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6/<strong>2015</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Youngtimer Oldtimer Szene Markt<br />
Erstes Meisterstück<br />
MÜNCH<br />
SPEZIAL<br />
500<br />
Rarität im Studio<br />
KAWASAKI<br />
W3<br />
Schweden-Exote<br />
MONARK<br />
125<br />
SIX DAYS<br />
Spencers WM-Renner<br />
HONDA<br />
NSR 250<br />
Kult-Singles der 70er<br />
DUCATI<br />
Scrambler 450<br />
Desmo 450<br />
Die unglaubliche Sammlung<br />
von Robert Sullivan<br />
Deutschland 5,70 €<br />
Österreich 6,40 € . Schweiz 10,80 SFr<br />
BeNeLux 6,60 € . Finnland 8,50 €<br />
Griechenland 8,20 €
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VORSTART I<br />
Robert Sullivan und seine Sammlung<br />
Foto: Sauquet<br />
Zwei Jahrzehnte des obsessiven<br />
Sammelns schufen diese<br />
außer gewöhnliche Triumph-Kollektion<br />
Ganz oder gar nicht – der Mann<br />
kann nicht anders. Wenn Robert<br />
Sullivan etwas anpackt, dann<br />
gibt er alles. So stieg er mit seinem Motorrad-<br />
Zubehörhandel erst zum offiziellen US-Importeur<br />
und dann zum weltweit größten<br />
Vertreiber von HJC-Helmen auf. Mit der gleichen<br />
Besessenheit hat er auch seine private<br />
Triumph-Sammlung aufgebaut, die heute<br />
knapp 100 perfekt restaurierte Maschinen<br />
aus Meriden umfasst. Mehr über diese unglaubliche<br />
Leidenschaft ab Seite 82. ◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 3
INHALT I<br />
6/<strong>2015</strong><br />
Mit den beiden unterschiedlich geprägten<br />
450ern efüllte Ducati 1969 die Forderung<br />
nach mehr Hubraum und Leistung<br />
6<br />
98<br />
Friedel Münch hat<br />
sein erstes echtes<br />
Renngerät „Spezial<br />
500“ zwischen 1950<br />
und 1957 stetig<br />
weiterentwickelt<br />
40<br />
MOTORRÄDER<br />
IN DIESER<br />
AUSGABE:<br />
Ducati Desmo 450 6<br />
Ducati Scrambler 450 6<br />
Ducati Scrambler Icon 20<br />
Honda NSR 250 106<br />
Kawasaki W3 24<br />
Monark 125 Six Days 74<br />
Moto Guzzi Sahara 98<br />
Münch Spezial 500 40<br />
Norton 16 H 32<br />
Yamaha XS 500 90<br />
24<br />
Kawasakis Antwort auf die britischen<br />
Parallel-Twins hieß W1, später W2.<br />
Dieses rare Exemplar der nie in Europa<br />
verkauften W3 ist besonders kostbar<br />
Seit 40 Jahren leistet dieses Sondermodell<br />
„Sahara“ der Nuovo Falcone ihrem Erstbesitzer<br />
Klaus Stockschlaeder treue Dienste<br />
Titelfotos: Archiv Meesters, Bilski, Cathcart, jkuenstle.de, Lundgren, Rivas<br />
Inhaltfotos: Archiv Meesters, Bilski, Cathcart, Hecker, Jahn, Lundgren,<br />
Rivas, Sauquet, Schmieder, Siemer<br />
4 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
20<br />
AUF ACHSE<br />
6 Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
Zwei 450er – zwei Konzepte: Sportler mit<br />
Desmo-Single, Scrambler mit Federmotor<br />
20 Ducati Scrambler Icon<br />
Die Neuauflage der Kult-Italienerin<br />
IM STUDIO<br />
24 Kawasaki W3<br />
Seltener Edel-Parallel-Twin aus Japan<br />
32<br />
74<br />
70<br />
82<br />
SZENE<br />
32 Ulrich Axler und seine Norton 16 H<br />
Ein ehrlicher Oldtimer als Alltagsgefährt<br />
40 Münch Spezial 500<br />
Erster Renner des genialen Konstrukteurs<br />
46 Nachrichten, Termine, Tipps<br />
70 Sammler Walter Höcker<br />
Die Leidenschaft für luftgekühlte Hondas<br />
74 Monark 125 Six Days<br />
Alte Schwedin mit Renn-Historie<br />
80 Die Geschichte von Monark<br />
Einst Schwedens größte Motorradfirma<br />
82 Robert Sullivans Triumph-Sammlung<br />
Ein Ami hortet fast 100 britische Preziosen<br />
98 Moto Guzzi Sahara<br />
Italo-Einzylinder im Wüstenlook<br />
VORSTART<br />
3 Triumph-Sammler Robert Sullivan<br />
ZURÜCKGEBLÄTTERT<br />
38 Interessantes aus <strong>MOTORRAD</strong> 13/1979<br />
Suzuki GS 1000 S/GS 1000 L<br />
NACHGEDRUCKT<br />
90 Yamaha XS 500 im Test von 1976<br />
MOMENTAUFNAHME<br />
102 Sarrons Sensations-Sieg in Hockenheim<br />
MARKT<br />
62 Der aktuelle Preisspiegel<br />
Über 450 Youngtimer unter der Lupe<br />
SPORT<br />
104 DHM-Nachrichten<br />
106 Honda NSR 250 von Freddie Spencer<br />
Testfahrt mit dem 1985er-Weltmeisterbike<br />
RUBRIKEN<br />
46 Helden-Club<br />
49 Kleinanzeigen-Markt<br />
68 Leserbriefe<br />
114 Vorschau/Impressum<br />
EDIT0RIAL<br />
<strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> Partner<br />
der DHM<br />
Ab dieser Ausgabe von <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> finden Sie immer eine Seite<br />
mit DHM-Nachrichten. So unterstützen wir<br />
die Deutsche Historische Motorradmeisterschaft,<br />
denn das ist eine gute Sache. In 15<br />
Solo- und sechs Gespannklassen treten<br />
hier Fahrer und Maschinen an, um sich<br />
bei acht Veranstaltungen zu messen. Im<br />
Mittelpunkt stehen dabei die Rundenzeiten,<br />
die es gilt, möglichst konstant zu halten.<br />
So ist niemand gezwungen, sein kostbares<br />
Material zu verheizen, wäre ja auch<br />
schade. Um die 300 Starter verzeichnet<br />
die DHM pro Veranstaltung, damit gehört<br />
sie schon zu den großen Motorradsportserien,<br />
eine Erfolgsstory.<br />
Die schreibt in diesen Tagen auch Ducati.<br />
Ihre neue Scrambler löst gerade einen<br />
wahren Boom nach modernen Klassikern<br />
aus. Grund genug für uns, das bildschöne<br />
und inzwischen selten gewordene Original<br />
zu zelebrieren. Die Ducati Scrambler<br />
450 hat auch meine Motorradträume befeuert.<br />
Und weil es so schön ist, darf eine<br />
Desmo 450 gleich mitfahren.<br />
Einen Termin möchte ich Ihnen nahelegen:<br />
Vom 19. bis 21. Juni finden Sie uns<br />
auf der Sachsenring <strong>Classic</strong>. Diese vom<br />
ADAC Sachsen ins Leben gerufene Veranstaltung<br />
darf man nicht versäumen. Seltene<br />
Rennmaschinen, echte Helden, da ist<br />
für alle etwas geboten. Und – natürlich<br />
tritt dort auch die DHM an.<br />
Viel Spaß beim Lesen<br />
wünscht Ihnen<br />
106<br />
Michael Pfeiffer<br />
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper fürs iPad.<br />
Mehr Infos: www.motorrad-classic.de/mcl-epaper<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 5
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Berliner Kindl<br />
Mehr Hubraum, mehr Leistung, mehr Prestige verlangte US-Importeur Joe Berliner,<br />
und Ducati lieferte Ende der 60er gleich zwei große Singles: hier einen rassigen<br />
Sportler mit desmodromischer Ventilsteuerung, dort einen kräftigen Allrounder<br />
mit Federmotor. Von Fred Siemer; Fotos: Arturo Rivas<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 7
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
Scrambler<br />
Schon der Anblick verdeutlicht: Die Scrambler ist ein<br />
Straßenmotorrad. Aber weil sie ein ziemlich leichtes<br />
ist, machen die Stollenreifen hin und wieder eben<br />
doch Sinn. Ganz und gar praktisch gibt sich ihr<br />
charakteristischer Luftfilterkasten<br />
Wenige Details reichten den Designern, um die Scrambler<br />
aus der Masse abzuheben. Um sie wertvoll zu machen<br />
Seit einigen Monaten werden die Begriffe Ducati<br />
und Scrambler ja gern in einem Atemzug untergebracht,.<br />
Dabei standen sich diese schönen Worte<br />
vor 50 Jahren schon einmal sehr nahe. Zu mindest<br />
in Italien und Nordamerika, denn dort gingen derart benannte<br />
multifunktionale Krafträder, freilich mit einem statt zwei Zylindern<br />
bestückt, deutlich besser weg als ihre straßensportlich<br />
orientierten Schwestermodelle. Merkwürdigerweise musste die<br />
Bologneser Firmenleitung jeweils zu ihrem Glück gezwungen<br />
werden: So wie Eigentümer Audi vermutlich die Entwicklung<br />
der aktuellen Scrambler anstieß, war es seinerzeit der mächtige<br />
US-Importeur Joe Berliner. Sein Bruder Michael hatte mit einem<br />
Dirt Track-Eigenbau gezeigt, wie es geht, auch Ducati selbst hatte<br />
Ende der 50er-Jahre bereits einige 175er-Geländesportler fabriziert.<br />
Die nach ähnlichem Muster gestrickte 250er verkaufte sich<br />
ab 1962 prima, eine 1967 präsentierte 350er ebenso.<br />
Im Herbst desselben Jahres debütierte auf den Messen in London<br />
und Mailand dann der neu konstruierte, sogenannte Widecase-Motor,<br />
dessen mechanisch stärkere Auslegung Berliner von<br />
neuen Hubraum-Dimensionen träumen ließ. Zuvor jedoch gestattete<br />
sich der Schöpfer dieses scharfen Singles die Erfüllung<br />
seines ganz persönlichen Traums. Schon lange wollte Fabio Taglioni,<br />
1954 von Mondial zu Ducati gewechselt, nach dem 1956 vorgestellten<br />
fulminanten Renner Bialbero 125 auch ein Serientriebwerk<br />
mit desmodromischer Ventilsteuerung bestücken. Jetzt<br />
endlich besaß er eine gesunde Basis für höhere Drehzahlen und<br />
Mehrleistung, frohgemut wagte er 1968, was Ducati seither und<br />
bis heute ziert: Bei den Sportlern 250 und 350 Mark 3D steht das<br />
8 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Nein, keine Handytasche. Hier packt<br />
der Offroader sein Werkzeug rein<br />
Auch der Deko-Hebel unterstreicht<br />
das freundliche Wesen dieser Duc<br />
Es gibt Scrambler mit Doppel-Simplex-<br />
Bremse. Diese hat leider keine<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 9
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
D für Desmodromik. Pro Ventil besorgt je ein Kipphebel das Öffnen<br />
und einer das Schließen, betätigt über vier eng beieinander<br />
liegende schmale Nocken. Ventilfedern dienen zum Schließen<br />
vorm Start und können sehr viel schwächer ausfallen. Ein Jahr<br />
später bekam natürlich auch Berliner, was er wollte. 86 Millimeter<br />
Bohrung bei 75 Millimeter Hub (wie bei der 350er) ergeben exakt<br />
435,7 cm³ – das größte Ducati-Serientriebwerk aller Zeiten war<br />
geboren. Es fand sich als Federmotor bald sowohl im Scrambler-<br />
Fahrgestell wieder als auch im Straßenrahmen, mit D wie Desmo<br />
krönte die 450 Mark 3D das Modellprogramm.<br />
Meistverkaufte Ducati war die Scrambler<br />
Scrambler waren angesagt, zumindest in USA und Italien. Die<br />
Sportler von Ducati dagegen vertrauten auf echte Liebhaber, die<br />
nicht wichtig sein wollten, sondern schnell. Auf Landstraßen, auf<br />
winkligen Kursen. Allein wegen ihrer engen Heckenwege, aber<br />
auch dank Mike Hailwoods Erfolgen mit dem 125er-Desmo-<br />
Racer sowie ihrer rührigen Importeure (einer davon war Mikes<br />
Vater Stan) zählten die Briten zu den treuesten Kunden, dann die<br />
Italiener selbst. Mancher deutsche Kenner – bedient von Fritz<br />
Alexander aus Neustadt am Rübenberge – griff ebenfalls dankend<br />
zu, und Joe Berliner tat in den USA das Seine, wurde aber<br />
gleichzeitig nicht müde, noch mehr Hubraum und vor allem<br />
mehr Zylinder zu fordern. Das Ergebnis? Man setzte voll auf den<br />
1971 eingeführten L-Twin, die Produktion der Singles endete<br />
1974, angeblich wegen Platzmangels.<br />
Gut vierzig Jahre später keimt nahe Dorsten, ganz am Rand<br />
des proletarisch geprägten Ruhrgebiets, der Verdacht, die Bosse<br />
könnten damals nicht alle Tassen im Schrank gehabt haben. Die<br />
Sonne lacht sämtliche Straßen trocken, der Himmel bläut jedem<br />
mächtig gute Laune ein, und unterm schmalen Tank der Ducati<br />
Scrambler 450 macht sich gerade ein Single beliebt, der ganz<br />
locker auch noch Mitte der 80er eine gute Figur abgegeben hätte.<br />
Wieso wurde der 1974 in Rente geschickt? Tönt energisch, tritt<br />
munter an und schnurrt hoch wie‘s Vögelchen. Herrlich. Vorneweg<br />
markiert Michael Scheidner den Kurs, unterwegs auf einer<br />
blitzsauberen Desmo 450. Der Werkstattleiter bei Michael Nitzsche<br />
& Team aus Dorsten-Wulfen kümmert sich während der Arbeitszeit<br />
hauptsächlich um Königswellen-Ducs, auch die beiden<br />
wohltönenden Singles hat er in seiner Obhut. Der Mann kennt<br />
sich also aus – und er hat Spaß an den Objekten seines Schaffens:<br />
Fröhlich darf die Desmo zeigen, wozu der ganze Aufwand in<br />
ihrem Kopf taugen soll. Für gefahrlos hohe Drehzahlen.<br />
Aber Michael will nur spielen. Ohne große Anstrengung kann<br />
die Scrambler folgen, die Gedanken nehmen ihren eigenen Lauf.<br />
Wo standen diese Ducatis vor 40 Jahren? Technisch überragten<br />
sie alles, was der Rest Europas in dieser Hubraumklasse bieten<br />
konnte. Obenliegende, von Königswelle angetriebene Nockenwelle,<br />
kompaktes Triebwerk mit Fünfganggetriebe, stabiles und<br />
handliches Fahrwerk. Zwangssteuerung beim Straßenmodell<br />
noch obendrauf. Gleichzeitig waren sie produktionstechnisch<br />
echt heikel, die Montage des komplizierten Motors trieb den Preis<br />
10 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
der 450er-Desmo (1973: 3900 Mark) weit über jene der leistungsstarken<br />
japanischen Konkurrenz, etwa der schwer angesagten<br />
Honda CB 350 (3350 Mark) oder Yamaha DS 7 (3250 Mark). Allein<br />
schon wegen der aufwendig gelagerten und fein säuberlich auszudistanzierenden<br />
Königswelle brauchte auch der Federmotor<br />
seine Zeit. Dennoch kostete die Scrambler einiges weniger, lag<br />
gar nicht weit weg von den ersten Enduro-Angeboten der Japaner,<br />
die für eine Honda XL 250 oder eine Kawasaki 350 Big Horn<br />
ebenfalls deutlich über 3000 Mark aufriefen. Zwei Jahre nach<br />
dem Aus für Ducatis Singles machte Yamaha dann ein Riesenfass<br />
auf und erfand mit der XT 500 das Allroundmotorrad neu. Das<br />
hätte Ducati ebenso gekonnt, der Scrambler fehlten nur ein paar<br />
Zentimeter Federweg.<br />
Verdammt. Aus Versehen hochgeschaltet. Man darf die<br />
Gedanken eben nicht fliegen lassen, wenn man nur alle paar<br />
Monate mal ein rechtsgeschaltetes Getriebe benutzt. In diesem<br />
Fall übrigens ein sehr leichtgängig schaltbares und hinreichend<br />
exaktes. Nach drei, vier Ampeln klappt sogar die Leerlaufsuche<br />
perfekt. Sowieso überzeugt diese Ducati mit äußerst freundlichen<br />
Umgangsformen: Der Chokehebel sitzt am Lenker, der<br />
links am Triebwerksgehäuse montierte Kickstarter ist gut übersetzt,<br />
links unterm Kupplungshebel lugt der Ventilausheber<br />
hervor und hilft über den oberen Totpunkt – der Kaltstart verliert<br />
seine Schrecken, aber auch warm oder halbwarm (stets ohne<br />
Choke) springt der Motor brav an. Die Kupplung ist viel leichtgängiger<br />
als bei alten Ducati-Twins, und viel ist in diesem Zusammenhang<br />
noch untertrieben. Dem gefahrenen Exemplar fehlt die<br />
serienmäßige Instrumentierung mit Drehzahlmesser, doch ab<br />
mutmaßlich 2000 bis 2500 Touren legt sich der Zweiventiler brav<br />
ins Zeug. Schön berechenbar, exakt zu dosieren über den 29er-<br />
VHB-Dellorto-Vergaser. Dann folgt eine höchst muntere Drehzahlmitte,<br />
und da wird die vollgetankt nur 145 Kilogramm<br />
schwere Scrambler auch nach heutigen Maßstäben richtig flott.<br />
Schade, dass keine XT 500 bereitstand, so aus der Erinnerung<br />
betrachtet, könnte man sie mit dieser alten Duc abhängen.<br />
Aber nicht ausbremsen, denn die Vollnabenbremsen der Italienerin<br />
taugen genauso wenig wie die Halbnaben der Yamaha.<br />
In der schönen Welt der Farbprospekte<br />
verwandelte sich die<br />
Scrambler in ein Geländemonster.<br />
Das reichte, um in Italien und<br />
USA für einige Jahre zur meistverkauften<br />
Ducati aufzusteigen<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 11
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
Desmo<br />
Über Hongkong und England hat es diese 450er nach<br />
Deutschland verschlagen. Nur in diesem knalligen<br />
Gelb trat sie in ihrer letzten Version an, mit Scheibe<br />
vorn und Höcker-Kotflügel-Kombi hinten<br />
Vor dem energischen Tritt ist Feinarbeit gefragt: Fußraste<br />
und Bremspedal müssen eingeklappt werden<br />
Egal. Wer artgerechte Nutzung bevorzugt, lässt die Scrambler eh<br />
gemütlich laufen – und übersteht so auch Schlechtwegpassagen.<br />
Namentlich die ebenfalls nicht serienmäßigen Federbeine geben<br />
ungefiltert weiter, was der Winter so an Frostaufbrüchen liegen<br />
ließ. Die Ceriani-Gabel dagegen macht auf gemütlich. Was wiederum<br />
zu einer Sitzposition passt, die mit recht weit vorn und<br />
tief angebrachten Fußrasten sowie einem breiten und entgegenkommenden<br />
Lenker kaum dazu anregt, das Messer zwischen die<br />
Zähne zu nehmen. Und offroad? Fahren im Stehen funktioniert<br />
auf jeder Nippon-Enduro irgendwie besser, also lassen wir das<br />
gleich: Diese Scrambler ist nicht geländegängiger als ein halbwegs<br />
leichtes Straßenmotorrad. Aber schöner.<br />
Und damit wäre der Kern dieser Sache benannt. Selbst den<br />
komischen Schwung im Sitzmöbel, der den Fahrer stets ein wenig<br />
einkeilt, verzeiht man aus vier Metern Entfernung und findet ihn<br />
anmutig. Selten gingen harmonische Form und kernige Ausstrahlung<br />
eine schönere Liaison ein. Einzig der ellenlange Serien-<br />
Schalldämpfer wirkt falsch proportioniert, und deshalb fehlt er<br />
hier ja auch: Der eigentlich für US-Exporte reservierte Ersatz tönt<br />
besser und trägt – so Michael Scheidner – maßgeblich zum lebhaften<br />
Charakter dieses Federmotors bei. Noch befreiter reagiert<br />
freilich der Desmo-Motor auf die zügige Entsorgung seiner Verbrennungsprodukte.<br />
Das durfte 1969 bereits Ernst „Klacks“ Leverkus<br />
erfahren, als er eine 250 Mark 3D um den Nürburgring<br />
scheuchte und nach einigen Runden auch mal das serienmäßig<br />
mitgelieferte, aber im Straßenverkehr natürlich unzulässige<br />
Megafon ausprobieren wollte. Also drangeschraubt das Ding,<br />
größere Hauptdüse in den Vergaser, Ansaugschlauch abmontiert,<br />
12 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Zeigen ganz gut an und sehen sehr<br />
gut aus: die kleinen Smiths-Uhren<br />
Natürlich kam die Desmo vom Werk<br />
aus ohne Blinker nach Deutschland<br />
Damals waren diese Brembo-Zangen<br />
eine Sensation. Später dann ...na ja<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 13
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
Dieser frühe Desmo-Prospekt<br />
zeigt noch die Ausführung<br />
mit Trommelbremse – und<br />
wirbt nebenher für naturkundliche<br />
Exkursionen<br />
Aus rund 200 Einzelteilen bestehen Zylinderkopf und Königswellenantrieb<br />
eines Desmo-Singles. Diese Explosionszeichnung<br />
zeigt seine Steuerungsseite, sehr schön zu sehen, welch<br />
komplizierte Feinmechanik die Schließer der Ventile verlangen.<br />
Die Haarnadelfedern dienen hauptsächlich dem sicheren<br />
Schließen der Ventile vor dem Start<br />
14 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Beim Federmotor verrät der Deckel über der Montage-<br />
Öffnung den Hubraum, bei der Desmo macht er Reklame<br />
größeres Ritzel drauf und ab. Der gute Ernst staunte nicht schlecht<br />
und schrieb in <strong>MOTORRAD</strong>: „Dann war es, als habe man in der<br />
Tat einen Korken aus der Flasche gezogen. Auf Anhieb eine halbe<br />
Minute Gewinn pro Runde!“ Offizielle Leistungsdaten rückte Ducati<br />
für diese Bestückung nicht raus, aber mit all seiner Erfahrung<br />
und all seinen Vergleichsmöglichkeiten schätzte Klacks auf rund<br />
27 PS. Für eine 250er der späten 60er-Jahre. Donnerwetter.<br />
Der Desmo-Motor läuft deutlich ruhiger<br />
Zwar klingt die Desmo 450 unter Michael Scheidner auch nicht<br />
gerade zugeknöpft, aber mehr als 33 PS traut der Mechaniker ihr<br />
nicht zu. „Eine ordentliche 350er ist verdammt dicht dran an der<br />
Großen, und die bringt gute 30“, erläutert er und kann nicht verhehlen,<br />
dass ihn die spontane Drehfreude des mittleren Aggregats<br />
richtig anmacht. Dafür hat der 450er einen schönen Zug.<br />
Legt unwiderstehlich zu und kommt – fast so wie der Federkumpel<br />
in der kürzer übersetzten Scrambler – gut aus dem Keller. Vor<br />
allem überrascht er im direkten Vergleich durch enorme Laufruhe.<br />
Wer richtig hinhört, hat die Desmodromik schon halb verstanden:<br />
Weil die Mechanik sich hier nicht am beträchtlichen<br />
Gegendruck der Haarnadelfedern abarbeiten muss, schnurrt es<br />
nur so aus dem Zylinderkopf. Kein hartes Tickern, kein gar<br />
nichts, und das, obwohl der Desmo- (0,1 – 0,15 mm) am Öffnungskipphebel<br />
sogar einen Hauch mehr Ventilspiel haben soll<br />
als der Federmotor (0,05 – 0,10 mm). Die Desmo sollte ihre Fahrer<br />
aber nicht mit Laufruhe überzeugen, sondern mit Leistung, und<br />
deshalb nutzte Fabio Taglioni die Möglichkeiten der von ihm so<br />
sehr geschätzten Zwangssteuerung und verordnete ihr deutlich<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 15
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
Dr. Taglionis Einzylinder zeigt so oder so eine gute Leistungscharakteristik.<br />
Aber stramm vibrieren kann er auch<br />
längere Ventilöffnungszeiten. Weil kein Flattern zu befürchten<br />
war, konnten sich Ventil und Kolbenboden nie zu nahe kommen,<br />
auch nicht bei den für damalige Verhältnisse wahnsinnigen<br />
10 000 Touren, die Klacks Leverkus in der Fuchsröhre aus der aufgemachten<br />
250er rauspresste. Ergo konnten die Ventile länger<br />
öffnen. Außerdem erlaubt die präzise Steuerung steilere Nockenprofile,<br />
die Ventile öffnen also obendrein schneller.<br />
Herrliche Aussichten für alle sportlichen Fahrer. Und die verbesserten<br />
sich noch, als Ducati 1971 die Straßenmodelle in zwei<br />
Reihen aufteilte. Im bekannten Umfeld verblieben die Federmotoren<br />
und bedienten fortan das Touring-Segment. Ganz neu<br />
eingekleidet dagegen traten die Desmos auf. Weg mit alltagstauglichem<br />
Brimborium, her mit Einmannhöcker und zurückverlegter<br />
Fußrastenanlage. Natürlich gab‘s auch keinen optionalen<br />
Geweihlenker mehr, dafür serienmäßig Tank und Karosserieteile<br />
aus GFK. Grimeca lieferte eine schärfere Bremse, Borrani hübsche<br />
Leichtmetall-Hochschulterfelgen und Marzocchi steuerte<br />
eine 35-mm-Gabel bei. Die schlanke Linie stammt angeblich von<br />
Leopoldo Tartarini, dem Ex-Werksfahrer und späteren Italjet-<br />
Gründer. Wegen ihrer grundsätzlich silbernen Lackierung hieß<br />
das Feuerzeug schnell Silver shotgun. Ein knalliges Gelb, die einteilige<br />
Höcker-Schutzblech-Kombi, ein stählerner Tank sowie der<br />
Einzug einer Brembo-Scheibenbremse und der Wechsel zur 35er-<br />
Ceriani-Gabel begleiteten dann 1973 das letzte Lifting der Desmo.<br />
Noch ein aufmunternder Gasstoß, dann reicht Michael<br />
Scheidner den Lenker rüber. Zum Glück, denn beim Ankicken ist<br />
die 450er-Desmo eine kleine Diva. Man muss ihre Ticks kennen,<br />
am richtigen Punkt kurz und trocken zutreten, und dabei hilft<br />
16 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
IM DETAIL: DUCATI-EINZYLINDER<br />
(1968 – 1974)<br />
Zwei Welten, eine Grundkonstruktion:<br />
Scrambler und<br />
Desmo mal im Gleichschritt<br />
Daten<br />
(in Klammern: Desmo)<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-<br />
Viertaktmotor, eine obenliegende<br />
Nockenwelle, zwei Ventile, über Kipphebel<br />
betätigt (Öffnen und Schließen<br />
über Kipphebel), Hubraum 436 cm³,<br />
Leistung zirka 27 (30) PS bei 7000/<br />
min (7500/min)<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-<br />
Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe,<br />
Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Unten offener Rahmen<br />
aus Stahlrohr, Telegabel vorn, Schwinge<br />
mit zwei Federbeinen hinten, Reifen<br />
vorn 3.50 x 19 (3.25 x 18), hinten<br />
4.00 x 18 (3.50 x 18), Simplex-Trommelbremse<br />
vorn und hinten (Scheibenbremse<br />
vorn, Trommel hinten)<br />
Maße und Gewichte: Radstand<br />
1380 (1360) mm, Tankinhalt 11 (13)<br />
Liter, Gewicht 145 (140) kg<br />
Höchstgeschwindigkeit:<br />
140 (160) km/h<br />
Preis Desmo 450 1973: 3900 Mark;<br />
Scrambler in Deutschland nicht<br />
an geboten<br />
Technik<br />
Basierend auf ein und derselben<br />
Grundkonstruktion – jener des 1955<br />
vorgestellten Renners 100 Gran Sport<br />
„Marianna“ nämlich – hangelten sich<br />
Ducatis Königswellen-Einzylinder ganz<br />
langsam die Hubraumleiter hoch.<br />
1957 erreichten sie im Serientrimm<br />
175, 1961 dann 250 und 1965<br />
schließlich 350 cm³. Doch damit waren<br />
die Möglichkeiten des Gehäuses restlos<br />
erschöpft. Um wieder eine solide<br />
Basis zu gewinnen und außerdem<br />
nochmals mehr Hubraum anbieten zu<br />
können, entwickelte Fabio Taglioni<br />
ein nagelneues Triebwerk, dessen Gehäuse<br />
und Getriebe sich wieder alle<br />
250er- sowie 350er-, später auch die<br />
450er-Varianten teilen sollten. Dieser<br />
Widecase-Motor getaufte Einzylinder<br />
weist einen von 2 auf 2,5 Liter vergrößerten<br />
Ölinhalt auf und baut im<br />
Bereich der hinteren Motoraufnahme<br />
deutlich breiter als sein Vorgänger.<br />
Deshalb waren auch einige Änderungen<br />
am Rahmen nötig, der jedoch<br />
weiterhin mit einem Hauptrohr auskommt,<br />
hinten zur Schwingenaufnahme<br />
doppelt geführt wird und unten<br />
offen ist. Ein größeres Kurbelwellenlager<br />
auf der Antriebsseite sowie ein<br />
stärkerer Hubzapfen und eine verbesserte<br />
Kickstarter-Mechanik erhöhen<br />
die inneren Werte. Völlig neu hat Taglioni<br />
den Desmo-Kopf entwickelt, der<br />
ab 1968 die Straßenmodelle krönte,<br />
aber auch in einigen wettbewerbstauglichen<br />
Enduros wie der R/T von<br />
1970 zum Einsatz kam. Die allerletzten<br />
Scrambler aus den aller-, aller-<br />
letzten Produktionswochen übrigens<br />
trugen ihn auch. Während zwischen<br />
250er- und 350er viele Teile kompatibel<br />
sind, unterscheidet sich der 450er<br />
nicht nur durch anderen Kopf, Zylinder<br />
und Kurbelwelle, auch sein Gehäuse<br />
differiert.<br />
Kauf-Check<br />
Im Lauf ihres zwangsläufig langen<br />
Lebens sollte eine heute angebotene<br />
Einzylinder-Ducati schon mal eine<br />
gründliche Durchschau ihrer Elektrik<br />
erlebt haben. Die war nämlich serienmäßig<br />
nie besonders. Clevere Zeitgenossen<br />
haben dann gleich auf 12 Volt<br />
hochgerüstet. Hauptschwachpunkte<br />
der Triebwerke sind das Zahnradpaar<br />
des zweiten Gangs und die Kurbelwelle.<br />
Ersteres leidet häufig unter<br />
Zahnausbrüchen, was sich durch<br />
singende Geräusche während der<br />
Fahrt kundtut. Wo die Schaltklauen im<br />
Nachhinein nicht sauber hinterschliffen<br />
wurden, wird dieser Defekt immer<br />
wieder auftauchen. Die Kurbelwelle<br />
krankt unter dem zu schmalen unteren<br />
Pleuelauge, namentlich bei den<br />
hubraumstarken Varianten treten hier<br />
enorme Kräfte auf und zerstören die<br />
Lagerflächen, die sich dann mit nagelnden<br />
Geräuschen beim Gasgeben<br />
bemerkbar machen. Breitere Pleuel,<br />
wie sie zum Beispiel in der R/T verwendet<br />
wurden, helfen nachhaltig. Zu<br />
beziehen über die rührigen Scrambler-<br />
Freunde aus Italien (siehe Spezialisten).<br />
Die Federköpfe zeigen oft Schäden<br />
an den Kipphebel-Laufflächen.<br />
Mit ruhigerem Lauf und größerer<br />
Drehfreude reagiert der 450er-Motor<br />
auf den Einbau des leichteren Kolbens<br />
einer 900 SS, der freilich etwas bearbeitet<br />
werden muss. Versierte Mechaniker<br />
fräsen auch die Ventilsitze leicht<br />
um, damit dort direkt nach dem Öffnen<br />
bessere Strömungsverhältnisse<br />
herrschen. Überhaupt, Mechaniker:<br />
Vor allem der Desmo-Kopf verlangt<br />
eine Menge Erfahrung.<br />
Markt<br />
Der Markt für Desmo-Modelle ist<br />
weitgehend abgegrast, dementsprechend<br />
sind die Preise für besonders<br />
begehrte Modelle mit 350 oder 450<br />
cm³ mittlerweile bei über 10 000 Euro<br />
angekommen. Die 250er kommt<br />
etwas günstiger. Grundsätzlich liegen<br />
Scrambler etwa 2500 bis 3000 Euro<br />
darunter.<br />
Spezialisten<br />
Michael Nitzsche & Team<br />
in 46286 Dorsten-Wulfen<br />
www.italomotos.de<br />
Andreas Nienhagen<br />
in 70736 Fellbach<br />
www.desmo.net<br />
Moto Club Amici dello<br />
Scrambler<br />
www.ducatiscrambler.com<br />
Historie<br />
1967:Der überarbeitete Einzylinder<br />
wird im Herbst vorgestellt und kommt<br />
im folgenden Frühjahr in Scramblerund<br />
Mark 3-Modellen zum Verkauf,<br />
zunächst nur als 250er und 350er.<br />
1968:Ducati bietet die desmodromische<br />
Ventilsteuerung erstmals serienmäßig<br />
an, und zwar in den Mark 3D-<br />
Modellen.<br />
1969:Die 450er debütieren, sowohl<br />
als Straßen- wie als Scrambler-Version.<br />
Parallel befand sich auch ein –<br />
nie produzierter – 500er-Paralleltwin<br />
mit untenliegender Nockenwelle in<br />
der Entwicklung, deshalb die<br />
Hubraum beschränkung.<br />
1971:Die Modelle Desmo 250 bis<br />
450 treten radikal sportlich auf<br />
und stellen sich an die Spitze der<br />
Ein zylinder-Reihe von Ducati.<br />
1974:Produktionsende der Ducati-<br />
Einzylinder.
