligten<br />
sogar mehrere Tage Urlaub. Zudem kosten<br />
die Shows Geld für Transport und Organisation.<br />
Geld, das ein Imbissstand beim<br />
Motorrad-Festival Glemseck 101 am ersten<br />
September-Wochenende wieder einspielen<br />
muss. Der AMSC organisiert dort<br />
einen Teil der Achtelmeilen-Sprints und<br />
stellt historische Maschinen aus, erzählt<br />
der Clubvorsitzende Klaus Roth (57).<br />
Seit 1981 im Solitude-Turm<br />
Alle diese Aktivitäten sind nur machbar,<br />
„weil wir ein lebendiges Netzwerk sind“,<br />
wie der zehnfache Laverda-Besitzer Manfred<br />
Baumann sagt. „Da gibt es immer einen,<br />
an den man sich wenden kann, wenn<br />
man ein Problem hat.“ Zwar gäbe es Nachwuchsprobleme,<br />
wie überall, aber immerhin<br />
sei das Club-Nesthäkchen Sissi<br />
Roth erst 23 Jahre alt. Ihr Vater sammelt<br />
übrigens originale Polizei-Motorräder.<br />
Der AMSC wurde am 28. August 1950<br />
als MSC (Motorsportclub) gegründet. 1952<br />
erfolgte die Änderung des Vereinsnamens<br />
in AMSC (Automobil- und Motorsport-<br />
Club), 1987 dann in Allgemeiner Motorradsport-Club.<br />
Und der Turm? Er wurde in<br />
den 50er-Jahren vom ADAC gebaut und<br />
stand dann nach dem Ende der GP-Rennen<br />
an der Solitude von 1966 bis 1980 leer,<br />
füllte sich mit Schutt. Der ADAC vermietete<br />
den Turm 1981 an den AMSC, der ihn zu<br />
dem machte, was er heute ist.<br />
In den 50er-Jahren organisierte der<br />
AMSC „Sportliche Prüfungsfahrten“ auf<br />
der eigens gesperrten Solitude-Strecke.<br />
„Die Veranstaltung dient der Vervollkommnung<br />
des Fahrstils und besserer<br />
Fahrzeug-Beherrschung“, schrieb vor 55<br />
Jahren DAS <strong>MOTORRAD</strong> in Ausgabe<br />
13/1959. Tradition hat das Touren- und Gespannfahrertreffen,<br />
das zum 29. Mal vom<br />
17. bis 19. Oktober <strong>2014</strong> stattfindet, inklusive<br />
Markentreffen für Honda CB 750 Four,<br />
Z- Kawasakis, Suzuki GT 750 und Yamaha<br />
SR 500 am Samstag. Aller Ehren wert! ◻<br />
TERMINE, THEMEN, KONTAKT<br />
Eine Institution: Die Freunde der Wasserbüffel<br />
treffen sich ebenfalls im historischen Ambiente<br />
Zu den vielfältigen Aktivitäten des Allgemeinen<br />
Motorradsport-Clubs Leonberg e.V, einem Ortsclub<br />
im ADAC, zählt das traditionelle Tourenund<br />
Gespannfahrertreffen vom 17. bis 19.<br />
Oktober <strong>2014</strong>. Es steigt inklusive Teile-/Flohmarkt<br />
und Demofahrten zum 29. Mal am Start-<br />
Zielturm an der alten Solitude-Strecke. GPS-Koordinaten:<br />
N 48.7681, E 9.0473; die Ausfahrt Leonberg-Ost<br />
der A8 ist einen Kilometer entfernt.<br />
Jährlich organisiert der AMSC weiterhin<br />
tolle Ausstellungen zu bestimmten Zweirad-Themen<br />
auf der Retro <strong>Classic</strong>s. Vom<br />
26. bis 29. März 2015 stehen Maico und Hans A.<br />
Muth im Fokus, 2016 dann erneut eine Laverda-<br />
Show (Foto). Club-Abende sind mittwochs<br />
ab 19 Uhr; Oldtimerstammtisch ist jeden<br />
ersten Donnerstag im Monat. Freunde der<br />
Suzuki GT 750 treffen sich am zweiten Mittwoch<br />
im Monat, die der Yamaha SR 500 am dritten<br />
Mittwoch des Monats. Gemeinsame Ausfahrten<br />
stehen in der Saison am ersten Sonntag im<br />
Monat an. Gleichgesinnte sind herzlich willkommen.<br />
Kontakt und Infos: vorstand@amsc-leonberg.de,<br />
www.amsc-leonberg.de oder Telefon<br />
07 11 / 85 85 69 und 0 71 56/ 2 62 77.<br />
102 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Fliegende Legenden<br />
Foto: KL-Dokumentation<br />
Klassiker der Luftfahrt aus der<br />
FLUG REVUE-Edition präsentiert<br />
spannende Dokumentationen<br />
über historische Flugzeuge und<br />
ihre faszinierende Technik.<br />
Mit einzigartigen Drei-Seiten-<br />
Zeichnungen und Foto-Raritäten.<br />
Täglich informiert mit<br />
www.klassiker-der-luftfahrt.de<br />
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Die faszinierendsten Flugzeuge der Welt<br />
Jetzt<br />
im Handel!
