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Der Stichel Nr. 112 vom Frühjahr 2012 als - Bündnis 90/Die Grünen ...

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Stadtteilzeitung für Tempelhof-Schöneberg <strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong> | <strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong><br />

++ Neuer Fraktionsvorstand, S.2 +++ Neuer Nollendorfplatz, S.3 +++ Senator a. D. Braun, S.4 +++ Joachim Gauck, S.6 ++<br />

Schwere Rot-Rote Hypothek<br />

10 Jahre f<strong>als</strong>che Wohnungspolitik<br />

Berlin wird immer attraktiver, das Wohnen<br />

immer teurer. Wer heute innerhalb<br />

eines Innenstadtkiezes umziehen will,<br />

hat es oft schwer, überhaupt eine neue<br />

Bleibe zu finden. Besonders, wenn der<br />

eigene Geldbeutel schmal ist. Das sind<br />

Symptome eines enger werdenden Wohnungsmarktes.<br />

Dabei sind drei Entwicklungen<br />

besonders problematisch. <strong>Die</strong><br />

steigenden Mieten erschweren die Akzeptanz<br />

energetischer Modernisierung,<br />

die für den Klimaschutz und die Begrenzung<br />

der Betriebskosten so wichtig ist.<br />

Trotz Mieterhöhung wird meist gar nicht<br />

auf Energiesparmodus saniert. Hier hat<br />

der alte Senat aus SPD und Linken für<br />

den Klimaschutz zu wenig getan. Und<br />

auch Rot-Schwarz ist nicht gerade ambitioniert.<br />

Das zweite Problem besteht<br />

in der zunehmenden Segregation, der<br />

Ansammlung von ärmeren und reicheren<br />

Schichten in jeweils abgegrenzten<br />

Wohngebieten. Hier die teuren Szenekieze,<br />

da die unattraktiveren Lagen,<br />

vor allem in den Großsiedlungen. Und<br />

die dritte Schwierigkeit besteht darin,<br />

dass Menschen mit wenig Geld oft gar<br />

keinen Wohnraum finden, der ihrer Familiengröße<br />

entspricht. So etwa, wenn<br />

ALG II-BezieherInnen ihre Wohnkosten<br />

senken sollen, aber gar keine billigere<br />

Wohnung finden können.<br />

Entwicklung war vorhersehbar<br />

Seit Jahren diskutieren wir im Abgeord-<br />

Alfred Liou Steig am Südkreuz (Foto: privat)<br />

Wohnumfeldverbesserung<br />

lockt Investoren<br />

<strong>Die</strong> Infrastruktur um das Gebiet Südkreuz/Schöneberger<br />

Insel ist durch den<br />

Bahnhofsneubau aufgewertet und ins<br />

Förderprogramm „Stadtumbau West“<br />

gewählt worden (wie u.a. „Media-<br />

Spree“ in Kreuzberg oder Heidestraße<br />

am Hauptbahnhof). <strong>Die</strong>ses Programm<br />

wird von Senat, Bauministerium und<br />

der EU finanziert.<br />

Was für Media-Spree der Grünzug am<br />

Wasser, ist für das Südkreuz-Projekt die<br />

netenhaus darüber, dass wohnungspolitisch<br />

mehr getan werden muss. Doch<br />

für die SPD war der Wohnungsmarkt<br />

entspannt, Wohnungspolitik nur auf<br />

Sparflamme nötig. 2004 hat Rot-Rot sogar<br />

die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft<br />

GSW verkauft und später an<br />

die Börse gebracht. Jahre zuvor hatte<br />

die große Koalition bereits die GEHAG<br />

verkauft. Daher sind die verbliebenen<br />

kommunalen Wohnungen in Berlin heute<br />

besonders auf Großsiedlungen konzentriert.<br />

Eine soziale Mischung zu gewährleisten,<br />

ist so deutlich erschwert.<br />

Was tun?<br />

<strong>Die</strong> Hauptaufgaben liegen im Bestand.<br />

Wir wollen, dass in den aufgewerteten<br />

Gebieten auch Menschen mit wenig<br />

Geld wohnen bleiben können. Und wir<br />

wollen, dass Menschen mit mittleren<br />

Einkommen auch in Gebiete ziehen, die<br />

heute <strong>als</strong> nicht so attraktiv gelten. <strong>Die</strong><br />

neue Senatskoalition möchte viele neue<br />

Wohnungen bauen und damit alle Probleme<br />

lösen. Das hilft zwar kurzfristig<br />

der Mittelschicht, aber nicht Leuten,<br />

die teure Neubaumieten nicht bezahlen<br />

können. Wohnungspolitik muss langfristig<br />

denken und handeln.<br />

<strong>Bündnis</strong>grüne Initiative<br />

Für Menschen mit wenig Geld müssen<br />

die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften<br />

vorrangig Wohnraum be-<br />

„Schleife“. <strong>Die</strong>ses grüne Band durchzieht<br />

die Insel und ist Verbindungsglied<br />

zu allen umliegenden Parks. Für SpaziergängerInnen<br />

und RadfahrerInnen werden<br />

Rampen und Wege gebaut, Grünflächen<br />

erweitert (Leuthener Platz) und<br />

eine neue Brücke errichtet – zusammen<br />

mit der Kulturkaserne Papestraße <strong>als</strong><br />

ein weiteres der insgesamt sechs Teilstücke<br />

eine deutliche Wohnumfeldverbesserung.<br />

<strong>Die</strong>se und die EU-Finanzierung<br />

lockt private Investoren, verbliebene<br />

reitstellen. Ihren Bestand wollen wir erweitern.<br />

Sozialwohnungen von Privaten,<br />

die keine Anschlussförderung erhalten<br />

haben und insolvent sind, wollen wir<br />

dazu ankaufen. Das lohnt sich nicht<br />

nur wohnungs-, sondern auch haushaltspolitisch.<br />

Aber auch dem Anstieg<br />

des Mietniveaus insgesamt wollen wir<br />

entgegenwirken. Laut aktuellem Wohnungsmarktbericht<br />

der Investitionsbank<br />

Berlin sind die Angebotsmieten in Berlin<br />

2010 um 8,4 % und 2011 um 5,1 % gestiegen.<br />

Motor für die Mietsteigerungen<br />

sind Neuvermietungen. Wir wollen das<br />

Mietrecht ändern und bei Neuverträgen<br />

eine Begrenzung einführen. <strong>Die</strong><br />

dreijährlich mögliche Mieterhöhung um<br />

bis zu 20 % der Miete wie auch die Modernisierungsumlage<br />

müssen dringend<br />

abgesenkt werden. All das wollen wir<br />

im Bundestag ab 2013 erreichen. Auf<br />

der Berliner Ebene wollen wir gegen<br />

Zweckentfremdung von preisgünstigem<br />

Wohnraum vorgehen. Ein Berliner Klimaschutzgesetz<br />

soll mit Fördermitteln<br />

zur Wärmedämmung und einem Klimawohngeld<br />

gerade solche Haushalte<br />

mit geringem Einkommen entlasten, die<br />

sonst die höchsten Energiekosten bezahlen<br />

müssten.<br />

Andreas Otto, MdA<br />

Bau- und wohnungspolitischer<br />

Sprecher im Abgeordnetenhaus<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

Südkreuz entwickeln<br />

www.<br />

Pallasseum mit Blick <strong>vom</strong> Kleistpark - bald unbezahlbar?<br />

(Foto: © Manfred Brückels / Wikipedia Creative Commons)<br />

100 Tage<br />

Rot-Schwarz<br />

Sibyll Klotz sichert Bürgerbeteiligung Viel zu feiern gab es für Klaus Wowe-<br />

Baulücken und Brachflächen zu bebauen:<br />

Im Gasometer-Gelände schon<br />

seit längerem; am „Flaschenh<strong>als</strong>“ ist<br />

Baubeginn (s. Seite 5 ). Das bisher abseits<br />

gelegene Gewerbegebiet Naumannstraße<br />

wurde bereits durch die<br />

Wilhelm-Kabus-Straße aufgewertet.<br />

Ein fragwürdiges Teilstück ist die „Schöneberger<br />

Linse“ am Tempelhofer Weg,<br />

wo ein komplettes Neubauviertel mit<br />

Wohnungen, Hotels, Läden und Gewerbe<br />

errichtet werden soll.<br />

<strong>Die</strong> Nähe zum Bahnhof bietet die Chance,<br />

diese Gegend tatsächlich in ein lebendiges<br />

neues Zentrum zu verwandeln.<br />

<strong>Der</strong> Bezirk ist hier in der Verantwortung,<br />

dafür zu sorgen, dass dieses Gebiet den<br />

Anschluss an die Umgebung (Insel-Kiez/<br />

Dominicusstraße) schafft und nicht zum<br />

Fremdkörper wird.<br />

Sibyll Klotz <strong>als</strong> jetzt zuständige grüne<br />

Stadträtin wird hier noch viel Überzeugungsarbeit<br />

zu leisten haben. <strong>Die</strong> Fraktion<br />

von <strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong> wird<br />

sie hierbei tatkräftig unterstützen.<br />

Jens Blumenthal<br />

<strong>Nr</strong>. 212<br />

Senat der Selbstgenügsamkeit<br />

reit und seinen rot-schwarzen Senat<br />

nach 100 Tagen im Amt wahrlich nicht.<br />

Wieder fehlten Klaus Wowereit mehrere<br />

Stimmen bei der Wahl zum Regierenden<br />

Bürgermeister. Noch vor der Regierungserklärung<br />

musste Justizsenator<br />

Braun wegen der Schrottimmobilien-<br />

Affäre zurücktreten. Frustriert verlassen<br />

andere das rot-schwarze Schiff. So wie<br />

der langjährige Integrationsbeauftragte<br />

Günter Piening, er sei eben „kein Typ<br />

für rot-schwarz“. Integrationspolitik<br />

darf nicht im rot-schwarzen Streit untergehen.<br />

Berlin braucht eine gute Integrationspolitik<br />

und keine ideologischen<br />

Debatten von vorgestern.<br />

Nach 100 Tagen weiß unsere Stadt nicht,<br />

wohin die Reise mit Rot-Schwarz geht.<br />

Dabei bräuchte Berlin eine beherzte<br />

und zupackende Regierung, Aufgaben<br />

gibt es genug.<br />

Seit Jahren steigen die Mieten und der<br />

Wohnraum wird knapper, doch auch dieser<br />

Senat schaut tatenlos zu. Wir sagen:<br />

Jeder muss sich das Leben und Wohnen<br />

in unserer Stadt leisten können. Was ist<br />

zu tun? Wir brauchen gesetzliche Rege-<br />

lungen, um die massenhafte Zweckentfremdung<br />

von Wohnungen in den Griff<br />

zu bekommen. Um Neubau zu fördern,<br />

müssen Grundstücke verbilligt verkauft<br />

werden. Dringend notwendig ist eine<br />

Neuregelung der Wohnkosten für ALG<br />

II-BezieherInnen, um eine weitere soziale<br />

Entmischung zu verhindern.<br />

Auch das selbstgewählte Motto der<br />

„Koalition der Infrastruktur“ entpuppt<br />

sich bei näherem Hinsehen <strong>als</strong> Etikettenschwindel.<br />

Zukunftsinvestitionen<br />

sind Fehlanzeige. Wo bleiben die Investitionen<br />

in die Energiewende und energetische<br />

Sanierung für mehr Klimaschutz<br />

und zur Schaffung von Arbeitsplätzen?<br />

Wo bleibt die Verdopplung der Schulsanierung?<br />

Wo bleiben die Investitionen in<br />

Wissenschaft und Forschung bei Charité<br />

und dem Benjamin-Franklin?<br />

Nach 100 Tagen ist die rot-schwarze<br />

Schonzeit vorbei. Schluss mit der Selbstgenügsamkeit<br />

und ran die Arbeit.<br />

Ramona Pop<br />

Vorsitzende der Fraktion<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne im Berliner<br />

