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5/<strong>2015</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Serie<br />
Restaurierung<br />
BMW<br />
R 80 G/S<br />
Letzter Teil:<br />
Kosten<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
GS-Legende aus den 70ern<br />
SCHEK-<br />
BMW-REPLIKA<br />
Langhub-Single<br />
PANTHER<br />
M 100<br />
Restaurierung<br />
PERFEKTION<br />
STATT<br />
PATINA<br />
WM-Sieger 1977<br />
YAMAHA<br />
TZ 350 VON<br />
KATAYAMA<br />
Im Studio: Hirth-<br />
Rennmaschine<br />
Service: schmieren<br />
und fetten, Teil 2<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />
BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 €
VORSTART I<br />
Wolfram „Wolf“ Hirth<br />
Trotz Holzbein-Handicap<br />
siegte der besessene Rennfahrer<br />
Wolf Hirth 1926 mit<br />
seiner 250er auf der Avus<br />
Foto: Hirth-Archiv<br />
Weder Abstürze noch Unfälle<br />
konnten den leidenschaftlichen<br />
Flieger und Rennfahrer bremsen<br />
Als Sohn des genialen Technikers<br />
und Erfinders (u.a. der Hirth-<br />
Verzahnung) Albert Hirth hatte<br />
es Wolfram „Wolf“ Hirth sicher nicht leicht.<br />
Doch mit seiner Besessenheit für die Segelfliegerei<br />
und Motorradrennen hat er es geschafft,<br />
sich einen eigenen großen Namen zu<br />
machen. Mit Siegen auf der Solitude und der<br />
Avus bewies er sein Talent und die Qualität<br />
der Hirth-Motorräder mit den Zweitakt-<br />
Doppelkolbenmotoren. Mehr über ihn und<br />
das Siegerbike von 1924 ab Seite 16. ◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 3
INHALT I<br />
5/<strong>2015</strong><br />
26<br />
MOTORRÄDER IN<br />
DIESER AUSGABE:<br />
BMW R 80 G/S 90<br />
Hirth-Rennmaschine von 1924 16<br />
Kawasaki Z 500 92<br />
Panther M 100 26<br />
Schek-BMW-Replika6<br />
Simson SR 4-2/1 Star 38<br />
Yamaha RD 350 LC YPVS 34<br />
Yamaha TZ 350-3 106<br />
Zündapp K 800-Gespann 74<br />
38<br />
Der „schnelle<br />
Vogel“ Simson<br />
Star überzeugt<br />
seine<br />
Fans mit robuster<br />
Technik<br />
Das Typkürzel M 100 ist Programm: 100 Millimeter legt der Kolben<br />
des Langhubers zurück und sorgt zusammen mit der enormen<br />
Schwungmasse für sattes Vorwärtsstampfen der Panther<br />
Die Hirth-Familie hat nicht nur die nach<br />
ihr benannte Verzahnung erfunden,<br />
sondern auch schnelle Motorräder wie<br />
dieses gebaut und tapfere, erfolgreiche<br />
Rennfahrer hervorgebracht<br />
Für viele Gespannfreunde<br />
ein Traum:<br />
Die Zündapp<br />
K 800 mit dem<br />
Vierzylinder-<br />
Boxermotor<br />
74<br />
16<br />
Titelfotos: Bilski, Cathcart, Colbert, fact, Siemer<br />
Inhaltfotos: Bilski, Cathcart, fact (2), Rönicke, Schmieder, Schoch, Siemer (2), Colbert<br />
4 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
6<br />
AUF ACHSE<br />
6 Schek-BMW-Replika<br />
Unterwegs mit einer Replika des grandiosen<br />
Offroad-Boxers von Herbert Schek<br />
IM STUDIO<br />
16 Hirth-Rennmaschine von 1924<br />
Schneller Zweitakter für mutigen Racer<br />
82<br />
100<br />
68<br />
90<br />
SZENE<br />
26 Panther M 100<br />
Britischer Langhuber mit riesiger<br />
Schwungmasse für entspanntes Fahren<br />
34 Leser bauen selbst<br />
Yamaha RD 350 im Ducati 916-Outfit<br />
38 Simson SR 4-2/1 Star<br />
Kult-Mokick, vor dem Verfall gerettet<br />
44 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
68 Porträt US-Sammler Fred Mork<br />
Der Kalifornier liebt europäische Bikes<br />
74 Zündapp K 800-Gespann<br />
Traum auf drei Rädern mit vier Zylindern<br />
82 Guzzi-Restaurierung<br />
Qual der Wahl: Top-Zustand oder Patina?<br />
VORSTART<br />
3 Techniker- und Racer-Familie Hirth<br />
RESTAURIERUNG<br />
90 BMW R 80 G/S, Teil 6: Übersicht Kosten<br />
und Aufwand<br />
Wie teuer war‘s, wie lange hat‘s<br />
gedauert?<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
24 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 8/1982<br />
Honda FT 500/Yamaha SR 500<br />
NACHGEDRUCKT<br />
92 Kawasaki Z 500 im Test von 1979<br />
SERVICE<br />
100 Motorrad abschmieren, Teil 2<br />
MARKT<br />
60 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Mehr als 500 Klassiker unter der Lupe<br />
SPORT<br />
106 Yamaha TZ 350-3<br />
Katayamas Dreizylinder-Siegerbike<br />
EDIT0RIAL<br />
Wie edel darf<br />
es denn sein?<br />
An der Guzzi-Geschichte ab Seite<br />
82 entzündete sich eine Riesen-<br />
Diskussion in der Redaktion. Wie edel<br />
dürfen klassische Maschinen eigentlich<br />
restauriert werden? Macht es Sinn, eine<br />
Maschine mit hohem Aufwand an Neuteilen<br />
und Lack in den Zustand „besser<br />
als neu“ zu versetzen, oder ist es gar<br />
eine Sünde und Vernichtung von Kulturgut,<br />
wenn man das gelebte Leben eines<br />
Schätzchens komplett restauriert?<br />
Wir waren uns da nicht einig. Natürlich<br />
ist es faszinierend, eine neue Moto<br />
Guzzi Le Mans I zu besitzen. Aber kann<br />
man denn dann noch damit fahren?<br />
Man hat ja nicht das ganze Geld investiert,<br />
um anschließend den Ofen infolge<br />
der Benutzung wieder in den Zustand vor<br />
der Re staurierung zu versetzen. Und für<br />
mich ist klar: Meine Maschinen werden<br />
ge fahren. Ergo: Ich bereite sie technisch<br />
auf, optisch ebenfalls, aber lasse, wo es<br />
geht, die Original teile dran.<br />
Patina ist für mich wichtig. Man darf<br />
meinen Motorrädern schon ansehen, dass<br />
sie mal gelaufen sind. Und sogar dabei die<br />
eine oder andere Schramme mitbekommen<br />
haben. Alles andere wäre ja auch<br />
irgendwie unnatürlich, oder?<br />
Dennoch gibt es inzwischen eine ganze<br />
Menge Sammler, die auf Showroomreife<br />
Oldies stehen. Und uns so viele schöne<br />
Geschichten liefern. Und Ihnen, liebe<br />
<strong>Classic</strong>-Freunde, hoffentlich viel Freude.<br />
RUBRIKEN<br />
47 Kleinanzeigen-Markt<br />
66 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
106 Michael Pfeiffer<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper fürs iPad.<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 5
AUF ACHSE I<br />
Schek-BMW-Replika<br />
Der<br />
Waldläufer<br />
Geländefahrten waren und sind die pure Schinderei, weshalb<br />
sich Herbert Schek seine eigene BMW für den Ritt durchs Unterholz<br />
zurechtschneiderte: leicht, flink, zuverlässig. Wir haben<br />
eine Replika der Schek-GS aus den 70er-Jahren aufgetrieben.<br />
Text: Werner Koch; Fotos: fact, Schek<br />
Mit Herbert Schek, „dem<br />
Langen aus Wangen“,<br />
hatte BMW einen der<br />
erfolgreichsten Geländefahrer<br />
im Team<br />
◻<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 7
AUF ACHSE I<br />
Schek-BMW-Replika<br />
Perfektes Metall-Handwerk bis ins<br />
letzte Detail. Solche Frästeile waren<br />
in den 70er-Jahren jedoch selten<br />
Handgenähte Ledertasche und eine<br />
M6er-Rändelmutter als Kunstwerk<br />
Abgedrehte Bremsnabe,<br />
Steckachse<br />
aus hochfestem Aluminium,<br />
erleichterte<br />
Klemmschraube<br />
Aluplatte als Ölwannenschutz mit solider<br />
Abstützung zum Motorgehäuse
Wie verrückt musste<br />
man eigentlich sein,<br />
um mit einer Boxer-<br />
BMW bei den großen,<br />
unbarmherzigen Geländesport-Veranstaltungen<br />
der 60er- und 70er-Jahre mitzumischen?<br />
Sechstage-Fahrten im strömenden<br />
Regen, bei dem sich schon eine<br />
flinke 125er-Zündapp bis zum Tank deckel<br />
in den Morast bohrte. Steilau fahrten, die<br />
beim kleinsten Gasstoß im Salto rückwärts<br />
endeten. Spurrillen, so tief ausgefräst,<br />
dass das Motorrad bis zum Tank<br />
darin verschwand. Und das auf einem<br />
Dreizentnerbrocken, bei dem sich die<br />
Zylinder über einen Dreiviertelmeter quer<br />
zur Fahrtrichtung aufspreizen. Musste das<br />
sein? Ja, das musste sein. Denn genau<br />
dieser scheinbare Widerspruch war es,<br />
der die Münchener dazu trieb, aller Welt<br />
zu beweisen, dass ihr Konzept auch für<br />
solche anspruchsvollen Unternehmungen<br />
gewappnet ist.<br />
Bereits in den 60er-Jahren siegte BMW<br />
regelmäßig mit Sebastian Nachtmann und<br />
Kurt Tweesmann in der Geländemeisterschaft<br />
der Klasse über 500 Kubikzentimeter.<br />
Herbert Schek holte mit einer<br />
R 75/5-Geländesport-Version 1971 den<br />
Meistertitel. Zwei Jahre später wagte sich<br />
das BMW-Werksteam zu den Sixdays in<br />
die USA. Schek, für die Vorbereitung der<br />
Maschinen verantwortlich, holte als einziger<br />
der vier nominierten Fahrer eine<br />
Goldmedaille. „Man hatte ohne mein<br />
Wissen die Maschinen in München umgebaut.<br />
Das wurde zum Verhängnis.“<br />
Waren die Gelände-Einsätze bis dato<br />
noch eher die Spielwiese der BMW-Sportabteilung,<br />
wurde es Ende der 70er-Jahre<br />
ernst. Jetzt sollten die Erfolge der großen<br />
Enduros die Markteinführung der R 80<br />
G/S begleiten. Genau 17 sogenannte Schek-<br />
BMW entstanden bei dem groß<br />
gewachsenen Werksfahrer in<br />
Wangen im Allgäu. Damals noch<br />
mit zwei Federbeinen und auf<br />
Basis der /5-Motoren, werden<br />
heute genau diese Modelle gerne<br />
kopiert.<br />
Bei der Suche nach einer solchen<br />
wurden wir wieder einmal<br />
bei Herbert Gletter fündig. Jenem Boxer-<br />
Spezialisten in Ratzenried, mittendrin im<br />
Epizentrum der Geländesport-Hochburg<br />
zwischen Wangen und Isny im Allgäu.<br />
Gletter, selbst im Besitz einer originalen<br />
Schek-BMW und am Umbau maßgeblich<br />
beteiligt, stellte den Kontakt zu Hugo<br />
Schöllhorn her, der uns seine bildschöne<br />
BMW fahren ist immer<br />
etwas Spe zielles<br />
– mit der Schek-<br />
Replika erst recht<br />
Replika für einen Proberitt durchs Allgäu<br />
rund um Isny zur Verfügung stellte. Auf<br />
diesem Wege: herzlichen Dank. Und sollte<br />
eine Anzeige wegen Befahrens von<br />
Waldwegen ins Haus flattern – einfach<br />
weiterleiten.<br />
Dank E-Starter – Leichtbau-Fetischisten<br />
sparen sich rund fünf Kilogramm „Sonderausstattung“<br />
– grummelt der 980er-Boxer<br />
auf den ersten Zündschlag los. Macht der<br />
Geländesportler mit der mächtig hohen<br />
Sitzbank auf dem Hauptständer im Stand<br />
noch einen schier unbezwingbaren Eindruck,<br />
sackt der hoch beinige Boxer beim<br />
Aufsatteln sanft und weit in die Federung.<br />
Mit knapp bemessenem Lenkeinschlag<br />
erfordern Rangieren und Wenden etwas<br />
Mühe und eine gute Balance. Einmal in<br />
Fahrt, weicht die sta tische Schwerfälligkeit<br />
einer beschwingten, leichten Handlichkeit.<br />
Wie dafür gemacht schmiegen<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 9
AUF ACHSE I<br />
Schek-BMW-Replika<br />
sich Knie und Oberschenkel perfekt an<br />
den winzigen Maico-Tank, verschmelzen<br />
Ross und Reiter zur harmonischen Einheit.<br />
Sieht man vom rauen Abrollen der<br />
grobstolligen Motocross-Bereifung auf<br />
dem 21-zölligen Vorderrad ab, vermittelt<br />
die Schek-Replika vom ersten Meter an<br />
einen sehr satten, sicheren Eindruck. Der<br />
hochgereckte Lenker mit den klassischen<br />
Magura-Armaturen liegt bestens zur<br />
Hand, verschaft eine souveräne Spielübersicht.<br />
Nur auf die Maico-Halbnabenbremse<br />
sollte man sich nicht verlassen.<br />
Mehr als eine dezente Verzögerung lässt<br />
sich der Simplex-Konstruktion im Verbund<br />
mit den spitzen Moto cross-Stollen auf Asphalt<br />
nicht entlocken. Nun gut, auf festem<br />
Terrain hat diese Art von Motorrad auch<br />
nichts verloren.<br />
Also schwupps ab in die Walachei.<br />
Wenn sich Schotterwege tief und tiefer im<br />
Wald verlieren und fester Untergrund<br />
morastigem Waldboden mit reichlich bewässerten<br />
Spurrillen weicht, sind nicht<br />
nur die Geländesport-Stollen eine verlässliche<br />
Nummer. Erste Sahne auch der<br />
Motor. Butterweich geht der Flat-Twin ans<br />
Gas und schiebt die 165 Kilogramm leichte<br />
Replika mit unglaublich viel Traktion<br />
durch den schlammigen Untergrund.<br />
Trotz der hohen Radlast auf dem Hinterrad<br />
gibt‘s selbst an der Stabilität nichts<br />
zu nörgeln. Den Boxer mit festem Knieschluss,<br />
aber lockerem Grif am Lenker an<br />
die Kandare genommen, folgt er jedem<br />
Lenkimpuls ohne Zögern. Spurrillen im<br />
spitzen Winkel kreuzen, Wellen und Löcher<br />
mit Zug am Hinterrad überfliegen –<br />
die GS-Replika sucht sich unbeirrt den
ichtigen Weg. Die ausgesprochen softe<br />
Feder-/Dämpferabstimmung passt perfekt<br />
zum weichen, runden Fahrstil. Mit<br />
viel Schwung und flüssiger Linienwahl<br />
statt hartem Hauruck-Stil lassen sich die<br />
gut drei Zentner bestens kaschieren.<br />
Dennoch überrascht, mit welcher Leichtigkeit<br />
das Gelände-Monstrum selbst in<br />
der engen 180-Grad-Kehre quasi auf dem<br />
Vorderrad die Kehrtwende vollzieht.<br />
Allerdings muss bei solchen Tänzchen<br />
das kurveninnere Bein weit<br />
über den Zylinder angehoben<br />
und mehr als Balanciergewicht denn<br />
als Stützfunktion eingesetzt werden.<br />
Damit nicht genug, schließlich ofenbart<br />
eine BMW – nicht nur im Gelände –<br />
noch andere gewöhnungsbedürftige Seiten.<br />
So verfällt die Schek-Replika, sobald<br />
das Vorderrad abhebt, in einen vehementen<br />
Rechtsdrall, der mit konsequenter<br />
Gewichtsverlagerung korrigiert werden<br />
muss. Grund für dieses Phänomen ist die<br />
Rotationsrichtung der längs laufenden<br />
Kurbelwelle. Für Nicht-BMW-Fahrer kurz<br />
erklärt: Ein BMW-Boxer kippt beim Gas-<br />
Rund 250 Millimeter lange Federwege,<br />
der kurze Maico-Tank und<br />
grobstollige Cross-Reifen prägen<br />
das Bild der Geländesport-BMW<br />
DATEN<br />
Schek-BMW-Replika<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-<br />
Boxermotor, eine untenliegende Nockenwelle,<br />
Stösselstangen und Kipphebel,<br />
Bohrung x Hub 70,6 x 94 mm, Verdichtung<br />
9:1, Hubraum 980 cm³, Leistung rund 60 PS<br />
bei 6500/min<br />
Kraftübertragung: Einscheiben-Trockenkupplung,<br />
Fünfganggetriebe, Kardanantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen<br />
mit geänderter Federbeinaufnahme,<br />
hydraulisch gedämpfte Maico-Telegabel<br />
vorn, Zweiarm-Schwinge mit Bilstein-Federbeinen,<br />
Federweg vorn/hinten 280/240 mm,<br />
Maico-Simplex-Trommelbremse vorn,<br />
Trommelbremse hinten, Reifen 3.00-21 vorn<br />
und 4.00-18 hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1490 mm,<br />
Trockengewicht 165 kg, Tankinhalt zirka 9 l<br />
Adresse: Gletter Motorradtechnik,<br />
Wetzelsriederstraße 38, 88260 Ratzenried
AUF ACHSE I<br />
Schek-BMW-Replika<br />
geben mit einem kurzen Ruck auf die rechte<br />
Seite. Wirkt dieses sogenannte Rückdrehmoment<br />
in dem Augenblick, in dem<br />
das Vorderrad keinen Bodenkontakt hat,<br />
kippt das ganze Motorrad nach rechts ab.<br />
Dieser permanente Rechtsdrall macht sich<br />
bei vielen Boxer-Maschinen oft sogar<br />
durch einen asymmetrischen Verschleiß<br />
am Vorderrad bemerkbar!<br />
Und natürlich gibt es auch hier die<br />
Schwingenreaktion, besser bekannt unter<br />
dem Begrif „Fahrstuhl-Efekt“. Bedingt<br />
Das BMW-Fahrwerk<br />
lässt sich<br />
mit dem Gasgriff<br />
„einstellen“<br />
durch das Drehmoment der Kardanwelle<br />
und in Kombination mit den langhubigen,<br />
weich abgestimmen Federbeinen, hebt<br />
sich das Heck beim Gasgeben wie von<br />
Geisterhand kräftig an. Nimmt man Gas<br />
weg, sackt das Motorrad fast synchron<br />
vorn und hinten in sich zusammen. Was<br />
für den Geländesport-Fahrer ohne BMW-<br />
Erfahrung nur schwer zu regeln ist, eröffnet<br />
gewieften Boxer-Haudegen die<br />
Mög lichkeit, sich genau diese Fahrwerksreaktionen<br />
zunutze zu machen. Bei tiefen,<br />
derben Bodenwellen oder harten Kanten<br />
wird mit sattem Motorschub die Hinterradfederung<br />
regelrecht verhärtet. So widersteht<br />
die an sich zu weich abgestimmte<br />
Federung einem Durchschlagen. Andersrum<br />
wird beim Anbremsen von Kurven<br />
ein Schuh daraus, weil jetzt das Bremsmoment<br />
des Motors die Schwinge<br />
nach oben zieht. Resultat: Das<br />
Motorrad bleibt dabei relativ<br />
„flach“ und selbst auf Bremswellen<br />
stabil. Konventionelle Motocross-<br />
und Geländemaschinen<br />
„stehen“ bei solchen Manövern<br />
oftmals zu stark auf dem Vorderrad<br />
und keilen dabei mit der<br />
Hinterhand wild nach links und rechts<br />
aus. Lenkerschlagen beim Anbremsen ist<br />
darüber hinaus oft das Resultat einer<br />
steilen Lenkgeometrie oder schlecht ansprechenden<br />
Telegabel.<br />
In dieser Hinsicht hat sich Hugo<br />
Schöllhorn mit der Maico-Gabel, die mit<br />
härteren Federn und überarbeiteten Innereien<br />
dem höheren Gewicht angepasst<br />
wurde, für die damals wohl beste Lösung<br />
entschieden. Trotzdem braucht es eine<br />
ordentliche Portion Erfahrung und Überwindung,<br />
das BMW-Fahrwerk im richtigen<br />
Augenblick mit dem passenden Gasstoß<br />
optimal in Stellung zu bringen. Und<br />
nicht immer lässt es die Fahrsituation zu,<br />
das Fahrwerk darüber zu stabilisieren.<br />
Was dazu führt, dass die Gelände-BMW<br />
mit vorausschauender Taktik durchs Unterholz<br />
bewegt werden muss. Schon allein<br />
das Gewicht von 165 Kilo verbietet es, die<br />
Fuhre im Dickicht festzufahren.<br />
Wobei der Motor die geringste Mühe<br />
hat, Ross und Reiter aus dem Morast zu<br />
schleppen. An dem auf 980 Kubikzentimeter<br />
„aufgebohrten“ R 75/6-Motor blieb<br />
nahzu alles serienmäßig. Keine erleichterten<br />
Schwungmassen, keine grenzwertige<br />
Verdichtung, keine scharfen Nockenwellen.<br />
Wohl genau deshalb gibt sich<br />
der ohv-Boxer eher als Traktor denn als<br />
Rennpferd. Mit solidem, stabilem Leerlauf<br />
und ohne die Gefahr, dass der Motor bei<br />
untertourigen Traileinlagen abrupt stehen<br />
bleibt, kann man auf den Einsatz der seri-<br />
12 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Schön versteckt<br />
und sturzgeschützt<br />
nimmt<br />
der Schalldämpfer<br />
den Platz der<br />
Batterie ein<br />
Wirksames Hitzeschutzblech an<br />
der Krümmerzusammenführung<br />
Kurzer Maico-Aluminium-<br />
Tank mit BMW-Propeller
AUF ACHSE I<br />
Schek-BMW-Replika<br />
enmäßig belassenen Trockenkupplung<br />
verzichten. Die kurze Endübersetzung<br />
genügt, um für jede Situation den passenden<br />
Gang zu finden. Wobei die Getriebestufen<br />
für BMW-Verhältnisse überraschend<br />
präzise und ohne Schaltschlag<br />
ihre Position wechseln. Doch wer Herbert<br />
Gletter kennt, weiß, dass bei seinen Projekten<br />
auch ein serienmäßiges Getriebe<br />
nicht serienmäßig bleiben<br />
MEINUNG<br />
Werner Koch über die Schek-Replika<br />
Dürfen solche Nachbauten überhaupt in einer Klassik-Zeitschrift<br />
erscheinen? Aber klar doch, weil die Erbauer streng, wenn auch<br />
nicht durchgängig, zeitgenössische Bauteile verwendet haben. Zudem wäre<br />
es jammerschade, wenn man die originalen Motorräder in dieser Qualität<br />
überrestaurieren würde. Es gibt doch nichts Schöneres und Ehr licheres als<br />
Geländemaschinen mit der Lehmkruste der Sixdays von 1973 oder der letzten<br />
schweren schwäbischen Geländefahrt.<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
muss. Sein Hang zur Perfektion verlangt<br />
einfach danach, jedem relevanten Bauteil<br />
den letzten Schlif zu verpassen. Was in<br />
der Summe dazu führt, dass alles ein<br />
bisschen präziser und leichter funktioniert.<br />
Von dieser Perfektion haben Herbert<br />
Gletter und Hugo Schöllhorn bei dieser<br />
Schek-Replika auch im Detail nicht abgelassen.<br />
Solide, am Rahmen verschraubte<br />
Fußrasten oder die manuell gefräste MMB-<br />
Tacho meter-Konsole mitsamt Kontrollleuchten<br />
gehören ebenso dazu wie verspielte,<br />
federleichte Alu-Rändelmuttern<br />
oder der mehrteilige, raffiniert untergebrachte<br />
Schalldämpfer.<br />
Die maximal erleichterte Hinterradnabe<br />
mit der Aluminium-Steckachse zeugt<br />
ebenso davon, dass diese Schek- Replika<br />
nicht nur der reinen Funktion geschuldet<br />
ist. Hier hat jemand seinem ausgeprägten<br />
mechanischen Spieltrieb freien Lauf gelassen,<br />
der nur möglich ist, wenn das Projekt<br />
keinem Zeitdruck unterliegt.<br />
Im Gegensatz zu den 70ern, als die Eigenbau-Geländemaschinen<br />
in erster Linie<br />
zuverlässig funktionieren mussten und jedes<br />
Wochenende durch Staub und Schlamm<br />
getrieben wurden, durfte dieses 2010 begonnene<br />
Projekt gut eineinhalb Jahre bis<br />
zur Straßenzulassung reifen.<br />
◻
IM STUDIO I<br />
Hirth-Rennmaschine von 1924<br />
16 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Die Rechnung<br />
ohne den Hirth<br />
gemacht<br />
Den Namen Hirth kennen viele nur im Zusammenhang mit der Hirth-Verzahnung<br />
oder der Fliegerei – dabei entstanden Mitte der 1920er-Jahre einige sehr innovative<br />
und im Rennsport erfolgreiche Motorräder. Wie dieser Renner von 1924.<br />
Text: Gerhard Eirich; Fotos: Jacek Bilski<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 17
IM STUDIO I<br />
Hirth-Rennmaschine von 1924<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
Sie stand viele Jahre in einem<br />
Schuppen, verstaubt<br />
und fast vergessen. Dabei<br />
ist sie unter den wenigen<br />
je gebauten Hirth-Maschinen sogar eine<br />
Besonderheit, die einzige rein für die Renneinsätze<br />
gebaute Hirth mit dem 250er-<br />
Einzylinder-Doppelkolbenmotor. Doppelkolben<br />
hatten sie alle, auch die 250er-<br />
Straßen-Zweizylinder, die zum Teil dennoch<br />
für die Rennerei herhalten mussten.<br />
Beim Bergrennen Pforzheim, oder auf der<br />
Solitude. Gebaut und bewegt von Hellmuth<br />
und seinem Bruder Wolf Hirth.<br />
Doch muss man beim Namen Hirth<br />
noch eine Generation weiter zurückgehen<br />
und beim Vater Albert Hirth beginnen, um<br />
die Geschichte der erfinderischen wie erfolgreichen<br />
Hirth-Familie zu beleuchten.<br />
Albert Hirth, geboren 1858, sollte eigentlich<br />
wie seine Vorfahren Müller werden.<br />
Doch entwickelte dieser schon früh eine<br />
Leidenschaft für die Technik und wurde<br />
schnell als „Mühlendoktor“ bekannt, der<br />
sich mehr aufs Reparieren der Mahltechnik<br />
als aufs Müllern verstand. Er<br />
durfte Mechaniker werden, gründete 1904<br />
die Firma Norma und machte sich mit zukunftsweisenden<br />
Lösungen im Bereich<br />
Kugel- und Wälzlager einen Namen. 1886<br />
kam Sohn Hellmuth zur Welt, der zwar<br />
die Technik-Leidenschaft und -Begabung<br />
des Vaters geerbt hatte, doch ein nicht immer<br />
gern gesehenes, wildes Leben führte,<br />
mit einer Vorliebe für schnelle Zweiräder<br />
Auf die winzige Simplex-Trommelbremse sollte<br />
man keine zu großen Hoffnungen setzen<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Die mächtige Schwungscheibe<br />
ist per Hirth-Verzahnung mit<br />
der Kurbelwelle verbunden
IM STUDIO I<br />
Hirth-Rennmaschine von 1924<br />
Das Getriebegehäuse besteht aus leichtem Elektron, der Primärtrieb wird offen und ungeschützt zur Schau gestellt<br />
Die beiden Auslässe des Doppelkolbenmotors<br />
erfordern eine spezielle Krümmerform<br />
Hilft nur bedingt: am Rahmenrohr abgestützter<br />
Reibungs-Lenkungsdämpfer<br />
Die Webb-Trapezgabel stammt aus England<br />
und kommt ihrer Aufgabe gut nach
und Autos. Vom Vater nach England geschickt,<br />
entwickelte er dort zudem noch<br />
eine weitere gefährliche Passion – die<br />
Fliegerei. Nachdem er Vater Albert ebenfalls<br />
für das Thema begeistert hatte,<br />
entstanden bald ernst zu nehmende<br />
Flugapparate, unter anderem mit<br />
mächtigen Maybach-Motoren.<br />
Doch Hellmuth experimentierte<br />
auch mit kleinen Zweitaktmotoren mit<br />
Doppel kolben und mit speziellen Propellerkonstruktionen.<br />
Vater Albert hatte<br />
mittlerweile die Albert Hirth AG gegründet<br />
und eine neue Stirnverzahnung patentiert<br />
– die legen däre und weltbekannte<br />
Hirth-Ver zahnung, die es erlaubte, Kurbelwellen<br />
mit Wälzlagern zu bauen.<br />
Längst war Wolfram, der 14 Jahre jüngere,<br />
meist nur „Wolf“ genannte Bruder<br />
von Hellmuth von der Fliegerleidenschaft<br />
des großen Bruders angesteckt worden,<br />
und mit der Begeisterung für Motorräder,<br />
in denen die „kleinen“ Doppelkolben-Zweitaktmotoren<br />
erprobt wurden. Mit dem Spaß<br />
am Schnellfahren erwachte das Rennfieber,<br />
und der erste Einsatz bei einem<br />
großen Rennen sollte beim Lauf auf der<br />
Solitude 1924 erfolgen. Hellmuth hatte<br />
seinem Bruder wegen dessen Beinverletzung<br />
nach einem Flugzeug absturz die<br />
Teilnahme verboten. Wolf ließ sich aber<br />
nicht abwimmeln, sondern arbeitete stattdessen<br />
die Nacht im Werk durch, um auf<br />
die Schnelle heimlich aus verfügbaren<br />
Teilen und einem Motor vom Prüfstand<br />
ein Motorrad zusammenzubauen. Und<br />
der Erfolg sollte ihm recht geben: Er gewann<br />
die 250er-Klasse.<br />
Zahlreiche Siege folgten, nicht zuletzt<br />
ein grandioser Erfolg 1926 auf der Avus.<br />
Wolf Hirth kam leider bei einem Flugzeugabsturz<br />
1959 ums Leben, doch seine<br />
Leidenschaft für die Fliegerei lebt weiter<br />
– in Gestalt seines Sohnes Hellmut Hirth.<br />
Der Motorrad-Bazillus hat diesen nicht<br />
befallen, und wohl nur so konnte es geschehen,<br />
dass in einem Schuppen über<br />
viele Jahrzehnte ein Motorrad verstaubte<br />
und beinahe in Vergessenheit geriet – die<br />
Siegermaschine seines Vaters von 1924.<br />
Hellmut Hirth wollte sie wieder im alten<br />
Glanz erstrahlen lassen, irgendwann so<br />
Hirth-Rennmaschine von 1924<br />
MOTOR: Wassergekühlter Einzylinder-Zweitakt-Doppelkolbenmotor mit liegendem Zylinder,<br />
Bohrung 45 mm, Hub 80 mm, Hubraum 254 cm³, ca. 11 bis 14 PS bei ca. 8000/min, ein 26er-<br />
SUM-Vergaser, handgeschaltetes Dreiganggetriebe von Burman, Kettenantrieb<br />
FAHRWERK: Doppelschleifen-Rohrrahmen mit verlöteten Fittingen, Webb-Trapezgabel vorn,<br />
starre Zweiarmschwinge hinten, Simplex-Halbnaben-Trommelbremsen, vorn Ø 120 mm, hinten<br />
Ø 150 mm, Gewicht ca. 80 kg, Tankinhalt 15 l<br />
KONTAKT: www.zweirad-museum.de<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 21
IM STUDIO I<br />
Hirth-Rennmaschine von 1924<br />
Fußschonend: Das Burman-Dreiganggetriebe will von Hand geschaltet werden<br />
um 2005/2006 muss es gewesen sein. Im<br />
Museum sollte sie stehen, aber nicht nur<br />
im Stand bewundert werden, sondern<br />
auch im Einsatz. Peter Kuhn, technischer<br />
Leiter des Zweiradmuseums Neckarsulm,<br />
nahm sich der Maschine an, restaurierte<br />
sie innerhalb eines Jahres komplett und<br />
bewegt sie seither regel mäßig bei Klassik-<br />
Veranstaltungen. Rost und Staub sollen<br />
nie wieder eine Chance haben. „Wir<br />
konnten fast alles verwenden, die Hirth<br />
besteht überwiegend aus Originalteilen,<br />
nur die Räder mussten wir neu anfertigen.“<br />
Selbst der eigenwillige Rahmen<br />
mit an den Verbindungsstellen gelöteten<br />
Fittingen konnte verwendet werden. Der<br />
nicht mehr brauchbare Magnesium-Kolben<br />
wurde durch einen von Mahle extra<br />
angefertigten Alu-Kolben ersetzt. Mahle,<br />
einst hervorgegangen aus „Versuchsbau<br />
Hellmuth Hirth“, war schließlich auch<br />
damals bereits der Kolbenlieferant gewesen.<br />
Der Doppelkolben-Zweitakter lie-<br />
22 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
ferte ordentlich Leistung, von bis zu 14 PS<br />
war die Rede. Beim Fahrwerk schlägt die<br />
England-Phase von Konstrukteur Hellmuth<br />
wieder durch, Webb-Trapez gabel<br />
und -Bremse stammen von der Insel. Peter<br />
Kuhn weiß eines sehr genau: „Man<br />
muss vorausschauend fahren und früh<br />
bremsen, die Wirkung der winzigen Simplex-Trommel<br />
ist äußerst bescheiden.“<br />
Der winzige, kaum 15 Millimeter breite<br />
„Bremsbelag“ wurde aus Bremsband-Meterware<br />
passend geschnitten und vernietet.<br />
Wie Kuhn heute musste sich auch<br />
Wolf Hirth damals stets zwischen Bremsen<br />
oder Schalten im Burman-Dreiganggetriebe<br />
entscheiden – beides verlangte<br />
nach der rechten Hand. Mangels Hinterradfederung<br />
musste ein Federsattel genügen,<br />
um die derben Schläge der Rumpelpisten<br />
zu lindern. Aber Hirth, pardon,<br />
hart im Nehmen waren sie ja stets alle –<br />
über alle Genera tionen, egal ob im Motorrad-Sattel<br />
oder im Flieger-Cockpit. ◻<br />
Hirth-Zweitakter<br />
Zwei in einem<br />
Hellmut Hirth,<br />
der Sohn des<br />
Solitude-Siegers<br />
von 1924, Wolf<br />
Hirth, hat die<br />
betagte 250er aus<br />
dem Schuppen<br />
gerettet<br />
Leicht muss er sein – und leistungsfähig. Der Motor, besser<br />
gesagt die Motoren, die Hellmuth Hirth ursprünglich für seine kleinen<br />
und leichten Flugzeuge konzipiert hatte, besaßen diese Eigenschaften.<br />
Sie sind aber auch im Motorrad durchaus von Vorteil, wie die Hirth-Brüder<br />
in Renn einsätzen ja eindrucksvoll bewiesen haben. Zweitakter sparen<br />
im Vergleich zum Viertakter Bauteile, klar, Doppelkolben-Versionen<br />
machen ihr etwas höheres Gewicht durch eine bessere Effizienz, sprich<br />
höhere Leistung wieder wett. Erreicht wird dies unter anderem durch die<br />
Möglichkeit, mit Gleichstromspülung statt der unwirtschaftlicheren<br />