SZENE I<br />
Leser bauen selbst: Yamaha XS 850 Café Racer<br />
Die<br />
Erfüllung<br />
Alle Gralshüter der absoluten Originalität müssen jetzt tapfer sein. Hier zeigt uns<br />
Wilhelm Behle nämlich seine Vorstellung von einer XS 850. Mit der Verwandlung<br />
der Yamaha in einen klassischen Sportler hat er sich einen Jugendtraum erfüllt.<br />
104 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Gekonnter Stil-Mix: klassische Instrumente mit modernen Lenkstummeln<br />
Glanzstücke: polierte Rasten und Hebel<br />
Text und Fotos von Wilhelm Behle<br />
Dass meine Traum-Maschine<br />
einmal drei Zylinder<br />
und Kardanantrieb haben<br />
würde, wusste ich<br />
damals, als Student auf einer lahmen<br />
Honda MT-5, natürlich nicht. Dafür aber<br />
ganz genau, wie sie aussehen musste.<br />
Deshalb ist bei meiner 1983er-Yamaha XS<br />
850 nur noch der Rumpfmotor original,<br />
alles andere wurde meinen Vorstellungen<br />
entsprechend abgeändert.<br />
Café Racer? Renn-Replika? Eigentlich<br />
egal, wie man meine XS bezeichnet. Für<br />
mich ist sie ein Motorrad mit Seele und<br />
Charakter. Auf den Yamaha-Dreizylinder<br />
bin ich letztlich durch die Triumph-Triples<br />
gekommen, weil sie unter all meinen Motorrädern<br />
immer die Aura des Besonderen<br />
ausgestrahlt haben.<br />
Trotzdem erschien mir mein Fuhrpark<br />
immer seelenloser, je moderner er wurde.<br />
Irgendwann wurde mir bewusst, dass<br />
auch ich statt auf Handarbeit und Werkzeug<br />
immer öfter auf schnöde Software-<br />
Updates setzte. Weshalb ich beschloss,<br />
dass mein nächstes Motorrad kein fahrendes<br />
Rechenzentrum und keine auf Euro 4<br />
kastrierte Stangenware sein sollte. Sondern<br />
eine echte, kompromisslose Fahrmaschine,<br />
wie ich sie mir schon vor 30<br />
Jahren gewünscht hatte.<br />
Zufallstreffer im Internet<br />
Eigentlich wollte ich dieses Motorrad<br />
selbst auf die Räder stellen. Auf der Suche<br />
nach einer geeigneten Basis im Internet<br />
stieß ich auf Andreas Landrock, Inhaber<br />
der Yamaha-Vertretung Ride In im sächsischen<br />
Glauchau (www.ride-in.de). Der<br />
baut nebenbei wirklich tolle Einzelstücke,<br />
basierend auf Klassikern und Youngtimern.<br />
So auch den Umbau einer XS 850,<br />
der gerade zum Verkauf stand. Die Maschine<br />
– ein Kunde hatte sie nach mehre-<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 105
SZENE I<br />
Leser bauen selbst: Yamaha XS 850 Café Racer<br />
Die Basis: Eine 32 Jahre alte XS 850,<br />
die ganz offensichtlich viel erlebt hat<br />
Anprobe: In der Werkstatt von „Ride<br />
In“ entstehen Tank und Höcker aus GFK<br />
Verstärkung: Der abgeänderte Rahmen<br />
mit eingeschweißten Knotenblechen<br />
Aufgefrischt: Der Zylinderkopf wurde<br />
beim Spezialisten gründlich überholt<br />
Aufbau: Bis auf Kurbeltrieb, Getriebe<br />
und Kraftübertragung ist alles neu<br />
Aufgebohrt: In den gehonten Zylindern<br />
laufen Kolben mit erstem Übermaß<br />
AUFRUF<br />
Haben Sie auch einen<br />
Klassiker restauriert<br />
oder zeitgenössisch<br />
umgebaut?<br />
Dann nichts wie her mit Text und Bildern an:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Leuschnerstraße 1, 70174 Stuttgart<br />
oder per E-Mail an motorradclassic@motorpresse.de<br />
ren Jahren wieder in Zahlung gegeben –<br />
kam meinen Vorstellungen vom „Traum-<br />
Motorrad“ verblüffend nahe. Außerdem<br />
muss ich ehrlich zugeben, dass ich so eine<br />
Skulptur niemals selbst auf die Reihe<br />
bekommen hätte. Da alle Modifikationen<br />
sogar den behördlichen Segen besaßen,<br />
gab es für mich kein Halten mehr. Nachdem<br />
ich noch einen Tank mit Höcker und<br />
einen vorderen Kotflügel heraushandeln<br />
konnte, wurden wir uns rasch einig.<br />
Neuer Stil, geänderte Technik<br />
Es sind zweifellos diese wunderschönen<br />
GFK-Teile von Ride In, die den Stil des<br />
XS 850-Umbaus prägen. Technisch waren<br />
jedoch ebenfalls einige tiefgreifende Modifikationen<br />
erforderlich. So wurde der<br />
