Erstausgabe Csernilive Architektur/Raum/Kunst Martin Cserni, Oktober
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live 01 / 2012<br />
ChECk-in 3<br />
airPOrt Vienna<br />
OBJeKtmöBLierUng<br />
Der Wunsch zu fliegen, einst Privileg der<br />
Götter, ist gerade mal einen entwicklungsgeschichtlichen<br />
Wimpernschlag lang Wirklichkeit<br />
geworden. In der Renaissance<br />
beschäftigte sich Leonardo da Vinci mit<br />
möglichen Formen des Fliegens und entwarf<br />
verschiedene Fluggeräte, die aber noch nicht<br />
flugtauglich waren. Erst im letzten Jahrhundert<br />
gelang der Durchbruch und der Mensch<br />
hat den Himmel erobert. Durch diese Art<br />
der Fortbewegung ist unsere Welt zusammengeschrumpft<br />
und das Verständnis von<br />
<strong>Raum</strong> und Zeit hat sich drastisch verändert.<br />
Das Flugwesen von heute, dessen einstige<br />
Leidenschaft den nüchternen Gesetzmäßigkeiten<br />
eines alltäglichen Massenbetriebes<br />
gewichen ist, fordert die Schlichtheit sowie<br />
die funktionelle Anmut eines noch nie dagewesenen<br />
just-in-time Präzisionsgeschäftes.<br />
Die Bedeutung von Flughäfen als Verkehrsknotenpunkte<br />
sind für die Wirtschaftszentren<br />
in der urbanisierten Welt zentral geworden<br />
und sie sind für deren Entwicklungspotential<br />
ein wesentliches Kriterium.<br />
Wie Paul Virilio es beschreibt, sind Flughäfen<br />
und Riesenbahnhöfe heute die neuen<br />
Knotenpunkte unserer Zivilisation und sie<br />
sind – als topografisch nicht verortbare Orte<br />
– Manifestationen unseres neuen Nomadismus<br />
geworden. Flughäfen der Gegenwart<br />
VIE Lounge, Foto: © Wolfgang Thaler<br />
gelten als transitorische Schnittstellen der<br />
globalisierten Welt.<br />
Österreichweit sind die Passagierzahlen von<br />
2000 bis 2010 um 60 Prozent gestiegen. Der<br />
österreichische Luftfahrtsektor erwirtschaftet<br />
mit 70.000 direkt und indirekt Beschäftigten<br />
vier Milliarden Euro Wertschöpfung pro Jahr.<br />
flughafen Wien<br />
Mit seinem Standort im Zentrum Europas hat<br />
sich der Flughafen Wien zu einer wichtigen<br />
Drehscheibe nach Osteuropa und in den<br />
nahen und mittleren Osten entwickelt. Zur<br />
Deckung des stetig steigenden Passagieraufkommens<br />
und zur Sicherung des internationalen<br />
Qualitäts- und Sicherheitsniveaus<br />
hat der Airport Wien seine Terminalflächen<br />
erweitert.<br />
Architektonisch zeichnet sich für das Projekt<br />
VIENNA Skylink – Check-in 3 die <strong>Architektur</strong>gemeinschaft<br />
Itten-Brechbüchl / Baumschlager-Eberle<br />
verantwortlich. Nach 6-jähriger<br />
Bauzeit ist nun der Check-in 3 fertig gestellt<br />
worden.<br />
Projektbeschreibung<br />
CSERNI hat für den gesamten Bereich den<br />
Auftrag für die Sondermöblierung des öffentlichen<br />
Flughafenbetriebes erhalten. Dieser<br />
beinhaltet sämtliche Check-In Bereiche (Inseln),<br />
Ticket-Sale-Bereiche (Inseln), Lost &<br />
Found-Schalter, Infobereiche, Bankschalter,<br />
Limousinenschalter, Passkontrollschalter,<br />
Zollbereiche und Visitiertische sowie die<br />
Ankunftsbereiche, Facility-Raucherlounges,<br />
Gatebereiche, Transfercounter und vieles<br />
mehr. Darüber hinaus erhielt CSERNI den<br />
Auftrag für den kompletten Innenausbau<br />
der VIE Lounges und die Ausstattung des<br />
Cafe Demel Shops. Für die Fertigstellung des<br />
Bauvorhabens erhielt CSERNI noch einen<br />
Rahmenauftrag für die Baumeisterarbeiten.<br />
In hochwertiger Qualität wurden teilweise<br />
in Echtholzfurnier und<br />
Vollholz nach Vorgaben<br />
internationaler Sicherheitsstandards<br />
