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Craniosacral Therapie und Atemarbeit Diplomarbeit

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<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

<strong>Diplomarbeit</strong><br />

Edeltraud Brunschwiler<br />

Schule für <strong>Craniosacral</strong>e Osteopathie<br />

Rudolf Merkel<br />

Bazenheid, März 2010


Inhalt<br />

1. Einleitung ….............................................................................................<br />

1.1. Gedanken zur Themenwahl …..................................................................<br />

2. Die <strong>Atemarbeit</strong> in ihrer Vielfalt …...........................................................<br />

2.1. Ursprung <strong>und</strong> Definition des Atems …..................................................<br />

2.2. Vielfalt der <strong>Atemarbeit</strong> …........................................................................<br />

2.2.1. Ziele der <strong>Atemarbeit</strong> …..............................................................................<br />

2.2.2. Arbeitsmöglichkeiten in der <strong>Atemarbeit</strong> ….................................................<br />

2.3. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Voraussetzungen in der <strong>Atemarbeit</strong> ….....................<br />

3. Die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong>......................................................................<br />

3.1. Ursprung <strong>und</strong> Definition der <strong>Craniosacral</strong>en Osteopathie ….............<br />

3.2. Gr<strong>und</strong>lagen der Cranialen Osteopathie …....................................... ...<br />

3.2.1. Der <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus - Ausdruck der Primär Atmung …................<br />

3.2.2. Die Qualitätsmerkmale des <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus (CSR) …................<br />

3.3. Verschiedene Behandlungsansätze der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> …....<br />

4. Gemeinsame Ansätze <strong>und</strong> Unterschiede dieser beiden <strong>Therapie</strong>n ..<br />

4.1. Gemeinsamkeiten in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong> …..<br />

4.2. Unterschiede in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong> …..........<br />

5. Gegenseitige Befruchtung dieser beiden <strong>Therapie</strong>n …......................<br />

6. Glossar …................................................................................................<br />

7. Literaturverzeichnis …...........................................................................<br />

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1. Einleitung<br />

Gedanken zur Themenwahl<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Das Interesse für den Atem ist in mir vor ca. 15 Jahren geweckt worden, anlässlich<br />

eines Jin Shin Jyutsu Kurses: Die Kunst der Selbstheilung durch auflegen der Hände.<br />

In diesem Kurs wurde immer wieder auf die zentrale Bedeutung des Atems hingewiesen<br />

<strong>und</strong> mit Zitaten von Mary Burmeister illustriert wie zum Beispiel „Der Atem<br />

ist der letztendliche Heiler“ oder von Thich Nhat Hanh „Wenn ihr aufgeregt <strong>und</strong> zerstreut<br />

seid <strong>und</strong> es schwierig findet, Achtsamkeit zu üben, kehrt zum Atem zurück:<br />

Sich des Atems bewusst zu werden, ist schon Achtsamkeit. Der Atem ist das W<strong>und</strong>ermittel,<br />

mit dem wir unser Bewusstsein sammeln können.“<br />

Diese Worte hinterliessen in mir unvergessliche Spuren. Der Gedanke über die zentrale<br />

Bedeutung des Atems liess mich nicht mehr los <strong>und</strong> ich fragte mich immer wieder,<br />

warum der Atem so wenig Beachtung findet - sei es in der Medizin wie auch in<br />

der Bevölkerung - obwohl er so wichtig ist. Sobald ich von einer berufsbegleitenden<br />

Ausbildungsmöglichkeit erfuhr, fasste ich 1999 den Entschluss, die vierjährige Ausbildung<br />

nach Ilse Middendorf im Institut für Atemtherapie <strong>und</strong> Atempädagogik in Zürich<br />

in Angriff zu nehmen.<br />

Ich war tief berührt von den schönen <strong>und</strong> starken Erfahrungen während dieser Ausbildungszeit.<br />

Zudem erkannte ich, dass die Auseinandersetzung mit dem Atem den<br />

Menschen unweigerlich dazu führt, seine Lebensweise <strong>und</strong> seine persönlichen Themen<br />

zu überdenken, zu bearbeiten <strong>und</strong> den neuen Erkenntnissen anzupassen, was<br />

nicht immer so einfach ist. Aus den gewonnenen Erfahrungen wurde mir klar, dass<br />

sich die Begeisterung der <strong>Atemarbeit</strong> deshalb häufig in Grenzen hält.<br />