Gegenstromspülung zu arbeiten. Die je zwei Pleuel pro Zylinder (es gab<br />
die Doppelkolbenmotoren als Ein- und Zweizylinder, mit liegenden oder<br />
stehenden Zylindern) laufen auf einem gemeinsamen Hubzapfen. Im<br />
ovalen Brennraum entflammt eine Zündkerze das Gemisch, die beiden<br />
Auslassöffnungen münden in einen breiten, speziell geformten Krümmer.<br />
Die berühmte Hirth-Verzahnung kommt im 250er ebenfalls zum Einsatz:<br />
Sie verbindet die große rechtsseitig montierte Schwungscheibe mit der<br />
Kurbelwelle. Aus den gut 250 cm³, die sich aus der Bohrung von 45 mm<br />
und dem Hub von 80 mm ergeben, zauberte der bereits bei niedrigen<br />
Drehzahlen recht drehmomentstarke Motor in damaligen Messungen<br />
zwischen 11 und 14 PS. Der wassergekühlte Zweitakter ist an sich<br />
zuverlässig, lediglich die an manchen Stellen arg knapp bemessene<br />
Zylinderkopfdichtung brennt schon mal durch. Und mit Sprit geht der<br />
Single ebenfalls nicht besonders zimperlich um. Wer hart arbeitet, muss<br />
eben auch trinken.<br />
Gut gespült: Die Doppelkolbentechnik<br />
soll klare Vorteile beim<br />
Gaswechsel bringen<br />
Fotos: Hirth, Archiv<br />
Wolf Hirth im<br />
Rennen auf der<br />
Solitude 1926:<br />
Trotz widriger<br />
Wetterbedingungen<br />
und technischer<br />
Probleme<br />
wurde er mit einer<br />
bravourösen<br />
Leistung Dritter
<strong>MOTORRAD</strong>-Heft 8/1982<br />
Irgendwann ist es genug: Honda hatte jahrelang<br />
tatenlos zugesehen, wie Yamaha mit der<br />
SR 500 Fans nostalgischer Einzylinder verführte<br />
und ordentliche Verkaufszahlen verbuchte.<br />
1982 reagierten die cleveren Japaner<br />
mit der (vielleicht allzu) modernen FT 500<br />
und brachten endlich einen Straßen-Single.<br />
Fotos: MPS-Fotostudio<br />
Zwei Singles,<br />
wenig Gemeinsamkeiten:<br />
SR 500 und<br />
FT 500 fahren<br />
von Beginn an<br />
weitgehend<br />
getrennte<br />
(Konzept-)<br />
Wege<br />
Honda FT 500/Yamaha SR 500<br />
Vom alten Schlag<br />
Die Engländer und die Italiener hatten schon lange zuvor<br />
die Fahne klassischer Einzylinder-Bikes hochgehalten, bevor<br />
auch die Japaner endlich reagierten und mit der Yamaha SR 500<br />
ihren ersten großen Straßen-Single ins Rennen schickten. Mit Erfolg:<br />
Der klassische, an die britischen Bikes angelehnte Look kam gut an,<br />
der URIGE ZWEIVENTILER überzeugte mit<br />
seinem rauen Charme und kerniger<br />
Leistungsentfaltung.<br />
Honda reagierte spät, obwohl mit<br />
dem Motor aus der Enduro XL 500 ja<br />
bereits ein geeigneter Antrieb für ein<br />
konkurrenz fähiges Bike in den Regalen<br />
vorhanden war.<br />
Im September 1981 war es schließlich<br />
so weit – Honda präsentierte die FT 500.<br />
Bereits in <strong>MOTORRAD</strong> 8/1982 konnte der<br />
geneigte Leser dann den ersten Vergleichstest<br />
der beiden Kontrahenten lesen und alles<br />
über die unterschiedliche Konzeption und<br />
die verschiedenen Charaktere der beiden<br />
Bikes erfahren.<br />
Schon die AUFFÄLLIG ROTE LACKIE-<br />
RUNG und der im sportlich wirkenden<br />
Kontrast dazu schwarz eloxierte Motor<br />
sorgten für Aufsehen – moderne Technik muss<br />
wohl auch im schrillen Outfit verpackt werden.<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1982 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
22. Januar<br />
Walter Röhrl gewinnt mit einem Opel Ascona 400<br />
die 50. Rallye Monte Carlo in Monaco.<br />
3. Februar<br />
Gemäß Artikel 68 des Grundgesetzes stellt Bundeskanzler<br />
Helmut Schmidt die Vertrauens frage.<br />
Mit 269 gegen 224 Stimmen gewinnt Schmidt die<br />
Abstimmung im Bundestag am 5. Februar.<br />
10. Juni<br />
Der Regisseur und Vertreter des Neuen Deutschen<br />
Films, Rainer Werner Fassbinder, stirbt im Alter von<br />
37 Jahren in München.<br />
Im August<br />
Audi startet den Verkauf des Aerodynamik-<br />
Weltmeisters Audi 100 C3 (Typ 44) mit einem<br />
cw-Wert von nur 0,30.<br />
26. August<br />
In Oberbayern ereignet sich der 250. Absturz<br />
eines F-104 Starfighters der Bundeswehr.<br />
13. September<br />
Monaco: Die ehemalige US-amerikanische<br />
Schauspielerin und Fürstin von Monaco, Grace<br />
Kelly, stirbt mit 52 Jahren an den Folgen eines<br />
Autounfalls.<br />
24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
An technischen Highlights hat Honda schließlich<br />
nicht gespart: Im Kopf des Eintopfs steuern vier<br />
Ventile die Gaswechsel, man gönnt gar jedem<br />
Auslassventil zwecks besserer Kühlung seinen<br />
eigenen Auslass-Port und demzufolge eigenen<br />
Krümmer. Die beiden Krümmer münden in einen<br />
gemeinsamen, schwarz lackierten Endtopf.<br />
Gestartet wird die Neue auch nicht per<br />
umständlicher Prozedur mit Dekompressionshebel<br />
ziehen, aufs Schauglas schielen, oberen Totpunkt<br />
ertasten und Tritt auf den Kickstarter, wie bei der<br />
Yamaha, sondern schlicht per Druck aufs KNÖPF-<br />
CHEN DES E-STARTERS. Auch der Choke sitzt<br />
griffgünstig am Lenker, keine Fummelei am<br />
Vergaser. Die Kickstarterwelle samt schwerem Hebel<br />
hat Honda gleich ganz eingespart, man verlässt sich<br />
voll auf die Zuverlässigkeit des elektrischen Systems,<br />
im Notfall hilft, etwa bei leer georgelter Batterie,<br />
also nur noch Anschieben.<br />
Apropos Welle: Wo der SR 500-Single nach<br />
alter Manier stampft und schüttelt, gibt sich der<br />
Honda-500er ganz zivilisiert und zaubert grobe<br />
Lebensäußerungen mittels zweier Ausgleichswellen<br />
fast vollständig weg.<br />
Wo also der SR-Fahrer vor allem bei heißem<br />
Motor noch schwitzend kickt und tritt, setzt sich die<br />
FT des Honda-Fahrers bereits lässig in Bewegung.<br />
Das Erlebnis der Leistung spiegelt wiederum die<br />
unterschiedlichen Charaktere wider. Die mit vier<br />
Millimetern mehr Hub gesegnete Yamaha dreht<br />
nicht so spielerisch hoch wie der Honda-Single und<br />
packt erst bei 3000 Touren, also 500/min später mit<br />
sauberem Rundlauf zu, doch liefert sie dafür bei<br />
4000/min energischere Power. Über 5000/min<br />
schlägt jedoch wieder die Stunde der FT 500, die<br />
sich dort deutlich DREHFREUDIGER UND SPRIT-<br />
ZIGER gibt.<br />
In Sachen Fahrwerk fasst der damalige Tester<br />
schnell zusammen: Die Yamaha ist handlicher, die<br />
Honda läuft besser geradeaus. Die störrische Gabel<br />
der SR wird dabei aber klar moniert. Dass die simple<br />
Scheibe vorn und die Trommel hinten an der<br />
Yamaha den jeweils vorn und hinten montierten<br />
SCHEIBENBREMSEN MIT VIERKOLBENSÄTTELN<br />
der Honda nicht das Wasser reichen können,<br />
wundert keinen. Dass die Yamaha sich sparsamer<br />
gibt als die moderne Honda schon eher. Vielleicht<br />
verleitet die sportlichere Sitzposition der FT 500 mit den weiter<br />
hinten montierten Fußrasten zur flotteren Fahrweise? Zudem liegt<br />
die Honda trotz nominell gleicher Leistung von 27 PS in Sachen<br />
Beschleunigung und Topspeed klar vorn.<br />
Nicht zuletzt die besseren Fahrleistungen und die vielen aufgezählten<br />
Qualitäten sprechen eigentlich für die Honda. Doch was hat<br />
Reklame<br />
Scharfes Schwert oder scharfer Kurvenfeger? Beides, will<br />
Suzuki uns per Katana-Werbeslogan anno 1982 sagen.<br />
es ihr genutzt möchte man ketzerisch fragen? Die FT 500 fristet<br />
heute ein geschmähtes Mauerblümchendasein, die SR 500 ist Kult<br />
und sehr gesucht. Und das liegt sicher nicht am damals rund 300<br />
Mark höheren Neupreis der Honda. Schon eher könnte man aus der<br />
damaligen Überschrift des Testberichts „Die Sanfte und die Derbe“<br />
ableiten: Die meisten Biker mögen es einfach eher derb. ◻<br />
84<br />
82 80 68<br />
Misstrauensvotum gegen Bundeskanzler Helmut<br />
82<br />
Im September<br />
Der erste Commodore 64 kommt auf den Markt.<br />
19. September<br />
Der Student Scott E. Fahlman schlägt vor, für<br />
Scherze im E-Mail-Verkehr die aus drei ASCII-<br />
Zeichen gebildete Zeichenfolge :-) zu verwenden.<br />
Die ein Smiley nachbildenden Emoticons verbreiten<br />
sich bald über das Arpanet.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
1. Oktober<br />
Helmut Kohl (CDU) wird nach einem konstruktiven<br />
Schmidt (SPD) zum neuen Regierungschef gewählt.<br />
Musik<br />
In den Hitparaden rangieren folgende Hits ganz<br />
vorn: “Polonäse Blankenese” von Gottlieb Wendehals,<br />
“Skandal im Sperrbezirk” von der Spider<br />
Murphy Gang, “Words” von F.R. David.<br />
Film<br />
Die Kinohits des Jahres 1982 sind „Blade Runner“<br />
mit Harrison Ford, „Das Ding aus einer anderen<br />
Welt“ mit Kurt Russel, „E.T. – Der Außerirdische“<br />
und „Rocky 3 – Das Auge des Tigers“ mit Sylvester<br />
Stallone.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 25
SZENE I<br />
Panther M 100<br />
In der Ruhe<br />
liegt die Kraft<br />
Niemand würde auf die Idee kommen, einen schlafenden<br />
Panther mit einem Fußtritt aufzuwecken. Es sei denn,<br />
es handelt sich um eine der langhubigen Großkatzen aus<br />
Yorkshire, die mit riesiger Schwungmasse auf die Pirsch gehen.<br />
Text: Dirk Mootz; Fotos: Harry Colbert<br />
◻<br />
26 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 27
SZENE I<br />
Panther M 100<br />
Schön anzuschauender Smiths-Tacho, dessen Nadel bei einer Panther<br />
allerdings höchstens bis zur 80er-Markierung ausschlägt. Besonderheit<br />
der schmächtig wirkenden Dowty-Oleomatic-Telegabel ist die<br />
Luftfederung, einstellbar über eine handelsübliche Pumpe<br />
Sie gehört zu den klassischen Motorrädern, die<br />
schon früher nicht fürs schnelle Fahren gekauft<br />
wurden. Auch auf Rennstrecken hat sie sich deshalb<br />
keine Lorbeeren erfahren. Dennoch zählt die<br />
Panther M 100 mit ihrem mächtigen und stark geneigten Einzylinder<br />
zu den absoluten Kult-Maschinen aus britischer Fertigung.<br />
Deren Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1904, als Joah<br />
Carver Phelon und Richard Moore mit dem Bau ihrer P&M-Motorräder<br />
begannen, bei denen der Motor den vorderen Rahmenunterzug<br />
ersetzte und somit eine tragende Rolle im Chassis<br />
übernahm. Diese besondere Konstruktionsweise zeichnete auch<br />
noch die letzten großen Panther-Modelle aus, als das Werk im<br />
Jahr 1966 für immer geschlossen wurde.<br />
Die Bezeichnung Panther war erstmals 1923 auf dem Tank<br />
eines P&M-Krads zu sehen, als die Sportvariante des 555 Kubikzentimeter<br />
großen, seitengesteuerten Einzylinders vorgestellt<br />
wurde. Die hier gezeigte 1951er-Panther ist jedoch eine 600er,<br />
besser bekannt als M 100. Und damit eine der Großkatzen, die<br />
man normalerweise eher in ausladenden Zweisitzer Seitenwagengespannen<br />
antrifft als<br />
im Fahrgestell einer<br />
Solomaschine.<br />
Fahrer von hochtourigeren<br />
Zweizylindern<br />
können sich<br />
ohnehin nur schwer<br />
vorstellen, dass sich<br />
jemand für so ein gemächlich<br />
ackerndes<br />
Einzylinder-Kaltblut<br />
erwärmen kann. Doch genau dieses Stoische ist es, weshalb Leute<br />
wie Andy Tiernan die alten Panther-Singles lieben. „So eine<br />
‚Großkatze‘ läuft zuverlässig und hat ungemein viel Druck im<br />
Keller, trinkt aber weniger als ein kleines Kätzchen aus seiner<br />
Milchschale“, lobt Andy die Genügsamkeit seiner Panther. „P&M<br />
nannte einen Durchschnittsverbrauch von rund 3,2 Litern für<br />
Solomotorräder und etwa 4,7 Litern auf 100 Kilometer für Gespanne.<br />
Nun, das waren natürlich genauso optimistische Versprechungen<br />
wie die heutigen Verbrauchsangaben für Autos,<br />
aber Verbrauchswerte von weniger als 4,5 Liter im Schnitt sind<br />
problemlos zu schaffen.“<br />
Das Geheimnis dieser unerschütterlichen Kraft im Drehzahkeller<br />
ist eine enorme Schwungmasse, die fast 14 Kilogramm auf<br />
die Waage bringt. Und damit genügend kinetische Energie freisetzt,<br />
um selbst Berge in Maulwurfshügel zu verwandeln. Obwohl<br />
P&M die Panther als „Schwergewicht“ bezeichnete, galt das<br />
1950er-Model 100 tatsächlich als eine der leichtesten 600er, die<br />
für den Seitenwagenbetrieb geeignet waren. Trotz zweier Schalldämpfer<br />
und Soziusrasten, deren schwerer Flachstahl aussieht,<br />
als ob ein Schmied sie zurecht gehämmert hätte, wiegt die Panther<br />
ohne Sprit und Öl nur 175 Kilogramm. Schon erstaunlich,<br />
wie viele Pfunde man ohne Unterzüge einsparen kann!<br />
Auszug aus dem 1949er-<br />
Prospekt der Panther M 100.<br />
Wahlweise gab es zwei<br />
Getriebe mit unterschiedlichen<br />
Übersetzungen für den<br />
Solo- oder Gespann-Einsatz<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Mächtiger Single:<br />
Mit ellenlangem<br />
Hub und riesiger<br />
Schwungmasse<br />
kein Freund hoher<br />
Drehzahlen
SZENE I<br />
Panther M 100<br />
Charakter-Darsteller:<br />
Der schräg gestellte<br />
Einzylinder mit dem<br />
ultralangen Hub macht<br />
die Panther-Modelle unverwechselbar<br />
PANTHER MODEL 120<br />
Big Banger<br />
Wem der 600er-Single der M 100 nicht genügt, findet vielleicht in der<br />
1958 von P&M vorgestellten Panther M 120 die passende Alternative.<br />
Mit 650 Kubikzentimetern galt sie damals als hubraumstärkste Einzylindermaschine<br />
auf dem Markt. Die Kompression war mit 6,5:1 die<br />
gleiche wie bei der M 100. Doch das kleinere Auslassventil, ein Brennraum<br />
mit Quetschkante und der größere Vergaser sorgten für ein<br />
Leistungsplus. Für die Hubraum-Erhöhung wurde die Bohrung um einen<br />
Millimeter vergrößert, der Hub sogar um deren sechs, weshalb das<br />
Schwungrad im Durchmesser um 6,4 Millimeter verkleinert werden<br />
musste, um nicht mit dem herabsausenden Kolben zu kollidieren.<br />
Die 650er stehen zwar im zweifelhaften Ruf, besonders viel Öl zu verbrauchen.<br />
Letztlich kann das Model 120 aber eine Schwinge mit zwei<br />
Federbeinen und wirkungsvolle Halbnaben-Trommelbremsen in die<br />
Waagschale werfen. Außerdem war die auf knapp 28 PS erstarkte Großkatze<br />
für Gespann-Liebhaber ganz klar auch das bessere Zugpferd.<br />
Größter Single:<br />
Mehr Hubraum<br />
als die M 120<br />
hatte 1958<br />
kein anderer<br />
serienmäßiger<br />
Einzylinder<br />
Für die Semi-Trockensumpfschmierung, deren Öltank in den<br />
vorderen Bereich des Motorgehäuses integriert ist, nannte P&M<br />
drei Vorteile: Erstens käme das Öl so schneller auf Betriebstemperatur<br />
als bei einem separaten Behälter. Zweitens würde<br />
der Schmierstoff dank der Kühlrippen an besagtem Tank in Fahrt<br />
besser gekühlt werden als in einem unterm Sitz versteckten<br />
Stahlbehältnis. Und drittens könne man auf eine Rückförderpumpe<br />
verzichten, weil Schwerkraft und Schleuderwirkung<br />
des Schwungrads ausreichen, um das Öl wieder in den Tank zu<br />
transportieren. Das mag bereits in den 1950er-Jahren ziemlich<br />
altmodisch geklungen haben, doch dieses Prinzip hatte bei der<br />
Markteinführung der M 100 schon mehr als 25 Jahre zuverlässig<br />
funktioniert. Nun, die pragmatischen Ingenieure in Cleckheaton/Yorkshire<br />
waren anscheinend der Überzeugung, dass alles,<br />
was nicht dran ist, auch nicht kaputtgehen könne.<br />
Die simple Technik erleichtert die Wartung<br />
So sind die simplen ohv-Singles einfach zu warten und zu reparieren.<br />
Zum Glück, denn P&M empfahl, den Brennraum alle 8000<br />
Kilometer zu entkoken. „Diese Empfehlung war der bescheidenen<br />
Qualität der damaligen Öle geschuldet“, beruhigt Andy.<br />
„Heute kann man die Laufleistung bis zur Routinekontrolle des<br />
Zylinderkopfs locker verdoppeln.“ Einige Panther-Eigner beklagen<br />
sich über einen hohen Ölverbrauch und verölte Zündkerzen.<br />
Zur Lösung dieser Probleme empfehlen sich drei Maßnahmen.<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
DATEN<br />
Panther Model 100<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
eine untenliegende Nockenwelle, zwei<br />
über Schlepphebel, Stoßstangen und Kipphebel<br />
betätigte Ventile, Bohrung x Hub 87 x<br />
100 mm, Verdichtung 6,5:1, Hubraum 598<br />
cm³, Leistung 23 PS bei 5500/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Trockenkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Rohrrahmen aus Stahl, unten<br />
offen, Motor mittragend, Teleskopgabel, starre<br />
Hinterradführung, Drahtspeichenräder mit<br />
Stahlfelgen, Reifen vorn und hinten 3.50-19,<br />
Simplex-Trommelbremse vorn und hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1372 mm,<br />
Trockengewicht 175 kg, Tankinhalt 11,3 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka 120 km/h<br />
Internet: www.pantherownersclub.com<br />
Ein kleiner Hebel sorgt<br />
für große Erleichterung:<br />
Über den Ventilausheber<br />
wird das Auslassventil<br />
bis zur Hälfte des<br />
Kolbenhubs geöffnet.<br />
So kickt es sich besser<br />
Die einfachste ist eine Überprüfung der in unmittel barer Nähe<br />
zum Kettenritzel befindlichen Kurbelgehäuse-Entlüftung. Sofern<br />
diese nicht verstopft ist, kommt möglicherweise die Ölpumpe als<br />
Ursache in Betracht. Dabei handelt es sich um eine simple, zahnradgetriebene<br />
Konstruktion mit Rotor und Kolben sowie einem<br />
Druckbegrenzungsventil im Gehäuse. Hier lässt sich durch den<br />
Einbau einer schwächeren Feder im Ventil der Öldruck vermindern.<br />
Alternativ kann man auch ein sechs Millimeter messendes<br />
Loch durch eine Seite des Ölpumpen-Kolbens bohren, um den<br />
Öldruck zu begrenzen.<br />
Wally Wilson, ein Panther-Techniker der späten 50er-Jahre,<br />
empfahl dagegen eine drastische Lösung, um den Problemen mit<br />
dem ständigen Verölen Herr zu werden. Und das bedeutete eine<br />
Zerlegung des Motors, um nach dem Teilen des Kurbelgehäuses<br />
den messerscharfen Trennsteg zwischen Schwungradkammer und<br />
Öltank um 1,59 Zentimeter (5/8 inch) abzufräsen. So kann mehr<br />
Schleuderöl schneller via Schwungrad vom Kurbelgehäuse zurück<br />
in den Ölbehälter gelangen.<br />
Bei frühen 100er-Modellen war die Kurbelwelle auf der Steuerseite<br />
(rechts) mit Rollenlagern versehen, während auf der Antriebsseite<br />
zwei Kugellager zum Einsatz kamen. Spätere Typen<br />
besitzen beidseitig Rollenlager mit einem zusätzlichen Kugellager<br />
als Abstützung auf der Antriebsseite. Frühe Modelle lassen<br />
sich problemlos mit diesen beidseitigen Rollenlagern nachrüsten,<br />
ohne Änderungen an Kurbelgehäuse oder Hauptwelle.<br />
Ohne Probleme verrichten normalerweise auch die Burman-<br />
Getriebe ihren Dienst, weiß Andy: „Bis 1948 waren die Viergang-<br />
Schaltboxen mit einer Mischung aus Fett und Öl befüllt. Wenn an<br />
Kickstarter- und Schaltwelle Filzdichtungen zu sehen sind, dann<br />
handelt es sich um solch ein frühes Getriebe. Spätere Ausführungen<br />
ab 1949 waren ausschließlich mit Motoröl befüllt.“<br />
Zum Spannen der Primärkette wird zunächst die Verschraubung<br />
der oberen Getriebehalterung um eine Umdrehung gelockert.<br />
Anschließend lassen sich nach dem Lösen der Sicherungsmuttern<br />
die an der Unterseite angebrachten Einstellschrauben<br />
verdrehen. Bei warmem Motor sollte das maximale Spiel an der<br />
straffsten Stelle nicht mehr als einen knappen Zentimeter betragen<br />
(3/8 inch). „Wenn trotz korrekter Spannung der Primärkette<br />
immer wieder der vierte Gang herausspringt, einfach die<br />
rechte Fußraste ein wenig nach unten versetzen“, empfiehlt<br />
Andy. „Das gibt dem Schalthebel etwas mehr Bewegungsfreiheit.<br />
Damit sollte das Problem mit dem herausspringenden Gang behoben<br />
sein. Falls nicht, haben sich wahrscheinlich die Lagerbuchsen<br />
der Antriebszahnräder in Richtung der Schieberäder<br />
bewegt. Dann kommt man um ein Zerlegen des Getriebes nicht<br />
herum.“ Die Kette zum Hinterrad wird über Exzenterscheiben<br />
gespannt, die zugleich die mittige Ausrichtung des Rads in der<br />
Schwinge gewährleisten.<br />
Bei korrekter Einstellung macht die Burman-Kupplung wenig<br />
Ärger, selbst wenn die Panther einen schweren Seitenwagen<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 31
SZENE I<br />
Panther M 100<br />
Der wartungsfreundliche Aufbau<br />
erleichtert das Schrauben an den<br />
Großkatzen aus Cleckheaton<br />
Im Model 100 legt der<br />
87er-Panther-Kolben 100<br />
Millimeter im Zylinder<br />
zurück. Die beiden<br />
Ventile werden über<br />
lange Stoßstangen<br />
und Kipphebel<br />
betätigt<br />
ziehen muss. Korrekt bedeutet in diesem Fall, dass die Federn so<br />
weit eingedreht sind, dass sie ein Niveau mit der Federplatte<br />
bilden. Beim Prüfen darauf achten, dass sich diese gleichmäßig<br />
hebt. Falls nicht, müssen entsprechende Federn eingesetzt<br />
werden, die dies ermöglichen.<br />
Starrrahmen mit Telegabel und Luftfederung<br />
Andys M 100 besitzt einen Starrrahmen, vorn federt allerdings<br />
eine Dowty-Oleomatic-Teleskopgabel, die ab 1947 die Girder-<br />
Konstruktion abgelöst hatte. Besonderheit der Dowty-Forken ist<br />
ihre Luftfederung mit Öldämpfung. Bei Panther betonte man,<br />
dass die Luft-“Feder“ bei normalen Straßengegebenheiten dank<br />
großer Hübe viel Komfort bietet, gleichzeitig bei groben Verwerfungen<br />
jedoch genügend Progression besitzt, um diese ohne<br />
Durchschlagen zu absorbieren. Der Luftdruck in der Gabel lässt<br />
sich somit entsprechend der Beladung anpassen, egal ob man<br />
alleine fährt, mit Sozia oder gar einem voll besetzten Beiwagen.<br />
Das geschieht mittels einer simplen Luftpumpe über die Schrader-Ventile<br />
am oberen Ende der Gabel-Standrohre. Fürs korrekte<br />
Niveau wird so lange gepumpt, bis sich die roten Punkte der<br />
Gleitrohre mit jenen der Standrohr-Abdeckungen überlappen,<br />
was schon nach wenigen Pumpstößen der Fall ist.<br />
„Die Dowty-Gabeln wirken zwar ziemlich labil und verwindungsfreudig,<br />
doch dieser Eindruck täuscht. Schließlich werden<br />
sie selbst mit den Kräften fertig, die bei einem Seitenwagen-Gespann<br />
auf sie einwirken“, widerlegt Andy den Anschein der Fragilität.<br />
Dennoch ersetzte Panther bei seinen Schwergewichten ab<br />
1954 die Dowty-Gabeln durch eine von P&M selbst entwickelte<br />
Konstruktion. Ab diesem Jahr stand außerdem eine Hinterradfederung<br />
mit Schwinge und zwei Federbeinen als Option in der<br />
32 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Nach dem Lockern der Getriebehalterung lässt sich die Spannung<br />
der Primärkette justieren. Der mittragende Panther-Single ersetzt<br />
den Unterzug, den mit Kühlrippen versehenen Öltank der<br />
Semi-Trockensumpfschmierung hat man ins Motorgehäuse integriert<br />
Preisliste. Andys M 100 ist eine der letzten mit separater Lichtmaschine<br />
und Magnetzündung. Ab Mitte 1951 verbaute P&M<br />
nämlich die kombinierte Magdyno-Einheit von Lucas.<br />
Mit einer niedrigen Verdichtung von 6,5:1 lässt sich der<br />
600er-Sloper eigentlich ziemlich leicht antreten. Zierliche Piloten<br />
werden dennoch das nette Gimmick schätzen, mit dem P&M<br />
die Großkatzen noch schneller zum Schnurren bringen wollte.<br />
Einfach den kurzen Hebel am rechten Steuergehäusedeckel anheben,<br />
dann bleibt das Auslassventil bis zum halben Kolbenhub<br />
in Richtung des oberen Totpunkts geöffnet. Diese von P&M als<br />
„half-compression device“ bezeichnete Starthilfe-Vorrichtung<br />
war bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eingeführt worden.<br />
Damit lässt sich der 87er-Kolben ein wenig leichter den 100<br />
Millimeter langen Weg in Richtung des oberen Totpunkts – und<br />
damit der ersten Zündung – kicken. Sobald der mächtige Single<br />
läuft, tippt man den Starthilfe-Hebel einfach wieder nach unten<br />
in seine Ausgangsposition.<br />
Die Kupplung der Burman-Schaltbox besitzt Gummi-Dämpfer,<br />
sie greift ganz weich und<br />
ohne Rupfen. Und gibt damit<br />
einen Vorgeschmack auf das<br />
außergewöhnliche Fahrerlebnis<br />
mit der entspannten Großkatze.<br />
Exakt und auf kurzem<br />
Weg klickt der erste Gang ein,<br />
und der Panther setzt sich mit<br />
einem Knurren geschmeidig<br />
in Bewegung – die Pirsch<br />
beginnt! Dank der enormen<br />
Schwungmasse fährt sich der<br />
Einzylinder ähnlich elastisch wie die alten, seitengesteuerten<br />
Singles. Lässig wuchtet die Panther bereits aus niedrigsten<br />
Drehzahlen nach vorn, wirkt bei moderaten Touren völlig unangestrengt.<br />
Höhere Drehzahlen gehen dem Schwung-massigen<br />
Einzylinder nur zäh von der Rolle, im Bereich des Leistungszenits<br />
– bei 5500/min sollen es 23 PS sein – wirkt die Großkatze<br />
fast schon gequält.<br />
Obwohl sich die Vibrationen dabei trotz des immensen Hubs<br />
in erstaunlich zivilen Grenzen halten, ersparen wir uns und der<br />
betagten 600er solche Strapazen. Dafür revanchiert sich die<br />
Panther mit einem unglaublich entspannten Streifzug durchs<br />
Kurvenrevier, bereits ab Tempo 50 lässt sie sich im vierten Gang<br />
geschmeidig vorantreiben.<br />
Das ist auf jeden Fall wesentlich genussvoller als die M 100<br />
ständig auszuquetschen, zumal die von P&M angegebene<br />
Höchstgeschwindigkeit von 136 km/h bestenfalls Wunschdenken<br />
war. „Du musst eigentlich nie auf den Tachometer schauen“,<br />
weiß Andy. „Wenn du spürst, dass sich die M 100 im höchsten<br />
Gang so richtig wohlfühlt, gleitest du mit knappen 100 km/h<br />
dahin. Und dieses Tempo packt sie locker. Wenn es sein muss,<br />
auch mal den lieben langen Tag lang!“<br />
◻<br />
Zu den Neuheiten des Modelljahrgangs<br />
1954 zählten neben<br />
der hauseigenen P&M-Gabelkonstruktion<br />
erstmals auch eine<br />
gefederte Hinterradschwinge<br />
mit zwei Stoßdämpfern<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 33
SZENE I<br />
Leser bauen selbst<br />
Handwerker aus<br />
Leidenschaft<br />
Wer schon mit zehn Jahren Fahrräder selbst gebaut hat, der empfindet<br />
den Umbau von Motorrädern nicht als Herausforderung. Sondern als pure<br />
Lust, seine Leidenschaft fürs Handwerkliche voll und ganz auszuleben.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Volker Wildförster<br />
34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Bis die Zubehörverkleidung einer Ducati 916 und der Cagiva Mito-Höcker an die<br />
Yamaha passten, musste Volker viel Arbeit investieren. Das hat sich aber gelohnt<br />
Mitunter sind es völlig<br />
banale Anlässe, die<br />
den Ausschlag für<br />
den Umbau eines<br />
Klassikers geben. Für Volker Wildförster<br />
war es die Produktionseinstellung des<br />
Metzeler Comp K, die ihn zu einigen Veränderungen<br />
an seiner 1985er-Yamaha RD<br />
350 LC YPVS animierten. Für den Elektro-<br />
Meister, der „mit Leib und Seele Handwerker<br />
ist“, ein willkommener Anlass, die<br />
1994 mit 70 000 Kilometern auf der Uhr<br />
für 1200 Mark erstandene Zweitakt-<br />
Yamaha so zu verbessern, dass sie seinen<br />
Ansprüchen gerecht wird.<br />
Und die sind durchaus gehoben. Weil<br />
der heute 59-Jährige schon immer ganz<br />
genau wusste, was er wollte. Nämlich das<br />
Beste, was man als begabter Schrauber<br />
aus so einem Youngtimer der 80er-Jahre<br />
herausholen kann. So, wie er es mit allen<br />
technischen Gerätschaften macht, die ihm<br />
unter die Finger kommen, egal ob Hi-Fi-<br />
Geräte, Gebrauchsgegenstände oder eben<br />
Motorräder. Also begann der passionierte<br />
Handwerker, die Schwächen der Yamaha<br />
systematisch abzustellen. Weil die Familie<br />
– Volker hat vier Kinder – immer Vorrang<br />
vor dem Hobby hatte, avancierte das RD-<br />
Projekt zur „Dauerbaustelle“, die Ende<br />
der 1990er-Jahre in Angriff genommen<br />
wurde. Ziel war, die Fahrdynamik der RD<br />
wesentlich zu steigern.<br />
Deswegen brauchte Volker erst einmal<br />
passenden Ersatz für die originale<br />
„Mofa-Gabel“ und die serienmäßigen<br />
Räder. Passende 17-Zoll-Räder erspähte<br />
der Hagener an der Yamaha TZR 125 des<br />
Freundes seiner Tochter. Da traf es sich<br />
gut, dass er so ein gestürztes Rennerle<br />
günstig bekommen konnte. Und schon<br />
der Verkauf des Motors den Kaufpreis<br />
wieder einspielte. Dank der neuen Möglichkeiten,<br />
die das Internet ab der Jahrtausendwende<br />
eröffnete, hat es Volker<br />
in den folgenden Jahren tatsächlich geschafft,<br />
mit dieser konsequenten Taktik<br />
seinen Teilebedarf letzendlich zum Nulltarif<br />
zu realisieren! „Zu meiner Überraschung<br />
erzielten vor allem die prima<br />
erhaltenen Originalteile meiner 31K erstaunlich<br />
gute Preise, einige sind sogar<br />
nach England gegangen.“<br />
Trennungsschmerzen hatte Volker jedoch<br />
nicht im Geringsten, für ihn stand<br />
von vornherein fest, dass sein Umbau radikal<br />
und nicht mehr reversibel sein sollte.<br />
Entscheidend war für den begeisterten<br />
Nürburgring-Nutzer vor allem eine weiter<br />
nach vorn gerückte, aktivere Sitzposition.<br />
Die machte der kürzer bauende Tank der<br />
TZR 125 möglich, den Volker ebenso<br />
aufwendig anpassen musste wie das<br />
urprünglich von einer Cagiva Mito stammende<br />
Heck. „Die Änderungen daran<br />
waren so aufwendig, dass ich den Solo-<br />
Höcker besser gleich komplett selbst<br />
angefertigt hätte“, ist der Schrauber im<br />
Nachhinein schlauer. Nun, dabei soll nicht<br />
unerwähnt bleiben, dass der Solo-Höcker<br />