AUF ACHSE I<br />
Ducati Desmo 450 und Scrambler 450<br />
MEINUNG<br />
Fred Siemer<br />
fährt selten, aber äußerst gerne Königswellen.<br />
Der Meister hat es mir wieder bewiesen: Er schafft das Besondere. Damit<br />
meine ich auch im Fall seiner Einzylinder nicht den technischen Aufwand,<br />
sondern das, was am Ende rauskommt. Fabio Taglionis 450er treiben keine<br />
Kunst um der Kunst willen. Nein, ausgefeilte Mechanik erzeugt hier praktische<br />
Qualitäten. Im Falle der Desmo eine für damalige Verhältnisse sensationelle<br />
Leistungsentfaltung, bei der Scrambler eine Motorcharakteristik,<br />
die noch heute für leichte Enduros als Blaupause dienen könnte. Das Tollste:<br />
Bei Motorrädern im Vorruhestand stören nicht mal die kurzen Inspektionsintervalle<br />
und die bei Dauerdrehzahlen beachtlichen Vibrationen.<br />
Michael Scheidner<br />
schraubt immer und trotzdem gern an Königswellen.<br />
In der Werkstatt ist ein Königswellenmotor, erst recht mit Desmodromik,<br />
eine Herausforderung, klar. Aber genau wegen solcher Herausforderungen<br />
wird man Mechaniker. Das Ausdistanzieren der Kegelräder, die Einstellung<br />
des Ventilspiels – selbst Inspektionen sind nie langweilig, von der Montage<br />
eines komplett zerlegten Ventiltriebs zu schweigen. Aber das ist nur<br />
die eine Seite, der Fahrspaß die andere. Wenige kundige Modifikationen<br />
reichen, und eine Desmo entwickelt eine für damalige Verhältnisse unvergleichliche<br />
Leistungsbereitschaft. Am besten kann das der 350er-Motor:<br />
noch drehfreudiger als der 450er, viel fülliger als der 250er. Eine Wucht.<br />
Nach einem Tag mit Ducatis<br />
Einzylindern gibt es viel zu erzählen:<br />
Michael Scheidner (rechts) und<br />
Autor Fred Siemer versuchen sich an<br />
einem Resümee<br />
18 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
übrigens kein Ventilausheber. Also schön bei Laune halten das<br />
Schätzchen und dabei die Gliedmaßen sortieren. Klappt oben<br />
ganz gut, da kommt der lange Tank allen Fahrern mit mehr als<br />
185 Zentimeter Körpergröße sehr gelegen. Unten wird’s enger.<br />
Aber die Hebel – links jener für die Bremse muss zum Ankicken<br />
genau wie die Fußraste hochgeklappt werden – sind gut eingestellt.<br />
Also rechts einmal hoch und ab die Post. Trotz identischer<br />
Getriebe ist der erste Gang im Vergleich mit der Scrambler aufgrund<br />
der anderen Sekundärübersetzung ziemlich lang, aber mit<br />
überraschender Elastizität überbrückt der Einzylinder dieses<br />
genetisch bedingte Manko. Muss eben so auf der Rennstrecke,<br />
und genau dort war der Desmo-Kopf ja ab 1966 ganz gezielt zur<br />
Serienreife gewachsen.<br />
Präzise rasten die Gänge, die Nadel des von der Nockenwelle<br />
angetriebenen Drehzahlmessers hastet über ihr kleines Ziffernblatt.<br />
Ab 3500/min spielt hier wirklich Musik, steigert sich oberhalb<br />
7500 zum Furioso. Und ist trotzdem nur die halbe Miete,<br />
denn ohne sein wunderbares Fahrwerk könnte der Motor noch<br />
so strampeln. Erst dank eines verwindungssteifen Rahmens,<br />
knackiger Federelemente, kinderleichten Handlings und zeitlos<br />
guter Spurtreue wird das Ganze zum Sportmotorrad. Halt, nicht<br />
zu vergessen das geringe Gewicht: runde 140 Kilo fahrfertig mit<br />
vollem 13-Liter-Tank. Aus all dem erwächst kein Überflieger.<br />
Auch hier hätte man gern eine zeitgenössiche Yamaha parat, eine<br />
gute RD 250 zum Beispiel mit sechs Gängen und kampferprobter<br />
Sekundärübersetzung, um der Ducati richtig auf den Zahn zu<br />
fühlen. Aber selbst auf der RD, flüstert das Langzeitgedächtnis,<br />
war der Kurvenswing irgendwie anstrengender. Diese Freiheit,<br />
mit kleinstem Lenkerzupfen und zartestem Schenkeldruck die<br />
Richtung zu ändern, kann nur ein Leichtgewicht wie die Desmo<br />
vermitteln. Und das bleibt denn auch am Ende eines wunderschönen<br />
Tages haften: Pfunde kosten Freiheit.<br />
◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 19
AUF ACHSE I<br />
Ducati Scrambler Icon<br />
Kann das weg, oder braucht das die <strong>Classic</strong>-<br />
Abteilung noch, um eine Retro-Kiste zu bauen“,<br />
könnte als Frage durch die Ducati-Hallen geklungen<br />
haben. Jaja, für echte Ducati-Fans eine<br />
ketzerische, fast blasphemisch-entwürdigende Verhöhnung des<br />
guten alten luft-/ölgekühlten Zweiventil-V2, der so viele Jahre in<br />
der kleinen Monster treu gedient hat. Und um es vorwegzunehmen:<br />
Der 803-Kubik-Twin macht seine Sache gut – in emotionaler<br />
und rationaler Hinsicht. Aber reicht das allein, um dem<br />
Scrambler-Gedanken gerecht zu werden und als Neu-Interpretation<br />
der alten, originalen Scrambler-Modelle eine Daseinsberechtigung<br />
zu finden? Genau das gilt es hier im Test herauszufinden.<br />
Schon das Startprozedere hat natürlich nichts mit dem<br />
einstigen Vorgang zu tun, der notwendig war, um den Einzylinder<br />
(anfangs mit 250, später mit 350 oder 450 cm³) zum Leben zu erwecken.<br />
Dass ein moderner Twin mit Einspritzung auf Knopfdruck<br />
anspringt, ist keine Überraschung. Doch der bassig-dumpf<br />
hämmernde Sound, der dem kurz geratenen, dicken Stummel-<br />
Endtopf entweicht, ist einer Scrambler durchaus würdig.<br />
Das lässige Scrambler-Feeling stellt sich ein<br />
Dass sich 189 Kilogramm auf mächtig breiten Reifen (hinten 180<br />
mm) weniger spielerisch anfühlen als die deutlich leichtere Urahnin,<br />
ist auch klar. Doch die aufrecht lässige Sitzhaltung hinter<br />
dem enorm breiten Lenker vermittelt sehr gut das lässige Feeling,<br />
das man auf einer Scrambler erwarten darf. Und in puncto<br />
Handlichkeit lässt sich die moderne Ducati ja ebenfalls nicht<br />
lumpen, lenkt willig und berechenbar ein, liegt satt auf der Bahn,<br />
20 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Modern<br />
Scrambling<br />
Scrambler waren der Hit – in den<br />
1960er- und 1970er-Jahren. Kann der<br />
Neu-Aufguss von Ducati das Erlebnis<br />
von damals in die Zukunft zurückholen?<br />
Da hilft nur ein Selbstversuch.<br />
Text: Gerhard Eirich<br />
Fotos: Jahn, andreasriedmann.at (1), Gargolov (1)<br />
BORN FREE 1962-Inschrift auf dem Tankdeckel – eine<br />
Verbeugung vor dem Geburtsjahr der Original-Scrambler<br />
Minimalismus schön und gut – der<br />
karge Digitaltacho ist beides nicht<br />
Der bewährte V-Twin bietet Sound und<br />
Laufkultur – ein würdiger Antrieb<br />
Die bissige Brembo-Bremse hätte sich<br />
mancher schon vor 50 Jahren gewünscht<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 21
AUF ACHSE I<br />
Ducati Scrambler Icon<br />
DATEN<br />
Ducati Scrambler Icon<br />
Motor: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-<br />
90-Grad-V-Motor, je eine obenliegende, zahnradgetriebene<br />
Nockenwelle, zwei desmodromisch<br />
betätigte Ventile pro Zylinder, Bohrung<br />
x Hub 88 x 66 mm, Verdichtung 11:1, Hubraum<br />
803 cm³, Leistung 75 PS bei 8250/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Sechsganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Gitterrohrrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel<br />
vorn, Ø 41 mm, Alu-Zweiarmschwinge<br />
hinten, Federbein direkt angelenkt,<br />
Alu-Gussräder, Reifen vorn 110/80 R 18,<br />
hinten 180/55 R 17, Scheibenbremse vorn, Ø<br />
330 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 245 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1445 mm,<br />
Gewicht vollgetankt 189 kg, Tankinhalt 13,5 l,<br />
Sitzhöhe 790 mm<br />
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit<br />
195 km/h, 0–100 km/h: 4,1 sek<br />
Preis: ab 8740 Euro (Gelb: 8840 Euro)<br />
Altes Kulturgut neu interpretiert – der neuen Ducati gelingt es,<br />
moderne Technik im klassischen Gewand zu verpacken<br />
auch wenn die Abstimmung eher etwas zu straff ausgefallen ist.<br />
Von der ursprünglich ins Konzeptheft geschriebenen leichten<br />
Geländetauglichkeit ist jedenfalls nicht allzu viel übrig. Macht<br />
nichts, es geht ja eh meist um den Fahrspaß onroad, das Erleben<br />
von Motorsound und dessen kernigem Pulsieren, von Fahrtwind<br />
und der Coolness, die solch ein Bike automatisch verleiht.<br />
Fahrspaß ist garantiert, auch weil die modernen Brembo-<br />
Bremsen, vorn eine 330-mm-Scheibe mit Vierkolbensattel, amtlich<br />
zubeißen und es so erlauben, die durchaus strammen Fahrleistungen<br />
der 75-PS-Ducati auszureizen. So viel bleiben nach<br />
der Neu-Abstimmung des einst in der Monster 87 PS leistenden<br />
V2 übrig. Mehr als genug, zumal der leicht modifizierte V-Twin<br />
(Drosselklappenkörper, Nockenwellen) nun tolle Manieren an<br />
den Tag legt, ohne Verschlucken durchzieht und eine saubere<br />
Drehmomentkurve hinzaubert, ohne Dellen und Hänger.<br />
Das Fahrerlebnis begeistert also, und auch das Auge wird<br />
nicht beleidigt, wofür die vielen liebevollen Details sorgen, die<br />
im Design dem Vorbild huldigen. Eine passende Zierleiste hier,<br />
ein Schriftzug dort, der Alu-Lampenring – schön gemacht. Dass<br />
unter der Sitzbank ein Zeugnis der modernen Zeiten in Gestalt<br />
einer USB-Steckdose schlummert, wirkt angesichts des gelungenen<br />
Retro-Stylings fehl am Platz – kann man ja aber einfach<br />
ignorieren. Den kleinen Digitaltacho verstehe jedoch wer<br />
will – was technisch keine Notwendigkeit oder echten Fortschritt<br />
darstellt und zudem in der Funktion (Ablesbarkeit) Schwächen<br />
zeigt, muss nicht modern sein um des Modernseins willen. Klassische<br />
Runduhren mit Zeigern hätten der Ducati besser zu Gesicht<br />
gestanden. Sei‘s drum – wieder Raum für eigene Gestaltung<br />
und Umbauten. Dem Retroisieren und Individualisieren sind<br />
schließlich kaum Grenzen gesetzt. Ob der Preis von 8740 Euro<br />
(inkl. Nebenkosten, Gelb kostet 100 Euro Aufpreis) der Verbreitung<br />
der Scrambler Grenzen setzt, wird sich zeigen.<br />
Fest steht: Auch wenn den meisten von uns der Sinn mehr<br />
nach den alten Originalen steht – für ein modernes Bike im<br />
Retro-Stil ist die neue Ducati Scrambler äußerst gelungen. Und<br />
wenn wir Klassiker-Fans auf den Straßen schon von jungen oder<br />
gar brandneuen Motorrädern umzingelt sind, dann doch lieber<br />
von solch schönen Exemplaren als von hässlichen.<br />
◻<br />
UMBAU-KIT VON METISSE<br />
Ex-Scrambler<br />
Für alle, denen eine Serien-Scrambler noch nicht<br />
Retro oder einzigartig genug ist, hat die Umbau-<br />
Schmiede Team Metisse einen Umbau-Kit im Angebot,<br />
der die Ducati zum Café Racer mutieren<br />
lässt. Zum Kit gehören ein polierter Alutank mit<br />
ca. 12 Litern Inhalt und abschließbarem Tankverschluss,<br />
ein polierter Alusitz nebst Polster, Haltersatz<br />
für Tank und Sitzbank, LED-Rücklicht und<br />
-Kennzeichenbeleuchtung, Kennzeichenhalter<br />
und der Dekorsatz. Selbstumbauer erhalten den<br />
Kit (inkl. Tank-Gutachten) für 2995 Euro, optional<br />
gibt‘s Alu-Lenkerstummel für 275 Euro und<br />
eine Tieferlegung um 20 mm für 129 Euro. Die<br />
Lieferzeit beträgt ca. ein bis zwei Monate. Nicht-<br />
Schrauber können sich die „CR 800“ aber auch<br />
von einigen mit Metisse zusammenarbeitenden<br />
Ducati-Händlern auf einem Neufahrzeug aufbauen<br />
lassen und genießen die volle Gewährleistung.<br />
Infos unter www.metisse.de<br />
Dem Ducati-V2 steht der Scrambler-<br />
wie auch der Café Racer-Look<br />
Foto: Metisse<br />
22 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
IM STUDIO I<br />
Kawasaki W3<br />
Eine von<br />
Zweien<br />
Ja, mehr Kawasaki W3 haben es tatsächlich nicht nach<br />
Deutschland geschafft. Dieses 1973er-Exemplar hat Ralf Gille<br />
einst in Einzelteilen erworben. Und daraus mit viel Können<br />
und noch mehr Leidenschaft ein atemberaubend schönes<br />
Schmuckstück gebaut, das hierzulande nahezu unbekannt ist.<br />
Text: Uli Holzwarth; Fotos: Jacek Bilski<br />
24 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Telegabel, Doppelscheibe vorn und<br />
die Z1-Instrumentenkonsole lassen die<br />
W3 moderner erscheinen, als es ihre<br />
Konstruktion ist. Für die originalgetreue<br />
Lackierung musste sich Wolfgang Pühler<br />
mit einem Foto als Vorlage begnügen<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 25
IM STUDIO I<br />
Kawasaki W3<br />
Die Instrumentenbecher stammen tatsächlich von der Z1, nicht<br />
aber die Zifferblätter und die Anordnung der Kontrolllampen<br />
Wie schon die früheren W-Modelle besitzt auch die Kawasaki<br />
W3 einen verstellbaren Reibungsdämpfer im Lenkkopf<br />
Mit Linksschaltung<br />
und Scheibenbremsen<br />
erfreut die W3 mit bester<br />
Alltagstauglichkeit<br />
Die W3 wirkt<br />
so schlank wie<br />
die älteren<br />
Modelle, bringt<br />
mit Telegabel<br />
und Doppelscheibe<br />
jedoch<br />
17 Kilo mehr<br />
auf die Waage<br />
Der Mann hat eine große<br />
Schwäche, das ist in der<br />
Klassik-Szene mittlerweile<br />
ein offenes Geheimnis.<br />
Wer Ralf Gille kennt, weiß, dass<br />
sein Herz – wenn es nicht gerade im<br />
Zweitakt schlägt – den urigen Parallel-<br />
Twins aus Akashi gehört.<br />
Weshalb er für Gleichgesinnte zu den<br />
kompetentesten Ansprechpartnern zählt,<br />
wenn es um die hierzulande eher seltenen<br />
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Viertakter von Kawasaki geht. Und das<br />
sogar weit über die Grenzen Deutschlands<br />
hinaus. In der weltweiten Gemeinde<br />
der anglophilen Nippon-Twins hat<br />
sich nämlich rumgesprochen, dass Ralfs<br />
Schwäche für die W-Modelle von Kawasaki<br />
zugleich auch seine große Stärke ist.<br />
Denn der Frankfurter kümmert sich<br />
nicht nur um Restaurierungen, sondern<br />
auch um die Teileversorgung für die<br />
650er-Kawas. Was gebraucht nicht mehr<br />
zu haben ist, lässt er entweder in Eigenregie<br />
oder bei FineTech Fukai nachfertigen.<br />
Für den japanischen W-Spezialisten<br />
hat er sogar den weltweiten Teilevertrieb<br />
übernommen.<br />
So gibt es bei dem 54-jährigen Ingenieur<br />
für Verfahrenstechnik, der sich mit<br />
seinem Betrieb (www.gille-restauration.<br />
de) mittlerweile voll und ganz den klassischen<br />
Motorrädern widmet, neben Gummiteilen,<br />
Kabelbäumen oder Kolbensätzen<br />
auch komplett neu aufgebaute Maschinen.<br />
Wie zum Beispiel unser Studiomodell hier,<br />
eine in Europa ultra-rare Kawasaki W3<br />
des Baujahres 1973.<br />
Dabei handelt es sich um die letzte<br />
Variante der 1965 mit der W1 begründeten<br />
Paralleltwin-Familie von Kawasaki.<br />
Jene basierte auf einer Meguro-Konstruktion<br />
von 1959, deren offensichtliches<br />
Vorbild die BSA A7 war (Modellgeschichte<br />
in <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 8/2014).<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 27
IM STUDIO I<br />
Kawasaki W3<br />
Die W3 wurde von 1972 bis 1974 nur<br />
noch in Japan, Australien und Neuseeland<br />
verkauft. Nicht aber in den USA, weshalb<br />
selbst Spezialisten wie Ralf Gille nur mit<br />
Glück an so eine Maschine kommen. „Ich<br />
habe diese W3, die komplett zerlegt und<br />
nicht mehr vollständig war, 2010 in Pennsylvania<br />
gekauft. Es ist eine Maschine mit<br />
einer bewegten Vorgeschichte. Ein GI hatte<br />
die W3 nach seinem Militärdienst in Japan<br />
1982 in die Staaten mitgenommen.<br />
Dann landete sie 1987 bei einem bekannten<br />
Motorjournalisten in Kalifornien, der<br />
die Kawasaki irgendwann an Joel Samick,<br />
einem ehemaligen AMA-Rennfahrer, verkaufte.<br />
Samick organisiert in Pennsylvania<br />
Retro-Touren mit ausschließlich zweizylindrigen<br />
Motorradveteranen. Auf ihn<br />
bin ich durch eine ebay-Anzeige in den<br />
USA aufmerksam geworden, in der er neben<br />
einer W1 weitere Teile zum Verkauf<br />
angeboten hatte. Das waren eben jene der<br />
W3, und so habe ich sofort zugeschlagen.“<br />
Aus gutem Grund. Denn eine W3 ist<br />
nicht nur relativ selten – insgesamt wurden<br />
nur 4430 Stück gebaut –, sondern<br />
auch teuer. In Japan erfreut sie sich großer<br />
Beliebtheit, da sie von allen W-Modellen<br />
die beste Alltagstauglichkeit besitzt, mit<br />
Doppelscheibenbremse vorn und dem<br />
28 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Die schwierige Teilebeschaffung<br />
machte<br />
die W3 zu Ralf Gilles<br />
bislang aufwendigster<br />
Restaurierungsarbeit<br />
Gille hat die W3 eigentlich für sich aufgebaut und dabei keine<br />
Mühen und Kosten gescheut. Das ist nicht zu übersehen<br />
Bei der W3 bunkert der Öltank der Trockensumpfschmierung<br />
mit drei Litern einen halben mehr als bei den früheren Typen<br />
Vierganggetriebe der W1SA, das links und<br />
über ein konventionelles Schema geschaltet<br />
wird. Telegabel und die Doppelscheibe<br />
der W3 ähneln zwar den Bauteilen der Z1,<br />
sind aber nicht identisch, weiß Gille. Das<br />
gilt ebenso für die Instrumente, die Zifferblätter<br />
mit anderen Skalen beherbergen.<br />
Weitere Unterschiede zu früheren Modellen<br />
betreffen das Lenkschloss und die<br />
Halter der Soziusrasten.<br />
Gabel und Doppelscheibenbremse<br />
sehen<br />
aus wie von der<br />
Z1 entlehnt,<br />
sind aber nicht<br />
kompatibel<br />
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IM STUDIO I<br />
Kawasaki W3<br />
Die W3 besitzt ein Vierganggetriebe mit linksseitiger Betätigung, dessen Gestänge durch die Schwingenachse führt<br />
Und ein Mehrgewicht von rund 17<br />
Kilogramm, „das beim Fahren durchaus<br />
zu spüren ist, weil die Zusatzpfunde<br />
ausschließlich vorne angesiedelt sind“.<br />
Bis Ralf Gille diese Erkenntnis gewinnen<br />
durfte, vergingen jedoch fast vier Jahre.<br />
Da er die W3 für sich behalten wollte, hatte<br />
er keine Eile mit dem Neuaufbau. Zumal<br />
im Teilepaket aus den USA einige entscheidende<br />
Positionen fehlten. Beispielsweise<br />
Teile der Elektrik und vom Schaltgestänge.<br />
Ebenso der hintere Kotflügel,<br />
die Endrohre und die Sitzbank. Was die<br />
originalgetreue Restaurierung doch erheb<br />
lich erschwerte, weil die Schalldämpfer<br />
und das Sitzmöbel bei der W3 eine<br />
eigen ständige Form besitzen. „Vor allem<br />
der W3-Auspuff mit den sich nach hinten<br />
konisch verjüngenden Dämpfern ist extrem<br />
selten, davon gibt es außerdem keine<br />
Reproduktionen“, zeigt der Experte die<br />
Schwierigkeiten bei der W3 auf.<br />
Dank seiner hervorragenden Kontakte<br />
nach Japan konnte er über seine dortigen<br />
Partner jedoch einen gut erhaltenen Originalauspuff<br />
auftreiben, der nach dem<br />
Verchromen nun ebenso neu glänzt wie<br />
die Nachbildung des hinteren Kotflügels.<br />
„Wegen der problematischen Teileversorgung<br />
bei der W3 war dies die bislang aufwendigste<br />
W-Restaurierung“, erzählt Ralf<br />
Gille, der mit Ausnahme der Lack- und<br />
Chromarbeiten sowie dem Honen der<br />
30 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Kawasaki W3 (1973)<br />
MOTOR: Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine<br />
untenliegende Nockenwelle, je zwei Ventile pro Zylinder, über<br />
Stoßstangen und Kipphebel betätigt, Bohrung 74 mm, Hub<br />
72,6 mm, 624 cm³, Verdichtung 9:1, 53 PS bei 7000/min,<br />
Ölbadkupplung, Vierganggetriebe, Kettenantrieb<br />
FAHRWERK: Doppelschleifenrahmen aus Stahlrohr, Telegabel<br />
vorn, Zweiarmschwinge hinten, Doppelscheibenbremse vorn,<br />
Trommelbremse hinten, 217 kg vollgetankt, Tankinhalt 15 l<br />
KONTAKT: www.gille-restauration.de<br />
Das originale Helmschloss hat Gille nach langer Suche in Amerika aufgetrieben.<br />
Der komplette Werkzeugsatz wird für 500 Dollar gehandelt (u.)<br />
Zylinder alle Arbeiten selbst erledigt hat.<br />
So fand die Restaurierung im Herbst 2014<br />
ihr glückliches Ende.<br />
Zumindest für Ralf Eichentopf, der seinem<br />
Kumpel nach zwei Jahren heftigen<br />
Baggerns die W3 tatsächlich abschwatzen<br />
konnte. Da hat der eine Ralf dem anderen<br />
in einem schwachen Moment ein ganz<br />
starkes Angebot gemacht, das dieser nicht<br />
ablehnen konnte. „Na ja, wenigstens weiß<br />
ich, dass die W3 bei Ralli in guten Händen<br />
www.motorrad-classic.de<br />
ist“, tröstet sich Gille darüber hinweg. Und<br />
ist natürlich längst wieder auf der Suche<br />
nach einem GI, der nach seinem Militärdienst<br />
in Japan dereinst vielleicht eine W3<br />
nach Amerika mitgenommen hat.<br />
Wer nun eventuell selbst mit einem<br />
W-Modell liebäugelt, ist bei Ralf Gille an<br />
der richtigen Adresse. Weil der Mann<br />
nicht nur eine Schwäche für diese Kawasakis<br />
hat. Sondern, wie man hier sehen<br />
kann, auch ganz starke Argumente. ◻<br />
Ralf Gille (links) und Ralf Eichentopf<br />
(56) kennen sich seit acht<br />
Jahren. Was dem Zweitakt-Liebhaber<br />
das Abschwatzen der W3 wohl etwas<br />
erleichtert hat. „Als ich so eine Maschine<br />
in einem japanischen Magazin gesehen<br />
hatte, konnte ich einfach nicht mehr<br />
lockerlassen, ich musste diese Kawasaki<br />
unbedingt haben!“ Sie teilt sich den Platz<br />
in der Garage nun mit neun 500er- und<br />
vier 750er-Zweitakt-Kawas sowie einer Z1.<br />
Für Ralf Eichentopf, der bereits 650<br />
Kilometer mit der W3 zurückgelegt hat,<br />
ist der Twin „der perfekte Entschleuniger“,<br />
der ihm „völlig neue und bislang<br />
unbekannte Glücksgefühle beschert“.