Abgeordnetenhaus


2<br />

Grüne im Rathaus<br />

<strong>Der</strong> neue Fraktionsvorstand<br />

Aferdita Suka verstärkt das Team<br />

<strong>Die</strong> 15köpfige Fraktion hat Jörn Oltmann<br />

im Amt <strong>als</strong> Fraktionsvorsitzenden<br />

bestätigt und vier weitere Fraktionsmitglieder<br />

in ihren Vorstand gewählt, den<br />

wir Ihnen heute vorstellen möchten:<br />

Jörn Oltmann (45)<br />

<strong>Der</strong> Betriebswirt und Sozialökonom<br />

setzt sich für stabile Bezirksfinanzen,<br />

nachhaltige Wohnungspolitik und intensive<br />

Bürgerbeteiligung bei großen<br />

Bauvorhaben ein. Sein Credo: mit den<br />

Bürger/innen neue Konzepte möglich<br />

machen. Seine Ausschüsse: Hauptausschuss;<br />

Stadtentwicklungsausschuss;<br />

Facility Management (Vorsitz); Geschäftsordnung.<br />

212<br />

<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong><br />

seit 1984<br />

Editorial<br />

Nachdem wir Sie in unserer vorigen<br />

Ausgabe kompakt über die<br />

neue rot-grüne Zählgemeinschaft<br />

im Bezirk informiert haben, bieten<br />

wir Ihnen nun wieder einen<br />

gewohnten Mix aus Informationen<br />

sowohl aus dem Bezirk, Berlin<br />

und darüber hinaus.<br />

Das Thema Mieten steht in der<br />

politischen Agenda der Mieterstadt<br />

Berlin ganz oben, auch wir<br />

widmen uns dem Thema im Leitartikel<br />

und auf Seite 3.<br />

Ein wichtiges Thema, gerade für<br />

die Menschen in Tempelhof, ist<br />

die weitere Entwicklung auf dem<br />

Tempelhofer Feld. Hierzu finden<br />

Sie die neusten Informationen auf<br />

der Seite 5.<br />

Aber auch in anderen Teilen unseres<br />

Bezirkes gibt es Veränderungen<br />

oder Pläne dafür. Dazu mehr<br />

auf Seite 3 ein Bericht über den<br />

Nollendorfplatz oder auf Seite 6<br />

zum Rathaus Friedenau.<br />

Über den Tellerrand Berlins schauen<br />

wir auf Seite 6 auf den neuen<br />

Bundespräsidenten und auf die<br />

spannende Frage nach dem Herausforderer<br />

von Präsident Obama<br />

im November auf der Seite 8.<br />

Viel Spaß beim Lesen dieses bunten<br />

Straußes an Infos wünscht Ihnen<br />

für die <strong>Stichel</strong> Redaktion<br />

Christian Sandau<br />

www.derstichel.de<br />

Liebe<br />

Leserinnen<br />

und Leser!<br />

www. derstichel.de<br />

Martina Zander-Rade (43)<br />

<strong>Die</strong> stellvertretende BVV-Vorsteherin<br />

bildet für die <strong>Grünen</strong> in kaufmännischen<br />

Berufen aus. Sie ist seit 1992<br />

Bezirksverordnete und <strong>als</strong> Jugend- und<br />

Schulpolitikerin im Bezirk engagiert. Ihre<br />

Ausschüsse: Schulausschuss (Vorsitz);<br />

Jugendhilfeausschuss; Hauptausschuss.<br />

Ralf Kühne (49)<br />

<strong>Der</strong> stadtplanungspolitische Sprecher<br />

ist seit 1985 bei den <strong>Grünen</strong> aktiv und<br />

engagiert sich seit Jahren schon in der<br />

BVV für Transparenz der Verwaltungsabläufe<br />

und für die Beteiligung von<br />

Bürger/innen sowie im Bereich integrierte<br />

Stadtplanung. Seine Ausschüsse:<br />

Verwaltung, Kommunikation und Information;<br />

Hauptausschuss; Bürgerdienste<br />

und Ordnungsamt; Stadtentwicklungsausschuss.<br />

Aferdita Suka (31)<br />

<strong>Die</strong> Vorsitzende des Integrationsausschusses<br />

ist Sozialwissenschaftlerin und<br />

möchte im Bezirk die Voraussetzungen<br />

für grüne, zukunftsfähige Jobs ausbauen.<br />

Sie arbeitet in der Senatsverwaltung<br />

<strong>Die</strong> BVV<br />

und die Stasi-Überprüfung<br />

<strong>Die</strong> Bezirksverordneten aus Tempelhof-Schöneberg<br />

haben im März <strong>2012</strong><br />

beschlossen, sich wie in den letzten<br />

Legislaturperioden freiwillig auf eine<br />

Tätigkeit bei der DDR-Staatssicherheit<br />

überprüfen zu lassen. Wie wichtig<br />

die Auseinandersetzung mit diesem<br />

Thema auch heute noch ist, zeigt die<br />

Begründung der Ablehnung einer<br />

Überprüfung durch die Linken und<br />

einige Piraten. In einer Pressemitteilung<br />

versuchte sich die Linke mit dem<br />

Titel „Uns können alle Geheimdienste<br />

gestohlen bleiben“ in Selbstrechtfertigung.<br />

Sie schafft es, auf einer Seite<br />

sämtliche Skandale der westdeutschen<br />

Geheimdienste aufzuzählen<br />

für Integration, Arbeit und Soziales und<br />

setzt sich in einem Projekt für gute Arbeit<br />

ein. Ihre Ausschüsse: Wirtschaft;<br />

Integration (Vorsitz); Soziales.<br />

Ulrich Hauschild (65)<br />

<strong>Der</strong> gelernte Drucker ist seit 24 Jahren<br />

für die <strong>Grünen</strong> im Bezirk aktiv. Sein<br />

und die Stasi in nur einem Halbsatz zu<br />

erwähnen. Berufsverbote und mangelnde<br />

Aufklärung rechter Gewalttaten<br />

sind ganz sicher Themen, mit denen<br />

sich die Demokratie sehr kritisch<br />

auseinandersetzen muss. Aber der<br />

Verfassungsschutz hat niemanden im<br />

Auftrag der Staatsorgane umgebracht<br />

oder jahrelang ohne Gerichtsverfahren<br />

interniert und gefoltert. Waren die<br />

aufgezählten Fälle in Westdeutschland<br />

öffentlich diskutierte Skandale,<br />

blieb jede öffentliche Kritik an der<br />

Stasi bis zum Ende der DDR unter Androhung<br />

schwerster Strafen Tabu. So<br />

lange die Partei <strong>Die</strong> Linke diese einfache<br />

Wahrheit verleugnet, sind ihre<br />

Schwul-lesbischer Pionier:<br />

Karl H. Ulrichs folgt General Einem<br />

Karl Heinrich Ulrichs bekommt eine<br />

Straße. Mitten im schwul-lesbischen<br />

Kiez soll die bisherige Einemstraße bald<br />

den Namen des Pioniers der Schwulenbewegung<br />

tragen. Dem ausgewiesen<br />

homophoben, nazifreundlichen Kriegsminister<br />

Einem war die Ehre eines Straßennamens<br />

1934 zuteil geworden. Nur<br />

mit ideologischem Hintergrund in der<br />

Zeit des Nation<strong>als</strong>ozialismus benannte<br />

Straßen dürfen heute umbenannt werden<br />

- aus grüner Sicht eher eine Pflicht.<br />

Trotz einstimmigen Beschlusses der BVV<br />

im Februar nach zweijähriger (!) Debatte<br />

und eingeholten Gutachten (wir berichteten<br />

mehrfach) zögern die zuständigen<br />

v.l.n.r.: Ralf Kühne, Aferdita Suka, Jörn Oltmann,<br />

Martina Zander-Rade, Ulrich Hauschild (Foto: privat)<br />

Engagement in der BVV gilt besonders<br />

den Bereichen Natur und Verkehr, wo er<br />

für die BVV-Fraktion Sprecher ist, sowie<br />

Schule. Seine Ausschüsse: Bildung und<br />

Kultur; Schule; Verkehr und Grünflächen;<br />

Sport.<br />

Vergleiche der Geheimdienste eine<br />

abgeschmackte Verharmlosung der<br />

Verbrechen von Erich Mielke und seinem<br />

Staatssicherheitsdienst.<br />

Während für die Linken ein Abblocken<br />

der Aufklärung schon immer<br />

Teil ihrer politischen Identität war,<br />

erstaunt die Rede des Piraten Herrn<br />

Schulz-Günther umso mehr. Wie man<br />

<strong>als</strong> zeitgeschichtlicher Leichtmatrose<br />

eine Verteidigungsrede für eine Organisation<br />

halten kann, die zum Sinnbild<br />

für Menschenrechtsverletzungen und<br />

Intransparenz geworden ist, sollte<br />

auch die Partei der Piraten interessieren.<br />

Oder gibt es für die Haltung von<br />

Herrn Günter gar klammheimliche Zustimmung?<br />

Christian Sandau<br />

Jürgen Roth<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

CDU-Stadträte nun, den Beschluss umzusetzen.<br />

Dabei hatte der Kulturausschuss<br />

eine unverzügliche Informationsveranstaltung<br />

für die AnwohnerInnen<br />

über die Einemstraße gefordert. In der<br />

März-BVV wurde deshalb ein weiterer<br />

Antrag beschlossen, damit der Name Einem<br />

schnellstmöglich in die Geschichtsbücher<br />

verbannt wird.<br />

Marius Feldkamp<br />

Frauenpolitischer Sprecher<br />

BVV-Fraktion, B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

Bezirkshaushalt<br />

<strong>2012</strong> / 2013<br />

mit rot-grüner Mehrheit<br />

beschlossen<br />

<strong>Die</strong> Bezirksverordnetenversammlung<br />

von Tempelhof-Schöneberg<br />

hat mit der Mehrheit von SPD und<br />

<strong>Grünen</strong> den Haushalt <strong>2012</strong>/13 mit<br />

einem Volumen von 630 Mio. € beschlossen.<br />

<strong>Der</strong> Haushalt umfasst<br />

zu etwa 2/3 Transfer- und Zuwendungsausgaben<br />

und zu jeweils<br />

knapp 15 bzw. 16 % Personal- und<br />

Sachausgaben. Nur 1,2 % machen<br />

Investitionen aus.<br />

Haushalt mit Sparzwängen<br />

<strong>Der</strong> Haushalt konnte nur mit einer<br />

pauschalen Minderausgabe von 4,3<br />

Mio. € und der Verwertung der letzten<br />

Rücklage in Höhe von 5 Mio. €<br />

zum Ausgleich gebracht werden.<br />

Eine pauschale Minderausgabe<br />

muss durch Einsparungen im laufenden<br />

Jahr wieder ausgeglichen<br />

werden. <strong>Die</strong> Inanspruchnahme von<br />

5 Mio. € Rücklage sind einmalige<br />

Einnahmen, die dauerhaft nicht<br />

zur Verfügung stehen. Ein 2-Mio.-<br />

Risiko bei der Bewirtschaftung der<br />

Gebäude und die nach Neukölln<br />

schlechteste Personalausstattung<br />

(bezogen auf 1.000 Einwohner/<br />

innen) ergänzen diesen schwer genießbaren<br />

Sparzwangcocktail.<br />

Haushalt trägt rot-grüne<br />

Handschrift<br />

Im Haushalt besteht eine strukturelle<br />

Unterdeckung der Ausgaben.<br />

SPD und Grüne haben trotzdem einige<br />

wichtige Korrekturen im Haushalt<br />

untergebracht. So schreibt<br />

Rot-Grün Energieeinsparungen<br />

wieder groß. Es werden 750.000 €<br />

jährlich zur Verfügung gestellt,<br />

um die Umwelt und den Haushalt<br />

nachhaltig zu entlasten, indem u.a.<br />

Heizkessel ausgewechselt werden<br />

oder Solarenergie verstärkt zum<br />

Einsatz kommt. <strong>Der</strong> Medienetat<br />

der Bezirksbibliotheken wird um<br />

60.000 € erhöht. <strong>Die</strong> Mittel sind<br />

gesperrt und werden frei gegeben,<br />

wenn ein überarbeitetes Konzept<br />

vorgelegt wird, das u.a. verlängerte<br />

Öffnungszeiten vorsieht. <strong>Die</strong> Sondermittel<br />

der BVV werden für <strong>2012</strong><br />

um die Hälfte gekürzt, um damit<br />

Ferienmaßnahmen für behinderte<br />

Kinder finanzieren zu können.<br />

Bezirke brauchen<br />

mehr Flexibilität<br />

Berlins Bezirke haben und werden<br />

ihren Anteil an der Konsolidierung<br />

der Landesfinanzen leisten, aber sie<br />

brauchen mehr Flexibilität – besonders<br />

bei der Abgabe von Immobilien<br />

–, weil Entwicklungsprozesse<br />

nun einmal nicht eindimensional<br />

verlaufen. Es wäre schön, wenn<br />

diese Botschaft auch im Abgeordnetenhaus<br />

Gehör finden würde,<br />

das bis zur Sommerpause den Gesamthaushalt<br />

beschließen wird.<br />

<strong>Der</strong> Bezirkshaushalt und seine<br />

Auflagenbeschlüsse finden sich im<br />

Einzelnen hier:<br />

http://tinyurl.com/haushalt-ts<br />

Jörn Oltmann<br />

BVV-Fraktionsvorsitzender und<br />

haushaltspolitischer Sprecher<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

