Der Stichel Nr. 112 vom Frühjahr 2012 als - Bündnis 90/Die Grünen ...
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Aus aller Welt<br />
USA: Das Ende der<br />
Vorwahlen<br />
Mitt Romney (Quelle:Internet)<br />
<strong>Die</strong> Vorwahlen der Republikaner sind<br />
eigentlich entschieden. Mitt Romney<br />
wird im Herbst gegen Präsident Obama<br />
antreten, auch wenn Romneys<br />
verbliebene Konkurrenten Rick Santorum,<br />
Newt Gingrich und Ron Paul, ihr<br />
Ausscheiden aus dem Rennen um die<br />
Präsidentschaftskandidatur möglichst<br />
lange hinaus zögern werden.<br />
Romney hat trotz Niederlagen bei einigen<br />
Vorwahlen auch weiterhin alle<br />
wesentlichen Trümpfe in seiner Hand.<br />
Er hat das mit Abstand größte Wahlkampfbudget<br />
aller Kandidaten, die<br />
Unterstützung von einer großen Mehrheit<br />
der Parteigranden der Republikaner,<br />
er hat die meisten der bisherigen<br />
Vorwahlen für sich entschieden und<br />
die Erzkonservativen nehmen sich, wie<br />
schon bei den Vorwahlen 2008, gegenseitig<br />
die Stimmen weg. Außerdem hat<br />
Romney zwei weitere entscheidende<br />
Vorteile. <strong>Die</strong> republikanischen Wähler<br />
trauen nur ihm zu, Obama zu schlagen.<br />
Des Weiteren wird ihm <strong>als</strong> erfolgreicher<br />
Manager einer Investment-firma zugetraut,<br />
die schwächelnde US-Wirtschaft<br />
wieder anzukurbeln.<br />
<strong>Der</strong> baldige Abschied von Romneys<br />
Konkurrenten aus dem Rampenlicht<br />
ist jedoch höchst unwahrscheinlich.<br />
Denn ein Gerichtsurteil aus dem Jahr<br />
2010 ermöglicht es Kandidatinnen<br />
und Kandidaten, im Gegensatz zu vorher,<br />
finanzielle Unterstützung in unbegrenzter<br />
Höhe von einzelnen Personen<br />
oder Unternehmen zu erhalten. <strong>Die</strong>ser<br />
Umstand ermöglicht es den erzkonservativen<br />
Kandidaten Santorum und<br />
Gingrich, im Rennen zu bleiben, obwohl<br />
sie keine Chance auf den Sieg<br />
haben. Mit dieser Strategie versuchen<br />
sie, Romney dazu zu zwingen, sich vor<br />
der Wahl gegen Obama, noch weiter<br />
rechts zu positionieren <strong>als</strong> bisher.<br />
Santorum hat noch einen weiteren<br />
Grund, seine Kandidatur vorerst nicht<br />
zurückzuziehen, denn er wird auch<br />
in Zukunft noch einige Vorwahlen<br />
für sich entscheiden. Allerdings kann<br />
er nur Bundesstaaten im Süden und<br />
im mittleren Westen gewinnen, <strong>als</strong>o<br />
diejenigen Staaten, in denen besonders<br />
konservative WählerInnen eine<br />
Mehrheit stellen. In den parteiinternen<br />
Vorwahlen ist jedoch nicht die Anzahl<br />
der gewonnenen Bundesstaaten ausschlaggebend,<br />
sondern die Zahl der<br />
dadurch für sich gewonnen Delegierten.<br />
<strong>Die</strong> Anzahl der Delegierten in einem<br />
Bundesstaat richtet sich nach der<br />
Höhe der Bevölkerung. <strong>Die</strong> Stimmen<br />
der Delegierten werden dann (mit<br />
wenigen Ausnahmen) proportional zu<br />
dem Wahlergebnis vergeben. Während<br />
Romney sich ein sattes Polster von<br />
Delegierten in bevölkerungsreichen<br />
Staaten wie Kalifornien, New York und<br />
Florida zulegen konnte, bringen Santorums<br />
Siege in bevölkerungsarmen<br />
Staaten wie Oklahoma, North Dakota<br />
oder Nebraska nur sehr wenige Delegierte.<br />
Auf ein Wunder zu hoffen, ist wohl die<br />
einzig verbliebene Hoffnung von Rick<br />
Santorum. Sollte dieses Wunder nicht<br />
geschehen, wird Romney der republikanische<br />
Präsidentschaftskandidat und<br />
tritt im November gegen Obama an.<br />
Frederic Carpenter<br />
arbeitete im Wahlkampf von<br />
Barak Obama 2008 in Pennsylvania<br />
<strong>Die</strong> Zukunft der EU<br />
Von der Krise zur Perspektive<br />
<strong>Die</strong>ses Fazit zog Renate Künast nach<br />