SZENE I<br />
Ulrich Axler und seine Norton 16 H<br />
Magie des Ehrlic<br />
Ein traditionsbewusster Schuhmacher lebt in Lübeck seinen Traum vom ehrlichen<br />
Handwerk. Mit seiner englischen Lady, der Norton 16 H von 1936 als Alltags-Oldie.<br />
Text und Fotos von Thomas Schmieder<br />
Mein Freund Peter gab<br />
mir den heißen Tipp:<br />
„Ulrich ist Schuhmachermeister,<br />
bei ihm<br />
steht eine alte Vorkriegs-Norton im Laden,<br />
mit der er regelmäßig fährt.“ Okay Peter,<br />
Interesse geweckt. Zwei Tage später ist<br />
Ortstermin in der Brandenbaumer Landstraße<br />
69 in Lübeck. Hier wirkt die sonst<br />
so malerische Weltkulturerbe-Stadt ganz<br />
bescheiden. Eine Ausfallstraße aus der<br />
Hansestadt, die zu DDR-Zeiten schnur-<br />
lange im hohen Norden. Er führt mich<br />
durch seinen großen Laden, den er 1987<br />
übernahm. Dies hier ist eine Schuhmacherei<br />
von altem Schrot und Korn, Gegenentwurf<br />
zu Mister Minit & Co. „Ich bin<br />
einfach old fashioned“, bekennt Ulrich.<br />
Es riecht nach Lack, Leder, Gummi.<br />
Wir passieren Reklametafeln aus den<br />
60er-Jahren mit Aufschriften wie „Continental<br />
Absätze: enorm haltbar“ und pittoreske<br />
Apparate zur Erweiterung von<br />
Schuhen. Der NDR drehte hier einen TV-<br />
Beitrag zum Thema „Handwerk im Wandel“<br />
fürs Schleswig-Holstein-Magazin.<br />
„Diese alte Adler-Nähmaschine funktiostracks<br />
auf die schwer abgeschirmte<br />
Grenze zulief. Vor dem Gebäude aus<br />
rotem Backstein-Klinker stehen Strandkörbe,<br />
die Küste ist nah. „Schuhmacher<br />
Ulrich Axler“ steht über der Tür.<br />
Ein groß gewachsener, fröhlicher Mittfünfziger<br />
(Jahrgang 1961) tritt aus der Tür,<br />
trägt schwarze Klamotten und eine grüne<br />
Schürze. „Hallo, ich bin Ulrich“, begrüßt<br />
er mich freundlich. Und sieht ein bisschen<br />
aus wie der zehn Jahre ältere Wolfgang<br />
Niedecken von BAP in jüngeren Jahren.<br />
Auch Ulrich stammt aus dem Rheinland,<br />
aus Neunkirchen, einem „kleinen Kaff“ in<br />
der Nähe von Bonn, wohnt aber schon<br />
32 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Ein Fall für Haptiker, für Leute, die das Ehrliche lieben, schöne Formen und Materialien<br />
nicht bloß bewundern, sondern auch gern anfassen: Klassische Gummi-Absätze treffen auf<br />
Fress-Spuren an zwei kurz nacheinander festgegangenen Single-Kolben. Frisch renoviertes,<br />
pardon: repariertes Schuhwerk und Besitzerstolz im Pausenraum der Schuhmacherei<br />
hen<br />
niert astrein, kommt selbst durch dicke<br />
Ledertaschen.“ Besonders be geistert er<br />
sich für seine Hardo-Maschinen aus Bad<br />
Salzuflen: Zum Schleifen, Durchnähen,<br />
Polieren und Pressen mit drei bar Druck.<br />
Im Aufenthaltsraum kann der 54-Jährige<br />
sich in seinem Ein-Mann-Betrieb zurückziehen<br />
und hier seine Norton 16 H aus<br />
dem Jahr 1936 bewundern.<br />
Viel mehr als bloßes Zierstück<br />
Das fast 80 Jahre alte Motorrad strahlt in<br />
diesem Umfeld eine würdevolle Ruhe aus,<br />
umgeben von Norton-Werbeschildern und<br />
der originalen Bedienungsanleitung auf<br />
Englisch. Das H stand ja für „Home market“,<br />
Nortons Heimatmarkt. Die 16 H war<br />
Nortons am häufigsten und am längsten,<br />
von 1911 bis 1954, hergestellte Baureihe:<br />
Allein rund 100 000 Stück gingen als WD<br />
16 H („War Department“, Kriegsabteilung)<br />
ab 1936 ans britische Militär. Sie band zwar<br />
eine Menge Produktionskapazität, spülte<br />
aber auch viel Geld in die notorisch leeren<br />
Norton-Kassen. „Dieses Modell war massenhaft<br />
in olivgrün im Krieg“, berichtet<br />
Ulrich, „weil es gutmütig war und unverwüstlich.<br />
Viele Exemplare fuhren danach<br />
zivil umgebaut weiter.“<br />
Er liebt seine 14 PS starke, seitengesteuerte<br />
500er. „Alle 16 H-Modelle hatten<br />
eine 79er-Bohrung und 100 Millimeter<br />
Hub.“ Rost ist an der altehrwürdigen Lady<br />
kein Fremdwort, Ölnebel auch nicht. Sie<br />
ist eben kein Ausstellungsstück, trägt ehrliche<br />
Patina. „So, wie sie hier steht, fahre<br />
ich sie auch, mit Zulassung und TÜV.“ Und<br />
mit Bremse links und Fußschaltung rechts,<br />
samt erstem Gang oben. „Daran habe ich<br />
mich schnell gewöhnt.“<br />
Immerhin hat sie schon einen modernen<br />
Gasdrehgriff, Zündverstellung links<br />
am Lenker, Luftzufuhr rechts. Smiths-Tacho<br />
und Amperemeter funktionieren. Was Ulrich<br />
an seiner 16 H so mag? „Das ist alles<br />
begreifbare, sagenhaft einfache Technik.“<br />
An der 500er macht Ulrich die Wartung<br />
komplett selber: „Bremsen überholen, neue<br />
Kette, das Übliche. Zündung einstellen ist<br />
ein Kinderspiel. Um den Kopf runterzunehmen,<br />
etwa um die Kopfdichtung zu<br />
wechseln, sind bloß neun Schrauben zu<br />
lösen. Dann kann man auch in aller Ruhe<br />
die Ventile einstellen.“ Einmal musste er<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 33
SZENE I<br />
Ulrich Axler und seine Norton 16 H<br />
das Getriebe ausbauen, weil ein Riss im<br />
Gehäuse war. So konnte er die tatsächlich<br />
tadellosen Zahnräder kontrollieren.<br />
„Die 16 H ist ein einfaches und günstiges<br />
Fortbewegungsmittel. Sie läuft super,<br />
mit guter Gasannahme. Für ihre Epoche<br />
rennt sie wie der Teufel; man muss sich<br />
nur mal trauen, runterzuschalten, dem alten<br />
Bock auch mal die Sporen zu geben.“<br />
Lang gestreckt und flach sei sie, „der tiefe<br />
Schwerpunkt ist das A und O für gutes<br />
Fahrverhalten“. Auch die Ersatzteilversorgung<br />
sei sichergestellt, „es gibt fast alles<br />
noch, zum Teil original in braunem Wachspapier“.<br />
Ein dachförmiger Kolben komplett<br />
mit Ringen koste nur rund 100 Euro.<br />
Den Zylinder mit 40er-Übermaßkolben<br />
ließ der Handwerker ausschleifen.<br />
Innerhalb von wenigen Kilometern<br />
traten gleich zwei Kolbenklemmer auf,<br />
„mit schlimmen mechanischen Geräuschen.<br />
Aber das konnte doch nicht sein, so kurz<br />
hintereinander“. Des Rätsels Lösung? „Bei<br />
Ehrliche Patina<br />
stammt aus dem<br />
Einsatz im Alltag<br />
der Montage hatte ich aus Versehen mit<br />
der Dichtung eine Bohrung abgedeckt.<br />
Über sie gelangt Öl vom Zylinderfuß zu<br />
den Laufflächen des Kolbens.“ Problem erkannt,<br />
Gefahr gebannt. Auf Dauer.<br />
„Ansonsten ließ die Norton mich nie im<br />
Stich, ist voll alltagstauglich.“ Rund 9000<br />
Kilometer in 20 Jahren fuhren die beiden<br />
zusammen. Ulrich kaufte sie einst für 3500<br />
Mark von einem Engländer-Spezialisten<br />
bei Lübeck: „Ich sah immer die Leute auf<br />
englischen Mopeds durchs Dorf tuckern<br />
und wusste gleich: So etwas passt zu mir,<br />
mit einem Sound wie ein Lanz Bulldog.“<br />
Ulrich resümiert: „Die Norton springt<br />
immer an“, kickt sie zum Beweis an, bollert<br />
die Straße hoch und runter. Allerdings<br />
nervte ihn dabei doch der blaue Ölnebel<br />
im Abgas ein wenig. Ende 2014 fand er<br />
über eine Internet-Annonce einen identischen<br />
Ersatzmotor in Sachsen, „gleiches<br />
Baujahr, 1936!“ Er wurde für 400 Euro auf<br />
einer Holzpalette angeliefert, „hatte bloß<br />
10er-Übermaßkolben, zeigte im Zylinder<br />
noch die Honspuren“. Im Winter schliff<br />
Ulrich die Ventile neu ein, spendierte dem<br />
Vergaser neue Dichtungen, Schieber und<br />
Düsen. „Jetzt ist alles wieder tipptopp.“<br />
Kein Museumsstück: Der seitengesteuerte<br />
500er-Single mit der<br />
Trockensumpfschmierung hüllte<br />
sich gern mal in etwas Ölnebel. Inzwischen<br />
ist das Problem behoben<br />
Er mag „ehrliches Metall“. Nur im Laden,<br />
da ist Leder sein Lieblingsmaterial.<br />
Apart sind seine Tierhaut-Proben bis hin<br />
zu Krötenleder und Schubladen voller<br />
Druckknöpfe und Schnallen. Zu Hause<br />
hütet der Familienvater Bienenvölker, ist<br />
Hobby-Imker. Tradition und Handwerk.<br />
Vater und Großvater waren schon Schuhmachermeister,<br />
gute Reparaturen zu fairen<br />
Preisen waren Ehrensache.<br />
Gelernt hat Ulrich im väterlichen Betrieb<br />
in Siegburg, dann besuchte er die<br />
Meisterschule in Osnabrück. In seinen<br />
Betrieb baute er eine Absauganlage für<br />
Klebstoffdämpfe ein, wie man sie von<br />
Motor-Prüfständen kennt. Hand anlegen<br />
an Zweiräder lernte er früh, mit 14 besaß<br />
er eine Dreigang-Hercules. „Da packte ich<br />
neue Kolbenringe rein, doch danach lief<br />
sie eher schlechter“, gibt Ulrich ehrlich zu.<br />
Mit 18 Jahren kaufte er sich für 4800<br />
Mark eine nagelneue Yamaha XT 500. Damit<br />
düste er durch Eifel und Bergisches<br />
34 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
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SZENE I<br />
Ulrich Axler und seine Norton 16 H<br />
Einfühlungsvermögen: Meist kommt die<br />
Norton auf den ersten Tritt. Gewusst wie:<br />
Eigenbau-Absauganlage wie am Motoren-<br />
Prüfstand – für Klebstoff-Dämpfe statt Abgase!<br />
Stete Begleiter: ein „Engländer“ in<br />
der Werkzeugbox und Freude am Fahren<br />
Land („ich habe noch richtig Motorrad<br />
fahren gelernt“), bis sie dann in Holland<br />
geklaut wurde. Sein Faible für alte Fahrzeuge<br />
begann früh. Noch heute trauert<br />
Ulrich seiner Lambretta TV 175 vom Ende<br />
der 50er nach. „Das war wirklich ein toller<br />
Italo-Roller, doch 1999 habe ich ihn blöderweise<br />
verkauft. Heute ist er ein seltenes,<br />
super gesuchtes Modell.“ Dagegen<br />
war die ostdeutsche Schwalbe, die er mal<br />
für 250 Euro kaufte, echt gewöhnlich. Wo<br />
seine Begeisterung für alles Alte herkommt?<br />
„Das war schon immer so, ich bin<br />
Traditionalist.“ Charaktertypen favorisiert<br />
Ulrich auch bei Autos. Er hatte schon mit<br />
„Ich bin ein Gewohnheitsmensch,<br />
mag es,<br />
wenn Dinge einfach<br />
bleiben, wie sie sind“<br />
20 einen Opel Rekord Olympia: „Der war<br />
mein Jahrgang, 1961, mit seitlichen Flaggen<br />
an der C-Säule.“ Sein Traum ist ein<br />
Volvo P 1800 S. Aktuell hat er einen riesigen<br />
Amischlitten, einen Chrysler New<br />
Yorker von 1964. Die feisten Eckdaten des<br />
V8: 6,8 Liter Hubraum, 340 SAE-PS. Ein<br />
2,2-Tonner mit Trommelbremsen, der komplett<br />
ohne Elektronik auskommt, „dafür<br />
aber richtig Kraft von unten hat“.<br />
2012 bekam seine alte englische Dame<br />
echte Konkurrenz: Ulrich entdeckte seine<br />
Liebe zur jüngeren italienischen Geliebten,<br />
einer Moto Guzzi V 35 Imola. „Im Originalzustand<br />
mit 27 PS – das reicht für die<br />
Fahrt mit meinen Kumpels auf Yamaha SR<br />
500 über Landstraßen.“ Donnerstags fahren<br />
sie bei gutem Wetter gemeinsam zum<br />
Strand. „Das macht 'nen Riesenspaß, mit<br />
den alten Kisten über kleine Straßen zu<br />
cruisen – egal, ob mit Norton oder Guzzi.<br />
Dann trinkt man gemeinsam ein Bier und<br />
fährt ganz gemütlich wieder zurück.“<br />
Die V 35 gehörte einer Kundin, die<br />
„immer im feschen einteiligen Leder-Anzug<br />
fuhr“. Ihr Mann war „Guzzi-Spezialist<br />
alter Schule“. Doch die Dame trennte sich<br />
aus gesundheitlichen Gründen vom Motorrad.<br />
Ulrich dachte zuerst, ihm wäre das<br />
Motorrad zu klein. Doch es passte. Original<br />
30 000 Kilometer waren nicht viel, der<br />
Zustand okay: „Zuerst lief die Guzzi nicht,<br />
aber wegen Kleinigkeiten: Batterie laden,<br />
Vergaser reinigen, fertig.“ 1100 Euro<br />
machten Ulrich zum Guzzi-Eigner. Für<br />
zukünftig potenzielle Mehrleistung hat er<br />
noch den V2 einer Moto Guzzi V 65 parat.<br />
Bereits seit 15 Jahren macht Ulrich ambitioniert<br />
Musik, spielt E-Bass in der Band<br />
„Bluesm@il“. Schließlich geht es auch hier<br />
ja um ehrliches Handwerk und die Begeisterung<br />
fürs Authentische.<br />
◻<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> 13/1979<br />
Sie tragen dasselbe Vierzylinderherz in der<br />
Brust und haben auch sonst viele Bauteile gemeinsam,<br />
und doch sind Sport- und Chopper-<br />
Version der Suzuki GS 1000 von 1979 in ihrem<br />
Wesen grundverschieden.<br />
machen? Der Test in <strong>MOTORRAD</strong> 13/1979 soll es an den Tag bringen.<br />
Er bringt zunächst schnell die Erkenntnis, dass aus demselben 90 PS<br />
starken Motor der „normalen“ GS 1000 mittels anderer Auspuffanlage<br />
bei der L-Version ein DURCHZUGSSTÄRKERER ANTRIEB, passend zum<br />
Charakter des Choppers wird. Maximal 81 statt 77 Nm Drehmoment,<br />
das Ganze auch noch 1000/min früher, lassen die L satter durchziehen<br />
und im unteren Drehzahlbereich bulliger wirken.<br />
Die geringere Höchstgeschwindigkeit im Vergleich zur S (205 statt<br />
215 km/h) kann der Chopper-Fahrer gut verschmerzen, angesichts<br />
der aufrechten Sitzhaltung am hohen, geschwungenen Lenker macht<br />
Reisetempo über 140 sowieso keinen Spaß. Eher schon genießt man<br />
Fotos: MPS Fotostudio<br />
Suzuki GS 1000 S/GS 1000 L<br />
Rasen oder<br />
Cruisen<br />
Ende der 1970er frönt man bei Suzuki ganz ungeniert<br />
dem Baukastenprinzip: Plüschige Stufensitzbank und einen<br />
hohen Hirschgeweih-Lenker ans Basis-Bike dran – fertig ist<br />
der Chopper? Flacher Lenker, bunte Lackierung und Cockpitverkleidung<br />
dran – fertig ist der Sportler? Ist es wirklich so<br />
einfach, oder gehört mehr dazu, aus einem soliden Basis-<br />
Motorrad einen Sportler beziehungsweise Chopper zu<br />
Zwei Welten – ein Motor? Kann das funktionieren? Der Test von<br />
1979 stellt Sportler- und Chopper-Version ein gutes Zeugnis aus<br />
82<br />
85 67<br />
Was uns 1979 noch bewegte<br />
77<br />
71<br />
17. Januar<br />
Erstmals wird Smogalarm in der Bundesrepublik<br />
ausgelöst. Der Anteil von Schwefeldioxid in der<br />
Luft im Ruhrgebiet ist zu hoch.<br />
26. Februar<br />
Die neue vierteilige Montagabendserie „PS – Die<br />
Feuerreiter“ um eine jugendliche Rockerbande in<br />
einer deutschen Kleinstadt startet in der ARD.<br />
16. März<br />
In Frankfurt/Main wird bei einem Treffen von<br />
Bürgerinitiativen und Umweltschutzorganisationen<br />
das politische Listenbündnis „Die Grünen“<br />
gegründet.<br />
28. Mai<br />
Der Beitrittsvertrag mit Griechenland zur europäischen<br />
Gemeinschaft (EG) wird unterzeichnet.<br />
11. Juni<br />
John Wayne, einer der größten Westernhelden,<br />
verstirbt in Los Angeles.<br />
1. Juli<br />
Die Mehrwertsteuer wird von 12 auf 13 % erhöht.<br />
2. Juli<br />
Franz Josef Strauß (CSU) wird Kanzlerkandidat der<br />
38 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
im Sattel der L den satteren (und mit 109 zu<br />
102 Dezibel auch deutlich lauteren) Sound und<br />
das etwas agilere Handling, angesichts des<br />
kürzeren Nachlaufs. In puncto Sound muss man<br />
sich jedoch im Klaren sein, dass man nach wie<br />
vor einen SÄUSELNDEN, DREHFREUDIGEN<br />
VIERZYLINDER bewegt, der in den Augen<br />
echter Puristen nicht den kultigen, satten Schlag<br />
eines V2 ersetzen kann. So viel muss von<br />
Beginn an klar sein. Vibrationen, welcher Art<br />
auch immer, sind bei beiden Modellen zudem<br />
kaum ein Thema, allenfalls zwischen 6000 und<br />
7000/min sind sie dezent zu spüren. Erstaunliche<br />
Erkenntnis im Vergleich: Der Chopper<br />
bietet gar die etwas bessere Geradeauslaufstabilität.<br />
Turbulenzen an der eigentlich (vor<br />
allem den Oberkörper des Fahrers) gut vor<br />
Fahrtwind schützenden Lenkerverkleidung der<br />
S sorgen für leichte, aber gut beherrschbare<br />
Rührbewegungen.<br />
Apropos Verkleidung: Im Cockpit hinter der<br />
Scheibe der Sportlerin verbergen sich weitere<br />
Unterschiede. Während sich bei der S-Version<br />
über den beiden Runduhren zusätzlich zur<br />
Tankuhr (die wird beim Chopper im Drehzahlmesser<br />
integriert) noch eine Zeituhr und eine<br />
Öltemperaturanzeige findet, kann die L über<br />
die Standardausstattung hinaus nur MIT EINER<br />
GANGANZEIGE auftrumpfen. Beim üblicherweise<br />
gemütlichen Bummeln über die Landstraße<br />
dürfte hier aber meistens die rote Fünf<br />
aufleuchten – oft zurückschalten muss der<br />
GS-Fahrer weder auf der L noch auf der S,<br />
sofern er es nicht wirklich eilig hat. Will er<br />
doch mal einen Ampelsprint gegen einen aufmüpfigen<br />
Gegner gewinnen, hat er auf der<br />
Chopper-Version gar die besseren Karten – von<br />
null auf hundert hat die L mit 4,3 Sekunden<br />
(S: 4,5 s) gar die Nase leicht vorn, erst jenseits<br />
der 130 km/h macht sich die bessere Aerodynamik<br />
der Sportlerin bezahlt.<br />
Obwohl die Sportlerin, artgerecht bewegt,<br />
im Test minimal mehr Sprit verbraucht hat,<br />
bietet sie dank ihres mit 20 Liter deutlich<br />
üppigeren Tankinhalts (L-Version: 15,2 Liter) die<br />
größere Reichweite. Der Chopper-GS-Treiber<br />
kommt kaum 200 Kilometer weit, sollte sich am<br />
besten schon nach 150 Kilometern nach einer Tankstelle umsehen.<br />
Aufsehen erregen und Passanten zum Umdrehen bewegen, das<br />
können beide GS-Versionen bestens. Einen farbenfroh lackierten<br />
Sportler mit markanter Verkleidung und einen dicken Vierzylinder-<br />
Chopper sieht man (jedenfalls 1979) nicht alle Tage. Beide sind<br />
Hingucker und taugen FÜR DEN PASSENDEN AUFTRITT AUF DER<br />
Reklame<br />
Der „Wille zur Weiterentwicklung und Erneuerung“, so Honda,<br />
führte zur Entstehung der CBX – und hatte dieser den<br />
Sieg bei der Wahl zum Motorrad des Jahres 1978 beschert.<br />
SHOWMEILE der Stadt. Weil auch der Preis (die L-Variante ist<br />
mit 10970 Mark nur 200 Mark teurer) beim Kauf wohl kaum das<br />
entscheidende Argument liefert, bleibt es letztlich jenseits aller<br />
rationalen Erwägungen und technischer Ähnlichkeiten eine reine<br />
Geschmackssache und Typfrage. Bist du eher Raser oder Cruiser?<br />
In jedem Fall bietet Suzuki die passende GS 1000.<br />
◻<br />
CDU/CSU für die Bundestagswahl 1980.<br />
16. Juli<br />
Erstmals kostet ein Liter Benzin in Deutschland<br />
mehr als eine Mark.<br />
16. September<br />
Zwei Familien gelingt eine spektakuläre Flucht aus<br />
der DDR mit einem selbstgebauten Heißluftballon.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
24. Oktober<br />
Die Bundesregierung beschließt, die Sommer<br />
84<br />
82 80 68<br />
zeit in der Bundesrepublik Deutschland einzu<br />
82<br />
führen.<br />
Musik<br />
In den Hitparaden rangieren 1979 folgende Hits<br />
ganz vorn: „Y.M.C.A.“ von den Village People,<br />
„Dschinghis Khan“ von Dschinghis Khan,<br />
„Born to be alive“ von Patrick Hernandez und<br />
„Pop Muzik“ von M.<br />
Film<br />
Die Kinohits des Jahres 1979 sind unter anderem:<br />
„Das Dschungelbuch“, „Louis‘ unheimliche Begegnung<br />
mit den Außerirdischen“, „Das Krokodil<br />
und sein Nilpferd“ und „James Bond 007 – Moonraker<br />
– Streng geheim“.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 39
SZENE I<br />
Münch Spezial 500<br />
Friedels Erste<br />
Erst Münch Special, dann Münch Spezial – Friedel entwickelte bei seinem ersten<br />
selbst gebauten Renner nicht nur den Namen weiter, sondern auch die Technik.<br />
Text: Erik Meesters; Fotos: Archiv Meesters, Archiv Manfred Münch<br />
www.motorrad-classic.de
Die Münch Spezial war ein beeindruckendes<br />
Motorrad mit<br />
vielen außergewöhnlichen technischen<br />
Details. Dennoch hat<br />
Münch seine 500er zwischen 1950<br />
(Foto oben) und 1957 ständig<br />
verbessert und weiterentwickelt<br />
(rechts)<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Als ich im September 2013 das Buch „Mit<br />
Herz und Seele“ über die Geschichte<br />
von Friedel Münch und Helmut Fath<br />
veröffentlicht hatte, dachte ich, dass ich<br />
aufgrund der gründlichen und damit sehr zeitaufwendigen<br />
Recherchen eigentlich alle wichtigen Fakten über das<br />
Leben und Wirken von Friedel Münch zusammengetragen<br />
hatte. Schließlich hatte ich ja mit vielen Wegbegleitern des<br />
unermüdlichen Tüftlers gesprochen, Verwandten, Freunden<br />
und ehemaligen Mitarbeitern.<br />
Dabei sind viele überraschende Fakten und Projektpläne<br />
ans Licht gekommen, die damals wie heute nur<br />
einem kleineren Kreis bekannt waren. Aber, wie heißt es<br />
so schön: Man lernt nie aus. Zu verdanken habe ich diese<br />
Erkenntnis einer Vielzahl von Menschen, die mir schon<br />
kurz nach der Veröffentlichung ergänzende Informationen<br />
zukommen ließen. Einer dieser liebenswerten „In formanten“<br />
ist Stefan Schnitzler aus Ockstadt, ein 82-jähriger<br />
Motorrad-Enthusiast und Sammler von Büchern zu diesem<br />
Thema.<br />
Der unbekannte Schatz aus der Werkhalle<br />
Der ehemalige Weggefährte von Friedel Münch kontaktierte<br />
mich nach der Buchvorstellung im idyllischen Saalbau-Museum<br />
von Nieder-Florstadt. Dort sind auch viele<br />
Objekte von Münch zu besichtigen, der ja zu den lokalen<br />
Berühmtheiten in dem hessischen Örtchen gehört. Im Gespräch<br />
mit Stefan Schnitzler stellte sich heraus, dass der<br />
passionierte Sammler im Besitz von zirka 30 Zeichnungen<br />
war. Darunter sowohl Konstruktionszeichnungen als auch<br />
Zeichnungen anstehender Projekte, mit denen sich der<br />
junge Friedel Anfang der 1950er-Jahre beschäftigt hatte.<br />
Diese Zeichnungen lagerten ursprünglich in der Fabrik<br />
von Ossenheim, wo Friedel Münch und Floyd Clymer die<br />
damals kleinste Motorradfabrik der Welt aufgebaut hatten.<br />
Nachdem Münch das neue Werk in Altenstadt fertiggestellt<br />
hatte, bat er 1971 besagten Herrn Schnitzler, die<br />
ehemalige Schmiede zu entrümpeln. „Besenrein muss es<br />
sein!“, erinnert sich Stefan Schnitzler noch genau an Friedels<br />
Anweisungen. Dabei fand Schnitzler viele Originalzeichnungen,<br />
die jedoch nicht auf dem Müll landeten.<br />
Nein, das brachte Schnitzler nicht übers Herz.<br />
Er entschloss sich vielmehr, diese einzigartigen<br />
Dokumente für spätere Generationen<br />
aufzubewahren. Nach über 40 Jahren erzählte<br />
mir der offenherzige Hesse, dass er viele<br />
Jahre lang auf jemanden gewartet hatte, der<br />
– genau wie er damals – die Bedeutung dieser<br />
Zeichnungen erkennen würde und sich für<br />
den Erhalt dieses technischen deutschen<br />
Kulturguts für die Nachwelt einsetzen würde.<br />
Außerdem war Schnitzler in unserem Gespräch<br />
sehr daran gelegen, diese Dokumente<br />
der Öffentlichkeit nahezubringen.<br />
Beim Sichten des Materials stellte ich fest,<br />
dass es sich bei den Zeichnungen um einen<br />
wahren Schatz handelt. Trotz meiner langjährigen<br />
Recherchen bin ich hier auf – zumindest<br />
für mich – unbekannte Dokumente<br />
gestoßen. Eine dieser Zeichnungen zeigt beispielsweise<br />
den Grundriss für eine Halle, die<br />
Münch irgendwann mal am Ortsrand von<br />
Nieder-Florstadt geplant hatte. Von früheren<br />
Recherchen wusste ich, dass so eine Halle angedacht<br />
war, hier hielt ich nun die Bestätigung<br />
in den Händen! Allerdings dürften sich<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 41
SZENE I<br />
Münch Spezial 500<br />
Die Münch Spezial macht aus jeder Perspektive<br />
einen hervorragenden Eindruck. Die<br />
hydraulische Telegabel stammt ursprünglich<br />
von einer Horex Regina. Friedel hat sie jedoch<br />
in vielen Details verstärkt und für den<br />
Renneinsatz angepasst. Eigenbauten waren<br />
auch die markanten Luftfederbeine (rechts)<br />
die Banken damals nicht gerade um eine Finanzierung gerissen<br />
haben, da die Zukunft für die schnellen Motorräder<br />
nicht besonders rosig ausgesehen hatte.<br />
Doch Friedel Münch glaubte an die Zukunft dieser<br />
Zweiräder. Während er tagsüber seine Zeit der Wartung<br />
von Kunden-Motorrädern widmete, sowohl für den Straßenverkehr<br />
als auch für die Rennen in der Ausweisklasse,<br />
saß er in den Abendstunden oft bis tief in die Nacht vor<br />
seinem Zeichenbrett, um seine Ideen auszuarbeiten. Dabei<br />
fällt auf, dass er für alle Motoren in seinen Zeichnungen<br />
ein vertikal teilbares Gehäuse vorgesehen hatte.<br />
In den Zeichnungen habe ich sieben bis jetzt unbekannte<br />
Motorentypen entdeckt. Darunter beispielsweise<br />
einen Einzylinder-Viertakter mit einem Zahnradantrieb<br />
der obenliegenden Nockenwelle. Jedes Zahnrad des Nockenwellenantriebs<br />
sollte demnach ein Rollenlager besitzen.<br />
Hochmodern erscheint im Rückblick auch ein Zweizylinder-Viertakter<br />
mit zwei obenliegenden Nockenwellen<br />
mit halbkugelförmigen Brennräumen, um für eine optimale<br />
Füllung jeweils zwei große Ventile darin unterbringen<br />
zu können. Weiterhin sieht man auf einer dieser Konstruktionszeichnungen<br />
einen Vierzylinder mit horizontal liegenden<br />
Zylindern mit horizontal geplanten Einlasskanälen.<br />
Diese Konstruktion hatte Friedel für ein Renngespann erdacht.<br />
Nicht zu vergessen den im Stile einer Panther gezeichneten<br />
Single mit schräg stehendem Zylinder. Bemerkenswert<br />
ist außerdem ein weiterer Entwurf eines riesigen<br />
Einzylinders mit einem Hubraum von gut und gerne zwei<br />
Litern! Zylinder und Kolben für dieses von Friedel geplante<br />
Projekt stammten von einem M48 Patton-Panzermotor, ein<br />
Produkt der amerikanischen „Detroit Arsenal Tank Plant“<br />
aus Warren in Michigan.<br />
Interessant war für mich zudem die Entdeckung, dass<br />
Friedel seine Motoren schon Ende der 1950er-Jahre mit<br />
einem Eigenbaukompressor ausstatten wollte, und zwar<br />
nach dem Vorbild von Arnold Zoller. Die Sternkolbenkompressoren<br />
des Schweizer Zweitaktspezialisten sorgten vor<br />
allem an den Rennmaschinen von BMW, DKW und NSU<br />
für einen Leistungsschub. Friedel hat diese Pläne allerdings<br />
aufgrund Zeitmangels nicht realisieren können.<br />
Woran vermutlich seine<br />
erste Eigenkonstruktion, die<br />
Münch Spezial, nicht ganz<br />
unschuldig gewesen sein<br />
dürfte, mit der Friedel schon<br />
in der Saison 1949 bei Ausweisrennen<br />
angetreten war.<br />
Diese Ur-Münch war ein<br />
ganz besonderes Motorrad.<br />
Nicht nur, weil Friedel den<br />
dohc-Einzylinder von 1950<br />
an stetig weiterentwickelte,<br />
sondern weil er seine Eigenkonstruk<br />
tion damals auch<br />
anderen Fahrern für die<br />
populären Ausweisrennen<br />
überlassen hatte.<br />
Karl Reese bezeichnete<br />
die Spezial als einen der<br />
schönsten Eigenbauten jener<br />
Jahre. Umso glücklicher<br />
bin ich, dass Stefan Schnitzler<br />
davon neben einigen<br />
Zeichnungen auch das Motorgehäuse<br />
und den Zylinderkopf<br />
aufbewahrt hat!<br />
42 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Stefan Schnitzler (82) ist es<br />
zu verdanken, dass sowohl<br />
zahlreiche Konstruktionszeichnungen<br />
als auch von<br />
Friedel Münch selbst gefertigte<br />
Bauteile vor über<br />
40 Jahren nicht auf dem<br />
Müll landeten, sondern<br />
heute als technisches<br />
Kulturgut für Interessierte<br />
wieder zugänglich sind.<br />
Rechts die Zeichnung eines<br />
Einzylinder-Projekts mit<br />
Zylinder und Kolben eines<br />
M48-Panzers. Daneben das<br />
Horex/Columbus-Kurbelgehäuse,<br />
das als Basis der<br />
„Spezial“ diente. Darunter<br />
sieht man den von Schnitzler<br />
aufbewahrten Alu-Zylinderkopf,<br />
den Münch<br />
einst für seine 500er-Rennmaschine<br />
konstruiert hatte<br />
Wandel durch stetige Verbesserungen<br />
Womit wir uns nun eingehender mit der Technik dieses<br />
Eigenbaus beschäftigen können. Denn die hat es in sich,<br />
obwohl Münch als Ausgangsbasis das Kurbelgehäuse<br />
einer Horex S 500 von Hermann Reeb wählte. Allerdings<br />
hat er daran so viel geändert, dass man ohne Weiteres von<br />
einer eigenen Konstruktion sprechen kann. Aufgrund dieses<br />
stark modifizierten Motorblocks wird diese 500er von<br />
Kennern auch als das erste Münch-Motorrad überhaupt<br />
angesehen. Eine Maschine, die sich jedoch immer wieder<br />
verändert hat, weil Friedel sie von 1950 bis 1957 sowohl in<br />
Sachen Schmierung als auch im Hinblick auf Vergaser, Primärantrieb,<br />
Zylinderkopf, Benzintank und vielen weiteren<br />
Details stets weiterentwickelt hat. Das betraf ebenso die<br />
Bezeichnung: Anfang 1951 hieß das Motorrad „Münch<br />
Special“, im Jahr darauf „Münch Spezial“.<br />
Das Kurbelgehäuse bestückte er mit einer selbst angefertigten<br />
Kurbelwelle, die mit einem Norton-Pleuel ausgestattet<br />
wurde. Auch den Leichtmetallkolben konstruierte<br />
er selbst und ließ ihn nach seinen Zeichnungen beim<br />
Kolbenspezialisten Mahle gießen. Der enorme Aluminium-<br />
Zylinder war aus dem Vollen gedreht und sorgte dank der<br />
großzügigen Verrippung für eine effiziente Kühlung. Den<br />
mächtigen Einzylinder schraubte er dann in ein abgeändertes<br />
NSU-Chassis des Typs 601 OSL und koppelte den<br />
Antrieb mit einem modifizierten Viergang-Sportgetriebe<br />
von Saroléa (Belgien). Die Kupplung stammte ebenfalls<br />
von Saroléa. Als Vorderradaufhängung kam eine nach eigenen<br />
Ideen verstärkte Telegabel der Horex Regina zum<br />
Einsatz, hinten federten zwei ebenfalls in Eigenregie gefertigte<br />
Luftfederbeine. Eigenbauten waren weiterhin die<br />
Vollnaben-Trommelbremsen in Vorder- und Hinterrad.<br />
Mit seinem etwa 156 Kilogramm leichten und später<br />
rund 50 PS starken Motorrad, das laut Friedel „so schnell<br />
wie eine gute Norton Manx” lief, beteiligte er sich 1950 an<br />
regionalen Rennen, wie auf dem nahen Schottenring. Auch<br />
beim Grugapark-Rennen 1951 sorgte Münchs Eigenkonstruktion<br />
für viel Aufsehen. Nicht nur für Kenner der Szene<br />
war offensichtlich, dass hier ein richtiger Fachmann am<br />
Werk war. Kein Wunder, dass selbst ein kritischer Zeitgenosse<br />
wie Ernst „Klacks“ Leverkus von Friedels Kreation<br />
enorm begeistert war, was sich aus den folgenden Zeilen<br />
herauslesen lässt: „Er baute einen ganz besonderen Rennvogel,<br />
das dollste Dings, das ich bei Nachwuchs rennen<br />
laufen sah. Nicht nur wegen der Absonderlichkeit der<br />
einzelnen Teile der Konstruktion, auch wegen der kaum<br />
glaublichen, sauberen Verarbeitung aller Einzelheiten.<br />
Beim ersten Hinsehen meint man wohl, die Maschine<br />
stamme aus der Rennabteilung etwa von NSU, deren<br />
Stücke wegen des besonders sorgfältigen Finishs immer<br />
wieder auffielen. Nur sehr wenig Fremdteile stecken in der<br />
Münch Spezial, man kann sagen, dass die Maschine völlig<br />
selbst konstruiert, gezeichnet und gebaut wurde.”<br />
DATEN<br />
Münch Spezial 500 (Stand 1950)<br />
Motor: Einzylinder-Viertaktmotor, Kurbelgehäuse von Horex S<br />
500 mit Eigenbau-Kurbelwelle und Norton-Pleuel sowie Mahle-<br />
Kolben, Zylinder und Kopf mit zwei obenliegenden, über Königswelle,<br />
Zahnräder und Kette angetriebenen Nockenwellen (Eigenbau),<br />
zwei kipphebelbetätigte Ventile, Bohrung x Hub 86 x 86<br />
mm, Verdichtung 8,5:1, Hubraum 499 cm³, Leistung zirka 44 PS<br />
bei 8400 bis 8800/min, Trockensumpfschmierung<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Trockenkupplung und Vierganggetriebe<br />
von Saroléa, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Modifiziertes Chassis der NSU 601 OSL mit verstärkter<br />
Telegabel der Horex Regina, Zweiarmschwinge mit zwei<br />
selbst gebauten Luftfederbeinen, Eigenbau-Duplexbremsen aus<br />
Leicht metall, Reifen vorn 2.75-19, hinten 3.25-19<br />
Maße und Gewicht:Radstand 1460 mm, 156 kg (fahrfertig)<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 43
SZENE I<br />
Münch Spezial 500<br />
Nach einem Sturz beim Rennen in Bad Mingolsheim,<br />
wobei er sich einen Leberriss zuzog, beschloss der unglückliche<br />
Rennfahrer, seinen Helm an den Nagel zu hängen<br />
und sich fortan auf das Tunen seiner Rennmaschine zu konzentrieren,<br />
die er dann ja auch mehrmals auf den jeweils<br />
neuesten Stand der Technik umgebaut hat.<br />
Anfänglich hatte das selbst gefertigte Leichtmetall-<br />
Nocken wellengehäuse zwei obenliegende Nockenwellen,<br />
die von der Kurbelwelle via Rex-Königswelle, konische<br />
Zahnräder und einer Kette – zwischen den Wellen – angetrieben<br />
wurden. In der letzten Ausbaustufe sorgten<br />
dagegen sieben Zahnräder im Nockengehäuse für den<br />
Antrieb der beiden obenliegenden Nockenwellen. Friedel<br />
wählte diese Lösung, weil Zahnräder selbst bei hohen Drehzahlen<br />
exakte Steuerzeiten garantieren. Seine Konstruktion<br />
erinnerte somit stark an die Zylinderköpfe von Ronald<br />
Schnell oder Moto Parilla. Da durch die ständigen Optimierungen<br />
die Leistung weiter stieg, hatte Münch die veraltete<br />
Saroléa-Kupplung zwischenzeitig durch ein Bauteil aus<br />
einem NSU 601-Heeresmodell ersetzt.<br />
Beim Vergaser entschied er sich letztlich für einen<br />
Dellorto SSI-Vergaser, den er auf einen mit Kühlrippen versehenen<br />
Flansch montierte, um das Benzin-Luftgemisch für<br />
eine maximale Füllung des Einzylinders zu kühlen. Auch<br />
das Schmiersystem war laut Friedel entscheidend für Erfolge<br />
im Rennsport. Daher baute der unermüdliche Konstrukteur<br />
die Frischölschmierung zu einer Trockensumpf-<br />
Umlaufschmierung mit zwei Ölkreisläufen um, die dem<br />
thermisch hoch belasteten Einzylinder unter allen Bedingungen<br />
eine ausreichende Schmierung gewährleisten<br />
sollte. Der Schmierstoff musste auf seinem Weg zurück in<br />
den separaten Tank einen Ölfilter und einen Alukühler<br />
passieren, danach wurde das Öl in den Tank gepumpt, wo<br />
es weiter abkühlen konnte, bevor es wieder zu den neuralgischen<br />
Schmierstellen im Motor befördert wurde.<br />
Da Münch seine M-Spezial ständig weiterentwickelte,<br />
war sie über einen längeren Zeitraum konkurrenzfähig.<br />
Karl Lottes aus Marburg wurde 1951 mit der Doppel nocken-<br />
Rennmaschine Fünfter beim Dieburger Dreiecksrennen.<br />
Ein weiterer Fahrer der Münch Spezial war Fred Bauer aus<br />
Hanau, der mit ihr beim Herkules-Bergring-Rennen 1952<br />
einen fantastischen Sieg einfahren konnte.<br />
Der Letzte, der die 500er-Münch im Rennen eingesetzt<br />
hatte, war Volker Sachs. Danach fristete der mittlerweile<br />
veraltete Motorblock in einer Ecke der Fabrik in Ossenheim<br />
Dass die Norton Manx zumindest stilistisch<br />
Vorbild war, zeigt nicht zuletzt der Blick in das<br />
kurze, offene Megafon (oben). Nach seinem<br />
schweren Sturz in Bad Mingolsheim konzentrierte<br />
sich Friedel auf die Weiterentwicklung<br />
seiner 500er, die er anderen Fahrern überließ.<br />
Der letzte Münch-Pilot war Volker Sachs (r.)<br />
44 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong>
Hier sieht man die Münch<br />
S pezial in ihrer letzten Ausbaustufe.<br />
Nicht nur der Alutank ist<br />
ein anderer, sondern auch die<br />
Technik. Der Hubraum war auf<br />
510 cm³ angewachsen, ebenso<br />
die Leistung auf rund 50 PS. Die<br />
belastbarere Kupplung stammte<br />
aus einer NSU 601 OSL, und<br />
der Antrieb der beiden obenliegenden<br />
Nockenwellen erfolgte<br />
nun vom Königswellen-<br />
Kegel rad über kugelgelagerte<br />
Zahnräder. Klacks, beeindruckt<br />
von Friedels Arbeit, zeigte sich<br />
seinerzeit begeistert, „wie sauber<br />
zum Zylinder und Zylinderkopf<br />
alle Details gefertigt sind“<br />
sein Dasein, bis er von Stefan Schnitzler nach der Fabrikschließung<br />
vor der Verschrottung gerettet wurde.<br />
Das ist jetzt über 40 Jahre her. Seitdem hatte Schnitzler<br />
die Teile unangetastet in einer Ecke seines Hauses liegen.<br />
Nun hat er sie meiner Stiftung „Münch by Meesters“ zur<br />
Restaurierung übergeben, worüber ich sehr dankbar bin.<br />
Das Kurbelgehäuse und der geschmiedete Zylinderkopf<br />
der Spezial bekommen zunächst einmal einen Ehrenplatz<br />
neben dem ersten Eigenbau-Vierzylinder, der Münch RS-4,<br />
deren Motorblock die Stiftung schon früher erworben hat.<br />
Jetzt spukt mir im Kopf herum, die Münch Spezial wieder<br />
auferstehen zu lassen. So eine Restaurierung würde<br />
nach Ansicht von Horex-Spezialist Helmut Diemer „Arbeit<br />
ohne Ende” bedeuten, da Friedel fast alles selbst angefertigt<br />
hatte. Was bedeutet, dass der Wiederaufbau ja genau<br />
so erfolgen müsste – eine teure Angelegenheit! Wer mich<br />
dabei unterstützen möchte, ist herzlich eingeladen! Ich<br />
suche vor allem weitere Fotos und Zeichnungen, die bei<br />
dieser Restaurierung behilflich sein können.<br />
◻<br />
INFO<br />
Stiftung „Münch by<br />
Meesters”<br />
Erik Meesters gründete 2013 die Stiftung<br />
„Münch by Meesters”. Ziel ist der Erhalt<br />
des Nachlasses von Friedel<br />
Münch und Helmut Fath. Die Stiftung<br />
besitzt ein umfangreiches digitales Bildarchiv,<br />
wie es kein zweites gibt. Dazu<br />
auch viele Dokumentationen, Zeichnungen<br />
und Bilder. Somit also ideale Bedingungen<br />
für Forschungen zu Friedel Münch und Helmut Fath.<br />
Die Stiftung ist Enthusiasten wie Stefan Schnitzler sehr dankbar,<br />
die solche Zeichnungen und Fotos an die Stiftung übertragen.<br />
Weitere Informationen unter www.munchbymeesters.nl<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 45
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Foto: fact<br />
Foto: ADAC<br />
Auf zwei, drei und vier Rädern: drei<br />
Tage Klassik-Rennsport vom Feinsten<br />
Schon immer unvergleichlich: die<br />
Kulisse beim Start am Sachsenring<br />
Aufwärm-Runde<br />
Der Termin der Sachsenring <strong>Classic</strong> rückt näher, der Veranstalter<br />
und die zahlreichen prominenten Teilnehmer laufen sich<br />
allmählich warm für das große Event auf dem Traditionskurs.<br />
Nach dem großartigen Auftakt im<br />
letzten Jahr verspricht die Sachsenring<br />
<strong>Classic</strong> <strong>2015</strong> sogar ein noch bunteres,<br />
besser besuchtes Spektakel zu werden.<br />
Vom 19. bis 21. Juni finden so nicht nur<br />
zahlreiche spannende Wertungsläufe zur<br />
Deutschen Historischen Motorradmeisterschaft<br />
statt, sondern es werden auch immer<br />
mehr Namen prominenter ehemaliger<br />
Renngrößen bekannt, die ihre Teilnahme<br />
zugesagt haben. Dazu zählt nun auch<br />
der Brite Chas Mortimer, mehrfacher TT-<br />
Gewinner und bis heute der einzige Motorradrennfahrer,<br />
der Siege in der 125er-,<br />
250er-, 350er-, 500er- und 750er-WM-<br />
Klasse vorzuweisen hat. Er wird mit der<br />
Wir verlosen je 10-mal<br />
die Pakete 1 bis 3:<br />
500er-Yamaha an den Start gehen, mit der<br />
er bereits 1972 auf dem Sachsenring den<br />
fünften Platz belegte.<br />
Im Fanbereich von <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong><br />
im Fahrerlager 1 wird natürlich ebenfalls<br />
viel geboten: Hier hat man nicht nur einen<br />
perfekten Blick auf die Siegerehrung, hier<br />
sind auch zahlreiche historische Rennmaschinen<br />
zu bestaunen, unter anderem<br />
die originalen Superbike-Maschinen<br />
Ducati 888, Yamaha YZF 750, Kawasaki<br />
ZXR 750 und Suzuki GSX-R 750, zudem<br />
eine bildschön restaurierte Yamaha TZ 750<br />
von 1981 und eine Honda RS 500 von<br />
1986. Mehr Infos zur Veranstaltung unter<br />
www.sachsenring-classic.de<br />
Foto: Archiv<br />
Chas Mortimer hat in den 1970er-<br />
Jahren diverse TT-Siege gefeiert<br />
46 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong><br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-HELDEN-Paket 1:<br />
- 2 Wochenendtickets und Parkausweis<br />
- Kostenlose Teilnahme am Fankorso der Klasse 1 oder 2:<br />
15-minütige Präsentationsfahrt auf dem Traditionskurs<br />
am 19.06.<strong>2015</strong> ab 18 Uhr. Weitere Infos:<br />
http://www.sachsenring-classic.de/fankorso<br />
- Fahrerlagerführung mit Chefredakteur Michael Pfeiffer<br />
- Benzingespräche mit Redakteuren<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-HELDEN-Paket 2:<br />
- 2 Wochenendtickets und Parkausweis<br />
- Come-together mit Fahrern der Pro Superbike<br />
- Fahrerlagerführung mit Chefredakteur Michael Pfeiffer<br />
- Benzingespräche mit Redakteuren<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>-HELDEN-Paket 3:<br />
- 2 Wochenendtickets und Parkausweis<br />
Bitte senden Sie uns eine E-Mail<br />
mit der Angabe, welches Paket<br />
Sie möchten, Ihrer Abo-Nummer<br />
und Adresse an<br />
gewinnspiele@motorradhelden.de<br />
Stichwort: Sachsenring <strong>Classic</strong><br />
Am Gewinnspiel teilnehmen<br />
können alle Mitglieder der<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-HELDEN. Einsendeschluss<br />
ist der 07. Juni <strong>2015</strong>.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen,<br />
eine Barauszahlung der Preise ist<br />
nicht möglich.