(Foto: Heinz Jirout)<br />

<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212


<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />

Thema Arme Stadt<br />

teure Mieten<br />

Jobwunder oder Wunder der Statistik?<br />

Modellprojekt „Berliner Joboffensive“<br />

Inzwischen liegen erste Erfahrungen der „Berliner Joboffensive“ des letzten Jahres<br />

in Tempelhof-Schöneberg (TS) vor. Seit Januar 2011 sind die Berliner Job Center (JC)<br />

eine gemeinsame Einrichtung der Agentur für Arbeit und der Bezirke. Mit Unterstützung<br />

der Bundesagentur und des Senats wurde das Projekt der „Berliner Joboffensive“<br />

im Juni 2011 ins Leben gerufen, dessen Ergebnisse für das erste halbe Jahr<br />

nunmehr vorliegen.<br />

Für TS wurden im Rahmen des Projekts 65 Mitarbeiter/innen eingesetzt. 30 Mitarbeiter/innen<br />

stellt der Bezirk bereit, 35 die Bundesagentur für Arbeit. Das zusätzliche<br />

Personal soll die Zahl der Vermittlungen erhöhen. <strong>Die</strong> Aufgabe besteht darin,<br />

„marktnahe“ Hartz-IV-Bezieher, die grundsätzlich gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt<br />

haben, schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. <strong>Die</strong> Annahme<br />

war, durch intensivere Betreuung und Nutzung der Synergien im Bezirk die Chancen<br />

marktnaher Vermittlungen zu verbessern.<br />

Als Ziele wurden avisiert, für 2011 zusätzlich 1.219 Menschen aus der Zielgruppe in<br />

den Arbeitsmarkt zu integrieren und Kosten der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. <strong>Die</strong>se<br />

ehrgeizigen Ziele konnten leider nicht erreicht werden. <strong>Die</strong> Gründe dafür sieht<br />

das JC in der Umorganisation und den damit verbundenen Kapazitätsbindungen<br />

beim Personal.<br />

Für das Jahr <strong>2012</strong> geht man im JC von der Überwindung dieser Reibungsverluste<br />

aus und erwartet bereits für das erste Quartal höhere Vermittlungserfolge. Bis Mitte<br />

März nannte das JC TS über 300 Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt. Hochgerechnet<br />

auf das Gesamtjahr <strong>2012</strong> könnte damit die Zielgröße aus 2011 erreicht<br />

werden. Jedoch sind die Statistiken schwer vergleichbar.<br />

Ob die Zielgruppe der gut vermittelbaren Hartz-IV-Bezieher auf zusätzliche Arbeitsplätze<br />

vermittelt werden konnte, ist den Hinweisen der JC nicht zu entnehmen.<br />

Neuer Nollendorfplatz<br />

Studierende machen Vorschläge<br />

Zum großartigen Winterfeldtplatz mit<br />

Wochenmarkt und Kirche, buntem<br />

Leben und dem queeren Kiez: zu alledem<br />

könnte der Nollendorfplatz der<br />

Auftakt und das Entree sein. <strong>Die</strong>ser<br />

Schmuckplatz am Gener<strong>als</strong>zug, von<br />

Lenné angelegt, war über lange Zeit<br />

ein attraktiver Ort zwischen mondä-<br />

Afterdita Suka<br />

Sozialpolitische Sprecherin<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne, BVV-Tempelhof-Schöneberg<br />

Einkaufsstraßen attraktiver gestalten<br />

Wer kennt es nicht, man geht durch die<br />

Einkaufsstraßen und kommt an immer<br />

mehr leerstehenden Geschäftsläden<br />

vorbei. Sie sind ein sichtbarer Beleg,<br />

dass die Sozi<strong>als</strong>truktur in diesen Bereichen<br />

zusammengebrochen ist oder<br />

zusammenzubrechen droht. Mit dem<br />

Leerstand der Läden sinkt auch die Attraktivität<br />

der Einkaufsstraßen, die KundInnen<br />

bleiben weg und immer mehr<br />

EinzelhändlerInnen müssen ihre Geschäfte<br />

aufgeben. <strong>Die</strong>se Abwärtsspirale<br />

kann nur in Zusammenarbeit zwischen<br />

der Politik, den EinzelhändlerInnen und<br />

den ImmobilienbesitzerInnen durchbrochen<br />

werden. Hier bildet die von uns angestrebte<br />

Sozialraumbetrachtung einen<br />

guten Ansatz. <strong>Die</strong>ser kann aber nur gelingen,<br />

wenn alle mehr ans Gemeinwohl<br />

denken. Sozialraumorientiertes Handeln<br />

ist aber auch gerade betriebswirtschaftlich<br />

sinnvoll, auch eine herabgesetzte<br />

Ladenmiete trägt zur Kostendeckung<br />

eines Gebäudes bei. Wenn leerstehende<br />

Geschäfte temporär nur zu den Ne-<br />

benkosten vermietet werden und so die<br />

junge Kreativwirtschaft eine Chance<br />

bekommt. Mit ihren neuen Ideen, ihren<br />

neuen Läden sind sie ein Garant für eine<br />

neue Kundschaft und einer Steigerung<br />

der Attraktivität der bisher heruntergekommenen<br />

Einkaufsstraßen. Auch die<br />

alt eingesessenen LadenbesitzerInnen<br />

in den Straßen profitieren von dieser<br />

positiven Entwicklung, eine längerfris-<br />

Neue Gestaltungsideen zur Verkehrsführung und Flächenplanung für den Nollendorfplatz (Fotos: links: Andi Sreidl, rechts: Janika Schmidt)<br />

Leider wird auch nicht klar, ob es sich bei den neuen Jobs um Normalarbeitsplätze<br />

oder um prekäre Arbeitsverhältnisse handelt.<br />

<strong>Die</strong> Statistik des Projekts der „Berliner Joboffensive“ zeigt bei vielen Berufen, u.a.<br />

bei Warenkaufleuten, Bürofachkräften, Pflegeberufen eine große Diskrepanz zwischen<br />

offenen Stellen und dem „Bestand marktnaher Bewerber“. Besonders ungünstig<br />

ist das Verhältnis bei den Warenkaufleuten: 9.558 Arbeitslosen stehen 652<br />

offene Stellen gegenüber.<br />

Kann man insoweit von einem „Jobwunder“ sprechen, wenn weiter harte Vermittlungsarbeit<br />

vorliegt, ohne dass zusätzliche (neue) Stellen angesagt sind und die statistische<br />

Zählung mit den früheren Vergleichsperioden nicht direkt vergleichbar ist?<br />

Für Berlin und TS muss es darum gehen, die Zahl der offenen Stellen zu erhöhen.<br />

Hier böten sich im Bezirk Ansatzpunkte, mit den kommunalen Behörden und dem<br />

JC im Zusammenwirken mit kommunalen Interessenvertretern, Stadtteilinitiativen,<br />

Wirtschaftsorganisationen Ideen zu entwickeln und innovative Beschäftigungsfelder<br />

zu erschließen: So könnte man überlegen, weitere Brachen, die es auch in unserem<br />

Bezirk noch gibt, mit Unterstützung des JC zu entwickeln, sie z.B. <strong>als</strong> urbane<br />

Stadtteilgärten zu gestalten. Dafür finden sich zahlreiche Vorbilder auch in TS und<br />

Berlin (Generationengarten in Lichtenrade, Prinzessinnengarten in Kreuzberg u.a.).<br />

Andere Potenziale zur Entwicklung neuer, grüner Jobs finden sich in den Bereichen<br />

ökologischer und sozialer Stadterneuerung (dezentrale Energieeffizienz, Betreuungen<br />

in Stadtquartieren für Kinder, SchülerInnen, SeniorInnen usw.).<br />

XXX XXX (Foto: XXX)<br />

Temporäre Zwischen-Nutzung: gut für Kreative mit wenig Geld. Oft jedoch auch der Startschuss für Kiez-Gentrifizierungen.<br />

(Foto: Uli Hauschild)<br />

tige Steigerung der Attraktivität der<br />

Einkaufsstraßen wird möglich. Eine Steigerung,<br />

von der im zweiten Schritt auch<br />

die ImmobilienbesitzerInnen profitieren<br />

können. Hier muss das Bezirksamt seine<br />

Möglichkeiten besser <strong>als</strong> bisher nutzen<br />

und im Rahmen der bezirklichen Sozialraumorientierung<br />

ein Ansprechpartner<br />

werden und Gespräche zwischen den<br />

einzelnen Beteiligten organisieren. Wir<br />

nem Kielganviertel, dem quirligen<br />

Berliner Westen und dem aufstrebenden<br />

Schöneberg mit U-Bahn, Kinos,<br />

Theater und verruchten Kneipen.<br />

Aber wie schaut’s da heute aus:<br />

– <strong>Der</strong> Platz wird von einer gigantischen<br />

Verkehrsschneise aus den 60er<br />

Jahren zerschnitten.<br />

<strong>als</strong> Grüne Fraktion in der BVV werden<br />

diesen Ansatz weiter unterstützen und<br />

die neuen Akzente des Bezirksamtes<br />

weiterhin kritisch begleiten.<br />

Rainer Penk<br />

Wirtschaftspolitischer Sprecher<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne, BVV-Tempelhof-Schöneberg<br />