Nach einigen Jahren Berufserfahrung (im ländlichen Gebiet) spürte ich, dass mir etwas<br />

fehlte, um den Klienten effektiver helfen zu können. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e hielt<br />

ich Ausschau nach einer weiteren <strong>Therapie</strong>methode, die sich mit der <strong>Atemarbeit</strong> gut<br />

kombinieren lässt. So entschloss ich mich für die Weiterbildung in der <strong>Craniosacral</strong>en<br />

Osteopathie/<strong>Craniosacral</strong> Movement <strong>Therapie</strong> bei Rudolf Merkel. Diese subtilen<br />

Mobilisationstechniken, die sowohl zur Bef<strong>und</strong>erhebung wie <strong>Therapie</strong> dienen, sind<br />

für mich eine perfekte Ergänzung zur <strong>Atemarbeit</strong> geworden.<br />

Mein Interesse für die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> die <strong>Atemarbeit</strong> hat während der<br />

dreijährigen Fortbildung verschiedene Phasen durchgemacht. Die feine Arbeit der<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> hat mich ebenfalls tief berührt <strong>und</strong> begeistert, sodass ich die<br />

<strong>Atemarbeit</strong> zwischendurch etwas vernachlässigt habe. Dank der therapeutischen<br />

Begleitung von Klienten <strong>und</strong> deren positiven Feedbacks, entdecke ich je länger je<br />

mehr die gegenseitige Befruchtung <strong>und</strong> Ergänzung beider <strong>Therapie</strong>formen. Zudem<br />

spielen auch meine persönlichen Erfahrungen mit dem Atem “in starken Zeiten“ (wie<br />

es die Indianer sagen würden) eine wichtige Rolle.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e finde ich es spannend, mich in der vorliegenden <strong>Diplomarbeit</strong><br />

mit einer Gegenüberstellung beider <strong>Therapie</strong>formen beschäftigen zu können.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 3 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Ausgehend von einer Einführung in die Thematik der <strong>Atemarbeit</strong> (siehe Kapitel 2),<br />

die der Leserin einen vertieften Einblick in Ursprung, Definition, <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> Arbeitsmöglichkeiten<br />

der Atemtherapie geben soll, werde ich in Kapitel 3 <strong>und</strong> 4 die<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> näher beleuchten, um daraus Gemeinsamkeiten <strong>und</strong> Unterschiede<br />

beider <strong>Therapie</strong>formen aufzuzeigen. Das Kapitel 5 ist der gegenseitigen Befruchtung<br />

beider <strong>Therapie</strong>n gewidmet.<br />

Gr<strong>und</strong>lage für meine <strong>Diplomarbeit</strong> bilden meine persönlichen Erfahrungen, die ich in<br />

der Praxis gesammelt habe im Sinne von:<br />

Nun, mache Dich selbst zum Kind der Forschung <strong>und</strong> zu einem Studenten der Natur.<br />

(PMP, III-120)<br />

Ein Osteopath wird dahingehend unterrichtet, dass er der Natur bis ans Ende vertraut.<br />

(AB, I-118)<br />

Er (der Mensch) ist nicht der physische Körper, die Emotionen oder der Geist. Dies<br />

sind vielmehr Instrumente, die es ihm ermöglichen, in der physischen, emotionalen<br />

<strong>und</strong> geistigen Welt zu agieren, <strong>und</strong> es obliegt uns, die Anatomie <strong>und</strong> Physiologie<br />

dieser Instrumente zu studieren, wenn wir den Menschen in seiner Ganzheit behandeln<br />

wollen. (V. M. Frymann)<br />

Diese Zitate laden mich ein, den Weg eigener Forschungen, Beobachtungen <strong>und</strong> Erfahrung<br />

zu gehen, im Bewusstsein dessen, je mehr ich mich an die Arbeit mache<br />

desto reicher werden zur gegebenen Zeit Früchte für die Ernte heranreifen. Nach<br />

dieser dreijährigen Fortbildung stehe ich da, wo ich bin, am Anfang einer grossen<br />

Entdeckungsreise. In schlichter Weise möchte ich einiges berichten <strong>und</strong> reflektieren.<br />