Top Gear-Kultfigur James<br />
May, alias „Captain slow“<br />
steht auch auf schnelle<br />
Bikes. Die RC 30 wird nicht<br />
verhökert – vorerst<br />
Die Bikes der Top Gear-Stars bei Bonhams<br />
Richard Hammond und James May verkleinern<br />
ihre Sammlung an Bike-Klassikern.<br />
Die beiden (Ex-)Moderatoren der<br />
britischen Kult-Autosendung Top Gear<br />
trennen sich von einigen ihrer Bikes. Wobei<br />
May mit britischem Schmunzeln hinzufügt:<br />
„Nur weil ich arbeitslos bin, heißt das nicht,<br />
dass ich alles verscherbeln muss.“ Vielmehr<br />
soll Platz geschaffen werden für neue<br />
Schätzchen. Insgesamt acht Motor räder hat<br />
May beim Bonhams Spring Stafford Sale<br />
am 26. April angeboten, darunter die von<br />
Deus Ex machina gebaute Yamaha SR 400<br />
(Schätzpreis ca. 11 000 bis 17 000 Euro)<br />
und die FS1-E sowie „ein Kanu und einige<br />
Gemälde...“. Hammond trennt sich u.a.<br />
von seiner 1977er-Gold Wing und dem<br />
Triton 500 Café Racer (ca. 11 000 Euro).<br />
Fotos: Bonhams<br />
Richard Hammond verkauft<br />
ebenfalls nicht<br />
aus finanzieller Not<br />
– seine Vincent<br />
Black Shadow<br />
behält er<br />
nämlich<br />
Je oller, je doller<br />
Die Kaiserstadt Bad Ischl bietet auch <strong>2015</strong> die passende<br />
Kulisse für den Start zur Franz Josefs Fahrt.<br />
Das Treffen der Klassiker bis Baujahr 1929 (Solobikes und<br />
Gespanne) startet für die früh Angereisten bereits am<br />
16.10. abends um 19 Uhr mit dem Stammtisch. Die Teilnehmer<br />
der Ausfahrt am 17.10. versammeln sich um<br />
9 Uhr im Kurpark, die Route ist materialschonend ausgelegt,<br />
das heißt auf recht ebener Strecke und mit überschau<br />
barer Länge. Wer möchte, kann die Runde mehrfach<br />
absolvieren. Nachmittags geht es zum Schaulauf<br />
durch die gesperrte Innenstadt. Anschließend Präsentation<br />
der Fahrzeuge im Kurpark, auch für mitgebrachte,<br />
nicht fahrbereite Bikes. Sonntags startet dann die (Gratis-)<br />
Ausfahrt für Bikes aller Baujahre. Infos und Anmeldung<br />
(bis 30.9.): www.mvca.at oder h.denzel@gmx.at<br />
Fotos: Herbert Denzel<br />
Gore-Tex und Protektoren wird<br />
man bei den Teilnehmern der Franz<br />
Josefs Fahrt vergeblich suchen –<br />
um zum Bike und Baujahr passende<br />
Kleidung wird vielmehr ausdrücklich<br />
gebeten. Mit vollem Erfolg, wie<br />
man auf den Bildern links sieht<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 47
SZENE I<br />
Nachrichten, Termine, Tipps<br />
Fotos: bikersclassics<br />
Die wilde 13<br />
Zum 13. Mal wird bei den Bikers‘ <strong>Classic</strong>s<br />
in Spa-Francorchamps vom 3. bis 5. Juli<br />
feinster Klassik-Rennsport geboten.<br />
In gewohnter Weise werden sich exklusive<br />
klassische Modelle und bekannte Fahrer der<br />
Vergangenheit ein Stelldichein geben.<br />
Während solche Höhepunkte wie zum<br />
Beispiel die Paraden der Asse und das Klassik-Rennen<br />
der „4 Stunden von Spa“ bereits<br />
Dauerbrenner sind, wird die Ausgabe <strong>2015</strong><br />
ein Novum enthalten. Dieses besteht in<br />
einem „Lifestyle Village“, welches ganz<br />
auf den aktuellen Trend zum legendären<br />
„Café Racer“ ausgerichtet ist..<br />
In diesem Bereich werden Besucher die<br />
Möglichkeit haben, die außergewöhnlichen<br />
Kreationen der besten belgischen Konstrukteure<br />
– darunter die des Weltmeisters Fred<br />
Krugger – zu bewundern. Zahlreiche Importeure<br />
werden ebenfalls anwesend sein<br />
und die neuesten Modelle aus diesem<br />
Segment vorstellen.<br />
Die schönsten <strong>Classic</strong>-Racer auf einer<br />
der schönsten Rennstrecken überhaupt<br />
– was will man mehr?<br />
Dieser Bereich wird sich im Zentrum<br />
des Fahrerlagers befinden und zahlreiche<br />
Überraschungen bieten. Musik, Animation,<br />
eine „Café Racer“-Tour und natürlich auch<br />
ein Terrain für all diese Maschinen und ihre<br />
Fahrer, die an der Parade auf dem alten<br />
Kurs teilnehmen werden. Mehr Infos:<br />
www.bikersclassics.be<br />
TERMINE<br />
MAI<br />
9./10.5.: Stammtisch der 70er-Jahre-Bikes,<br />
15. Ausstellung und Treffen am Autohaus<br />
Oldenbürger; 32139 Spenge,<br />
www.stammtisch-classic-bikes.de<br />
16.5.: HocketZe für Youngtimerbiker -<br />
Tagestreffen; bei Firma Krauss im Haugweg,<br />
71711 Murr, Tel.: 0171/5330475,<br />
www.youngtimerbikes.de/forum<br />
16./17.5.: Lauf zur Deutschen Historischen<br />
Motorradmeisterschaft in Colmar Berg/<br />
Luxemburg; Rue Francois Krack, L-7734 Colmar<br />
Berg, www.vfv-historik-motorrad.de<br />
17.5.: Oldtimer-Ausfahrt des AMSC<br />
Leonberg; Start-/Zielturm Solitudering,<br />
71201 Leonberg, Tel. 07152/71720,<br />
www.amsc-leonberg.de<br />
23./24.5.: Feier zum 70. Geburtstag von<br />
MV Agusta, historischer Werkssitz in I-21017<br />
Cascina Costa, www.motoclub-mvagusta.it<br />
30./31.5.: Frühsommer-Oldtimer- und Teilemarkt;<br />
Vestlandhalle und Freigelände,<br />
45659 Recklinghausen, Tel. 0202/300848<br />
31.5.: Tag der offenen Tür in Balds Historischer<br />
Fahrzeugschau; Grimbachstr. 34,<br />
57339 Erndtebrück, Tel. 027 53/33 52<br />
JUNI<br />
4.–7.6.: Clubtreffen „25 Jahre CB 750 Four<br />
Club Deutschland“; am Edersee beim Albert<br />
Schweitzer-Ferienzentrum, 34516 Asel-Süd,<br />
www.cbfourclub.de<br />
5.–7.6.: 19. Güllepumpentreffen in Vechta;<br />
BDKJ Jugendhof/Moorkamp, 49377 Vechta,<br />
Tel.: 0160/3 66 16 45, www.guellepumpe.de<br />
5.–7.6.: Lauf zur Deutschen Historischen<br />
Motorradmeisterschaft: Historic Trophy<br />
Nürburgring; www.vfv-historik-motorrad.de<br />
12.–14.6.: 34. Int. Bockhorner Oldtimerund<br />
Teilemarkt; 26345 Bockhorn,<br />
Tel. 044 53/73 33,<br />
www.bockhorner-oldtimermarkt.de<br />
12.–14.6.: 8. Klassikwelt Bodensee a.d.<br />
Messegelände; 88046 Friedrichshafen,<br />
Tel. 07541/7 08-3 65,<br />
www.klassikwelt-bodensee.de<br />
26.–28.6.: 10. Moto Guzzi Le Mans-Treffen;<br />
Hotel Stubenberg, 06485 Gernrode,<br />
Tel. 01 72/7 33 70 64, Guzzi-Treffen@web.de<br />
26.–28.6.: 21. Engländertreffen in Franken;<br />
Brauereigasthof Seelmann, 96185 Zettmannsdorf,<br />
Tel. 091 22/7 40 06<br />
JULI<br />
3.–5.7.: 16. Sommertreffen des Triumph<br />
Motorcycle Owners Club; 36115 Hilders/<br />
Rhön, Tel. 01 71/1 22 35 39, www.tmoc.de<br />
10.–12.7.: 8. Vogtländisches Engländertreffen;<br />
Erholungseinrichtung Waldfrieden,<br />
07952 Waldfrieden, Tel. 0 37 41/523753,<br />
sabinemuehlberg@gmx.de<br />
11./12.7.: Moped-Treffen und Teilemarkt in<br />
Schermbeck; im „Ramirez“, Maassenstr. 84,<br />
46514 Schermbeck<br />
OKTOBER<br />
3./4.10.: 10. Hammerstatt-Revival Motorradclassic<br />
Schwarzwald-Grand Prix; 78025<br />
Villingen-Schwenningen, Tel. 01 76/47 25 14 53,<br />
www.SAC-VS.de<br />
Angaben ohne Gewähr. Wenn Ihr Event hier genannt werden soll, mailen Sie Zeit, Ort und Veranstalter an termine@motorrad-classic.de oder tragen es selbst in die Datenbank unter www.motorrad-classic.de/termine ein.<br />
Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.<br />
48 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
MARKT I<br />
Preisliste<br />
PREISSPIEGEL<br />
YOUNGTIMER<br />
Hier finden Sie die aktuellen Preise von über 450<br />
Motorrad-Klassikern der Baujahre 1970 bis 1990.<br />
Foto: Siemer<br />
Angebot und Nachfrage<br />
gelten auch bei Motorrädern<br />
als die entscheidenden<br />
Faktoren für<br />
die Preisfindung. Vorausgesetzt, diese<br />
sind in einer größeren Menge vorhanden<br />
und somit kalkulierbar. Bei Klassikern hapert<br />
es jedoch daran: Dem knappen, für<br />
Laien kaum einschätzbaren Angebot steht<br />
eine ungewisse Nachfrage gegenüber.<br />
Ohne Spezialwissen läuft man Gefahr, für<br />
einen Oldie Mondpreise zu bezahlen –<br />
oder sein Schätzchen zu billig abzugeben.<br />
In <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> veröffentlichen<br />
wir deshalb regelmäßig eine Preisübersicht<br />
für Klassiker, die wir zusammen<br />
mit den Experten von classic-analytics<br />
erstellt haben. In dieser Ausgabe haben<br />
wir über 450 Modelle der Baujahre 1970<br />
bis 1990 unter die Lupe genommen. Um<br />
ein noch besseres Gefühl für den Klassiker-Markt<br />
zu vermitteln, geben wir darüber<br />
hinaus die ehemaligen Neupreise des<br />
letzten Modelljahres in D-Mark an.<br />
Als „Zustand gepflegt“ gelten hier<br />
Bikes, die sich im weitgehend mängelfreien<br />
Originalzustand befinden und nur<br />
kleinere Gebrauchsspuren aufweisen.<br />
Verbrauchte Kräder mit deutlichen<br />
Mängeln und eingeschränkter Fahrbarkeit<br />
bekommen dagegen die Zustandsnote<br />
„schlecht“. Sie stellen eine brauchbare<br />
Restaurierungsbasis dar.<br />
Alle angegebenen Preise sind Richtwerte,<br />
die bei besonders gut erhaltenen<br />
oder perfekt restaurierten Fahrzeugen<br />
auch mal deutlich überschritten werden<br />
können. Andererseits rechtfertigen Fehlteile<br />
oder bestimmte 27-PS-Drosselvarianten<br />
einen entsprechenden Nachlass.<br />
classic-analytics aus Bochum<br />
betreibt Marktbeobachtung und<br />
erstellt Bewertungen für Oldtimer,<br />
Youngtimer und alle Arten von<br />
Liebhaberfahrzeugen. Die Klassik-<br />
Experten stehen in ständigem Dialog<br />
mit Clubs, Händlern und Auktionshäusern,<br />
besuchen europaweit<br />
Fach messen und werten neben<br />
Internet-Offerten jeden Monat mehr<br />
als 60 Fachzeitschriften im In- und<br />
Ausland aus. Eine komplette Liste<br />
aller Bewertungspartner gibt es unter<br />
www.classic-analytics.de. Wer es ganz<br />
eilig hat, kann für 9,95 Euro eine<br />
Online-Bewertung (Home Check) des<br />
Bikes selbst erstellen. Anmerkungen,<br />
Fragen, Kritik? Bei classic-analytics<br />
freut man sich über Rückmeldungen.<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
BENELLI<br />
R 60/6 5992 1973-76 30/40 5300 1800<br />
250 2C/Sport 3820 1972-88 20/27 2500 700 R 60/7 6850 1976-78 30/40 4500 1400<br />
250 Quattro/254/304 4980 1976-89 20/27 2500 700 R 65 8890 1978-85 35/48 3100 900<br />
354/Sport 7610 1979-84 28/38 3500 1100 R 65 9850* 1985-93 20/27 3000 900<br />
500 Quattro 5995 1974-80 32/44 4100 1400 R 65 LS 9490 1982-85 37/50 3400 1000<br />
650 Tornado 6295 1968-75 33/45 5300 1900 R 65 GS 9850* 1987-92 37/50 4100 1500<br />
650 Tornado/654 6980 1980-86 37/50 3800 1200 R 75/5 4996 1969-73 37/50 6200 2300<br />
750 Sei 9820 1973-77 55/75 11 000 4300 R 75/6 7110 1973-76 37/50 6100 2200<br />
900 Sei 10 500 1978-89 59/80 10 100 4000 R 75/7 7985 1976-77 37/50 5300 1800<br />
BIMOTA<br />
K 75 13 350 1986-96 55/75 3200 800<br />
KB 1 24 130 1978-82 63/85 13 500 5900 K 75 S 15 850 1985-95 55/75 3400 900<br />
YB 4 E.I. 40 360 1987-90 89/121 13 900 6000 R 80/7 7990 1977-84 37/50 7500 1800<br />
YB 6 34 980 1988-89 103/140 11 500 3800 R 80 G/S 10 250 1980-87 37/50 5100 1800<br />
BMW<br />
R 80 GS 11 810 1987-96 37/50 4600 1600<br />
R 45 7690 1978-85 20/27 2800 800 R 80 11 850 1984-92 37/50 3300 1000<br />
R 50/5 3696 1969-73 24/32 5500 1900 R 80 ST 9890 1982-84 37/50 4400 1400<br />
R 60/5 3996 1969-73 30/40 5800 2000 R 80 RT 11 590 1982-84 37/50 4000 1300<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni 2014<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
62 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
R 90/6 7110 1973-76 44/60 6500 2400<br />
R 90 S 9130 1973-76 49/67 9500 3300<br />
R 100/7 8590 1976-78 44/60 4000 1400<br />
R 100/T 11 190 1978-84 49/67 4100 1500<br />
R 100 S 10 190 1976-78 48/65 4800 1600<br />
R 100 RS 14 790 1976-84 51/70 6000 2000<br />
R 100 RS 16 710 1986-89 44/60 5300 1800<br />
R 100 RT 14 790 1978-84 51/70 4300 1600<br />
R 100 RT 17 200 1987-96 44/60 5100 1800<br />
R 100 CS 12 190 1980-84 51/70 5800 1900<br />
R 100 GS 13 950 1987-96 44/60 5300 1900<br />
K 100 15 900 1983-90 66/90 3200 900<br />
K 100 LT 19 930 1986-91 66/90 3600 1000<br />
K 100 RT 18 200 1984-89 66/90 3500 1000<br />
K 100 RS 18 850 1983-93 74/100 3700 1000<br />
K 1 21 000 1988-93 74/100 5600 2100<br />
BSA<br />
B 50 500 Super Sport 4255 1971-72 25/34 7700 3200<br />
A 65 Thunderbolt 650 4903 1965-73 34/46 6100 2600<br />
A 65 Lightning 650 5272 1965-73 38/52 6500 2800<br />
Rocket 3 750 6469 1968-73 40/54 9400 4300<br />
CAGIVA<br />
SST 350 7900 1980-86 20/27 1500 600<br />
T4 500 E 8490 1988-89 31/42 1700 600<br />
Alazurra 650 8970 1985-87 37/50 2500 700<br />
Elefant 650 12 390 1985-88 37/50 2500 700<br />
Elefant 750 13 490 1988-90 45/61 2600 800<br />
DUCATI<br />
250 Scrambler 2700 1968-74 13/18 4400 1900<br />
350 Scrambler 2930 1969-74 17/24 5800 2400<br />
350 Desmo 3950 1971-74 19/29 7200 2700<br />
350 GTV 6020 1975-80 17/24 3800 1500<br />
450 Scrambler 3250 1969-74 20/27 7700 2900<br />
500 GTV/GTL 5780 1975-80 30/40 4000 1500<br />
500 SL Pantah 9131 1979-83 34/46 4900 2000<br />
600 SL Pantah 10 000 1981-83 42/57 5100 2100<br />
750 F1 18 499 1985-87 59/80 14 200 7000<br />
750 Paso 13 990 1986-90 54/73 4000 1400<br />
750 GT 6495 1971-74 44/60 16 000 7000<br />
750 S 8000 1972-74 47/64 19 200 8800<br />
750 SS (Rundmotor) 9850 1973-74 54/73 37 500 20 000<br />
750 SS (eckig) 11 580 1975-77 50/68 25 000 12 500<br />
851 S 29 990 1988-89 75/102 6200 2800<br />
860 GT/GTS 7900 1974-78 48/65 7200 2500<br />
900 SS 12 028 1975-82 53/72 21 000 8000<br />
Darmah 900 SD 10 433 1977-83 50/68 7500 2900<br />
Darmah 900 SS 10 410 1978-80 50/68 7700 3000<br />
900 SS Hailwood Repl. 13 200 1980-84 68/80 11 500 5600<br />
900 S2 12 361 1983-84 48/65 7000 3200<br />
906 Paso 15 990 1989-90 57/78 3400 1000<br />
1000 Hailwoood Repl. 15 990 1985-86 56/76 11 100 5400<br />
1000 S2 15 990 1985-86 56/76 10 500 5200<br />
ENFIELD INDIA<br />
Bullet 350 4990* 1955 13/17 4100 1500<br />
GILERA<br />
500 Saturno 11 500 1988-91 28/38 7200 2100<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
HARLEY-DAVIDSON<br />
XL 883 Sportster 12 190 1986-95 37/50 5700 2100<br />
XL 900 Sportster 9135 1957-72 30/40 10 500 4800<br />
XL 1000 Sportster 15 620 1973-86 37/50 6900 3900<br />
XLCR 1000 11 980 1977-78 44/60 15 700 8200<br />
XR 1000 18 060 1983-84 49/67 16 700 8800<br />
XL 1100 Sportster 16 670 1986-87 37/50 6900 3900<br />
FLH 1200 Electra Glide 13 950 1970-80 46/63 12 800 7100<br />
FX 1200 Super Glide 14 198 1971 43/58 12 300 6900<br />
FX 1200 Super Glide 12 460 1972-80 43/58 12 300 6900<br />
XL 1200 Sportster 15 640 1988-94 47/64 6600 2500<br />
FXS 1340 Low Rider 24 580 1983-93 33/45 12 300 6800<br />
FXST 1340 Softail 24 770 1984-92 33/45 11 000 5000<br />
FXE/R 1340 Super Glide 21 180 1982-94 33/45 11 600 5400<br />
FXWG 1340 Wide Glide 24 670 1980-86 47/64 11 300 5300<br />
FLH 1340 Electra Glide 23 935 1980-84 49/67 13 300 7300<br />
FLHT 1340 E. Glide 28 270 1984-98 44/60 13 300 7300<br />
HERCULES<br />
K 125 Military 7150* 1971-90 9/12 2000 800<br />
HONDA<br />
CB 125 2098 1970-76 10/13 2200 600<br />
CB 125 J/S 2698 1975-79 10/13 1900 400<br />
CB 125 T 3352 1978-86 13/17 1600 300<br />
XL 125 2658 1976-79 10/13 1800 400<br />
CM 185 T 3276 1978-80 13/17 900 200<br />
XL 185 S 3708 1979-82 12/16 1800 500<br />
CM 200 T 3808 1980-83 13/17 900 200<br />
MTX 200 R 5108 1983-88 20/27 1400 300<br />
XL 200 R 4527 1983-84 13/17 1600 400<br />
CB 250 3048 1968-73 22/30 3100 1100<br />
CB 250 N 4840 1978-84 13/17 1400 400<br />
CB 250 RS 3593 1980-85 19/26 1600 500<br />
CB 250 T 3878 1977-78 20/27 1500 400<br />
CJ 250 T 3688 1976-79 13/17 2000 600<br />
CL 250 3017 1968-72 22/30 3900 1100<br />
CL 250 S 4328 1982-84 13/17 1000 200<br />
CM 250 C 4088 1982-85 13/17 1200 400<br />
NX 250 7080 1988-94 19/26 1600 400<br />
XL 250 3818 1974-78 15/20 2200 700<br />
XL 250 S 5428 1978-82 13/17 1800 600<br />
XL 250 R 5408 1982-87 18/24 1500 500<br />
CB 350 3548 1968-74 26/36 3600 1200<br />
CB 350 F 4298 1972-74 25/34 3500 1200<br />
XL 350 R 6090 1985-88 20/27 1700 500<br />
CJ 360 T 3958 1976-79 25/34 2200 600<br />
CB 400 F 4878 1974-77 27/37 3000 1000<br />
CB 400 N 5148 1978-83 32/43 1600 400<br />
CB 400 T/A 4218 1974-79 20/27 1900 500<br />
CM 400 T 5148 1980-84 32/43 1400 300<br />
NS 400 R 10 128 1984-86 53/72 5600 2200<br />
CB 450 4248 1965-74 33/45 4600 1500<br />
CB 450 N 5188 1984-86 32/43 1300 300<br />
CB 450 S 6810 1986-90 32/43 1300 300<br />
CL 450 4248 1968-72 32/43 5400 1800<br />
CB 500 F 6328 1972-77 35/48 3600 1200<br />
CB 500 T 5018 1975-77 31/42 3000 1000<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 63
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
CX 500 6753 1978-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 E 7457 1982-85 37/50 2000 500<br />
CX 500 C 6753 1980-83 37/50 2300 600<br />
CX 500 Turbo 13 203 1981-85 60/82 4700 1600<br />
FT 500 4699 1982-84 20/27 1300 400<br />
GL 500 7873 1982-85 37/50 2800 700<br />
VF 500 F/F2 9933 1984-87 51/70 1600 400<br />
VT 500 E 7900 1983-88 37/50 1900 500<br />
VT 500 C 7793 1983-88 37/50 2500 800<br />
XBR 500/S 6650 1985-90 32/44 1800 500<br />
XL 500 S 5370 1979-82 20/27 2200 600<br />
XL 500 R 5398 1982-85 20/27 2000 500<br />
CB 550 F/K 5948 1975-78 37/50 3600 1200<br />
CBX 550 F/F2 7508 1982-85 44/60 1800 500<br />
CBR 600 F 12 150 1987-98 68/93 3800 1600<br />
XL 600 LM/RM 8670 1985-88 32/44 2500 800<br />
XL 600 V Transalp 10 350 1987-99 37/50 4700 1800<br />
XR 600 8700 1987-97 32/44 2200 700<br />
XR 600 R 7650 1983-88 32/44 1500 400<br />
VT 600 C Shadow 9930 1988 30/41 4500 1500<br />
CB 650 6972 1979-83 46/63 3700 1500<br />
CB 650 C/SC 7163 1980-83 46/63 1700 400<br />
CBX 650 E 8575 1983-87 55/75 2100 600<br />
CX 650 C 7743 1984-85 48/65 2600 600<br />
CX 650 E 8238 1982-85 48/65 2400 600<br />
CX 650 Turbo 13 838 1982-85 74/100 5800 2000<br />
GL 650 8814 1983-85 48/65 3400 800<br />
NTV 650 10 145 1988-98 44/60 1900 600<br />
NX 650 Dominator 9395 1988 33/45 2200 800<br />
XRV 650 Africa Twin 12 880 1988-90 37/50 3900 1100<br />
CB 750 7368 1969-78 46/63 11 800 5600<br />
CB 750 C 8613 1980-83 57/77 2500 800<br />
CB 750 F1 6908 1975-78 49/67 5900 2100<br />
CB 750 K 8613 1978-84 57/77 3200 800<br />
CB 750 F/F2 8772 1980-84 58/78 3500 1100<br />
CBX 750 F 10 138 1984-86 67/91 2600 700<br />
VF 750 S 9791 1982-84 60/82 2200 600<br />
VF 750 C 9173 1982-84 60/82 2600 700<br />
VF 750 F 10 508 1983-85 66/90 2400 600<br />
VFR 750 F 14 550 1985-89 74/100 3000 800<br />
VFR 750 F 15 570 1989-97 74/100 3000 800<br />
VFR 750 R RC 30 28 795 1988-93 74/100 18 600 12 300<br />
VT 750 C 10 225 1987 48/63 3600 1100<br />
XLV 750 R 10 048 1983-86 45/61 3400 1100<br />
CB 900 F Bol d’Or 10 422 1978-84 70/95 3900 1300<br />
CB 900 F2 11 573 1981-84 70/95 2900 1000<br />
CBR 1000 F 16 495 1987-02 74/100 3100 1000<br />
CBX 11 262 1978-81 74/100 8000 3500<br />
CBX Pro Link 14 203 1981-83 74/100 7500 3300<br />
GL 1000 Gold Wing 9244 1975-80 57/78 7400 3100<br />
VF 1000 F 13 658 1984-87 74/100 2600 800<br />
VF 1000 R 19 263 1984-86 74/100 5500 2100<br />
CB 1100 F 11 643 1982-85 74/100 3500 1300<br />
CB 1100 R 16 703 1980-85 74/100 6400 2300<br />
GL 1100 Gold Wing 11 327 1980-83 61/83 8100 4000<br />
VF 1100 C 13 213 1984-86 74/100 2600 800<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni 2014<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
VT 1100 C 14 480 1988-95 74/100 3900 1600<br />
GL 1200 18 978 1984-87 69/94 8400 4100<br />
GL 1500/6 24 830 1988-99 74/100 9600 4700<br />
JAWA<br />
250 Typ 592 1480 1969-74 10/13 3300 400<br />
250 California 2190 1969-74 12/16 3600 600<br />
350 Typ 634 3300 1973-84 17/23 2900 700<br />
350 California 2790 1969-74 17/23 3700 600<br />
KAWASAKI<br />
KH 125 2798 1977-81 7/10 900 200<br />
KMX 125 4690 1986-88 13/17 1100 200<br />
KMX 200 5490 1988-90 13/17 1200 200<br />
Z 200 2900 1977-79 13/17 1300 200<br />
250 S1 Mach I/KH 3852 1971-79 19/26 3200 1200<br />
EL 250 6070 1988-94 20/27 1500 300<br />
GPZ 250 4740 1983-84 13/17 1100 200<br />
KL 250 3530 1977-84 13/17 1100 200<br />
KLR 250 6060 1984-92 13/17 1200 200<br />
Z 250/A 4480 1978-83 20/27 1300 300<br />
Z 250 C 3870 1980-84 13/17 1200 200<br />
Z 250 Ltd 3980 1980-83 13/17 1200 200<br />
GPZ 305 6060 1983-90 25/34 1000 200<br />
350 S2 Mach II 3890 1971-73 33/45 3500 1300<br />
KH 400 4500 1976-78 30/40 3500 1300<br />
GPZ 400 6690 1983-86 37/50 1500 300<br />
Z 400 4020 1974-79 20/27 3100 1100<br />
Z 400 F/J 5680 1980-83 20/27 1200 200<br />
Z 440 5110 1980-84 20/27 2600 1000<br />
Z 440 Ltd. 5240 1980-86 20/27 3100 1100<br />
Ltd 450 7390 1985-88 37/50 1900 600<br />
500 H1 Mach III 5200 1969-75 44/60 5200 2900<br />
GPZ 500 S 8290 1987-93 44/60 1700 600<br />
GPZ 550 7940 1981-90 48/65 3300 1100<br />
Z 500 6218 1979-80 37/50 2700 1000<br />
Z 550/F/GT 6790 1981-86 37/50 2500 700<br />
Z 550 Ltd. 6880 1980-84 37/50 2500 700<br />
GPX 600 10 590 1988-90 63/85 3400 1200<br />
GPZ 600 R 10 590 1985-89 60/82 3400 1200<br />
KLR 600 7440 1984-90 31/42 1700 600<br />
ZL 600 9990 1986-89 54/74 2500 700<br />
KLR 650/Tengai 8990 1987-92 30/41 2500 700<br />
Z 650/F 7000 1976-83 50/67 4100 1700<br />
Z 650 SR 7348 1979-82 48/65 2700 1000<br />
750 H2 Mach IV 5300 1972-75 52/71 9800 3900<br />
GPX 750 R 12 640 1987-90 74/100 2800 1000<br />
GPZ 750 9990 1981-88 64/87 2000 600<br />
GPZ 750 R 10 690 1985-86 68/92 2000 600<br />
VN 750 10 690 1986-90 48/65 2500 700<br />
Z 750 6500 1976-79 38/51 5100 1900<br />
Z 750 E/L/Sport 8440 1980-88 59/80 2400 700<br />
Z 750 GT 9190 1982-89 57/78 1600 400<br />
Z 750 Ltd. 8300 1980-84 57/78 1500 400<br />
Z 750 Turbo 9990 1983-88 74/100 5000 1900<br />
ZXR 750 15 790 1989-95 74/100 2900 1000<br />
900 Z1 8500 1972-75 60/82 7800 3400<br />
GPZ 900 R 13 900 1984-93 74/100 3500 1200<br />
GPZ 1000 RX 14 490 1986-88 74/100 3300 1100<br />
64 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
1000 GTR 16 200 1986-94 74/100 2700 1000<br />
Z 1000 9100 1977-79 63/85 7400 2500<br />
Z 1 R 9800 1978-80 66/90 7400 2500<br />
Z 1000 Mk.2 9808 1979-80 69/94 7200 2400<br />
Z 1000 ST 10 218 1979-81 71/97 3500 1300<br />
Z 1000 J 10 200 1981-84 72/98 3200 1100<br />
Z 1000 R k.a.* 1983 74/100 3100 1100<br />
Z 1000 Ltd. 10 200 1981-83 70/95 2900 1000<br />
ZL 1000 13 690 1987-89 74/100 2900 1000<br />
ZX 10 15 390 1988-90 74/100 2700 900<br />
GPZ 1100 10 480 1981-88 74/100 3100 1100<br />
Z 1100 ST 10 780 1981-84 71/97 2700 900<br />
Z 1300 16 090 1979-89 74/100 7700 3200<br />
VN 15 SE 14 690 1988-95 47/64 4900 2000<br />
LAVERDA<br />
500 6860 1976-80 33/45 3300 1200<br />
500 SFC 7680 1982-84 33/45 3500 1300<br />
750 GT 6600 1970-73 38/52 7800 4800<br />
750 SF 6800 1971-73 45/61 8100 4900<br />
750 SF 3 7100 1975-78 37/50 8300 4900<br />
750 SFC 10 500 1971-78 55/75 18 200 9700<br />
1000/3C 9600 1973-75 57/78 5100 2400<br />
1000 3CL 9995 1976-80 57/78 5100 2400<br />
1000 Jota 12 500 1980-86 63/86 6600 3200<br />
1000 RGS 12 688 1982-86 63/86 6800 3400<br />
1000 SFC 16 970 1985 70/95 6800 3200<br />
1200 TS 11 748 1978-82 63/86 7000 3600<br />
MOTO GUZZI<br />
V 35/II/III 7995 1978-88 20/27 3500 1300<br />
Falcone 500 4580 1971-76 24/32 6300 3000<br />
V 50/II/III 6615 1978-83 36/49 3600 1600<br />
V 50 Monza 6995 1981-84 36/49 3900 1700<br />
V 65/II 7888 1981-87 37/50 2800 1000<br />
V7 Special 750 5890 1969-71 37/50 7600 4400<br />
V7 Sport 750 7995 1972-74 53/72 9800 4800<br />
750 S3 9600 1975-76 53/72 7500 4300<br />
850 LeMans 10 560 1976-78 52/70 8500 4500<br />
850 LeMans II 11 350 1979-80 54/74 7800 4400<br />
850 LeMans III 12 220 1981-84 56/76 7600 4500<br />
850 T 7160 1974-75 42/57 8000 4500<br />
850 T3 9200 1975-80 43/59 6200 3100<br />
850 T3 California 10 950 1975-80 43/59 8300 4600<br />
850 T4 10 550 1980-83 43/59 4800 2000<br />
850 T5 10 550 1983-88 49/67 5900 2400<br />
V7 GT 850 6995 1972-74 47/64 9800 4900<br />
V7 California 850 7795 1972-74 47/64 10 400 5200<br />
V 1000 Convert 9695 1975-84 45/61 6400 3800<br />
1000 California II 13 490 1981-87 49/67 8100 4500<br />
1000 California III 14 880 1987-92 49/67 5200 2800<br />
1000 SP 11 850 1978-84 45/61 7100 3600<br />
1000 SP II 12 650 1984-87 49/67 4700 2500<br />
1000 SP III 16 800 1988-92 52/71 4500 2200<br />
1000 G5 10 400 1978-85 45/61 7200 3600<br />
1000 GT 12 390 1987-93 49/67 6400 3200<br />
1000 LeMans IV 13 350 1985-87 60/81 7100 3600<br />
1000 LeMans V 14 650 1988-92 60/81 7400 3800<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
MOTO MORINI<br />
125/T 4950 1976-86 10/13 2300 1000<br />
250 T 3960 1977-80 13/17 2800 1100<br />
250 J 4995 1980-85 17/23 3400 1300<br />
3 ½ 4800 1973-82 26/35 5500 2600<br />
3 ½ K2 6699 1983-86 20/27 2600 1200<br />
Dart 350/400 8849 1988-90 20/27 2500 1100<br />
500 T/S 7040 1978-81 30/41 7100 3500<br />
500 Sei 7985 1982-85 30/41 7800 4100<br />
MV AGUSTA<br />
125 Sport 3135 1975-77 9/12 3800 1500<br />
350/Sport 5252 1970-79 20/27 5900 2600<br />
750 GT 14 250 1970-75 56/76 43 500 28 600<br />
750 S 14 250 1970-75 56/76 47 000 30 200<br />
750 SS 16 500 1975-77 56/76 46 300 29 800<br />
800 S America 15 384 1977-80 60/82 35 300 19 200<br />
900 S Daytona 27 940 1977-78 78/105 38 100 23 500<br />
Corona 1000 25 600 1979-81 78/105 42 500 28 100<br />
GP 1100 32 400 1979-82 88/119 70 000 0<br />
MZ<br />
ETZ 125 1680 1985-91 7/10 1000 200<br />
TS 125 1799 1973-85 7/10 1700 300<br />
ETS 150 1598 1969-73 9/12 2500 1000<br />
ETZ 150 k.a.** 1985-91 9/12 1100 200<br />
ES 250/2 3015 1967-73 14/19 2600 1100<br />
ETS 250 2390 1969-74 14/19 2500 1000<br />
TS 250 2490 1973-76 14/19 2400 800<br />
TS 250/1 2490 1976-81 13/17 2300 800<br />
ETZ 250 1980 1981-89 13/17 1400 300<br />
NORTON<br />
Commando 750 5900 1967-74 44/60 8600 3800<br />
Commando 850 6800 1973-77 37/51 8400 3700<br />
SUZUKI<br />
GP 125 3031 1978-81 7/10 1000 200<br />
GT 125 20 870 1974-78 10/13 1500 300<br />
RV 125 3522 1977-81 6/8 1500 300<br />
GT 185 3290 1976-78 11/15 1500 200<br />
GT 200/X5 3731 1979-81 13/17 1400 200<br />
DR 250 4739 1982-89 13/17 1400 200<br />
GN 250 4570 1982-99 13/17 1100 200<br />
GT 250/X7 4461 1973-81 20/27 2000 600<br />
GSX 250 E 4579 1980-83 13/17 1500 300<br />
RG 250 7699 1984-88 33/45 3500 1600<br />
RGV 250 9590 1988-93 43/58 3500 1500<br />
TS 250 4461 1972-81 13/17 1900 400<br />
TS 250 X 5770 1985-89 20/27 1500 300<br />
SP 370 4590 1978-80 20/27 2400 800<br />
GT 380 4690 1972-80 20/27 3200 1200<br />
DR 400 S 5112 1980-82 20/27 1100 200<br />
GN 400 4494 1980-83 20/27 1100 200<br />
GS 400 3999 1976-83 20/27 2000 900<br />
GSX 400 5249 1980-88 20/27 1200 300<br />
GSX 400 F Katana 4995 1981-84 30/41 1400 300<br />
GS 450 5319 1980-89 20/27 1400 300<br />
DR 500 S 4499 1982-84 20/27 2000 800<br />
GS 500 E 6211 1979-83 20/27 2500 900<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 65
MARKT I<br />
Preisliste<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
GS 500 E 6850 1988 34/46 2000 800<br />
GT 500 4870 1976-77 28/38 3500 1300<br />
RG 500 12 184 1984-89 70/95 7600 3200<br />
GS 550 E 7011 1977-84 36/49 2700 1000<br />