Rahmen an den Höcker angepasst, anschließend<br />
gecleaned (das Rahmendreieck<br />
sollte ja frei bleiben) und partiell mit<br />
Knotenblechen versteift. Die Schwinge<br />
erhielt ebenfalls Verstärkungen in Gestalt<br />
zweier Unterzüge, außerdem steuerte<br />
eine XJR 1300 sowohl die Gabel als auch<br />
die beiden Federbeine bei. Vorne ersetzt<br />
die 18-Zoll-Felge einer XS 400 das originale<br />
19-Zoll-Exemplar, wobei beide Felgen<br />
für eine stämmigere Bereifung noch<br />
verbreitert wurden. Was allerdings ein<br />
Ausdistanzieren des Kardan-Winkelgetriebes<br />
nötig machte, um Spurversatz zu<br />
vermeiden. Vorn verzögern Vierkolbensättel<br />
einer Yamaha FZ 750, die in 300er-<br />
Scheiben beißen, unter Druck gesetzt von<br />
einer Brembo PS16-Handpumpe. Die hintere<br />
Bremse besteht aus einer abgeänderten<br />
Originalscheibe mit Yamaha-R6-Sattel,<br />
der sich über eine Schubstrebe an der<br />
Schwinge abstützt.<br />
Nicht unangetastet blieb natürlich auch<br />
der Dreizylinder, dem nun eine perfekt abgestimmte<br />
Mikuni BST 36-Batterie mit offenen<br />
Trichtern das Atmen erleichtert. Auslassseitig<br />
kümmert sich eine 3-in-1-Anlage<br />
aus Edelstahl um den guten, gerade<br />
noch legalen Ton. Eine Raask-Fußrastenanlage<br />
und Stummellenker von LSL sorgen<br />
für eine sportliche Haltung auf dem<br />
zwei Zentimeter dünnen Sitzkissen.<br />
In Erinnerung an meine Vespa Bravo,<br />
die ich anno 1977 mit einer gruseligen<br />
Spraydosen-Lackierung in Weiß-Blau<br />
„verschönert“ hatte, wählte ich auch für<br />
die Lackierung der Anbauteile ein Metallic-Weiß<br />
als Grundfarbe. Darauf kamen<br />
dann die von Maik Heidner (www.4moto.<br />
de) aus Folie geschnittenen Design-Elemente<br />
in Tiefblau-Metallic, Bleichgold<br />
und Schwarz, die anschließend mit Klarlack<br />
überlackiert wurden. Im Vergleich<br />
zu meinem jugendlichen Erstlingswerk<br />
eine deutliche Weiterentwicklung, wie<br />
ich finde.<br />
Lieber Perfektion statt Patina<br />
Anlass für eine Weiterentwicklung bot für<br />
meinen Geschmack freilich auch die XS<br />
850. Nachdem ich sie zunächst im Auslieferungszustand<br />
gefahren hatte, stand<br />
im vergangenen Winter eine gründliche<br />
Überholung an. Der Umbau war ja – wie<br />
erwähnt – nicht mehr ganz taufrisch.<br />
Außerdem störten Patina und einige Detaillösungen<br />
meinen Seelenfrieden. Also<br />
habe ich die XS komplett zerlegt und<br />
meinem Perfektionswahn freien Lauf gelassen.<br />
Fleißarbeiten, wie zum Beispiel<br />
die aus Kernschrott restaurierten Lenkerschalter<br />
oder die penible Sanierung sämtlicher<br />
Oberflächen und Komponenten,<br />
waren dabei eher das Spaßprogramm.<br />
Dazu musste aber auch handfest geschraubt<br />
werden. Denn bei der Kompressionsmessung<br />
drückte der mittlere Zylin-<br />
106 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
Zahn der Zeit: Der verschlissene Anlasser-Freilauf<br />
wird selbst repariert<br />
der nur noch sechs bar. Für mich Grund<br />
genug, dem gehonten Dreizylinder MOS2-<br />
beschichtete Kolben im ersten Übermaß<br />
und einen überholten Zylinderkopf zu<br />
spendieren (www.scheuerlein-motorentechnik.de).<br />
Der müde Anlasser und dessen<br />
Freilauf verlangten ebenfalls nach<br />
Wartung. Erneuert oder instandgesetzt<br />
habe ich außerdem Bremsscheiben, Gabelstandrohre<br />
und die Federbeine, während<br />
ein Fachbetrieb (www.ka-ja-tacho.<br />
de) die Instrumente überholte. Erneuert<br />
werden musste zudem der Fliehkraftregler<br />
der Zündung, den ich als Neuware nur<br />
noch in den USA auftreiben konnte.<br />
Schwierige Teilebeschaffung<br />
Überhaupt ist die Ersatzteillage für die<br />
Yamaha-Dreizylinder ziemlich durchwachsen.<br />
Vieles wird als Neuteil zunehmend<br />
rar. Kardan-Winkelgetriebe oder<br />
wesentliche Teile für deren Instandsetzung<br />
gibt es nur noch zu Apotheken-Tarifen.<br />
Und wer noch einen Simmerring für<br />