Ich bedanke mich ganz herzlich für die emotionale <strong>und</strong> fachliche Unterstützung, die<br />

ich von meinem persönlichen Umfeld sowie Rudolf <strong>und</strong> seinen Assistentinnen während<br />

der Fortbildung erhalten habe.<br />

Wenn ich in der vorliegenden <strong>Diplomarbeit</strong> von der “Klientin/Therapeutin“ spreche,<br />

ist die männliche Form automatisch mit eingeschlossen.<br />

Bazenheid, März 2010 Edeltraud Brunschwiler<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 4 von 27


2. Die <strong>Atemarbeit</strong> in ihrer Vielfalt<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

2.1. Ursprung <strong>und</strong> Definition des Atems<br />

Das Wissen über die w<strong>und</strong>erbaren Möglichkeiten des Atems bei der Ges<strong>und</strong>heitspflege<br />

sowie Bewusstseins- <strong>und</strong> Persönlichkeitsentwicklung ist über 2000 Jahre alt.<br />

Schon im Altertum wurden bei den Ägyptern, den Griechen <strong>und</strong> den östlichen Kulturvölkern<br />

Atem- <strong>und</strong> Bewegungslehren entwickelt. In der östlichen Welt waren sie vielfach<br />

mit Meditationspraktiken verb<strong>und</strong>en wie die Zen-Meditation in Japan, das Tai<br />

Chi <strong>und</strong> Qi Gong in China. Im Osten wie im Westen stand die ganzheitliche Bedeutung<br />

des Atems im Zentrum. Alle wussten, dass sowohl die körperlichen als auch<br />

seelischen <strong>und</strong> geistigen Kräfte des Menschen untrennbar mit dem Atem verb<strong>und</strong>en<br />

sind. In der westlichen Welt ging dies für einige Zeit verloren, bis Anfang des 20.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts die Bedeutung des Atems wieder langsam an Bedeutung zunahm.<br />

Da die Begriffe “Atmung“ <strong>und</strong> “Atem“ im alltäglichen Sprachgebrauch oft gleichbedeutend<br />

verwendet werden, möchte ich dies hier klären. Die Atmung steht, als<br />

Fachbegriff, für den lebenserhaltenden Stoffwechselprozess (die Lungenatmung).<br />

Der Atem hingegen bezeichnet etwas Grösseres <strong>und</strong> Umfassenderes, als die Atmung.<br />

In wie vielen Bereichen der Atem den Menschen in seiner Ganzheit von Körper,<br />

Seele <strong>und</strong> Geist durchdringt, wird gleich beschrieben.<br />

• Der Ursprung des Atems liegt nicht darin, dass wir ihn machen, sondern darin,<br />

dass „es“ zu atmen beginnt. Mit dem ersten Atemzug kommen wir auf die<br />

Welt <strong>und</strong> mit dem letzten Atemzug verlassen wir sie wieder. Der Atem begleitet<br />

uns unser Leben lang.<br />

• Der Atem als Verbindung mit dem Göttlichen.<br />

In religiösen Praktiken vieler Kulturen wird der Atem als Weg zu Gott gepflegt<br />

<strong>und</strong> erlebt.<br />

• Der Atem als Tor zum Hier <strong>und</strong> Jetzt <strong>und</strong> zur Wirklichkeit.<br />

Wenn wir den Atem achtsam wahrnehmen, beschäftigen wir unseren Geist<br />

mit dem gegenwärtigen Geschehen. Die Gedanken finden einen Anker <strong>und</strong><br />

kommen mit konsequenter <strong>und</strong> ausdauernder Übung zur Ruhe. Wir bringen<br />

über den Atem Geist, Seele <strong>und</strong> Körper in Verbindung <strong>und</strong> im Idealfall in<br />

Übereinstimmung. Das Herz öffnet sich, Stille entsteht <strong>und</strong> somit ein direktes<br />

<strong>und</strong> intensives Erleben des Augenblicks <strong>und</strong> der Wirklichkeit.<br />