von der Mito schon die zweite Heckvariante<br />
ist. Nummer eins, eine im Stil der alten<br />
FZR 1000 gehaltene, wurde zwischenzeitlich<br />
bei einem Sturz auf dem Nürburgring<br />
zerstört. „Na ja, selbst schuld, da hat<br />
mich die völlig unterdämpfte Upsidedown-Gabel<br />
einfach ausgehebelt, dann<br />
ging‘s dahin.“ Die 41er-Forke einer Yamaha<br />
SZR 660 – von der ebenso der größere<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 35
SZENE I<br />
Leser bauen selbst<br />
Wie aus einem Guss: An seiner 30 Jahre alten RD 350 hat Volker Wildförster fast alles selbst überholt, optimiert oder gebaut<br />
Wasserkühler stammt – hat Volker daraufhin<br />
mit Federn aus einer VS 800 und<br />
zäherem Öl sowie einem kleineren Luftpolster<br />
auf seinen Fahrstil abgestimmt.<br />
Wie auch die Bremsen, die vorn dank<br />
der geschickten Kombination von FZR-<br />
1000-Scheiben mit Brembo-Sätteln einer<br />
Ducati 916 und angepassten Spiegler-<br />
Adaptern für eine Triumph den gewünschten<br />
sportlichen Biss liefern.<br />
Viel Geschick bewies der Erbauer<br />
auch beim Abändern der ehedem für eine<br />
Ducati 916 gedachten Zubehörverkleidung,<br />
deren Bug und sämtliche Halter er<br />
in aufwendiger Handarbeit angepasst hat.<br />
Auch die Seitendeckel aus einem Millimeter<br />
starken Edelstahlblech sind sein<br />
(Hand-)Werk.<br />
Da überrascht es nicht, dass Volker<br />
den Motor ebenso in Eigenregie komplett<br />
neu aufgebaut hat. Der mit zwei eigenen<br />
Drehbänken gesegnete Schrauber fertigte<br />
sogar die Lager der YPVS-Auslasswalzen<br />
nach, wobei er sich die Teile von Lager-<br />
Spezialist Emil Schwarz zum Vorbild<br />
nahm. „Er möge mir verzeihen, gut ist<br />
eben gut!“ Allerdings nicht gut genug für<br />
den Perfektionisten: „Bei mir kommt hochwertige<br />
Lagerbronze zum Einsatz. Nach<br />
der mechanischen Bearbeitung habe ich<br />
Selbst gemacht: Die Seitendeckel wurden<br />
aus Edelstahl-Blechen gedengelt<br />
Gute Mischung: In die FZR 1000-Scheiben<br />
beißen Brembos einer Ducati 916<br />
Glänzendes Ergebnis: Die Bremszange<br />
hat Volker poliert, die Räder ein Profi<br />
36 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Das Cockpit mit selbst gefertigter Alu-Blende kombiniert TZR<br />
125-Originalteile mit dem digitalen Koso-Instrument<br />
Besser schalten mit der Rastenanlage von Moto Italia.<br />
Gebraucht erstanden, wie nahezu alle Teile des Umbaus<br />
die Teile von Hand mit Diamant-Schleifpaste<br />
eingeschliffen, das hält seit zehn<br />
Jahren dicht!“<br />
Dass Volker auch bei allen anderen<br />
Lagern, nämlich jenen von Lenkkopf,<br />
Schwinge und Umlenkhebelei des gebraucht<br />
erstandenen Öhlins-Federbeins,<br />
deren Spiel eigenhändig im Stil von Emil<br />
Schwarz eliminierte, hat der Lager-Experte<br />
beim Gespräch auf der Dortmunder<br />
Messe übrigens gelassen aufgenommen.<br />
Ähnlich entspannt zeigte sich zur<br />
großen Überraschung des Erbauers auch<br />
der Sachverständige beim TÜV. Nach<br />
eingehender Begutachtung hat er seinen<br />
Segen zu allen Umbauten gegeben, und<br />
zwar ohne große Diskussion. Ziemlich<br />
ungewöhnlich für ein Umbauprojekt, „bei<br />
dem letztlich kein Stein auf dem anderen<br />
geblieben ist“.<br />
Für Volker Wildförster ist das die amtliche<br />
Bestätigung, dass er gute Arbeit geleistet<br />
hat. Ach ja: Design und Lackierung<br />
sind ebenfalls von ihm. Das zu erwähnen<br />
ist nach allem, was er in Eigenregie erledigt<br />
hat, fast schon banal.<br />
◻<br />
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SZENE I<br />
Simson SR 4-2/1 Star<br />
Ich bin ein Star...<br />
Statt im Dschungel musste Frank Rönickes „Star“ Ekel-Prüfungen im Karnickelstall<br />
überstehen. Er hat das Simson-Mokick, einst Traum vieler DDR-Teenager, gerettet.<br />
Text und Fotos von Frank Rönicke<br />
Die Schwalbe ist Kult, die<br />
AWO sowieso und die<br />
S 51-Mokicks be leben<br />
auch heute noch das<br />
Straßenbild in Ost und West – dank der<br />
60-km/h-Ausnahmeregelung. Über 5,6<br />
Millionen motorisierte Simson-Zweiräder<br />
aus DDR-Zeiten haben ihre Spuren hinterlassen.<br />
Und die führen manchmal an ganz<br />
ungewöhnliche Orte.<br />
Zum Beispiel in einen Karnickelstall.<br />
Dort fristete seit vielen Jahren ein „Star“<br />
sein Dasein, stark verschmutzt und von<br />
Rost befallen, aber immerhin komplett.<br />
Ich habe schon viele Simson-Fahrzeuge<br />
besessen, ein SR 4-2 aber noch nie. Meine<br />
Jugendliebe fuhr ein solches Mokick,<br />
während ich mich noch mit Vaters altem<br />
SR 2 begnügen musste. Das war vor 40<br />
Jahren, und genauso alt war der Star aus<br />
dem Karnickelstall, der bei genauer Betrachtung<br />
mit wenig Aufwand wieder<br />
straßentauglich gemacht werden konnte.<br />
Nach der IFMA 1953 sorgte das Moped<br />
in der Bundesrepublik Deutschland für<br />
einen nie da gewesenen Kraftfahrzeug-<br />
Boom, an dem sich bald Dutzende Hersteller<br />
von ADI bis Zündapp beteiligten. In<br />
der DDR suchte man zu dieser Zeit noch<br />
nach einem Fahrrad-Hilfsmotor, und kei-<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
ner der etablierten Motorrad-Hersteller<br />
(EMW in Eisenach, AWO-Simson in Suhl<br />
und IFA/MZ in Zschopau) dachte freiwillig<br />
daran, ein Moped zu bauen. Niemand<br />
hatte dafür Kapazitäten frei. Aber<br />
die Staatsführung hatte erkannt, dass das<br />
Moped die ideale Motorisierung für den<br />
DDR-Bürger war, kein unnötiges Luxusgut,<br />
sondern ein äußerst praktisches Fortbewegungsmittel.<br />
Im Herbst 1953 hatten die Mitglieder<br />
der Arbeitsgruppe Motorrad im Ministerium<br />
für Allgemeinen Maschinenbau in<br />
Berlin die Standortfrage zur Mopedproduktion<br />
geklärt: Hinsichtlich zukünftiger<br />
Planungen für den Kraftfahrzeugbau in<br />
der DDR bot Simson in Suhl die idealen<br />
Voraussetzungen für eine Großserienfertigung.<br />
Da war schon klar, dass sowohl die<br />
Fahrrad- und Kinder wagenproduktion als<br />
auch die Motorradfertigung in Suhl früher<br />
oder später eingestellt werden würde.<br />
Staatlicher Entwicklungsauftrag<br />
Suhl war vor allem deshalb interessant,<br />
weil durch vorhandenes Know-how die<br />
Vorbereitungsphase kurz gehalten werden<br />
konnte. Am 1. Mai 1952 hatten die Sowjets<br />
als ehemalige Besatzungsmacht den<br />
Suhler Betrieb an die DDR, respektive die<br />
IFA (Vereinigung der meisten mit dem<br />
Kraftfahrzeugbau in der DDR in Verbindung<br />
stehenden Betriebe, ursprünglich<br />
„Industrieverwaltung Fahrzeugbau“)<br />
über geben, die den international noch immer<br />
guten Ruf der Simson-Produkte vor<br />
allem für den Exportmarkt nutzen wollte.<br />
Ein Team (selbstverständlich hieß es in<br />
der DDR „Kollektiv“), erweitert um Mitarbeiter<br />
von Simson, IFA-DKW (Zschopau)<br />
und Fichtel & Sachs (Reichenbach), traf<br />
sich nun wiederholt im Motorradwerk in<br />
Zschopau, um die Grundstrukturen der<br />
Fertigung in Suhl festzulegen. Neben der<br />
Endmontage waren Rahmen, Gabeln,<br />
Schutzbleche und Felgen im Suhler Werk<br />
zu produzieren. Die von Fichtel & Sachs<br />
entwickelten Naben sowie die Zündlichtanlage<br />
sollten vom VEB Büromaschinenwerke<br />
Optima in Erfurt kommen. Der<br />
Motor war vom IFA-DKW-Motorradwerk<br />
in Zschopau zu entwickeln und sollte<br />
danach im VEB Büromaschinenfabrik<br />
Rheinmetall in Sömmerda (bis Kriegsende<br />
Tochter der Rheinischen Metallwaren- und<br />
Maschinenfabrik Düsseldorf-Derendorf) in<br />
die Serienfertigung gehen.<br />
Im Spätsommer 1954 machte sich ein<br />
erfahrenes Team daran, auf Basis des<br />
50er-Sachs-Motors ein geeignetes Triebwerk<br />
zu konstruieren. Darunter auch die<br />
schon zu DKW-Zeiten in Zschopau tätigen<br />
Zwei takt spezialisten Herbert Friedrich<br />
und Kurt Bang. Gefordert waren 1,5 PS,<br />
für die auf 5000/min gedreht werden<br />
... holt mich hier raus!<br />
musste; 4200 Touren sollten für 1,3 PS<br />
Dauerleistung reichen. Alles kein Problem<br />
für die Experten, denen nur der Pedaltrieb<br />
mit Rücktrittbremse ein wenig Kopfschmerzen<br />
bereitete, weil sie damit Neuland<br />
betraten. Im März 1955 bekam die<br />
Zschopauer Konstruktion die Freigabe zur<br />
Serien fertigung in Sömmerda. Der luftgekühlte<br />
Einzylinder-Zweitakter mit Flachkolben<br />
hatte einen Hubraum von 47,6 cm 3 ,<br />
(Bohrung x Hub 38 x 42 mm). Je nach Belastung<br />
genehmigte sich das 6:1 verdichtete<br />
Triebwerk 1,4 bis zwei Liter Kraftstoffgemisch<br />
1:25. Das Zweiganggetriebe<br />
wurde per Drehgriff am linken Lenkerende<br />
geschaltet.<br />
Trotz einiger Probleme erhielt der<br />
Wareneingang von Simson-Suhl Ende Mai<br />
1955 für 371 Mark (Ost) pro Stück die ersten<br />
Motoren mit der Bezeichnung Rh50.<br />
Das Kürzel Rh stand für Rheinmetall. Nun<br />
konnte in Suhl mit der Montage des neuen<br />
Mopeds begonnen werden, von denen<br />
die ersten im Juli 1955 für 990 Ostmark in<br />
den Handel kamen. Die Typenbezeichnung<br />
SR 1 für das erste DDR-Moped stand<br />
für Simson und Rheinmetall. Mit seinen<br />
dünnen Blechteilen und den großen 26-<br />
Zoll- Rädern erinnerte das SR 1 an die<br />
ersten Mopeds aus westlicher Produktion.<br />
Allerdings zeugten die gummigefederten<br />
Schwinghebel vorn und die ebenfalls in<br />
Gummi gelagerte und als Schwinge ausgebildete<br />
hintere Gabel von einigem Fortschritt.<br />
Die Trommelbremsen in beiden<br />
Mitgenommen,<br />
aber komplett:<br />
Die Jahre im<br />
Karnickelstall<br />
haben dem<br />
„Star“ nur äußerlich<br />
zugesetzt<br />
Naben sorgten für eine ausreichende<br />
Verzögerung. Pfiffige Details waren der<br />
Tachometer im Lampengehäuse und der<br />
integrierte Tragegriff im Durchstieg des<br />
Rahmens.<br />
Da man sich bei der Entwicklung nicht<br />
an die im Westen geltende 33-Kilogramm-<br />
Klausel für Mopeds halten musste, hatte<br />
Simson schon sein erstes Moped auf<br />
Robustheit und Langlebigkeit ausgelegt –<br />
Eigenschaften, für die Simson-Fahrzeuge<br />
bis heute bekannt sind. Mit schicken<br />
Zweifarb-Lackierungen und viel Chrom<br />
erschloss sich das Suhler Moped schnell<br />
Exportmärkte in allen Teilen der Welt. Im<br />
Westen waren die Hersteller jedoch schon<br />
einen Schritt weiter, mit 23-Zoll-Fahrwerken<br />
und mehr Blech als Wetterschutz.<br />
Bis zum Frühjahr 1957 schafften es auch<br />
die Suhler mit dem Nachfolgemodell SR 2,<br />
ein solches Moped auf die Räder zu stellen.<br />
Bremsen (ab Sommer 1957 mit Leichtmetall-Vollnabenbremsen),<br />
Federungselemente<br />
und auch der Motor blieben gegenüber<br />
dem SR 1 unverändert. Letzteres ließ<br />
sich mittels der Pedale im Stehen anwerfen,<br />
die Höchstgeschwindigkeit betrug<br />
45 km/h. Gut zwei Jahre später folgte<br />
das SR 2E, das zunächst nur Exportkunden<br />
vorbehalten bleib. Eine Schwingenfederung<br />
vorn und eine Schraubenfeder<br />
anstatt des Gummipuffers hinten sorgten<br />
für einen besseren Fahrkomfort. Im Frühjahr<br />
1960 löste dann das SR 2E auch in der<br />
DDR den Typ SR 2 ab.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 39
SZENE I<br />
Simson SR 4-2/1 Star<br />
Die gründliche Reinigung und Entrostung<br />
mussten genügen. Der „Star“, mit<br />
505 800 Exemplaren die erfolgreichste<br />
Simson, steht zu seiner Vergangenheit<br />
Fehler im DDR-System<br />
Anfang der sechziger Jahre entsprachen<br />
jedoch Design, Fahr- und Triebwerk des<br />
SR 2E längst nicht mehr dem internationalen<br />
Moped-Standard. Zwar wurde ständig<br />
an Verbesserungen (größere Federwege,<br />
Anhebung der Motorleistung) und<br />
an einer neuen Moped-Generation gearbeitet,<br />
die Trägheit des Wirtschaftssystems<br />
und zweifelhafte Entscheidungen<br />
der politisch Verantwortlichen verhinderten<br />
allerdings den notwendigen Modellwechsel.<br />
Mit der Folge, dass der Moped-<br />
Verkauf schon 1963 ins Stocken geriet<br />
und 1964 sogar auf Halde produziert wurde.<br />
Für DDR-Verhältnisse war das ebenso<br />
einmalig wie die Möglichkeit des Ratenkaufs<br />
mit 260 Mark Anzahlung und 24<br />
Monaten Laufzeit – der den Absatz jedoch<br />
kaum beflügelt hat.<br />
An den Suhler Ingenieuren lag das<br />
nicht, sie hatten schon ab 1957 an neuen<br />
Konzepten gearbeitet, waren aber immer<br />
wieder von der Staatsführung eingebremst<br />
worden. Sie hatten mit dem SR 3 ein Moped<br />
nach westlichen Vorbildern entwickelt,<br />
mit Schalen rahmen aus verschweißten<br />
Blechpressteilen. Dessen Serienfertigung<br />
war für 1961 geplant, als Teil eines Baukastensystems,<br />
um aus einem Grundmodell<br />
ohne großen Aufwand verschiedene<br />
Versionen bauen zu können: Moped, Mokick<br />
und Kleinkraftrad, Ein- oder Zweisitzer.<br />
Dazu passend wurde – jetzt in Suhl<br />
– seit dem Frühjahr 1960 ein neuer Motor<br />
entwickelt, der alle künftigen Anforderungen<br />
berücksichtigte: Motoren im Baukastensystem<br />
mit zwei bis 4,5 PS, Dreioder<br />
Viergangschaltung, Hand- oder Fußbetätigung,<br />
Fahrtwind- oder Gebläsekühlung,<br />
Schaltgetriebe oder Kupplungsautomatik<br />
und schließlich 50 oder 75 cm 3 . Bis<br />
auf die größere Zylinderbohrung wurden<br />
in den Folgejahren alle diese Ziel vorgaben<br />
auch umgesetzt.<br />
Gegenüber dem Sömmerdaer Motor<br />
wurde die thermische Stand festigkeit<br />
durch Alu miniumrippen und Schleudergusslaufbuchsen<br />
verbessert. Präzisions-<br />
Werkzeugmaschinen in der Fertigung ermöglichten<br />
nun eine konstantere Leistungsabgabe,<br />
außerdem reduzierte eine<br />
neu abgestimmte Auspuffanlage den Lärm.<br />
Anfang 1963 war der in seiner ersten<br />
Der ab 1964 in Suhl gebaute, schlitzgesteuerte<br />
Zweitakter M 53 war 15<br />
Jahre Basis aller Simson-50er. Ihn besaßen<br />
auch „Star“ und „Schwalbe“<br />
SR 2E: Ein<br />
Dauerbrenner,<br />
der am Ende<br />
aber stark<br />
schwächelte<br />
40 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Typisch: Der ins Lampengehäuse<br />
integrierte Tacho.<br />
Untypisch: Der Original-<br />
Schein ist noch vorhanden<br />
Variante für SR 3 und KR<br />
51 (Schwalbe) bestimmte<br />
Motor serienreif. Während<br />
der Kleinroller weiter<br />
im staatlichen Programm blieb<br />
und dafür auch Entwicklungsgelder zur<br />
Verfügung gestellt wurden, kam im<br />
Sommer 1962 jedoch das Aus für die<br />
SR 3-Serienfertigung. Gründe waren der<br />
notorische Mangel an Tiefziehblechen in<br />
der DDR und der noch immer gute Absatz<br />
des Modells SR 2.<br />
Obwohl die Enttäuschung bei den<br />
Suhler Fahrzeugbauern tief saß, ließen sie<br />
sich nicht entmutigen. Schließlich lieferte<br />
die SR 3-Entwicklung später die Basis für<br />
die sehr erfolgreichen Simson-Geländesport-Maschinen,<br />
außerdem trieben die<br />
Suhler eben anderweitig die Serienfertigung<br />
eines SR 2-Nachfolgers voran. Was<br />
den Rahmen betraf, einigte man sich auf<br />
einen Kompromiss: Die nun SR 4 genannte<br />
Konstruktion besaß als Sitzträger eine<br />
Schale, die ab Fahrzeugmitte bis zur<br />
Lenkerführung von einem Rohr abgelöst<br />
wurde. Rohr-Prägekonstruktion tauften<br />
die Techniker ihre Notlösung, die sich<br />
letztlich doch bewährte.<br />
Baukastenprinzip als Pflicht<br />
Außer dem Rahmen und der Typenbezeichnung<br />
änderte sich am Entwicklungsprogramm<br />
nichts. Dem sportlichen Mokick<br />
mit Dreigang-Fußschaltung sollte<br />
ein Einstiegsmodell mit Handschaltung<br />
und Mopedcharakter<br />
zur Seite<br />
gestellt werden. Beide<br />
Kräder mussten sich<br />
allerdings der Entwicklung<br />
eines neuen Kleinrollers<br />
unterordnen und<br />
wurden von dessen Investitionsmitteln<br />
größtenteils<br />
mitfinanziert. Ein Baukastenprinzip<br />
war daher<br />
Pflicht, auch für das Fahrwerk.<br />
Nach dem Kleinroller KR<br />
51 „Schwalbe“ erschien im<br />
Juni 1964 das Moped SR 4-1<br />
„Spatz“ als direkter Nachfolger<br />
des alten SR 2. Von dem übernahm<br />
das neue Moped den inzwischen<br />
zwei PS leistenden Sömmerdaer Motor.<br />
Die Lampeneinfassung war genauso vom<br />
ersten Suhler Roller her bekannt wie die<br />
gesamte vordere Radführung, was dem Gesamterscheinungsbild<br />
mit den hinteren, an<br />
einer Schwinge hängenden Federbeinen<br />
eine beinahe kurios zu nennende Note<br />
verlieh. Der breitere und tiefer ge zogene<br />
vordere Kotflügel passte da schon besser<br />
zum neuen Suhler Outfit, der Rest sowieso:<br />
Räder (20 Zoll), Bremsen (125 mm<br />
Trommeldurchmesser, je 58 cm² Belagfläche),<br />
Kippständer, Gepäckträger, Rückleuchte<br />
und die von MZ patentierte Kettenkapselung<br />
via Gummischläuche hatte<br />
man zuvor schon am ersten Suhler Vogel,<br />
der Schwalbe, gesehen. Später werden<br />
Tank und seitliche Abdeckbleche aus<br />
Leicht metall, die vom Vergaser bis zum<br />
Hinterrad reichen, auch an anderen Simson-Zweirädern<br />
zu sehen sein. Im Gegensatz<br />
zu den anderen Suhler Neuschöpfungen<br />
blieb das SR 4-1 jedoch einsitzig.<br />
Der Star unter den Vögeln wurde – im<br />
wahrsten Sinne des Wortes – die SR 4-2.<br />
1962, als die Versuchsabteilung bis Jahresende<br />
fünf Prototypen fertiggestellt hatte,<br />
war von dieser Bezeichnung natürlich<br />
noch keine Rede. Zu dieser Zeit dachte<br />
auch noch niemand an eine Doppelsitzbank<br />
für das „Sportmokick“. Da rüber wurde<br />
– wie über die Erhöhung der Motorleistung<br />
von 2,8 auf 3,4 PS – erst 1964 entschieden,<br />
gerade noch rechtzeitig für die<br />
am 30. Juni des Jahres startende Nullserie<br />
von neun Fahrzeugen. Abweichend vom<br />
Spatz standen folgende Konstruktionsmerkmale<br />
von Anfang an fest: Vollschwingenfahrwerk<br />
mit Langschwinge und reibungsgedämpften<br />
Federbeinen am Vorderrad,<br />
Dreigang-Motor mit Fußschaltung,<br />
Schwunglichtmagnetzünder mit Ladeanlage<br />
und 6-Volt-Akku (4,5 Ah), Lenker-<br />
Blinker und Parkleuchte.<br />
Bei den Teens ein großer Star<br />
Das Endergebnis ließ die Herzen der<br />
15- bis 17-jährigen DDR-Teenager höher<br />
schlagen. Die Tester fanden ebenfalls viel<br />
Lob, obwohl sie natürlich bemerkt hatten,<br />
dass fast alles am „Star“ nicht ganz neu<br />
war. Tatsächlich wurde das „Standardisierungsprogramm“,<br />
wie das Baukastensystem<br />
damals genannt wurde, so geschickt<br />
in Szene gesetzt wie bei keinem anderen<br />
Suhler Erzeugnis zuvor. Motor, Hinterradantrieb,<br />
Laufräder, Bremsen, Federbeine,<br />
elektrische Ausrüstung, Vorderradschwin-<br />
Das Pressefoto zeigt den neuen<br />
„Star“ SR 4-2/1 mit dem überarbeiteten<br />
Motor, wie er ab 1968<br />
produziert wurde<br />
Der „Spatz“ (hier als SR 4-1/2) war<br />
das erste Krad der neuen Suhler<br />
Generation. Als SR 2E-Nachfolger<br />
hatte er einige Gene übernommen<br />
Das Exportmodell „Star de Luxe“<br />
war 1971 eine Mischung aus „Star“<br />
und „Sperber“. Im Inland hieß das<br />
Edel-Mokick SR 4-4 „Habicht“<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 41
SZENE I<br />
Simson SR 4-2/1 Star<br />
DATEN<br />
Simson SR 4-2/1 „Star“<br />
Motor: Gebläsegekühlter Einzylinder-Zweitaktmotor,<br />
Hubraum 49,6 cm³, Bohrung x<br />
Hub 40 mm x 39,5 mm, Leistung 3,4 PS bei<br />
5750/min, Verdichtung 9,5:1, BVF-Schiebervergaser,<br />
Ø 16 mm, Mischungsschmierung<br />
1:25<br />
Kraftübertragung: Mehrscheibenkupplung<br />
im Ölbad, Dreigang-Fußschaltung,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Zentralrohr-Schalenrahmen,<br />
Langschwinge mit zwei Federbeinen vorn, ,<br />
Langschwinge mit zwei Federbeinen hinten,<br />
Vollnaben-Trommelbremsen, Ø 125 mm,<br />
Reifen 2.75-16R vorn und hinten<br />
Maße und Gewichte:Tankinhalt 8,5 Liter<br />
Höchstgeschwindigkeit: 60 km/h<br />
Verbrauch: 2,8 Liter/100 km<br />
Bauzeit: 1968 bis 1975<br />
Preis: 1200 Mark (Ost)<br />
ge einschließlich Kotflügel, Lenker und<br />
Doppelsitzbank waren schon von der<br />
Schwalbe bekannt, Rahmen, Tank, Hinterradschwinge<br />
und hinterer Kotflügel vom<br />
SR 4-1. Und damit 90 Prozent aller Bauteile.<br />
Neu beim Star waren somit nur die<br />
Fußschaltung (die fast zeitgleich auch für<br />
die Schwalbe angeboten wurde) und das<br />
markante Lampengehäuse.<br />
Im Unterschied zur Schwalbe waren<br />
die Soziusfußrasten jedoch nicht am<br />
Rahmen, sondern an der Schwinge angeschraubt.<br />
Das erforderte gesunde Kniegelenke<br />
des Mitfahrers. Sehr bequem hatte<br />
es dieser sowieso nicht. In einem zeitgenössischen<br />
Testbericht liest man dazu:<br />
„Die Sitzbank bietet zwei Personen für<br />
kurze Strecken ausreichend Platz. Von einem<br />
Kind kann der Halteriemen wohl benutzt<br />
werden, Erwachsene brauchen aber<br />
jeden Zentimeter der Bank zum Sitzen<br />
und halten sich besser am Fahrer fest, was<br />
bei gemischter Besatzung im allgemeinen<br />
auch gern in Kauf genommen wird.“<br />
Offizieller Serienstart des 60 km/h<br />
schnellen Vogels war der 1. September<br />
1964. Die Schwierigkeiten des laufenden<br />
Jahres, verursacht durch die Modellwechsel<br />
und die Produkterweiterung, ließen die<br />
Montage jedoch immer wieder ins Stocken<br />
geraten. Tatsächlich war bis Dezember<br />
1964 noch kein einziger Star in der DDR<br />
verkauft worden. Er kostete 1200 Mark –<br />
und viel Geduld aufgrund langer Lieferzeiten.<br />
Den vom Spatz her bekannten weißgrauen<br />
Teilen wurde anfangs ein kräftiges<br />
Signalrot entgegengesetzt, ein dunkleres<br />
Rot gesellte sich später dazu – Rot blieb<br />
aber immer des Stars einzige Farbe. Polierte<br />
Leichtmetallfelgen gab es nun auch<br />
im Inland, und das ohne Aufpreis.<br />
Im Februar 1966 erhielt der Star einen<br />
neuen Vergaser der Berliner Vergaserfabrik<br />
(BVF) zur Verbrauchsminderung.<br />
Zwei Jahre<br />
später folgte<br />
ein überarbeiteter<br />
Motor. Das<br />
Triebwerk mit der Bezeichnung M 53/1<br />
musste für die unverändert gebliebene<br />
Höchstleistung von 3,4 PS nur noch 5750/<br />
min statt 6500/min drehen. Dadurch reduzierten<br />
sich sowohl der Geräuschpegel<br />
als auch die Vibrationen unter Volllast.<br />
Mit dem neuen Motor hieß der Star nun<br />
SR 4-2/1.<br />
Ein schneller Vogel – bis heute<br />
Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60<br />
km/h (meist flog der Vogel sogar schneller!)<br />
entsprach der Star wie die zuvor eingeführte<br />
Schwalbe den geänderten Allgemeinen<br />
Zulassungsbestimmungen von<br />
Mopeds und Mokicks in der DDR, die im<br />
Land heftig diskutiert wurden. Die von<br />
vielen Experten befürchteten „dramatisch<br />
anwachsenden Unfallzahlen“ blieben jedoch<br />
aus. Und so durften sich mit dem<br />
neuen Suhler Mokick Star also schon<br />
15-Jährige mit dem relativ leicht zu erwerbenden<br />
Mopedführerschein mit 60<br />
km/h in den Straßenverkehr wagen.<br />
Selbst bei der heutigen Verkehrsdichte,<br />
zumal auf dem Land, kann das 40 Jahre<br />
alte Mokick daher noch ordentlich mitschwimmen.<br />
Davon durfte sich als Erste<br />
meine Frau überzeugen, die als erfahrene<br />
Simson-Fahrerin den Star aus dem Karnickelstall<br />
nach Hause fuhr. Das war nämlich<br />
nach der Montage eines neuen Spiegels,<br />
einer Batterie und des Versicherungsschildes<br />
problemlos möglich.<br />
Die gründliche Reinigung und (soweit<br />
möglich) Rostentfernung nahm zwei Tage<br />
in Anspruch. Dabei setzte sich bei mir<br />
immer mehr der Gedanke durch, das<br />
Simson-Prospekt von 1970.<br />
„Star“ und „Schwalbe“ waren<br />
mit identischen, gebläsegekühlten<br />
Zweitakt-Motoren<br />
ausgestattet<br />
Fahrzeug im originalen Zustand zu belassen.<br />
Trotz ausgeblichener Farben, einigen<br />
Kratzern, korrodierter Leichtmetall- und<br />
Chromteile sowie angerosteter Schrauben<br />
und den typischen Gebrauchsspuren aus<br />
vier Jahrzehnten befand sich mein Star<br />
insgesamt in einem ordentlichen Zustand.<br />
Dass sein Äußeres von einem – nicht<br />
immer – bewegten Leben erzählt, finde<br />
ich angesichts des Alters sogar passend.<br />
Die Technik erforderte wenig Aufwand:<br />
Blinkanlage in Ordnung bringen und<br />
einen neuen Hinterreifen aufziehen – das<br />
war‘s! Die sprichwörtliche Robustheit der<br />
Simson-Mopeds zeigt also auch mein Star.<br />
Beim Kauf hatte das Mokick rund 8000<br />
Kilometer abgespult, inzwischen kamen<br />
einige dazu. Der Motor läuft wie am ersten<br />
Tag. Selbst nach der Winterpause genügt<br />
zweimaliges Treten ohne Zündung,<br />
dann springt er nach dem Einschalten der<br />
Zündung beim ersten Kick an! Mit gezogenem<br />
Choke versteht sich, für dessen<br />
Dosierung auf den ersten hundert Metern<br />
etwas Feingefühl nötig ist. Rasch ist der<br />
dritte Gang eingelegt. Wenn sich die<br />
Nadel des Tachometers über die 40er-<br />
Markierung zittert, wünsche ich mir allerdings<br />
einen vierten Gang. Starke Vibrationen<br />
lassen nämlich alle Körperteile, die<br />
mit der Sitzbank in Berührung kommen,<br />
alsbald einschlafen.<br />
Macht aber nichts, das nehme ich für<br />
den Spaß mit meinem geretteten Star<br />
gerne in Kauf. Als solcher ist ihm die Aufmerksamkeit<br />
des staunenden Publikums<br />
heute wieder gewiss. Und zwar selbst auf<br />
unseren ostdeutschen Straßen. ◻<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Volles Programm<br />
Auf dem traditionsreichen Sachsenring wird in diesem<br />
Jahr wieder Klassik-Motorsport vom Feinsten betrieben,<br />
und die Teilnahme vieler Ex-Renngrößen lässt die Herzen<br />
der Rennsport- und Klassiker-Fans höher schlagen.<br />
Hugh Anderson (o.) fand Strecke und<br />
Atmosphäre des Sachsenrings schon<br />
damals toll. Steve Baker (u.) wird auf<br />
einer 500er-Yamaha am Kabel ziehen<br />
Bei der ADAC Sachsenring <strong>Classic</strong><br />
geht es vom 19. bis 21. Juni noch<br />
bunter und hochkarätiger zu als beim Auftakt<br />
im letzten Jahr. So finden nicht nur<br />
Wertungsläufe zur Deutschen Historischen<br />
Motorradmeisterschaft (DHM) statt, bei<br />
denen Fahrzeuge namhafter Fabrikate zu<br />
bewundern sind, sondern es haben auch<br />
zahlreiche berühmte Rennfahrer vergangener<br />
Epochen ihr Erscheinen zugesagt. So<br />
werden neben dem körperlich kleinen (1,53<br />
Meter), aber als Rennfahrer ganz großen<br />
Italiener Eugenio Lazzarini (großes Bild)<br />
unter anderen auch der Neuseeländer<br />
Hugh Anderson (Doppelweltmeister 1963<br />
in der 50er- und 125er-Klasse) und der US-<br />
Ame rikaner Steve Baker (750er-Weltmeister<br />
1977) an den Start gehen. Ihre Teilnahme<br />
zugesagt haben auch Ralf Waldmann,<br />
Dieter Braun und Luigi Taveri.<br />
Doch neben Renn-Promis haben auch<br />
Fans die Möglichkeit, die Strecke zu „erfahren“.<br />
In einem auf 60 Teilnehmer begrenzten<br />
Feld können Fahrer im Rahmen einer<br />
15-minü tigen Korsofahrt am 19.6. den<br />
Sachsenring unter die Räder nehmen. In<br />
der Gebühr von 70 Euro ist u.a. bereits die<br />
Wochenend Eintrittskarte enthalten. Bewerben<br />
kann man sich in den folgenden zwei<br />
Klassen: Klasse 1, „IFA+RGW“-Motorräder<br />
der ehemaligen Ostblockstaaten von Bj.<br />
1945 bis 1990 und Klasse 2, „Oldtimer“-<br />
Motorräder bis Bj. 1985. Anmeldungen können<br />
über www.sachsenring-classic.de/<br />
fankorso erfolgen.<br />
Fotos: ADAC<br />
Sprints und Show am Bodensee<br />
Die Klassikwelt Bodensee findet zum<br />
achten Mal statt und mausert sich zum<br />
festen Bestandteil der Klassiker-Szene.<br />
800 Teilnehmer präsentieren in diesem Jahr<br />
klassische Fahrzeuge zu Lande, zu Wasser<br />
und in der Luft. Wer einen Oldtimer sucht<br />
oder restaurieren will, findet in Friedrichshafen<br />
viele Händlerangebote, Autos, Motorräder,<br />
Boote, außerdem Restaurierungsfachbetriebe,<br />
Zubehör und Ersatzteile. Ähnlich<br />
wie das Goodwood Revival in England ist die<br />
Oldtimermesse am Bodensee auch ein von<br />
Dynamik geprägtes Klassikevent. Der Sound<br />
und der Geruch der Rennfahrzeuge auf dem<br />
Rundkurs begeistern die Besucher ebenso<br />
wie der Speed historischer Fahrzeuge auf<br />
zwei, drei und vier Rädern. Die Klassikwelt<br />
Bodensee findet vom 12. bis 14. Juni <strong>2015</strong><br />
statt und ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.<br />
www.klassikwelt-bodensee.de<br />
44 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
Motorsport im Wallfahrtsort<br />
Längst gehört die ADAC Odenwaldring<br />
Klassik zum Pflichtprogramm der Klassik-Motorsportfreunde.<br />
Vom 5. bis 7.Juni<br />
<strong>2015</strong> pilgern wieder Fans und Fahrer zum<br />
nahegelegen Flugplatz vor den Toren der<br />
Bollernde Briten-Singles und scheppernde<br />
Zweitakt-Twins im Duell<br />
Foto: Klassik Motorsport<br />
Stadt Walldürn. Ganz im Zeichen der zweiund<br />
dreirädrigen Young- und Old timer-<br />
Motorräder wird traditionell am ersten<br />
Wochenende im Juni der Sportflugplatz<br />
zweckentfremdet und zur Rennstrecke umfunktioniert.<br />
Seit 2008 zum ersten Mal diese<br />
Veranstaltung ausgetragen wurde, hat<br />