die linke Kurbelwellenseite hat, hütet den<br />
am besten in der Schmuckschatulle. Ich<br />
habe daher vorsorglich eine gut erhaltene<br />
XS 850 geschlachtet und diese zusammen<br />
mit einem weiteren Motor nebst Antriebsstrang<br />
sowie einer Fülle von Kleinteilen<br />
und Dichtungen ins Regal gepackt.<br />
Selbstzweifel, ob das Projekt diesen –<br />
zugegebenermaßen – übersteigerten Aufwand<br />
wert ist, hatte ich nie. Schließlich<br />
kann man so ein Motorrad ab Werk nicht<br />
kaufen. Nirgendwo.<br />
Umso glücklicher bin ich über meine<br />
ganz spezielle XS. Sie lebt, sie hat Charisma.<br />
Das erste Motorrad, das mich sogar im<br />
Stand stundenlang ohne einen Anflug von<br />
Langeweile unterhalten könnte. Erst recht<br />
natürlich nach dem Druck aufs Knöpfchen.<br />
Diese Symphonie aus knurrendem<br />
Ansaug- und bellendem Auspuffgeräusch<br />
macht süchtig. Schon bei moderatem<br />
Tempo wird jeder Kilometer mit der XS<br />
850 zu einem Erlebnis, das meine modernen,<br />
irgendwie weichgespülten Motorräder<br />
mit ihrer glattgelutschten Perfektion<br />
niemals so unterhaltsam rüberbringen<br />
können. Eingeklemmt zwischen hohen<br />
Rasten und tiefen Stummeln fühlt man<br />
sich wie auf einem Werksrenner der späten<br />
70er-Jahre. Na ja, so ähnlich stelle ich<br />
mir das jedenfalls vor. Das radikale Konzept<br />
des Umbaus taugt natürlich nicht für<br />
die Urlaubsreise. Macht nichts, zum Kilometerfressen<br />
ist die XS sowieso zu schade.<br />
Ihre Bestimmung ist die genussvolle Feierabendrunde,<br />
wo sie mich reichlich mit<br />
Endorphinen beglückt. Mein Traum ist<br />
damit tatsächlich wahr geworden! ◻<br />
Rank und (relativ) schlank: Die Behle-<br />
XS 850 hat rund 50 Kilo abgespeckt<br />
Große Freude: Wilhelm Behle<br />
hat sich mit dem Sport-Umbau<br />
der Yamaha XS 850 einen Traum<br />
erfüllt. Mehr darüber erzählt er<br />
in seinem Internet-Blog unter<br />
http://850slingshot.weebly.com<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 107
SPORT I<br />
Mondial 250 Bialbero Racer<br />
Märchen-<br />
Gestalt<br />
Die kleine italienische Marke FB Mondial hat Renn geschichte<br />
geschrieben. Auf dem Höhepunkt des Erfolges, mit dem<br />
WM-Titel in der 125er- und der 250er-Klasse, zog sich Mondial<br />
1957 aus dem Rennsport zurück. Einer der 250er-Renner<br />
steht im Museum von Sammy Miller und weckte beim Autor<br />
alte Erinnerungen.<br />
Text: Alan Cathcart und Gerhard Eirich; Fotos: Kyoichi Nakamura<br />
Ja, klar – eine 250er-Werks-Mondial steht zum<br />
Verkauf, irgendwo in den USA. Mal wieder<br />
eines von diesen utopischen „Honda-Sechszylinder-250er<br />
in Transsylvanien zu verkaufen“-Märchen,<br />
die von Zeit zu Zeit die Runde machen.<br />
Ich reagierte also auf diese Information nicht sofort.<br />
Als ich jedoch sechs Monate später, es war im Jahr 1979,<br />
ohnehin in den Staaten zu tun hatte, beschloss ich an<br />
einem locker ausklingenden Tag den Abend mit ein<br />
wenig Recherche-Arbeit zu verbringen. Eine 100-Dollar-<br />
Telefonrechnung später und mit steigender Anspannung<br />
wich die Ungewissheit der Erkenntnis: es stimmte. Es<br />
WAR eine Mondial, es WAR eine Rennmaschine, es WAR<br />
eine 250er und weil 1957 das einzige Jahr war, in dem<br />
das Werk einen echten Fullsize-250er-Single gebaut hatte,<br />
musste es ein Werksrenner aus diesem Baujahr sein.<br />
Die einzige ungeklärte Frage blieb: Wie zum Henker hatte<br />
es die Werks-Mondial 250 mit der Seriennummer 0504<br />
hierher nach Muskogee/Oklahoma verschlagen?<br />
Glückskauf: ramponiert, aber komplett<br />
Nun, die Antwort auf diese Frage wird wohl ewig im<br />
Nebel der Zeit verborgen bleiben, aber ich kaufte die<br />
Mon dial und brachte meine Beute in ramponiertem, aber<br />
komplettem Zustand 1980 nach England. Meine Kumpels<br />
Ron Lewis und Dick Linton bauten den Motor komplett<br />
neu auf, nachdem sie Hoeckle in Deutschland dazu gebracht<br />
hatten, neue Kurbelzapfen und Pleuel zu fertigen,<br />