• Der Atem als Bindeglied zwischen innen <strong>und</strong> aussen.<br />

Atmen bedeutet Geben <strong>und</strong> Nehmen. Über unseren Atem stehen wir untrennbar<br />

mit der Natur in Verbindung <strong>und</strong> sind auf sie angewiesen. Er verbindet<br />

auch uns Menschen untereinander, denn jeder atmet die gleiche Luft ein <strong>und</strong><br />

beschenkt oder belastet sie mit seinem Ausatem.<br />

• Der Atem als Träger der Stimme <strong>und</strong> Kommunikationsmittel.<br />

Sich sprachlich differenziert auszudrücken <strong>und</strong> mitzuteilen ist nur auf Gr<strong>und</strong>lage der<br />

Atmung möglich. Für den Gesang gilt das Gleiche.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 5 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Atem <strong>und</strong> Gefühle sind unmittelbar miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />

Der Atem reagiert auf alle Gefühle <strong>und</strong> transportiert sie von innen nach aussen<br />

in den Ausdruck. Jede Art von Gefühl drückt sich spezifisch im Atem, der<br />

Stimme, in der Bewegung, Gestik, Haltung, Mimik <strong>und</strong> der Herzfrequenz aus.<br />

Dieser bestimmte Ausdruck ist in allen Kulturen gleich anzutreffen.<br />

Das Atem- <strong>und</strong> Muskelsystem drückt nicht nur unmittelbar Gefühle aus, sondern<br />

kann auch dafür eingesetzt werden, sie zu kontrollieren. Somit können<br />

Gefühle gehemmt oder unterdrückt werden. Als einer der Ersten entdeckte<br />

Wilhelm Reich an seinen Klienten, dass sie emotionale, körperliche Reaktionen<br />

<strong>und</strong> Gefühle durch muskuläre Dauerspannung kontrollieren <strong>und</strong> binden.<br />

Zudem stellte er fest, dass sie durch Spannungen im Bauch, Diaphragma,<br />

Brust <strong>und</strong> Hals die Atmung hemmen. Damit vermindert sich natürlich die Sauerstoffzufuhr<br />

<strong>und</strong> Energieerzeugung wie auch die emotionale Erregbarkeit.<br />

Als Ergebnis zeigt sich ein Affektverlust <strong>und</strong> eine Herabsetzung der emotionalen<br />

Spannung sowie eine Einschränkung der körperlichen Bewegungsfähigkeit.<br />

Der Atem kann auch Gefühle auslösen <strong>und</strong> sie verstärken. Besonders bei<br />

Menschen mit starker Anspannung im Schulterbereich verb<strong>und</strong>en mit einer<br />

oberflächlichen Brustatmung kann schnelles Atmen Angst auslösen <strong>und</strong> verstärken.<br />

Dies geschieht häufig, wenn das Atmen bis zu einer ausgeprägten<br />

Hyperventilation führt. Umgekehrt kann bewusstes Atmen die Gefühle neutralisieren.<br />

• Der Atem als Zugang zum Unbewussten.<br />

Das persönliche Unbewusste entsteht, weil wir nicht alle Erfahrungen des täglichen<br />

Lebens bewusst verarbeiten können. Ein grosser Teil des Erlebten<br />

muss aus Gründen der begrenzten Verarbeitungskapazität unbewusst bleiben.<br />

Es bleibt jedoch leicht zugänglich, da es in den „Erfahrungsschatz“ des<br />

Menschen eingegangen ist. Schwieriger wird es bei ungelösten Konflikten, die<br />

schwer erträglich sind <strong>und</strong> deshalb ins Unbewusste verdrängt <strong>und</strong> abgewehrt<br />

werden.<br />

Der bewusste Atem bildet eine Brücke zum Unbewussten, da er sensibel wie<br />

ein Seismograph auf alle inneren <strong>und</strong> äusseren, bewussten wie unbewussten<br />

Einflüsse reagiert. Zugang zu diesen unbewussten Reaktionen <strong>und</strong> Inhalten<br />

finden wir durch das bewusste Wahrnehmen des Atems, wodurch sie wieder<br />

bewusst integriert werden können. Diese Anteile können sowohl aus dem persönlichen<br />

wie auch kollektiven Unbewussten kommen <strong>und</strong> zu Wachstum <strong>und</strong><br />