sich die Odenwaldring Klassik zu einer der<br />
größten Sportveranstaltungen der Region<br />
mit internationalem Charakter entwickelt.<br />
Rund 250 Teilnehmer aus allen Teilen<br />
Deutschlands, der Schweiz, Österreichs und<br />
Hollands drehen mit ihren klassischen und<br />
auch aktuellen Motorrädern von Freitag bis<br />
Sonntag auf dem zwei Kilometer langen<br />
Kurs ihre Runden bei den Präsentationsfahrten<br />
und Rennen. Den Zuschauern wird<br />
dabei Rennsport zum Anfassen in dem für<br />
alle Besucher zugänglichen Fahrerlager geboten.<br />
Zahlreiche bekannte Fahrer, wie<br />
die Weltmeister Jim Redman und Hans<br />
Georg Anscheidt sowie weitere ehemalige<br />
inter nationale Spitzenfahrer geben sich<br />
dort ein Stelldichein. Ein Grund mehr, sich<br />
diese Klassik-Veranstaltung nicht entgehen<br />
zu lassen. www.klassik-motorsport.com<br />
Alles für Bimota<br />
Die neue Firma Bimota <strong>Classic</strong> Parts kümmert sich ab sofort um alle<br />
Belange rund um Bimota-Fahrzeuge. Der Italiener Paolo Girotti hat<br />
sein Unternehmen mit dem Ziel gegründet, Bimota-Fans und -Besitzern<br />
mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, sie mit Ersatz- und Zubehörteilen<br />
zu versorgen, ganz gemäß der Devise: die Geschichte bewahren – die<br />
Zukunft sichern. Er bietet Restaurierungen aller Bimota-Fahrzeuge an,<br />
Zustands-Dokumentation und Zertifizierung von Fahrzeugen und Nachbau<br />
benötigter Teile, und zwar von der frühen, sehr raren HB1 bis zur<br />
leistungsstarken SB8K. Der Hauptsitz des Unternehmens ist in Umbrien,<br />
zwischen Rom und Florenz. Girotti legt nach eigenen Angaben größten<br />
Wert auf bestmögliche Qualität der angebotenen Bauteile und optimale<br />
Güte der Materialien bei der Nachfertigung von Komponenten. Kontakt<br />
über www.bimotaclassicparts.com<br />
oder die<br />
Telefonnummer<br />
00 39/33 43 68 68 88.<br />
Bei Bimota <strong>Classic</strong> Parts<br />
soll auch Besitzern<br />
seltener Exemplare wie<br />
der HB1 bei allen Problemen<br />
geholfen werden<br />
Fotos: Bimota <strong>Classic</strong> Parts, Cathcart<br />
Schirmherrin Simone Stein-Lücke neben Kurator<br />
Andy Schwietzer (3.v.l.) an Imperia 500 H<br />
Imperia-Festival<br />
Die Gründung der Imperia Fahrzeugwerke<br />
GmbH vor 90 Jahren wird 2016 mit einem großen<br />
Festival gefeiert. Vom 23. März bis 15. Mai<br />
2016 steht Bonn-Bad Godesberg ganz im Zeichen<br />
der Motorradmarke, die noch heute Kultstatus genießt.<br />
Mitten im Ort, im Haus an der Redoute, wird<br />
neben einer Ausstellung ein umfangreiches Rahmenprogramm<br />
geboten. Als Kurator für die Ausstellung<br />
konnte man Andy Schwietzer gewinnen, unter anderem<br />
bestens bekannt als Kurator des PS.Speichers<br />
in Einbeck. Die Imperia-Motorräder, mit englischen<br />
J.A.P.- oder schweizerischen MAG-Motoren bestückt,<br />
erlangten einen guten Ruf durch hochwertige<br />
Verarbeitung, sportliches Temperament und hohe<br />
Zuverlässigkeit. Große Verkaufserfolge konnten mit<br />
der 500 H, auch 500 Sport genannt, eingefahren<br />
werden, große sportliche Erfolge mit dem Techniker<br />
und Rennfahrer Ernst Loof. 1926 gegründet, musste<br />
die Firma leider bereits 1935 Konkurs anmelden.<br />
Foto: Stadt Bonn-Bad Godesberg<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 45
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Große Horex-Ausstellung<br />
Bei der traditionellen Motorradausstellung<br />
des Motorradclubs MC Obernau am 25./26.<br />
April <strong>2015</strong> stehen dieses Mal die Horex-<br />
Motorräder im Mittelpunkt. Diese wurden in<br />
Bad Homburg/Hessen gebaut und hatten in den<br />
1950er-Jahren ihre Glanzzeit. Die Horex Regina<br />
war 1952 die meistverkaufte 350er-Maschine der<br />
Welt. In der Mehrzweckhalle in Aschaffenburg-<br />
Obernau in der Bahnhofstraße 61 ist die Ausstellung<br />
am Samstag von 12 bis 19 Uhr geöffnet,<br />
am Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Es werden 70<br />
historische Motorräder gezeigt, darunter alle<br />
bekannten Horex-Modelle wie Regina und Imperator.<br />
Reinhard Jutzi präsentiert erstmals in<br />
Deutschland seine elf Horex-Rennmaschinen,<br />
darunter ein Horex-Gespann von 1960, den<br />
Friedel Münch-Horex-Vierventiler und eine<br />
Sechsgang-Horex mit 56 PS von 1953.<br />
www.motorradclub-obernau.de<br />
Dähnes TT-BMW<br />
Die TT-Siegermaschine von Helmut<br />
Dähne wird bei einer Auktion versteigert.<br />
Am Sonntag, den 10. Mai <strong>2015</strong><br />
kommen bei der Auktion von Eva Kühnel<br />
(Katalog unter www.evakuehnel.de) ab<br />
13 Uhr in der Motorworld Region Stuttgart<br />
rund 20 Motorräder unter den Hammer.<br />
Highlight ist sicherlich Dähnes TT-BMW, die<br />
bereits ab 15. April bei PREMIUMMOTOR<br />
RAD in der Motorworld zu sehen sein wird.<br />
Foto: PREMIUM<strong>MOTORRAD</strong><br />
Als die Motorräder noch Seele hatten<br />
Das traditionelle Treffen mit Ausstellung<br />
in Spenge jährt sich bereits zum<br />
15. Mal. Am 9. und 10. Mai werden in<br />
32139 Spenge, im Autohaus Oldenbürger,<br />
wieder klassische Motorräder der 70er-<br />
Jahre das beherrschende Thema des Wochenendes<br />
sein. Von nah und fern kommen<br />
in jedem Jahr die Motorradbegeisterten,<br />
um mit anderen über die guten alten Zeiten<br />
zu plaudern. Wie immer werden auch ausgefallene<br />
Exponate dabei sein. Neue Aussteller<br />
sind immer gerne gesehen und<br />
können sich bei Michael Wiedemann<br />
unter Telefon 0177/680 64 26 anmelden.<br />
Familiäre Atmosphäre, viel zu sehen<br />
– ein Besuch in Spenge lohnt sich<br />
Foto: Wiedemann<br />
TERMINE<br />
APRIL<br />
26.4.: 29. Teilemarkt mit Oldtimertreffen<br />
für Fahrzeuge bis 1978; 85543 Mühldorf/Inn,<br />
Tel. 0 86 31/1 35 76,<br />
www.oldtimerfreunde-muehldorf.de<br />
MAI<br />
1.5.: 10. Int. Oldtimertreffen für Motorräder<br />
und Mopeds; 54457 Wincheringen-<br />
Söst, Tel. 06583/1552,<br />
www.soest-saargau.npage.de/Veranstaltungen<br />
2./3.5.: Technorama, Oldtimer- & Teilemarkt;<br />
Messegelände Ulm, 89073 Ulm,<br />
Tel. 0731/189680, www.technorama.de<br />
2./3.5.: BMW-Treffen beim Motorradmuseum<br />
Vorchdorf; Baujahre von 1923<br />
bis <strong>2015</strong>, A-4655 Vorchdorf,<br />
www.motorradmuseum-vorchdorf.at<br />
2./3.5.: Ausstellung MOTO CLASSIC,<br />
klassische Motorräder von 1910<br />
bis 1980; A-6261 Straß,<br />
www.oldtimerclub-zillertal.at<br />
9./10.5.: Stammtisch der 70er-Jahre-Bikes,<br />
15. Ausstellung und Treffen am Autohaus<br />
Oldenbürger, 32139 Spenge,<br />
www.stammtisch-classic-bikes.de<br />
17.5.: Oldtimer-Ausfahrt des AMSC<br />
Leonberg; Start-/Zielturm Solitudering,<br />
71201 Leonberg, Tel. 0 71 52/7 17 20,<br />
www.amsc-leonberg.de<br />
30./31.5.: Frühsommer-Oldtimer- und Teilemarkt;<br />
Vestlandhalle und Freigelände,<br />
45659 Recklinghausen, Tel. 02 02/30 08 48<br />
JUNI<br />
4.–7.6.: Clubtreffen „25 Jahre CB 750 Four<br />
Club Deutschland“; am Edersee beim Albert<br />
Schweitzer-Ferienzentrum, 34516 Asel-Süd,<br />
www.cbfourclub.de<br />
12.–14.6.: 34. Int. Bockhorner Oldtimerund<br />
Teilemarkt; 26345 Bockhorn,<br />
Tel. 044 53/73 33,<br />
www.bockhorner-oldtimermarkt.de<br />
12.–14.6.: 8. Klassikwelt Bodensee a.d.<br />
Messegelände; 88046 Friedrichshafen,<br />
Tel. 075 41/7 08-365,<br />
www.klassikwelt-bodensee.de<br />
26.–28.6.: 10. Moto Guzzi Le Mans-Treffen;<br />
Hotel Stubenberg, 06485 Gernrode,<br />
Tel. 0172/7 33 70 64, Guzzi-Treffen@web.de<br />
26.–28.6.: 21. Engländertreffen in Franken;<br />
Brauereigasthof Seelmann, 96185 Zettmannsdorf,<br />
Tel. 091 22/7 40 06<br />
JULI<br />
10.–12.7.: 8. Vogtländisches Engländertreffen;<br />
Erholungseinrichtung Waldfrieden,<br />
07952 Waldfrieden, Tel. 0 37 41/523753,<br />
sabinemuehlberg@gmx.de<br />
11./12.7.: Moped-Treffen und Teilemarkt in<br />
Schermbeck; im „Ramirez“, Maassenstr. 84,<br />
46514 Schermbeck<br />
OKTOBER<br />
3./4.10.: 10. Hammerstatt-Revival Motorradclassic<br />
Schwarzwald-Grand Prix; 78025<br />
Villingen-Schwenningen, Tel. 01 76/47 25 14 53,<br />
www.SAC-VS.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
MARKT I<br />
Preisliste<br />
PREISSPIEGEL<br />
OLDTIMER<br />
Hier finden Sie die aktuellen Preise von mehr<br />
als 500 Motorrad-Oldtimern bis Baujahr 1970.<br />
Foto: Siemer<br />
Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für<br />
die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />
sind in einer größeren Menge vorhanden<br />
und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />
es jedoch daran: Dem knappen, für<br />
Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />
eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />
Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />
einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen mit<br />
den Experten von classic-analytics erstellt<br />
haben. In dieser Ausgabe haben wir<br />
mehr als 500 Modelle unter die Lupe genommen,<br />
deren Produktion vor 1970 lag.<br />
Der Zustand „gepflegt“ bezieht sich<br />
auf Motorräder, die sich in weitgehend<br />
mängelfreiem Originalzustand befinden<br />
und nur leichte Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Zweiräder mit starken Gebrauchsspuren,<br />
deutlichen Mängeln und eingeschränkter<br />
Funktionsfähigkeit, sowie<br />
fehlender Teile oder Abweichungen vom<br />
Originalzustand bekommen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Es sind Motorräder, die<br />
eine brauchbare Restaurierungsbasis darstellen.<br />
Die angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
deut lich überschritten werden können.<br />
Andererseits rechtfertigen beispielsweise<br />
fehlende Teile oder sehr hohe Laufleistungen<br />
zum Teil erhebliche Nachlässe. Ausnahmen<br />
nach oben oder unten bestätigen<br />
auch hier die Regel.<br />
classic-analytics aus Bochum<br />
betreibt Marktbeobachtung und<br />
erstellt Bewertungen für Oldtimer,<br />
Youngtimer und alle Arten von<br />
Liebhaberfahrzeugen. Die Klassik-<br />
Experten stehen in ständigem Dialog<br />
mit Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />
besuchen europaweit<br />
Fach messen und werten neben<br />
Internet-Offerten jeden Monat mehr<br />
als 60 Fachzeitschriften im In- und<br />
Ausland aus. Eine komplette Liste<br />
aller Bewertungspartner gibt es unter<br />
www.classic-analytics.de. Wer es ganz<br />
eilig hat, kann für 9,95 Euro eine<br />
Online-Bewertung (Home Check) des<br />
Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />
freut man sich über Rückmeldungen.<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
ADLER<br />
M 125 1950-57 123 cm 3 4/6 2500 800<br />
M 150 1951-53 147 cm 3 5/7 2600 800<br />
M 200 1951-53 195 cm 3 6/9 3400 1100<br />
M 250 1952-54 247 cm 3 12/16 4300 1500<br />
M 250 S 1952-54 247 cm 3 13/18 5000 2000<br />
MB 150 1954-57 147 cm 3 6/8 2800 900<br />
MB 200 1953-57 195 cm 3 8/11 3200 1100<br />
MB 201 1954-56 199 cm 3 7/10 3100 1000<br />
MB 250 1953-57 247 cm 3 12/16 4200 1500<br />
MB 250 S 1953-56 247 cm 3 13/18 4900 1800<br />
AERMACCHI<br />
Ala Rossa 1957-62 172 cm 3 8/11 3100 1400<br />
Ala Verde 1959-68 246 cm 3 13/18 4600 2000<br />
350 TV 1969-72 344 cm 3 18/25 4100 2000<br />
350 GT 1969-72 344 cm 3 18/25 3800 1900<br />
350 SS 1972-74 344 cm 3 18/25 4000 2000<br />
350 SX 1972-74 344 cm 3 18/25 4100 2000<br />
Stand: August 2014<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
AJS<br />
12 1923-40 248 cm 3 4/6 7500 2500<br />
6 1923-35 348 cm 3 11/15 8600 2900<br />
16 1935-39 348 cm 3 12/16 9000 3000<br />
16 M/MS 1945-55 348 cm 3 12/16 4800 1500<br />
18 1936-39 497 cm 3 15/20 8900 3000<br />
18/18 S 1949-58 497 cm 3 17/23 5900 1900<br />
20 1948-61 498 cm 3 21/29 6100 2400<br />
8 1926-34 499 cm 3 15/20 9800 3300<br />
18 1935 499 cm 3 15/20 9700 3300<br />
30 1956-58 593 cm 3 24/33 5900 2400<br />
31 1959-65 658 cm 3 27/36 6500 2500<br />
2 1933-40 982 cm 3 18/26 15 000 6500<br />
2 1925-31 998 cm 3 17/24 15 000 6500<br />
ARDIE<br />
BD 175 1952-54 172 cm 3 6/9 3100 1500<br />
BD 176 1954-58 172 cm 3 7/10 3000 1500<br />
B 252 1953-55 250 cm 3 10/13 4000 1900<br />
60 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
TM 500 1925-28 488 cm 3 13/18 15 600 8000<br />
DBK 503 1933 492 cm 3 16/22 10 500 5500<br />
RBU 503 1933-34 497 cm 3 10/14 9900 5400<br />
750 1927-30 740 cm 3 13/18 19 500 10 000<br />
ARIEL<br />
NH Red Hunter 1933-39 348 cm 3 15/20 6300 2500<br />
NH Red Hunter 1945-58 348 cm 3 14/19 5300 2100<br />
VH Red Hunter 1933-39 497 cm 3 20/27 8800 3300<br />
VH Red Hunter 1945-58 497 cm 3 18/26 7000 2600<br />
KH 1948-57 499 cm 3 18/25 7100 2600<br />
Square Four 600 1932-36 601 cm 3 18/26 17 000 8000<br />
Square Four 4G 1937-40 997 cm 3 30/40 12 900 6000<br />
Sqaure Four 4G 1946-53 997 cm 3 30/40 12 700 6000<br />
Square Four MK II 1953-59 997 cm 3 33/45 12 000 5400<br />
AWO/SIMSON<br />
425/425 T 1950-57 247 cm 3 9/12 4600 1200<br />
425 S 1956-62 247 cm 3 10/14 4500 1600<br />
BENELLI<br />
250 1934-40 248 cm 3 6/9 6000 2500<br />
250 Sport 1938-39 248 cm 3 9/12 4500 1600<br />
BMW<br />
R 20 1937-38 192 cm 3 6/8 6000 2500<br />
R 2 1931-36 198 cm 3 6/8 9000 3200<br />
R 39 1925-26 247 cm 3 4/6 28 000 10 000<br />
R 23 1938-40 247 cm 3 7/10 6200 2600<br />
R 24 1948-50 247 cm 3 9/12 5600 2300<br />
R 25 1950-51 247 cm 3 9/12 5600 2300<br />
R 25/2 1951-53 247 cm 3 9/12 5700 2300<br />
R 25/3 1953-56 247 cm 3 10/13 5800 2300<br />
R 26 1956-60 247 cm 3 11/15 6100 2500<br />
R 27 1960-66 247 cm 3 13/18 5300 2200<br />
R 3 1936 305 cm 3 8/11 9400 3400<br />
R 35 1937-40 342 cm 3 10/14 6300 2600<br />
R 4 1932-37 398 cm 3 10/14 10 000 3600<br />
R 5 1936-37 494 cm 3 17/24 22 500 9400<br />
R 51 1938-40 494 cm 3 17/24 11 600 5300<br />
R 51/2 1950-51 494 cm 3 17/24 11 000 5000<br />
R 51/3 1951-54 494 cm 3 17/24 11 400 5200<br />
R 50 1955-60 494 cm 3 18/26 9200 4300<br />
R 50/2 1960-69 494 cm 3 18/26 8500 4000<br />
R 50 S 1960-62 494 cm 3 26/35 12 500 5800<br />
R 67 1951 594 cm 3 18/26 10 400 4500<br />
R 68 1952-54 594 cm 3 26/35 28 000 12 000<br />
R 67/2 1952-54 594 cm 3 20/28 11 500 5000<br />
R 67/3 1955-56 594 cm 3 20/28 16 500 6300<br />
R 69 1955-60 594 cm 3 26/35 13 600 5500<br />
R 60 1956-60 594 cm 3 20/28 8500 3600<br />
R 60/2 1960-69 594 cm 3 22/30 8000 3400<br />
R 69 S 1960-69 594 cm 3 31/42 16 000 6500<br />
R 6 1937 596 cm 3 13/18 19 100 8000<br />
R 66 1938-41 597 cm 3 22/30 15 300 6400<br />
R 61 1938-41 597 cm 3 13/18 10 700 4400<br />
R 63 1928-29 735 cm 3 17/24 32 000 14 000<br />
R 16 1929-34 735 cm 3 24/33 27 200 11 800<br />
R 17 1935-37 735 cm 3 24/33 23 100 10500<br />
R 62 1928-29 745 cm 3 13/18 23 500 11 500<br />
R 11 1929-34 745 cm 3 15/20 16 900 7500<br />
R 12 1935-41 745 cm 3 8/11 14 000 5000<br />
R 71 1938-41 745 cm 3 16/22 10 700 4400<br />
R 75 „Beiwagenkrad“ 1941-44 745 cm 3 18/26 27 000 9500<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
BROUGH-SUPERIOR<br />
SS 680 ohv 1927-36 674 cm 3 18/25 41 900 20 100<br />
SS 80 1923-40 981 cm 3 25/34 58 700 28 600<br />
SS 100 1924-40 995 cm 3 30/40 65 800 38 200<br />
Model 11.50 1933-40 1096 cm 3 24/32 39 500 18 000<br />
BSA<br />
C 15/C 15 T 1961 247 cm 3 11/15 5300 1800<br />
C 15 SS 80 1961 247 cm 3 13/18 5600 1900<br />
B 25 Starfire 1968-71 247 cm 3 19/25 5400 2100<br />
B 26 Sports 1937-39 248 cm 3 10/13 5700 2500<br />
C 10/C 10 L 1938-57 249 cm 3 6/8 4600 1600<br />
C 11/C 11 G 1939-58 249 cm 3 8/11 4700 1600<br />
B 20 1937-38 249 cm 3 6/8 5800 2200<br />
B 21 1937-39 249 cm 3 7/10 5600 2100<br />
B 22 Empire Star 1937-39 249 cm 3 9/12 5700 2200<br />
B 31-1 1931-33 249 cm 3 5/7 6400 2400<br />
B 33-3 Blue Star 1933-34 249 cm 3 9/12 6200 2200<br />
B 40 1960-71 343 cm 3 16/21 5100 1900<br />
B 40 Sports Star 1962-71 343 cm 3 17/24 5400 1900<br />
ZB 32 Gold Star 1949-54 348 cm 3 19/25 14 700 6000<br />
DB 32 Gold Star Clubman 1954-57 348 cm 3 24/32 18 500 7000<br />
M 19 1937-38 349 cm 3 9/12 7000 2500<br />
B 44 Shooting Star 1968-71 441 cm 3 21/29 7000 2900<br />
S 27 1927 493 cm 3 12/17 11 900 4900<br />
A 7 1946-62 495 cm 3 20/28 6700 2800<br />
A 7 Star Twin/Shooting Star 1949-62 495 cm 3 23/31 6600 2700<br />
Q 8 Empire Star 1936 496 cm 3 13/18 12 700 5100<br />
M 23 Empire Star 1937-40 496 cm 3 10/13 10 100 4600<br />
M 24 Gold Star 1938-39 496 cm 3 20/28 11 800 4100<br />
J 12 1936 498 cm 3 16/22 19 100 8900<br />
M 33 1947-57 499 cm 3 12/17 7800 2800<br />
B 33 1947-60 499 cm 3 17/23 7500 2700<br />
DB 34 Gold Star 1955-57 499 cm 3 28/38 17 400 6500<br />
DBD 34 Gold Star Clubman 1956-60 499 cm 3 31/42 20 400 8500<br />
A 50 Star 1962-65 499 cm 3 21/29 6900 2300<br />
A 50 Cyclone/Clubman 1964-65 499 cm 3 26/35 7200 2400<br />
A 50 Wasp/Royal Star 1965-70 499 cm 3 29/39 6000 2700<br />
M 33-11 1933 595 cm 3 18/26 9600 3600<br />
A 10 Golden Flash 1949-63 646 cm 3 25/34 8500 3500<br />
A 10 Road Rocket 1955-57 646 cm 3 30/40 9600 3600<br />
A 10 Super Rocket 1958-63 646 cm 3 31/42 9900 3800<br />
A 10 Rocket Gold Star 1962-63 646 cm 3 34/46 13 700 5000<br />
A 65 Star/Rocket/Clubman 1962-65 654 cm 3 28/38 7800 3000<br />
A 65 Spitfire 1966-68 654 cm 3 41/55 8200 3400<br />
A 65 Firebird 1969-71 654 cm 3 38/52 7400 2800<br />
Y 13 1936 748 cm 3 20/28 20 400 9100<br />
G 14 1936 986 cm 3 18/25 14 100 7100<br />
DKW<br />
RT 100 1934-36 98 cm 3 2/2 4000 1600<br />
RT 3 PS 1936-40 98 cm 3 2/3 4000 1600<br />
RT 125/125-1 1940-44 123 cm 3 3/5 4200 1700<br />
RT 125 W 1949-52 123 cm 3 3/5 4000 1600<br />
RT 125-2/125 H 1952-54 123 cm 3 4/6 3200 1100<br />
RT 125 2H 1954-57 123 cm 3 4/6 3400 1100<br />
RT 175 S/175 VS 1955-58 174 cm 3 7/10 3100 1000<br />
Block 175 1933 175 cm 3 3/5 4500 1700<br />
RT 175 1954-55 175 cm 3 6/9 3100 1100<br />
RT 200/200 H 1951-53 191 cm 3 6/9 3000 800<br />
Luxus Spezial 200 1929-31 192 cm 3 3/4 5500 2300<br />
Block 200 1931-33 192 cm 3 4/6 4900 1800<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 61
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
SB 200 1933-38 192 cm 3 5/7 5300 1900<br />
RT 200-2/S/VS 1954-57 197 cm 3 8/11 3400 1500<br />
Luxus 200 1929-32 198 cm 3 3/4 5500 2100<br />
ES 200 „Volksrad“ 1930-31 198 cm 3 3/4 4900 1800<br />
ZIS/Z 200 1930-31 198 cm 3 3/4 5000 1800<br />
BM 200 1933 199 cm 3 4/6 4200 1400<br />
KM 200 Luxus 1934-36 199 cm 3 4/6 4000 1200<br />
KS 200 1936-40 199 cm 3 5/7 4800 1800<br />
E 206 1925-28 206 cm 3 3/4 5800 2400<br />
RT 250 1952-53 244 cm 3 7/10 4100 1500<br />
RT 250-1 1953-55 244 cm 3 8/11 4200 1500<br />
RT 250-2 1953-55 244 cm 3 10/13 4200 1500<br />
RT 250 S/250 VS 1955-57 244 cm 3 11/15 4500 1600<br />
E 250 1927-28 247 cm 3 4/6 6100 2500<br />
Sport 250 1936-38 247 cm 3 6/9 5500 1900<br />
SB 250 1938 247 cm 3 6/9 5400 1900<br />
NZ 250 1938-41 247 cm 3 6/9 5300 1800<br />
E 300 1927-29 293 cm 3 6/8 6600 2800<br />
Luxus 300 1929-30 293 cm 3 6/8 5600 2400<br />
Luxus-Sport 300 1930-31 293 cm 3 6/9 6200 3000<br />
Block 300 1931-33 293 cm 3 6/8 6700 2000<br />
Block 350 1931-32 345 cm 3 8/11 7900 3000<br />
Sport 350 1933-34 348 cm 3 8/11 6200 2800<br />
SB 350 1934-38 345 cm 3 8/11 8900 3000<br />
NZ 350 1938-43 346 cm 3 8/11 5300 1700<br />
NZ 350-1 1944-45 346 cm 3 8/11 6400 2800<br />
350 S 1955-56 348 cm 3 13/18 7700 3100<br />
NZ 500 1939-41 489 cm 3 13/18 11 600 4700<br />
Z 500 1927-29 494 cm 3 9/12 11 600 4600<br />
ZSW 500 1928-29 494 cm 3 10/14 13 200 5000<br />
Sport 500/Super Sport 500 1930-32 494 cm 3 13/18 12 600 4800<br />
Luxus 500 1929-30 494 cm 3 10/14 12 000 4700<br />
Block 500 1933 494 cm 3 11/15 11 400 4200<br />
SB 500 1934-39 494 cm 3 11/15 10 800 4000<br />
Super Sport 600 1931-32 586 cm 3 16/22 15 100 5300<br />
D-RAD<br />
R 0/4 1926-28 496 cm 3 7/10 9300 4000<br />
R 0/6 1927-29 496 cm 3 7/10 8500 3900<br />
R 1/4 1927 496 cm 3 9/12 9800 4700<br />
R 9 1928-29 496 cm 3 9/12 8800 3800<br />
R 10 1929-31 496 cm 3 15/20 10 900 5100<br />
R 11 1931 496 cm 3 12/16 8100 3700<br />
DUCATI<br />
125 Cadet 1967-69 121 cm 3 5/7 3100 600<br />
125 TS/Sport 1958-65 125 cm 3 7/10 3800 1000<br />
160 Monza Junior 1964-67 152 cm 3 12/16 3300 600<br />
175 Cruiser 1952-54 175 cm 3 5/7 3300 600<br />
175 TS/Sport 1958-61 175 cm 3 8/11 4100 1100<br />
200 Elite 1959-65 204 cm 3 13/18 4300 1100<br />
200 SS 1959-60 204 cm 3 13/18 4600 1200<br />
250 Diana 1961-66 248 cm 3 17/24 4200 1100<br />
250 Monza 1965-66 248 cm 3 17/24 4700 1300<br />
250 Mach I 1964-66 248 cm 3 20/27 5300 1600<br />
250 Mk III 1967-74 248 cm 3 13/18 4900 1700<br />
250 Desmo 1971-74 249 cm 3 15/20 7900 2500<br />
350 Mk III 1968-74 340 cm 3 17/24 6400 2100<br />
450 Mk III 1968-74 436 cm 3 20/27 5400 1900<br />
450 Desmo 1971-74 436 cm 3 23/31 8500 2900<br />
EMW<br />
R 35/2 1945-52 342 cm 3 10/14 5100 1700<br />
R 35/3 1952-56 342 cm 3 10/14 5100 1700<br />
Stand: August 2014<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
FN<br />
M 70 Sahara 1926-36 350 cm 3 6/9 9500 4500<br />
4 PS 1905-09 362 cm 3 3/4 35 000 16 000<br />
M 13 1947-58 450 cm 3 13/17 6600 2200<br />
6 PS 1910-13 492 cm 3 4/6 34 100 15 500<br />
M 86 1934-40 500 cm 3 11/15 15 000 6500<br />
M 50 1924-26 748 cm 3 9/12 30 000 14 500<br />
GILERA<br />
175/Sirio 1931-36 174 cm 3 5/6 4200 1900<br />
250 L/LE 1937-41 247 cm 3 6/9 4600 1900<br />
350 Sport/Gran Sport/SS 1925-36 346 cm 3 7/10 9300 3900<br />
500 VT/VTGS 1935-41 498 cm 3 18/24 8700 3700<br />
500 VTE/VTGSE 1939-41 498 cm 3 18/24 14 400 7100<br />
Marte 1941-46 498 cm 3 10/14 8900 4600<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
WLD 1945-51 739 cm 3 17/23 13 500 5500<br />
WLA 1941-45 743 cm 3 17/23 14 000 5600<br />
K 1952-55 743 cm 3 22/30 10 000 3400<br />
DL 1929-31 746 cm 3 13/18 20 000 9500<br />
RL 1932-37 746 cm 3 13/18 15 000 5700<br />
KH 1955-57 883 cm 3 28/38 10 000 3500<br />
XL 1957-59 883 cm 3 31/42 9800 3300<br />
XLC 1958 883 cm 3 31/42 10 000 3300<br />
XLCH 1958-60 883 cm 3 40/55 10 200 3500<br />
XLH/XLCH 1960-66 883 cm 3 40/55 9500 3200<br />
XLH/XLCH 1967-71 883 cm 3 43/58 9000 3000<br />
J 1921-26 988 cm 3 12/16 22 500 10 000<br />
E 1936-45 988 cm 3 22/30 28 500 11 000<br />
E 1946-48 988 cm 3 24/33 26 000 9500<br />
E Hydra Glide 1949-50 988 cm 3 27/37 18 000 7100<br />
EL Hydra Glide 1951-52 988 cm 3 30/40 18 000 7200<br />
JD 1926-29 1207 cm 3 17/24 25 000 10 500<br />
JDH 1929-31 1207 cm 3 12/16 26 000 11 000<br />
F 1941-48 1207 cm 3 31/42 28 700 10 000<br />
F Hydra Glide 1949-50 1207 cm 3 33/45 20 300 7500<br />
FL Hydra Glide 1951-52 1207 cm 3 40/54 20 500 7500<br />
FL 1953-57 1207 cm 3 40/54 21 000 7600<br />
FLE 1953-57 1207 cm 3 48/65 20 900 7500<br />
FL Duo Glide 1958-64 1207 cm 3 42/57 17 000 7500<br />
FL Electra Glide 1965 1207 cm 3 42/57 17 000 7500<br />
FL Electra Glide 1966-71 1207 cm 3 42/57 16 000 6800<br />
VL 1932-34 1208 cm 3 22/30 16 000 7000<br />
VLD 1934-36 1208 cm 3 26/35 16 500 7200<br />
U 1937-48 1208 cm 3 24/32 19 000 7600<br />
VLH 1936-38 1340 cm 3 25/34 25 000 11 500<br />
HERCULES<br />
313 1951-57 123 cm 3 5/6 3400 1100<br />
319 1953-56 173 cm 3 6/9 3400 1100<br />
320 1953-56 173 cm 3 6/9 3400 1100<br />
317 1953-56 197 cm 3 8/11 3500 1200<br />
322 1953-58 246 cm 3 11/15 4800 1600<br />
HONDA<br />
CB 92 1960-65 124 cm 3 11/15 8500 2200<br />
CB 72 1960-66 247 cm 3 18/24 8700 2300<br />
CB 77 1962-65 305 cm 3 21/29 8800 2300<br />
HOREX<br />
Regina 250 1953-56 248 cm 3 12/17 7300 2900<br />
Resident 250 1956 248 cm 3 13/18 7800 3200<br />
SB 35 1938-39 342 cm 3 13/18 7400 3100<br />
SB 35 1948-50 342 cm 3 13/18 7100 3000<br />
Regina 350 1950-53 342 cm 3 13/18 8500 3400<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Regina 350 1953-56 342 cm 3 14/19 8000 3200<br />
Regina Sport 350 1952 342 cm 3 15/20 8700 4000<br />
Resident 350 1955-56 349 cm 3 16/22 8200 3300<br />
Imperator 400 1954-58 392 cm 3 18/26 11 100 5000<br />
Regina 400 1953-56 399 cm 3 16/22 8900 3200<br />
Imperator 450 S 1958-59 452 cm 3 22/30 11 500 5100<br />
T 5 1924-36 492 cm 3 12/16 15 200 5500<br />
S 64/SS 64 1935-37 587 cm 3 16/22 15 000 5400<br />
T 6 1924-36 591 cm 3 14/19 15 500 5600<br />
INDIAN<br />
Prince 1925-28 348 cm 3 5/6 12 000 3500<br />
741 Army Scout 1940-44 500 cm 3 10/13 19 100 7100<br />
37 CID Scout 1920-28 596 cm 3 8/11 22 800 8600<br />
101 Scout 1928-31 745 cm 3 13/18 22 200 7700<br />
Sport Standard 1931-37 745 cm 3 18/25 20 900 6900<br />
Sport Scout 1934-44 745 cm 3 22/30 21 500 7100<br />
841 Military 1941-44 745 cm 3 22/30 19 100 7100<br />
61 CID Powerplus 1916-24 998 cm 3 13/18 28 700 12 500<br />
Chief 1922-28 1000 cm 3 13/18 28 700 12 500<br />
74 CID Chief 1923-48 1207 cm 3 22/30 31 700 13 500<br />
Four 1928-35 1265 cm 3 22/30 41 900 17 500<br />
Four 1936-37 1265 cm 3 26/35 44 300 18 600<br />
Four 1938-42 1265 cm 3 30/40 47 800 21 000<br />
80 CID Chief Black Hawk 1950-53 1313 cm 3 30/40 32 900 13 800<br />
JAWA<br />
175 1932-37 172 cm 3 5/6 2900 800<br />
250 1936-40 246 cm 3 6/9 3300 1000<br />
250 1946-53 249 cm 3 6/9 3300 1000<br />
353 1954-61 249 cm 3 9/12 2400 600<br />
559 1962-70 249 cm 3 10/14 2000 600<br />
350 1948-53 344 cm 3 10/13 3500 1300<br />
354 1954-61 344 cm 3 12/16 3400 1300<br />
350 California 1966-69 344 cm 3 13/18 3600 1400<br />
500 1952-58 488 cm 3 18/26 8600 3200<br />
KAWASAKI<br />
A 1 Samurai 1966-71 247 cm 3 23/31 3400 1200<br />
A 7 Avenger 1967-71 338 cm 3 31/42 3800 1300<br />
650 W1/W2 1966-74 624 cm 3 37/50 12 500 4100<br />
LAVERDA<br />
650 1968 654 cm 3 33/45 8900 4100<br />
750 1968-69 743 cm 3 36/49 7800 3200<br />
750 S 1969-70 743 cm 3 44/60 8400 3300<br />
MAICO<br />
MD 125 1967-76 125 cm 3 10/14 2300 500<br />
M 175/S 1951-59 174 cm 3 6/9 3100 1000<br />
M 175 Super Sport 1956-60 174 cm 3 11/15 3800 1600<br />
MD 250/WK 1974-83 245 cm 3 20/27 2900 1000<br />
Blizzard 1955-68 247 cm 3 11/15 4500 2000<br />
M 250 B 1958-66 247 cm 3 11/15 4000 1300<br />
Taifun 1954-58 394 cm 3 16/22 7200 2700<br />
MATCHLESS<br />
G 3 1940-66 348 cm 3 12/16 5500 2000<br />
Silver Arrow 1930-34 394 cm 3 13/18 9800 3700<br />
Clubman 1936-40 497 cm 3 17/23 13 700 4700<br />
G 80 1945-66 498 cm 3 17/23 8000 3100<br />
G 9 1949-61 498 cm 3 21/29 8600 3200<br />
Silver Hawk 1931-34 593 cm 3 20/28 14 400 5000<br />
G 12 1958-66 646 cm 3 26/36 10 200 3500<br />
G 15 1964-69 745 cm 3 36/49 10 500 3700<br />
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MORINI<br />
Corsaro 125 1959-68 122 cm 3 6/8 4000 1400<br />
125 Super Sport 1948-51 123 cm 3 5/7 4200 1500<br />
175 Turismo 1953-57 172 cm 3 6/8 4600 1500<br />
175 Grand Turismo 1954-57 172 cm 3 8/11 7000 2100<br />
175 Super Sport 1955-57 172 cm 3 10/13 7400 2500<br />
175 Settebello 1954-57 172 cm 3 12/17 7700 2700<br />
Tresette Sprint 1958-63 172 cm 3 10/13 7000 2200<br />
MOTOBI<br />
Sprite 1963-66 198 cm 3 10/14 3600 1300<br />
250 SS 1967-73 245 cm 3 12/17 5100 1800<br />
Gran Sport 250 1955-60 247 cm 3 9/12 4800 1800<br />
MOTO GUZZI<br />
P 175 1932-37 174 cm 3 5/7 8400 3400<br />
P 250 1934-40 238 cm 3 6/9 8700 3500<br />
Airone 1939-40 247 cm 3 6/9 5500 2200<br />
Airone Sport 1948-57 247 cm 3 10/14 6400 2400<br />
Normale 1921-24 498 cm 3 6/8 19 100 7300<br />
Sport 1923-28 498 cm 3 10/13 14 900 5800<br />
Sport 14/15 1929-39 498 cm 3 10/13 14 400 5700<br />
GTW 1935-49 498 cm 3 16/22 11 200 4100<br />
GTC 1937-39 498 cm 3 19/26 13 000 8000<br />
Astore 1949-53 498 cm 3 14/19 11 300 4200<br />
Falcone 1950-67 498 cm 3 14/19 7900 3100<br />
Falcone Sport 1953-67 498 cm 3 17/23 9900 3900<br />
V 7 700 1966-76 704 cm 3 30/40 9400 3800<br />
V 7 Spezial 1968-73 757 cm 3 37/50 7700 3100<br />
MÜNCH<br />
TTS 1200 1968-79 1177 cm 3 65/88 65 000 40 000<br />
TTS-E 1200 1973-79 1177 cm 3 74/100 75 000 45 000<br />
MZ (BIS ’56: IFA)<br />
RT 125 1950-54 123 cm 3 3/5 2800 1200<br />
RT 125/125-1/125-2/125-3 1954-62 123 cm 3 4/6 2300 1000<br />
ES 125 1962-69 123 cm 3 6/8 1900 800<br />
ES 150 1962-68 143 cm 3 7/10 2100 900<br />
ES 175/175-1 1956-67 172 cm 3 7/10 2300 900<br />
ES 175-2 1967-72 172 cm 3 10/14 2300 900<br />
ES 250 (Doppelport) 1956-57 247 cm 3 10/14 2900 1300<br />
ES 250-1 1962-67 247 cm 3 12/16 2400 900<br />
ES 300 1963-65 293 cm 3 13/18 3000 1200<br />
BK 350 1952-58 343 cm 3 11/15 3200 1100<br />
NORTON<br />
Model 40 International 1932-39 348 cm 3 17/24 19 100 9000<br />
Model 40 International 1946-58 348 cm 3 17/24 18 000 8500<br />
Model 50 1933-39 348 cm 3 15/20 7000 2800<br />
Model 50 1955-63 348 cm 3 15/20 6400 2400<br />
Model 55 1933-39 348 cm 3 16/22 7300 3000<br />
CJ 1929-39 348 cm 3 16/22 19 100 7600<br />
Model 40 M „Manx“ 1946-63 349 cm 3 26/35 19 100 17 500<br />
CS 1 1927-39 490 cm 3 20/28 23 300 8900<br />
Model 30 International 1933-39 490 cm 3 22/30 25 200 10 400<br />
Model 30 International 1946-58 490 cm 3 22/30 23 900 9800<br />
ES 2 1932-47 490 cm 3 16/21 8700 3400<br />
ES 2 1947-63 490 cm 3 16/21 8000 3000<br />
ES 2 1965-66 490 cm 3 16/21 5400 2200<br />
Dominator Model 7 1949-56 497 cm 3 21/29 8500 3600<br />
Dominator 88 1952-66 497 cm 3 21/29 7500 3400<br />
Stand: August 2014<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Model 30 M „Manx“ 1946-63 498 cm 3 35/48 40 700 20 100<br />
650 1961-63 646 cm 3 33/45 8500 3500<br />
650 DeLuxe 1962 646 cm 3 33/45 9600 3700<br />