alle Möblierungen<br />
nach Maß<br />
angefertigt. Für die<br />
verschiedenen Counter<br />
wurden Objektmöbel<br />
aus Rüster kombiniert<br />
mit Edelstahl und Lack<br />
angefertigt. Besonders<br />
hervorzuheben ist in<br />
allen umgesetzten Bereichen<br />
die gelungene<br />
Synthese zwischen modernem<br />
Design und präziser,<br />
materialgerechter<br />
Ausführung vor allem im<br />
Bereich Holz.<br />
Damit wird eine Brücke geschlagen zwischen<br />
traditionellem Tischlerhandwerk und zeitgemäßer<br />
Formensprache. In den VIE Lounges<br />
wurde zusätzlich zur Möblierung der gesamte<br />
Innenausbau mit Böden, Wänden, Decken<br />
sowie der Sanitäranlagen realisiert. Hier wird<br />
die Kompetenz von CSERNI im Bereich Innenarchitektur<br />
spürbar und sichtbar.<br />
Mit Andreas Valda als Projektleiter und<br />
Gerhard Lamprecht als Montageleiter vor Ort<br />
wurde eines der größten Projekte im Bereich<br />
Möblierung in der Unternehmensgeschichte<br />
von CSERNI erfolgreich realisiert.<br />
interview mit Dietmar eberle<br />
Thomas Redl: Was war die Intention des architektonischen<br />
entwurfs beim Checkin 3 Vienna?<br />
dietmar eberle: Großzügigkeit, Überschaubarkeit und<br />
leichte orientierung.<br />
TR: Was war das logistische Konzept des Checkin 3?<br />
de: das logistische Konzept des Checkin 3 wurde in den<br />
letzten 8 Jahren mindestens 5 mal geändert aufgrund der<br />
sich ändernden Rahmenbedingungen und sicherheitsbestimmungen<br />
die Flughäfen betreffend. es gibt ständig<br />
neue herausforderungen und das führt zu anderen logistikprozessen<br />
am Flughafen.<br />
TR: Flughäfen sind heute eigene kleine stadtstrukturen<br />
am Rande der Großstädte. Paul Virilio behauptet, dass die<br />
neuen Zentren unserer städte die Transitplätze sind – also<br />
Flughäfen und Großbahnhöfe.<br />
de: Grundsätzlich stimmt das, aber ich kenne keine einzige<br />
stadt, wo die Transitplätze wirklich zum Zentrum geworden<br />
sind, sondern es sind nur hochfrequentierte Plätze<br />
und Frequenz bedeutet nicht unbedingt Zentrum. das<br />
mit den Zentren muss man unterscheiden: ein Zentrum<br />
ist etwas, was Bedeutung trägt, was aufenthalt generiert,<br />
was attraktivität generiert. Ich glaube es gibt niemand,<br />
der nach Paris fliegt, um sich den Flughafen Charles de<br />
Gaulle anzuschauen. der Flughafen ist ein hochfrequentierter<br />
ort, aber eigentlich nur ein Übergangsort. Virilio<br />
geht wahrscheinlich von anderen Begriffen des Zentrums<br />
aus – wenn ich ein Zentrum ausschließlich anhand der<br />
Frequenz bemesse, stimmt seine Behauptung, aber das ist<br />
keine seriöse definition von Zentrum. Frequenz und Zentrum<br />
sind zwei unterschiedliche Begrifflichkeiten.<br />
TR: Flughäfen sind heute die höchstfrequentierten Plätze.<br />
Wie wirkt sich das auf die Topografie dieser orte aus?<br />
de: man versucht, auf den Flughäfen strukturen zu<br />
schaffen, die die großen Zahlen der Frequenz bewältigen,<br />
und weiters versucht man, für die aus den abwicklungen<br />
stammenden Warte und stehzeiten ein entsprechendes<br />
angebot zu generieren. das Bedürfnis nach mobilität<br />
steigt ständig und somit wird der Flugverkehr noch weiter<br />
zunehmen und die damit einhergehenden herausforderungen.<br />
airport<br />
Vienna Auftraggeber:<br />
Flughafen Wien Aktiengesellschaft<br />
Architekt: Baumschlager Eberle<br />
Möbeldesign: Gregor Eichinger<br />
Bereich: Möblierung der<br />
Terminalerweiterung Nord-Ost<br />
Ort/Jahr: Wien-Schwechat,<br />
2008 – 2012<br />
12 13<br />
live 01 / 2012