mit den originalgetreuen Nadellagern. Ich fuhr die<br />
Mondial bei der TT-Parade auf der Isle of Man 1983, und<br />
dies vermittelte mir die nötigen umfangreichen Fahreindrücke<br />
mit dem einst ultimativen Renn-Single, um die<br />
Erfahrungen der wenigen Runden, die ich exakt 30 Jahre<br />
später mit Sammy Millers vollverkleidetem Bike auf seiner<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 109
SPORT I<br />
Mondial 250 Bialbero Racer<br />
Der hoch bauende<br />
250er hängt<br />
im Rohrrahmen<br />
der 125er<br />
Der kurzhubige<br />
dohc-Single<br />
darf bis 11 400<br />
Touren drehen<br />
110 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong>
„Wir hätten nach 1957 nur<br />
noch verlieren können.<br />
Also hörte ich auf“<br />
Flugfeld-Teststrecke rund um sein Museum drehen durfte,<br />
zu untermauern. Sammy Miller hatte als Drittplatzierter in<br />
der WM 1957 schließlich einen bedeutsamen Platz in der<br />
glorreichen Renngeschichte der 250er-Mondial. Die kleine<br />
italienische Marke, die in einer Saison in zwei verschiedenen<br />
Klassen WM-Titel einfahren konnte, hat damit sicherlich<br />
Geschichte geschrieben. Sammy hatte lange nach einem der<br />
nur sechs gebauten Exemplare für sein Museum gesucht,<br />
bevor er schließlich 1993 eines in Italien ergattern konnte.<br />
Was also steckt hinter dieser Marke, die so schnell wie<br />
keine andere den Aufstieg in die Weltspitze des Rennsports<br />
geschafft hat, um sich dann nach kaum einem Jahrzehnt auf<br />
der Höhe ihres Erfolgs aus dem Rennsport zurückzuziehen?<br />
FB Mondial war die Erfindung der Boselli-Famile, deren vier<br />
Brüder (daher das Kürzel FB für Fratelli Boselli = Boselli-<br />
Brüder) 1936 eine Motorradfirma in Bologna gründeten. Die<br />
Bosellis waren eine wohlhabende Familie, die eine Menge<br />
Land besaß, und deren ungewöhnlicher Einstieg in die<br />
Motorradbranche auf die Rennerfolge des ältesten Bruders<br />
Giuseppe zwischen 1927 und 1935 zurückzuführen ist. Die<br />
Bosellis konzentrierten sich zunächst ausschließlich auf den<br />
Bau von dreirädrigen Lieferfahrzeugen, angetrieben von<br />
einem langhubigen 600er-ohv-Single. Die FB Moto carro entwickelte<br />
sich zu einem der angesehensten Fahr zeuge ihrer<br />
Klasse, doch die Kriegsereignisse und die Besetzung durch<br />
die deutsche Wehrmacht führten schließlich zum Ende der<br />
Fabrik – sie wurde 1944 zerstört. Giuseppe Boselli trat die<br />
Nachfolge seines Vaters an und baute die Firma in neuer,<br />
vermeintlich besserer Lage in Mailand wieder auf.<br />
Die Nachkriegszeit schuf eine immense Nachfrage nach<br />
Fahrzeugen und Transportmitteln, und neue Moped- und<br />
Motorradhersteller schossen wie Pilze aus dem Boden.<br />
Boselli beschloss, der Firma ein besonderes Image zu verschaffen<br />
und nutzte die Rennleidenschaft der Italiener. So<br />
rollten also zwei Jahre vor der ersten Serienmaschine bereits<br />
Rennbikes von Boselli auf den Grand Prix-Strecken. Als neuen<br />
Namen wählte man Mondial, mit dem Kürzel FB vorangestellt,<br />
doch im täglichen Sprachgebrauch fiel das Kürzel<br />
schnell unter den Tisch. Die 125er-Klasse wurde auserkoren,<br />
um das Feld für die geplanten Serienmaschinen zu ebnen,<br />
und obwohl zu der Zeit die Zweitakter von MV Agusta und<br />
Morini das Geschehen dominierten, wählte der frisch rekrutierte<br />
Konstrukteur Alfonso Drusiani eine abgespeckte<br />
Version des klassischen ohc-Viertakt-Single-Formats, das<br />
später so typisch für italienische Rennmotoren werden sollte.<br />
Schon im zweiten je absolvierten Rennen gewann Nello<br />
Pagani, und die kleine ungewöhnliche Mondial sollte sich<br />
in den Folgejahren als unschlagbar erweisen: 1949 bis 1951<br />
gewann sie alle elf GP-Rennen, Pagani wurde 1949 Weltmeister,<br />
1950 errang Teamkollege Bruno Ruffo den Titel,<br />
1951 war Carlo Ubbiali an der Reihe.<br />
Siegfähiger Single statt wuchtiger Twin<br />