650 Super Sport 1961-69 646 cm 3 36/49 10 600 3900<br />
Atlas 1962-68 745 cm 3 38/52 13 700 4500<br />
Ranger 1968 745 cm 3 42/58 15 300 5200<br />
NSU<br />
Pony 100 1937-40 97 cm 3 2/3 3400 1200<br />
Quick 1936-40 97 cm 3 2/3 2600 800<br />
Quick 1945-53 97 cm 3 2/3 2600 800<br />
Fox (Viertakt) 1949-54 98 cm 3 4/6 3400 1100<br />
125 ZDB 1947-51 123 cm 3 4/5 3400 1300<br />
Fox (Zweitakt) 1951-54 123 cm 3 4/5 3600 1400<br />
Superfox 1955-57 123 cm 3 7/9 3400 1100<br />
Maxi 1957-64 174 cm 3 9/12 3800 1200<br />
201 ZD Pony 1935-37 198 cm 3 4/6 4000 1400<br />
201 ZDB 1938-40 198 cm 3 5/7 4200 1400<br />
Lux 1951-54 198 cm 3 6/8 4200 1400<br />
Superlux 1954-56 198 cm 3 8/11 4700 1700<br />
251 OSL 1947-52 242 cm 3 7/10 6600 2500<br />
Max 1951-56 247 cm 3 11/15 5800 2300<br />
Supermax 1956-63 247 cm 3 13/18 6400 2400<br />
351 OSL 1934-40 346 cm 3 13/18 13 200 4000<br />
Konsul 1951-53 346 cm 3 13/18 7300 2900<br />
351 S/OS 1932-35 348 cm 3 12/17 12 600 4000<br />
501 T 1927-29 494 cm 3 8/11 10 800 3400<br />
501 TS 1930-36 494 cm 3 8/11 10 500 3400<br />
500 SS 1931-34 494 cm 3 16/22 33 500 12 700<br />
501 OSL 1935-39 494 cm 3 16/22 14 400 5200<br />
Konsul II 1951-54 494 cm 3 16/22 9900 3400<br />
601 OSL 1936-41 562 cm 3 18/24 10 800 3900<br />
601 TS 1930-39 592 cm 3 10/14 11 100 3600<br />
8 PS 1914-21 996 cm 3 6/8 18 000 6800<br />
PUCH<br />
LM 1923-27 122 cm 3 1/2 4500 2200<br />
125 T 1946-50 125 cm 3 3/5 3200 1400<br />
175 SV 1953-67 172 cm 3 7/10 3100 1400<br />
175 „Harlette“ 1925-27 173 cm 3 2/3 4900 2400<br />
200 1937-40 198 cm 3 4/6 3800 1300<br />
250 1929-33 248 cm 3 4/6 5800 2500<br />
250 E/L 1933-37 248 cm 3 5/7 5000 2100<br />
250 S 4 1934-42 248 cm 3 7/10 5600 2400<br />
250 TF 1949-54 248 cm 3 9/12 4200 1900<br />
250 SGS 1953-67 248 cm 3 12/16 4800 1900<br />
250 SGS 1967-70 248 cm 3 12/16 4800 1900<br />
250 SG 1954-69 248 cm 3 10/14 4800 1900<br />
500 Z/N/V 1931-35 496 cm 3 10/14 12 000 4900<br />
ROYAL ENFIELD<br />
RE 125/„Flying Flea“ 1945-53 126 cm 3 2/3 2900 800<br />
250 Clipper/Clipper II 1953-65 248 cm 3 10/14 4200 1600<br />
Crusader 1956-62 248 cm 3 10/13 4000 1600<br />
Continental 1962-65 248 cm 3 15/20 4600 1700<br />
Continental GT 1964-67 248 cm 3 15/21 5800 2400<br />
Mod. G 1945-54 346 cm 3 11/15 5400 2100<br />
350 Bullet 1949-65 346 cm 3 13/18 6900 2400<br />
350 Clipper 1955-62 346 cm 3 11/15 5300 1800<br />
500 Twin 1949-58 495 cm 3 18/25 7400 2600<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Meteor Minor 1958-63 496 cm 3 22/30 7400 2600<br />
Mod. J 1936-40 499 cm 3 16/22 8000 2900<br />
Mod. J 1945-55 499 cm 3 15/21 8100 2900<br />
500 Bullet 1952-62 499 cm 3 18/25 6900 2700<br />
700 Meteor 1952-55 693 cm 3 26/36 7800 2500<br />
Super Meteor 1955-62 693 cm 3 30/40 8100 2800<br />
Constellation 1958-63 693 cm 3 37/51 8600 3200<br />
Interceptor 1962-70 736 cm 3 38/52 9500 3300<br />
Mod. K 1937-39 1140 cm 3 19/26 19 100 6300<br />
RUDGE<br />
350 Standard 1929-34 348 cm 3 12/16 8400 3100<br />
500 Special 1937-39 499 cm 3 17/23 12 200 5500<br />
500 Ulster 1939-39 499 cm 3 20/28 15 600 6600<br />
SUZUKI<br />
T 20 1965-68 250 cm 3 19/26 3400 1300<br />
T 250 1968-72 250 cm 3 24/33 3200 1200<br />
T 500 1967-75 492 cm 3 35/47 4100 1500<br />
TRIUMPH (D)<br />
BDG 125/H/L 1949-57 123 cm 3 4/6 3600 1000<br />
Cornet 1953-57 197 cm 3 7/10 4200 1400<br />
BD 250 1939-42 248 cm 3 9/12 5000 2000<br />
BDG 250/H 1949-56 248 cm 3 8/11 4500 1600<br />
Boss 1953-56 344 cm 3 12/16 5400 2200<br />
SSK 350 1930-33 346 cm 3 11/15 15 000 6300<br />
Kongress 1934-37 346 cm 3 6/9 8900 3800<br />
S 350 1936-38 346 cm 3 9/12 5600 2700<br />
T 3 1928 494 cm 3 11/15 10 200 4600<br />
T 500 1930-32 496 cm 3 10/13 10 400 4800<br />
STM 500 1932-36 496 cm 3 15/20 13 200 5700<br />
TRIUMPH (GB)<br />
3 H 1937-39 343 cm 3 15/20 5500 3100<br />
3 T 1945-51 349 cm 3 15/20 4300 1900<br />
3 TA 1957-66 349 cm 3 15/20 4100 1800<br />
Tiger 100 1960-75 490 cm 3 23/32 6900 3100<br />
5 TA Speed Twin 1959-66 490 cm 3 20/27 5800 2200<br />
5 T Speed Twin 1937-39 499 cm 3 20/27 10 000 4500<br />
5 T Speed Twin 1945-58 499 cm 3 18/25 6200 2000<br />
Tiger 100 1938-39 499 cm 3 24/33 10 100 4100<br />
Tiger 100 1945-59 499 cm 3 22/30 6100 3200<br />
Mod. 6/1 1934-36 647 cm 3 18/25 11 100 4900<br />
T 110 1954-62 649 cm 3 31/42 8200 3700<br />
6 T Thunderbird 1950-66 649 cm 3 25/34 8000 3500<br />
T 120 Bonneville 1958-70 649 cm 3 34/46 8000 3100<br />
T 120 R Bonneville 1971-73 649 cm 3 37/50 7800 3000<br />
VELOCETTE<br />
LE 1948-50 149 cm 3 4/6 3300 1100<br />
LE 1951-70 192 cm 3 6/8 3200 1000<br />
KSS 1925-48 348 cm 3 14/19 15 000 4800<br />
MAC 1946-60 349 cm 3 10/14 7800 2900<br />
Venom 1956-70 499 cm 3 26/36 15 000 6700<br />
Venom Thruxton 1964-70 499 cm 3 30/41 25 200 10 600<br />
VICTORIA<br />
KR 20 EN/LN 1937-40 197 cm 3 5/7 4000 1300<br />
KR 20 1928-32 198 cm 3 4/5 5500 1900<br />
KR 21 Swing 1954-57 198 cm 3 8/11 5800 2700<br />
KR 25 Aero 1949-52 247 cm 3 6/9 4600 1500<br />
KR 25 HM 1951-54 247 cm 3 8/11 4600 1500<br />
KR 26 1953-57 247 cm 3 10/14 4500 1300<br />
KR 35 SN 1938-39 342 cm 3 13/18 6400 2100<br />
KR 35 SS 1938-39 342 cm 3 15/20 12 600 4600<br />
KR 35 WH 1938-44 342 cm 3 13/18 5300 2000<br />
KR 35 1928-33 344 cm 3 9/12 11 300 4100<br />
V 35 Bergmeister 1953-55 347 cm 3 15/21 7800 3100<br />
KR I 1920-24 494 cm 3 4/6 23 300 10 200<br />
KR 9 Fahrmeister 1936-38 496 cm 3 11/15 14 400 5700<br />
KR 50 1930-33 498 cm 3 10/14 11 100 4100<br />
KR 50 S 1930-33 498 cm 3 13/18 11 400 4300<br />
KR II 1922-24 499 cm 3 6/9 22 800 9800<br />
KR III 1924-26 499 cm 3 9/12 21 500 9200<br />
KR VI 1927-38 596 cm 3 13/18 16 500 6600<br />
VINCENT/H.R.D.<br />
Meteor 1946-50 499 cm 3 18/26 10 200 4100<br />
Comet 1948-54 499 cm 3 21/28 11 400 4600<br />
Rapide B/C/D 1946-55 998 cm 3 33/45 50 500 32 000<br />
Black Shadow B/C 1948-54 998 cm 3 40/55 65 000 40 000<br />
Black Shadow D 1955 998 cm 3 40/55 71 000 45 000<br />
Black Knight 1955 998 cm 3 33/45 52 500 35 000<br />
Black Prince 1955 998 cm 3 40/55 55 000 37 000<br />
ZÜNDAPP<br />
B 170 „Zugvogel“ 1932 169 cm 3 3/4 3800 1500<br />
200 S 1955-57 197 cm 3 9/12 2700 900<br />
201 S 1956-58 197 cm 3 9/12 2800 900<br />
S 200 1930-31 198 cm 3 4/6 3300 1100<br />
OK 200 1933 198 cm 3 6/8 4000 1300<br />
DB 200 1935-40 198 cm 3 5/7 3200 1300<br />
DBK 200 1936-38 198 cm 3 5/7 3800 1500<br />
K 200/KK 200 1933-36 198 cm 3 5/7 4600 1800<br />
DB 201 1950-51 198 cm 3 5/7 3100 1300<br />
DB 202 1951-52 198 cm 3 5/7 3200 1300<br />
DB 203 Comfort 1952-53 198 cm 3 6/9 3200 1300<br />
DB 204 Norma 1952-53 198 cm 3 6/8 3400 1300<br />
DB 234 Luxus 1953-55 198 cm 3 6/9 2900 1000<br />
DB 205 Elastic 200 1953-55 198 cm 3 6/9 3100 1200<br />
250 S 1956-63 245 cm 3 10/14 3800 1500<br />
DB 255 Elastic 250 1953-55 246 cm 3 10/13 4000 1800<br />
DB 250 1937-39 247 cm 3 6/8 3700 1500<br />
DBK 250 1937-39 247 cm 3 6/8 4400 1700<br />
EM 250 1925-27 249 cm 3 3/4 6000 2600<br />
DS 350 1937-40 346 cm 3 12/17 6500 2800<br />
K 350 1935-36 349 cm 3 9/12 6200 2600<br />
K 500 1933-40 498 cm 3 10/13 8000 3400<br />
KS 500/KKS 500 1936-39 498 cm 3 18/24 8200 3000<br />
KS 601 1950-57 592 cm 3 21/28 10 600 3600<br />
KS 601 Sport 1952-58 592 cm 3 25/34 12 100 5200<br />
KS 600 1938-41 597 cm 3 21/28 11 000 4800<br />
KS 600 1949-50 597 cm 3 21/28 10 500 5000<br />
KS 750 „Beiwagenkrad“ 1940-44 751 cm 3 18/26 27 500 10 600<br />
K 800 1933-38 791 cm 3 15/20 25 200 15 400<br />
VORSCHAU<br />
Baujahre<br />
Hubraum<br />
kW/PS<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
finden sie den Preisspiegel<br />
für die Youngtimer von<br />
1970 bis 1990<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 65
LESERBRIEFE<br />
Die Restaurierung sorgt für Gesprächsstoff<br />
Suzuki GT 250 höher verdichtet als angegeben<br />
Fotos: Koch, Wolf, Braun<br />
TWN-Motorräder mit Doppelkolben<br />
Lob und Fragen<br />
Viel Zuspruch für „Mini“ Kochs Restaurierungs-Serie,<br />
ein Klecks Kupferpaste<br />
fürs Zündkerzengewinde liefert aber<br />
weiterhin Anlass für Diskussionen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2015</strong><br />
Ihre Serie „Restaurierung BMW R 80 G/S“<br />
habe ich mit großem Interesse verfolgt.<br />
Ich habe zwei Fragen: Was ist das für ein<br />
schönes vorderes Schutzblech? Die serienmäßig<br />
eng anliegenden (wie an der<br />
Paris/Dakar) sehen anders aus. Daher<br />
würde mich die Quelle und Bezeichnung<br />
interessieren. Das gilt ebenso für das<br />
Unterteil des Luftfiltergehäuses, da dieses<br />
aus Aluminium und daher meines Erachtens<br />
nicht serienmäßig ist. Die endgültige<br />
Senkung des Ölverbrauchs an meiner<br />
Basic von neu 0,3 l/100 km auf 0,03 l/100<br />
km bei über 75 000 km brachte erst ein<br />
Ölwannenzwischenring, da das Kurbelgehäusevolumen<br />
für einen Gleichläufer<br />
eindeutig zu gering ist und damit die<br />
Druckspitzen im unteren Totpunkt das<br />
Öl durch alle (auch die neu gemachten)<br />
Dichtungen drücken. Deswegen haben<br />
alle klassischen Geichläufer oder Quasi-<br />
Gleichläufer, von Triumph über Norton<br />
und BSA bis Indian und Harley, eine Trockensumpfschmierung.<br />
Deswegen wage<br />
ich zu behaupten, dass die klassische<br />
BMW hier mit der Druckumlaufschmierung<br />
eine primitive Fehlkonstruktion ist.<br />
Helmut Heusler hat übrigens zusätzlich<br />
ein zu geringes Ölvolumen konstatiert,<br />
was durch den Ölwannenzwischenring<br />
um 0,25 Liter angehoben werden kann,<br />
sodass noch 1,35 Liter mehr zur Vergrößerung<br />
des Luftvolumens des Kurbelgehäuses<br />
bleiben. Außerdem hat dieser noch<br />
Platz für eine Bohrung mit Gewinde für<br />
den Geber eines sehr empfehlenswerten<br />
VDO-Ölthermometers zur Kontrolle der<br />
im Hochsommer zu hohen Öltemperatur.<br />
Das passt in das Originalgehäuse der Uhr.<br />
Mit freundlichen Grüßen, Ihr<br />
Bertram Schönfelder, per E-Mail<br />
Hallo Herr Schönfelder, das Schutz„blech“<br />
stammt von Kunststofftechnik Diopa (www.<br />
diopa.com) und ist in sehr guter Qualität<br />
aus GfK gefertigt, sieht lackiert aber wie ein<br />
echtes Schutzblech aus. Ich habe ein Alu-<br />
Flachmaterial auf dem Gabelstabi verschraubt<br />
und das Schutzblech mit zwei 6er-<br />
Schrauben befestigt. Dass ein Gleichläufer<br />
hohe Pumpverluste und einen entsprechend<br />
hohen pulsierenden Druck aufbaut, ist sicher<br />
ein Problem und kann, wie sie schreiben,<br />
nur durch ein großes Volumen im Kurbelhaus<br />
reduziert werden. Oder, wie es KTM<br />
bei den großen Einzylindern und V2-Motoren<br />
macht, durch eine Unterdruckpumpe<br />
am gedichteten Kurbelgehäuse. Zum Luftfiltergehäuse:<br />
Bei den G/S-Modellen ist es<br />
laut Jochen Siebenrock immer aus Aluguss<br />
und nicht aus Kunststoff. Noch viel Spaß<br />
mit dem Boxer wünscht Werner Koch<br />
Liebe Macher von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
lieber „Mini“ Koch, schon beim vorletzten<br />
Heft zuckte es mich in den Fingern, offenbar<br />
wie auch Toni Kurpas, der mir zuvorgekommen<br />
ist. Es geht noch einmal um<br />
das leidige Thema Kupferpaste. Kupfer ist<br />
nicht nur ein exzellenter elektrischer Leiter<br />
– durch seine Rangordnung im Periodensystem<br />
schon ein Halbedelmetall –,<br />
sondern auch ein ungewollter Materialmörder,<br />
wenn wie hier, grundverkehrt eingesetzt.<br />
Das Schlimmste, was man beim<br />
Zusammenfügen von metallischen Mischwerkstoffen<br />
machen kann, ist das Zugeben<br />
eines erheblich ranghöheren Metalles,<br />
hier in Form von Kupferpaste! Der elektrogalvanische<br />
Zersetzungsprozess, unter<br />
Zerstörung der umliegenden Materialien,<br />
beginnt sofort. Deswegen werden im Umkehrschluss<br />
Heizungen oder kupferne<br />
Haus leitungen mit dem niedersten Metall<br />
in der Rangordnung, Magnesium als<br />
Opfer anode, vor Zerstörung geschützt.<br />
Sehen Sie‘s mir nach, ich musste etwas<br />
schulmeisterlich ausholen, um die Zusammenhänge<br />
zu klären. Zur Praxis: Die üblichen<br />
Alu-Legierungen rund ums Motorrad<br />
sind Silizium und Magnesium legiert,<br />
also von Kupfer leicht angreifbar. Drehe<br />
ich jetzt meine Gehäuseschrauben mit<br />
Kupferpaste ein, im trügerischen Wohlgefühl<br />
professionell gehandelt zu haben,<br />
ist von den Gewinden im Alu, beschleunigt<br />
von Feuchtigkeit und Hitze, bald nix<br />
mehr da! Alu-Bremssättel und Kupferpaste,<br />
wie oft sehe ich da Kupferpaste<br />
schimmern, schlimmer geht‘s kaum!<br />
Kupferpaste ist ein Relikt aus Zeiten, als<br />
bei Fahrzeugen viel mehr Eisenwerkstoffe<br />
eingesetzt wurden. Ich habe als Alternative<br />
beste Erfahrungen über Jahrzehnte<br />
mit MoS2- Schmierstoffen und Montagepasten<br />
gemacht.<br />
So, jetzt aber der ewigen Besserwisserei<br />
ein Ende, ein dreifach donnerndes<br />
Hipp, hipp, hurra auf Euch für Euer grandioses<br />
Heft 4/<strong>2015</strong>! Süffige Unterhaltung,<br />
gepaart mit feinem, nicht abgehobenen<br />
Journalismus, traumhaft schönen Bildern,<br />
die sofort die Sinne ansprechen, so kenne<br />
ich Euch, so erwarte ich‘s von Euch, Ihr<br />
erfüllt das immer wieder aufs Neue. Lieber<br />
„Mini“ Koch, wir sind nicht nur gleich<br />
alt, haben wohl jeden Tag schwarze Finger,<br />
sind beide im Lauf der Zeit von blond<br />
zu grau konvertiert, wir teilen auch ebenso<br />
die Vorlieben für ganz spezielle, knorrige<br />
Motorräder, und das seit Jahrzehnten<br />
(ich habe unter anderem auch eine SRX 6,<br />
TRX 850...). Ihre Artikel sind wunderbar<br />
66 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
trockenhumorige Werkstattbesichtigungen<br />
auf hohem Niveau, ganz wie ich‘s liebe.<br />
Also nur zu, wenn mir wieder mal was<br />
d aneben geht, Finger auf die Wunde! Ihr<br />
treuer Freund und Leser<br />
Andreas Lindner,<br />
61231 Bad Nauheim-Steinfurth<br />
Lieber Andreas, erst mal danke für die Blumen,<br />
über knorrige Motorräder schreibe ich<br />
immer noch fast so gerne, wie ich sie fahre.<br />
Und danke auch für die verständlichen und<br />
logisch klingenden Ausführungen. Anscheinend<br />
bin ich mit der Kupferpaste ganz einfach<br />
in meiner Lehrzeit als Mechaniker hängen<br />
geblieben, in der es vom „Meister“ eine<br />
hinter die Löffel gab, wenn empfindliche Gewinde<br />
nicht damit eingesalbt wurden. Allerdings<br />
habe ich bislang auch noch keine der<br />
beschriebenen negativen Erfahrungen mit<br />
Kupferpaste erlebt. Deshalb bleiben wir am<br />
Thema dran, in einer der nächsten Ausgaben<br />
werden wir uns noch einmal intensiv<br />
damit beschäftigen! Viele Grüße <br />
<br />
Werner „Mini“ Koch<br />
PS: Das nächste knorrige V2-Motorrad<br />
steht schon auf der Hebebühne und wartet<br />
nur noch auf die Lackteile.<br />
Höher verdichtet<br />
Franz Kass hat eine Anmerkung zur<br />
Verdichtung der Suzuki GT 250.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 4/<strong>2015</strong><br />
Hallo, bei der Beschreibung der Motoren<br />
wird bei der Suzuki erwähnt, dass sie im<br />
Vergleich zur Benelli und Maico niedrig<br />
verdichtet ist. Das ist aber nicht so. Die<br />
Japaner messen die Verdichtung bei ihren<br />
Zweitaktern ab Oberkante Auslass, die<br />
Deutschen und Italiener geben die geometrische<br />
Verdichtung an, also ab dem<br />
unteren Totpunkt – die deswegen viel zu<br />
hoch liegt. Gruß<br />
Franz Kass, 47877 Willich<br />
Booklet-Fehler<br />
Leser Paul Braun sind im Preisführer<br />
falsche Angaben zu den Nürnberger<br />
Triumph-Motorrädern aufgefallen.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 3/<strong>2015</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Sehr geehrter Herr Pfeiffer, als Abonnent<br />
der ersten Stunde und Mitbegründer der<br />
TRIUMPH Zweirad-IG erlaube ich mir, auf<br />
einen Lapsus in dem beigelegten Preisführer<br />
in Ausgabe 3/<strong>2015</strong> hinzuweisen.<br />
Es geht mir einfach darum, falsche Angaben<br />
in einer Fachzeitschrift auszumerzen.<br />
Die jungen <strong>Classic</strong>-Freunde können sich<br />
ja nur auf Angaben der Experten verlassen,<br />
um Erfahrung zu sammeln. So wurde<br />
schon mal bei einem „Boss“-Bericht erwähnt,<br />
dass dieses TWN-Motorrad von<br />
einem Parallel-Twin angetrieben wird.<br />
Richtig ist, dass dies nur auf die alten englischen<br />
Twins vom Edward Turner zutrifft.<br />
Die Nürnberger in der Fürther Straße<br />
haben so etwas nie gebaut. Wenn schon,<br />
dann aber mit vier Kolben in der drei Mal<br />
hergestellten Duplex, und 1953 als Versuchsmaschine.<br />
Mit 17 PS schon wieder<br />
viel zu schwach und zu teuer und noch<br />
dazu in einem Rahmen ohne Schwinge.<br />
Eine NSU Max konnte das damals schon<br />
besser. Nun zu meinen Hinweisen zur Seite<br />
56 des Pocket Price Guides: TRIUMPH<br />
Nürnberg hat keine Zweizylinder-Zweitaktmotoren<br />
gebaut. In der Typenbezeichnung<br />
steht B für Blockmotor, das D für<br />
Doppelkolben. Dies bedeutet, in einem<br />
Zylinder laufen zwei Kolben an zwei getrennten<br />
Pleueln, wie beim Parallel-Twin.<br />
Es gibt aber nur einen Verbrennungsraum<br />
mit einer Zündkerze. Vorteil hier: Das<br />
Steuerdiagramm lässt sich durch die Voreilung<br />
des Einlasskolbens verändern, man<br />
kann also gut die Leistung erhöhen. Die<br />
Herstellung war sehr teuer, zumal auch<br />
noch die Gemischzuführung über einen<br />
Walzendrehschieber gesteuert wurde.<br />
Nach dem unseligen Zweiten Weltkrieg<br />
musste gespart werden, weshalb die beiden<br />
Kolben an ein Gabelpleuel angehängt<br />
wurden. In der Typenbezeichnung erscheint<br />
jetzt noch das G für diese Änderung,<br />
siehe BDG 125/250. Bei der Firma<br />
Puch auf Seite 51 mit ihren Doppelkolbenmotoren<br />
ist dies ähnlich, nur haben<br />
KONTAKT<br />
Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen<br />
Name und Wohnort an.<br />
Fragen und Post an die Redaktion:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Stichwort Leserbriefe, 70162 Stuttgart,<br />
Fax 07 11/1 82-17 81<br />
E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />
diese ein angelenktes Pleuel. Der zweite<br />
Kolben läuft nicht parallel, sondern sitzt<br />
in Fahrtrichtung hinter dem Auslasskolben.<br />
Allerdings haben die 500er-Motoren zwei<br />
Doppelkolben, also zwei Zylinder mit vier<br />
Kolben. Hoffe, Ihnen und den interessierten<br />
Lesern hiermit gedient zu haben. Mit<br />
herzlichen Doppelkolbengrüßen<br />
„Charly“ Paul Braun, 68305 Mannheim<br />
Infos gesucht<br />
Leser Gipp sucht Informationen und<br />
Datenblätter für eine 1952er-Gilera<br />
Saturno. Wer kann ebenfalls helfen?<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, seit Kurzem<br />
bin ich im Besitz einer Gilera Saturno,<br />
Baujahr 1952. Gibt es in Ihrem Archiv<br />
Unterlagen, Berichte oder Datenblätter zu<br />
diesem Fahrzeug? Oder können Sie mir<br />
Kontakte zu Besitzern oder Fanclubs dieses<br />
Motorrads vermitteln? Besten Dank<br />
und viele Grüße<br />
Reinhard Gipp, 80469 München<br />
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SZENE I<br />
Porträt US-Sammler Fred Mork<br />
MORK<br />
vom Ork<br />
Fred Mork kommt zwar nicht vom Planeten Ork aus der<br />
beliebten TV-Serie. Doch seine rein private Motorrad-<br />
Kollektion ist durchaus überirdisch. Geradezu galaktisch<br />
wirkt seine Sammlung seltener europäischer (Gelände-)<br />
Maschinen mitten in Kalifornien. Nano-Nano!<br />
Text und Fotos von Thomas Schmieder<br />
Selbstironie: Die Ähnlichkeit zwischen<br />
Mensch und Maskottchen<br />
(Schnauzbart!) ist nicht zufällig<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
Die Farm in den Hügeln nördlich<br />
von San Francisco erinnert<br />
irgendwie an Schweden.<br />
„Hi, ich bin Fred“, begrüßt<br />
mich der Besitzer der Farm. Er führt<br />
mich zu einer langen Scheune im typisch skandinavischen<br />
Falun-Rot mit weißen Fensterläden.<br />
Dort erwarten mich 115 Motorräder<br />
mit Flair und Charisma. Echte Zweirad-Persönlichkeiten,<br />
gut gehütet von einem wahren<br />
Motorrad-Enthusiasten.<br />
Wir stehen vor einer Norton Manx, in<br />
klassischem Silber-Schwarz. Und modernem<br />
Digital-Instrument neben dem Smiths-Drehzahlmesser.<br />
„Damit fuhr ich beim letzten<br />
AHRMA-Rennen.” Das steht für American<br />
Historic Racing Motorcycle Association, eine<br />
Non-Profit-Organisation mit rund 4000 Mitgliedern.<br />
Hier startet der 69-Jährige bei<br />
Straßenrennen („Road Racing“) sowie Trial<br />
und Motocross. Fred fährt seit 1981 <strong>Classic</strong>-<br />
Rennen, er ist eine große Nummer in der<br />
US Vintage-Szene. Klar, als Mitglied im Velocette<br />
Owners Club, außerdem war er ab 1988<br />
für 15 Jahre einer der AHRMA-Vorsitzenden.<br />
„In dieser Zeit“ freut sich Fred, „durfte ich<br />
mit dem zweimaligen Weltmeister Jeff Smith<br />
zusammenarbeiten.“ Zwei von Freds Motorrädern<br />
gehörten einst dem Champion, Ehrensache.<br />
Fred öffnet die Tür zur Schatzkammer<br />
seiner Ranch. Sortiert nach Motorrad-Nationen<br />
stehen die Maschinen versammelt: England,<br />
Italien, USA, Kanada, CSSR, Schweden,<br />
Japan, Spanien und Deutschland.<br />
Die Wände sind geschmückt mit Schnittzeichnungen<br />
klassischer englischer Motoren,<br />
antiken Blech/Emaille-Schildern, historischen<br />
(Renn-) Fotos, Werbeplakaten, Startnummernfeldern,<br />
Kennzeichen und Gemälden von<br />
Motorrädern in Öl. In Glasvitrinen stehen<br />
Spiel zeugmotorräder und rare Sammlermodelle.<br />
Darüber stapeln sich Modellbausätze,<br />
Bücher, Zeitschriften jahrgangsweise ab 1942<br />
und alte Bedienungsanleitungen.<br />
Was für eine Vielfalt an Motorrädern!<br />
Ob 175er-Yamaha Trial oder 350er-Ariel Red<br />
Hunter, Sechsgang-Bultaco oder Honda CB<br />
750 F, Suzuki RM 125 oder Maico MC 350 aus<br />
West- und GS-MZ aus Ost-Deutschland: Hier<br />
zelebriert Fred ein Fest des Motorrads! Ein<br />
Potpourri klassischer Serienmotorräder und<br />
Straßenrennmaschinen. Den Schwerpunkt<br />
Ästhetik in Action: Auf diesem Norton<br />
Manx-dohc-Einzylinder-Renner tritt<br />
Fred bei <strong>Classic</strong>-Straßenrennen an<br />
Von nichts kommt nichts: reicher Fundus<br />
an Federbeinen, Rahmen, Rädern,<br />
Motoren, Tanks und vielen Ersatzteilen<br />
The art of the motorcycle: Kunstwerke<br />
in Öl als Hommage an das bewegte und<br />
bewegende Leben auf zwei Rädern
SZENE I<br />
Porträt US-Sammler Fred Mork<br />
Motorenkunde 1: gegengesteuerter<br />
V2 der Excelsior<br />
Super X aus Chicago (1928)<br />
Motorenkunde 2: cleaner<br />
500er-Single-Motocrosser<br />
von ESO (1962, CSSR)<br />
Motorenkunde 3: Norton-dohc-Crosser,<br />
der einzige, den EM-Champion<br />
Less Archer Anfang der 60er baute<br />
bilden jedoch historische Geländemaschinen:<br />
Speedway, Flat Tracker, Scrambler,<br />
Enduros und Motocrosser. Alle fein säuberlich<br />
in zwei gegenüberliegenden Reihen<br />
präsentiert und fast immer fahrbereit. Ehemalige<br />
Arbeitsgeräte von Kennern und<br />
Könnern. „Geländesport ist härter als Straßenrennsport“,<br />
weiß Fred.<br />
Beeindruckend der WM-Werks-Crosser<br />
von Monark, Schwedens größtem Motor<br />
radhersteller der 50er-Jahre. Es ist einer<br />
von nur zwei gebauten, standesgemäß in<br />
Fred mag Motorräder aus<br />
Europa, „denn das sind die<br />
Bikes aus meiner Jugend“<br />
den Nationalfarben Blau und Gelb lackiert.<br />
„Er war mit dem Motor von Hedlund Monarks<br />
einziger Viertakter nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg. Sten Lundin fuhr damit<br />
für Monark, wurde 1959 auf einer verbesserten<br />
Version Motocross-Weltmeister“,<br />
erklärt Fred. Daneben parkt eine Lito,<br />
ein weiterer schwedischer Werks-Crosser:<br />
„Darauf wurde Gunnar Johansson Zweiter<br />
der WM 1962, als schwedische Fahrer die<br />
ersten fünf Plätze holten!“<br />
Sein Faible für Skandinavien kommt<br />
nicht von ungefähr: Die Familie von Freds<br />
Vater stammt aus Finnland, der Name<br />
Mork ist allerdings schwedischen Ursprungs,<br />
„mörk“ bedeutet dunkel. Fred<br />
begann 1958 als Zwölfjähriger (!) schwarz<br />
Motorräder zu fahren und an ihnen zu<br />
schrauben: „Ein Freund und ich pflanzten<br />
einen seitengesteuerten 500er-Powell-<br />
Motor mit Zweiganggetriebe in einen<br />
125er-James-Rahmen.“ Später fuhr Fred<br />
auf einer 200er-Zündapp Comfort zur<br />
High School. Das erste Rennen, im Gelände,<br />
fuhr er 1964. Seine Sammlung ergab<br />
sich ungeplant, step by step. „Irgendwie<br />
fanden die richtigen Maschinen immer<br />
den Weg zu mir.“<br />
Mister Mork mag Motorräder mit bekannter<br />
Herkunft und konkreter Rennhistorie.<br />
„Alle meine Motorräder haben eine<br />
Geschichte.“ Dick Mann, Jeff Smith, Roger<br />
Reiman, Joe Leonard, John Brittain, Alistair<br />
King, Eric Cheney und Sten Lundin<br />
sind einige Ex-Fahrer der Mork’schen<br />
Maschinen. Den Crosser auf Basis einer<br />
Norton Manx „hat der britische Geländefahrer<br />
Les Archer jr. gebaut und gefahren.<br />
Der Six-Days-Teilnehmer und EM-Motocross-Champion<br />
hat sie sogar bei einem<br />
Motocross-WM-Lauf eingesetzt!“ So etwas<br />
freut Freds Sammlerherz.<br />
Ein Highlight seiner Straßenrenner ist<br />
die Matchless G 50 in Bordeaux-Rot. Damit<br />
wurde die US-Rennlegende Dick Mann<br />
(geboren 1934) in der Saison 1963 US-<br />
Meister. „Sie war schön und schnell, gewann<br />
bis 1965 sieben nationale AMA-<br />
Rennen.“ Fred ist ein wandelndes Lexikon:<br />
„Dick Mann holte acht seiner 24<br />
AMA-Siege auf Matchless.“ Die 50 PS der<br />
G 50 hatten mit 150 Kilogramm Fahrzeuggewicht<br />
leichtes Spiel: „Die ging 135<br />
Meilen.“ Das sind 217 km/h! Auch Fred ist<br />
Rennen mit der Matchless gefahren, mit<br />
seiner Startnummer 91.<br />
Matchless hat zwischen 1958 und 1962<br />
nur 180 Exemplare von der G 50 gebaut.<br />
Dick Mann verkaufte sein Ersthand-Exemplar<br />
mit der Motornummer 102 im Jahr<br />
1989 an seinen Freund Fred Mork. „Da wa<br />
Haufenweise Geschichte(n): ob Modellbausätze,<br />
Poster oder „Pisspott“-Helm mit Brille und Heinkel-Aufkleber<br />
...<br />
Kunst, Kultur und Leidenschaft: Fred<br />
schraubt, schweißt und studiert – historische<br />
Bedienungsanleitungen<br />
Zum Niederknien: Fred Mork mag seine<br />
Aermacchi-Harley-Davidson 350 CRTT,<br />
kurzhubiger Bote einer verrückten Ära
Schweden-Trio: zwischen Monark (l.)<br />
und Husqvarna-Single-Crosser (Replika,<br />
r.) die 500er-Werks-Lito von ca. 1960<br />
Eines von nur zwei<br />
Exemplaren: 500er-Viertakt-Motocrosser<br />
von<br />
Monark für Sten Lundin<br />
(Schweden, 1955/56)<br />
ren noch alle Teile vorhanden, ich musste<br />
sie nur ein wenig umbauen und restaurieren.“<br />
Neben ihr parkt eine eng verwandte<br />
AJS 7 R „Boy Racer“ von Alistair King:<br />
klassisch schwarz mit goldenen Zierstreifen<br />
auf dem Tank. Ihr langhubiger 350erohc-Einzylinder<br />
drückte satte 38 PS bei<br />
7200 Touren ab.<br />
Aus dem Besitz von Dick Mann stammt<br />
ebenfalls die BSA Gold Star 500. „Der Flat<br />
Tracker hat von 1957 bis 1967 viele nationale<br />
Meisterschaftsläufe gewonnen.“ Das<br />
Exemplar mit Motornummer 123 und originalem<br />
BSA-Flat Track-Rahmen ziert ein<br />
Fiberglas-Tank von George Curtis und viele<br />
Magnesiumsteile. Zu den Glanzstücken<br />
in Freds Sammlung zählt die preisgekrönte<br />
Royal Enfield K1 mit 976-Kubik-V2 von<br />
1930. „Die Erstzulassung in England war<br />
aber erst 1934.“ „Heutiges Öl ist zu dünnflüssig<br />
fürs Getriebe, es sollte mehr<br />
Schmier fett enthalten“, entschuldigt Fred<br />
die kleine Ölpfütze darunter. Er mag<br />
„cleane“, clevere Konstruktionen. Und<br />
Motor räder aus Europa: „Die Maschinen<br />
meiner Jugend.“<br />
Beispielsweise die Moto Parilla Wildcat<br />
Scrambler: “Ich erstand dieses Modell 1963<br />
und hatte viele Renn erfolge damit.“ Mister<br />
Mork hat eine Schwäche für die kleinen<br />
Italienerinnen, denn er besitzt noch<br />
vier weitere Moto Parilla: eine restaurierte<br />
250er-Tourist von 1964 und eine bildschöne<br />
Grand Sport Café Special 250,<br />
eben falls aus den 60ern. Ferner eine<br />
175er-Grand Sport von 1959 und eine<br />
250er-Grand Sport von 1963, beide im<br />
Originalzustand. Was Freds Privat-Kollektion<br />
von öffentlichen Motorradmuseen<br />
unterscheidet, sind die dürftigen, handgeschriebenen<br />
Erläuterungen. Und die nur<br />
bei den wichtigsten Bikes. Fred und seine<br />
Besucher wissen eben, was er da hat.<br />
In der Werkstatt erblicke ich eine Sandstrahlmaschine<br />
und haufenweise Ersatzteile:<br />
Motorgehäuse, Kolben, Zylinder,<br />
Kupplungspakete, Getrieberäder – alles<br />
sortiert nach Herstellern und Modellen.<br />
So manches Kleinod harrt in Pappkartons<br />
oder metallenen Schubladen seiner Bestimmung.<br />
Der gelernte Blechschlosser mit<br />
eigenem Betrieb für Heizungs- und Lüftungsbau<br />
kann flexen, bohren und schweißen.<br />
Er fräst Gabelbrücken, dreht Achsen<br />
und lötet Schutzblechhalter. Selbst die<br />
Hüllrohre der berühmten Roadholder-Gabel<br />
von Norton fertigte er schon mal selbst<br />