GS 550 EM Katana 5499 1980-83 37/50 2700 1000<br />
GSX 550 6999 1982-88 37/50 2700 1000<br />
GT 550 5420 1972-77 35/48 4500 1700<br />
DR 600 S/R 7250 1984-90 33/45 2700 900<br />
GSX 600 F 10 630 1987-98 63/86 2600 900<br />
GS 650 G Katana 6250 1981-84 54/73 2700 1000<br />
LS 650 Savage 7590 1986 20/27 2500 800<br />
DR 750 S Big/800 Big 9690 1987-90 37/50 2900 1100<br />
VS 750 11 250 1986-91 37/50 3200 1100<br />
GS 750 7190 1976-80 46/63 2900 1100<br />
GSX 750 E 8249 1980-82 59/80 2800 900<br />
GSX 750 ES 8999 1983-88 66/90 2700 900<br />
GSX 750 F 12 740 1989-99 74/100 2400 800<br />
GSX 750 S Katana 7950 1980-84 60/82 5500 2100<br />
GSX-R 750 14 550 1984-92 74/100 5900 2200<br />
GSX-R 750 R 23 990 1986-92 74/100 9400 4400<br />
GT 750 6900 1972-76 51/70 7800 3400<br />
GS 850 9633 1978-81 58/79 2800 1000<br />
GS 1000/S 10 573 1978-82 66/90 3500 1300<br />
GS 1100 10 299 1986-88 69/94 3500 1300<br />
GSX 1100 S Katana 9849 1980-84 74/100 6900 2700<br />
GSX 1100 E 9045 1980-84 74/100 3500 1300<br />
GSX 1100 F 15 310 1988-97 74/100 3300 1200<br />
GSX 1100 EF 12 999 1984-87 74/100 3800 1500<br />
GSX-R 1100 16 590 1986-89 74/100 5500 2100<br />
VS 1400 15 030 1987-03 49/67 5800 2100<br />
RE-5 Wankel 8700 1974-77 46/63 7800 3600<br />
TRIUMPH<br />
Daytona 500 5090 1970-73 30/40 7600 3100<br />
Trident 750 7950 1968-75 44/60 8300 3700<br />
Tiger 750 6700 1972-80 33/45 8600 3900<br />
Bonneville 750 6800 1973-80 36/48 7800 3400<br />
YAMAHA<br />
DT 125 E 3120 1973-81 7/10 1600 600<br />
RD 125 2585 1974-76 13/17 1400 300<br />
RD 125 LC 3420 1982-86 13/17 1000 200<br />
DT 175 MX 3483 1977-80 11/15 1300 300<br />
RD 200 3523 1975-80 13/17 1500 300<br />
DS 7 3245 1971-73 22/30 2600 900<br />
DT 3 250 3149 1972-77 14/18 1900 400<br />
DT 250 MX 4283 1977-80 12/16 1200 200<br />
RD 250 4504 1973-80 28/38 2900 1200<br />
SR 250 4107 1980-83 13/17 900 200<br />
RD 250 LC 4857 1980-83 28/38 2200 800<br />
TDR 250 8180 1988-90 37/50 2400 700<br />
TZR 250 9180 1987-91 37/50 3300 1200<br />
XS 250 4193 1978-80 13/17 1900 700<br />
XT 250 4880 1980-90 13/17 1300 200<br />
RD 350 4067 1973-76 24/32 3300 1200<br />
RD 350 LC 5388 1980-83 34/46 2600 900<br />
RD 350 LC YPVS 7180 1983-90 37/50 3800 1500<br />
XT 350 6910 1985-95 20/27 1500 300<br />
XS 360 3952 1976-78 20/27 2000 700<br />
*Neupreis von 1990; **Nicht offiziell in D angeboten, daher kein Preis verfügbar; K. N. = Keine Notierungen; Stand: Juni 2014<br />
DT 400 MX 4619 1975-81 15/21 1900 400<br />
RD 400 4640 1976-80 32/43 3300 1200<br />
XS 400 4868 1978-82 20/27 2100 800<br />
XS 400 DOHC 5480 1982-87 33/45 1700 400<br />
XS 400 SE 4968 1980-83 20/27 2000 700<br />
RD 500 12 070 1984-89 65/88 7600 3400<br />
SR 500 6160 1978-99 20/27 3500 1300<br />
XS 500 5298 1976-80 36/49 2800 1100<br />
XT 500 6610 1976-90 20/27 3500 1300<br />
XV 500 SE 7225 1981-87 34/49 1300 200<br />
XV 535 7750 1988-03 36/46 2500 800<br />
XJ 550 6130 1981-85 37/50 1600 400<br />
XT 550 5480 1982-84 28/38 1500 300<br />
XZ 550 5680 1982-84 37/50 1400 200<br />
FZR 600 12 750 1988-94 67/91 2300 700<br />
SRX 600 6390 1986-90 33/45 2900 900<br />
XJ 600 8900 1984-91 53/73 3200 1100<br />
XT 600 8025 1984-90 33/45 1900 400<br />
XT 600 Z Ténéré 8985 1983-89 34/46 2900 900<br />
XJ 650 7780 1980-87 52/71 2100 700<br />
XJ 650 Turbo 12 288 1982-84 66/90 4500 1800<br />
XS 650 6505 1975-83 37/50 4100 1700<br />
XS 650 SE 6915 1979-83 36/48 3100 1000<br />
FZ 750 Genesis 14 415 1985-94 74/100 2200 700<br />
FZX 750 Fazer 11 325 1987-89 69/94 2400 700<br />
FZR 750 R OW-01 37 100 1987-90 74/100 13 700 9200<br />
TX 750 5995 1972-74 46/63 2800 1000<br />
XS 750 7318 1976-80 54/74 4700 1900<br />
XS 750 SE 8695 1980-83 37/50 2800 1000<br />
XTZ 750 Super Ténéré 11 980 1987-96 51/69 2800 1000<br />
XJ 750 9878 1984-86 64/87 2500 700<br />
XJ 750 Seca 8075 1982-84 60/81 2500 700<br />
XV 750 SE 7225 1981-87 36/49 2300 800<br />
XS 850 7915 1980-82 58/79 4700 1900<br />
XJ 900 10 488 1983-84 71/97 3200 1100<br />
XJ 900 F/N 12 590 1984-94 72/98 3200 1100<br />
TR 1 8878 1980-83 52/71 3400 1200<br />
FZR 1000 Genesis 18 300 1987-96 74/100 2500 800<br />
XV 1000 SE 10 355 1982-85 50/68 2800 900<br />
XV 1000/1100 Virago 12 870 1986-89 46/62 2600 800<br />
XS 1100 10 498 1978-83 70/95 4800 2000<br />
XS 1.1 Sport 11 178 1981-83 70/95 4100 1800<br />
FJ 1100 13 488 1984-86 74/100 3400 800<br />
FJ 1200 15 850 1986-97 74/100 2900 1100<br />
V-Max k.a.** 1984-02 107/145 4900 2000<br />
XVZ 12 T 19 500 1984-89 71/97 3700 1500<br />
XVZ 13 T 22 350 1989-92 72/98 3800 1600<br />
ZÜNDAPP<br />
KS 125 Sport 3458 1970-77 13/17 2900 1100<br />
KS 175 Watercooled 4475 1977-81 13/17 3200 1200<br />
VORSCHAU<br />
Neupreis<br />
D-Mark<br />
Baujahre<br />
kW/PS<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
finden sie den Preisspiegel<br />
für die Klassiker vor 1970<br />
Zustand:<br />
gepflegt<br />
Preise in Euro<br />
Zustand:<br />
schlecht<br />
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Kreditinstitut an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Mandatsreferenz<br />
wird mir separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungs datum, die Erstattung des belasteten<br />
Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
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Ein verständnis kann ich jederzeit per E-Mail an widerruf@dpv.de widerrufen.<br />
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an dem Sie die erste bestellte Aus gabe erhalten, nicht jedoch vor Erhalt einer Widerrufsbelehrung gemäß den Anfor derungen von Art. 246a<br />
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt bereits das rechtzeitige Absenden Ihres eindeutig erklärten Entschlusses, die Bestellung<br />
zu wider rufen. Sie können hierzu das Widerrufs-Muster aus Anlage 2 zu Art. 246a EGBGB nutzen. Der Widerruf ist zu richten an: <strong>MOTORRAD</strong><br />
<strong>Classic</strong> Aboservice, Postfach, 70138 Stuttgart, Telefon: + 49 (0)711 3206-8899, Telefax: +49 (0)711 182-2550, E-Mail: motorradclassic@dpv.de<br />
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Foto: Koch<br />
Foto: Müller<br />
LESERBRIEFE<br />
Nicht jeder steht auf Edel-Restaurierungen<br />
BMW: Drehmoment und Rückdrehmoment<br />
Tipps von „Mini“ kommen gut an<br />
Anlenkpunkt des Schalthebels versetzt<br />
Leser Müllers Vmax aus Dubai<br />
Foto: Irl<br />
Foto: Siemer<br />
Foto: fact<br />
Klugscheißer?<br />
Edel-Restaurierung und Rückdrehmoment<br />
haben es einem Leser angetan.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 5/<strong>2015</strong><br />
Liebe Leute, heute kann ich mich bei zwei<br />
Themen nicht zurückhalten. Zur Edel-<br />
Restaurierung, es gibt einen dritten Weg:<br />
Alle 85 000 Kilometer (Zufall?) wird meine<br />
Le Mans I, zweite Serie, silberne Gabelholme,<br />
von meinem Studienfreund HTMoto<br />
komplett zerlegt, vermessen, gestrahlt,<br />
neu lackiert... Grund sind Dichtungen, die<br />
zu lecken beginnen. Und manchmal auch<br />
die Lust, vom originalen Taubenblau auf<br />
das angesagte Rot zu wechseln und den<br />
ganzen in die Gehäuse eingebrannten<br />
Dreck loszuwerden. Nicht ganz billig,<br />
aber die meisten Motorteile sind immer<br />
noch die ersten. Und neue Motorräder<br />
sind auch nicht billig! Und dann wird gefahren!<br />
Ihr glaubt nicht, wie viel Spaß<br />
(und wie stolz) es macht, mit einer gut restaurierten<br />
Guzzi durch den Schwarzwald<br />
zu brettern (und dabei moderne Highspeed-Honyamasukibmws<br />
herzubrennen)<br />
oder auf Treffen aufzutauchen.<br />
Nun zum BMW-Boxer-Rückdrehmoment.<br />
Lieber Herr Koch, ich schätze Ihre<br />
Expertise sehr, aber hier haben Sie sich<br />
verrannt. Das Rückdrehmoment entsteht<br />
nicht durch die Antriebskraft, sondern<br />
durch die Beschleunigung der Kurbelwelle,<br />
natürlich auch hervorgerufen durch<br />
die Antriebskraft. Das nutzen zum Beispiel<br />
springende Crosser, die durch Erhöhung<br />
der Drehzahl (Gasgeben) das Vorderrad<br />
anheben, durch Gaswegnehmen<br />
aber absenken. Also geht der Effekt in beide<br />
Richtungen, auch BMW und Guzzi kippen<br />
in die andere Richtung zurück, wenn<br />
man das Gas wieder wegnimmt. Und das<br />
umso ausgeprägter, je höher das Massenträgheitsmoment<br />
von Kurbelwelle (plus<br />
Schwungscheibe) ist. Also gibt es keinen<br />
permanenten Rechtsdrall, sondern einen<br />
abwechselnden Rechts- und Linksdrall.<br />
Daher kann es auch erst einmal keinen<br />
einseitigen Reifenverschleiß durch Antriebs-Rückdrehmoment<br />
geben. Was es<br />
natürlich geben kann, wenn man der Kurbelwelle<br />
in einer Richtung systematisch<br />
deutlich höhere Beschleunigungen aufzwingt<br />
als in der anderen. Dadurch sind<br />
natürlich auch Lenkmomente zu der einen<br />
Seite heftiger als zur anderen, und das<br />
kann natürlich dann doch zum beschriebenen<br />
Verschleiß führen. Der Ursachen<br />
gibt es einige, an erster Stelle ist hier das<br />
Herunterschalten ohne Zwischengas zu<br />
nennen, nicht gerade hohe Schule, aber<br />
wer kann heute noch richtig schalten?<br />
Natürlich gibt es auch die andere Variante,<br />
extrem schnelles Hochschalten und extrem<br />
weiches Runterschalten, aber dann<br />
sollte der Verschleiß auch auf der anderen<br />
Seite sein. Viele Grüße von Freddy<br />
und weiter so, Ihr Klugscheißer<br />
Heinz-Jürgen Althoff, Sinzheim<br />
Hallo Freddy, vielen Dank für Deine Anmerkungen<br />
zu den Themen in <strong>Classic</strong><br />
5/<strong>2015</strong>. Zur Schek-BMW: Das Rückdrehmoment<br />
wirkt tatsächlich nur beim Beschleunigen/Abbremsen<br />
der Kurbelwelle,<br />
deshalb steht ja auch im Bericht „ein BMW-<br />
Boxer kippt beim Gasgeben mit einem kurzen<br />
Ruck zur rechten Seite“. Beim Wheelie,<br />
und darauf bezieht sich das seitliche Wegkippen,<br />
muss die Kurbelwelle zwangsläufig<br />
beschleunigen, sonst hätten wir ja keine dynamische<br />
Radlaständerung aufs Hinterrad.<br />
Nicht nur die Crosser „lenken“ ihre Flugbahn<br />
mit dem Rückdrehmoment, auch Rossis<br />
Yamaha geht vorn in die Federn, wenn<br />
der Motor im Stand hochdreht, weil die<br />
Kurbelwelle rückwärts läuft. Dieser Effekt<br />
reduziert die Wheelie-Neigung beim Beschleunigen.<br />
Der asymmetrische Reifenverschleiß<br />
kommt auch deshalb, weil stärker<br />
beschleunigt als über das Schleppmoment<br />
des Motors verzögert wird. Durch das<br />
schnelle Hochdrehen der Kurbelwelle ist<br />
natürlich auch das Rückdrehmoment und<br />
damit auch die Kippneigung nach rechts<br />
wesentlich kräftiger, als das eher langsame<br />
Abbremsen des Motors beim Gasschließen.<br />
Die von Dir erwähnte Antriebskraft ist im<br />
Artikel nur im Zusammenhang mit dem<br />
Fahrstuhleffekt erwähnt und führt in Verbindung<br />
mit der Schwinge ohne Momentabstützung<br />
zu dem Auf und Ab der Hinterradfederung.<br />
Gruß Werner Koch<br />
Besser schalten<br />
Auch unsere Leser restaurieren und<br />
optimieren ihre BMW R 80 G/S.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 5/<strong>2015</strong><br />
Sehr geehrte Redaktion, nachdem nun<br />
schnell und unbürokratisch ein unbeschädigtes<br />
Exemplar der aktuellen Ausgabe<br />
angekommen ist (das erste war leider zerfleddert),<br />
hat das Lesen noch mehr Spaß<br />
gemacht. Das Restaurierungsprojekt R 80<br />
G/S habe ich anfangs eher skeptisch (Mini<br />
und eine BMW?), dann aber mit zunehmendem<br />
Interesse verfolgt. Ich habe in<br />
den 80ern/90ern selbst einige G/S umgebaut,<br />
was damals aber noch nicht so einfach<br />
durch den TÜV zu kriegen war wie<br />
heute. Zwei davon sind immer noch in unserem<br />
Besitz. Im Anhang finden Sie ein<br />
Bild, wie man die Schaltbarkeit mit einfachen<br />
Mitteln verbessern kann: Der Kugelkopf<br />
wird einfach um zirka acht Millimeter<br />
in Richtung Welle versetzt. Das<br />
bewirkt, dass der Schaltvorgang schneller<br />
wird. Da man am Fuß sowieso genügend<br />
68 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Kraft hat, ist das kein Problem. Ich schalte<br />
so meine G/S (die mal eine ST war) problemlos<br />
ohne Kupplung hoch. Das zweite<br />
tolle Projekt in dieser Ausgabe ist die umgebaute<br />
Yamaha RD 350 YPVS. Da ich<br />
auch von diesem Motorradtyp zwei in der<br />
Garage habe, hat mich das besonders gefesselt.<br />
Die Diskussion um die Kupferpaste<br />
verfolge auch ich mit Spannung. Ich<br />
selbst benutze nur noch Alupaste (allein<br />
schon wegen der Farbe) und Keramikpaste.<br />
Ich bin mir jetzt aber nicht mehr so<br />
sicher, ob das die richtigen Lösungen sind.<br />
Macht weiter so, ich freue mich über jede<br />
Ausgabe! Falls Ihr es schafft, noch mehr<br />
Tipps für die Ersatzteilbeschaffung unterzubringen,<br />
fände ich das auch gut. Viele<br />
Grüße und allzeit sturzfreie Fahrt<br />
Manfred Irl, per E-Mail<br />
Stand der Technik<br />
Früher war nicht alles besser.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 5/<strong>2015</strong><br />
Erst einmal habe ich grundsätzlich den<br />
höchsten Respekt vor jedem, der sich die<br />
Mühe macht und sich die notwendigen<br />
Kenntnisse aneignet, um ein altes Motorrad<br />
zu restaurieren. Und schon deshalb<br />
würde ich mich gar nicht trauen, jemanden<br />
zu kritisieren, der das Motorrad „besser<br />
als neu“ aufbaut. Aber es gibt einen<br />
weiteren Grund, warum ich keine Vorbehalte<br />
gegen ein perfektes Finish habe. Als<br />
diese Motorräder auf den Markt kamen,<br />
galten ja auch noch andere Maßstäbe. Es<br />
gab damals beispielsweise nicht die Lackqualität,<br />
wie wir sie heute kennen. Aus<br />
Sicht der damaligen Käufer war das Finish<br />
meistens einwandfrei – der Stand der<br />
Technik gab eben nichts anderes her. Die<br />
Schweißnähte an den japanischen Rahmen<br />
der 70er, die manchmal aussahen<br />
wie versehentlich überlackierte Regenwürmer,<br />
ignoriere ich mal ganz geflissentlich.<br />
Wenn man heute ein altes Motorrad<br />
exakt so wiederherstellt, wie es damals<br />
die Fabrik verlassen hat, dann sieht das<br />
mit unseren heutigen Maßstäben gemessen<br />
manchmal aus wie selbst gebastelt<br />
(das gilt natürlich erst recht für Vorkriegsmaschinen).<br />
Aber zu der Zeit war das<br />
eben der Stand der Technik – und damit<br />
aus damaliger Sicht perfekt. Herzliche<br />
Grüße<br />
Thomas Weise, Bremen<br />
Pustekuchen!<br />
Kleines Foto, große Aufregung: Die<br />
Pasten-Diskussion trägt weiter Früchte.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 4 und 5/<strong>2015</strong><br />
www.motorrad-classic.de<br />
Sehr geehrtes <strong>Classic</strong>-Team, Euer Feedback<br />
an Toni Kurpas hat ins Schwarze getroffen.<br />
Auch ich bestreiche seit 1973<br />
das Zündkerzengewinde mit Kupferpaste.<br />
Noch nie hatte ich aus diesem Grund einen<br />
Zündaussetzer, auch nicht bei HKZ-<br />
Anlagen. Heute wollte ich wissen, ob man<br />
den Widerstand messtechnisch erfassen<br />
kann. Ich bestrich ein Tuch mit reichlich<br />
Kupferpaste. Mit zwei Messprüfspitzen<br />
im Abstand von fünf Zentimetern begann<br />
ich mit der Messung. Überraschung: Der<br />
Widerstandswert war unendlich hoch<br />
(MOhm-Bereich). Erst in atomarer Nähe<br />
ging‘s in den KOhm Bereich! Gut, die<br />
Mess-Spannung betrug nur 1,5 Volt, das<br />
Ergebnis würde mit einem ISO-Messgerät<br />
wohl anders aussehen. Aber man muss<br />
nicht alles auf die Spitze treiben, oder?!<br />
Macht weiter so und nehmt Stellung zu<br />
pedantischen Äußerungen. Gruß<br />
Gregor Becker, per E-Mail<br />
Gilera-Infos<br />
Ein Leser hat Tipps für Saturno-Besitzer<br />
Reinhard Gipp.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 5/<strong>2015</strong><br />
Zur Frage nach Datenblättern, technischen<br />
Unterlagen etc. kann man sich ans<br />
italienische Registro Storico Gilera in Arcore<br />
wenden: www.registrostoricogilera.<br />
org (Daniela spricht auch Deutsch). In<br />
Deutschland gibt’s den Gilera Club, der<br />
sich mehr um die Nuovo Saturno ab 1988<br />
kümmert (www.gileraclub.de). Für meine<br />
Gileras (keine Saturno) wende ich mich<br />
KONTAKT<br />
Bitte geben Sie bei E-Mails und Leserbriefen<br />
Name und Wohnort an.<br />
Fragen und Post an die Redaktion:<br />
Redaktion <strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong>,<br />
Stichwort Leserbriefe, 70162 Stuttgart,<br />
Fax 0711/182-1781<br />
E-Mail: motorradclassic@motorpresse.de<br />
für alle lebenserhaltenden Maßnahmen<br />
an Albino Brambilla in 20871 Vimercate,<br />
Via Asiago 8, Telefon/Fax 0039/608 14 29,<br />
E-Mail: albinmotors@tiscali.it (englisch<br />
oder italienisch). Albino ist ehemaliger<br />
Werksangehöriger und kann definitiv was<br />
zur Saturno sagen, besitzt selbst mehrere.<br />
Am 13./14. Juni <strong>2015</strong> ist übrigens wieder<br />
internationales Gilera-Treffen in Arcore<br />
und Monza (alle fünf Jahre). Viel Erfolg!<br />
Stephan H. Schneider<br />
Gruß aus Dubai<br />
Vmax-Fans gibt es auch in der Wüste.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> <strong>Classic</strong> 4/<strong>2015</strong><br />
Der Bericht ist Extraklasse! Ich fahre meine<br />
Vmax täglich in den Vereinigten Arabischen<br />
Emiraten. Ein paar Änderungen<br />
(zum Beispiel Lager von Emil Schwarz)<br />
wirken Wunder! Ich wünsche eine unfallfreie<br />
Fahrt und viel Glück!<br />
Wilhelm Müller, Dubai<br />
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Modell- und Markengeschichten klassischer Motorräder.<br />
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SZENE I<br />
Sammler Walter Höcker
Durch<br />
Alpentouren und Straßenrennen, Treffen oder Geländefahrten,<br />
Restaurieren und Sammeln: Fleischer Walter<br />
Höcker nimmt alles mit. Am liebsten alte Hondas.<br />
und durch<br />
Text und Fotos von Fred Siemer<br />
Da steht sie nun neben<br />
einem riesigen Urzeit-<br />
Lastwagen und macht<br />
sich dünne. Ein schönes<br />
Motorrad, diese Honda CB 77, ganz bestimmt.<br />
Doch eines, dessen sportliche<br />
Talente unkundige Betrachter höchstens<br />
erahnen können. Aber dann kommt Walter<br />
Höcker und erzählt davon, wie dieser<br />
Zweizylinder in seinem Dorf einschlug und<br />
der Clique den Kopf verdrehte. Wie sie<br />
diskutierten über Haltbarkeit und Service<br />
eines solchen Rennmotors. Dass weder<br />
Horex noch BMW eine Schnitte bekamen<br />
und irgendwie ein Hauch von Grand Prix<br />
über die Landstraße wehte. Mehr als 9000<br />
Touren, da kamen doch sonst nur Hailwood<br />
oder Redman hin. Und so was stand<br />
nun vorm Vereinslokal. Unfassbar.<br />
Walter erzählt weiter, mit funkelnden<br />
Augen. Alles rückt nah. Man sieht sie<br />
wieder, die zerfurchten Windgesichter auf<br />
ihren untengesteuerten Boxern und Einzylindern.<br />
Die letzten ihrer Art, eine verschworene<br />
Gemeinschaft mit eingeschworenen<br />
Werten. Und denen knallte Honda<br />
diese Dinger vor die Nase. CB 72 mit 250<br />
cm³, CB 77 mit 305 cm³, kurz danach CB<br />
450, der Black Bomber. 24, 28 und 43 PS.<br />
Unfassbar eben.<br />
Eine CB 77, die musste her<br />
Walter hatte Glück, war damals noch Jugendlicher<br />
und frisch im Geiste. Der sah,<br />
begriff – und wollte haben: 1966 kam so<br />
eine CB 77 her. Er muss sich wie ein König<br />
gefühlt haben. „Und manchmal wie der<br />
ärmste Wicht“, grinst der heute 67-Jährige,<br />
„wenn mal wieder ein Loch im Kolben<br />
war.“ Trotzdem rückte die Welt näher,<br />
der Nürburgring sowieso. Immer unterwegs<br />
an den Wochenenden. Ende der<br />
60er erschien die CB 750, und auf einmal<br />
spielten Entfernungen keine Rolle mehr.<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 71
SZENE I<br />
Sammler Walter Höcker<br />
„Motorschäden? Das Ding hättest du mit<br />
dem Hammer kaputt schlagen müssen.“<br />
Die Prägephase des Walter Höcker<br />
endete hier: Luftgekühlte Hondas, das ist<br />
sein Ding. Hätte Walter spätestens merken<br />
können, als er unbedingt eine dieser allerersten<br />
Gold Wing brauchte, die eigentlich<br />
aus einem US-Kontingent stammten – und<br />
nicht glücklich damit wurde. „Kurbelwelle<br />
gebrochen“, berichtet er lapidar.<br />
Hätte es wissen müssen, als eine Kawasaki<br />
Z 1000 irgendwie nicht passte. Kein<br />
weiterer Kommentar. Hätte sich die zweite<br />
Gold Wing wirklich sparen können. „Ja,<br />
ja, aber komfortabel war die schon.“ Erst<br />
die 900er-Bol d‘Or brachte ihn wieder auf<br />
den rechten Pfad zurück, und bei der<br />
CB 1100 R ist er dann einfach hängengeblieben.<br />
Die steht unten in der Scheune,<br />
nicht weit vom Tor. Alles, was dort parkt,<br />
braucht Walter, um sich auszutoben. Also<br />
auch die CB 77? „Klar, ist doch ein geniales<br />
Motorrad.“ Und den ollen Laster?<br />
Das ist nun wiederum eine längere Geschichte,<br />
und dabei geht es um höhere<br />
Formen des Wahnsinns. Wie so oft fing<br />
alles harmlos an, im Falle Höcker mit einer<br />
zierlichen Imme. „Die stand hier bei einem<br />
Fahrradhändler als Deko im Schaufenster“,<br />
erzählt Walter, und wenn man das Funkeln<br />
in seinen Augen richtig deutet... Genau:<br />
„Dafür war die doch viel zu schade.“ So<br />
kam der gelernte Fleischer 1975, als keine<br />
Sau auf Imme stand, zu diesem wahrlich<br />
skurrilen Gefährt und drehte muntere<br />
Runden. Seit einigen Jahren sogar beitragspflichtig<br />
im Imme-Freundeskreis. Irgendwie<br />
gefiel ihm dieses Kleinvieh, aber von<br />
artgerechter Haltung konnte man erst<br />
sprechen, als die Imme passende Gesellschaft<br />
bekam: „Diese kleinen Hondas, mit<br />
ihren filigranen Viertaktern.“ Er breitet die<br />
Arme aus und strahlt: „Die sind doch toll,<br />
oder?“ Wer wollte widersprechen, wenn<br />
Monkeys und Daxe gleich reihenweise<br />
aus ihren Kullerscheinwerfern aufschauen,<br />
Camino-Mofa und SS 50-Kleinkraftrad<br />
an alte Schulzeiten erinnern. Die Super<br />
Cub in ihren diversen Hubraumvarianten<br />
machte Honda stark, vier der weit über 60<br />
Millionen gebauten Exemplare verschlug<br />
es auf Walter Höckers Scheunenboden.<br />
Da parken sie einträchtig neben einer<br />
seltenen C 110 – „Die hat Stößelmotor,<br />
guck“ – und einer CB 92. „Tja, und die war<br />
ja eigentlich noch sensationeller als die<br />
72 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong>
Wer glaubt, Walter Höcker sei im Hauptberuf<br />
Sammler und Restaurator, der<br />
irrt natürlich. Nein, im Hauptberuf ist er<br />
Energiebündel und hat einen ordentlichen<br />
fleischverarbeitenden Betrieb aufgebaut.<br />
Erst in letzter Zeit gönnt er sich<br />
etwas mehr Zeit für seine umfangreiche<br />
Fahrzeugsammlung, die hauptsächlich<br />
um Hondas – große wie kleine – mit<br />
luftgekühlten Motoren kreist<br />
CB 72/77.“ Gibt‘s doch gar nicht! „Doch,<br />
doch. 15 PS aus 125 Kubik. Und hier,<br />
die Duplexbremse, aus Elektron.“ Seit beinahe<br />
40 Jahren wächst diese Sammlung,<br />
anfangs Stück um Stück für kleines Geld.<br />
„Aber heute ist so eine CB 92 schon richtig<br />
teuer.“.<br />
Irgendwann kamen dann zwar zwei<br />
CB 72 hinzu, doch erst als Walter Höcker<br />
seine Vierzylinder-Reihe komplettiert<br />
hatte, überfiel es ihn: Ab Mitte der 80er,<br />
da hat er alles gekauft, was er an, von<br />
und über CB 72/77 kriegen konnte. „Zum<br />
Glück, heute kann das ja keiner mehr<br />
bezahlen.“ Walter hatte so viel davon, der<br />
konnte sogar noch Rennen damit fahren.<br />
„Schotten, Nürburgring, alles. Mit wirklich<br />
heißen Motoren und am liebsten, was<br />
geht.“ Aber die Lorbeerkränze für gewonnene<br />
Gleichmäßigkeitsläufe? „Immer voll<br />
ist auch gleichmäßig.“ 30 PS bringt die<br />
CB 72, 40 die aufgebohrte 77. Wenn mal<br />
ein Wochenende frei war und es passte,<br />
machte Walter auf gemütlich, packte eine<br />
BMW R 35 oder eine DKW NZ 250 ein und<br />
startete bei Veteranenrallyes. „Ibbenbüren<br />
war eigentlich Pflicht.“ Manchmal gab’s<br />
dann immer noch Luft, und verdammt,<br />
das müsste sich doch ändern lassen. So<br />
oder so ähnlich kamen Großprojekte ins<br />
Haus, die ihn wenigstens für ein paar<br />
Monate ausfüllten. Porsche-Trecker, Lanz-<br />
Zugmaschine, Magirus-Möbelwagen und<br />
Vomag-Pritsche.<br />
Dann kam die Lust am Laster<br />
Wie bitte? Vomag? Na, das ist der olle<br />
Laster neben der CB 77. „Vogtländische<br />
Maschinenfabrik AG“, erklärt Walter. „Die<br />
saßen in Plauen und waren mit Stickmaschinen<br />
verdammt reich geworden.“<br />
Seit dem Ersten Weltkrieg produzierten<br />
die Sachsen auch Lastwagen, und der hier<br />
ist Baujahr 1940. Walter hat ihn als Torso<br />
übernommen, praktisch sämtliche Aufbauten<br />
neu angefertigt, die ganze Technik<br />
wieder hergerichtet. Ein Monstrum. Aber<br />
wenn Walter von Lastwagen schwärmt,<br />
werden die richtig nett, und ruck, zuck<br />
schweift man vom Thema ab. Das heißt<br />
doch CB 72/77. „Ach ja, stimmt.“ 2010<br />
nämlich hat Walter ein feinmechanisches<br />
Kontrastprogramm eingeleitet und baut,<br />
wenn er gerade nicht unter tonnenschweren<br />
Lkw herumturnt, eine CB nach der anderen<br />
auf. Jetzt hat er sie in Rot, Blau und<br />
Schwarz. „Alle drei lieferbaren Farben.“<br />
Und die Vorgängerin C 72 Dream mit<br />
Kurzschwinge vorn hat er auch. Und eine<br />
seltene CL 72. „Die hat den Gleichläufer,<br />
wie die C. Zieht schön durch.“ Doch warum<br />
steht inmitten des ganzen Reigens<br />
eine Laverda 750 SF? „Damit ich beweisen<br />
kann, dass die Europäer bei Honda<br />
abgekupfert haben.“ Den CB 77-Motor<br />
nämlich, was denn sonst?<br />
◻<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 73
SZENE I<br />
Monark 125 Six Days<br />
Königliche<br />
Wiedervereinigung<br />
Die schwedische Motorradindustrie ist nicht nur Husqvarna, sondern viel bunter.<br />
Einer dieser Farbtupfer hieß Monark. Mit einer 125er des Herstellers mit der Krone<br />
hat Nisse Nilsson 1970 bei den Six Days die Bronzemedaille gewonnen. Jahre<br />
später fand er Fragmente seiner Wettbewerbsmaschine wieder – und damit auch<br />
viele Jugend-Erinnerungen. Text und Fotos von Fredrik Lundgren<br />
◻<br />
74 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Bis 1969 war Schweden ein wahres Paradies für<br />
Motorrad-begeisterte Teenager. Denn dort hatte<br />
der Gesetzgeber eine heute sehr sonderbar anmutende<br />
Zweiradklasse für die 16-Jährigen etabliert:<br />
Ein Limit gab es nämlich nur fürs Gewicht. Danach durfte<br />
ein Motorrad maximal 75 Kilogramm auf die Waage bringen,<br />
Hubraum und Leistung waren jedoch unbegrenzt.<br />
Theoretisch jedenfalls. In der Praxis sorgte das Gewichtslimit<br />
dann aber doch dafür, dass das Leistungsstreben der Hersteller<br />