Die nächsten Jahre triumphierten MV Agusta und vor allem<br />
das NSU-Team, doch Boselli hatte ohnehin längst die 250er-<br />
Klasse im Visier. Diese schien bislang runtergebüchsten<br />
350ern vorbehalten zu sein, doch Drusiani verfolgte den<br />
anderen Weg, in der Annahme, ein aufgebohrtes 125er- oder<br />
Die extrem<br />
strömungsgünstige<br />
Vollverkleidung<br />
trug maßgeblich<br />
zu den<br />
großen Rennerfolgen<br />
bei<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 111
SPORT I<br />
Mondial 250 Bialbero Racer<br />
schleunigen und Bremsen nieder, was zur erstmaligen Verwendung<br />
einer Scheibenbremse bei einem Rennmotorrad<br />
führte. Doch Drusiani erkannte schnell, dass dieser von ihm<br />
kreierte weiße Elefant nie konkurrenzfähig sein würde, und<br />
der Twin wurde schnell ausrangiert. Die beste Lösung würde<br />
ein echter 250er-Single sein, und so konstruierte der Mondial-Techniker<br />
im Winter 1956/1957 ein Bike, das viele, nicht<br />
zuletzt der große Mike Hailwood, für eines der besten Einzylinder-Rennmotorräder<br />
aller Zeiten halten. Der neue Mondial<br />
Nasssumpf-Single mit stehendem Zylinder und zwei<br />
obenliegenden Nockenwellen kam mit deutlich überquadratischer<br />
Auslegung daher, wies zwar denselben Hub (56,4<br />
mm) wie die 125er auf, aber mit 75 Millimetern eine deutlich<br />
größere Bohrung und erlaubte eine Maximaldrehzahl von<br />
11 400/min, mit einer Höchstleistung von 29 PS bei 10 800/<br />
min. Mit 110 Kilogramm Gewicht inklusive Vollverkleidung<br />
stellte die neue Mondial eine deutlich ernst zu nehmendere<br />
Konkurrentin dar als der wuchtige Twin, vor allem angesichts<br />
des neuen Stahlrohrrahmens, den sie mit der 125er gemeinsam<br />
hatte. Mit sagenhaften 219 km/h wurde die 250er-<br />
Mondial in Monza gemessen, schneller als die meisten 500er-<br />
Singles. Die große 220-Millimeter-Doppelnocken-Trommelbremse<br />
vorn wurde eigens für die 250er angefertigt, die<br />
großen Kühlungsöffnungen sollten den typischen Problemen<br />
mit der Streamline-Verkleidung Rechnung tragen.<br />
Zum starken Fahrerteam, bestehend aus Provini und<br />
Sandford, stieß zur TT 1957 ein junger Nordire namens<br />
Sammy Miller. Es hätte eine wahrhaft märchenhafte Story<br />
werden können, denn Miller führte im 250er-Rennen der TT<br />
bis zur letzten Kurve, Governors Bridge, als er mit der Zielflagge<br />
im Blick übermütig wurde. „Ich gab aus der letzten<br />
Kurve heraus mächtig Gas, die Maschine kam quer und ich<br />
stürzte. Ich hob das Bike auf, doch der Motor ließ sich nicht<br />
mehr starten, also schob ich die 250er die letzte halbe Meile<br />
den Berg hoch ins Ziel und wurde Fünfter. So nah an einem<br />
Grand Prix-Sieg war ich nie wieder“, blickt Sammy weh-<br />
„Ein Sturz in der letzten<br />
Kurve – so nah war ich nie<br />
wieder an einem GP-Sieg“<br />
Dramatische Ankunft: Ein erschöpfter Sammy Miller<br />
schiebt seine Mondial bei der TT 1957 nach einem<br />
tragischen Sturz in der letzten Kurve über die Ziellinie<br />
(oben). Später im selben Jahr in Monza bewegt Miller<br />
die 250er zum letzten Mal (unten)<br />
175er-Bike würde sein Leistungsmanko durch das geringere<br />
Gewicht und das agilere Handling mehr als ausgleichen.<br />
Dru siani reizte den 125er bis auf sein Maximum von 216 cm³<br />
aus, die dem vollverkleideten Bike zu 190 km/h Topspeed<br />
verhalfen, doch der Titel in dieser Saison ging an eine NSU<br />
Sportmax. Mit der Erkenntnis, dass der 216er-Single nicht<br />
siegfähig war, begann Drusiani an einem echten 250er-Twin<br />
zu arbeiten, indem er zwei 125er-Zylinder auf eine gemeinsame<br />
Kurbelwelle pflanzte. Als das komplette Bike zu Beginn<br />
der Saison 1956 an den Start rollte, wurde seine wuchtige<br />
Erscheinung nur noch durch sein enormes Gewicht getoppt<br />
– runde 140 Kilogramm brachte es auf die Waage. Die<br />
Zylinder-Dimensionen waren die damals üblichen 53 x 56<br />
Millimeter. Und obwohl sie mit angegebenen 35 PS bei<br />