Reifung unserer Persönlichkeit beitragen.<br />

Besonders, wenn wir an der Entfaltung des Atems arbeiten, kann bewusst gemacht<br />

werden, was zur Einschränkung des Atems geführt hat, denn es ist im<br />

Körper <strong>und</strong> Atemmuster gespeichert. Deshalb können ursächliche Situationen<br />

<strong>und</strong> Erlebnisse erinnert werden, die bis in die frühe Kindheit oder Geburt zurückreichen,<br />

oder sie werden ohne Aufsehen verarbeitet, so dass die gefangene<br />

Kraft befreit im Hier <strong>und</strong> Jetzt dem Menschen wieder zur Verfügung<br />

steht. Die Integration <strong>und</strong> Aufarbeitung unbewusster Anteile fördert die Entfaltung<br />

der Persönlichkeit <strong>und</strong> führt zu einem freien lebendigen Atem.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 6 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Der Atem, ein lebendiges, ganzheitliches Geschehen.<br />

Jede Situation im Alltag, die wir erleben, hinterlässt Spuren in unserem Atem.<br />

Ob wir laufen oder ruhen, uns ärgern oder wohl fühlen, denken oder sprechen<br />

beeinflusst den Atem. Der Gedanke an ein schönes Erlebnis lässt uns durch-<br />

atmen, hingegen trübe Gedanken beengen den Atem. Unsere Sprache drückt<br />

dies bildhaft aus: bei Ärger lassen wir Dampf ab, vor Wut schnauben wir, vor<br />

Angst halten wir die Luft an, aus Erleichterung atmen wir auf, bei Geduld haben<br />

wir einen langen Atem. Wie schon erwähnt, beeinflussen alle inneren <strong>und</strong><br />

äusseren Einflüsse den Atem. Demnach ist atmen ein ganzheitliches Geschehen<br />

<strong>und</strong> wechselt entsprechend den Einflüssen flexibel <strong>und</strong> lebendig seine<br />

Form bzw. Frequenz, Tiefe, Bewegung <strong>und</strong> Rhythmus.<br />

Ist dieses vielstimmige Wechselspiel gestört, geraten wir aus dem Gleichgewicht.<br />

Zum einen können körperliche Faktoren <strong>und</strong> deren Umgang damit die<br />

Ursache sein. Zum anderen kann es auch daran liegen, dass wir uns bestimmten<br />

Einflüssen nicht mehr aussetzen, diese bewusst oder unbewusst<br />

abwehren oder einfach gewohnheitsmässig reagieren.<br />

Das Atmen ist somit ein unmittelbares Spiegelbild unserer körperlichen, seelischen<br />

<strong>und</strong> geistigen Verfassung. Es ist weder richtig noch falsch, sondern so,<br />

wie wir sind. So wie wir leben, so atmen wir <strong>und</strong> so wie wir atmen, so leben<br />

wir. Leben wir verhalten, dann atmen wir verhalten. Wenn wir bewusst auf unseren<br />

Atem achten, haben wir die Chance, dies wahrzunehmen <strong>und</strong> zu ändern.<br />

2.2. Vielfalt der <strong>Atemarbeit</strong><br />

2.2.1. Ziele der <strong>Atemarbeit</strong><br />

Ein zentrales Anliegen ist die salutogenetische Betrachtungsweise, die Entfaltung<br />

<strong>und</strong> Stärkung der Ressourcen des Menschen. Den Zugang der inneren Kraft- <strong>und</strong><br />

Heilquellen zu entdecken, um daraus schöpfen zu können. Über Atem <strong>und</strong> Bewegung<br />

wird der Mensch in Kontakt mit seinen eigenen Kräften gebracht <strong>und</strong> lernt sie<br />

mit der Zeit kreativ zu nutzen. Angesetzt wird an den individuellen Möglichkeiten, der<br />

aktuellen Befindlichkeit <strong>und</strong> den Bedürfnissen des Menschen. Dabei steht das Fördern<br />

von vorhandenen Potenzialen <strong>und</strong> Widerstandskräften im Vordergr<strong>und</strong>. Sind<br />

diese genug entwickelt <strong>und</strong> gestärkt, können sie helfen eine Krankheit oder ein<br />

Problem zu bewältigen oder besser damit umzugehen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e können<br />

Symptome verschwinden, weil im Mittelpunkt der <strong>Atemarbeit</strong> das Ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> die<br />