an. Nur das Honen von Zylindern, Lackarbeiten<br />
oder andere „knifflige Dinge“ überlässt<br />
er Spezialisten.<br />
„Manche meiner Motorräder habe ich<br />
restauriert gekauft, bei anderen musste ich<br />
eben selber ran“, erklärt Fred lapidar. „Die<br />
meisten meiner Maschinen sind nicht<br />
überrestauriert – sie sind nur so gut, wie<br />
sie sein müssen. Ich baue gerne Motorräder<br />
wieder komplett auf: Wenn sie danach<br />
richtig gut fahren, dann hat das eine<br />
Art von Wiederbelebung.“ So geschehen<br />
mit der 1967er-Harley-Davidson KR 750<br />
Vor der Restaurierung: Velocette<br />
Venom in Teilen, als kniffliges<br />
3-D-Puzzle<br />
Auch Spielzeug erzählt Storys: von<br />
Blech hin zu Plastik und von Kanonen-<br />
Motorrädern (2. v. r.) in Kriegszeiten
SZENE I<br />
Porträt US-Sammler Fred Mork<br />
„Mit dieser Matchless G 50 holte Dick Mann 1963 die<br />
US-Meisterschaft. Und ich bin erst der zweite Besitzer!“<br />
TT in den Werksfarben Schwarz-Orange.<br />
„Sie schaffte 1967 auf der TT einen Schnitt<br />
von 100 Meilen pro Stunde, lief später in<br />
Daytona gestoppte 149,9 Meilen pro Stunde!“<br />
Wow, das sind 241 km/h!<br />
Schnell noch die Treppe hoch. In der<br />
ersten Etage zeigt mir Fred Mork weitere<br />
Teile in rauen Mengen. Dazwischen wartet<br />
ein BSA Scrambler als „Rolling Chassis“<br />
auf die Restaurierung. Daneben drei<br />
Can Am-Zweitakter: ein Crosser, ein Straßenumbau<br />
und ein „Wald- und Wiesen-<br />
Bike“. Nicht zu vergessen die Rahmen-<br />
Kollektion von Aermacchi, Harley-Davidson,<br />
Velocette und Moto Parilla. „Wenn<br />
ich mal etwas brauche, dann weiß ich, wo<br />
ich es finde.“<br />
Das wissen auch andere zu schätzen,<br />
denn nach meinem Besuch hat sich Fred<br />
im Januar <strong>2015</strong> von einigen seiner Kostbarkeiten<br />
getrennt. Bei der Bonhams-<br />
Auktion in Las Vegas kamen 21 seiner<br />
Motorräder unter den Hammer, zwölf davon<br />
fanden neue Besitzer. Darunter auch<br />
die Ex-Dick Mann-Matchless G 50, die für<br />
115 000 Dollar wegging. Kein Schnäppchen<br />
war auch die Excelsior-Henderson<br />
Super X von 1928 mit nur 4400 Meilen auf<br />
dem Tacho, die einem Käufer nach hartem<br />
Bieter-Wettstreit 89 700 Dollar wert war.<br />
Fred hatte die Excelsior einst „authentisch,<br />
unrestauriert“ von der Witwe des langjährigen<br />
Besitzers gekauft: „Die Super X war<br />
eine echte Überlebende – an ihr war nicht<br />
viel zu machen.“<br />
Will heißen: „Säubern, alles ölen und<br />
die Mechanik durchchecken. Dann noch<br />
den Magnetzünder wieder aufbauen und<br />
Replika-Reifen aufziehen, fertig.“ Nur 100<br />
Meilen fuhr Fred selbst auf dem recht<br />
leichten Blockmotor-V-Twin mit 737 cm³.<br />
Reut ihn nicht der Verkauf? „Nein“, antwortet<br />
Fred, „wir alle sind nur vorübergehende<br />
Besitzer oder Hüter solcher Maschinen.<br />
Mir ging einfach der Platz aus.<br />
Da war es an der Zeit, sie an ein neues Zuhause<br />
weiterzugeben.“ Fred Mork bleiben<br />
ja noch 95 Motorräder. Er widmet sich<br />
nun verstärkt dem Kern seiner Sammlung.<br />
Er hat noch immer Benzin im Blut.<br />
Viel Spaß mit deinen Off-Roadern und<br />
Klassikern, Mork vom Ork!<br />
◻<br />
Fred kennt seine Pappenheimer: Alte<br />
englische Ladys werden gern mal inkontinent.<br />
Kluger Mann baut mit Ölwanne vor<br />
Schichtwechsel: Heutzutage steht Can Am<br />
aus Kanada für dreirädrige Roadster,<br />
baute aber einst kleine Zweitaktcrosser<br />
Bildschöne Wildkatze: 250er-Moto<br />
Parilla als italienische, mechanische<br />
Skulptur („Wild Cat Scrambler“, 1963)<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
19.-21. Juni <strong>2015</strong><br />
ADAC<br />
Sachsenring<br />
<strong>Classic</strong><br />
Motorsportlegenden der<br />
50er/60er & 70er/80er<br />
u.a. mit Hugh Anderson<br />
Jan de Vries, Luigi Taveri,<br />
Eugenio Lazzarini, Dieter Braun,<br />
Ralf Waldmann, Heinz Rosner …<br />
weltmeisterliches Starterfeld | 13 verschiedene Klassen | Offenes Fahrerlager |<br />
PRO SUPERBIKE Revival | Autogrammstunden | Fankorso | MZ RE | Seitenwagen<br />
www.sachsenring-classic.de
SZENE I<br />
Zündapp K 800-Gespann<br />
Maximallösung<br />
Wer sein Leben lang Gespann fährt und<br />
ständig von Zündapp träumt, der hat sich<br />
das verdient: eine K 800 mit Vierzylinder-<br />
Boxer nebst mächtig schickem Seitenwagen.<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
74 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 75
SZENE I<br />
Zündapp K 800-Gespann<br />
Ein Muster an Zuverlässigkeit<br />
ist der Vierzylinder-Boxer, seit<br />
Gerd Windhorst ihn vor über<br />
20 Jahren neu aufgebaut hat<br />
Luxus à la Richard Küchen: Kaum ein<br />
zeit genössischer Motor läuft so geschmeidig<br />
wie der wartungsfreundliche,<br />
große Seitenventiler aus Nürnberg<br />
Klar längen sich die Ketten des<br />
Küchen-Getriebes. Aber sie<br />
bürgen für Elastizität – und man<br />
kann sie wechseln
Wer hat, der hat: Die K 800<br />
war zu ihrer Zeit ein echtes<br />
Traummotorrad<br />
Es gab gar keine Zweifel:<br />
Das ideale Fahrzeug für<br />
Gerd Windhorst konnte<br />
nur Zündapp heißen. Zum<br />
Warmmachen, na gut, hatte er eine AWO,<br />
danach ein Max-Gespann hergenommen.<br />
Aber als das Geld reichte, kam eine KS<br />
601 Sport mit Steib TR 500 ins Haus. Dieses<br />
Gespann gibt’s noch immer, über 40<br />
Jahre keinen einzigen Tag abgemeldet.<br />
„Und darin“, schmunzelt der 74-jährige<br />
Schmiedemeister, „haben wir unsere Kinder<br />
großgezogen.“ Als das geschafft und<br />
wieder Zeit für eigene Wünsche war, gesellten<br />
sich so um 1980 eine KS 750 und<br />
ein paar Jahre später die K 800 hinzu.<br />
Krönung und Erinnerung zugleich: „Davon<br />
hat mein Vater immer geschwärmt.“<br />
Wohl nicht als Einziger: Die hubraumstärkste<br />
je gebaute Zündapp genoss vor<br />
dem Krieg einen legendären Ruf, sie versprach<br />
unvergleichlichen Luxus, als die<br />
meisten Motorradfahrer nur kleine Einzylinder<br />
kannten. Diese K war die Gold<br />
Wing der 30er-Jahre, den besten BMW<br />
mindestens ebenbürtig. Etwas früher als<br />
die Münchener hatten die Nürnberger<br />
1922 mit dem Motorradbau begonnen,<br />
sich aber vornehmlich in kleineren und<br />
mittleren Hubraumklassen getummelt. Obwohl<br />
dort gutes Geld zu verdienen war,<br />
traf die Weltwirtschaftskrise die Franken<br />
schwer, und so darf durchaus als mutig<br />
gelten, dass der 1932 von seinem Vater<br />
inthronisierte Hans-Friedrich Neumeyer<br />
beschloss, dieser Krise mit einem komplett<br />
neuen und weit gespreizten Programm<br />
zu entfliehen. Als hauptverantwortlichen<br />
Konstrukteur konnte er Richard<br />
Küchen gewinnen, der erst ein Jahr vorher<br />
bei Triumph/Nürnberg an geheuert<br />
und zuvor bereits einige viel beachtete<br />
Motoren vorgestellt hatte. Unter Küchens<br />
Leitung entstand tatsächlich in weniger<br />
als einem Jahr eine Modellpalette, mit<br />
der Zündapp in die Spitze der deutschen<br />
Motorradindustrie aufrückte.<br />
Nur die Einstiegsmodelle namens<br />
Derby trugen noch einen konventionellen<br />
Rohrrahmen. Darüber rangierte die K 200,<br />
ebenfalls noch mit dem bewährten Einzylinder-Zweitakter,<br />
aber – und daher das<br />
K – mit Kardanantrieb und Doppelschleifen-Starrrahmen<br />
aus Kastenprofilen. Es<br />
folgten die Modelle mit völlig neu konstruierten<br />
Seitenventil-Zweizylinder-Boxermotoren<br />
mit 400 und 500 cm³. Schließlich<br />
als Krönung die 600 beziehungsweise<br />
800 cm³ großen Vierzylinder-Boxer, wohl<br />
weniger als Provokation gegenüber BMW<br />
zu verstehen, sondern als Versuch, das<br />
Motorrad höchstmöglich zu zivilisieren.<br />
Vor allem in der Oberklasse und jenseits<br />
sportlicher Einsätze hatte sich der Einzylinder<br />
überlebt, die Amerikaner wiesen<br />
mit ihren großen Luxustourern einen<br />
Weg, dem sich auch einige englische Marken<br />
öffneten und der das ganz besondere<br />
Interesse Richard Küchens fand: Ein Vierzylinder-Boxer<br />
versprach, allemal als Seitenventiler,<br />
einen seidenweichen Rundlauf<br />
bei hauchzartem Leistungseinsatz<br />
aus niedrigsten Drehzahlen und gleichzeitig<br />
ausdauernder Kraft.<br />
Höchstleistung zählte für Küchen nicht<br />
so sehr, dann hätte er ja einfach einen ohv-<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 77
SZENE I<br />
Zündapp K 800-Gespann<br />
Mit nach hinten offenem<br />
Bogenrahmen ist der<br />
Castek-Beiwagen was<br />
Besonderes. Das Boot<br />
ruht schwimmend auf<br />
den beiden Blattfedern
Fast noch im Jugendstil: Die Zierfigur<br />
auf der Bootsnase kostete extra<br />
Der Wiener liebt<br />
das Ornament, also<br />
bot Franz Castek jede<br />
Menge Zierrat an<br />
Motor zeichnen können. Nein, die Leistungscharakteristik<br />
und die gestalterischen<br />
Möglichkeiten des Seitenventilers<br />
begeisterten ihn. Die beiden Grauguss-<br />
Zylinder jeder Seite tragen einen flachen<br />
Leichtmetall-Zylinderkopf, die beiden jeweils<br />
innenliegenden Einlassventile werden<br />
von einem gemeinsamen Ansaugkanal<br />
versorgt. Dieser führt innerhalb des<br />
Triebwerk-Gehäuses zum über dem Getriebe<br />
montierten Einfach-Vergaser, und<br />
wer ein wenig Vorstellungsvermögen besitzt,<br />
der fängt jetzt schon mal an, die Ansaugwege<br />
zu berechnen. Die Gestaltung<br />
der Kühlrippen und noch mehr das charakteristische<br />
Luftleitblech am hinteren<br />
Zylinder verdeutlichen, dass dessen<br />
Hitze haushalt durchaus als Problem gesehen<br />
wurde. Dazu später. Über eine<br />
Mehrscheibenkupplung gelangt die Kraft<br />
an das für Küchen typische und in der<br />
K-Reihe erstmals realisierte Kettengetriebe,<br />
das Hinterrad wird dann von einer<br />
Welle angetrieben. Selbige besitzt keine<br />
Dämpfungselemente, schon deshalb war<br />
die gegenüber einer Zahnrad-Konstruktion<br />
höhere Elastizität des Küchen-Getriebes<br />
sehr willkommen. Die Kugelschaltung<br />
entstammt dem Automobilbau, ihre langen<br />
Schaltwege fallen im Gespannbetrieb<br />
weniger auf als bei flotter Solofahrt.<br />
Unter der vorderen Abdeckhaube des<br />
sehr glattflächig gehaltenen Triebwerkgehäuses<br />
wird es kompliziert: Die Kurbelwelle<br />
treibt über ein Schneckengetriebe<br />
die senkrecht stehende Welle des – ebenfalls<br />
aus Autobeständen stammenden –<br />
Zündverteilers an. Über eine Kette setzt<br />
sie die Nockenwelle in Schwung, diese<br />
wiederum bringt mittels Stirnrädern die<br />
Lichtmaschine auf Trab. Ebenfalls mittels<br />
Stirnrädern treibt die Kurbelwelle die im<br />
Ölsumpf werkelnde Ölpumpe an, welche<br />
übrigens stramme drei Liter Schmiermittel<br />
in Umlauf bringt. Hinter der – formschön<br />
abgedeckten – Lichtmaschine sitzt<br />
der – natürlich ebenfalls abgedeckte –<br />
Vergaser, und zu jenem gibt es gleich zwei<br />
Geschichten: Das anfangs verbaute Teil<br />
machte die K 800 zur Säuferin der Extraklasse,<br />
denn der Unterdruck des ansaugenden<br />
Zylinders verteilt sich zunächst in<br />
aller Ruhe über das meterlange Einlasssystem<br />
des Vierzylinders. Ewig musste<br />
der Gashahn aufgerissen bleiben, damit<br />
Gemisch in die Brennräume gelangte und<br />
schließlich Vortrieb einsetzte. Dann doch<br />
besser in der Beschleunigungsphase einen<br />
Extra-Schluck spendieren und dafür<br />
den Hahn zügig wieder auf Halbgas stellen<br />
können. Darum kam die K 800 schnell<br />
zu einem Amal-Vergaser mit Beschleunigerpumpe,<br />
und damit pendelte sich der<br />
Verbrauch bei rund sechs Litern ein.<br />
Die andere Geschichte? Stammt von<br />
Gerd Windhorst. Der fährt nämlich ohne<br />
die Verkleidung des Vergasers herum,<br />
und das aus gutem Grund. Unter bestimmten<br />
Bedingungen können Lima und<br />
Motor unter der ganzen Deckelei eine<br />
ziemliche Hitze aufbauen. Und dann reichen<br />
manchmal ein fröhlich verdunstendes<br />
Benzintröpfchen und ein klitzekleines<br />
Da haben sie zwei gesucht<br />
und gefunden:<br />
Der ebenso mächtige<br />
wie schwungvolle Rekord-Tourenbeiwagen<br />
passt perfekt zur imposanten<br />
Zündapp <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 79
SZENE I<br />
Zündapp K 800-Gespann<br />
In seiner bestens ausgestatteten<br />
Werkstatt betreut Gerd Windhorst<br />
nicht nur die K 800, sondern gelegentlich<br />
sogar Fremdfabrikate<br />
Gewollte Nähe: Einen Walzentacho<br />
hatten damals nur Autos.<br />
Nein, wohl nur Amischlitten<br />
Fünkchen an den Lima-Kohlen, um die<br />
ganze schöne Zündapp in Brand zu setzen.<br />
So geschehen und gerade noch rechtzeitig<br />
bemerkt während eines Familienausflugs<br />
mit mehreren Gespannen. Die<br />
finden im Hause Windhorst – getreu dem<br />
alten Slogan: „Mit Zündapp durch die<br />
Welt, spart Arbeit, Zeit und Geld“ – regelmäßig<br />
statt, und dabei schlägt sich die<br />
K 800 wacker. Auch Rallyes mit Tagesetappen<br />
von 200 Kilometern scheut der<br />
stolze Besitzer keineswegs, insgesamt<br />
30 000 hat er, meist begleitet von seiner<br />
Frau, schon zurückgelegt.<br />
Und so war das auch gedacht, als er<br />
die K 800, Baujahr 1936, quasi um die<br />
Ecke erworben hat. Sah noch ganz gut<br />
aus, der Motor war aber „auf“, wie man<br />
in Norddeutschland sagt. Den hat Gerd<br />
Windhorst also gemacht, und dabei festgestellt,<br />
dass ein Lagersitz für die Kurbelwelle<br />
nicht mit dem entsprechenden Rollenlager<br />
fluchtete. Der war falsch gefräst<br />
worden; sensible Sache. Seither hat er die<br />
Lager noch mal erneuert, demnächst sind<br />
sie wieder dran. Das Küchen-Getriebe<br />
findet er prima, hat damals reingeguckt,<br />
keinen nennenswerten Verschleiß festgestellt<br />
und alles wieder eingebaut. Später<br />
www.motorrad-classic.de
DATEN<br />
Zündapp<br />
K 800-Gespann<br />
Motor: Luftgekühlter Vierzylinder-Viertaktsv-Boxermotor,<br />
eine untenliegende Nockenwelle,<br />
je zwei Ventile pro Zylinder, über Stößel<br />
betätigt, Bohrung x Hub 62 x 66,6 mm, Verdichtung<br />
5,8:1, Hubraum 791 cm³, Leistung<br />
22 PS bei 4300/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Kupplung,<br />
Viergang-Duplexketten-Getriebe, Wellenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Pressstahl-Profilen,<br />
Trapezgabel aus Pressstahl-Profilen<br />
mit hydraulischem Dämpfer, Drahtspeichenräder<br />
mit Stahlfelgen, austauschbar, Reifen<br />
3.50-19 vorn und hinten, Simplex-Halbnaben-<br />
Trommelbremse vorn und hinten<br />
Beiwagen: Rekord-Touren-Beiwagen der Firma<br />
Franz Castek/Wien, hinten offenes Bogenchassis<br />
aus Stahlrohr, mit vier Anschlüssen am<br />
Motorradrahmen befestigt, 1 ½-sitziges Stahlblech-Boot,<br />
auf Blattfedern gelagert, Beiwagenrad<br />
ungefedert, Reifen 3.50 x 19, Halbnaben-<br />
Trommelbremse<br />
Maße und Gewichte: Radstand 1405 mm,<br />
Gewicht vollgetankt 193 kg (Gespann zirka<br />
320 kg), Tankinhalt 12 l<br />
Höchstgeschwindigkeit: zirka 125 km/h<br />
(als Gespann zirka 105 km/h)<br />
Der Vierzylinder-Zündapp zur Seite steht ein<br />
imposanter Rekord-Beiwagen aus Österreich<br />
hat der passionierte Zündapp-Sammler<br />
und Restaurator die entsprechende Meterware<br />
gefunden und seither bei einigen<br />
Getrieben schon die Ketten getauscht. „Irgendwann“,<br />
bemerkt er ganz entspannt,<br />
„kommt das von der K 800 wohl auch mal<br />
dran.“ Als einzige Schwachstellen nennt<br />
Windhorst die hinteren Zylinder, aber<br />
weil er die Bohrung zwei Hundertstel größer<br />
hat schleifen lassen, herrscht Ruhe.<br />
Kein Kolbenzwicken, kein gar nichts, und<br />
von verölten Kerzen weiß er auch nicht<br />
zu berichten. Stattdessen von einem überaus<br />
souveränen Motorlauf, trotz nicht<br />
gerade üppiger Schwungmassen bestens<br />
geeignet für das schwere Gespann.<br />
Denn das war klar: Die K 800 sollte<br />
nicht alleine bleiben. Ihr zur Seite steht<br />
der wahrlich imposante Rekord-Beiwagen<br />
aus der Produktion des Wieners<br />
Franz Castek. Den fand Windhorst, man<br />
glaubt es kaum, zwei, drei Dörfer weiter,<br />
mitten in der norddeutschen Tiefebene.<br />
Mit dem verchromten und armdicken<br />
Rohr seines hinten offenen Bogenchassis'<br />
ist der Rekord ein echter Hingucker, allemal<br />
in der ausladenden Touren-Variante.<br />
Auf jeder Seite trägt der nahtlos gezogene<br />
Rohrbogen unten eine Blattfeder, auf<br />
denen ruht das aus Walzblech gefertigte<br />
Boot. Allerdings ist es nur am vorderen<br />
Ende der Feder fixiert, auf dem hinteren<br />
besitzt es einen für Franz Castek gesetzlich<br />
geschützten Federrollengleiter. Der<br />
Mechanikermeister warb dafür mit blumigen<br />
Worten: „Diese Gleiter haben das<br />
Bestreben, den kleinsten sowie den<br />
stärksten Stoß rollend auf der Langfeder<br />
auszugleichen, so- dass die Karosserie immer<br />
ruhig und sanft dahinschwebt.“ Seitliche<br />
Stöße auf das Seitenwagenrad soll<br />
der elastische Bogenrahmen abfedern,<br />
unterm Strich, so verspricht Castek, „ist<br />
selbst auf den schlechtesten Straßen das<br />
Fahren möglich“. Das kann Gerd Windhorst<br />
nur bestätigen: Klagen aus dem Seitenwagen<br />
kennt er „eigentlich gar nicht“.<br />
In allen möglichen Dekors wurde ausgeliefert,<br />
auch das von Windhorst restaurierte<br />
Boot präsentiert sich in schwung-<br />
vollem Design. Von den damals offerierten<br />
Extras kann es Seitenwagenbremse<br />
und Cabrio-Dach vorzeigen, die Seitenlampe<br />
in Stromlinienform nicht zu vergessen<br />
und schon gar nicht die Zierfigur<br />
auf der Bootsnase. Sie hat die Form eines<br />
schwebenden Schutzengels, und der<br />
macht seinen Job – mittlerweile sogar als<br />
Brandschützer – echt gut. Das beruhigt<br />
Gerd Windhorst ungemein, denn seine<br />
Freude an diesem Gespann ist unübersehbar:<br />
Dem kalten Motor verabreicht er mittels<br />
Gasgriff drei, vier kleine Benzinspritzer,<br />
schaltet die Zündung ein, tritt zweimal<br />
auf den Kickstarter, dann lächelt er<br />
selig. In unerschütterlichem und ruhigem<br />
Leerlauf wartet die Zündapp, bis Windhorst<br />
sich die Brille zurechtgerückt hat,<br />
dann legt er den zweiten Gang ein – „Den<br />
ersten brauch ich nur in den Bergen“ –<br />
und fährt vom Hof. Knapp über 40 hat er<br />
den Vierten drin – „Aber der reicht auch<br />
runter bis 30“ – und spätestens dann weiß<br />
er wieder ganz und gar: „So ein elastischer<br />
Motor, der ist wohl einmalig.“ ◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 81
SZENE I<br />
Guzzi-Restaurierung<br />
82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Am<br />
oberen<br />
Ende<br />
Für einen anspruchsvollen Sammler haben Guzzi-<br />
Händler Reinhard Bäcker und seine Leute zwei<br />
Le Mans I sowie eine V7 Sport in Original- und<br />
Museumszustand versetzt. Ein Abenteuer.<br />
Text: Fred Siemer; Fotos: Siemer, PS.Speicher (1)<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 83
SZENE I<br />
Guzzi-Restaurierung<br />
Wer durch und<br />
durch Guzzi ist,<br />
freut sich natürlich<br />
über eine schöne<br />
V7 Sport. Reinhard<br />
Bäcker und Peter<br />
Gries (r.) hinter<br />
ihrem Prachtstück<br />
Man kann alles gut machen. Und man<br />
kann es sehr gut machen. Was noch<br />
lange nicht bedeutet, dann alles so<br />
gut, wie es überhaupt geht, gemacht<br />
zu haben. Letztgenanntes Vorgehen, das wissen Schrauber<br />
und Chef von Guzzi Bäcker aus Laer im Münsterland<br />
seit einigen Monaten sehr genau, setzt echte Lern- und<br />
Leidensfähigkeit voraus. Weit über zwei Jahre nämlich<br />
hatten sie sich mit drei aufwendigen Restaurierungen<br />
beschäftigt, vor einigen Monaten war es endlich geschafft:<br />
Die V7 Sport sowie zwei Le Mans I eines äußerst<br />
ambitionierten Kunden strahlten wieder im neuwertigen<br />
Originalzustand. Wer jetzt „Na und?“ fragt, hat das Projekt<br />
nicht wirklich erfasst.<br />
Zur Ausgangslage: Besagter Kunde war mit einer von<br />
Reinhard Bäcker und seinen Leuten fürs vergnügliche<br />
wie stilvolle Fahren aufgebauten Le Mans I sehr zufrieden.<br />
Leichtere Schwungmasse, größere Vergaser, Lafranconi-Auspuffanlage<br />
– die Jungs hatten eingebaut, was<br />
auf der Landstraße eben Freude macht. Allerdings fährt<br />
dieser Kunde nicht nur, er sammelt vor allem. Unter<br />
anderem sämtliche sportlichen Guzzis mit V-Motor.<br />
Es gibt zwei Serien der Le Mans I<br />
Die Betonung liegt hier auf sämtliche, und deswegen<br />
benötigte er noch eine V7 Sport mit Scheibenbremsen<br />
sowie die unverbauten Le Mans I beider Serien. Zwei<br />
Motorräder brachte er mit, eines stand bei Bäcker zum<br />
84 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Allerletzte Arbeiten an der V7 Sport,<br />
dann startet sie zum Probelauf. Die<br />
Spiralen rund um beide Krümmer<br />
sollen schützen oder kühlen, man weiß<br />
es nicht, laufen aber als zeitgenössisches<br />
Zubehör. Nach dem Druck aufs<br />
Knöpfchen rührt sich der Motor, einige<br />
Einstellungen später läuft er richtig<br />
gut. Wir lernen: Die Mechanik macht<br />
oft weniger Sorgen als die Peripherie<br />
Verkauf. Der Plan: Die komplette Demontage sollte zeigen,<br />
ob irgendwo schlimme verdeckte Defekte schlummern,<br />
danach würde man einen Preis für die Restaurierung<br />
aushandeln. „Alle drei Motorräder“, berichtet Reinhard<br />
Bäcker, „hatten natürlich schon ein Leben hinter<br />
sich. Aber sie waren weitgehend im Originalzustand,<br />
wiesen, sofern man das sagen konnte, keine astronomischen<br />
Laufleistungen auf und standen ordentlich da.“<br />
Defekte fanden sich keine, also ging man ans Werk.<br />
Bloß wie? Natürlich kann jedermann einen defekten<br />
Blinker von einem funktionstüchtigen unterscheiden.<br />
Doch der Anspruch nach Originalität verlangt mehr: Es<br />
muss der genau zu dieser Fahrgestellnummer passende<br />
sowie am richtigen Platz montierte Blinker sein, und das<br />
Heutige Fotos<br />
helfen beim<br />
Restaurieren<br />
kaum weiter<br />
bei über beziehungsweise<br />
knapp unter 40 Jahre alten<br />
Motorrädern. Von der V7<br />
Sport entstanden zwischen<br />
1972 und 1974 rund 4000<br />
Exemplare, inklusive gut<br />
150 Vorserienmodellen mit<br />
dem meist rot lackierten<br />
Rahmen (telaio rosso). Es gab drei Serien, die sich eigentlich<br />
recht leicht unterscheiden lassen, aber es gab daneben<br />
noch Abweichungen oder fließende Übergänge in<br />
der Ausstattung. Heutige Fotos, das lernten die Bäcker-<br />
Jungs schnell, helfen kaum weiter, doch zum Glück hält<br />
das Internet manchmal selbst Ansichten seltener Pro-<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 85
SZENE I<br />
Guzzi-Restaurierung<br />
Ja, es musste der bei vielen längst<br />
ausgebootete Bosch-Anlasser ohne<br />
Magnetschalter sein (unten), und nein,<br />
auch der Sicherungskasten wurde<br />
nicht modernisiert (ganz unten). Von<br />
Abblendschalter bis Zündspule: Die<br />
Restaurierung der Elektrik hat sehr viel<br />
Arbeit bereitet. Besondere Aufmerksamkeit<br />
verdienen die Aprilia-Blinker<br />
mit ihren neu versilberten Reflektoren<br />
Grobes Schleifwerkzeug<br />
hat an<br />
filigranen Teilen<br />
nichts verloren<br />
spekte vor. „Nur so konnten<br />
wir sehen, wie die Motorräder<br />
damals das Werk<br />
verlassen haben“, erzählt<br />
Mechaniker Sergej Cicerin<br />
und stöhnt noch immer<br />
über die mühsame Bildschirmarbeit:<br />
„Die meisten<br />
Fotos im Netz stammen von privaten Maschinen. Die<br />
kannst du fast alle vergessen, weil eben jeder anbaut, was<br />
er gerade hat oder was er schön findet.“<br />
Die Frage, ob es denn das je gegeben habe, eine<br />
V7 Sport mit Scheibenbremsen, stellt sich allerdings nur<br />
Außenseitern. Klarer Fall, ja, und zwar ab 1973 Doppelscheibe<br />
vorn und Scheibe hinten in Europa als Option, in<br />
den USA die Doppelscheibe als Serie. Zum selten verkauften<br />
Kit gehörten nicht nur die Stahlscheiben und Brembo-<br />
Zangen, sondern auch Gabeltauchrohre, Schutzblechhalterung<br />
sowie Bremsarmatur. Bereits 1972 durften die<br />
Amis zwischen schwarzen und grauen Rahmen wählen,<br />
im Jahr drauf auch Europäer. Bäckers Kunde entschied<br />
sich für grau, und das passt hervorragend zum tiefroten<br />
Lack von Tank und Seitendeckeln – in Nordamerika<br />
seinerzeit übrigens die beliebteste Farbkombination.<br />
Im normalen Leben kommt an dieser Stelle der Tank<br />
zum Lackierer, und der auf Dichtigkeit geprüfte Tankdeckel<br />
wird – einmal überpoliert – eine Zeit lang im Regal<br />
verstaut. Im vorliegenden Fall jedoch zerlegte Peter Gries<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Reinhard Bäcker bei<br />
der Kür. Freihand.<br />
Tacho ohne Tageskilometer<br />
zähler<br />
(unten rechts) bedeutet:<br />
erste Serie<br />
der Le Mans I<br />
den Deckel in all seine Einzelteile und gab das Metall zum<br />
Beschichten. Selbst die Benzinhähne – der linke funktioniert<br />
bereits elektromagnetisch – wurden zerlegt und<br />
erhielten ihre zeittypische Oberfläche. Mit ganz spitzen<br />
Fingern machte sich Gries auch an die Erneuerung der<br />
Elektrik. Steckleisten, Gehäuse von Zündspule oder Relais:<br />
Alles, wirklich alles sollte möglichst genauso aussehen<br />
wie 1973, bei Auslieferung dieser V7 Sport. „Folglich<br />
haben wir beinahe alles zerlegt, restauriert und, was<br />
ging, selber im Original aufgearbeitet“, berichtet Gries,<br />
der dabei oft genug von seiner früheren Berufserfahrung<br />
profitierte. Er ist gelernter Zahntechniker.<br />
Deshalb war er auch der richtige Mann, um die Underseat-Beleuchtung<br />
der V7 Sport wieder zu reaktivieren.<br />
Dieses putzige Lämpchen über dem Sicherungskasten<br />
hat früher selten mehr als drei, vier Jahre überstanden,<br />
weil seine eher freizügig angeordneten Verbindungen im<br />
säuregeschwängerten Dunstkreis der Batterie liegen.<br />
„Zum Glück war das Ding noch dran“, lacht Reinhard<br />
Bäcker, und nach der Behandlung durch Peter Gries<br />
strahlt bei geöffneter Bank nicht nur die polierte originale<br />
Glühbirne wieder, sondern ebenso deren Fassung und der<br />
frisch verchromte Halter. Makellos das alles, und überhaupt:<br />
Unter Tank oder Sitzbank, so scheint es, offen baren<br />
sich die wirklichen Unterschiede zwischen guter und originalgetreuer<br />
Restaurierung. „Stimmt irgendwie“, ergänzt<br />
Bäcker, „aber die sieht man auch in vielen klitzekleinen<br />
Details.“ Schraubenköpfen zum Beispiel, deren Prägung<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 87
SZENE I<br />
Guzzi-Restaurierung<br />
Serie eins der Le Mans I<br />
trägt rundes Rücklicht und<br />
Anderthalbsitzer (unten).<br />
Die goldige Lackierung hat<br />
es nach Ansicht des Auftraggebers<br />
in den USA<br />
gegeben. Ob‘s stimmt? Auf<br />
jeden Fall gab es schwarze<br />
Tauchrohre in Serie zwei<br />
sie als zeitgenössisch ausweisen. „Die sind alle neu verzinkt<br />
oder verchromt worden.“ Dann verweist Bäcker auf die<br />
Blinker. Die Teile stammen von Aprilia, haben aber nichts<br />
mit der gleichnamigen Motorradschmiede zu tun. „Zumindest<br />
in Deutschland waren die wohl montiert“, mutmaßt<br />
er. Und wo noch?<br />
Auch die Scheinwerfer der beiden Le Mans mussten<br />
nach Recherchen des Bäcker-Kunden unbedingt von<br />
diesem Hersteller sein. Waren aber nicht dran. Halb so<br />
schlimm, weil Reinhard Bäcker tagtäglich sowieso einige<br />
Zeit darauf verwendet, alte Guzzi-Teile zu beschaffen.<br />
„Von Schrauben über Karosserieteile bis hin, logisch, zu<br />
kompletten Motorrädern.“ Irgendwann hatte er zwei<br />
Aprilia-Scheinwerfer an der Angel. Auch hier: Glas entfernt,<br />
Reflektoren ausgebaut, neu versilbert. Wahnsinn.<br />
Desgleichen zwei alte Koni-Federbeine, denn bei jenen<br />
der V7 Sport waren die Teller der Federbasis-Verstellung<br />
zerbröselt. Nach der Demontage ging‘s zum Verchromer.<br />
Selbiger entchromt natürlich zunächst, und danach wird’s<br />
manchmal heikel: „Filigrane Teile darf man nicht mit groben<br />
Schleifwerkzeugen bearbeiten“, berichtet Peter Gries,<br />
„sonst gehen all jene zarten Profile, Prägungen, Markierungen<br />
verloren, auf die es letztlich ankommt.“ Der erste<br />
Versuch des Verchromers kostete quasi einen kompletten<br />
Verstellring, weil die Einstellmarken nicht mehr sichtbar<br />
waren. Die beiden Le Mans wiederum trugen komplette<br />
und restaurierungsfähige Federbeine. Aber sollten diese<br />
nicht linear gewickelte Federn haben? Richtig, beschied<br />
88 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
MEINUNG<br />
Foto: faceCatcher<br />
Fred Siemer (59),<br />
freier Jounalist,<br />
schreibt seit 30<br />
Jahren für MO-<br />
TORRAD <strong>Classic</strong><br />
und <strong>MOTORRAD</strong><br />
Solche Schaustücke<br />
können sogar erzählen<br />
Natürlich kann jeder mit seinem Geld<br />
machen, was ihm gefällt. Es gibt ein paar<br />
juristische Einschränkungen, gewiss, aber Guzzis<br />
kaufen und zur musealen Vollreife restaurieren<br />
lassen, fällt nicht darunter. Bislang jedoch haben<br />