– Hier gibt’s regelmäßig Auto- und-<br />

Motorradrennen.<br />

– <strong>Die</strong> Platzränder sind vergammelt<br />

und unattraktiv und übernutzt.<br />

– <strong>Der</strong> Goya-Vorplatz ist ein öder<br />

Parkplatz mit monströsen Baumkübeln.<br />

– <strong>Die</strong> Nordseite ist ein Autobahnzubringer<br />

ohne Aufenthaltsqualität etc.<br />

Auf diese Gemengelage stieß im<br />

Herbst 2011 die TU-Dozentin Astrid<br />

Zimmermann und entwickelte daraus<br />

ein Seminar für LandschaftsplanerInnen.<br />

<strong>Der</strong> Tagesspiegel nahm sich<br />

gleichzeitig des Themas „Berliner<br />

Plätze“ an und unterstützte die Arbeit.<br />

<strong>Die</strong> StudentInnen schwärmten in<br />

den Kiez aus, beobachteten, sprachen<br />

mit AnwohnerInnen und fanden mit<br />

frischem Blick neue Lösungen für die<br />

„Problemzonen“.<br />

Es bildteten sich dabei grundsätzlich<br />

zwei Ansätze heraus:<br />

– <strong>Die</strong> Bülowstraße bleibt, wo sie ist<br />

und die Randflächen werden vergrößert<br />

und umgebaut.<br />

– <strong>Die</strong> Bülowstraße wird an die Platzränder<br />

in Richtung historische Lage<br />

Christian Sandau<br />

verlegt und in der Mitte entsteht ein<br />

großer ovaler Platz.<br />

Bei allen Entwürfen wird die überdimensionierte<br />

Ost-West-Verbindung<br />

schmaler und die Straßenmündungen<br />

für Autos geschlossen oder stark reduziert.<br />

<strong>Die</strong> gewonnenen Flächen werden mit<br />

großflächigen Mustern, Skulpturen,<br />

Bänken, Bäumen, Sitzstufen und Cafés<br />

neu gestaltet. Bei der gut besuchten<br />

Entwurfsvorstellung „Relaunch<br />

Nollendorfplatz“ im „Amerikahaus“<br />

beteiligten sich interessierte BürgerInnen,<br />

BVV-Mitglieder und Stadträtin<br />

Dr. Klotz intensiv an der spannenden<br />

Diskussion. Noch in diesem Jahr wird<br />

es mit rot-grünen Initiativen zur Verbesserung<br />

der Lebensqualität im Winterfeldt-/Nollendorfkiez<br />

losgehen. Bei<br />

Planungswerkstätten mit breiter Bürgerbeteiligung<br />

werden Ideen für den<br />

ganzen Kiez entwickelt werden.<br />

bei facebook:<br />

Zukunft Nollendorfplatz - jetzt!<br />

3<br />

Zwanzig Jahre nach dem Fall der<br />

Mauer ist Berlin wieder dabei, sich<br />

zu spalten, diesmal auf dem Wohnungsmarkt.<br />

Dabei gibt es keine<br />

Spaltung zwischen Ost und West,<br />

sondern die Grenze verläuft vielmehr<br />

entlang des S-Bahn Rings.<br />

Während man in Spandau und<br />

Marzahn auch heute noch viele<br />

preiswerte Mietangebote auf dem<br />

Wohnungsmarkt findet, wird die<br />

Lage im Innenstadtbereich immer<br />

angespannter. So ist der Bezirk<br />

Friedrichshain-Kreuzberg für NeumieterInnen<br />

(8,02 €€) mittlerweile<br />

der teuerste in ganz Berlin.<br />

Auch in unserem Bezirk gibt es entsprechende<br />

Entwicklungen. Rund<br />

um das Rathaus Schöneberg beträgt<br />

der Mietpreis bei Neuvermietungen<br />

mittlerweile durchschnittlich 8,73<br />

€€ pro Quadratmeter und ist somit<br />

um mehr <strong>als</strong> 20 % in den letzten<br />

zwei Jahren gestiegen. Im Süden<br />

unseres Bezirkes in Lichtenrade-<br />

Südost beträgt der durchschnittliche<br />

Mietpreis hingegen nur 5,77 €€<br />

(+4,3 %).<br />

Wenn man nur die Mietpreise vergleicht,<br />

erscheint hingegen Gesamt-<br />

Berlin (6,60 €) noch im Vergleich<br />

zu Städten wie München (9,79 €)<br />

oder auch Hamburg (8,60 €) <strong>als</strong> ein<br />

Markt mit moderaten Mieten*. Dabei<br />

sollte man aber beachten, dass<br />

die durchschnittlich zur Verfügung<br />

stehenden Einkommen in Berlin<br />

verhältnismäßig gering sind. Verdient<br />

Herr oder Frau Mustermann<br />

hier im Schnitt nur rund 15.000 €€<br />

im Jahr, kommt ein/e Münchener<br />

BürgerIn auf über 22.000 €. <strong>Die</strong>s<br />

zeigt, dass ein Blick ausschließlich<br />

auf den Mietmarkt oft zu kurz<br />

greift. Wenn man davon ausgeht,<br />

dass die Mietpreise in Berlin noch<br />

steigen, zeigt es, wie wichtig es ist ,<br />

in der Stadt mehr Arbeitsplätze zu<br />

schaffen, von denen die Menschen<br />

auch gut leben können. Darüber<br />

hinaus hat bereits ein Drittel aller<br />

ALG II-Haushalte in Berlin mit Probleme<br />

mit der Mietobergrenze der<br />

„AV-Wohnen“<br />

*Bestandsmiete 2011/qm<br />

Heinz Jirout


4<br />

Projekte und Initiativen<br />

Gehörlos – und politisch aktiv?!<br />

Kein Problem bei der <strong>Grünen</strong> Jugend<br />

Es gibt 80.000 Gehörlose in Deutschland.<br />

In der Gesellschaft werden sie<br />

kaum wahrgenommen, da Gehörlosigkeit<br />

nicht äußerlich erkennbar ist.<br />

Deshalb haben wir uns bei der GJ<br />

Tempelhof-Schöneberg mit diesem<br />

Thema befasst. Unsere Stadträtin<br />

Sibyll Klotz, der gehörlose Bezirksverordnete<br />

Martin Zierold und Clara<br />

gaben uns eine Einführung in die Welt<br />

der Gehörlosen.<br />

<strong>Die</strong> Probleme beginnen schon in der<br />

Schule: Anders <strong>als</strong> in der 2009 ratifizierten<br />

UN-Behindertenkonvention<br />

festgeschrieben, werden Gehörlose in<br />

Deutschland nicht an regulären Schulen<br />

unterrichtet. Sie müssen Sonderschulen<br />

besuchen, an denen die Inhalte<br />

vereinfacht werden. Abitur können sie in Berlin nicht<br />

machen. Mit Inklusion, der Anpassung der Gesellschaft<br />

an jeden einzelnen Menschen und der Wertschätzung<br />

der besonderen Fertigkeiten aller, hat das wenig zu<br />

tun.<br />

<strong>Die</strong> einzige Schule in Deutschland, in der Gehörlose ein<br />

Abitur machen können, ist in Essen. Selbst dort wird<br />

nicht in Gebärdensprache unterrichtet, die seit 2002<br />

eine anerkannte Sprache ist. <strong>Die</strong> SchülerInnen müssen<br />

Lippenlesen. Viele können diesem Druck nicht standhalten<br />

und brechen das Abi ab.<br />

Um auf diese Probleme aufmerksam zu machen, wird<br />

die GJ TS dieses Jahr Aktionen durchführen. Auch ein<br />

Konzert ist geplant.<br />

Isabel Reh<br />

Grüne Jugend<br />

Schöner schwimmen<br />

Stadtbad Schöneberg saniert<br />

Das Stadtbad in der Schöneberger Hauptstraße ist seit dem<br />

20. Januar <strong>2012</strong> wieder geöffnet. Es trägt jetzt den Namen<br />

eines der beliebtesten Showmaster der 70er und 80er Jahre,<br />

Hans Rosenthal. Er hat 1950 im Alter von 25 Jahren in<br />

diesem Bad schwimmen gelernt. Das war ihm <strong>als</strong> Jude in<br />

der Nazizeit – die er knapp überlebte – nicht möglich, weil<br />

Juden Schwimmbäder nicht betreten durften.<br />

Das Stadtbad wurde 2009 geschlossen und anschließend<br />

grundsaniert. Dabei wurden immer neue Schäden entdeckt,<br />

die zu einer langen und teuren Bauzeit von 2 1/2 Jahren führten.<br />

<strong>Die</strong>se Kostensteigerung war auch der Grund dafür, dass<br />

die Berliner Bäder Betriebe auf den Einbau der vorher bestehenden<br />

Sauna und des Whirlpools verzichteten, sehr zum<br />

Ärger des Stammpublikums. Ein späterer Einbau wurde zwar<br />

nicht ausgeschlossen, scheint aber eher unwahrscheinlich.<br />

Ulrich Hauschild<br />

BVV-Fraktion<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

GRÜNE JUGEND –<br />

Mach mit!<br />

2. und 4. Donnerstag, 19 Uhr<br />

Fritz-Reuter-Straße 1<br />

Tempelhof-Schöneberg<br />

Sauna und Whirlpool fehlen<br />

– aber es kann wieder genüsslich<br />

geschwommen werden (Foto: Ulrich Hauschild)<br />

Neues <strong>vom</strong> Lassenpark<br />

Endlich tut sich was!<br />

<strong>Die</strong> gute Nachricht zuerst - nach der teilweisen Aufhebung<br />

des Baustopps im Lassenpark sollen die Bauarbeiten, nach<br />

Auskunft des Baustadtrates Krüger (CDU), bald beginnen.<br />

<strong>Die</strong> Be-zirksverordnetenversammlung (BVV) hatte in ihrer Februarsitzung<br />

mit den Stimmen der <strong>Grünen</strong>, der CDU und der<br />

Piraten bei Enthaltung der SPD beschlossen, den Baustopp<br />

für den westlichen Teil des Parks, von der Friedhofsmauer bis<br />

zum neuen Mitteleingang, aufzuheben. Dazu gehört auch der<br />

Zugang zum Spielplatz. Abgezäunt bleibt nur der östliche Teil,<br />

mit dem heftig kritisierten neuen Weg, quer über die Liegewiese.<br />

<strong>Die</strong>ser Streitpunkt konnte bisher nicht ausgeräumt werden.<br />

<strong>Der</strong> Rückbau dieses Weges und die Wiederherstellung des<br />

alten Hauptweges entlang des Spielplatzes zur Belziger Straße<br />

war <strong>vom</strong> Bezirksamt (BA) in der Vergangenheit vehement<br />

abgelehnt worden. <strong>Der</strong> jetzt zuständige Stadtrat Krüger sieht<br />

Grüne Jugend Tempelhof-Schöneberg (Foto: privat)<br />

Bevor ich zur <strong>Grünen</strong> Jugend Tempelhof-Schöneberg (GJ TS)<br />

kam, habe ich im Alltag meistens nur politische Artikel geschrieben<br />

und gelesen – über Berlin und was um mich herum<br />

passiert. Ich hatte keine Ahnung, ob sich alle an mich<br />

anpassen würden.<br />

Nach dem ersten Treffen war ich begeistert. Ich hätte nicht<br />

gedacht, dass politische Diskussionen mein Hobby sind.<br />

Bei den Treffen ist es so, dass ich über Laptop mit anderen<br />

GJ-Mitgliedern kommuniziere. Auf Bezirksebene schreibt<br />

Isabel Reh für mich das Wichtigste mit, so komme ich mit.<br />

Ich kann nicht so oft zu den Aktivtreffen auf Landesebene<br />

gehen wegen der Kommunikation. Viele Themen finde<br />

ich interessant, aber ich möchte nicht alle bitten, was für<br />

mich mit zu schreiben. Das ist nicht möglich, trotzdem bin<br />

ich noch immer interessiert. Oft kommuniziere ich mit GJ-<br />

Mitgliedern zu diversen Themen.<br />

Clara (16), Mitglied der <strong>Grünen</strong> Jugend<br />

seit kurz nach ihrer Geburt gehörlos<br />

das anders und kann sich einen Rückbau, wie von der BVV<br />

und der „BI Lassenpark“ gefordert, vorstellen. Allerdings ist<br />

in diesem Fall die Bezirksaufsicht zur Entscheidung angerufen<br />

worden. <strong>Die</strong> hat in einem vorläufigen Schreiben keine klare<br />

Aussage getroffen, sondern im Kern gesagt: „Einigt euch“.<br />

Offensichtlich reicht das dem Stadtrat und der CDU nicht aus,<br />

um die bisherige Entscheidung des Bezirksamtes zu revidieren.<br />

Deshalb gibt es jetzt ein erneutes Schreiben der CDU an<br />

die Bezirksaufsicht, dem auch die <strong>Grünen</strong> zugestimmt haben.<br />