Freisetzung der inneren Heilkräfte stehen.<br />

Bei diesen Prozessen ist Bewusstheit ein wichtiger Bestandteil. Die gewonnenen Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Erkenntnisse helfen uns dabei, wenn nötig, Veränderungen zu unserem<br />

ganzheitlichen Wohl anzugehen.<br />

„Um zu tun, was man will, muss man fühlen <strong>und</strong> wissen, was man tut“ (Bersin in Milz<br />

1944, S. 93). Durch achtsames Üben mit Atem <strong>und</strong> Bewegung können wir bewusst<br />

wahrnehmen, wie wir mit unserem Körper, unserem Atem - uns selbst umgehen. Wir<br />

erleben <strong>und</strong> spüren wieder, was uns gut tut <strong>und</strong> was nicht. Unsere Stärken <strong>und</strong><br />

Schwächen sowie Strategien, wie wir mit uns, mit anderen <strong>und</strong> mit unserem Leben<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 7 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

umgehen, werden deutlich. Diese wachsende Bewusstheit gilt es für das Wesentliche<br />

im Leben, Ges<strong>und</strong>heit, ganzheitliches Wohlbefinden, persönliche Entfaltung, befriedigende<br />

Arbeit, erfüllte Beziehungen <strong>und</strong> Freude am Leben einzusetzen.<br />

Die Auseinandersetzung mit sich selbst, wie auch Neues zu wagen, erfordert Kraft,<br />

Mut, Vertrauen <strong>und</strong> Entscheidungsfähigkeit, dass es zum eigenen Besten geschieht<br />

<strong>und</strong> das Neue eine Verbesserung wird. Dabei unterstützen die erworbenen Ressourcen<br />

<strong>und</strong> stärkenden Atemkräfte, notwendige Veränderungen herbeizuführen.<br />

Durch den zugelassenen Atem gewinnt der Mensch allmählich seine Ganzheit zurück,<br />

indem nicht oder weniger gelebte Selbstanteile mehr <strong>und</strong> mehr zugelassen<br />

werden können. Dinge, die im Hintergr<strong>und</strong> schlummerten oder ganz verdrängt wurden,<br />

können bewusst <strong>und</strong> integriert werden. Mehr Lebenskraft <strong>und</strong> Spontaneität,<br />

Staunen <strong>und</strong> Sein, Ruhe <strong>und</strong> Gelassenheit, mehr Liebeskraft <strong>und</strong> Begegnung, mehr<br />

Direktheit <strong>und</strong> Aufrichtigkeit usw. wird möglich. Dadurch entwickeln wir immer mehr<br />

unser Potenzial <strong>und</strong> nähern uns unserem eigentlichen Wesen.<br />

Durch die mit <strong>Atemarbeit</strong> erreichte grössere Verb<strong>und</strong>enheit mit uns <strong>und</strong> unseren<br />

Kräften, vermögen wir unser gewohntes Verhalten zu ändern, so dass die persönliche<br />

Entwicklung erleichtert wird. Auf diese Weise kann die ganzheitliche Sicht- <strong>und</strong><br />

Wirkungsweise der Atemtherapie in vielen Bereichen effizient helfen, zum Beispiel<br />

bei Krankheiten <strong>und</strong> Problemen körperlicher, seelischer, geistiger oder sozialer Art.<br />

Zugleich zählt sie zu den wertvollsten Krankheitsprophylaxen.<br />

Weitere gr<strong>und</strong>sätzliche Ziele sind:<br />

• Das Erfahren <strong>und</strong> Zulassen des eigenen Atems im gesamten Körper, einer<br />

ausgeglichenen Muskelspannung, einer optimalen Beweglichkeit in den Gelenken,<br />

einer Durchlässigkeit des Körpers für die Atembewegung <strong>und</strong> einer<br />

ausgeglichenen psychischen Wachheit des Menschen.<br />

• Die Entfaltung <strong>und</strong> Entwicklung von Selbstvertrauen, Lebensfreude, Kreativität,<br />