nicht allzu sehr ausuferte. Dennoch zeigt beispielsweise die Husqvarna<br />
Silverpil, wie die Konstrukteure mit Chrommolybdän-<br />
Rahmen, Gummibandfederung vorn und zweilagigen Reifen<br />
versuchten, den gesetzlich erlaubten Rahmen im Sinne eines<br />
bestmöglichen Leistungsgewichts auszuschöpfen.<br />
Diese 175er-Zweitaktmaschine bildete die Basis für alle<br />
späteren, sehr erfolgreichen Cross- und Enduromaschinen von<br />
Husqvarna. Auch Konkurrent Monark setzte in der „Stinget“ auf<br />
einen hubraumstarken 200er-Motor von Ardie. Und unter anderem<br />
auf einen ultraschmalen Alulenker, um das Gewichtslimit zu<br />
erfüllen. Solche Klimmzüge waren Ende der 60er-Jahre aber<br />
nicht mehr zeitgemäß, zumal sich eine neue Generation moderner<br />
japanischer Maschinen anschickte, auch den skandinavischen<br />
Markt zu erobern. Als 1970 die Neuregelung mit einer<br />
125er-Klasse kam, gab es sogleich jede Menge interessanter<br />
„Klein“-Krafträder. Husqvarna war dagegen vollauf mit dem<br />
Ausbau des Offroad-Programms beschäftigt. Auch Konkurrent<br />
Monark arbeitete emsig an seinen Stollen-Krädern, in Varberg<br />
an der schwedischen Westküste wollte man jedoch die 16-Jähri-<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 75
SZENE I<br />
Monark 125 Six Days<br />
gen nicht ganz in der Kälte stehen lassen und experimentierte<br />
mit verschiedenen Modellen. Für die Straße, aber auch fürs Gelände,<br />
denn die Offroader waren ein weiteres, lohnenswertes<br />
Standbein für die immer weiter schrumpfende Zweiradindustrie.<br />
Monark hat sich seit mehr als 100 Jahren als Fahrradhersteller<br />
einen Namen gemacht, rund sechs Jahrzehnte baute die Traditionsfirma<br />
auch Motorräder. Trotz zahlreichen Meisterschafts-<br />
Erfolgen – bis hin zu Weltmeister-Titeln – stand die Marke jedoch<br />
immer im Schatten von Husqvarna.<br />
Ziel: Aus dem Schatten von Husqvarna treten<br />
Einen weiteren Versuch, diesen abzuschütteln, unternahm Monark<br />
im April 1970, als das Offroad-Modell 125 ISDT (für „International<br />
Six Days Trials“) vorgestellt wurde. In den sechs Jahren<br />
bis zum Produktionsende im April 1976 wurden insgesamt 3481<br />
Maschinen gebaut. Davon entfielen 1432 Stück auf reine Crossmaschinen,<br />
1169 wurden als Enduro-Modell verkauft und 880<br />
als ISDT-Replikas, also scharfe Renngeräte. Rund die Hälfte der<br />
Produktion ging in den Export, zumeist in die USA (etwa 1300)<br />
und nach Frankreich (rund 500 Stück). Darüber hinaus wurden<br />
weitere Modellvarianten mit Franco-Morini-Motoren gefertigt,<br />
die allerdings nicht für Wettbewerbseinsätze gedacht waren.<br />
Tja, und dann gab es noch vier Prototypen, die bereits 1969<br />
zusammengeschraubt wurden. Von diesem rot lackierten Vorserien-Quartett<br />
hat jedoch nur eine einzige Maschine überlebt.<br />
Und die ist ein ganz besonderes Stück Motorrad-Geschichte. Vor<br />
allem für den Schweden Nisse Nilsson, der genau diese 125er-<br />
Monark schon 1969 gefahren hat. Damals war Nisse erst 22 Jahre<br />
alt und ein begeisterter Motocross- und Enduro-Fahrer. In den<br />
drei vorangegangenen Meisterschafts-Saisons hatte er Viertaktmaschinen<br />
von BSA (B33), Matchless (Metisse) und eine BSA<br />
Gold Star durchs Gelände getrieben. Für 1969 hatte Nisse jedoch<br />
den Umstieg auf eine 360er-Zweitakt-Husqvarna geplant. Und<br />
einige Rennen mit einer Husqvarna-Kradmeldermaschine, deren<br />
Einsatz unmittelbar mit seiner Arbeit zusammenhing. Nisses<br />
Arbeitsplatz war damals nämlich die Motorschule des schwedischen<br />
Heeres in Strängnäs, westlich von Stockholm gelegen.<br />
Zu seinen Aufgaben gehörten dort Produkttests für das Materialamt<br />
des schwedischen Heeres.<br />
Nisse Nilsson (#115) am Start bei den<br />
Six Days 1970 in El Escorial. Nach der<br />
Markteinführung der 125er-Monark<br />
sollten die Proto typen verschrottet<br />
werden – dieser hier hat überlebt!<br />
Zu diesen Produkten gehörten 1969 auch die vier 125er-Monark,<br />
die Nisse und seine Kollegen auf ihre Tauglichkeit prüfen<br />
sollten. Alle waren rot lackiert, eine ungewöhnliche Farbe für<br />
Monark. Drei der Probanden waren reine Wettbewerbsmaschinen,<br />
die vierte jedoch besaß Austattungsdetails einer Straßen-<br />
Enduro. Bei der Motorschule von Strängnäs sah man die amtliche<br />
Testerei eher pragmatisch, weshalb im Testprogramm<br />
Endurorennen als Härteprüfung einen breiten Raum einnahmen.<br />
Nicht von ungefähr war Nisses Arbeitskollege, ein gewisser Bosse<br />
Thörnblom, damals einer der arriviertesten Geländespezialisten<br />
Schwedens. Zusammen mit ihm und dem Sohn von Sigvard<br />
Bände, dem Leiter des Testprogramms, sollte Nisse drei der<br />
Maschinen im harten Wettbewerbseinsatz auf Herz und Nieren<br />
prüfen, während die vierte Maschine hin und wieder an verschiedene<br />
Fahrer ausgeliehen wurde. Nisse nahm sich der straßentauglichen<br />
Maschine an, die dank längerer Sitzbank sogar<br />
für Beifahrer abgenommen war. Der Sachs-Motor mit Grauguss-<br />
Zylinder leistete trotz des geteilten Krümmers mit beidseitig verlegten<br />
Schalldämpfern nur 16 PS.<br />
Die vier Monark-Prototypen wurden über den Sommer bis in<br />
den Herbst 1969 ausgiebig gefahren und getestet. Höhepunkt<br />
der Test-“Arbeit“ war jedoch die Internationale Sechstage-Fahrt<br />
in Garmisch-Partenkirchen. Monark gewann dort je ein Mal die<br />
Silber- und Bronzemedaille, außerdem wurde Bo Thörnblom mit<br />
seiner 125er-Monark in jenem Jahr schwedischer Meister in der<br />
Klasse bis 175 Kubik.<br />
Als im Jahr darauf – wie bereits erwähnt – die neue 125er-<br />
Klasse eingeführt wurde, die sofort von Honda und Yamaha<br />
dominiert wurde, war als einziger schwedischer Hersteller auch<br />
Monark mit im Spiel. Den 125er-Zweitakter stellten Franco Morini<br />
und Fichtel & Sachs, die Leistung erstreckte sich je nach Modellvariante<br />
von 15 PS bei 7400/min bis hin zu 20 PS bei 9250/<br />
min. Das Sechsganggetriebe und das hervorragende Leistungsgewicht<br />
– die Enduro wog 92 Kilogramm, die Cross-Variante<br />
sogar nur deren 86 – waren natürlich weitere Kaufanreize für die<br />
16-jährigen Teens.<br />
Monark war ein klassischer Konfektionär<br />
Für Wettbewerbs-Einsätze kam allerdings nur der einzylindrige<br />
Sachs-Motor mit quadratischem Hub-/Bohrungsverhältnis von<br />
54 x 54 Millimetern (Hubraum 124 cm³) infrage, der von einem<br />
27-Millimeter-Bing-Vergaser mit zentraler Schwimmerkammer<br />
gefüttert wurde. Anfangs zündete ein Bosch-Schwungradmagnet,<br />
der später von einer Motoplat-Transistorzündung ersetzt<br />
wurde. Wahlweise war der Antrieb ebenso mit einem Fünfganggetriebe<br />
erhältlich.<br />
Die Firma Monark war immer ein Konfektionär mit geringer<br />
Fertigungstiefe, da machte die 125 ISDT keine Ausnahme. So<br />
steuerte Ceriani die 35er-Telegabel bei, während hinten zwei<br />
Girling-Federbeine zum Einsatz kamen. Die Alufelgen wurden<br />
von Akront bezogen, die Hinterradnabe von KTM und die Armaturen<br />
natürlich von Magura, wie es sich damals gehörte. Trelleborg-Stollenreifen<br />
in den klassischen Größen 3.00-21 vorn und<br />
3.50-18 hinten sowie der in Gummi gelagerte, 8,5 Liter fassende<br />
Benzintank rundeten die Teile-Auswahl der Schweden ab.<br />
In den amerikanischen Prospekten wurde damals mit einem<br />
Rahmen aus „schwedischem Flugzeugstahl“ geworben. Das<br />
klang gut, obwohl eigentlich jeder wusste, dass Flugzeuge aus<br />
deutlich leichterem Material gebaut werden. Kenner der schwedischen<br />
Szene sind auf dieses Ablenkungsmanöver allerdings<br />
nicht hereingefallen. Sie haben sofort erkannt, dass das Chassis<br />
in seinen Grundzügen vom Mofa Monark Compact stammt. Das<br />
Zentralrohr wurde direkt übernommen, einfach umgedreht und<br />
mit zwei angeschweißten Unterzügen versehen. Bei den Prototypen<br />
waren Letztere noch verschraubt. Die Ansaugluft gelangte<br />
durchs Rahmenrohr zum Luftfilter.<br />
76 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Die rote Lackierung des Prototyps entsprach nicht<br />
der Tradition des Werkes. Von Hand gearbeitete<br />
Details wie die klappbaren Fußrasten sind typisch<br />
für solche Vorserien modelle. Ein Unikat blieb auch<br />
der charak teristische Auspuff mit dem geteilten<br />
Krümmer und den zwei Schalldämpfern. Den<br />
musste ein Spe zialist aufwendig nachfer tigen,<br />
weil Nisse das Original für den Umbau einer<br />
Moto Guzzi zweckentfremdet hatte
SZENE I<br />
Monark 125 Six Days<br />
Obwohl Nisse Nilsson<br />
die 60 längst überschritten<br />
hat, startet<br />
er mit seiner Monark<br />
von 1969 noch immer<br />
bei klassischen Offroadrennen<br />
Obwohl die 125er jetzt auf dem Markt waren, „testeten“ Nisse<br />
und seine Kollegen die Monark munter weiter. Schließlich standen<br />
Anfang Oktober 1970 wieder die Six Days an, diesmal in El<br />
Escorial in den Bergen außerhalb Madrids. Dort gewann Nisse<br />
mit dem Vorjahres-Prototyp Bronze. Da wusste er übrigens noch<br />
nicht, dass diese Six Days im berühmtesten Motorradfilm aller<br />
Zeiten, nämlich „On any Sunday“, verewigt wurden.<br />
Trotz des Erfolgs kam nach der Markteinführung der Befehl,<br />
die vier Prototypen zu verschrotten. Wie alle guten Geschichten<br />
hat aber auch diese von Nisse und „seiner“ Monark letztlich ein<br />
glückliches Ende. Denn es war seine Maschine, die einst der<br />
Verschrottung entkommen war. Und so können wir in der Geschichte<br />
von Nisse Nilsson und der Monark ein weiteres Kapitel<br />
aufschlagen.<br />
Das beginnt im Jahr 1976. Nisse war zu der Zeit nicht mehr<br />
Testfahrer für das Materialamt. „Ja, stimmt schon, es war eine lustige<br />
Zeit, in der ich sehr viel fahren konnte. Vor allem, als wir auf<br />
der Suche nach einer neuen Kradmelder-Maschine waren. Mitunter<br />
sind wir 20 000 Kilometer gefahren, nur um zu sehen, ob<br />
die neue Befestigung für die Zündspule standhielt!“, schmunzelt<br />
er noch heute über diese Verschwendung von Zeit und Geld.<br />
Doch er kündigte den Job. Enttäuscht, weil Husqvarna den Zuschlag<br />
bekam. Eine Entscheidung, die Nisse tief getroffen hat,<br />
da er als Einziger das Modell von Konkurrent Hägglund befürwortet<br />
hatte. In seinem Frust beschloss er, selbst Motorradhändler<br />
zu werden. In Strängnäs gab es nämlich einen Laden, die auch<br />
Monark im Angebot hatten. Die Inhaberin, eine gewisse Elin<br />
Jonsson, hatte immer gute Kontakte zu dem Hersteller gepflegt.<br />
So gut, dass sie für ihren Sohn eine ausgemusterte 125er übernehmen<br />
durfte, als Ersatzteilspender für den jungen Tüftler.<br />
Als Frau Jonsson Verkaufsabsichten signalisierte, schlug<br />
Nisse zu und kaufte das Geschäft mitsamt dem Schuppen dahinter.<br />
Beim Ausmisten stieß er dann auf viele Teile. Von denen ihm<br />
einige sehr bekannt vorkamen – weil sie von „seinem“ ausgemusterten<br />
Monark-Prototypen stammten! Für Nisse war das wie ein<br />
Sechser im Lotto, ein Wink des Schicksals – Mensch und Maschine<br />
waren wieder vereint! Dass Gabel, Vorderrad, Sitzbank und<br />
der Zylinderkopf fehlten, konnte seine Freude kaum trüben.<br />
Die Restaurierung geriet zum Langzeit-Projekt<br />
Dennoch gingen über 20 Jahre ins Land, bis ich mit meiner Kamera<br />
den in Blau-Gelb gekleideten Nisse ablichten konnte, wie<br />
er im typischen Stil der 70er-Jahre mit kantigem Helm-Schirm,<br />
klassischen Cross-Stiefeln und den wattierten Jofama-Handschuhen<br />
auf seiner roten Monark wieder durchs Gelände reitet.<br />
Nisses Jagd nach den fehlenden Teilen begann eigentlich erst<br />
Ende der 80er-Jahre. Größtes Problem war, dass es den für die<br />
Six Days-Monark charakteristischen, zweigeteilten Auspuff<br />
nicht mehr gab. Weil Nisse eben jenen 1982 selbst vernichtet<br />
hatte, als er eine Moto Guzzi Stornello 125 für den legendären<br />
Novemberkåsan präparierte und dafür den Auspuff aus den<br />
Monark-Teilen zusammengebastelt hatte. So musste er über zwei<br />
Jahrzehnte später einen Spezialisten mit der originalgetreuen<br />
Nachfertigung beauftragen. Dafür konnte er die Gabel spottbillig<br />
über eine private Kleinanzeige ergattern, das fabrikneue Teil<br />
kostete nur 25 Euro. Das baugleiche Vorderrad mit Akront-Felge<br />
spendete eine KTM, die Sitzbank hat Nisse Anfang der 90er-<br />
Jahre auf einem Trödelmarkt gefunden. Zu guter Letzt konnte<br />
Delta Racing in Falkenberg den passenden Zylinderkopf liefern.<br />
Die Restaurierung der Monark zog sich, da Nisse immer<br />
mehrere Projekte am Wickel hatte. Darunter beispielsweise die<br />
Weiterentwicklung des Husqvarna-Automatikgetriebes, nachdem<br />
die Produktion nach Italien verlagert wurde. Die intelligente,<br />
aber nicht immer standfeste Konstruktion hatte er im Lauf<br />
der Jahre immer weiter verfeinert. Zum Schluss funktionierte sie<br />
so gut, dass Nisse glaubte, damit Husaberg ködern zu können.<br />
Doch der damals neu gegründete Hersteller zeigte kein Interesse.<br />
So langsam neigt sich der Tag dem Ende zu, Nisse schaut ungeduldig<br />
auf die Uhr. „Entschuldige, ich muss jetzt trainieren.<br />
Fürs erste Klassik-Rennen am Wochenende.“ Jetzt, wo die schöne<br />
Monark nach so einem langen Dornröschenschlaf wieder erwacht<br />
ist, zieht es Nisse wieder in den Dreck. „Weißt du, Motorräder<br />
sind zum Fahren da! Mit genau dieser Monark bin ich ja<br />
schon unzählige Rennen gefahren. Warum also aufhören, wenn<br />
die Maschine endlich läuft?“ Nisse hat recht. Warum nicht<br />
Rennen fahren, wenn die Maschine genau dafür gebaut wurde?<br />
Selbst, wenn es die Einzige und Letzte ihrer Art ist!<br />
◻<br />
78 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
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SZENE I<br />
Die Geschichte von Monark<br />
Konfektions-<br />
Ware<br />
Obwohl Monark 1976<br />
den Bau von Motorrädern<br />
eingestellt hat, besitzt<br />
der Name noch heute<br />
eine große Strahlkraft.<br />
Ein Überblick über die<br />
wechselvolle Geschichte<br />
des einst größten<br />
schwedischen Motorrad-<br />
Herstellers.<br />
Text: Fredrik Lundgren und Jan Leek<br />
Fotos: Lundgren, Ola Österling<br />
Die Geschichte von Monark beginnt im Jahr<br />
1883 im schwedischen Varberg mit der Geburt<br />
von Birger Svensson. Als Kind wuchs er bei<br />
Adoptiv eltern auf einer Farm auf. Seine schulischen<br />
Leistungen waren überdurchschnittlich, für die Arbeit am<br />
Bauernhof fehlte ihm jedoch die Motivation. So gründete der<br />
19-Jährige 1902 einen Landhandel, wo er neben Lebensmitteln<br />
auch Fahrräder verkaufte. Jene bot er seinen Kunden mit Ratenzahlungen<br />
an, damals eine Besonderheit. So ermöglichte er Mobilität<br />
für jedermann in diesem verarmten Landstrich.<br />
Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, bereits im ersten<br />
Jahr setzte Birger 300 Fahrräder ab! Schon früh kombinierte er<br />
zugekaufte Teile mit selbst gefertigten – und konnte so ein eigenes<br />
Produkt anbieten. Womit sich natürlich der Gewinn steigern<br />
ließ, wie der ehemalige Musterschüler berechnet hatte. Seine<br />
Firma, Svenska Cykeldepoten, wuchs stetig, wurde 1925 in<br />
Svenska Cykelfabriken umbenannt, um ab 1939 als AB Cykelfabriken<br />
Monark zu firmieren. Um den Gewinn weiter zu maximieren,<br />
kaufte Birger 1937 sogar den Gummiwaren-Hersteller<br />
Värnamo auf. Ebenso eine kleine Textilfabrik für die Fertigung<br />
von Felgenbändern. Zu dieser Zeit hatte er schon 500 Händler<br />
unter Vertrag!<br />
Bereits 1913 hatte Birger Svensson ein Motorad gebaut, die<br />
„Sleipner“. Ob es tatsächlich das erste „eigene“ Motorrad war, ist<br />
heute unklar, ebenso, wer den Motor zulieferte. Sicher ist nur,<br />
dass die Sleipner einen 250er-Zweitakter mit Drehschieber, Aluminiumgehäuse<br />
und Eiserman-Magnetzündung besaß. Und die<br />
„Esse“ von 1919 mit einem schwedischen Viertaktmotor (EBE)<br />
das Werk von Birger war. Die Esse war ein richtiges Motorrad,<br />
kein Fahrrad mit Hilfsmotor, wog aber trotzdem nur 47 Kilogramm.<br />
Was insofern bedeutsam war, weil im damaligen Schweden<br />
Motorräder unter 50 Kilogramm keine Steuern kosteten.<br />
Birger, der als Selbstständiger immer sein eigener Herr sein wollte,<br />
kaufte seine Komponenten daher von so vielen Lieferanten<br />
wie möglich, um nicht unter Druck gesetzt werden zu können.<br />
So wuchs das Motorrad-Portfolio stetig, 1929 hatte das Werk 14<br />
verschiedene Modelle im Angebot. Das Spitzenprodukt wurde<br />
von einem 600er-Blackburne angetrieben. In den 30er-Jahren<br />
warf die Wirtschaftskrise ihren Schatten auch auf Schweden.<br />
Birger musste sich ebenfalls vorrangig auf Fahrräder und Kleinkrafträder<br />
konzentrieren. Insbesondere ab 1932, als der Suizid<br />
eines schwedischen Magnaten die einheimische Ökonomie gewaltig<br />
ins Trudeln brachte. Trotzdem verkaufte Monark in den<br />
letzten sieben Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg rund 40 000<br />
moto risierte Zweiräder, die zumeist mit 175er-Sachs- und 80er-<br />
ILO-Motoren ausgerüstet waren.<br />
Während des Zweiten Weltkriegs sollte Schwedens Neutralität<br />
unter anderem mit einem neuen Kradmelder-Motorrad gesichert<br />
werden. Die gesamte Industrie Schwedens sollte hierzu beitragen.<br />
Ausgangspunkt dieses Projekts war der Motor der Husqvarna<br />
112 TV von 1935, eine Abwandlung des seitengesteuerten Blackburne<br />
mit ohv-Konfiguration. Das Getriebe lieferte der Marine-<br />
Hersteller Albin, während Monark das Chassis baute und die<br />
Endmontage der im Volksmund Monark/Albin genannten Maschine<br />
übernahm. Folke Mannerstedt, der in den 30er-Jahren<br />
unter anderem die legendäre Husqvarna-V2-Rennmaschinen<br />
konstruiert hatte, verpasste der 500er schärfere Steuerzeiten<br />
und hob das Drehzahlniveau von 3600/min auf 5500/min an.<br />
Von dieser Monark/Albin sind insgesamt 3000 Exemplare gebaut<br />
worden, die nach der Ausmusterung als solide Basis für<br />
Wett bewerbsmaschinen galten. Birger Svensson verstarb 1944,<br />
Nachfolger wurde sein Sohn Lennart Warborn. Dieser führte<br />
das Unternehmen nach den Prinzipien des Vaters, der stets auf<br />
niedrige Kosten geachtet hatte, damit mehr Gewinn im Unternehmen<br />
bleibt.<br />
Nach dem Krieg sah die Welt aber auch in Schweden anders aus,<br />
das durchaus von einer ideologischen Zerklüftung gezeichnet<br />
war. Gebraucht wurden zunächst vor allem billige Transportmittel.<br />
Dennoch konnte das Werk in Varberg die Wirren der<br />
Nachkriegszeit nutzen und in den folgenden Jahren die eigene<br />
Position durch Aufkäufe großer Konkurrenten stetig ausbauen.<br />
Nach und nach wurden beispielsweise Crescent, NV, Hermes,<br />
Apollo, MCB, Regina, Rex, Suecia, Albin, Nordstjernan, Ärlan,<br />
Vimpeln, Polstjernan oder Stjernan übernommen, um nur einige<br />
80 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Bis 1969 waren in<br />
Schweden die Kräder<br />
für 16- Jährige nur beim<br />
Gewicht auf 75 Kilogramm<br />
limitiert, alles andere<br />
war frei. Heißestes<br />
Eisen war die Monark<br />
Blue Stinget mit 200er-<br />
Ardie-Motor (ganz links).<br />
Daneben: Ove Lundell,<br />
der erfolgreiche Crossund<br />
Endurofahrer, 1970<br />
am Stand von MCB<br />
(Monark Crescent AB) mit<br />
der neuen 125er-Geländemaschine.<br />
Oben rechts:<br />
Sten Lundins 500er-WM-<br />
Siegesmaschine von 1959.<br />
Darunter: Für den Schweden-GP<br />
1973 konstruierte<br />
der Schweizer Rudi Kurth<br />
eine 500er-Monark mit<br />
Dreizylinder-Bootsmotor<br />
von Crescent<br />
zu erwähnen. So war Monark Anfang der 60er-Jahre zum größten<br />
Zweiradhersteller Nordeuropas mit 5000 Angestellten aufgestiegen,<br />
die täglich bis zu 1000 Fahrzeuge bauten! Doch auch<br />
Schweden wurde von der Motorradkrise nicht verschont, die<br />
Absätze brachen in den frühen 60er-Jahren dramatisch ein. Monark<br />
stellte die Motorradproduktion weitgehend ein. Das durch<br />
den 1960 erfolgten Zusammenschluss mit NV (Nymans Verkstäder,<br />
Uppsala) entstandene Konglomerat betätigte sich daraufhin<br />
in zahlreichen weiteren Geschäftsfeldern, fertigte Marinemotoren<br />
(1973 an Volvo verkauft), Motorsägen, Rasenmäher und<br />
Schneemobile. Außerdem Reifen, Gummistiefel, Boote, Skier<br />
(Limex), Spülmaschinen, Radios und Fernseher...<br />
Doch zurück zu den motorisierten Zweirädern. In den 50er-Jahren<br />
etablierte sich die neue Mofa-Klasse, die zusammen mit den<br />
Kleinkrafträdern bis 75 Kilogramm für die 16-Jährigen sowohl<br />
für die Volkswirtschaft als auch für die private Mobilität von großer<br />
Bedeutung war. Da Motorsport in Schweden praktisch zur<br />
Volkstradition gehörte, wuchs zu dieser Zeit jene Generation<br />
heran, die Schweden zur festen Größe in der Welt des Geländesports<br />
machte. Crescent, NV, Monark und Husqvarna waren die<br />
Garanten des Erfolgs im Offroadsport. Besagte Kleinkraftrad-<br />
Klasse, bei der nur das Gewicht auf 75 Kilogramm limitiert war,<br />
revolutionierte auch die Mobilität der Jugendlichen. Zum ersten<br />
Mal konnten nun schon 16-Jährige mit einem richtigen Motorrad<br />
beim Imbissbuden-Treff vorfahren. Vor allem mit einer Blue<br />
Fighter von Monark, mit Doppelschleifenrahmen, Telegabel und<br />
150er-Zweitakter. Husqvarna konterte mit der 175er-Silverpil,<br />
gefolgt 1957 von der 200er-Guldpil. Monark nahm den Fehdehandschuh<br />
auf und brachte noch im selben Jahr die Blue Stinget<br />
mit 200er-Ardie-Motor und Vierganggetriebe. Obwohl die Blue<br />
Stinget nur zwei Jahre gebaut wurde, erreichte sie unter den<br />
Teens Kultstatus, weil sie bis zur Einführung der 125er-Klasse im<br />
Jahr 1970 als die Schnellste ihrer Art galt.<br />
Bei den „großen“ Motorrädern avancierte die Monark Blue<br />
Arrow mit einem 250er-Zweizylinder-Zweitakter von ILO zum<br />
Erfolgsmodell, das später auch als Wettbewerbsmodell mit<br />
satten 20 PS erhältlich war.<br />
www.motorrad-classic.de<br />
Als 1957 im Motocross zunächst nur die 500er-Klasse als<br />
Weltmeisterschaft ausgeschrieben wurde, ahnte man bei<br />
Monark, dass Husqvarna dabei war, einen Viertakter zu bauen.<br />
Monark kontaktierte eine Konstruktionsfirma in Stockholm und<br />
bestellte zwei Motoren bei Gunnar Hagström, der früher unter<br />
der Konstrukteurs-Legende Folke Mannerstedt gearbeitet hatte.<br />
Sein Gehilfe in der kleinen Werkstatt war übrigens ein gewisser<br />
Nils Hedlund, der sich später ebenfalls einen Namen in der Szene<br />
machen sollte. Die Motoren basierten auf dem 500er-Viertakter<br />
der Monark/Albin. Einer Vorkriegskonstruktion also, die dank<br />
zahlreicher Modifikationen jedoch zu einem leistungsfähigen<br />
Triebwerk reifte. Beim Premieren-Lauf brachen zwar beide Rahmen,<br />
aber eine Woche später hatte Ove Lundell einen neuen<br />
Rahmen konstruiert und gewann damit prompt das Rennen! Den<br />
ersten Motocross-WM-Titel für Schweden gewann allerdings Bill<br />
Nilsson auf einem Eigenbau, der daraufhin zu Husqvarna wechselte.<br />
Sten Lundin sicherte Monark 1959 und 1961 den 500er-<br />
WM-Titel. Letzteren jedoch auf einer „Lito“, die jedoch nichts anderes<br />
war als eine Monark in anderen Farben. Grund war die<br />
Einstellung aller Rennaktivitäten von Monark nach dem Tod von<br />
Lennart Warborn 1960. Warborns Neffe Kaj Bornebusch übernahm<br />
jedoch die 500er-Crossmaschinen, taufte sie „Lito“ und gewann<br />
mit Lundin die WM-Saison 1961.<br />
Als 1967 mit dem wirtschaftlichen Aufschwung auch die Nachfrage<br />
nach Motorrädern wieder anzog, bekam der Name Monark<br />
wieder neuen Glanz. Wirtschaftlich mit der 50er-Produktion.<br />
Und sportlich durch die Einführung der 50er-Klasse im Motocross.<br />
Als das erste offizielle Rennen dieser 50er-Minicrosser<br />
1968 gestartet wurde, trat Monark mit einem auf sieben PS getunten<br />
Sachs-Motörchen an, das auf einer Serien-50er mit fünf<br />
Gängen basierte. Ab 1969 forcierte der schwedische Hersteller<br />
dann das 125er-Programm mit den Enduros und Crossern, das<br />
trotz der beschriebenen Erfolge im Geländesport jedoch 1976<br />
eingestellt wurde. Danach konzentrierte sich Monark auf Fahrräder<br />
und Mofas. Im Jahr 2000 wurde das Unternehmen Monark<br />
Crescent AB aufgelöst, die Warenmarken Crescent und Monark<br />
existieren aber noch heute.<br />
◻<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 81
SZENE I<br />
Robert Sullivans Triumph-Sammlung<br />
Triumph<br />
des Wollens<br />
Robert Sullivan ist einer, der anpackt und alles gibt.<br />
So hat er es zum größten HJC-Händler der Welt gebracht.<br />
Und die wohl außergewöhnlichste Sammlung<br />
klassischer Triumph-Motorräder zusammengetragen.<br />
Text und Fotos von Alain Sauquet<br />
82 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 83
SZENE I<br />
Robert Sullivans Triumph-Sammlung<br />
Oben: Zu den Raritäten in Sullivans Kollektion zählt diese Trophy mit dem 500er-Grand Prix-Motor. Unten: Robert hat<br />
einige Modelle in doppelter oder sogar dreifacher Ausführung. Hier einige 650er der Jahrgänge 1963 bis 1967
Das Gros der Sammlung<br />
bilden Bonneville-<br />
und Tiger- Modelle<br />
verschiedener<br />
Baujahre. Oben rechts<br />
strahlt im Vordergrund<br />
eine Tiger 80<br />
mit zwei weiteren<br />
Vorkriegsmodellen<br />
um die Wette, unten<br />
stiehlt eine Trophy aus<br />
den 50er-Jahren dem<br />
alten Pick-up die Show<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 85
SZENE I<br />
Robert Sullivans Triumph-Sammlung<br />
Aufstellung vor Sullivans<br />
Firmengebäude.<br />
Daneben: eine 650er-<br />
Trophy. Darunter:<br />
zwei Bonneville-Modelle.<br />
Foto unten: Ein<br />
Tiger 80-ohv-Single<br />
(links) posiert hier<br />
mit einer frühen<br />
Thunderbird<br />
86 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Bonneville- und Tiger-<br />
Modelle in Reih und<br />
Glied. Im Vordergrund<br />
eine von nur 900<br />
gebauten TT Special.<br />
Mit diesen gestrippten<br />
650er-Wettbewerbsmaschinen<br />
wagten<br />
sich Mutige ins Gelände<br />
oder in die Ovale
SZENE I<br />
Robert Sullivans Triumph-Sammlung<br />
Es gibt wohl niemanden, den nicht schon mal die<br />
Sammelwut gepackt hätte. Die einen sammeln<br />
Briefmarken oder Schuhe, die anderen Autos<br />
oder Autogramme. Ja, es soll sogar Zeitgenossen<br />
geben, die in den Cafés dieser Welt nach Zuckertütchen jagen.<br />
Für Robert Sullivan sind es eben Motorräder von Triumph,<br />
die seit Anfang der 1990er-Jahre eine magische Anziehungskraft<br />
auf ihn ausüben. Damals konnte jedoch noch niemand ahnen,<br />
welche Ausmaße die Suche nach den Maschinen aus Meriden<br />