Darin wird noch einmal die Forderung gestellt, dem bezirklichen<br />

Kompromiss, der nicht mal mehr <strong>vom</strong> BA abgelehnt<br />

wird, zuzustimmen. <strong>Die</strong> Aussicht auf einen entsprechenden<br />

Bescheid scheinen, nach Aussagen gut unterrichteter Kreise,<br />

eher positiv zu sein.<br />

Ulrich Hauschild<br />

Kopf des Monats<br />

Senator a. D.<br />

Braun<br />

Berliner CDU:<br />

<strong>Die</strong> Schrottimmobilie<br />

kehrt zurück<br />

Nur kurz währte der Glaube, nach<br />

der Ära <strong>Die</strong>pgen und Landowsky sei<br />

so etwas wie eine Läuterung in die<br />

christdemokratischen Reihen eingekehrt.<br />

Kaum zurück im Senat, geht der<br />

alte Trott weiter. Nach nur 12 Tagen<br />

im Amt musste Justizsenator Michael<br />

Braun das Feld räumen. Genug Übergangsgeld<br />

nahm er gleich mit; er hat<br />

schon mal vorgewulfft. 12 Tage ohne<br />

notarielle Beglaubigungen von Grundstückskäufen;<br />

da fehlt schließlich was<br />

in der Kasse.<br />

Herr Braun konnte den fatalen Verdacht<br />

nicht loswerden, <strong>als</strong> Notar den<br />

Verkauf von Schrottimmobilien zu<br />

überhöhten Preisen beurkundet zu haben.<br />

Peinlich für Wowereit und Henkel,<br />

denn der Herr Notar sollte auch für<br />

den Verbraucherschutz zuständig sein.<br />

Da nützte es ihm auch nichts, darauf<br />

zu beharren, dass er die Vertragsparteien<br />

immer ordnungsgemäß belehrt<br />

habe. Jeden der 12 Tage neue Anschuldigungen<br />

wurden dem Regierenden<br />

und seinem Vize dann doch zu viel.<br />

Immerhin ist der Vertrieb von Schrottwohnungen<br />

seit Jahren nicht nur in<br />

Berlin wohl bekannt. Wenn Braun<br />

davon <strong>als</strong> Immobilien-Notar nichts<br />

bemerkt, nichts hört und nichts sieht,<br />

Fragen Sie uns um Rat,<br />

lassen Sie sich von uns<br />

vertreten und setzen Sie<br />

Ihr Recht durch.<br />

(Foto: © Michael Gottschalk)<br />

war er gewiss auch der f<strong>als</strong>che Senator.<br />

Wer etwas Ahnung von Immobilien<br />

hat, weiß im Übrigen, dass die VerkäuferInnen<br />

derartiger zweifelhafter Immobilien<br />

ihre Notare nicht nach dem<br />

Zufallsprinzip in den Gelben Seiten<br />

auswählen.<br />

Auch der neue stellvertretende Vorsitzende<br />

der CDU-Fraktion, Dirk Stettner,<br />

hatte sich – wenngleich mit mäßigem<br />

Erfolg – mit eigener Baufirma auf dem<br />

Berliner Immobilienmarkt getummelt.<br />

Auch gegen ihn öffentliche Vorwürfe;<br />

er musste gar seine Fraktion verlassen.<br />

Auch der Autor dieser Zeilen<br />

hatte vor Jahren das Vergnügen, den<br />

selbsternannten Baulöwen in dieser<br />

Funktion näher kennen zu lernen. Immerhin<br />

steht unser Haus noch, dessen<br />

Dachgeschoss von Stettner ausgebaut<br />

wurde.<br />

Wir sehen, die CDU hat ein Herz für<br />

die Prachtexemplare mittelständischer<br />

Baupolitik. So lange sind sie doch noch<br />

nicht her, die Zeiten von <strong>Die</strong>pgen und<br />

Landowsky.<br />

Jürgen Roth<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

– Ihnen wurde gekündigt | Sie wurden abgemahnt, gemobbt<br />

– erhielten ein zweifelhaftes Zeugnis<br />

– der Lohn wurde nicht gezahlt<br />

– die Eingruppierung ist nicht richtig<br />

Klaus Stähle<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

Stefanie Wustrack<br />

Rechtsanwältin<br />

<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />

Belziger Str. 74 | 10823 Berlin – Am Rathaus Schöneberg<br />

Tel. 030 - 853 50 65 | www.kanzlei-staehle.de


<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />

Bezirkliches<br />

Grüne für Parklandschaft<br />

Senat pausiert beim Tempelhofer Feld<br />

Es bewegt sich was auf dem Tempelhofer Feld – soviel steht fest. Aber was und<br />

wann genau, ist noch nicht klar. Senator Müller (SPD) hat allen Beteiligten eine<br />

Denkpause verordnet, die Gerüchteküche und die PlanerInnen arbeiten aber<br />

munter weiter. Groß ist der finanzielle Druck, den die nötige Instandhaltung des<br />

historischen Flughafengebäudes verursacht.<br />

Was bisher klar ist: <strong>Der</strong> Berliner Senat plant neue Gewerbe-, <strong>Die</strong>nstleistungs- und<br />

Wohnbauflächen, die gravierende Auswirkungen auf die bezirklichen Strukturen<br />

und die Lebensqualität in den Stadtteilen haben werden. Das macht allein<br />

schon die angedachte Dimension der Landeszentralbibliothek mit 60.000 qm, 10<br />

Geschossen und täglich 10.000 BesucherInnen deutlich! Neue Wohnungen am<br />

Tempelhofer Damm erfordern Plätze in Kindergärten und Schulen, Geschäfte und<br />

weitere Infrastruktur. Deshalb wird Sibyll Klotz <strong>als</strong> Grüne Stadträtin für Stadtentwicklung<br />

die Mitwirkungsmöglichkeiten des Bezirks stärker <strong>als</strong> bisher nutzen und<br />

Einfluss auf die planerische Ausrichtung nehmen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong> setzen sich weiter dafür ein, dass der einzigartige Charakter des Tempelhofer<br />

Feldes erhalten bleibt. <strong>Die</strong> zukünftige Parklandschaft ist die grüne Mitte<br />

und Frischluftschleuse für die Entwicklung an den Rändern des ehemaligen Flughafengeländes<br />

in direkter Nachbarschaft zu den angrenzenden Stadtteilen. Wie<br />

die Berlinerinnen und Berliner sich dieses Areal angeeignet haben und es für ihre<br />

Freizeitaktivitäten nutzen, ist großartig.<br />

Protest bei den LehrerInnen<br />

an VHS und Musikschulen<br />

Sie haben recht und bekommen kein Recht<br />

Manche Probleme werden nicht angepackt, sondern immer<br />

wieder verschoben. Ein solches Problem ist die Bezahlung<br />

und der Status der MitarbeiterInnen von Volkshochschulen<br />

und Musikschulen. Dabei gibt es kaum jemanden, der ihren<br />

Protest nicht für gerechtfertigt hält.<br />

Warum <strong>als</strong>o lässt die Politik die DozentInnen seit Jahrzehnten<br />

hängen? Warum haben die wenigsten einen Status, der<br />

Honorarfortzahlung im Krankheitsfall, Mutterschutz, Altersvorsorge<br />

gewährt? Warum sind sie unterbezahlt? Warum<br />

muss neuerdings jede Stunde einzeln abgerechnet werden<br />

– und warum wird dafür eine ungeheure Ausweitung von<br />

Bürokratie in Kauf genommen? Auch die Kooperation mit<br />

den Schulen wird damit aufs Spiel gesetzt. <strong>Die</strong>se hat Kindern,<br />

die zuhause nicht gefördert werden, eine Chance auf<br />

Teilhabe eröffnet.<br />

ZAB<br />

Leben und Lernen<br />

in Marienfelde<br />

<strong>Die</strong> Zentrale Aufnahmestelle (ZAB) für<br />

Aussiedler, das frühere Notaufnahmelager<br />

in Marienfelde, ist ein Abbild<br />

weltpolitischer Ereignisse. Ob <strong>als</strong> Anlaufstelle<br />

von DDR-Flüchtlingen oder<br />

heute <strong>als</strong> Station für Familien u.a. aus<br />

dem Irak oder Mazedonien, die den<br />

Verhältnissen ihrer Herkunftsländer<br />

entfliehen wollen und müssen. Familien<br />

heißt Kinder, Kinder heißt Schule,<br />

womit auch die nahe gelegene Kie-<br />

pert-Schule immer Teil der Geschichte<br />

der ZAB war.<br />

Rund 75 Grundschulkinder des Wohnheims<br />

besuchen zurzeit die Kiepert-<br />

Schule. Hinter jedem Kind steckt eine<br />

Geschichte und vor allem eine neue<br />

Hoffnung für die Zukunft. Viele von ihnen<br />

können das erste Mal in ihrem Leben<br />

einen geregelten Tagesablauf erleben,<br />

rund die Hälfte der Schüler/innen<br />

hat keinerlei schulische Vorkenntnisse.<br />

Verbesserungsfähig ist die politische<br />

Unterstützung des Senats. Zwar gibt es<br />

erstm<strong>als</strong> Wörterbücher und spezielles<br />

Lehrmaterial. Doch geht das Rote Rathaus<br />

beim zusätzlichen Lehrerbedarf<br />

nur den halben Weg. Es reicht nicht,<br />

Tempelhofer Feld: des Berliners Lieblingsbrache (Foto: privat)<br />

Ob es einen Zentralen Omnisbusbahnhof (ZOB) auf dem<br />

Gelände geben wird, ist zur Zeit ebenso unklar wie erste<br />

Planungen zu Erschließungsstraßen. Wir brauchen ein<br />

schlüssiges Verkehrskonzept zur Erschließung der neuen<br />

Bau- und Freiflächen. Auch die Internationale Gartenausstellung<br />

(IGA), die ab 2014 für die BesucherInnen geöffnet<br />

sein soll, erfordert noch erhebliche Aufmerksamkeit und<br />

Beteiligung. <strong>Der</strong> preisgekrönte Entwurf enthält neben dem<br />

allseits bekannten Kletterfelsen auch die Idee eines 1,80 m<br />

hohen Walls mitten auf dem Feld. Das wird den Charakter<br />

der großen Weite mitten in der Stadt wesentlich verändern.<br />

Während der „Denkpause“ dürfen keine Fakten geschaffen<br />

werden, die zu einer unkontrollierten Vermarktung des Geländes<br />

führen! Wir bleiben dran!<br />

Sibyll Klotz<br />

Stadträtin für Stadtentwicklung<br />

Renate Giese<br />

Bezirksverordnete<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

<strong>Der</strong> Grund heißt Kostenreduktion. <strong>Die</strong> klammen Kommunen<br />

sehen bei den freien, d.h. ungeschützten DozentInnen die<br />

Möglichkeiten zu sparen. <strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong> von Tempelhof-Schöneberg<br />

fordern, die Arbeitsbedingungen an VHS und Musikschule<br />

zu verbessern. Unser Antrag wurde im Kulturausschuss<br />

einstimmig angenommen. Im April berät die BVV darüber.<br />

Am 15. März wollte endlich auch der Rat der Bürgermeister<br />

Berlins über die Honorare an Musikschulen beraten. Nach<br />

60 Sekunden Diskussion, so Staatsekretär Rackles, wurde<br />

das Thema im Roten Rathaus in den Ausschuss verschoben.<br />

Wieder einmal.<br />

Elisabeth Kiderlen<br />

Kulturpolitische Sprecherin<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne, BVV-Tempelhof-Schöneberg<br />

Kunstamt in der Grunewaldstraße<br />

(Foto: Ulrich Hauschild)<br />

nur jeweils eine Lehrkraft pro Gruppe<br />

zu haben, wenn viele der Kinder ganz<br />

unterschiedlichen Förderbedarf haben.<br />

Zur schulischen Integration kommt<br />

das tägliche Miteinander. <strong>Die</strong> Kiepert-<br />

Schule geht dies zusammen mit der<br />

Gustav-Heinemann-Oberschule an und<br />

fördert die Information der Schüler/innen<br />

über das Wohnheim. <strong>Die</strong> Teilnahme<br />

am Wohnheim-Sommerfest sorgt<br />

für Austausch – damit Marienfelde für<br />

Aufnahme statt Ausgrenzung steht.<br />

Martina Zander-Rade<br />

Vorsitzende des Schulausschuss der<br />

BVV Tempelhof-Schöneberg<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne<br />

Gasometer<br />

5<br />

Zufahrtstraße zum Gasometergelände zu teuer für den<br />

Investor – Öffentliche Hand soll das Risiko tragen<br />

Berlin und seine Bezirke sind klamm, eine wirtschaftliche Entwicklung<br />

soll auch möglichst durch das Engagement privater<br />

Investoren statt finden. Im B-Plan 7-29 gaben SPD und CDU<br />

im Sommer 2011 maximales Baurecht, dafür sollte der Investor<br />

5000 Dauerarbeitsplätze „im Energiebereich“ schaffen.<br />

<strong>Der</strong> Investor profitierte allein von der Wertsteigerung des Gelände<br />

des Schöneberger Gasometers, eine Win-Win-Situation<br />

für beide. <strong>Die</strong> Aussicht auf Ruhm ohne Risiko wirkte wie eine<br />

Droge. Forderungen der <strong>Grünen</strong> nach einer maßvollen Bebauung<br />

wurden von den anderen Parteien beiseite geschoben.<br />

Schon dam<strong>als</strong> war klar, die Euref kommt nur abgespeckt. <strong>Die</strong><br />