solche Projekte bei mir immer einen Nachgeschmack<br />
hinterlassen. Die Frage zumindest, ob<br />
wir dem Motorrad damit nicht zu viel zumuten.<br />
Vermutlich hätte sogar Lino Tonti zugestimmt:<br />
Eine V7 Sport ist kein Picasso. Warum muss<br />
dieses oder jenes Teil genauso aussehen wie<br />
1973? Wo wir doch wissen, dass vor allem bei<br />
italienischen Herstellern oft verbaut wurde, was<br />
eben da war. Außerdem beunruhigt mich, dass<br />
viele dieser Schaustücke einfach für die normale Motorradwelt verloren<br />
sind. Futsch, ins Privatmuseum gestellt. Da ist mir eigentlich jede gut<br />
abgehangene Le Mans lieber, egal welcher Serie, die noch immer den<br />
Weg zum Bikertreff findet. So dachte ich. Und stand dann unversehens<br />
vor diesen drei Guzzis. Habe gestaunt über die ungeheure Handwerkskunst<br />
ihrer Restaurierer, ihre Geduld und ihre Feinfühligkeit. Bin mit<br />
meinen Blicken in jeden Winkel dieser herrlichen Maschinen gekrochen,<br />
und ganz allmählich, aber mit großem Nachdruck, hat sich die Zeit<br />
zurückgedreht. Da habe ich begriffen: Auch Originalrestaurierungen<br />
können Geschichten erzählen. Sie müssen nur saugut gemacht sein.<br />
Foto: Perkovic<br />
Andy Schwietzer<br />
(52), freier Kfz-<br />
Journalist, Buchautor,<br />
Kurator<br />
beim PS.Speicher<br />
in Einbeck<br />
Gebrauchsspuren sind<br />
historische Zeugnisse<br />
Originalität ist ein hohes Gut. Restaurieren<br />
oder nicht? Wenn sich die Frage schon stellt,<br />
sollte man es lassen. Wir lieben doch alte Motorräder,<br />
weil sie aus vergangenen Jahrzehnten<br />
erzählen und uns auf eine Zeitreise mitnehmen.<br />
Und je mehr das Motorrad von den Gedanken<br />
und Absichten seiner Erbauer und Verkäufer wie<br />
auch von Erlebnissen und Sorgen seiner Fahrer<br />
erzählt, umso größer ist der historische Wert.<br />
Daher ist die Restaurierung nur für verrostete<br />
Fragmente, verpfuschte Bastelobjekte oder Totalschäden<br />
die erste Wahl, in anderen Fällen sollten<br />
nur behutsame Reparaturen oder erhaltende<br />
Maßnahmen erfolgen. Viele Restaurierungen der<br />
80er- und 90er-Jahre vernichteten oft mehr Substanz, als sie retteten.<br />
Der Privatmann, der mit seinem Motorrad fährt, kann gern einen anderen<br />
Lenker anbauen, wenn er sich so wohler fühlt. Und wer die Kosten für<br />
Chrom am Tank scheut, ist kein Verbrecher, wenn er Silberbronze aufträgt.<br />
Bei Motorrädern, die öffentlich gezeigt werden, sollte Authentizität jedoch<br />
oberstes Ziel sein. Das muss auch nicht der Zustand sein, den das<br />
Motorrad ab Werk hatte. Zubehör, Umbauten oder Gebrauchsspuren aus<br />
den Jahren der Nutzung sind historische Zeugnisse. Wer den Anspruch hat<br />
zu berichten, wie es einst war, sollte nicht persönlichen Geschmack, sondern<br />
die Geschichte entscheiden lassen, wie das Motorrad auszusehen hat.<br />
Sergej Cicerin nach langem Bilderstudium und verordnete<br />
die dünnere der beiden nun in Frage kommenden Varianten.<br />
„Federn aus dickerem Stahl waren für die Tourer“,<br />
meint er. Und die anderen? Es ist vertrackt: Man kann<br />
recherchieren, so viel man will, leise Zweifel bleiben. Beispielsweise<br />
meint der Kunde, bei der ersten Version der<br />
Le Mans I seien die vorderen Blinker rahmenfest tiefer<br />
anzubringen.<br />
Selbst eingefleischte Guzzisti können bei der Le Mans I<br />
die 1975 vorgestellte erste (Stückzahl knapp 2900) kaum<br />
von der ab 1977 produzierten zweiten Serie (gut 3300<br />
Einheiten) unterscheiden. Warum auch? Technisch hatte<br />
sich rein gar nichts geändert, Lino Tontis Vorzeigesportler<br />
war immer noch eine Wucht. Es müssen Kosten- oder<br />
Rationalisierungsgründe gewesen sein, die zur Verwendung<br />
eines anderen Rücklichts (sehr auffällig), eines neuen<br />
Schutzblechs (kaum auffällig) oder anderer Instrumententöpfe<br />
(gar nicht auffällig) führten. Am meisten heben sich<br />
die Sitzbänke voneinander ab, aber das wissen nur die<br />
ganz Alten, denn bereits vor Erscheinen der zweiten<br />
haben sehr viele Fahrer der ersten Serie ihren ulkigen<br />
Anderthalb- gegen einen ausgewachsenen Zweisitzer<br />
getauscht. So ist er eben, der Motorradfahrer. Praktisch<br />
veranlagt und zupackend. Mit der in diesem Fall fatalen<br />
Folge, dass es heute fast keine Anderthalbsitzer mehr<br />
gibt. Als dann endlich doch eine solche Bank auftauchte,<br />
hatte die einen kleinen Riss, und der, ja, ausgerechnet an<br />
so deutlich sichtbarer Stelle, musste bleiben. Weil die<br />
Bank keinen Bezug trägt, sondern als ein komplettes Teil<br />
geschäumt wurde.<br />
Es hört nicht auf: Sergej Cicerin trieb jemanden auf,<br />
der alte Brembo-Anlagen richtig fein wieder herrichtet –<br />
und auch die nötigen Teile dafür besitzt. Zuvor hatte er<br />
alle Bremssättel neu eloxieren und davor in mehreren<br />
Probeläufen ermitteln lassen, wie man es anstellt, dass<br />
beim Entfernen des alten Eloxats an genau jenen Stellen,<br />
an denen schon vorher aufgrund mechanischer Einflüsse<br />
kein Eloxat mehr war, tiefe Löcher im Material entstehen.<br />
Reinhard Bäcker und Peter Gries entdeckten auf einem<br />
Markt bei einem Heinkel-Stand originale Neiman-Schlösser,<br />
und beinahe gleichzeitig durchzuckte es sie: Die passen<br />
für die Seitendeckel der V7. Sie haben alle gekauft.<br />
„Irgendwie“, sagt Cicerin, „haben wir all die Zeit fast jeden<br />
Tag mal an dieses Projekt gedacht. Eine Idee gehabt, ein<br />
Teil entdeckt, einen Spezialisten gefunden.“ Längst umgab<br />
die drei alten Sportler eine besondere Aura. Peter Gries:<br />
„Es weht einen schon was an, wenn man so ein beinahe<br />
historisches Projekt angeht.“<br />
Und dann wurde zusammengeschraubt: Im Vergleich<br />
zur Peripherie bereiteten die mechanischen Teile aller<br />
drei Guzzis praktisch keine größeren Sorgen. Gegen ihre<br />
Gepflogenheiten verbauten die Mechaniker brav wieder<br />
sämtliche Originalteile, mussten außer Kolben nichts<br />
Wichtiges erneuern. Die ausgeschliffenen Zylinder weisen<br />
nun das erste Übermaß auf. Selbst im Dunkeln von<br />
Motor- und Getriebegehäuse sollte selbstredend der heilige<br />
Originalzustand herrschen, von altertümlichen Sicherungsblechen<br />
bis hin zu schweren Schwungmassen. Die<br />
Motoren wanderten in die Rahmen, Elektrik dran, Vergaser<br />
und so, dann kam ein Anruf. Der Kunde. Die beiden Le<br />
Mans, hatte er sich überlegt, sollten sofort in seine Sammlung<br />
eingereiht werden. „Am nächsten Tag“, so Reinhard<br />
Bäcker, „hätten wir sie Probe laufen lassen.“ Nun also<br />
nicht. Wem sich jetzt das Herz zusammenzieht, der sei<br />
getröstet: Die V7 Sport darf sich auf Ausfahrten freuen.<br />
Sie läuft. Wunderschön, wie an ihrem ersten Tag. ◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 89
RESTAURIERUNG I<br />
BMW R 80 G/S, Teil 6: Übersicht Kosten und Aufwand<br />
ZAHL-<br />
TAG<br />
Vor gut einem Jahr<br />
lag die BMW R 80 G/S<br />
noch bis auf die letzte<br />
Schraube zerfleddert<br />
auf der Werkbank.<br />
Jetzt sorgt die schlanke<br />
Enduro für jede<br />
Menge Fahrspaß. Der<br />
aber hat seinen Preis,<br />
wie der Rückblick auf<br />
Kosten und<br />
Aufwand<br />
zeigt.<br />
Von Werner Koch<br />
Fotos: fact, Koch<br />
Man könnte es auch<br />
einfach bleiben lassen.<br />
Denn alte Motorräder<br />
neu aufzubauen<br />
kostet Zeit, Geld und Nerven. Vor<br />
allem dann, wenn man sich ins Neuland<br />
wagt. Wo gibt‘s welche Teile, wer macht<br />
die besten mechanischen Arbeiten, wer<br />
weiß Rat, wenn‘s klemmt? Nur gut, dass<br />
die Zweiventil-Boxer von einer unglaublich<br />
großen Fan-Gemeinde umsorgt und<br />
von vielen Ersatzteil-Spezialisten mit großer<br />
Erfahrung betreut werden.<br />
Von Anfang an war der nur 30 Kilometer<br />
entfernte BMW-Stützpunkt von<br />
Jochen Siebenrock in Wendlingen am<br />
Neckar Anlaufstelle Nummer eins. Auch<br />
deshalb, weil das Ersatzteillager in Sachen<br />
Zweiventiler mehr als ordentlich<br />
bestückt ist. Mit ein Grund, dass weltweit<br />
eine ganze Reihe von BMW-Spezialisten<br />
die Nachbauteile aus Wendlingen vertreiben.<br />
Jeder, der sich in das Aben teuer einer<br />
Rundum-Renovierung wagt, weiß, wie lästig<br />
es ist, wenn die benötigten Teile nicht<br />
aufzutreiben sind und sich das ganze Projekt<br />
in die Länge zieht.<br />
Aber auch die offizielle BMW-Niederlassung<br />
zeigte sich oftmals auf dem kurzen<br />
Dienstweg sehr hilfreich. Zum Beispiel,<br />
wenn die Werkstatt „zwischendurch“<br />
mit den notwendigen Spezial-Abziehvorrichtungen<br />
das eine oder andere<br />
Bauteil demontierte. Das Ausleihen von<br />
Spezialwerkzeug jedoch wird verständlicherweise<br />
strikt abgelehnt – wobei Ausnahmen<br />
auch hier die Regel bestätigten.<br />
Hilfe kommt ebenfalls vom Internet-<br />
Forum www.2-ventiler.de, in dem jede<br />
Menge nette, leidenschaftliche und erfahrene<br />
Boxer-Treiber mit Rat zur Seite<br />
stehen. Zudem kann man als Mitglied<br />
auf hilfreiche Montagetipps, technische<br />
Zeichnungen und Anzugsdreh momente<br />
zurückgreifen, und das rund um die Uhr<br />
sowie auch am Wochenende. Auf diesem<br />
Wege: ein Dankeschön ans Forum und<br />
alle, die dahinterstehen.<br />
Natürlich gibt es auch zahlreiche<br />
Bücher um und über die Zweiventiler.<br />
Zum Beispiel die Reparaturanleitung von<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Für alle BMW-Novizen empfehlen<br />
sich diese Druckwerke mit<br />
Tipps und Tricks zu Restaurierung<br />
und Motorreparatur,<br />
denn klassischer Maschinenbau<br />
ist eine Sache<br />
für sich. Hilfe rund um<br />
die Uhr gibt’s unter<br />
www.2-ventiler.de<br />
oder gs-forum.eu<br />
In gut 160 Arbeitsstunden<br />
wurde die BMW R 80 G/S<br />
von Grund auf renoviert,<br />
alle Verschleißteile erneuert<br />
oder überarbeitet<br />
die umfassendste Lektüre für die Boxermodelle<br />
R 60/7 bis zur R 100 RS. Zu haben<br />
bei den BMW-Niederlassungen oder im<br />
Schober-Verlag (www.schober-verlag.de).<br />
Etwas antiquiert, dafür mit grundsätzlichen<br />
Technikerklärungen gespickt ist der<br />
Sonderband 121 aus der Reihe „Jetzt helfe<br />
ich mir selbst“ vom Motorbuch Verlag.<br />
Unterm Strich<br />
Nach rund 160 Arbeitsstunden, das sind<br />
umgerechnet 20 Arbeitstage à acht Stunden,<br />
stand die BMW wie gewünscht auf<br />
den Rädern. Die Ersatzteile, von den<br />
Power-Kit-Zylindern bis zum Sitzbankbezug,<br />
schlugen mit 3100 Euro ein ordentliches<br />
Loch ins Budget. Dafür sind jetzt<br />
sämtliche Verschleißteile erneuert oder<br />
überholt – und damit für die nächsten<br />
100 000 Kilometer gut. Für die Oberflächen<br />
von Rahmen, Schwinge und Lackteilen<br />
mussten weitere 950 Euro überwiesen<br />
werden. Was inklusive dem Kaufpreis von<br />
2800 Euro am Ende den strammen Gesamtbetrag<br />
von 6850 Euro ergibt.<br />
Wie zu Anfang gesagt: Man könnte<br />
es auch einfach bleiben lassen. Weil aber<br />
die Lust und Leidenschaft am alten Eisen,<br />
am Basteln und Tüfteln alle finanztechnischen<br />
Einwände hinwegfegte, freut sich<br />
jetzt der Mensch über ein schickes Motorrad<br />
mit höchstem Unterhaltungswert –<br />
und kann die Nachahmung allen Boxer-<br />
Freunden nur bestens empfehlen. ◻<br />
WIR WOLLEN EURE KÜHE SEHEN!<br />
Franz Josef Schermer, der sich mit den<br />
Modellen von 1969 bis 1984 beschäftigt.<br />
Dabei stehen die Pflege und Wartung im<br />
Vordergrund, weniger jedoch spezifische<br />
Arbeiten an Motor und Getriebe.<br />
Bis in die tiefsten Tiefen der Mechanik<br />
dringt dafür Helmut Heusler mit seinem<br />
Buch Boxer-Technik Band 3 vor (Bodensteiner<br />
Verlag, www.andy-schwietzer.de).<br />
Für die Überholung von Getriebe und<br />
Motor eine hervorragende Hilfestellung,<br />
die auch mit Tipps zur Improvisation und<br />
Herstellung von Spezialwerkzeug nicht<br />
hinterm Berg hält.<br />
Etwas umständlich und unübersichtlich,<br />
aber akkurat in der Auflistung, ist<br />
das offizielle BMW-Werkstatthandbuch<br />
Am 30. Mai startet <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> zur<br />
Boxer-Tour über die Schwäbische Alb. Eingeladen<br />
sind alle Leser und Freunde der Münchner<br />
Zweiventiler mit ihren Schätzen, egal ob<br />
Straße, Enduro, Bopper oder Café Racer. Die<br />
rund 250 bis 300 Kilometer lange Strecke ist<br />
wahlweise mit – für die GS-Fraktion – oder<br />
ohne Schotter passagen befahrbar.<br />
Los geht’s um 9.30 Uhr am Gasthof Deutsches<br />
Haus am Kaltenwanghof 1 in 73235 Weilheim/<br />
Teck. Nähere Infos und ein Roadbook gibt’s unter<br />
www.motorrad-classic.de/boxertour.<br />
Nur einer der Tour-Höhepunkte:<br />
Kloster Beuron im Donautal<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 91
NACHDRUCK<br />
92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Der <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Test in Ausgabe<br />
12/1979 zeigte,<br />
dass die hohen<br />
Erwartungen<br />
der Kawasaki-<br />
Fans an den<br />
neu konstruierten<br />
Halbliter-<br />
Vierzylinder<br />
berechtigt<br />
waren<br />
Fotos: MPS Fotostudio<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 93
NACHDRUCK<br />
94 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 95
NACHDRUCK<br />
96 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 97
NACHDRUCK<br />
RÜCKBLICK<br />
Die Kawasaki Z 500<br />
aus heutiger Sicht<br />
Mit dem standfesten Halbliter-Vierzylinder brachte Kawasaki 1979 einen<br />
Dauerbrenner auf den Markt, der nach der Hubraumerweiterung auf 554 Kubikzenti<br />
meter fast zwei Jahrzehnte lang eine kleine, aber feine Familie befeuerte.<br />
Die Softchopper-Variante Z 550 LTD<br />
erhielt 1980 als Erste den großvolumigeren<br />
Vierzylinder mit 554 cm³<br />
Im Jahr darauf folgte die Z 550. Sie<br />
besaß einen günstigeren Drehmomentverlauf<br />
und eine Transistorzündung<br />
Ab 1983 erweiterte die Z 550 GT das<br />
Modellprogramm. Ein 50-PS-Tourer mit<br />
wartungsarmem Kardanantrieb<br />
Ebenfalls 1983 brachte Kawasaki die<br />
überarbeitete Z 550 F. Sie erhielt die<br />
Uni Trak-Federung der 1982er-GPZ<br />
Die GPZ 550 in der dritten Ausbaustufe<br />
mit Halbschalenverkleidung und 65 PS,<br />
wie sie ab 1984 angeboten wurde<br />
Auf der IFMA 1990 gab der luftgekühlte<br />
Zweiventiler in der Zephyr 550 sein<br />
Comeback, Schluss war erst Ende 2000<br />
„Die Z 500 war ein sehr sportliches Motorrad mit<br />
handlichem Fahrwerk und sehr guten Bremsen“<br />
Fotos: Kawasaki<br />
Kawa-Urgestein<br />
Gerhard Sinn<br />
besitzt seine Z<br />
500 noch heute<br />
Nach Kawasakis<br />
großem Erfolg mit<br />
900 Z1, Z 900, Z<br />
1000 und Z 650 beschloss<br />
man in Akashi,<br />
die Z-Reihe mit<br />
einem Vierzylinder<br />
nach unten abzurunden.<br />
Der Charakter<br />
des neuen Motorrads<br />
sollte an die glorreiche<br />
Ära einer 500H1<br />
Mach III anknüpfen. Aus heutiger Sicht würde<br />
ein Vierzylinder technisch zu aufwendig<br />
und zu teuer kommen. Doch in den Boom-<br />
Jahren Ende der 1970er hatte man einen anderen<br />
Anspruch, um das Motorradvolk zu<br />
beglücken. „Die Z 500 ist nicht für Amerika,<br />
sondern nur für Europa gedacht“, betonte<br />
Entwicklungsleiter Tadoro Takahashi bei der<br />
Pressevorstellung der Z 500 Ende 1978.<br />
Keiner aus der damaligen deutschen Technik-Crew<br />
für die Pressevorstellung ist heute<br />
noch bei den Grünen in Friedrichsdorf. Ingbert<br />
Rohrbach, zu dieser Zeit Kundendienstleiter,<br />
genießt seit einigen Jahren den wohlverdienten<br />
Ruhestand. Der letzte Mohikaner<br />
jener Jahre beim deutschen Importeur ist der<br />
heutige Werkstattleiter Gerhard Sinn (59):<br />
„Ich war leider nicht für die Präsentation auf<br />
Malta eingeteilt, kann mich aber noch gut<br />
an diese Zeit erinnern. Bei Kawasaki herrschte<br />
nicht erst seit Gründung der Kawasaki<br />
Motoren GmbH 1975 große Aufbruchstimmung.<br />
Wir sind 1978/1979 mit Lager, Kundendienst<br />
und Werkstatt nach Friedrichsdorf<br />
umgezogen. Kurz zuvor war die Z 500 auf<br />
Malta präsentiert worden. Die 500er war die<br />
ideale Ergänzung der Z-Reihe, im Design allerdings<br />
eher an die kantig gezeichnete Z1-R<br />
angelehnt. Ein sehr sportlich orientiertes<br />
Motorrad mit handlichem Fahrwerk, sehr<br />
guten Bremsen, drehfreudigem Motor und<br />
knackig-enggestuftem Sechsganggetriebe.<br />
Die in dem ersten <strong>MOTORRAD</strong>-Test erwähnte<br />
Mischbereifung war letztendlich der beste<br />
Kompromiss. Früher war die Auswahl an<br />
wirklich guten Reifen wesentlich kleiner als<br />
heute. Ich bin damals lange die Z 650 gefahren<br />
und dann auf die 500er umgestiegen,<br />
die insgesamt sanfter lief. Mir hat auch das<br />
sportlichere Design der Kleinen besser gefallen.<br />
Zudem waren das Preis-/Leistungsverhältnis<br />
und der Benzinverbrauch unschlagbar<br />
günstig. Für mich damals gute Gründe,<br />
um mir das ehemalige Presse-Testmotorrad<br />
zuzulegen, das ich heute noch besitze.“<br />
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SERVICE I<br />
Motorrad abschmieren, Teil 2<br />
Gegen die Achsen des Bösen<br />
Gerne übersehen wird das Schmieren der Radachsen.<br />
Hierbei geht es weniger um eine Funktionsschmierung<br />
– Steckachsen werden geklemmt und drehen<br />
sich nicht – als vielmehr um Montageerleichterung<br />
und Korrosionsschutz. Die ausgebaute Achse ebenfalls<br />
gründlich reinigen. Zum Einschmieren wird ein<br />
druckstabiles und haftstarkes Fett benötigt, das idealerweise<br />
korrosionshemmende Substanzen enthält<br />
und stark wasserabweisend ist. Den Schmierstoff<br />
gleichmäßig auf die gesamte Achse auftragen und<br />
dünn verstreichen. Nach Montage der Achse überflüssiges,<br />
an Gabel- oder Lagerdurchführung abgestreiftes<br />
Fett sorgfältig mit einem Tuch entfernen.<br />
Bei vielen älteren Motorrädern sind noch sogenannte<br />
offene Radlager verbaut. Im Gegensatz zu<br />
modernen, geschlossenen Radlagern, die eine Dauerschmierung<br />
enthalten, müssen Erstere regelmäßig<br />
gefettet werden. Das gelingt am einfachsten im ausgebauten<br />
Zustand, weil dies ebenso die Reinigung<br />
erleichtert. Hierzu nimmt man einen Motorreiniger<br />
und bläst anschließend das Lager mit Pressluft sauber.<br />
Zum Schmieren muss eine größere Portion Fett in<br />
die Hand genommen werden, und zwar im eigent-<br />
FETT-<br />
LÄGERIG<br />
In der letzten <strong>Classic</strong>-Ausgabe haben wir<br />
uns um die Schmierung von Bowdenzügen,<br />
diversen Gleitlagern am Fahrgestell und<br />
Schraubgewinden gekümmert. Hier verraten<br />
wir, wie Bremsgestänge, Achsen, Radund<br />
Lenkkopflager sowie der Gasgriff oder<br />
Batteriepole am besten ihr Fett abkriegen.<br />
Text und Fotos von Marcel Schoch<br />
Bremsgestänge<br />
Das Bremsgestänge<br />
der hinteren Trommelbremse<br />
zum<br />
Schmieren zunächst<br />
reinigen und dann<br />
komplett zerlegen.<br />
Diese Prozedur am<br />
Fußbremshebel wiederholen,<br />
auch hier<br />
das Gestänge zum<br />
Schmieren abbauen<br />
Dass das regelmäßige Abschmieren zum<br />
Standard-Repertoire bei klassischen Motorrädern<br />
zählt, ist wohl allen Besitzern<br />
klar. Nicht aber, wie und mit was geschmiert werden<br />
soll. Das erklärt uns hier Dietmar Schmid, Anwendungstechniker<br />
beim Ulmer Schmierstoff-Spezialist<br />
Liqui Moly zusammen mit Peter Steger von der Firma<br />
R & R, der seit über 20 Jahren klassische Motorräder<br />
restauriert.<br />
„Viele Kunden beklagen sich, dass die hintere<br />
Trommelbremse ihrer Maschine quietscht“, erzählt<br />
Peter Steger. „Eine der wirksamsten Maßnahmen ist<br />
hier die gründliche Reinigung des Bremsgestänges<br />
und das anschließende Schmieren aller beweglichen<br />
Komponenten.“ Die Bremsnocke innerhalb der Trommelbremse<br />
benötigt in der Regel jedoch keinen<br />
Schmierstoff. Bei quietschender Bremse sollte aber<br />
auch sie gesäubert werden. Dabei lässt sich die Nockenachse<br />
auf Spiel und Leichtgängigkeit prüfen. „In<br />
den meisten Fällen verursacht ein unzureichend geschmiertes<br />
und somit schwergängiges Bremsgestänge<br />
das Quietschen“, weiß Dietmar Schmid. „Vor dem<br />
Zerlegen der Trommelbremse also erst einmal das Gestänge<br />
fetten. Am besten mit einem sehr gut haftenden<br />
und druckstabilen Schmierstoff, der außerdem<br />
eine hohe Trennwirkung hat.“ Liqui Moly, aber auch<br />
andere Schmierstoff-Hersteller, bieten hierfür spezielle<br />
Anti-Quietsch-Pasten an. Zum Auftragen das Bremsgestänge<br />
zerlegen, dann alle Verbindungsstellen und<br />
Gelenklager mit der Paste bestreichen. Ein kleiner<br />
Pinsel erleichtert es, auch die Innenflächen zu erreichen.<br />
Falls das anschließend wieder montierte und<br />
korrekt eingestellte Bremsgestänge noch immer<br />
quietscht, muss auch die gereinigte Bremsnocke, die<br />
die Bremsbeläge an die Trommel drückt, dünn mit<br />
der Paste eingestrichen werden. „Verschwinden die<br />
Geräusche auch danach nicht, hilft nur noch ein<br />
Wechsel der Bremsbeläge“, weiß Peter. Vom Anfasen<br />
der Beläge rät er aus Sicherheitsgründen ab. Hierbei<br />
könnten diese beschädigt werden – mit fatalen Folgen<br />
für die Bremswirkung.<br />
100 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Steckachsen<br />
Radlager<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Zum Schmieren<br />
benötigt man ein<br />
spezielles, druckstabiles<br />
Fett. Im<br />
Handel wird es als<br />
„Anti-Quietsch-<br />
Paste“ angeboten.<br />
Alle Kontaktflächen<br />
des Bremsgestänges<br />
sorgfältig mit dieser<br />
Anti-Quietsch-Paste<br />
einstreichen<br />
Das Einstellgewinde<br />
am Bremsgestänge<br />
ebenfalls mit der<br />
Anti-Quietsch-Paste<br />
bestreichen. Ursache<br />
für Quietschen<br />
ist oft die Bremsbolzen-Aufnahme.<br />
Abhilfe schafft das<br />
Einschmieren der<br />
Innenflächen<br />
Das Schmieren der<br />
Steckachse dient<br />
weniger der Funktionssicherung<br />
als viel<br />
mehr dem Korrosionsschutz.<br />
Das Fett<br />
dünn, aber gleichmäßig<br />
auf der Achse<br />
verteilen. Überschüssigen<br />
Schmierstoff<br />
nach der Montage<br />
abwischen<br />
Vor dem Schmieren<br />
der Radlager werden<br />
diese mit einem<br />
Motorenreiniger<br />
gründlich gereinigt.<br />
Zum Schmieren das<br />
Lager in den Fettklumpen<br />
auf der<br />
Handinnenfläche<br />
drücken<br />
Fertig ist dieser<br />
Wartungspunkt,<br />
wenn das Lager<br />
von beiden Seiten<br />
vollständig mit Fett<br />
aufgefüllt ist<br />
Was man wie richtig schmiert<br />
Fürs Motorrad gibt es viele Fette, Öle und Pflegesprays. Hier zeigen<br />
wir im Überblick, welcher Schmierstoff sich dank seiner Eigenschaften<br />
für die jeweiligen Schmierstellen besonders gut eignet.<br />
SCHMIERSTELLE<br />
• Konventioneller<br />
Bowdenzug, neu<br />
• Kupplungshebelachse<br />
• Alle Reibungsflächen<br />
der Kupplungsarmatur<br />
• Konventioneller<br />
Bowdenzug,<br />
gebraucht<br />
• Gewinde für die<br />
Längeneinstellung am<br />
Kupplungszug<br />
• Kerzengewinde<br />
• Seitenständer<br />
• Gleitlager mit<br />
Schmiernippel<br />
• Steckachsen<br />
• Kupplungszug-Nippel<br />
• Lenkkopflager<br />
• Gasgriff (Metall/<br />
Metall- und Metall/<br />
Kunststoff-Schmierstellen)<br />
• Bremsgestänge<br />
• Radlager (offen)<br />
• Gasgriff (Kunststoff/<br />
Kunststoff-Schmierstellen)<br />
• Lenkerrohr (Gasgriff)<br />
• Schalter (Armaturen)<br />
• Schlösser (inklusive<br />
Zündschloss)<br />
• Batteriepole<br />
SCHMIERSTOFF UND EIGENSCHAFTEN<br />
Weißes Wartungsspray<br />
• Feststoff-Schmierung auf<br />
Keramikbasis<br />
• Hohe Kriechfähigkeit<br />
• Keine Verschmutzung im Betrieb<br />
Kriechöl<br />
• Für periodisches Abschmieren<br />
• Hohe Kriechfähigkeit<br />
• Unterwandert Schmutz<br />
• Verdrängt Feuchtigkeit<br />
• Verhindert Korrosion<br />
Kupferpaste<br />
• Leitfähig<br />
• Temperaturstabil<br />
• Verhindert Festfressen des<br />
Gewindes<br />
Haftschmier-Spray<br />
• Für gelegentliches Abschmieren<br />
• Hohe Haftwirkung<br />
• Hohe Kriechfähigkeit<br />
• Verdrängt Feuchtigkeit<br />
• Verhindert Korrosion<br />
Langzeitfett mit MoS2<br />
• Druckstabil<br />
• Für Schmierstellen, die nicht<br />
rotieren<br />
• Verharzt nicht<br />
• Verdrängt Wasser<br />
• Verhindert Korrosion<br />
Bremsen-Anti-Quietsch-Paste<br />
• Fließt nicht bei Wärme<br />
• Haftfest<br />
• Hohe Druckstabilität<br />
Radlagerfett<br />
• Für schnell rotierenden<br />
Wälzkörper<br />
• Verharzt nicht<br />
• Verhindert Korrosion<br />
• Wird nicht verdrängt<br />
Kunststoff-Fett<br />
• Chemisch stabil<br />
• Für leichte Druckkräfte<br />
• Greift den Kunststoff nicht an<br />
Elektronik-Spray<br />
• Erhält die Leitfähigkeit<br />
• Verhindert Korrosion<br />
• Verdrängt Wasser<br />
Türschloss-Pflegespray<br />
• Hohe Schmierfähigkeit<br />
• Verdrängt Wasser<br />
• Verhindert Korrosion<br />
Polfett<br />
• Isoliert den Pol vor Sauerstoff<br />
und Luftfeuchtigkeit<br />
• Ohne Schmiereigenschaften<br />
• Stark haftend
SERVICE I<br />
Motorrad abschmieren, Teil 2<br />
Lenkkopflager<br />
Zum fachgerechten<br />
Schmieren des<br />
Lenkkopflagers<br />
sollte dieses zerlegt<br />
und gründlich<br />
gereinigt werden.<br />
Anschließend die<br />
obere und untere<br />
Lagerschale<br />
reichlich mit Fett<br />
befüllen<br />
In dieses Fett-„Bett“<br />
werden nun die sauberen<br />
Lagerkugeln<br />
hineingedrückt. Die<br />
richtige Anzahl ist<br />
entscheidend für die<br />
Funktion des Lagers<br />
Vor dem Aufschrauben<br />
des Lagerdeckels<br />
auch das Gewinde<br />
des Lenkrohrs fetten.<br />
Zwischen Lagerdeckel<br />
und -schale soll<br />
ein Fettrand stehen<br />
bleiben. Er schirmt<br />
das Lager vor Wasser<br />
und Schmutz ab<br />
Kegelrollenlager sind<br />
etwas unkomplizierter<br />
in der Handhabung,<br />
da die Rollen<br />
vom Käfig gehalten<br />
werden. Sie werden<br />
– wie die Kugellager-<br />
Variante – mit einem<br />
druckstabilen Langzeitfett<br />
mit MoS2-<br />
Anteil eingeschmiert<br />
Gasgriff<br />
Die Zahnräder der<br />
Gasgriff-Getriebe<br />
sind häufig aus<br />
Kunststoff gefertigt.<br />
Zum Schmieren muss<br />
das Getriebe zerlegt<br />
werden<br />
lichen Wortsinn. Denn das Radlager wird in diesen<br />
Fettklumpen von beiden Seiten hineingedrückt, bis<br />
sämtliche Kugel-Zwischenräume komplett aufgefüllt<br />
sind. Vor dem Einbau des Lagers überschüssiges Fett<br />
abwischen. Logisch, dass zuvor auch der Lagersitz<br />
gründlich gereinigt wurde!<br />
„Wenn sich ein Radlager nur schwer ausbauen<br />
lässt, kann man es notfalls auch im eingebauten Zustand<br />
schmieren“, beruhigt Peter. „Hierzu von der zugänglichen<br />
Seite so viel Fett wie möglich ins Lager<br />
drücken, nachdem man es von altem Fett, Dreck und<br />
Staub gereinigt hat. Wer dabei nicht mit Fett spart, erreicht<br />
beinahe ein ebenso gutes Ergebnis wie beim<br />
ausgebauten Lager.“ Das Abschmieren selbst sollte<br />
mindestens einmal im Jahr mit einem speziellen Radlagerfett<br />
erfolgen. Grund ist die sehr hohe Rotationsgeschwindigkeit<br />
dieser Lager, die den Schmierstoff<br />
extrem fordern, speziell bei Kugellagern. Im Gegensatz<br />
zu gewöhnlichen Fetten, die durch die schnell<br />
rotierenden Wälzkörper nach einer gewissen Zeit<br />
verdrängt werden und das Lager schließlich trockenlaufen<br />
lassen, bleibt ein Radlagerfett auf den Laufflächen<br />
und sichert so dauerhaft die Schmierung.<br />
Schmiermittel gegen Lager-Koller<br />
Lenkkopflager stellen ebenfalls hohe Anforderungen<br />
an die Schmierstoffe. Ob es sich dabei um ein Kegelrollenlager<br />
oder eines mit Kugeln handelt, spielt für<br />
die Wahl des Fettes keine Rolle. Dietmar Schmid<br />
empfiehlt in jedem Fall ein druckstabiles Langzeitfett<br />
mit MoS2-Anteil. „Zum Schmieren sollte das Lenkkopflager<br />
stets ausgebaut und zerlegt werden“, erklärt<br />
Peter. „Im eingebauten Zustand lässt es sich<br />
nämlich nicht richtig reinigen und schmieren.“ Bei<br />
Kegelrollenlagern ist das Zerlegen etwas einfacher,<br />
da der Käfig mit den zylindrischen Lagerwalzen als<br />
ein komplettes Teil demontiert werden kann. Bei<br />
Kugellagern hingegen muss man die in der Lagerschale<br />
befindlichen Kugeln einzeln herausholen.<br />
Dabei darf keine Kugel verloren gehen, weil die<br />
vorgeschrie bene Anzahl entscheidend für die Lastoder<br />
Druckverteilung ist. Geht eine Kugel verloren,<br />
nimmt der Druck auf die verbliebenen zu, was erhöhten<br />
Verschleiß zur Folge hat.<br />
Nach der Reinigung von Kugeln und Lagerschale<br />
wird reichlich Fett in Letztere gestrichen. In dieses<br />
„Bett“ werden dann die Kugeln hineingedrückt.<br />
„Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um das untere<br />
oder obere Lenkkopflager handelt“, weiß Peter. „Das<br />
Fett hält die Kugeln sicher an ihrem angestammten<br />
Platz.“ Sorgfalt ist jedoch beim Einfädeln der unteren<br />
Gabelbrücke mit dem Lenkkopfrohr geboten. „Wer<br />