Eigenverantwortung <strong>und</strong> Handlungsfähigkeit.<br />

2.2.2. Arbeitsmöglichkeiten in der <strong>Atemarbeit</strong><br />

Es gibt verschiedene Varianten, diese Ziele zu erreichen:<br />

• Atem <strong>und</strong> Bewegung<br />

Die Bewegung wird vor allem genutzt, um den Atem ins Fliessen zu bringen.<br />

Verschiedene Formen von Bewegungen oder Bewegungsabläufen zählen zu<br />

den einfachsten Möglichkeiten, den Atem ohne willentlichen Einsatz zu beeinflussen<br />

<strong>und</strong> sich aus festgelegten <strong>und</strong> eingeschränkten Mustern zu befreien.<br />

Dabei kann sich der Atem von selbst auf die Bewegungsangebote einstellen.<br />

Ein freier, zugelassener Atem wird in einer bestimmten Weise <strong>und</strong> je nach Angebot<br />

wechselnd reagieren. Beim Nachspüren nach jeder „Atemübung“ erfahren<br />

wir dies unter anderem <strong>und</strong> können dann auf diesen wertvollen Eigenerfahrungen<br />

aufbauen. Die Bewegung kann gezielt eingesetzt werden, um die<br />

körperlichen Voraussetzungen für einen freien Atemfluss zu verbessern; gemeint<br />

sind Eutonus, Beweglichkeit, mühelose aufrechte Körperhaltung <strong>und</strong><br />

Durchlässigkeit für die Atembewegung.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 8 von 27


• Muskelspannung<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Die flexible situationsgerechte Anpassung der Muskeln ist eine wesentliche<br />

Voraussetzung, damit der Atem frei <strong>und</strong> lebendig auf innere <strong>und</strong> äussere Einflüsse<br />

eingehen kann. Das heisst, er muss seine Form wie Frequenz, Tiefe,<br />

Bewegung <strong>und</strong> Rhythmus verändern können. Das Wechselspiel von Spannen<br />

<strong>und</strong> Lösen der Muskeln ist für deren uneingeschränkte Funktion, für die Erhaltung<br />

der Bewegungsmöglichkeiten <strong>und</strong> für ein freies Atmen sehr wichtig.<br />

Die Muskelspannung wird in der <strong>Atemarbeit</strong> direkt beeinflusst. Überspannungen<br />

werden gelöst, Unterspannungen angehoben <strong>und</strong> die Flexibilität der<br />

Spannungsregulierung <strong>und</strong> Wohlspannung hergestellt. Dies führt zu freieren<br />

Gelenken, besserer Beweglichkeit <strong>und</strong> Durchlässigkeit, besserer Durchblutung<br />

<strong>und</strong> Sauerstoffversorgung <strong>und</strong> letztendlich zu einem freieren Atemfluss.<br />

• Atem <strong>und</strong> Haltung<br />

Wir sind in jedem Moment gefordert, die unseren individuellen Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> der jeweiligen Situation entsprechende “richtige Haltung“ zu finden. Die<br />

Haltung soll weniger zu einem gehaltenen Zustand werden, als vielmehr zu<br />

einem dynamischen Gleichgewicht, das immer wieder neu gef<strong>und</strong>en werden<br />

muss. Sie ist durch die individuelle Körperstruktur <strong>und</strong> deren Verfassung bestimmt<br />

<strong>und</strong> spiegelt auch die seelische Befindlichkeit <strong>und</strong> die Geisteshaltung<br />

des Menschen wider.<br />

Die Muskeln halten vor allem durch ihre Gr<strong>und</strong>spannung das Skelett in einer<br />

aufrechten Haltung. Zudem bewegen sie durch Anspannen <strong>und</strong> Lösen das<br />

Skelett <strong>und</strong> können damit die Haltung ändern. Wir können wohl angeborene<br />

Fehlbildungen kaum verändern <strong>und</strong> Krankheiten oft nicht abwenden, jedoch<br />

können wir wählen, wie wir mit ihnen umgehen <strong>und</strong> leben, <strong>und</strong> wir können<br />

Haltungsschwächen hinnehmen oder aktiv versuchen, sie zu verbessern oder<br />

sogar zu beheben. Meist nehmen wir aber einfach unsere gewohnte, vielfach<br />

unbewusste Haltung ein.<br />

Gleich, ob die Ursachen für eine “falsche Haltung“ körperlicher, seelischer<br />

oder geistiger Natur sind, mit Hilfe einer Kombination aus dehnenden, lösenden<br />