Universität kommt nicht und die Stiftungsgelder werden nicht<br />

fließen. Eine langfristige Nutzung des Gasometers und der 15<br />

Hochhäuser ist trotz der kurzfristigen Mietverträge weiterhin<br />

unklar.<br />

<strong>Der</strong> B-Plan war ein „Vorratsbeschluss“, obwohl die Zustimmung<br />

der Bahn zum Bau des Tunnels unter der Ringbahn für<br />

die Erschließungsstraße noch nicht vorlag. Sie ist die Achillesferse<br />

für die Nutzbarkeit des Geländes. Bau und Finanzierung<br />

der Straße sollte laut einem städtebaulichen Vertrag<br />

von 2009 der Projektentwickler Reinhard Müller tragen. Im<br />

Februar <strong>2012</strong> informierte das Bezirksamt den Stadtentwicklungsausschuss,<br />

dass der damalige Noch-Baustadtrat Herr<br />

Krömer (CDU) im November 2011 eine Zusatzvereinbarung<br />

mit dem Projektentwickler geschlossen hat. <strong>Die</strong> neue Straße<br />

soll nun mit einer öffentlichen Förderung aus GRW Mitteln<br />

der Senatsverwaltung gebaut werden. Eine Verdoppelung der<br />

Kosten für die Planstraße könne der Investor nicht tragen. Das<br />

überrascht, denn der Projektentwickler ist Bauprofi und die<br />

Kosten einer solchen Straße sind im Bezirk kein Geheimnis,<br />

der Ballonfahrerweg entstand vor einigen Jahren östlich des<br />

Südkreuzes. Nun bleibt die Frage: Kalkül oder Unfähigkeit des<br />

Projektentwicklers? Naivität oder Leichtsinn der PolitikerInnen?<br />

<strong>Der</strong> Bezirk hat Fakten geschaffen, Verträge sind einzuhalten,<br />

aber der Rausch aus fremden Geld und Ruhm zeigt<br />

seine hässliche Seite. Baut der Bezirk die Straße nicht, belastet<br />

er die Anwohner der auf dem Gelände entstehenden Hochhäuser;<br />

baut er, subventioniert er private Interessen, die Lärm<br />

und Parkplätze nach sich ziehen.<br />

Nun ist guter Rat teuer, zumindestens für den Steuerzahler.<br />

Christiane Heiss<br />

Bezirksverordnete<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne, Tempelhof-Schöneberg


6<br />

Kultur<br />

Unser Rathaus Friedenau<br />

Das Friedenauer Wahrzeichen wird<br />

bekanntlich <strong>als</strong> Bezirksstandort aufgegeben.<br />

Daher macht sich die Bürgerschaft<br />

große Sorgen um eine sinnvolle<br />

Nachnutzung, denn das Vertrauen<br />

in die stadtplanerische Weitsicht der<br />

Verantwortlichen ist hinsichtlich des<br />

öffentlichen Desinteresses an diesem<br />

einstigen Schmuckstück auf dem Nullpunkt<br />

angelangt.<br />

<strong>Die</strong> BI Breslauer Platz hat für die anstehende<br />

Neugestaltung des ebenfalls<br />

verwahrlosten Rathausplatzes mit dem<br />

Bezirksamt verabredet, einerseits den<br />

Haltestellenpavillon einzubeziehen, wo<br />

neben dem bestehenden Zeitungskiosk<br />

ein Kaffeegarten entstehen soll, dem<br />

unterirdisch eine Toilette und eine „Kulturhaltestelle“<br />

angegliedert werden sollen.<br />

Andererseits aber schließt die vorgesehene<br />

Ausrichtung der Pflasterung<br />

endlich auch wieder das Rathaus an den<br />

Platz an, was spürbar macht, dass Platz<br />

und Rathaus zusammengehören.<br />

Bereits durch die Erbauer war das<br />

Rathaus zur parallelen Nutzung durch<br />

Verwaltung und Gesellschaft bestimmt,<br />

wodurch hier auch Feuerwehr, Bank,<br />

Bibliothek und natürlich der Ratskeller<br />

ihren Platz fanden. Zudem wurden hier<br />

repräsentative Räume wie der Schlesiensaal<br />

eingebaut, die der verfassten<br />

Bürgerschaft gesellschaftlichen Glanz<br />

sichern sollten.<br />

Auch heute noch gibt es dort parallel<br />

zur Verwaltungstätigkeit eine gesellschaftliche<br />

Nutzung: Im Schlesiensaal<br />

tanzt „Blau-Silber“, im Erdgeschoss<br />

gibt es die beliebte Bibliothek und das<br />

Kindertheater „Morgenstern“ sowie<br />

die Kinderbegegnungsstätte „Frieda“<br />

sind gut besucht. Weil <strong>als</strong>o das Rathaus<br />

zum Platz und die gesellschaftliche Mitnutzung<br />

zum Hause gehört, fordert die<br />

Anneke Eussen: final rendevouz | Holz Stühle Samt, <strong>2012</strong>. (Foto: Beatrice Pötschke)<br />

Kulturszene in<br />

Tempelhof-Schöneberg<br />

Auf den ersten Blick bekommt Tempelhof-Schöneberg<br />

nicht viel davon ab.<br />

Aber der Eindruck täuscht. Wer sich<br />

auf unseren Bezirk einlässt, erlebt eine<br />

Vielfalt und Qualität der Kultur- und<br />

Kreativszene, die für ganz Berlin steht.<br />

Und die weit darüber hinaus strahlt.<br />

Am 16./17. Juni feiern wieder fast eine<br />

halbe Millionen fröhlicher Menschen<br />

das Lesbisch Schwule Stadtfest am<br />

Nollendorfplatz, das größte Europas.<br />

In den historischen Hangars des ehemaligen<br />

Flughafens Tempelhof tanzen<br />

beim Summer Rave am 21. Juli und<br />

auf dem Fly BerMuDa Festival am 3.<br />

November wieder zehntausende RaverInnen,<br />

zur neuesten elektronischen<br />

Musik, vieles davon made in Berlin.<br />

Joachim Gauck: <strong>Der</strong> Freiheits-Präsident<br />

Eine bessere, dazu noch unfreiwillige, PR für ein Buch hat es<br />

wohl selten gegeben. So erschien das neue Buch von Joachim<br />

Gauck „Freiheit ein Plädoyer“ genau einen Tag nach seiner<br />

Nominierung zum Bundespräsidenten.<br />

Also an jenem Tag, an dem die Presse sehr ausführlich über<br />

Gauck berichtete.<br />

Man erinnert sich noch gut an die heftigen Debatten nach<br />

seiner Nominierung. Dabei wurden gerade von vielen Linken<br />

Zitate aus dem Zusammenhang gerissen und Joachim Gauck<br />

dann wahlweise u.a. zum Sarrazin-Freund, Vorratsdatenspeicher-Befürworter<br />

oder kaltherzigen Kapitalismusfreund<br />

erklärt. Auch sein Plädoyer für die Freiheit bietet in dieser<br />

Hinsicht für Menschen, die ein einfaches undifferenziertes<br />

Weltbild bevorzugen, Möglichkeiten zur Polemik. Seine Kritik<br />

an der Friedensbewegung der 80er und auch der Entspannungspolitik<br />

sind sicher für viele irritierend und greifen auch<br />

meiner Meinung nach zu kurz. Hier muss sich Gauck sicher<br />

einige Fragen gefallen lassen.<br />

So wäre es sicher kein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein<br />

gewesen, wenn es in der Zeit des Wettrüstens zwischen<br />

Ost und West in einer freien Gesellschaft niemanden gegeben<br />

hätte, der gegen diesen Irrsinn mobilisiert hätte.<br />

Auch die Entspannungspolitik hat in jener Zeit zu Verbesserungen<br />

nicht nur im Klima zwischen Ost und West geführt,<br />

sondern auch zur Erleichterung des Lebens jenseits der Mauer.<br />

Nicht zuletzt konnten sich auch die DissidentInnen in den<br />

ehemaligen Ostblock Ländern auf die Vereinbarungen von<br />

Helsinki beziehen und damit die Verlogenheit ihrer damaligen<br />

Machthaber bloßstellen.<br />

Dennoch ist auch hier pauschale oder gar polemische Kritik<br />

(„kalter Krieger“) gegen die Thesen unangebracht.<br />

So kritisiert er meiner Meinung zurecht Teile des linksliberalen<br />

Establishments jener Zeit , wenn er ihnen vorwirft, Befreiungsbewegungen<br />

wie z.B. Solidarnosc konsequent ignoriert oder<br />

sogar diskriminiert zu haben. Ob aus Angst den Dialog mit<br />

den Machthabern zu gefährden oder aus Bequemlichkeit, erscheint<br />

mir dabei zweitrangig. Ein Disput mit Diktaturen darf<br />

für einen freiheitsliebenden Demokraten nie bequem sein.<br />

Wichtiger im Hinblick auf das Amt des Bundespräsidenten<br />

erscheinen mir aber seine Gedanken im letzten Kapitel über<br />

die Toleranz. Hier bekennt er sich zu einem konsequenten<br />

Eintreten für individuelle Menschenrechte; er vermisst bei<br />

manchen Menschen im Westen eine konsequente Verteidigung<br />

dieser Werte. Ich denke, auf die Universalität der<br />

Menschenrechte,wie sie in der Charta der UN niedergeschrieben<br />

sind, zu verweisen, gerade gegenüber aufstrebenden<br />

Mächten in Asien oder auch in Ländern des nahen Osten,<br />

könnte auch eine Aufgabe eines Präsidenten sein. Anders <strong>als</strong><br />

Regierungen, die notgedrungen auch mit undemokratischen<br />

Ländern verhandeln müssen und hier immer zwischen Handelsintressen<br />

und moralischen Ansprüchen in einem schwierigen<br />

Abwägungsprozeß stehen, kann jemand, der über der<br />

Tagespolitik steht, klarere Worte finden. Um in diesem Zusammenhang<br />

quasi <strong>als</strong> Freiheitsbotschafter aufzutreten, ist<br />

Joachim Gauck sicher eine gute Wahl.<br />

Als Fazit bleibt festzuhalten, das Gauck zeigt, dass Freiheit<br />

nicht alles ist, aber ohne Freiheit alles nichts. Wenn dies auch<br />

<strong>als</strong> Vermächtnis seiner Präsidentschaft nach 5 Jahren im Gedächtnis<br />

der Menschen bleibt, hat sich die Wahl Gaucks jedenfalls<br />

gelohnt.<br />

Christian Sandau<br />

BI:<br />

1. Kein Verkauf des Rathauses an einen<br />

privaten Investor, sondern eine öffentliche<br />

Nachnutzung mit Publikumsverkehr.<br />

2. Rechtswirksame Festschreibung<br />

der gesellschaftlichen Mitnutzung des<br />

Hauses in seinen jetzt bestehenden<br />

Teilen Schlesiensaal, Bibliothek, Kinderbegegnungsstätte.<br />

Als Träger der<br />

gesellschaftlichen Mitnutzung wird ein<br />

gemeinnütziger Verein gegründet, der<br />

den Schlesiensaal <strong>als</strong> Friedenauer Veranstaltungsort<br />

managt.<br />

3. Wiederaufbau des kriegszerstörten<br />

Ratskellers und Auflage an den Pächter,<br />

hier sowohl die Kantine weiterzuführen<br />

<strong>als</strong> auch den öffentlichen Ratskeller<br />

zu betreiben.<br />

4. Sicherstellung der Bürgerbeteiligung<br />

bei der Nachnutzungsfindung<br />

mithilfe einer gemeinsamen Sitzung<br />

Friedenauer Rathaus:<br />

Nachnutzung ungewiss<br />

(Foto: Ulrich Hauschild)<br />

der Ausschüsse für Stadtentwicklung<br />

sowie für Bildung und Kultur der BVV<br />

im Rathaus Friedenau bei Rederecht<br />

für die eingeladene Bürgerschaft.<br />

Unser Bezirk hat sich seit Jahren zum<br />

Pflichtprogramm für Kulturinteressierte<br />

aus der ganzen Welt entwickelt.<br />

Während andere Bezirke mal „in“<br />

und mal „out“ sind, haben die SchönebergerInnen<br />

und TempelhoferInnen<br />

es geschafft, kontinuierlich und konsequent,<br />

hochkarätige und renommierte<br />

Veranstaltungen anzusiedeln. Wenn<br />

die Preview Berlin <strong>vom</strong> 13.-16. September<br />

wieder junge und internationale<br />

Galerien präsentiert, dann stärkt<br />

das Berlins Ruf <strong>als</strong> Kunstmarktplatz<br />

- und findet wie schon in den letzten<br />

Jahren - in unserem Bezirk statt.<br />

Hier leben und arbeiten tausende Kreative<br />

und so verwundert es nicht, wenn<br />

beim jährlichen Friedenauer Kultur-<br />

(Foto Joachim Gauck: © Wolfgang Kumm)<br />

<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />

Ottmar Fischer<br />

Bürgerinitiative Breslauer Platz<br />

Rundgang im November fast siebzig<br />

Ateliers und Galerien beteiligt sind. Da<br />

ist es nur konsequent, wenn wir Grüne<br />

versuchen, die Basis dafür zu erhalten<br />

und zu pflegen. Natürlich ist es sehr<br />

schwer, die notwendigen Einsparungen<br />

„kulturverträglich“ zu gestalten,<br />

aber wenn uns die Zukunft unserer<br />

Kinder und die Attraktivität unseres<br />

Kiezes weiterhin etwas „wert“ sind,<br />

dann gilt es, die Bezirkskultur, die Bibliotheken,<br />

die kulturelle Bildung, die<br />

Projekträume und all die Initiativen zu<br />

erhalten, die Grundlage für eine tolerante,<br />

vielfältige und nachhaltige Kulturszene<br />

sind. Und wer weiß, vielleicht<br />

lässt sich das alte Rathaus ja doch<br />

noch in ein Kulturzentrum verwandeln<br />

- es wäre eine lohnende Investition!<br />

Notker Schweikhardt<br />

Sprecher LAG Kultur, Berlin<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne


<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />

Termine und Vermischtes<br />

Termine von B`<strong>90</strong> / Grüne<br />

Treffen der <strong>Stichel</strong>redaktion<br />

04.04.<strong>2012</strong> – 19:30 Uhr im Kiezbüro (Fritz-Reuter-Str. 1, 10827 Berlin)<br />

Gemeinsam wird der letzte <strong>Stichel</strong> ausgewertet und<br />

Artikelvorschläge für den nächsten <strong>Stichel</strong> gesammelt.<br />

Grüner Stammtisch Tempelhof-Schöneberg<br />

10.04.<strong>2012</strong> – 19:30 Uhr im Kiezbüro (Fritz-Reuter-Str. 1, 10827 Berlin)<br />

Treffen der <strong>Grünen</strong> Jugend Tempelhof-Schöneberg<br />

12.04.<strong>2012</strong> – 19:00 Uhr im Kiezbüro (Fritz-Reuter-Str. 1, 10827 Berlin)<br />

Mitgliedervollversammlung<br />

24.04.<strong>2012</strong> – 19:30 Uhr im Kiezbüro (Fritz-Reuter-Str. 1, 10827 Berlin)<br />

Thema: Diskussion über die Struktur von <strong>Grünen</strong> Ortsgruppen<br />

und Arbeitsgruppen in Tempelhof-Schöneberg<br />

Außerdem wird über eine neue Wahlordnung<br />

und eine Satzungsänderung abgestimmt.<br />

Treffen der AG Wirtschaft<br />

26.04.<strong>2012</strong> – 19:00 Uhr in Raum 2041 im Rathaus Schöneberg<br />

Treffen der <strong>Grünen</strong> Jugend Tempelhof-Schöneberg<br />

26.04.<strong>2012</strong> – 19:00 Uhr im Kiezbüro (Fritz-Reuter-Str. 1, 10827 Berlin)<br />

Treffen der AG Soziales<br />

03.05.<strong>2012</strong> – 19:30 Uhr im Kiezbüro (Fritz-Reuter-Str. 1, 10827 Berlin)<br />

Thema: Öffentliche Baudarlehen <strong>als</strong> (ein) mietsenkendes Instrument<br />

Referent an diesem Abend ist der Rechtsberater<br />

des Berliner Mietervereins, Thomas Fischer-Lück.<br />

Sprechstunde<br />

Liebe BürgerInnen,<br />

Ab April findet jeden 3. Do im Monat eine Sprechstunde für<br />

die BürgerInnen statt, die in der Zeit von 14.00 - 16.00 Uhr sind.<br />

Sayin Vatandaslar,<br />

Nisan ayindan itibaren her ayin 3 üncü Persembesi Saat<br />

14 ile 15 arasi, büromuz vatandaslarin hizmetine aciktir.<br />

Kiezbüro der <strong>Grünen</strong><br />

Fritz-Reuter. Str. 1<br />

10827 Berlin<br />

Weitere Termine unter www.gruene-ts.de<br />

Termine im Bezirk<br />

Hans Wurst Nachfahren – Theater am Winterfeldtplatz<br />

Puppentheater für Kinder und Erwachsene<br />

www.hans-wurst-nachfahren.de<br />

ufa-Fabrik – Internationales Kultur Centrum<br />

Wechselndes Bühnenprogramm:<br />

Theater, Kabarett, Varieté, Weltmusik<br />

www.ufafabrik.de<br />

Museen Tempelhof-Schöneberg<br />

BezirksTouren der Museen Tempelhof-Schöneberg<br />

21. April, 15:00 Uhr Führung Historische Orte: Heinrich-von-Kleist-Park<br />

6. Mai, 11:00 Uhr, zum 20 Todestag <strong>vom</strong> Marlene <strong>Die</strong>trich:<br />

Frauenhistorische Führung auf dem Friedhof Friedenau<br />

www.museentempelhof-schoeneberg.de<br />

Jugendmuseum, Hauptstraße 40/42, 10827 Berlin<br />

jeden 1, Sonntag im Monat: Familiensonntag:<br />

„<strong>Die</strong> feinen Herrschaften lassen bitten!“<br />

www.jugendmuseum.de<br />

<strong>Die</strong> Ökumenische Umweltgruppe Lichtenrade<br />

Sonntag 6. Mai 11-14:00<br />

Lichtenrade frühstückt auf der Bahnhofstraße – jeder bringt etwas mit!<br />

www.lichtenrade21.de<br />

Geschichtsrundgänge und Dampferfahrten<br />

www.berliner-geschichtswerkstatt.de<br />

Kulinarisches KlimaFilmFest<br />

27. April <strong>2012</strong>, ab 19:30, Eintritt frei<br />

Markthalle 9, Eisenbahnstr.42/43, 10997 Berlin<br />

ADFC:<br />

jeden vierten Montag im Monat um 19 Uhr im Café Schneider (Frankenstr. 13)<br />

Kontakt: martin.senzel@adfc-berlin.de<br />

www.adfc-berlin.de/verein/stadtteilgruppen<br />

Im Gespräch:<br />

Neue Grüne Kreisvorsitzende<br />

<strong>Stichel</strong>: Was sollte man über die beiden<br />

neuen Vorsitzenden des Kreisverbandes<br />

Tempelhof-Schöneberg wissen?<br />

Birgit: Ich bin Managerin von Beruf.<br />

Außerdem habe ich mich lange Jahre<br />

<strong>als</strong> Kommunikationswissenschaftlerin<br />

mit Politik- und Wahlforschung beschäftigt.<br />

Ich hoffe, dass beides meiner<br />

Arbeit im Vorstand zugute kommt.<br />

Rainer: Als „alter Hase“ möchte ich<br />

für Kontinuität in unserem sehr erfolgreichen<br />

Kreisverband sorgen. Allerdings<br />

stehe ich auch für neue Formen<br />

und eine Ausweitung unseres Engagements.<br />

<strong>Stichel</strong>: Warum ist es so wichtig, politisch<br />

Interessierte zur Mitarbeit zu<br />

bewegen, in einer Zeit, da Parteiarbeit<br />

nicht mehr so attraktiv ist?<br />

Birgit: Ganz so unattraktiv ist das<br />

nicht; die Grüne Jugend im Bezirk<br />

beweist das. Persönlich will ich noch<br />

mehr Frauen ins grüne Boot holen,<br />

denn wir sind die einzige Partei, in der<br />

Neuer Grüner Vorstand<br />

Viele Neue in der Verantwortung<br />

Im Januar wurde der Kreisvorstand von<br />

<strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong> Tempelhof-<br />

Schöneberg neu gewählt. Einige Vorstandsmitglieder<br />

wechselten nach der<br />

erfolgreichen Wahl im September in die<br />

Fraktion – eine Chance, den Vorstand<br />

mit frischen Köpfen zu beleben: Sieben<br />

neue und ein bekanntes Gesicht mit<br />

den unterschiedlichsten politischen Erfahrungen<br />

sprechen für den Aufbruch.<br />

An dieser Stelle nochm<strong>als</strong> herzlichen<br />

Dank dem alten Vorstand!<strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/<br />

<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong> wurden im Bezirk von so<br />

vielen Bürger_innen gewählt wie noch<br />

nie. <strong>Die</strong>ses Ergebnis und die neue<br />

Zählgemeinschaftsverantwortung<br />

verpflichten zur breiteren Aufstellung:<br />

<strong>vom</strong> Schöneberger Norden bis nach<br />

Lichtenrade, von der Umwelt- bis zur<br />

Wirtschaftspolitik – überall und über<br />

alles wollen wir <strong>Grünen</strong>, wie versprochen,<br />

mit den BürgerInnen in regen<br />

Austausch kommen. Um den zu erleichtern,<br />

will der neue Vorstand neue<br />

Frauen und Männer gleichberechtigt<br />

Politik machen. Aber wir brauchen<br />

noch mehr.<br />

Rainer: Eine Gesellschaft ist nur dann<br />

erfolgreich, wenn es eine funktionierende<br />

Zivilgesellschaft gibt, wobei es<br />

egal ist, ob man sich <strong>als</strong> Lesepatin für<br />

Kinder, in einer Bürgerinitiative oder<br />

einer Partei engagiert, um die Demokratie<br />

von unten her am Leben zu erhalten.<br />

<strong>Stichel</strong>: Was sind die wichtigsten Themen<br />

im Bezirk, die ihr in diesem Jahr<br />

angehen wollt?<br />

Birgit: Für mich spielt das Thema<br />

Bürgerbeteiligung eine große Rolle.<br />

Deshalb müssen sich die Menschen<br />

in unserem Bezirk aktiv in politische<br />

Planungs- und Entscheidungsprozesse<br />

einbringen können. Beispiele sind das<br />

Tempelhofer Feld oder die Mälzerei<br />

Lichtenrade.<br />

Rainer: Neben mehr Transparenz im<br />

Verwaltungshandeln ist eine neue<br />

Strukturen und mehr Mitmachangebote<br />

schaffen. Es sollen mehr fachliche<br />

Arbeitsgruppen gebildet werden und<br />

häufiger kiezspezifische Veranstaltungen<br />

für alle Interessierten stattfinden.<br />

Sie sind herzlich eingeladen!<strong>Die</strong> angestrebte<br />

programmatische Vielfalt<br />

spiegelt sich schon im Personal: Neben<br />

den beiden neuen Vorsitzenden, Birgit<br />

Krause und Rainer Jehle, sind für die<br />

nächsten zwei Jahre <strong>als</strong> StellvertreterInnen<br />

Nicole David-Schellack, die<br />

auch Bürgerdeputierte im Wirtschaftsausschuss<br />

ist, und Armin Feistenauer,<br />

Netzpolitiker, gewählt. <strong>Die</strong> Aufgabe<br />

der Schatzmeisterin hat Petra Israel-<br />

Reh übernommen. Als BeisitzerInnen<br />

fungieren Jessica Mroß, Heinz Jirout,<br />

der in Lichtenrade <strong>als</strong> Direktkandidat<br />

Wahlkampf gemacht hat, und Sebastian<br />

Walter, Sprecher von QueerGrün<br />

Berlin.<br />

Jessica Mroß<br />

Kreisvorstand mit Renate Künast (v.l.n.r.):<br />

Heinz Jirout, Jessica Mroß, Nicoel David-Schellack, Renate Künast, Sebastian Walter,<br />

Rainer Jehle, Isabel Reh, Armin Feistenauer, Birgit Krause (Foto: Katrin Langenbein)<br />

Birgit Krause und Rainer Jehle (Foto: Heinz Jirout)<br />

Foto<br />

Das Interview führte<br />

Christian Sandau<br />

Impressum<br />

7<br />

Mietenpolitik vonnöten, denn bezahlbarer<br />

Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten<br />

ist eine Bedingung<br />

für eine gute soziale Mischung in den<br />

Stadtquartieren.<br />

Herausgeber<br />

Kreisvorstand von <strong>Bündnis</strong> <strong>90</strong>/<strong>Die</strong> <strong>Grünen</strong><br />