dabei schräg verkantet, drückt schnell mal mehrere<br />
Kugeln aus dem Lagerbett“, warnt Peter. „Beim Zusammenbau<br />
ist daher ein Helfer sehr nützlich!“ Nach<br />
dem Einbau muss sich das Lager erst setzen. Es sollte<br />
daher nach der ersten Tour noch einmal nachgezogen<br />
werden. Dabei auf Leichtgängigkeit bei gleichzeitiger<br />
Spielfreiheit achten.<br />
Mit den richtigen Fetten Gas geben<br />
Zum Schmieren des Gasgriffs sind zwei verschiedene<br />
Fette nötig. Eines für Kunststoff, das andere für Metalle.<br />
Auch hier empfiehlt sich für eine gründliche<br />
Arbeit die Zerlegung des Gasgriffs. Das Kegelgetriebe<br />
im Gasgriff besteht oft aus Kunststoff, wie auch die<br />
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SERVICE I<br />
Motorrad abschmieren, Teil 2<br />
Eine gründliche<br />
Reinigung ist vor<br />
dem Abschmieren<br />
Pflicht. Hierfür<br />
eignet sich ein<br />
Motorradreiniger<br />
ideal. Plastikzahnräder<br />
benötigen ein<br />
spezielles Fett, das<br />
den empfindlichen<br />
Kunststoff nicht<br />
angreift<br />
Bei Metall-Kunststoff-Paarungen<br />
kann ein MoS2-<br />
haltiges Schmierfett<br />
verwendet werden.<br />
Die Aufnahme des<br />
Gaszug-Nippels<br />
entweder mit<br />
speziellem Kunststoff-Fett<br />
oder<br />
MoS2-haltigem Fett<br />
schmieren<br />
Das Einstreichen<br />
des Lenkerrohrs mit<br />
Fett gewährleistet<br />
ein leichtes Gleiten<br />
des Gasgriffs.<br />
Unterstützt von<br />
Silikon-Spray, das<br />
ein Festkleben des<br />
Gasgriff-Gummis<br />
an der Armatur verhindert<br />
Sonstige Schmierstellen<br />
Mechanische Schaltkomponenten,<br />
wie<br />
hier am Zündschloss,<br />
pflegt man mit einem<br />
Elektronik-Spray.<br />
An der Batterie<br />
schützt Polfett die<br />
Anschlüsse vor<br />
Oxidation<br />
Bremslichtschalter<br />
regelmäßig mit einem<br />
wasserverdrängenden<br />
Wartungsspray<br />
einsprühen. Für<br />
das Zündschloss und<br />
alle anderen Schlösser<br />
am Motorrad ein<br />
Türschloss-Pflegespray<br />
verwenden<br />
Aufnahme des Gaszugnippels. Kunststoff kann vom<br />
Fett angegriffen werden. Daher muss ein verträglicher<br />
Schmierstoff verwendet werden. Liqui Moly<br />
hat so einen mit der Bezeichnung Thermoflex im Angebot.<br />
Er wird mit einem Pinsel auf Kunststoff- oder<br />
Kunststoff-Metall-Paarungen, beispielsweise die Verzahnungen<br />
und die Aufnahme des Gaszugnippels,<br />
aufgestrichen. Für reine Metallpaarungen taugt auch<br />
das Fett mit MoS2-Anteil, das bereits beim Lenkkopflager<br />
zum Einsatz kam und einen guten Verschleißschutz<br />
bietet.<br />
Für einen leichtgängigen Gasgriff bestreicht man<br />
das Lenkrohr ebenfalls dünn mit Thermoflex, da das<br />
Fett hier nur leichte Druckkräfte ausgleichen muss.<br />
Die Leichtgängigkeit lässt sich mit Silikonspray noch<br />
steigern, das zwischen den Rand des Griffgummis<br />
und der Armatur gesprüht wird. „Es verhindert, dass<br />
das Gummi dort festklebt“, so Dietmar Schmid.<br />
Auch die Elektrik braucht Pflegemittel<br />
Nach Pflege verlangen weiterhin die elektrischen<br />
Schalter an Armaturen, Bremse oder Seitenständer.<br />
Obwohl es hier verschiedene Produkte gibt, die genau<br />
auf ihren Einsatzzweck abgestimmt sind, dienen<br />
sie hauptsächlich dazu, Feuchtigkeit zu verdrängen<br />
und Korrosion zu verhindern. Erst in zweiter Linie<br />
schmieren sie auch. Das „Abschmieren“ mit einem<br />
sogenannten Elektronik-Spray ist alle sechs bis acht<br />
Wochen angesagt – nach Regenfahrten jedoch öfter.<br />
Hierzu den Schalter von außen reinigen und das<br />
Schmiermittel – sofern möglich – durch die kleinen<br />
Öffnungen zwischen Schalterhebel und Gehäuse<br />
sprühen. Anschließend die gerade behandelten<br />
Schalter mehrmals betätigen, um das Mittel in deren<br />
Innerem zu verteilen. Bei Bedarf kann dann nochmals<br />
nachgeschmiert werden. Fürs Zündschloss und<br />
die Schlösser von Tankverschluss, Sitzbank oder Gepäcksystem<br />
kommt spezielles Türschloss-Pflegespray<br />
zum Einsatz. Es verdrängt ebenfalls Wasser und<br />
schützt vor Korrosion, schmiert aber deutlich besser.<br />
Damit das Pflegespray alle Bauteile eines Schlosses<br />
erreicht, steckt man dessen feste Kanüle in die oft<br />
mit einer Klappe geschützte Schlüsselöffnung und<br />
gibt ein paar Sprühstöße hinein. Auch hier empfiehlt<br />
sich eine regelmäßige Behandlung. Also etwa alle drei<br />
Monate etwas Türschloss-Pflegespray in alle Schlösser<br />
sprühen.<br />
Zur Pflege der Elektrik gehört ebenso, die Batteriepole<br />
mit Polfett zu bestreichen. „Dies wird oft vergessen“,<br />
so Peter. „Oft kommt es dann zum Totalausfall<br />
der Elektrik, weil die Batterieanschlüsse völlig<br />
oxidiert sind.“ Vor dem Auftragen des Polfetts werden<br />
die Anschlüsse abgeschraubt und gereinigt. Dies<br />
geschieht am besten mit Motorreiniger, anschließend<br />
werden die Pole mit einer feinen Drahtbürste und/<br />
oder feinkörnigem Schmirgelpapier bearbeitet. Ist das<br />
Metall blank, die Leitungen wieder anschrauben und<br />
die Anschlüsse von außen komplett mit Polfett einstreichen.<br />
Dabei darauf achten, dass das Fett den jeweiligen<br />
Pol komplett bedeckt, damit kein Luftsauerstoff<br />
oder Feuchtigkeit an ihn gelangen kann.<br />
Wer seinem Motorrad regelmäßig einen umfassenden<br />
Schmierdienst zukommen lässt, wird nicht<br />
nur mit einer zuverlässigeren Maschine belohnt, sondern<br />
auch mit einem besseren Werterhalt dank verringertem<br />
Verschleiß und Korrosion.<br />
◻<br />
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SPORT I<br />
Yamaha TZ 350-3<br />
Das Kamikaze<br />
Die Yamaha TZ 350-3 mit dem starken Dreizylinder-Motor, mit der Katayama der erste<br />
japanische Motorrad-Weltmeister wurde, hat Rennsportgeschichte geschrieben.<br />
106 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong>
-Bike<br />
Text: Alan Cathcart und Gerhard Eirich<br />
Fotos: Kyoichi Nakamura, Archiv<br />
Es kommt nicht oft vor<br />
in der jüngeren Geschichte<br />
des Straßenrennsports,<br />
dass die Japaner von ihren<br />
europäischen Gegnern ein Bein gestellt<br />
bekommen. Doch genau das passierte Yamaha<br />
in beiden Klassen, der 250er- und<br />
der 350er-GP-Kategorie Mitte der 1970er,<br />
dank Harley-Davidsons italienischem<br />
Ableger Aermacchi. Mit vier WM-Titeln<br />
in Folge hatte Yamaha zwar Anfang der<br />
70er-Jahre die alte Dominanz im 250er-<br />
GP-Rennsport aus dem Jahrzehnt zuvor<br />
wieder erlangen und zudem 1974 und<br />
1975 einen zweifachen Erfolg in der 350er-<br />
Klasse dank Agostini und Cecotto feiern<br />
können. Danach fanden die Japaner jedoch<br />
keine Antwort auf die unerbittliche<br />
Weiterentwicklung der italienischen Zweitakt-Twins.<br />
Die Yamaha-Ingenieure, die<br />
sich ohnehin mehr auf die prestigeträchtigere<br />
500er-Krone konzentrierten, die<br />
ihnen 1976 von Barry Sheene und Suzuki<br />
entrissen worden war, schienen machtlos<br />
gegen die Kombination aus italienischem<br />
Genie und amerikanischer Finanzkraft,<br />
was in der europäischen Yamaha-Zentrale<br />
in Amsterdam, der Basis des Grand Prix-<br />
Werks-Engagements, gar nicht gern gesehen<br />
wurde. Yamaha wollte Meisterschaften<br />
gewinnen und nicht nur Trostpreise<br />
kassieren.<br />
Der Kniff: Aus zwei mach drei<br />
Die Idee zur Lösung dieses Problems in der<br />
350er-Klasse kam auf ungewöhn liche<br />
Weise um die Ecke. Der Schweizer Seitenwagenpilot<br />
Rudi Kurth, ein exzentrisches<br />
Genie, dessen technisches Verständnis sein<br />
fahrerisches Können weit übertraf, so ulkte<br />
man, hatte die Idee als Erster: Er brachte<br />
einen selbst gebauten Dreizylinder-Motor<br />
auf Basis des Zweizylinders der TZ 350 an<br />
den Start, indem er einfach einen weiteren<br />
Zylinder andockte, den Hub von 64<br />
auf 51,8 mm reduzierte, um so eine Leichtbau-500er<br />
zu kreieren, die sehr wettbewerbsfähig,<br />
wenn auch nicht sehr zuverlässig<br />
war. Immerhin genügte dies, um dem<br />
holländischen Mechaniker Ferry Brouwer,<br />
einst bei Phil Read und dessen 125er- und<br />
250er-Werks-V4-Yamahas im Einsatz, die<br />
Idee einzuhauchen, etwas Ähnliches für<br />
den Einsatz in Solorennern zu bauen.<br />
„1974 arbeitete ich bei einem holländischen<br />
Motorradhändler und hatte mit<br />
Straßen-Rennsport wenig am Hut“, erinnert<br />
sich Ferry, heute vor allem als ehemaliger<br />
Boss von Arai-Europe oder als<br />
Förderer des Yamaha-<strong>Classic</strong>-Teams bekannt.<br />
„Aber ich hatte noch immer engen<br />
Kontakt zu Yamaha-Europe, speziell zum<br />
technischen Direktor Minoru Tanaka. Er<br />
hörte von Kurths Dreizylinder-Motor und<br />
hatte die Idee, einen 500er-Solorenner da<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 107
SPORT I<br />
Yamaha TZ 350-3<br />
Der wuchtige 25-Liter-Tank<br />
spannt den Piloten in eine<br />
gestreckte Haltung, die<br />
Scheibe bietet erstaunlich<br />
guten Windschutz<br />
Wichtigster Informant neben dem Drehzahlmesser: die Kühlmittel-Temperaturanzeige<br />
mit zu bestücken und er engagierte mich,<br />
diesen für ihn zu bauen. Also fuhren wir<br />
in die Schweiz und kauften einige Kurbelgehäuse<br />
von Rudi. Damit baute ich den<br />
ersten 500-cm³-Triple in einem Standard-<br />
Rahmen. Insgesamt vier Stück entstanden<br />
und leisteten wohl etwa 98 PS am Hinterrad,<br />
womit wir mehr als konkurrenz fähig<br />
waren. Dann hatten wir die Idee, auch einen<br />
350er zu bauen, also bestellte Tanaka<br />
einige TD2-Kurbelwellen in Japan, und wir<br />
schufen den ersten 350er-Triple. Wir ließen<br />
Kees van der Kruys 1976 einige Rennen<br />
in Holland bestreiten und merkten sehr<br />
schnell, dass wir damit sogar die Weltmeisterschaft<br />
gewinnen könnten.“<br />
Das Werk setzte auf TZ-Twins<br />
Brouwer und Tanaka sahen die Chance,<br />
wussten aber auch, dass sie die Unterstützung<br />
von Yamaha Motor Europe brauchten,<br />
um das Ganze durchführbar zu machen.<br />
Auch wenn das Werk selbst noch<br />
immer beabsichtigte, den Titel mit dem<br />
1975er-Weltmeister Johnny Cecotto auf<br />
dem Werks-Twin TZ 350 zu erringen. Sie<br />
überzeugten den damaligen Chef Mr.<br />
Kuratomo und holten Takazumi Katayama,<br />
den hartnäckigen Verfolger von Walter<br />
Villa in der 250er-WM, als Fahrer an<br />
Bord. Zum Zweimann-Team gehörte auch<br />
Giacomo Agostini, Yamahas 350er-Titelgewinner<br />
von 1974. Fünf Motoren und<br />
zwei komplette Bikes entstanden daraufhin,<br />
beide mit Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen<br />
und Yamaha-Federelementen sowie<br />
-bremsen, hinten mit einem Monocross-Federbein<br />
à la TZ.<br />
Die Motoren waren alle identisch, mit<br />
345 cm³, resultierend aus den Maßen 54 x<br />
50,2 mm für Bohrung und Hub. Sie umfassten<br />
ein Kurth-Kurbelgehäuse, in dem<br />
eine spezielle Hoeckle-Kurbelwelle (das<br />
Werksbauteil hatte zu massiven Problemen<br />
geführt) und Pleuel plus Kolben der<br />
TZ 250 zum Einsatz kamen. Ein Extra<br />
Zylinder wurde an die linke Seite angeschweißt,<br />
was besondere Fähigkeiten und<br />
eine spezielle, von Rudi Kurth entwickelte<br />
Schweißtechnik erforderte. Der leicht<br />
Teamchef Kent<br />
Andersson wusste<br />
1977: „Kata yama<br />
hat die Zeit seines<br />
Lebens und<br />
wird die Weltmeister<br />
schaft<br />
gewinnen.“<br />
nach links versetzt eingebaute Motor<br />
führte zu einer sichtbaren Ausbeulung<br />
der Verkleidung und mahnte die Fahrer<br />
zur Vorsicht in Linkskurven, um nicht die<br />
hinter der Ausbeulung liegende, speziell<br />
angefertigte Kröber-Zündung zu gefährden.<br />
Es wurden Yamaha-Standard-Auspufftöpfe<br />
montiert, wobei der Krümmer<br />
des zusätzlichen Zylinders sich in wahren<br />
Serpentinen zu seiner Mündung wand,<br />
was letztlich aber noch keine Garantie für<br />
Leistung war. „Mr. Tanaka orderte 50 Sets<br />
der TZ 250-Auspuffanlage in Japan“, erinnert<br />
sich Ferry, „und es lagen sieben PS<br />
Unterschied zwischen der besten und der<br />
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schlechtesten Anlage – über 15 Prozent<br />
der Leistung einer 250er. Wir achteten<br />
also sehr darauf, nur die besten zu verwenden.“<br />
Auch bei den Vergasern fiel die<br />
Entscheidung schließlich zugunsten der<br />
34er-Mikunis, nachdem sich Lectron-<br />
Flachschiebervergaser bei Tests als problematisch<br />
heraus gestellt hatten.<br />
Von Beginn an hatte sich die TZ 350-3<br />
als extrem schnell erwiesen, was auch das<br />
Debüt von Katayama mit der 350er im<br />
500er-Rennen im belgischen Mettet im<br />
April 1977 belegte, wo er hinter zwei RG<br />
500 Dritter wurde und viele andere 500er<br />
sowie all die TZ 350-Twins deklassierte.<br />
Nachdem man bereits den ersten GP der<br />
Saison in Venezuela verpasst hatte, wollte<br />
das Team nun eine Woche nach Mettet auf<br />
dem schnellen Salzburgring mit der Aufholjagd<br />
beginnen. Doch Katayama stürzte<br />
im Training, und die hastig reparierte<br />
Maschine lief fürs Rennen nicht richtig.<br />
Sein Ausfall war aber auch ein Glücksfall,<br />
denn Franco Uncini schmiss seine Werks-<br />
Harley weg und verursachte einen Massensturz,<br />
bei dem Hans Stadelmann ums<br />
Leben kam – das Rennen wurde annulliert.<br />
Also stellte der Lauf auf dem ebenfalls<br />
bestens zur Hochgeschwindigkeits-<br />
Rakete passenden Hockenheimring den<br />
ersten ordnungsgemäßen Einsatz dar.<br />
Nach einem betulichen Start flog Katayama<br />
förmlich an den beiden führenden<br />
TZ 350-Twins von Alan North und Jon<br />
Ekerold vorbei, als säßen diese auf 250ern<br />
und siegte mit 15 Sekunden Vorsprung<br />
vor Teamgefährte Agostini, der ebenfalls<br />
von hinten durchs Feld pflügte, dabei<br />
einen Rundenrekord nach dem anderen<br />
aufstellte und die alte Marke letztlich um<br />
2,5 Sekunden unterbot. Platz eins und zwei<br />
im ersten zu Ende gefahrenen GP – das<br />
belegte, dass Brouwer und Tanaka auf<br />
dem richtigen Weg waren, auch wenn der<br />
dritte Platz in der folgenden Woche in<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> 109
SPORT I<br />
Yamaha TZ 350-3<br />
DATEN<br />
Yamaha TZ 350-3<br />
Motor: Wassergekühlter, quer eingebauter Reihendreizylinder-Zweitaktmotor, schlitzgesteuert,<br />
120-Grad-Kurbelwelle, Bohrung x Hub 54 x 50,2 mm, Hubraum 345 cm³, Leistung 87 PS bei<br />
12300/min, drei 34-mm-Mikuni-Vergaser, Kröber-CDI-Zündung<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Trockenkupplung, Sechsganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Spondon-Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, 38-mm-Telegabel von Kayaba vorn,<br />
Zweiarmschwinge aus Stahl mit Kayaba-Monocross-Cantilever-Federung, Reifen vorn 90/90-18,<br />
hinten 110/80-18, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 300 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 180 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1395 mm, Gewicht (ohne Benzin) 121 kg, Tankinhalt 25 l<br />
Fahrleistung: Höchstgeschwindigkeit 256 km/h (Paul Ricard 1977)<br />
Imola zeigte, dass im Handling-Sektor<br />
noch nicht alles perfekt war. Der zusätzliche<br />
Zylinder erschwerte der Triple-TZ<br />
die knackigen Richtungswechsel, wie sie<br />
die TZ-Twins ermöglichten. Vor allem Ago<br />
beschwerte sich von Anfang an darüber<br />
und bestand darauf, die TZ 350 von Cecotto,<br />
der sich den Arm gebrochen hatte, zu<br />
bekommen. Die Yamaha-Bosse zwangen<br />
ihn jedoch letztlich, im Rennen die Triple<br />
zu fahren, wo er früh ausfiel. Der folgende<br />
Achterbahn-Kurs von Jarama lag der Dreizylindermaschine<br />
noch viel weniger, doch<br />
Katayama erkämpfte sich einen dritten<br />
Platz, Ago kam erneut nicht ins Ziel und<br />
sollte auch künftig nie wieder Punkte in<br />
einem 350er-GP erringen.<br />
Der Titel rückte in Reichweite<br />
Katayama hingegen griff immer energischer<br />
nach dem Weltmeistertitel – beim<br />
französischen GP in Paul Ricard legte er<br />
einen Start-Ziel-Sieg hin und gewann mit<br />
24 Sekunden Vorsprung vor Jon Ekerold,<br />
in einem reinen Yamaha-Feld. Harley hatte<br />
aufgegeben und versuchte nicht mehr,<br />
den 350er-Titel zu verteidigen, konzentrierte<br />
sich stattdessen auf die 250er-Klasse.<br />
Tuner und Teammanager Kent Andersson<br />
war höchst zufrieden. „Ich war zwei<br />
Wochen in Amsterdam, um am Motor zu<br />
arbeiten,“ sagte Kent. „Ich flog mit neuen<br />
Zylindern, Köpfen und Kolben nach Paul<br />
Ricard, baute alles ein und Katayama war<br />
sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Auf der<br />
Mistral-Geraden hatte er 17 km/h mehr<br />
Topspeed als die TZ-Twins und brach im<br />
350er-Rennen den 500er-Rundenrekord.<br />
Die Japaner von Yamaha kamen zu mir<br />
und flehten mich an: ‚Bitte, Kent-san, lass<br />
ihn nicht so schnell fahren.‘ Ich ging zur<br />
Boxenmauer, blickte zu Katayama und<br />
sah hinter dem Visier ein enorm breites<br />
Grinsen. Also sagte ich zu den Japanern:<br />
Nein, ich werde ihn nicht einbremsen, er<br />
110 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Gestrippt outet die TZ<br />
ihr mächtiges, zentrales<br />
Federbein und die heraus<br />
ragende, sturzgefährdete<br />
Kröber-Zündung<br />
Verkleidung mit Beule links<br />
Große, wirksame Doppelscheibe mit Yamaha-Bremssätteln<br />
Der Bremssattel hinten stammt von Brembo. Die kleinen Endtöpfe machen mächtig Sound<br />
hat gerade die Zeit seines Lebens und er<br />
wird die Weltmeisterschaft gewinnen.“<br />
Ein Sturz bei einem Rennen zwischen<br />
den WM-Läufen relativierte die Titelhoffnungen<br />
schnell wieder, doch das gebrochene<br />
Schlüsselbein wurde mit einer Platte<br />
fixiert, und schon beim jugoslawischen<br />
GP auf dem verschlungenen und gefährlichen<br />
Kurs in Opatija war Takazumi wieder<br />
am Start. Er gewann mit über einer<br />
halben Minute Vorsprung vor Ekerold,<br />
nachdem er bereits Zweiter bei den<br />
250ern geworden war. In beiden Rennen<br />
schaffte er trotz des kaputten Schlüsselbeins<br />
einen bravourösen Schiebestart –<br />
Erbauer Ferry<br />
Brouwer hat ganze<br />
Arbeit geleistet.<br />
„Mit dem TZ-Triple<br />
waren wir sogar<br />
bei den 500ern<br />
kon kurrenzfähig.“<br />
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SPORT I<br />
Yamaha TZ 350-3<br />
ein tapferer Kämpfer. Katayamas Sieg in<br />
Anderstorp, nach einem harten Zweikampf<br />
mit Kork Ballington in der letzten<br />
Kurve, führte zu einigem Gemurmel und<br />
Geraune über seinen Fahrstil und bescherte<br />
ihm den heute noch bekannten Spitznamen<br />
„Kamikaze“. Der nahm es gelassen,<br />
und es passte zu seiner Vorliebe für Straßenrennkurse,<br />
dass er beim Lauf zum finnischen<br />
GP in Imatra seinen fünften GP-<br />
Sieg in acht Rennen einfuhr, nachdem er<br />
bei einsetzendem Regen auf Slicks an Tom<br />
Herron und Jon Ekerold vorbeipreschte<br />
und so zum ersten japanischen Motorrad-<br />
Weltmeister wurde. Obwohl er die beiden<br />
letzten Rennen in Brünn und Silverstone<br />
ausließ, hatte Katayama am Ende doppelt<br />
so viele Punkte auf dem Konto wie der<br />
Zweitplatzierte Herron.<br />
Die Bosse in Japan waren beschämt<br />
angesichts der Tatsache, dass der Triple<br />
das Werksmotorrad so klar geschlagen<br />
hatte. Schade, denn Mr. Kuratomo mochte<br />
das Projekt und kurzzeitig gab es Pläne<br />
für einen neuen Motor mit Magnesiumgehäuse.<br />
Doch kurz nach dem ersten Sieg<br />
von Katayama mit dem neuen, stärkeren<br />
Bike in der Saison 1978 in Venezuela wurde<br />
alles gestoppt und er durfte es nicht<br />
mehr fahren. Kent Andersson glaubte zu<br />
wissen, warum. „Im Werk war man sehr<br />
aufgebracht, denn man hatte gerade die<br />
neue RD 350 LC in Arbeit. Hier bieten<br />
sie also einen ‚Renner mit Licht‘ für die<br />
Straße an, und wir haben die Straßen<br />
Weltmeisterschaft mit einer Yamaha gewonnen,<br />
die nicht mal von Yamaha gebaut<br />
wurde. Ich bin sicher, deswegen wurde<br />
uns der Einsatz 1978 untersagt.“<br />
Diese kurzsichtige Entscheidung bedeutete,<br />
dass Yamaha nie wieder einen<br />
WM-Titel in der 350er-Klasse erringen<br />
sollte, bevor die Kategorie Ende 1982 eingestellt<br />
wurde. Jon Ekerolds WM-Krone<br />
1980 wurde offiziell auf einer Bimota gewonnen,<br />
und Kawasaki errang alle anderen<br />
Titel. Das war umso bedauerlicher,<br />
weil die 87 PS bei 12 300/min, welche die<br />
TZ 350-3 laut Ferry Brouwer Ende 1977<br />
leistete und die sich als standfest erwiesen,<br />
nicht nur sehr achtbar gegenüber den 78<br />
PS einer sehr gut gehenden TZ 350 waren,<br />
sondern sich auch mit den 82 PS der letzten<br />
ultimativen Rivalin von Kawasaki, der<br />
KR 350 mit dem Drehschieber-Twin messen<br />
konnten. Erst die 90 PS starke Square<br />
Four-RTM schaffte es 1981, stärker und<br />
schneller als Yamahas Triple zu sein.<br />
Nach gelegentlichen Einsätzen als<br />
Forschungsobjekt an der Universität in<br />
Belfast und bei irischen Straßenrennen<br />
holte Ferry Brouwer das Weltmeisterbike<br />
zurück nach Holland, wo er es zusammen<br />
mit seinem Freund Kent Andersson akribisch<br />
in den Originalzustand versetzte.<br />
Als Ferry mir also die Chance bot, diese<br />
Der links angeschweißte<br />
dritte Zylinder fällt nicht<br />
auf – der Triple wirkt wie<br />
aus einem Guss<br />
Ikone in Misano zu fahren, musste er garantiert<br />
nicht zweimal fragen. Die Sitzposition<br />
auf der TZ 350-3 ist sehr 70ertypisch<br />
– man sitzt gefühlt mehr in als auf<br />
dem Bike, in Position gequetscht hinter<br />
dem überdimensionalen 25-Liter-Tank,<br />
der nötig war, um dem größeren Durst des<br />
Dreizylinders gerecht zu werden. Die Fußrasten<br />
sind enorm hoch montiert, zu hoch<br />
für mich, um meine Stiefelspitzen darauf<br />
zu platzieren, wenn ich denn in den<br />
Hanging-off-Fahrstil verfallen wollte. Beim<br />
Fahren merkt man nichts von der einseitigen<br />
Motorlage, und der Motor ist hoch genug<br />
im Rahmen eingepflanzt, sodass selbst<br />
in den schnellen Linkskurven unter Einsatz<br />
aller Gripreserven der heute montierten<br />
Avon-Reifen nichts aufsetzt.<br />
Der Triple ist schwer, aber stark<br />
Beim Schiebestart scheint sich der Triple<br />
tatsächlich ein wenig wuchtiger anzufühlen<br />
als der Twin, wobei der Start ohnehin<br />
eine eigene Kunst ist, wie ich oft leidvoll<br />
erfahren musste. Doch ich befinde mich<br />
da in guter Gesellschaft, seit Kent Andersson<br />
gestand, dass Ago sie nie richtig<br />
starten konnte. So erklärt sich auch seine<br />
Aufholjagd durchs gesamte Feld beim<br />
Triple-Debüt in Hockenheim. Man muss<br />
lernen, die TZ beim ersten Lebenszeichen<br />
mit der Kupplung „einzufangen“, langsam<br />
ans Gas zu gehen und den Motor auf<br />
Drehzahl zu bringen, bevor man ihr dann<br />
die Sporen gibt. Bemerkenswert sind die<br />
deutlichen Vibra tionen des 120-Grad<br />
Motors ganz unten und in der Mitte, die<br />
bei Drehzahlen über 9000/min allmählich<br />
verschwinden und sich dort ein sanfterer<br />
Lauf einstellt. Es half übrigens ebenfalls<br />
nicht besonders, dass die TZ für einen<br />
warmen italienischen Sommertag viel zu<br />
fett bedüst war. Dazu kam, dass die Yamaha<br />
zu lang übersetzt war. Ich konnte nie<br />
mit Vollgas im letzten Gang die Misano-<br />
Gegengerade runterbrennen und musste<br />
gar vier Mal pro Runde in den Ersten<br />
schalten, der erstens sehr kurz ist und<br />
zweitens unter dem Leerlauf liegt, wenn<br />
man vom Zweiten runterschaltet, was<br />
mich mehr als ein Mal antriebslos in die<br />
Schikane rollen ließ.<br />
Versuche, den Grip der Avons zu<br />
nutzen und mit mehr Speed im Zweiten<br />
durchzukommen, funktionierten nicht<br />
wirklich, denn unterhalb von 8000/min<br />
liefert der Triple keine, wirklich gar keine<br />
Leistung. Und der heftige Schlag, den der<br />
Motor dir versetzt, wenn die Leistung einsetzt,<br />
schürt den dringlichen Wunsch, die<br />
Drehzahl jederzeit im oberen Bereich zu<br />
halten. Verhungern im Zweiten war also<br />
112 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 5/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Aus lang gezogenen, schnellen Kurven feuert die TZ stabil raus und geht wie die Pest<br />
keine Option. Einzige Chance: Vor der<br />
Haarnadelkurve hart anbremsen, zweitakttypisch<br />
zackig die Gänge runterschalten,<br />
den Zweiten beim Einbiegen halten, am<br />
Scheitelpunkt, just wenn die Drehzahl abzufallen<br />
droht, mit zwei harten Tritten auf<br />
den Schalthebel den Ersten einlegen und<br />
mit der Kupplung spielen, um die Drehzahl<br />
oben zu halten. Dann hart ans Gas,<br />
mit viel Gefühl den Grip des Avon-Pneus<br />
ausreizen und mit derb einsetzender Leistung<br />
aus der Kurve rausbeschleunigen.<br />
Nein, dies ist kein Bike, das es einem<br />
leicht macht, schnell zu fahren.<br />
Wie unglaublich die Yamaha die Gerade<br />
runterbeschleunigt, ist schwer in Worte<br />
zu fassen. Ich bin Barry Sheenes Suzuki<br />
XR14 gefahren, mit der er 1975 seinen<br />
ersten 500er-GP in Assen gewonnen hat,<br />
und ehrlich, in Sachen Beschleunigung<br />
liegt sehr wenig zwischen diesen beiden<br />
Bikes, und was die Topspeed betrifft ebenfalls.<br />
Es bleibt natürlich ein hochkarätiges<br />
Renngerät mit einer sehr spitzen Charakteristik<br />
– unter 8000/min geht gar nichts,<br />
dann ein Aufbäumen bei 8300/min, das<br />
sich zu einem mächtigen Leistungsband<br />
zwischen 10 000 und 12 200/min steigert,<br />
in dem man sich durch fleißiges Rühren<br />
im Sechsganggetriebe stets bewegen sollte.<br />
Danach fällt die Power schlagartig in<br />
den Keller – Überdrehreserven kennt die<br />
TZ nicht, was eine sorgfältige Abstimmung<br />
der Übersetzung erfordert. Der schlagartige<br />
Leistungseinsatz macht die Beherrschung<br />
der 350er äußerst schwierig, selbst<br />
mit den verwendeten, smoother agierenden<br />
Rundschieber-Mikunis.<br />
Wie Katayama im Regen auf Slicks mit<br />
dieser biestigen Leistung so hart fahren<br />
und den Titel in Imatra erringen konnte –<br />
unglaublich. Hut ab! Doch die 350-3 ist<br />
mehr als nur ein starker Reihendreizylinder.<br />
Gemessen an 70er-Jahre-Standards<br />
lenkt die Yamaha leicht und präzise ein,<br />
und Schräglagenwechsel gehen nicht<br />
übermäßig schwer von der Hand. Bremsen<br />
war ein kleines Problem, denn eine<br />
der beiden vorderen Scheiben hatte einen<br />
leichten Schlag, was zu spürbarem Chattering<br />
der Gabel führte und mich nicht so<br />
hart verzögern ließ, wie ich wollte. Als<br />
hilfreich erwies sich dabei das überraschend<br />
starke Motorbremsmoment des<br />
Triples. In schnellen Kurven lag die TZ<br />
sehr stabil, leichtes Untersteuern konnte<br />
ich mit etwas Krafteinsatz ausgleichen<br />
und die TZ auf die Linie zwingen. Kent<br />
Andersson beobachtete meinen Kampf<br />
mit der 350er und war glücklich, das Bike<br />
wohlbehalten zurückzubekommen. Er<br />
hatte sogar ein Kompliment übrig: „Zu<br />
sehen, wie die 350-3 hart über den Kurs<br />
gescheucht wird, bringt einige gute alte<br />
Erinnerungen zurück. Yamaha NV verdient<br />
unseren Dank, dass sie uns dieses<br />
Bike bauen ließen. Wir haben die TZ<br />
schnell und zuverlässig gemacht, und<br />
Katayama hat bewiesen, welch guter<br />
Fahrer er ist, indem er den Titel gewann.<br />
Es ist eine Schande, dass die Firmen politik<br />
dies zu einem ‚One-year-wonder‘ gemacht<br />
hat. Aber ich denke, Kawasaki<br />
hat allen Grund, dafür dankbar zu sein.“<br />
Wie wahr...<br />
◻<br />
„Kamikaze“<br />
Kata yama bleibt<br />
mit seinem<br />
Fahrstil und als<br />
erster japanischer<br />
Motorrad-<br />
Weltmeister gut<br />
in Erinnerung.<br />
www.motorrad-classic.de
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 6/<strong>2015</strong> erscheint am 8. Mai <strong>2015</strong><br />
Foto: Arturo Rivas<br />
Foto: Fred Siemer<br />
Ducati-Singles<br />
Ducati 450 Desmo und 450<br />
Scrambler: In seinen letzten Ausbaustufen treibt<br />
Taglionis Einzylinder zwei Motorräder an, die sogar in den<br />
bunten 70er-Jahren etwas Besonderes waren. Der superleichte<br />
Straßensportler tritt mit leistungsfördernder Desmodromik<br />
an, die Scrambler mit dem nicht minder agilen Federmotor<br />
AUF FREDDIES<br />
FÄHRTE<br />
Vor 30 Jahren wurde<br />
Freddie Spencer als<br />
erster und bis heute<br />
einziger Fahrer im<br />
selben Jahr 250er- und<br />
500er-Weltmeister.<br />
Eine Testfahrt auf dem<br />
Honda NSR 250-Siegerbike<br />
ist deshalb eine<br />
besondere Ehre<br />
HONDA-<br />
HELDEN<br />
Seit sie vor 50 Jahren<br />
für Aufruhr in der<br />
Clique sorgten, lassen<br />
sie Walter Höcker nicht<br />
mehr los: Unterm<br />
Dachstuhl hat er eine<br />
beachtliche Sammlung<br />
früher Hondas zusammengetragen<br />
Foto: Hidenobu Takeuchi<br />
IMPRESSUM<br />
ISSN 0937-9495<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
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