annehmen würde. Wahrscheinlich nicht einmal Robert selbst.<br />
Heute zeugen jedenfalls knapp 100 perfekt restaurierte Triumphs<br />
von Bobs ungezügelter Sammel-Leidenschaft.<br />
Sullivans Vorliebe für die britischen Maschinen kommt nicht<br />
von ungefähr. Schon in den 1960er-Jahren hatte er als junger<br />
Spund einen Triumph-Twin über die in den USA so populären<br />
Dirt Track-Ovale gedroschen. Anfang der 70er-Jahre gab Bob<br />
dann geschäftlich richtig Gas und gründete im südlich von Boston<br />
gelegenen Hanson/Massachusetts seine Firma, die sich mit dem<br />
Vertrieb von Motorrad-Zubehörteilen, Bekleidung und Helmen<br />
beschäftigte. Dabei hatte er schon früh den richtigen Riecher, als<br />
er den offiziellen Import der im Fernen Osten nahezu zeitgleich<br />
gegründeten Marke HJC für Nordamerika übernahm. Mit viel<br />
Engagenemt machte er den koreanischen Helmhersteller schon<br />
1992 zur Nummer eins in den USA und etablierte seine Firma<br />
(www.sullivansinc.com) seitdem als den weltweit größten Vertreiber<br />
von HJC-Produkten.<br />
Bob hatte also schon gut zu tun, als er 1990 mit seinem Kumpel<br />
Dave Perewitz, dem berühmten Harley-Customizer (www.pere<br />
witz.com), die Daytona Bike Week in Florida besuchte. Klar, dass<br />
er auch dessen Klamotten und Custom-Teile in seinem Portfolio<br />
anbot. Dennoch war der Event in Daytona damals für Bob eine<br />
völlig neue Erfahrung. Was er zu sehen bekam, hat ihn in zweierlei<br />
Hinsicht geradezu verzaubert. Weil er dort nicht nur Debbie,<br />
seine spätere Frau, kennengelernt hat, sondern auch seine Liebe<br />
für die Triumph-Motorräder neu entflammte. Das Interesse für<br />
die archaischen britischen Maschinen war nie ganz erloschen,<br />
allerdings hatte die Arbeit Sullivan zu sehr im Griff.<br />
Doch beim Anblick der Triumph-Armada am Strand von<br />
Daytona kamen in ihm all die Jugenderinnerungen wieder hoch.<br />
Spontan entschloss sich Bob bei einer Auktion vor Ort zum Kauf<br />
seiner ersten beiden Triumph. Es waren zwei wunderschöne Maschinen,<br />
die der Restaurierungsexperte Garry Chitwood wieder<br />
in den Neuzustand versetzt hatte. Doch von diesem Tag an war<br />
für Bob nichts mehr, wie es einmal war. Er war angefixt, wie ein<br />
Süchtiger war er fortan ständig auf der Suche nach Triumph-<br />
Motorrädern oder Teilen davon. Eine Sucht, die sich Bob dank des<br />
geschäftlichen Erfolgs, zu dem in den ersten Jahren auch sein<br />
Bruder beigetragen hatte, jedoch leisten konnte. Das Beste ist gerade<br />
gut genug – nach diesem Motto hat Bob nicht nur sein Leben<br />
lang gearbeitet, sondern auch seine Sammlung aufgebaut. Sein<br />
gehobener Lebensstil zeigt sich nicht im Genuss edler Zigarren<br />
und auserlesener Weine, sondern in seinen Triumph-Maschinen,<br />
die er mit viel Herz und großer Leidenschaft auf dem gesamten<br />
Kontinent gesucht und gefunden hat.<br />
Ich erinnere mich noch, wie er kurzerhand an die Westküste<br />
geflogen ist, nur um den perfekten Chromauspuff zu erstehen.<br />
Oder nach Montana, als er von einem sehr seltenen Modell gehört<br />
hatte. In dieser Zeit war Bob ohnehin fast jeden Tag geschäftlich<br />
mit dem Flieger unterwegs. So konnte er das Nützliche (fürs<br />
Geschäft) mit dem Angenehmen (für seine Sammlung) ganz gut<br />
verbinden. Bei solchen Geschäftsterminen nutzte er jede Gelegenheit,<br />
seiner Sucht nachzugehen. Ja, anders kann man seine Obsession<br />
in dieser Zeit wirklich nicht bezeichnen. Bob war ein Abhängiger,<br />
ständig auf der Suche nach dem nächsten Kick. Mit<br />
dem kleinen Unterschied, dass er nicht auf Marihuana oder Koks<br />
aus war, sondern auf Teile aus Stahl, Chrom, Lack oder Leder. Und<br />
das über einen Zeitraum von beinahe 20 Jahren!<br />
Mit einem guten Freund von mir, ebenfalls ein Fotograf, fing Bob<br />
irgendwann eine neue Spielerei an. Gemeinsam produzierten sie<br />
große Wandkalender mit Motiven rarer Triumph-Modelle. Genau<br />
genommen waren jedoch all die Jahre für ihn eine Art von Spiel,<br />
egal ob es das Finden oder Restaurieren der Motorräder betraf,<br />
die Jagd nach Teilen oder eben das Fotografieren all der schönen<br />
Bonnevilles, Thunderbirds, T-, TR- und TT-Modelle.<br />
Für Bob ist es tatsächlich das Höchste der Gefühle, wenn er<br />
für seine Schmuckstücke, in die viel Zeit, Energie und natürlich<br />
auch Geld geflossen sind, einen dieser magischen Orte gefunden<br />
hat, die eines Bildes für die Ewigkeit würdig sind. Dann kann er<br />
sie wirklich genießen, diese Momente des stillen Glücks.<br />
88 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Hat gut Lachen:<br />
Robert Sullivan mit einem<br />
kleinen Teil seiner<br />
Sammlung, der wohl<br />
beeindruckendsten<br />
zum Thema Triumph<br />
Die natürlich auch in dem unglaublich guten Zustand seiner<br />
Triumph-Modelle begründet sind. Alle Motorräder sehen aus, als<br />
hätten sie gerade eben die Produktionsbänder von Meriden verlassen.<br />
Die Perfektion der Restaurierungen geht bis ins kleinste<br />
Detail, egal ob es die Lackierungen oder den Chromauftrag betrifft.<br />
Auch die Kunststoffteile, Gläser, Stahl- und polierten Aluteile<br />
erstrahlen wieder wie neu. Dafür zeichnen Garry Chitwood<br />
und Ryan Bissett verantwortlich, die bei Sullivans praktisch in<br />
Vollzeit gearbeitet haben, um Bob beim Neuaufbau der schlafendenden<br />
Schönheiten unter die – viel beschäftigten – Arme zu<br />
greifen. Die meisten davon haben sie aus einem Jahre oder gar<br />
Jahrzehnte währenden Dornröschenschlaf erweckt. Ryan fand<br />
beispielsweise einst eine T80 von 1938, die vermutlich 30 oder 40<br />
Jahre lang an ein Stahlgerüst gekettet war!<br />
Jedes Mal, wenn diese verschworene Gemeinschaft eine Restaurierung<br />
in Angriff nahm, ähnelte das Unterfangen einem neu-<br />
erlichen Glücksspiel. Würden sie alle notwendigen Originalteile<br />
finden? Dank guter Kontakte und den Möglichkeiten des Internets<br />
konnte diese Frage meistens mit „Ja“ beantwortet werden –<br />
stets eine zusätzliche Motivationsspritze für die ohnehin gute<br />
Stimmung im Team. Logisch, bei solch perfekten Arbeitsbedingungen.<br />
Im riesigen Lager von Bobs Firma fehlte es an nichts.<br />
Schon gar nicht am Budget. Höchstens an Stellplätzen. Deshalb<br />
hatte Bob ein wenig den Überblick über seine Sammlung verloren,<br />
die auf verschiedene Örtlichkeiten verteilt war. Als er irgendwann<br />
zusammengezählt hatte, waren es 98 neuwertige Triumph<br />
der Baujahre 1937 bis 1972, davon einige in doppelter oder gar<br />
dreifacher Ausführung!<br />
Genug, wie Bob heute befindet, obwohl er die Jahre seiner<br />
ungezügelten Sammelwut als die schönsten und aufregendsten<br />
in seinem Leben bezeichnet. Davon zeugt nun die weltweit wohl<br />
außergewöhnlichste Triumph-Kollektion.<br />
◻<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 89
NACHDRUCK<br />
Im ersten Test in der<br />
<strong>MOTORRAD</strong>-Aus gabe<br />
15/1976 wurden der<br />
kultivierte Vierventilmotor<br />
und das exzellente<br />
Fahrwerk<br />
der XS 500 gelobt<br />
90 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 91
NACHDRUCK<br />
92 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
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NACHDRUCK<br />
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NACHDRUCK<br />
RÜCKBLICK<br />
A B O<br />
Die<br />
Yamaha<br />
XS 500 aus<br />
heutiger Sicht<br />
Dem Twin mit zukunftsweisender<br />
Technik war leider keine große Zukunft<br />
beschieden, doch heute wissen<br />
Fans seine Qualitäten zu schätzen.<br />
„Wer XS 500-Fan ist,<br />
braucht das Leben<br />
nicht zu fürchten“<br />
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Foto: Timmerberg<br />
Eine halbe Seite? Über die XS 500 könnte<br />
man ein ganzes Buch füllen. Denn das<br />
Dieter Nuhr zugeschriebene Zitat über Fortuna<br />
Düsseldorf-Fans gilt abgewandelt auch<br />
für dieses Motorrad: „Wer XS 500-Fan ist,<br />
braucht das Leben nicht zu fürchten.“<br />
Robert Timmerberg Im Umkehrschluss heißt das, wer heute<br />
besitzt gleich drei noch eine XS 500 fährt, hat viel erlebt und<br />
XS 500-Exemplare entsprechend viel zu erzählen. Und könnte<br />
die XS reden, die man fährt, dann erführe<br />
man die Geschichte einer Überlebenden.<br />
Schließlich wurden viele dieser achtventiligen dohc-Diven im<br />
ersten Leben so malträtiert beziehungsweise so selten fachgerecht<br />
inspiziert, dass etliche von ihnen einem frühen Überhitzungstod<br />
zum Opfer fielen. Die Besitzer stellten sie genervt<br />
ab und wandten sich weniger wartungsintensiven Modellen<br />
zu. Die XS 500 sowie ihre in Deutschland nicht offiziell vermarktete<br />
Vorgängerin TX 500 gerieten in Vergessenheit,<br />
bis von der Retro-Welle erfasste Schrauber wie die Wrenchmonkees<br />
oder andere Nostalgiker sie in irgendeiner Garage<br />
entdeckten, für kleinstes Geld mitnahmen und wiederbelebten.<br />
Meine ist eine von jenen Wiederbelebten, denen es im<br />
zweiten Leben deutlich besser geht, weil sie endlich artgerecht<br />
gehalten werden. Anders als zu Studentenzeiten in<br />
den frühen 1980er-Jahren wird sie von mir nun nicht mehr<br />
bis zum Anschlag viel zu lange über die Autobahn gescheucht,<br />
bis sich die Ventile verbiegen. Und endlich wird<br />
das Rasseln, das durch die drei Ketten für den Antrieb von<br />
E-Starter, Ausgleichswelle und der beiden Nockenwellen verursacht<br />
wird, als unüberhörbares Zeichen für dringend notwendige<br />
Inspek tionsarbeiten verstanden. Gut gewartet, vernünftig<br />
warm gefahren und dann noch mit Ikon-Stoßdämpfern,<br />
Wirth- Gabelfedern und zweiter Bremsscheibe mit Stahlflexleitung<br />
aufgewertet, kann man sich an einem Siebziger-<br />
Jahre-Sportler erfreuen, der einem auch akustisch signalisiert,<br />
wie viel mehr Freude ihm das zweite Leben macht. Wenige<br />
Motorräder hatten während ihres kurzen Daseins im Lieferprogramm<br />
von Mitsui-Maschinen einen schlechteren Ruf als<br />
die XS 500. Es ist an der Zeit, diesen etwas aufzupolieren.<br />
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SZENE I<br />
Moto Guzzi Sahara<br />
Expedition<br />
Alltag<br />
Seit 40 Jahren hält Klaus Stockschlaeder<br />
seiner Moto Guzzi Sahara die Treue. Nicht<br />
nur, weil es hierzulande ein Einzelstück ist.<br />
Text und Fotos von Hubert Hecker<br />
98 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Schiebung: Nur fürs Foto, denn die<br />
Sahara erwies sich als zuverlässig<br />
Dieses Ding muss ich<br />
haben, schoss es Klaus<br />
Stockschlaeder durch<br />
den Kopf. Das war vor<br />
40 Jahren, im August 1975. Vor ihm auf<br />
dem Küchentisch lag das aktuelle Heft<br />
von „Das <strong>MOTORRAD</strong>“ mit dem Test der<br />
Moto Guzzi Sahara, einer Sonderauflage<br />
der Nuovo Falcone. Jener in Italien seit<br />
den 50er-Jahren überwiegend von Polizei<br />
und Militär bewegten Maschine, mit liegendem<br />
500er-Viertakt-Einzylinder und<br />
braven 25 PS. Augenfälligstes Unterscheidungsmerkmal<br />
zu den Behördenkrädern<br />
waren die sandfarbene Lackierung mit<br />
dem „Sahara“-Schriftzug. Expeditionstaugliche<br />
Ausstattungsdetails waren jedoch<br />
weder vorhanden noch bestellbar.<br />
Immerhin, die Technik war ja lange genug<br />
erprobt, zudem versprach die moderate<br />
Leistungsausbeute die für Wüstendurchquerungen<br />
gewünschte Zuverlässigkeit.<br />
Eine solche hatte Klaus, damals 20<br />
Jahre jung und Besitzer einer 250er-Honda,<br />
nicht im Sinn. Aber auch die heimische<br />
Eifel verlangte dem Material, besonders in<br />
langen Wintern, ganz schön was ab. Klaus<br />
hatte schon länger von einer richtig rustikalen<br />
Maschine für den täglichen Einsatz<br />
geträumt. Von seiner nervösen 250er-<br />
Drehorgel hatte er jedenfalls genug. Da<br />
erschien ihm dieser urige 500er-Dampfhammer<br />
aus Mandello del Lario doch viel<br />
begehrenswerter.<br />
Einzelstück zum stolzen Preis<br />
Umgehend kontaktierte er daher den<br />
deutschen Guzzi-Importeur, die Firma<br />
Motobécane in Bielefeld, um die Bestellung<br />
seiner Traummaschine zu platzieren.<br />
Doch die Euphorie bekam sogleich einen<br />
Dämpfer. Nein, es täte ihnen sehr leid,<br />
aber dieses Modell würde nicht auf den<br />
deutschen Markt gebracht, hieß es. Man<br />
könne auch keines besorgen. Einziges<br />
Exemplar sei die von „Das <strong>MOTORRAD</strong>“<br />
getestete Sahara, die anschließend von<br />
Stuttgart nach Düsseldorf zur Firma Hein<br />
Gericke ging. Doch so schnell gab Klaus<br />
nicht auf, die Leitung nach Düsseldorf<br />
zum Chef persönlich stand prompt. Doch<br />
der Hein meinte erst einmal, dass er die<br />
Guzzi nicht hergeben wolle. Nach einigem<br />
Hin und Her ließ er sich dann doch<br />
erweichen – zum stolzen Preis von 4500<br />
Mark. Ziemlich happig für den jungen<br />
Stockschlaeder, der aber nicht weiter handeln<br />
wollte. Weil er fürchtete, dass Gericke<br />
dann den Rückzieher machen könnte.<br />
So hatte der euphorisierte Klaus verdammt<br />
viel Geld für die Italienerin ausgegeben.<br />
Der stolze Betrag schien aber nicht<br />
unbedingt gerechtfertigt, denn die Fertigungsqualität<br />
war eher dürftiger Natur.<br />
Der Spruch „rostet bereits im Prospekt“<br />
traf hier tatsächlich zu. Obendrein hatten<br />
die <strong>MOTORRAD</strong>-Tester die Gute nach dem<br />
Test verdreckt in die Kiste gepackt. War<br />
Klaus aber egal. Frohen Mutes brachte er<br />
den neuen Schatz auf Hochglanz, was unter<br />
anderem die Bearbeitung des Aufpuffs<br />
mit der Drahtbürste und anschließendem<br />
Lackauftrag bedeutete.<br />
Doch Klaus musste noch weitere Hürden<br />
überwinden. Denn die Sahara, die<br />
sich lediglich farblich von der Polizeimaschine<br />
unterschied und weitgehend<br />
mit der 1971 erschienenen zivilen Variante<br />
identisch war, wurde ja nicht offiziell<br />
nach Deutschland exportiert. Und somit<br />
gab es auch keine Papiere. Mangels anderer<br />
Quellen entnahm Stockschlaeder<br />
die technischen Daten dem <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Testbericht, ließ sich diese bei der Firma<br />
Motobécane bestätigen und fuhr sein<br />
„Einzelstück“ anschließend mutig beim<br />
TÜV vor. Tatsächlich gab es den behördlichen<br />
Segen ohne Probleme, und so konnte<br />
es endlich raus auf die Straße gehen.<br />
Für Stockschlaeder, Motorradfahrer mit<br />
Leib und Seele, sollte die Guzzi schließlich<br />
lange Zeit einziges Fortbewegungsmittel<br />
sein. Vom ersten Tag an wurde sie nicht<br />
geschont, bei Wind und Wetter durch Ardennen,<br />
Vogesen, Alpen, Eifel und Hohes<br />
Venn gescheucht. In den vergangenen 40<br />
Jahren diente Klaus die Guzzi, die mittlerweile<br />
knapp 200 000 Kilometer gelaufen<br />
ist, zu jeder Jahreszeit als zuverlässiges<br />
Transportmittel. Ohne entsprechende Modifikationen<br />
für mehr Alltags- und Langzeittauglichkeit<br />
hätte sie ihr Leben vermutlich<br />
schon nach wenigen Jahren<br />
aus gehaucht. Nachdem der erste Auspuff<br />
bereits nach kurzer Zeit dem Rostfraß zum<br />
Opfer gefallen war, wurde der Ersatz von<br />
einem Spezialisten zunächst alitiert und<br />
dann lackiert – hält bis heute.<br />
Außerdem wurden nach und nach<br />
sämtliche Blechteile verzinkt, ebenso der<br />
Doppelschleifen-Rohrrahmen. Anschließend<br />
wurde dieser mit Öl ausgeschwenkt<br />
und wieder dicht gemacht. Das hat das<br />
Fahrgestell bis heute bestens vor Korrosion<br />
geschützt. Weiterhin spendierte Klaus<br />
seiner Guzzi Felgen und Speichen aus<br />
Edelstahl, nicht nur fürs Auge. Auch die<br />
bekannte Schwachstelle der Nuovo Falcone,<br />
nämlich die mangelhafte Schmierung<br />
des Einlassventils, eliminierte der angehende<br />
Kfz-Mechaniker mit einer separaten<br />
Ölleitung. Die Standfestigkeit profitierte<br />
überdies vom Austausch des unzureichenden<br />
Serien-Ölfilters gegen ein brauchbares<br />
Exemplar und den Einbau einer<br />
Hochdruck-Ölpumpe sowie einer elektronischen<br />
Zündung. So gerüstet, springt der<br />
Oldie auch heute noch sofort an und läuft<br />
und läuft und läuft, wie man es dem seligen<br />
VW Käfer nachsagt.<br />
Dass die Guzzi ihr Leben lang als echtes<br />
Arbeitstier herhalten musste, sieht man<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 99
SZENE I<br />
Moto Guzzi Sahara<br />
ihr an. Und soll man auch, wie Klaus Stockschlaeder<br />
betont. Auf makellose Optik hat<br />
er nie Wert gelegt. Weder, was das Gesamtbild<br />
der Maschine noch die Ästhetik<br />
der technischen Modifikationen anging.<br />
Zuverlässigkeit und Nutzwert waren für<br />
ihn immer die einzigen Kriterien, die ihm<br />
wichtig waren. So schreckte er auch nicht<br />
davor zurück, das eine oder andere defekte,<br />
abgefallene oder weggerostete Teil<br />
durch ein funktionierendes aus japanischer<br />
Produktion zu ersetzen.<br />
Mit Seitenwagen praktischer<br />
Ähnlich pragmatisch ging der Student damals<br />
zu Werke, als es galt, die Vielseitigkeit<br />
der Falcone zu verbessern. Als sich<br />
die Gelegenheit ergab, vermählte Klaus<br />
seine Guzzi mit einem Steib-Seitenwagen.<br />
Wegen der besseren Transportmöglichkeiten.<br />
Und – natürlich – aus Spaß an der<br />
Freude. Zwei Mal mußte die Guzzi sogar<br />
als Umzugs-Helfer herhalten. „Okay, da<br />
musste ich natürlich mehrmals fahren“,<br />
erinnert sich Klaus an die Umzugsfahrten.<br />
Auf dem Weg zur neuen Studentenbude<br />
im holländischen Vaals – das Schengener<br />
Abkommen war dereinst noch in<br />
weiter Ferne, die Zöllner hatten somit jeden<br />
Grenzübertritt abzunicken – erregte<br />
seine seltsame Fuhre den Argwohn des<br />
diensthabenden Beamten. Ein nach Afrika-Feldzug<br />
aussehendes Gespann mit<br />
Kühlschrank im Boot und Sitzsack auf<br />
dem Sozius erschien ihm als sichere Beute.<br />
Konnte doch nur ein Haschbruder oder<br />
Bombenleger sein! Zur Enttäuschung des<br />
dienstbeflissenen Zöllners entpuppte sich<br />
der Inhalt des voluminösen Transportguts<br />
DATEN*<br />
Moto Guzzi Sahara<br />
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,<br />
längs liegend, zwei Ventile, über eine<br />
untenliegende Nockenwelle, Stoßstangen<br />
und Kipphebel betätigt, Bohrung x Hub<br />
88 x 82 mm, Verdichtung 6,9:1, Hubraum<br />
499 cm³, Leistung 25 PS bei 4800/min<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Ölbadkupplung,<br />
Vierganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen,<br />
hydraulisch gedämpfte Telegabel vorn,<br />
Zweiarmschwinge mit zwei Federbeinen<br />
hinten, Drahtspeichenräder mit Stahlfelgen,<br />
Reifen vorn und hinten 3.50-18, Duplex-<br />
Trommelbremse vorn, Ø 210 mm, Simplex-<br />
Trommelbremse hinten, Ø 210 mm<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1450 mm,<br />
Gewicht vollgetankt 219 kg, Tankinhalt 19 l<br />
0–100 km/h: 19,5 s<br />
Höchstgeschwindigkeit: 122 km/h<br />
*Solomaschine aus Test in Das <strong>MOTORRAD</strong> 18/1975<br />
als unverdächtiges Styropor, weshalb er<br />
„Trasporti Internationali Guzzi Falcone“<br />
ziehen lassen musste.<br />
Von einer bis heute denkwürdigen<br />
Begebenheit zeugt die Delle im verchromten<br />
Lampenring. Bei einer winterlichen<br />
Kolonnenfahrt auf schmierigem<br />
Untergrund bremste plötzlich der vorausfahrende<br />
Lkw. Klaus musste spontan in<br />
die Eisen, mangels Traktion schob die<br />
Fuhre ohne nennenswerte Verzögerung<br />
unaufhaltsam und bedrohlich in Richtung<br />
des mittlerweile zum Stillstand gekommenen<br />
Lastwagens. Mit blockierendem<br />
Vorderrad und voll eingefederter<br />
Gabel brachte er das Gespann genau unter<br />
der Pritsche des Brummis zum Stehen.<br />
Pech im Glück: Beim Ausfedern knallte<br />
der Scheinwerfer gegen die Ladeklappe.<br />
Eine weitere Anekdote, von denen Klaus<br />
nach vier gemeinsamen Jahrzehnten<br />
natürlich noch viele erzählen könnte, ereignete<br />
sich auf einer weihnachtlichen<br />
Urlaubsfahrt mit seinem Kumpel und<br />
dessen NSU-Gespann in die Vogesen.<br />
Regnerisch, aber außergewöhnlich mild<br />
war es damals gewesen. So warm, dass<br />
man mit nacktem Oberkörper vom Zelt<br />
zum Duschen laufen konnte.<br />
Am Vorabend der Abreise feierten die<br />
beiden mit Einheimischen in der Dorfkneipe,<br />
als ein Mädchen in die Gaststube<br />
stürzte. „Il neige, il neige!“, rief sie. Tatsächlich,<br />
es schneite, und wie! Ein plötzlicher<br />
Wetterumschwung ließ die Temperatur<br />
über Nacht auf minus 23 Grad<br />
absacken. Am nächsten Morgen waren die<br />
beiden Gespanne unter einer dicken Eisschicht<br />
begraben. Nichts ging mehr. Also<br />
wurden die Räder mit einem Eispickel<br />
mühsam ausgegraben, im Gastraum aufgetaut,<br />
getrocknet und draußen wieder<br />
eingebaut. Bei klirrender Kälte traten die<br />
Gespannfahrer dann die Rückreise nach<br />
Deutschland an. Alle fünf Kilometer, mehr<br />
ging beim besten Willen nicht am Stück,<br />
wurde angehalten. Runter von den Böcken,<br />
mehrere Runden um die selben gelaufen,<br />
um die Gliedmaßen wenigstens<br />
ansatzweise auf Temperatur zu halten,<br />
dann ging‘s weiter.<br />
Heute kaum noch vorstellbar. Aber damals<br />
gab es eben noch Leute, die Touren<br />
ohne Langzeitprognosen der Wetter-App<br />
ihres Smartphones planten. Wie Klaus<br />
Stockschlaeder, unseren Sahara-Extremisten,<br />
den einst die trefflichen Formulierungen<br />
von Paul Simsa angefixt hatten.<br />
„Hier wird noch angesaugt, kraftgehubt<br />
und ausgepufft“, schrieb der <strong>MOTORRAD</strong>-<br />
Tester 1975 über die Sahara-Guzzi.<br />
Heute, 40 Jahre später, kann Klaus diese<br />
Zeilen aus dem Test von „Das MOTOR-<br />
RAD“ voll und ganz bestätigen: Moto Guzzi<br />
Sahara, das ist für ihn die schönste Art,<br />
Tempo 85 zu fahren.<br />
◻<br />
Gut geschmiert: separate<br />
Ölleitung fürs Einlassventil<br />
Bewährter Rostschutz: erst<br />
alitieren, danach lackieren<br />
Sicher ist sicher: verbesserte<br />
Ölpumpe mit Druckanzeige<br />
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Praktiker: mehr Transportkapazität<br />
mit dem Steib-Boot<br />
Lack und Leder: Farbe und<br />
Schriftzug als exklusive Details<br />
Gemütlich: für Klaus die<br />
schönste Art, 85 zu fahren<br />
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<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 101
MOMENTAUFNAHME I<br />
19. Mai 1985<br />
Sensationeller<br />
Sieg: Sarron gewann<br />
vor Spencer<br />
(links) und<br />
Haslam (rechts)<br />
den 500er-<br />
Grand Prix<br />
Foto: Pickartz<br />
Der Regengott<br />
B<br />
eim deutschen 500er-Grand Prix vor 30 Jahren<br />
in Hockenheim schien für Christian Sarron zunächst<br />
alles schiefzugehen. Kurz vor dem Rennen<br />
streikte die Werks-Yamaha des Franzosen,<br />
er musste kurzerhand auf die mit einem schlechteren Motor versehene<br />
und nicht optimal abgestimmte Ersatzmaschine umsteigen.<br />
In der Einführungsrunde beschlug das Helmvisier, und der<br />
Start – damals wurden die GP-Renner noch angeschoben – ging<br />
unter diesen ungünstigen Vorzeichen auch noch gründlich daneben.<br />
Aus schier aussichtsloser Position im Mittelfeld jagte der<br />
250er-Weltmeister von 1984, der danach in die Königsklasse aufgestiegen<br />
war, der Konkurrenz hinterher.<br />
Der Umstand, dass es an jenem 19. Mai 1985 in Hockenheim<br />
regnete, hätte vielen Piloten in Sarrons Lage wohl das letzte<br />
Fünkchen an Motivation für dieses Rennen geraubt. Den 30-jährigen<br />
Franzosen konnte der nasse Asphalt aber wenig erschrecken,<br />
schließlich hatte er bereits 1977 im badischen Motodrom<br />
im Regen seinen ersten 250er-GP gewonnen und 1982 in Finnland<br />
unter ähnlichen Bedingungen triumphiert. Und auch beim<br />
deutschen 500er-Lauf war Sarron auf dem schlüpfrigen Geläuf<br />
nicht zu bremsen. Runde um Runde holte er seinen Rückstand<br />
auf und schnappte sich einen Gegner nach dem anderen, bis er<br />
gegen Rennende am Hinterrad des führenden Freddie Spencer<br />
auftauchte. Dort verweilte Sarron aber nicht lange, sondern ging<br />
in der Senke vor Start und Ziel frech außen herum an dem Superstar<br />
vorbei – ein sensationelles Überholmanöver zum Zungeschnalzen.<br />
Dass Spencer zuvor etwas von einem zu überrundenden<br />
Fahrer aufgehalten wurde und mit abgefahrenen Reifen zu<br />
kämpfen hatte, sollte Sarrons Triumph – am Ende gewann er klar<br />
mit elf Sekunden Vorsprung – nicht schmälern. Seine Aufholjagd<br />
war einfach Weltklasse, ein absolutes Highlight der Saison.<br />
In Hockenheim ließ aber nicht nur Christian Sarron den damals<br />
als nahezu unschlagbar geltenden Freddie Spencer im Regen<br />
stehen. Das gelang auch dem deutschen Yamaha-Piloten<br />
Martin Wimmer im 250er-Rennen. Die beiden Niederlagen<br />
konnten Spencer allerdings nicht auf seinem Weg zum 250erund<br />
500er-WM-Titel 1985 aufhalten – ein bislang einmaliger Erfolg<br />
in der Grand Prix-Geschichte. Lothar Kutschera<br />
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SPORT I<br />
DHM-Nachrichten<br />
Die „schnelle Szene“ im VFV<br />
Sport mit historischen Rennmaschinen hat Tradition beim Verband für Veteranenfahrzeuge. In<br />
diesem Jahr startet die Deutsche Historische Motorradmeisterschaft schon in ihre 15. Saison.<br />
Die Wertschätzung der legendären<br />
Maschinen aus den Vorkriegsjahren<br />
und solchen aus den „Goldenen<br />
Fünfzigern“ waren einst das wesentliche<br />
Motiv, diese Maschinen zurück auf die<br />
Rennstrecke zu bringen, damit Geschichte<br />
wieder lebendig wird. Schon 1970 setzten<br />
sich im VFV die treibenden Kräfte, allen<br />
voran Karl Reese und Dieter Herz, dafür<br />
ein, die Erinnerung an diese Klassiker<br />
lebendig zu halten. Ihnen war jedoch stets<br />
bewusst, dass das historische Material viel<br />
zu wertvoll ist, um es im harten Wettbewerb<br />
der Gefahr der Zerstörung auszusetzen,<br />
sei es durch Stürze oder Materialermüdung.<br />
Dem trug das vom VFV in den<br />
90er-Jahren erarbeitete Reglement Rechnung.<br />
Statt auf Höchstgeschwindigkeit<br />
sollte es auf möglichst gleichbleibende<br />
Rundenzeiten ankommen. Auf diese Weise<br />
konnte eine bessere Chancengleichheit<br />
gewährleistet werden, da Maschinen mit<br />
höherer Leistung nicht zwangsläufig bessere<br />
Erfolgsaussichten hatten. Zudem wurde<br />
dadurch ein Wettrüsten und damit ein<br />
Ausufern der Kosten verhindert.<br />
Dieses „Gleichmäßigkeits-Konzept“<br />
sprach viele Interessierte an und sorgte für<br />
ein breites Spektrum bei den Motorrädern<br />
und Teilnehmern. Ein wichtiger Aspekt, da<br />