Tempelhof-Schöneberg,<br />

Kiezbüro: Fritz-Reuter Straße 1, 10827 Berlin<br />

Redaktion<br />

Christian Sandau, Elisabeth Ziemer,<br />

Heinz Jirout, Jürgen Roth, Ulrich Hauschild,<br />

XXXX Jessica XXXX Mroß, Jens Blumenthal,<br />

„Funktion“ Rainer Penk<br />

B`<strong>90</strong>/Grüne Kontakt<br />

Telefon: 030 - 53 60 41 46<br />

E-Mail: buero@gruene-ts.de<br />

www.derstichel.de<br />

Leserbriefe<br />

E-Mail: leserbriefe@derstichel.de<br />

Anzeigen<br />

über E-Mail: buero@gruene-ts.de<br />

Anzeigenschluss der nächsten Ausgabe<br />

01.06.<strong>2012</strong><br />

Gestaltung<br />

Oliver Dix »Zeit für Gestaltung«<br />

Telefon: 030 - 89 61 71 87<br />

E-Mail: o.dix@web.de<br />

Druck<br />

Möller Druck und Verlag GmbH<br />

<strong>Die</strong> CO2-Emissionen dieser Zeitung wurden<br />

durch CO2-Emissionszertifikate ausgeglichen.<br />

Informationen unter:<br />

www.climatepartner.com<br />

Auflage<br />

7.000<br />

V.i.S.d.P.<br />

Jürgen Roth<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

werden von den AutorInnen selbst verantwortet<br />

und geben nicht immer die Meinung<br />

der Redaktion wieder. <strong>Die</strong> Redaktion behält<br />

sich vor, LeserInnenbriefe und Beiträge zu<br />

kürzen.<br />

Verteilorte<br />

Bayerischer Platz, Breslauer Platz, Kaiser-<br />

Wilhelm-Platz, Winterfeldtplatz, Karstadt<br />

Tempelhofer Damm, Marienfelder Allee, Hildburghauser<br />

Str., Bahnhofstr. (Lichtenrade),<br />

Walter-Schreiber-Platz, Julius-Leber-Brücke<br />

...und auch hier erhältlich<br />

Friseur Kopfsache, Tempelhofer Damm 198<br />

| Buddha-Haus, Akazienstr.28 | Haferstich,<br />

Belziger Str. 23 | Buttmi-Zeitungen, Maaßenstr.<br />

8 | Kopernikus Apotheke, Motzstr. 59 |<br />

Bio-Insel, Leberstr. 2 | Eisenherz-Buchladen,<br />

Lietzen- burger Str. 9a | Bilderbuch, Akazienstraße<br />

|<br />

Ebbes, Crellestr. 2<br />

www.derstichel.de<br />

<strong>Der</strong> nächste <strong>Stichel</strong> erscheint am<br />

15.06.<strong>2012</strong>


8<br />

Aus aller Welt<br />

USA: Das Ende der<br />

Vorwahlen<br />

Mitt Romney (Quelle:Internet)<br />

<strong>Die</strong> Vorwahlen der Republikaner sind<br />

eigentlich entschieden. Mitt Romney<br />

wird im Herbst gegen Präsident Obama<br />

antreten, auch wenn Romneys<br />

verbliebene Konkurrenten Rick Santorum,<br />

Newt Gingrich und Ron Paul, ihr<br />

Ausscheiden aus dem Rennen um die<br />

Präsidentschaftskandidatur möglichst<br />

lange hinaus zögern werden.<br />

Romney hat trotz Niederlagen bei einigen<br />

Vorwahlen auch weiterhin alle<br />

wesentlichen Trümpfe in seiner Hand.<br />

Er hat das mit Abstand größte Wahlkampfbudget<br />

aller Kandidaten, die<br />

Unterstützung von einer großen Mehrheit<br />

der Parteigranden der Republikaner,<br />

er hat die meisten der bisherigen<br />

Vorwahlen für sich entschieden und<br />

die Erzkonservativen nehmen sich, wie<br />

schon bei den Vorwahlen 2008, gegenseitig<br />

die Stimmen weg. Außerdem hat<br />

Romney zwei weitere entscheidende<br />

Vorteile. <strong>Die</strong> republikanischen Wähler<br />

trauen nur ihm zu, Obama zu schlagen.<br />

Des Weiteren wird ihm <strong>als</strong> erfolgreicher<br />

Manager einer Investment-firma zugetraut,<br />

die schwächelnde US-Wirtschaft<br />

wieder anzukurbeln.<br />

<strong>Der</strong> baldige Abschied von Romneys<br />

Konkurrenten aus dem Rampenlicht<br />

ist jedoch höchst unwahrscheinlich.<br />

Denn ein Gerichtsurteil aus dem Jahr<br />

2010 ermöglicht es Kandidatinnen<br />

und Kandidaten, im Gegensatz zu vorher,<br />

finanzielle Unterstützung in unbegrenzter<br />

Höhe von einzelnen Personen<br />

oder Unternehmen zu erhalten. <strong>Die</strong>ser<br />

Umstand ermöglicht es den erzkonservativen<br />

Kandidaten Santorum und<br />

Gingrich, im Rennen zu bleiben, obwohl<br />

sie keine Chance auf den Sieg<br />

haben. Mit dieser Strategie versuchen<br />

sie, Romney dazu zu zwingen, sich vor<br />

der Wahl gegen Obama, noch weiter<br />

rechts zu positionieren <strong>als</strong> bisher.<br />

Santorum hat noch einen weiteren<br />

Grund, seine Kandidatur vorerst nicht<br />

zurückzuziehen, denn er wird auch<br />

in Zukunft noch einige Vorwahlen<br />

für sich entscheiden. Allerdings kann<br />

er nur Bundesstaaten im Süden und<br />

im mittleren Westen gewinnen, <strong>als</strong>o<br />

diejenigen Staaten, in denen besonders<br />

konservative WählerInnen eine<br />

Mehrheit stellen. In den parteiinternen<br />

Vorwahlen ist jedoch nicht die Anzahl<br />

der gewonnenen Bundesstaaten ausschlaggebend,<br />

sondern die Zahl der<br />

dadurch für sich gewonnen Delegierten.<br />

<strong>Die</strong> Anzahl der Delegierten in einem<br />

Bundesstaat richtet sich nach der<br />

Höhe der Bevölkerung. <strong>Die</strong> Stimmen<br />

der Delegierten werden dann (mit<br />

wenigen Ausnahmen) proportional zu<br />

dem Wahlergebnis vergeben. Während<br />

Romney sich ein sattes Polster von<br />

Delegierten in bevölkerungsreichen<br />

Staaten wie Kalifornien, New York und<br />

Florida zulegen konnte, bringen Santorums<br />

Siege in bevölkerungsarmen<br />

Staaten wie Oklahoma, North Dakota<br />

oder Nebraska nur sehr wenige Delegierte.<br />

Auf ein Wunder zu hoffen, ist wohl die<br />

einzig verbliebene Hoffnung von Rick<br />

Santorum. Sollte dieses Wunder nicht<br />

geschehen, wird Romney der republikanische<br />

Präsidentschaftskandidat und<br />

tritt im November gegen Obama an.<br />

Frederic Carpenter<br />

arbeitete im Wahlkampf von<br />

Barak Obama 2008 in Pennsylvania<br />

<strong>Die</strong> Zukunft der EU<br />

Von der Krise zur Perspektive<br />

<strong>Die</strong>ses Fazit zog Renate Künast nach<br />

dem „<strong>Grünen</strong> Konvent zur Zukunft der<br />

Europäischen Union“. Mit fast 300 Gästen<br />

diskutierten die grüne Bundestagsfraktion<br />

und die deutschen grünen Abgeordneten<br />

im Europäischen Parlament<br />

über zentrale Zukunftsfragen der EU:<br />

Foto<br />

– Wie müssen die EU-Verträge geändert<br />

werden, damit die Europäische<br />

Union handlungsfähiger wird?<br />

– Welche Kompetenzen müssen die<br />

Mitgliedsstaaten abgeben, damit eine<br />

stabile Wirtschafts- und Solidarunion<br />

entsteht? €<br />

– Welche Reformen braucht die EU, damit<br />

sie demokratischer und transparenter<br />

wird? €<br />

– Was bedeutet „mehr Europa“ für das<br />

Selbstverständnis der Nation<strong>als</strong>taaten?<br />

– Welche Rolle spielen die Europäischen<br />

Institutionen und nationalen Parlamente<br />

in diesem Prozess?<br />

– Wie wird aus der EU der Motor für ein<br />

soziales Europa?<br />

<strong>Die</strong>se in der „<strong>Grünen</strong> Erklärung zur<br />

Zukunft der Europäischen Union“ ge-<br />

stellten Fragen wurden beim <strong>Grünen</strong><br />

Konvent Ende Februar im Bundestag<br />

diskutiert. <strong>Die</strong> nordisch unterhaltsame<br />

Eröffnungsrede hielt Pekka Haavisto,<br />

Grüner finnischer Präsidentschaftskandidat:<br />

Für ihn ist Europa „das globale<br />

Modell für postnationale Strukturen.“<br />

Aber „Europa darf nicht wie ein alter<br />

Mann auftreten, der bei Tisch nur von<br />

seinen Krankheiten spricht, statt von<br />

seiner Hilfe“. In den Dialogforen wurde<br />

mit hochrangigen Fachleuten über<br />

Wirtschaft, Haushalte und Steuern, Finanzen,<br />

Soziales und Demokratie diskutiert.<br />

Laut Michaele Schreyer, Mitglied<br />

der EU-Kommission a.D. sagt: „Alle<br />

notwendigen Schritte für die Lösung<br />

der aktuellen Krise könnten innerhalb<br />

der bestehenden Verträge gegangen<br />

werden“.<br />

Moritz Kraemer, Standard and Poors,<br />

beschreibt die Finanzkrise in Europa <strong>als</strong><br />

eine „Krise der Ungleichgewichte“, einen<br />

Geburtsfehler der Eurozone. Henrik<br />

Enderlein, Hertie School of Governance,<br />

sieht in der Steuerharmonisierung die<br />

Voraussetzung für die Vollendung des<br />

Euro. „<strong>Die</strong> EZB macht die richtige Geld-<br />

politik für ein Land, das es gar nicht<br />

gibt“ und „<strong>Die</strong> Ratingagenturen sind<br />

überbewertet.“<br />

<strong>Die</strong> Zukunft der EU darf kein Spezialthema<br />

für Eliten oder Hinterzimmer sein,<br />

sondern geht uns alle an. <strong>Der</strong> Vertrag<br />

von Lissabon hat ihr nicht genügend Instrumente<br />

an die Hand gegeben, um in<br />

der Finanz- und Wirtschaftspolitik einheitlich<br />

genug aufzutreten. <strong>Die</strong>s müssen<br />

wir dringend ändern. <strong>Die</strong> EU braucht<br />

wirksamere Instrumente, um die Krise<br />

und ihre Ursachen bekämpfen zu können.<br />

Ein thematisch eingegrenzter EU-<br />

Konvent zur Vertragsveränderung unter<br />

intensiver Beteiligung der europäischen<br />

Zivilgesellschaft muss die Zukunft der<br />

EU aus den Regierungshinterzimmern<br />

herausholen. Das Verfassungsgerichtsurteil<br />

zum „Geheimgremiun Rettungschirm“<br />

ist ein deutliches Signal an<br />

Schwarz-Gelb, die europäische Integration<br />

nicht mehr <strong>als</strong> Regierungseuropa<br />

ohne demokratische Legitimation zu<br />

betreiben. „Europa ist am Scheideweg:<br />

Entweder wir integrieren uns besser<br />

oder werden immer weiter auseinanderdriften.“,<br />

sagte dazu Radoslaw Sikorsky,<br />

polnischer Außenminister.<br />

Mehr unter:<br />

gruenes-blog.de/zukunftdereu<br />

oder<br />

http://tinyurl.com/eu-gruen<br />

Heinz Jirout<br />

<strong>Frühjahr</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Nr</strong>. 212<br />

EU-Konvent der <strong>Grünen</strong> im Bundestag (Foto: Melanie Ziggel)

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