dem „<strong>Grünen</strong> Konvent zur Zukunft der<br />
Europäischen Union“. Mit fast 300 Gästen<br />
diskutierten die grüne Bundestagsfraktion<br />
und die deutschen grünen Abgeordneten<br />
im Europäischen Parlament<br />
über zentrale Zukunftsfragen der EU:<br />
Foto<br />
– Wie müssen die EU-Verträge geändert<br />
werden, damit die Europäische<br />
Union handlungsfähiger wird?<br />
– Welche Kompetenzen müssen die<br />
Mitgliedsstaaten abgeben, damit eine<br />
stabile Wirtschafts- und Solidarunion<br />
entsteht? €<br />
– Welche Reformen braucht die EU, damit<br />
sie demokratischer und transparenter<br />
wird? €<br />
– Was bedeutet „mehr Europa“ für das<br />
Selbstverständnis der Nation<strong>als</strong>taaten?<br />
– Welche Rolle spielen die Europäischen<br />
Institutionen und nationalen Parlamente<br />
in diesem Prozess?<br />
– Wie wird aus der EU der Motor für ein<br />
soziales Europa?<br />
<strong>Die</strong>se in der „<strong>Grünen</strong> Erklärung zur<br />
Zukunft der Europäischen Union“ ge-<br />
stellten Fragen wurden beim <strong>Grünen</strong><br />
Konvent Ende Februar im Bundestag<br />
diskutiert. <strong>Die</strong> nordisch unterhaltsame<br />
Eröffnungsrede hielt Pekka Haavisto,<br />
Grüner finnischer Präsidentschaftskandidat:<br />
Für ihn ist Europa „das globale<br />
Modell für postnationale Strukturen.“<br />
Aber „Europa darf nicht wie ein alter<br />
Mann auftreten, der bei Tisch nur von<br />
seinen Krankheiten spricht, statt von<br />
seiner Hilfe“. In den Dialogforen wurde<br />
mit hochrangigen Fachleuten über<br />
Wirtschaft, Haushalte und Steuern, Finanzen,<br />
Soziales und Demokratie diskutiert.<br />
Laut Michaele Schreyer, Mitglied<br />
der EU-Kommission a.D. sagt: „Alle<br />
notwendigen Schritte für die Lösung<br />
der aktuellen Krise könnten innerhalb<br />
der bestehenden Verträge gegangen<br />
werden“.<br />
Moritz Kraemer, Standard and Poors,<br />
beschreibt die Finanzkrise in Europa <strong>als</strong><br />
eine „Krise der Ungleichgewichte“, einen<br />
Geburtsfehler der Eurozone. Henrik<br />
Enderlein, Hertie School of Governance,<br />
sieht in der Steuerharmonisierung die<br />
Voraussetzung für die Vollendung des<br />
Euro. „<strong>Die</strong> EZB macht die richtige Geld-<br />
politik für ein Land, das es gar nicht<br />
gibt“ und „<strong>Die</strong> Ratingagenturen sind<br />
überbewertet.“<br />
<strong>Die</strong> Zukunft der EU darf kein Spezialthema<br />
für Eliten oder Hinterzimmer sein,<br />
sondern geht uns alle an. <strong>Der</strong> Vertrag<br />
von Lissabon hat ihr nicht genügend Instrumente<br />
an die Hand gegeben, um in<br />
der Finanz- und Wirtschaftspolitik einheitlich<br />
genug aufzutreten. <strong>Die</strong>s müssen<br />
wir dringend ändern. <strong>Die</strong> EU braucht<br />
wirksamere Instrumente, um die Krise<br />
und ihre Ursachen bekämpfen zu können.<br />
Ein thematisch eingegrenzter EU-<br />
Konvent zur Vertragsveränderung unter<br />
intensiver Beteiligung der europäischen<br />
Zivilgesellschaft muss die Zukunft der<br />
EU aus den Regierungshinterzimmern<br />
herausholen. Das Verfassungsgerichtsurteil<br />
zum „Geheimgremiun Rettungschirm“<br />
ist ein deutliches Signal an<br />
Schwarz-Gelb, die europäische Integration<br />
nicht mehr <strong>als</strong> Regierungseuropa<br />
ohne demokratische Legitimation zu<br />
betreiben. „Europa ist am Scheideweg:<br />
Entweder wir integrieren uns besser<br />
oder werden immer weiter auseinanderdriften.“,<br />
sagte dazu Radoslaw Sikorsky,<br />
polnischer Außenminister.<br />
Mehr unter:<br />
gruenes-blog.de/zukunftdereu<br />
oder<br />
http://tinyurl.com/eu-gruen<br />
Heinz Jirout<br />
<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />
EU-Konvent der <strong>Grünen</strong> im Bundestag (Foto: Melanie Ziggel)