10 000/min dieselbe Leistung lieferte wie die ewige Konkurrentin<br />
NSU Rennmax, spielte die Mondial Bicylindrica nicht<br />
in derselben Liga. Der Gewichtsnachteil schlug sich beim Bemütig<br />
zurück. Erfolge stellten sich dennoch ein. Miller wurde<br />
Dritter bei der Dutch TT in Assen und eine Woche darauf<br />
gar Zweiter beim GP in Spa. Dort hatte Teamkollege Provini<br />
mit eindrucksvollem Speed geglänzt, obwohl im Grunde alle<br />
Mondials technisch identisch waren. Provini hat Miller viel<br />
später einmal sein kleines Geheimnis verraten. „Ich hatte<br />
meine eigenen speziellen Nockenwellen, die immer eingebaut<br />
wurden, egal welches der Bikes ich im Rennen fahren<br />
sollte. Dies und ein paar andere Modifikationen brachten<br />
mir die Portion Extra-Power. Schau mal, ich war der einzige<br />
Italiener in einem italienischen Team, mit italienischen<br />
Mechanikern, die alle meine Freunde waren – also was erwartest<br />
du?“ Nun, Provini wurde Weltmeister in der 125er-<br />
Klasse, Sandford holte den Titel bei den 250ern. „Es war die<br />
Erfüllung eines Traums“, erzählte Boselli seinem ehemaligen<br />
Fahrer Miller viele Jahre später einmal. „Ein perfekter Moment,<br />
der so niemals wiederholt werden könnte. Wir hätten<br />
nur verlieren können, wenn wir weitergemacht hätten – also<br />
beschloss ich, aufzuhören.“ Am 15. September 1957 erschütterte<br />
die Nachricht die Rennszene, dass der Doppelweltmeister<br />
FB Mondial sich aus dem Rennsport zurückzieht.<br />
112 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
MONDIAL 250<br />
BIALBERO RACER<br />
MOTOR: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
zwei obenliegende, über Zahnräder<br />
angetriebene Nockenwellen, zwei Ventile,<br />
Bohrung x Hub: 75 x 56,4 mm, Hubraum:<br />
249 cm³, Verdichtung: 10,5:1, Vergaser:<br />
32-mm-Dellorto SS1, Leistung: 29 PS bei<br />
10800/min, Fünfganggetriebe, Kettenantrieb<br />
FAHRWERK: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen,<br />
35-mm-Telegabel von Marzocchi<br />
vorn, Stahlrohr-Zweiarmschwinge mit zwei<br />
Girling-Federbeinen hinten, Duplex-Trommelbremse<br />
vorn, Ø 220 mm, Simplex-Trommelbremse<br />
hinten, Ø 220 mm, Reifen vorn 2.75 x<br />
18, hinten 3.00 x 18, Trockengewicht: 110 kg<br />
(mit Vollverkleidung), Höchstgeschwindigkeit:<br />
219 km/h, www.sammymiller.co.uk/museum<br />
Und nun fand ich mich also 1983 auf der von meinen<br />
Kumpels frisch renovierten 250er am Start zur TT, erstickte<br />
fast an den von Castrol R schwangeren Abgasschwaden und<br />
war fast taub vom donnernden Gebrüll der zahlreichen Norton<br />
Manx um mich herum. Das lange Warten beim Start mit<br />
immer heißer werdendem Motor ließ die Mondial hinterher<br />
bergab bei Bray Hill ein paar Mal husten, doch einmal im<br />
letzten der fünf Gänge angekommen, schnurrte der Single<br />
fröhlich unter mir. Der aufwendige Nockenwellenantrieb<br />
produzierte ordentlich mechanischen Lärm, und die freiliegenden<br />
Ventilfedern versauten meinen linken Stiefel und<br />
den langen Auspuff eifrig mit Öl. Angesichts des Alters und<br />
der Empfindlichkeit des Motors und in Ermangelung von<br />
Ersatzteilen hielt ich die Drehzahl unter 9000/min, und trotz<br />
der montierten zahmen Nockenwellen hatte ich ein genügend<br />
breites Drehzahlband, um in engen Kehren nicht zu<br />
verhungern. Ein Dröhnen bei 4600/min kündigte die Leistung<br />
an, die bei 5200/min recht deutlich einsetzte und mir in<br />
der Folge ein 4000 Umdrehungen breites nutzbares Band eröffnete.<br />
Trotz des winzigen Radstands von 1270 Millimetern<br />
erwies sich die Sitzposition für mich als ideal – dank des weit<br />
hinten über der Hinterachse montierten Sitzes. Im Grunde<br />
war die Mondial recht groß geraten für eine 250er, dennoch<br />
besaß sie ein traumhaftes Handling. Es war ein Genuss, die<br />
kleine 250er durch die Ecken und Kehren des Glen Helen-<br />
Abschnitts zu jagen, während das Auspuffdröhnen von den<br />