die zum Teil sehr hohen Kosten für die gemieteten<br />
Rennstrecken nur über die Nenngelder<br />
der Teilnehmer refinanziert werden<br />
können. Je nach Veranstaltung beläuft sich<br />
das Startgeld auf 135 bis 190 Euro.<br />
Der Erfolg hat diesem Konzept jedoch<br />
in überzeugender Weise Recht gegeben. Im<br />
Laufe der Zeit hat sich der Wettbewerb von<br />
einer anfänglichen Clubmeisterschaft des<br />
VFV zur Deutschen Historischen Motorradmeisterschaft<br />
(DHM) entwickelt. Analog<br />
den Bedingungen des DMSB hat sich die<br />
DHM mit durchschnittlich knapp 300 Startern<br />
pro Veranstaltung als eine der größten<br />
deutschen Motorradsport-Serien etabliert.<br />
Reglement und Klassen<br />
Momentan treten die Starter in der DHM in<br />
15 Solo- und sechs Gespannklassen an. Die<br />
Zuordnung zu einer Klasse erfolgt anhand<br />
von Baujahr, Hubraum, Arbeitsweise (Zweioder<br />
Viertakter) und der Zylinderzahl. Fünf<br />
Klassen tragen die Bezeichnung „<strong>Classic</strong>“ ,<br />
sieben heißen „Clubsport“. Im Starterfeld<br />
der Klasse „Vintage/Post Vintage“ tummeln<br />
sich Maschinen der Baujahre 1920 bis<br />
1949, in „Antik“ die der Jahre davor. Nachwuchs-Fahrer/innen<br />
bietet die DHM ab dieser<br />
Saison außerdem erstmals die Gelegenheit,<br />
mit ihren bis 1993 zugelassenen<br />
„Youngtimern“ in zwei Solo- und einer Gespannklasse<br />
anzutreten. Alle Einzelheiten<br />
des Reglements, die technischen Grundlagen<br />
und die Wettbewerbsbestimmungen<br />
sind unter www.my-dhm.de verfügbar.<br />
Bei den Veranstaltungen wird nach<br />
einem Freien Training im Pflichttraining<br />
anhand der schnellsten Runde die Startaufstellung<br />
ermittelt. Bei den jeweils zwei<br />
Wertungsläufen – der Begriff „Rennen“ ist<br />
aus versicherungsrechtlichen Gründen tabu<br />
– ist die zweite Runde nach dem Start von<br />
Bedeutung. Denn die hierfür benötigte<br />
Zeit, die mittels Transponder ermittelt wird,<br />
ist die Referenz-Größe für die weiteren<br />
Runden. Für jede Abweichung im Hundertstel-Bereich,<br />
egal ob nach oben oder<br />
unten, erhält der Teilnehmer jeweils einen<br />
Wertungspunkt. Je mehr Wertungspunkte<br />
ein Teilnehmer sammelt, desto schlechter<br />
ist es also um die Gleichmäßigkeit seiner<br />
Rundenzeiten bestellt. In die Wertung<br />
kommt allerdings nur, wer den gesamten<br />
Lauf absolviert und mit der Zielflagge<br />
ab gewinkt wird.<br />
Die Addition der Platzierungen in den<br />
einzelnen Läufen einer Saison ergibt die<br />
Jahres-Endwertung für jede Klasse. DHM-<br />
Meister wird, wer im Punktevergleich der<br />
Klassen die geringste Anzahl aufgebrummt<br />
bekommen hat, getrennt nach Solo- und<br />
Gespannklassen.<br />
Motorsport unter Freunden<br />
Zugegeben, der Sport mit historischen<br />
Maschinen ist kein ganz billiges Vergnügen.<br />
Zu den Kosten für den Erwerb einer klassischen<br />
Maschine kommen noch weitere für<br />
Wartung, eventuelle Reparaturen und die<br />
Übernachtungen sowie den Transport zu<br />
den jährlich sieben bis acht Veranstaltungen<br />
auf anspruchsvollen Rennstrecken.<br />
Demgegenüber stehen jedoch die Freude<br />
am Fahren, die Glücksgefühle beim Erfolg<br />
oder der Bewältigung von technischen<br />
und sportlichen Herausforderungen, die<br />
Ver besserung mechanischer oder fahrerischer<br />
Unzulänglichkeiten und viele wunderbare<br />
Erlebnisse, die der Sport mit unseren<br />
Klassikern bietet. Nicht zu vergessen natürlich<br />
die Freundschaften, die sich dabei fast<br />
zwangsläufig ergeben. Dazu noch eine<br />
Bemerkung: All das wäre nicht möglich<br />
oder ungleich teurer ohne die zahlreichen<br />
Enthusiasten der <strong>Classic</strong>-Szene, die uns in<br />
viel fältigen Funktionen unterstützen, egal<br />
ob in der Vorbereitung, der Durchführung<br />
oder der Dokumentation jeder Veranstaltung.<br />
Dass sie das ehrenamtlich tun, zeugt<br />
von einer hohen Motivation und großer<br />
Identifikation mit der Sache. In der DHM ist<br />
häufig vom „Motorsport unter Freunden“<br />
die Rede – auch hier zeigt er sich somit von<br />
seiner schönsten Seite! Manfred Amelang<br />
In der DHM starten in diesem Jahr bei acht Veranstaltungen<br />
rund 300 Teilnehmer in 15 Solo- und sechs Gespannklassen<br />
Foto: DHM<br />
104 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
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Honda NSR 250 – Spencers Weltmeisterbike von 1985<br />
106 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Fast<br />
Freddies<br />
Liebling<br />
Der Doppel-Weltmeister von 1985 „Fast“ Freddie<br />
Spencer hat seine Titel (250er- und 500er-Klasse) auch<br />
den grandiosen NSR-Bikes zu verdanken. Eine Testfahrt<br />
auf der „kleinen“ 250er ist also eine besondere Ehre.<br />
Text: Alan Cathcart und Gerhard Eirich; Fotos: Hidenobu Takeuchi, Archiv<br />
Ich denke, ich muss Wayne Gardner<br />
dafür danken, dass ich eine<br />
mittlerweile 30 Jahre währende<br />
Tradition ins Leben rufen durfte –<br />
die Tradition, die jeweils aktuellsten und<br />
erfolgreichsten Honda-GP-Renner auf der<br />
Rennstrecke fahren zu dürfen. Ein Umstand,<br />
den er nie vergisst zu betonen,<br />
wann immer wir uns über den Weg laufen<br />
und eine Bar in der Nähe ist. Ohne ihn<br />
wäre ich vermutlich nicht nach Japan eingeladen<br />
worden, damals, im Januar 1986,<br />
um das Rennmotorrad-Duo zu fahren, mit<br />
denen Fast Freddie ein einzigartiges Maß<br />
an Erfahrung und Ausdauer bewies, indem<br />
er als einziger Fahrer jemals die beiden<br />
Meisterschaften in der 250er- und der<br />
500er-Klasse in derselben Saison gewann<br />
– vor genau 30 Jahren. Wayne hatte nämlich<br />
ganze Arbeit geleistet, indem er Fred-<br />
dies 500er-Weltmeisterbike beim letzten<br />
Rennen der 1985er-Swann-Serie in Surfers<br />
Paradise in Australien heftig zerstörte,<br />
nachdem ich von HRC-Präsident Youchi<br />
Oguma eingeladen worden war, das<br />
Bike am nächsten Tag dort zu testen. Stattdessen<br />
bot Oguma mir an, die V4 im folgenden<br />
Monat in Suzuka zu fahren, und<br />
als kleines Bonbon für die vergebliche<br />
Reise nach Down Under arrangierte er für<br />
mich auch einen Test der NSR 250-Weltmeistermaschine<br />
von Freddie.<br />
Die Honda-Verantwortlichen hatten<br />
sich zu Beginn der Saison 1985 einen<br />
Spaß mit der GP-Presse-Meute gegönnt:<br />
Eifrig bemüht, die Tatsache zu verschleiern,<br />
dass der 250er-V-Twin, mit dem Freddie<br />
sich anschickte, auch in der Viertelliterklassse<br />
den Weltmeistertitel zu holen,<br />
kein Werksrenner auf Basis des Produc-<br />
Wenn es um „seine“<br />
NSR 250 von 1985<br />
geht, gerät Freddie<br />
Spencer noch heute<br />
ins Schwärmen<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 107
SPORT I<br />
Honda NSR 250 – Spencers Weltmeisterbike von 1985<br />
Freddie Spencer: „Die NSR 250<br />
von 1985 ist das beste Rennmotorrad,<br />
das ich je bewegt habe“<br />
tion Racers RS 250 R war, sondern vielmehr<br />
ein völlig neues Modell, ein direkter<br />
Ableger der membrangesteuerten V4-NSR<br />
500, verboten sie nicht nur wie üblich<br />
jeden Blick auf das nackte, unverkleidete<br />
Bike, sondern bezeichneten sie in allen<br />
Pressemeldungen als RS 250 R-W. Allmählich<br />
sickerte die Wahrheit durch, und<br />
das Bike offenbarte seine wahre Gestalt,<br />
die intern längst bekannt war, mit der<br />
echten Bezeichnung: NSR 250. Aber dies<br />
früher zuzugeben, hätte die Katze zu früh<br />
aus dem Sack gelassen...<br />
Sie hätten das Bike aber auch FS 250<br />
nennen können, denn wenn je ein Motorrad<br />
untrennbar mit einem einzigen Fahrer<br />
in Verbindung gebracht wurde, dann<br />
diese erste NSR 250 mit Freddie Spencer.<br />
Kein Wunder, dass eine der vier gebauten<br />
Maschinen heute in seinem Büro in<br />
Shreveport/Louisiana steht, denn dieses<br />
Motorrad hatte Freddie gebaut, und außer<br />
einigen kurzen Sessions einiger Werks-<br />
Testfahrer hat niemand außer ihm 1985<br />
eine NSR 250 gefahren. Und, wie die Geschichte<br />
nun belegt, dieses Bike hat seinen<br />
Job perfekt gemacht und ihn in sieben<br />
von den zehn beendeten Rennen zum<br />
Sieg getragen. Nur ein gebrochener Auspuff<br />
in Spanien trübte die Bilanz, und die<br />
zurückhaltende Fahrweise bei den beiden<br />
anderen Läufen im Regen. Dennoch sammelte<br />
Freddie praktisch in jeder gefahrenen<br />
Runde Punkte auf diesem Bike, das<br />
Beobachter vom ersten Rennen an mit<br />
dem unglaublichen Speed auf den Geraden<br />
faszinierte. Auch wenn Toni Mangs<br />
von Sepp Schlögl getunte, werksunterstützte<br />
RS 250 R gelegentlich genauso<br />
schnell war.<br />
So schnell wie manche 500er<br />
Wie schnell genau? Sowohl HRC- als auch<br />
unabhängige Messungen hatten 278 km/h<br />
ermittelt – so schnell, wie die meisten<br />
500er der Privatteams. Tatsächlich hätte<br />
sich Spencer damit bei den Läufen in der<br />
500er-Klasse in den Top Ten quali fiziert.<br />
Wie machte Honda das? Ein aufschlussreiches<br />
Gespräch mit Yoichi Oguma am<br />
Tag meiner Testfahrt in Suzuka sollte sich<br />
als sehr erhellend erweisen. „Unser<br />
Haupt anliegen war es, die 250er der<br />
500er so ähnlich wie möglich werden zu<br />
lassen, weil Freddie die ganze Saison über<br />
beide Bikes jeweils am selben Tag fahren<br />
sollte“, erklärte Oguma. „Aus diesem<br />
Grund verwendeten wir die gleichen Zylindermaße<br />
und Kanäle für die 250er und<br />
die 500er, auch wenn die Langhub-Auslegung<br />
der 500er, um Baubreite zu sparen,<br />
bei der 250er eigentlich gar kein Thema<br />
gewesen wäre. Obwohl wir 38-Millimeter-<br />
Vergaser bei der 250er verwendeten anstelle<br />
der 34er oder 35er bei der 500er, um<br />
Leistung bei hohen Drehzahlen zu erzielen,<br />
schränkte dies das nutzbare Drehzahlband<br />
nicht zu sehr ein, vor allem<br />
dank des verwendeten ATAC-Systems. Du<br />
musst die Drehzahl auf der 250er höher<br />
halten, das ist alles.“<br />
Dies bestätigte sich bei meiner Ausfahrt,<br />
als ich versuchte, es Freddie gleich<br />
zu tun und von der unglaublichen 500er<br />
ab- und direkt auf die schwächere, aber<br />
nicht weniger erfolg reiche 250er aufzuspringen.<br />
Ich verstand sofort, was Oguma<br />
meinte, als er ankündigte, auf der kleineren<br />
250er zu sitzen fühle sich trotz des<br />
kürzeren Radstands auf fast schon unheimliche<br />
Weise nach einer 500er an. Tatsächlich<br />
aber offenbart sich das Gewichtsverhältnis<br />
trotz nahezu identischer Sitzposition<br />
bei der 250er mit 53/47 Prozent<br />
weniger frontlastig als bei der 500er mit<br />
55/45 Prozent – ohne Fahrer. Mit Freddies<br />
Gewicht von 68 Kilo an Bord wandelte<br />
sich dies in völlig ausgewogene 50/50<br />
Prozent, verglichen mit den 53/47 Prozent<br />
des größeren Bikes. Zu wenig Gewicht auf<br />
108 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Ergonomie war<br />
den HRC-Leuten<br />
wichtig – die Anordnung<br />
von Sitz,<br />
Fußrasten und<br />
Lenker musste dem<br />
Fahrer eine kommode<br />
Sitzhaltung<br />
bieten<br />
Der schlanke 250er-<br />
Zweitakt-V2 findet<br />
locker Platz im stabilen<br />
Alurahmen, der<br />
ja kaum verändert<br />
auch dem 500er-V4<br />
Platz bietet<br />
Am Pro-Link-System<br />
mit dem Showa-<br />
Federbein gab es<br />
schon 1985 wenig zu<br />
kritisieren: einmal<br />
aufs Fahrergewicht<br />
eingestelllt, funktioniert<br />
es tadellos<br />
Die drei Titel-Helden<br />
von 1985: NSR 250,<br />
Doppelweltmeister<br />
Freddie Spencer und<br />
die bärenstarke NSR<br />
500 (von links)<br />
Spencer in typischer,<br />
weit nach vorn gebeugter<br />
Fahr haltung<br />
auf der pfeilschnellen<br />
NSR 250<br />
dem Vorderrad also, um die Michelin-<br />
Radialreifen optimal funktionieren zu<br />
lassen. Honda kippte den V2 daher leicht<br />
nach vorn, um Abhilfe zu schaffen, doch<br />
den eigentlich wirksamen Effekt erzielte<br />
Freddie selbst. Auf fast allen Bildern dieser<br />
Saison ist zu sehen, dass er versucht,<br />
sein Gewicht nach vorn zu verlagern und<br />
weiter über die Front gebeugt im Sattel<br />
sitzt als auf der NSR 500.<br />
Wie bei Viertakt-90-Grad-V-Twins<br />
zahlte es sich auch bei diesem Zweitakt-<br />
V2 aus, die Verdichtung des ersten Zylinders<br />
etwas zu reduzieren, um den Start zu<br />
erleichtern. Die NSR 250 jedenfalls startete<br />
nahezu blitzartig, viel leichter zum Beispiel<br />
als ein Rotax-Reihen-Twin, was sicherlich<br />
die meist entscheidenden, grandiosen<br />
Schiebestarts von Freddie erklärt,<br />
die 1985 noch üblich waren und ihn oft<br />
vom Start weg dem Feld davonfliegen ließen.<br />
Einkuppeln sorgt für einen sanften<br />
Leistungseinsatz ab 7000/min, echte verwertbare<br />
Leistung setzt ab 8000/min ein,<br />
und wie bei der 500er kommt später, hier<br />
bei rund 10 000/min, ein spürbarer Nachbrenner<br />
hinzu, bis zur empfehlenswerten<br />
Schaltdrehzahl von 12 000/min. Man muss<br />
nicht bis zur von Honda als dauerhaft<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 109
SPORT I<br />
Honda NSR 250 – Spencers Weltmeisterbike von 1985<br />
„Die 278 km/h schnelle 250er hätte<br />
sich sogar bei den 500ern regel mäßig<br />
in den Top Ten qualifiziert“<br />
„gesund“ bezeichneten Höchstmarke von<br />
13 000/min drehen, nicht mal bis zu den<br />
im Test erlaubten 12 500/min. Gemessen<br />
am 250er-Standard bietet die NSR viel<br />
Drehmoment, und die sanfte, aber energische<br />
Leistungscharakteristik unterscheidet<br />
sich sehr deutlich von der „Alles-odernichts“-Mentalität<br />
der von mir schon häufig<br />
gefahrenen Rotax-Twins. Hondas mechanisch<br />
gesteuertes ATAC-System, die<br />
variable Auslasssteuerung, zeichnete<br />
haupt sächlich dafür verantwortlich, doch<br />
das vorrangig herrschende Gefühl war jenes,<br />
auf einem Bike mit 500er-Leistung<br />
und 250er-Chassis zu sitzen. Einem ausgewogenen<br />
Motorrad, das Fehler verzeiht<br />
und das ich so hart rannehmen konnte,<br />
wie ich wollte. Kaum verwunderlich also,<br />
dass ich in Suzuka mit der „kleinen“ 250er<br />
bis auf eine Sekunde an meine Rundenzeiten<br />
mit der 500er herankam. Oops..!<br />
Wie bei inzwischen allen modernen<br />
GP-Bikes existierte eine große Auswahl<br />
an Getriebe-Übersetzungen, leicht austauschbar,<br />
indem man die Abdeckung auf<br />
der rechten Seite abschraubte und die<br />
gesamte Einheit herauszog. Ich fand dennoch<br />
die Schaltbarkeit des Getriebes mit<br />
dem renntypischen Schaltschema (erster<br />
Gang oben) nicht ideal. Es fühlte sich ein<br />
wenig hakig an, und mehr als ein Mal<br />
verweigerte es den Wechsel vom Dritten<br />
in den Vierten. Unbestritten fehlte ihm<br />
die Geschmeidigkeit der 500er-Schaltbox.<br />
Häufiges Schalten war bei der 250er stets<br />
ein Thema, um die Drehzahl immer im<br />
optimalen Bereich zu halten, auch wenn<br />
die NSR ein breiteres Drehzahlband bot<br />
als die meisten Konkurrenten. Und alle<br />
Fahrer von RS-Production-Rennern wären<br />
froh gewesen, über verschiedene Getriebe-<br />
Abstufungen verfügen zu können.<br />
Bodenwellen sind der NSR egal<br />
Trotz der größeren Vergaser schob die<br />
NSR 250 ordentlich aus der Suzuka-Schikane<br />
raus, einer der aberwitzig-engsten,<br />
künstlichen Kurven, mit der ich mich je<br />
rumplagen musste. Fast gänzlich ohne<br />
Kupplungseinsatz kam die NSR aus, um<br />
nach dieser Erster-Gang-Kurve wieder<br />
auf Drehzahl zu kommen. Hoch in den<br />
Zweiten, und das kleine Bike absolvierte<br />
die fiese Bodenwelle in der schnellen Kurve,<br />
die zur Boxengassen-Geraden führt,<br />
viel besser als die größere, stärkere und<br />
schwerere 500er, die bei beherzt ausgewrungenem<br />
Gasgriff in ein deutliches Zittern<br />
verfiel. Die 250er bügelte ungerührt<br />
darüber hinweg und ermöglichte es mir,<br />
mich voll auf die Linie zu konzentrieren,<br />
maximal abgetaucht hinter der Verkleidung,<br />
um auf der Geraden auch den letzten<br />
Rest an Geschwindigkeit herauszu-<br />
110 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Die Comstar-Räder<br />
aus Alu (vorn 16,<br />
hinten 17 Zoll)<br />
waren leicht genug<br />
– auf teure Karbonräder<br />
konnte man<br />
bei der 250er<br />
verzichten<br />
Um den Schwerpunkt<br />
möglichst weit<br />
in Richtung Front zu<br />
verlagern, kippte<br />
man den V2 ein<br />
wenig nach vorn<br />
Der kompakte Motor<br />
steckt im knapp<br />
bemessenen Rahmen,<br />
was trotz des<br />
ins gesamt kurz gehaltenen<br />
Radstands<br />
eine relativ lange<br />
Schwinge ermöglicht<br />
pressen. Dies gestaltete sich auf der Honda<br />
sicherlich einfacher als auf jeder anderen<br />
modernen 250er, die ich gefahren bin.<br />
Ein Indiz für die gelungenen Bemühungen<br />
von HRC, eine angenehme Sitzposition<br />
für den Fahrer zu bieten, selbst für<br />
einen (für 250er-Verhältnisse) schlak sigen<br />
Mr. Spencer. Dank der Tatsache, dass<br />
Freddies Gewicht sich nicht deutlich<br />
von meinem unterschied (lange ist es her),<br />
musste ich im Laufe meiner insgesamt<br />
20 Runden auf der kleinen Honda nicht<br />
großartig an der Einstellung der Showa-<br />
Federelemente herumspielen. Vielmehr<br />
fand ich das Setup mehr als angenehm –<br />
Handling und Bremsen waren super.<br />
Ich ertappte mich dabei, mit der 250er<br />
mit vollem Vertrauen in Kurven hineinzustechen,<br />
die ich mit der 500er mit einer<br />
gewissen Beklemmung absolviert hatte.<br />
Um ehrlich zu sein: Ich hatte nie das<br />
Gefühl, die 500er wirklich gebändigt zu<br />
haben. Ganz im Gegensatz zur kleinen<br />
Schwester, und nach einer Handvoll Runden<br />
ließ ich mich dazu hinreißen, mit dieser<br />
handgefertigten, praktisch unbezahlbaren<br />
Renn-Ikone viel schneller in Kurven<br />
hineinzupreschen, als ich mir noch kurz<br />
zuvor zugetraut hätte. Wohlgemerkt, bei<br />
meinem ersten Gastspiel (von vielen, die<br />
folgen sollten) auf dem eigenwilligen Kurs<br />
von Suzuka. Die Bremsen waren super,<br />
mit mächtig Biss und toller Dosierbarkeit,<br />
die es erlaubte, ganz feinfühlig ein wenig<br />
Tempo rauszunehmen, falls ich mal wieder<br />
etwas zu flott in die „Spoon Curve“<br />
eingefahren war. Und obwohl an der<br />
Showa-Gabel das TRAC-Anti-Dive-System<br />
montiert war, per Brems-Hydraulik<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 111
SPORT I<br />
Honda NSR 250 – Spencers Weltmeisterbike von 1985<br />
„Auf dem Podest wurde Champagner<br />
verspritzt, doch ich musste DATEN<br />
noch ein weiteres Rennen fahren“ Honda NSR 250<br />
angesteuert, resultierte dies nicht in jenem<br />
so oft bei ähnlichen Systemen beobachteten<br />
„toten Feedback“, hier war nach wie<br />
vor gute Rückmeldung vom Vorderrad<br />
spürbar. Zudem zeigte die kleine Honda<br />
nicht die so oft beim 16-Zoll-Vorderrad<br />
typischen unangenehmen Effekte wie<br />
Aufstellen und Untersteuern, sondern die<br />
NSR blieb auch bei harten Bremsmanövern<br />
in Schräglage stets auf der Linie wie<br />
hingenagelt. Sollte die Gewichtsverteilung<br />
tatsächlich nicht optimal sein, dann habe<br />
ich es nicht bemerkt. Ich fürchte, ich war<br />
einfach nicht schnell genug, um mich im<br />
entlarvenden Bereich zu bewegen.<br />
Anders als die NSR 500, welche die<br />
Hälfte der Rennen 1985 auf Karbon-Rädern<br />
absolvierte, verwendete man bei der<br />
NSR 250 von Beginn an Comstar-Räder<br />
aus Aluminium. Der Grund dafür war<br />
simpel: Die 250er erfüllte bereits so wie<br />
sie war das vom Weltverband FIM vorgeschriebene<br />
Minimum von 90 Kilo und<br />
musste laut Oguma gar für einen Lauf mit<br />
Ballast versehen werden, um nicht unter<br />
das Gewichtslimit zu rutschen. Dieses<br />
Gewicht wurde durch großzügige Verwendung<br />
von Magnesium erreicht, nicht<br />
nur für das Motorgehäuse, sondern auch<br />
für einige Komponenten der Federelemente,<br />
ergänzt durch Titan-Schnellverschlüsse<br />
an der Karbon-Verkleidung. Wie<br />
auch in der 500er verwendete man bei<br />
der 250er die computergesteuerte OKI-<br />
Zündung, Nikasil-Zylinder und eine dreifach<br />
kugelgelagerte Kurbelwelle. Als speziell<br />
ausgelegte Bauteile sollten die Lager<br />
für extrem geringe innere Reibung sorgen.<br />
Wie auch immer sie es geschafft haben, so<br />
stellt die Produktion der NSR 250, vor<br />
allem nach dem desaströsen Debüt der<br />
erfolglosen ersten RS 250 R 1984, eine<br />
Motor: Quer eingebauter 90-Grad-V2-Zweitaktmotor,<br />
membrangesteuert mit mechanisch<br />
gesteuertem variablem Auslass-System<br />
ATAC, Bohrung x Hub 54 x 54,5 mm, Hubraum<br />
249 cm³, Leistung 78 PS bei 12 000/<br />
min, elektronische CDI-Zündung von OKI, ein<br />
38-mm-Rundschieber-Doppelvergaser<br />
Kraftübertragung: Mehrscheiben-Trockenkupplung,<br />
Sechsganggetriebe, Kettenantrieb<br />
Fahrwerk: Doppelschleifen-Alu-Brückenrahmen,<br />
Pro-Link-Schwinge mit Showa-<br />
Feder bein hinten, 40-mm-Telegabel von<br />
Showa mit TRAC-Anti-Dive-System vorn,<br />
Reifen vorn 12/60-16, hinten 15/61-17,<br />
265-mm-Doppelscheibenbremse mit Nissin-<br />
Vierkolbensätteln vorn, 190-mm-Scheibenbremse<br />
mit Zwei kolbensattel hinten<br />
Maße und Gewichte:Radstand 1345 mm,<br />
Trockengewicht 90 kg<br />
Fahrleistung: gemessene Höchstgeschwindigkeit<br />
278 km/h<br />
112 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> www.motorrad-classic.de
Testfahrt in Suzuka –<br />
schon nach wenigen<br />
Runden verleitete<br />
die großartige NSR<br />
250 den Autor zu<br />
fast übermütiger<br />
Fahrweise<br />
Ein glücklicher Tag<br />
für den Autor: mit<br />
dem HRC-Team hinter<br />
den WM-Siegerbikes<br />
NSR 250 und<br />
NSR 500 in Suzuka<br />
wahrhaft beachtliche Leistung dar. Obwohl<br />
die Leistungsangaben, abhängig von<br />
der Spezifikation, variieren, gestand mir<br />
der HRC-Boss (und spätere Chef der Honda<br />
Motor Company) später, dass man auf<br />
dem Prüfstand sogar über 80 PS gemessen<br />
hatte, allerdings auf Kosten eines inakzeptabel<br />
schmalen nutzbaren Drehzahlbands.<br />
Und vermutlich arbeiteten seine<br />
Ingenieure den ganzen Winter daran, die<br />
wohl ein zige verunsichernde Eigenschaft<br />
eines ansonsten bewundernswerten Motorrads<br />
abzustellen – die Neigung, nach<br />
der langen Zielgeraden nach dem Zurückdrehen<br />
des Gasgriffs nachzulaufen. Diverse<br />
Gedanken schossen mir durch den<br />
Kopf. Bin ich mit dem Handschuh am Gasgriff<br />
hängen geblieben? Hängt gar der<br />
Gasgriff selbst? Ein Abstecher in die Box<br />
zur Überprüfung durch die Mechaniker<br />
erbrachte kein Ergebnis. Dann dämmerte<br />
es mir allmählich: Dies war Freddies Bike,<br />
richtig? Und wie fuhr Mr. Spencer? Hart!<br />
Er bog in die Kurve mit einem in der Luft<br />
tänzelnden Hinterrad und sich windenden<br />
Vorderrad ein, sortierte beide wieder<br />
in ihre ordentliche Position und gab der<br />
Kiste die Sporen, sobald er auch nur eingelenkt<br />
hatte. Dies war die Art und Weise,<br />
wie die NSR 250 gefahren werden wollte<br />
– hart, immer heftig am Gas.<br />
Nicht jeder ist Fast Freddie<br />
Doch nicht alle Fahrer sind Fast Freddie,<br />
und selbst eine gute Handvoll anderer<br />
glück licher Fahrer, die die weiterentwickelte<br />
Versionen dieses Bikes 1986 fuhren,<br />
pflegten nicht den erforderlichen Fahrstil.<br />
Zudem kann es keinen Spaß machen, ein<br />
Bike mit dieser Unart im Regen zu fahren,<br />
wo ständige Wechsel zwischen Gas-auf<br />
und Gas-zu erfolgen. Wohl kein Zufall,<br />
dass die beiden schlechtesten Ergebnisse<br />
von Freddie im Regen erzielt wurden?<br />
Für 1986 erkannte HRC ganz klar, dass<br />
die ausgewählten sechs Fahrer ein Bike<br />
erwarten konnten, dass zu 90 Prozent<br />
identisch mit dem Siegerbike von 1985<br />
war, doch mit geänderter Leistungscharakteristik,<br />
sprich, mehr Power bei hohen<br />
Drehzahlen. Es gab keinen Grund mehr,<br />
die Charakteristik des Motors so nah wie<br />
möglich an den 500er anzulehnen. Vermutlich<br />
ermunterte dies zu den neu<br />
gestalteten Einlässen und verbessertem<br />
Auspuff. „Wenn diese Modifikationen die<br />
Leistung auf über 80 PS hieven, läuft mir<br />
ein Schauer über den Rücken, angesichts<br />
der Geschwindigkeiten, zu denen die<br />
1986er-NSR 250 dann fähig sein wird.<br />
Auch wenn dies notwendig sein wird, um<br />
sich die neuen V-Twin-Yamahas vom Leib<br />
zu halten“, schrieb ich beinahe prophe-<br />
tisch nach der Testfahrt in Suzuka. „Sieht<br />
nach einer spannenden 250er-Saison aus,<br />
doch ich habe das Gefühl, Toni Mang wird<br />
Weltmeister werden.“<br />
Doch es kam anders – Yamaha war zu<br />
gut für die neue Evo-NSR 250 ohne Fast<br />
Freddie im Sattel, und Carlos Lavado sorgte<br />
dafür, dass Toni Mang noch ein Jahr auf<br />
seinen ersten Weltmeistertitel auf der<br />
Honda warten musste. Doch zwei Jahre<br />
zuvor, 1985, hatte Freddie Spencer in einer<br />
dominanten Saison den ersten Zweitakt-<br />
250er-Weltmeistertitel für Honda erobert,<br />
der dem US-Boy zusammen mit dem<br />
Gewinn der 500er-Krone einen noch<br />
heute kaum hoch genug zu würdigenden<br />
Doppelsieg in der WM bescherte – eine<br />
nach wie vor einzigartige Leistung. Kein<br />
Wunder, dass Freddie noch heute darauf<br />
besteht, diese 250er sei das beste Rennmotorrad,<br />
das er je bewegt habe. ◻<br />
www.motorrad-classic.de<br />
<strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 6/<strong>2015</strong> 113
VORSCHAU I<br />
Ausgabe 7/8/<strong>2015</strong> erscheint am 12. Juni <strong>2015</strong><br />
IMPRESSUM<br />
Foto: Liedtke<br />
ANDERE<br />
LÄNDER...<br />
Unter Batavus verbucht<br />
der Germane<br />
haltbare Hollandräder.<br />
Unter Starflite<br />
solide Mopeds und<br />
Kleinkrafträder.<br />
Wietze Jonker<br />
und sein Freund<br />
Jappie de Vries<br />
er klären, wie beides<br />
zu sammenhängt<br />
Liegen prima<br />
Aus mancherlei Gründen stehen Zylinder<br />
meistens. Die einen mehr, die anderen<br />
weniger. Doch der Vergleich einer Moto<br />
Guzzi Falcone mit der Aermacchi 350 SS<br />
sowie einer 250er-Motobi fördert überzeugende<br />
Argumente für die liegende<br />
Anordnung zutage<br />
AU BACKE!<br />
Leser Kay Liedtke<br />
konnte an dieser<br />
Kawasaki H2 mit<br />
„leichter Patina“<br />
nicht vorbeigehen.<br />
Voller Optimismus<br />
hat er die Restaurierung<br />
in Angriff<br />
genommen. Wir<br />
verraten, ob die<br />
Wiederbelebung<br />
gelungen ist<br />
Foto: Krieger<br />
Foto: Siemer<br />
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