Felswänden widerhallte. Keine Frage, in Sachen Handling<br />
und Bremsen hatte die Mondial alle Prüfungen bestanden.<br />
Grundsätzlich stellt die 250er-Mondial also ein sorgfältig<br />
konstruiertes und sauber gefertigtes, recht konventionelles<br />
Motorrad dar, das seine Erfolge 1957 hauptsächlich seiner<br />
extrem effizienten, strömungsgünstigen Verkleidung verdankte,<br />
die laut Sammy Miller zudem nicht sehr seitenwindempfindlich<br />
war. Letzterem kann man zu seinem exzellent<br />
restaurierten Exemplar nur gratulieren. Doch was ist aus<br />
meiner Mondial geworden, werden Sie vielleicht fragen?<br />
Nun, ich verkaufte sie, um mir vom Erlös meine erste Paton<br />
zu kaufen, den 250er-Twin. Heute ist die Mondial im Besitz<br />
eines Sammlers in den USA. Wenn Sie also wieder mal so<br />
eine märchenhafte Geschichte à la „Honda-Sechs zylinder-<br />
250er in Transsylvanien zu verkaufen“ hören, gehen Sie<br />
sofort hin. Sie könnte schließlich wahr sein.<br />
◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> 113
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 1/2015 erscheint am 5. Dezember <strong>2014</strong><br />
Foto: BMW-Medien-Archiv<br />
Victoria KR 6<br />
Die Zeit nagt, und<br />
erst recht nagen<br />
85 Jahre. So alt ist<br />
nämlich das urige<br />
Victoria-Gespann<br />
von Volker<br />
Möllenbeck, und<br />
so alt ist auch der<br />
Originallack. Vor<br />
30 Jahren meinten<br />
alle, das<br />
Dreirad müsse<br />
unbedingt restauriert<br />
werden,<br />
heute stehen<br />
solch ehrliche<br />
Klassiker ganz<br />
hoch im Kurs<br />
TOURIST TROPHY 1939<br />
IM ZEICHEN<br />
DES DREIZACK<br />
Maserati feiert in diesem<br />
Jahr seinen 100. Geburtstag.<br />
Berühmt ist der<br />
italienische Her steller für<br />
seine edlen Sportwagen,<br />
aber auch die in den<br />
50er-Jahren gebauten<br />
Zweiräder können sich<br />
sehen lassen<br />
Foto: Muratori<br />
Foto: Siemer<br />
Schorsch Meier gewann<br />
1939 als erster<br />
nicht-englischer Pilot<br />
die Senior-TT auf<br />
einer nicht-englischen<br />
Maschine. Ein legendärer<br />
Sieg in aufgeheizter<br />
Atmos<br />
phäre, um den sich<br />
viele Legenden gebildet<br />
haben. Nach<br />
nunmehr 75 Jahren ist<br />
es Zeit, Wahres von<br />
Falschem zu trennen<br />
und Unsicheres als<br />
solches zu benennen<br />
IMPRESSUM<br />
ISSN 0937-9495<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
Leuschnerstraße 1<br />
70174 Stuttgart<br />
Telefon 0711/182-1374<br />
Telefax 0711/182-1781<br />
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Redaktionelle Gesamtleitung<br />
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Mitarbeiter an diesem Heft<br />
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Nakamura, Arturo Rivas<br />
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Dirk Geschke, DPV Deutscher Pressevertrieb,<br />
22773 Hamburg<br />
Bezugspreise<br />
Einzelpreis 5,70 €; Jahresabonnement über<br />
zehn Ausgaben frei Haus: 53,50 € im Inland<br />
(A: 60,00 €; CH: 98,50 SFr).<br />
<strong>MOTORRAD</strong> und <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> zum Kombipreis<br />
mit rund 15 % Preisvorteil. Jahrespreis für<br />
Inland 26 Ausgaben <strong>MOTORRAD</strong> und 10 Ausgaben<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 134,65 € (A: 151,70 € ;<br />
CH: 256,15 SFr). Übriges Ausland auf Anfrage.<br />
Studenten erhalten gegen Vorlage einer<br />
Immatrikulationsbescheinigung einen<br />
Nachlass von 40 % auf den Kioskpreis.<br />
Übriges Ausland auf Anfrage.<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 59.<br />
Bei Anzeigen aus dem<br />
Ausland Vorkasse<br />
Gerichtsstand Stuttgart.<br />
114 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de
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Das neue <strong>MOTORRAD</strong>-Sonderheft BMW SPEZIAL 2/<strong>2014</strong>. Mit informativen Vergleichstests, der<br />
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