<strong>und</strong> aktivierenden Atem- <strong>und</strong> Bewegungsübungen kann vielfach eine<br />

mühelose aufrechte Haltung wieder erarbeitet werden. Die Atmung wird dabei<br />

nicht nur freier <strong>und</strong> leichter, sondern sie wirkt bei dem Prozess unterstützend<br />

mit. Von unten stabilisiert der aufrichtende Ausatem die Haltung, von oben<br />

löst der absteigende Ausatem Spannungen <strong>und</strong> von der Mitte zentriert der horizontale<br />

Atem von innen Ich-stärkend auf. Sind wir körperlich, seelisch <strong>und</strong><br />

geistig gestärkt <strong>und</strong> in unserer Haltung beweglich, kann sie sich flexibel jeder<br />

Situation anpassen. So ist die “physiologisch mühelose Haltung“ ein Ideal, mit<br />

dem wir uns lebenslang auseinandersetzen <strong>und</strong> uns anzunähern versuchen.<br />

Sie ist meist in Bewegung, vielleicht unterbrochen von Momenten inneren <strong>und</strong><br />

äusseren Gleichgewichts.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 9 von 27


• Atembewegung<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Der Atem wird nicht nur durch Bewegung ausgelöst, sondern Atem ist selbst<br />

Bewegung. Beim Einatmen weiten sich die Körperwände nach aussen <strong>und</strong><br />

beim Ausatmen schwingen sie wieder zurück. Durch dieses immer währende<br />

Weit- <strong>und</strong> Schmal-Werden erleben wir den Atem als Atembewegung <strong>und</strong><br />

spüren, dass wir atmen. Diese Atembewegung kann sich bei entsprechender<br />

Durchlässigkeit - wohlgespannter Muskulatur, freien Gelenken, elastischen<br />

Geweben - im ganzen Rumpf <strong>und</strong> als Welle oder Schwingung bis in die Extremitäten<br />

ausbreiten. Erreicht die Atembewegung bestimmte Körperregionen<br />

nicht von selbst, dann kann sie gezielt über Sammlung, Berührung, Bewegung<br />

oder Stimme erarbeitet werden.<br />

Bei einer optimal funktionierenden Atmung wird die Atembewegung am deutlichsten<br />

knapp unterhalb des Nabels - dem Atempulspunkt - spürbar. Von hier<br />

breitet sich dann die Atembewegung im ganzen Körper aus.<br />

Die Atembewegung hat ähnliche Wirkungen wie die Bewegung. Sie löst ebenfalls<br />

muskuläre Überspannungen im Körper, aktiviert unterspannte Bereiche<br />

<strong>und</strong> fördert Wohlspannung <strong>und</strong> Durchlässigkeit. Sie vermittelt ein Gefühl von<br />

Lebendigkeit <strong>und</strong> Kraft. Sie hilft zu entspannen <strong>und</strong> zu regenerieren, fördert<br />

den Herz- <strong>und</strong> Lymphkreislauf <strong>und</strong> wirkt unterstützend auf die Bauchorgane.<br />

Zudem hat sie eine tiefgreifende Wirkung in die seelisch-geistigen Bereiche.<br />

• Atemräume<br />

Beim Weiten der Körperwände im Einatem entsteht Raum <strong>und</strong> Volumen, dadurch<br />

fühlt sich dieser Bereich weiter <strong>und</strong> grösser an. Diese Empfindung besteht<br />

nicht nur im Moment des Einatems, sondern hält mehr oder weniger<br />

lang an. So entsteht eine Körperwahrnehmung von unserem Innenraum, der<br />

durch die Körperwände vom Aussenraum, von der Umwelt getrennt ist. Die<br />

Körpergrenzen werden dadurch deutlich spürbar.<br />

Der Innenraum wird in drei Atemräume - den unteren, mittleren <strong>und</strong> oberen<br />

- unterteilt. In jedem der Atemräume entfaltet <strong>und</strong> gestaltet sich die Atembewegung<br />

in unterschiedlicher Weise mit charakteristischen körperlichen,<br />

seelischen <strong>und</strong> geistigen Qualitäten. Wieviel Atemraum in diesen Körperbereichen<br />

zugelassen werden kann, spiegelt unmittelbar, wieviel Raum diesem<br />

Thema im Leben gegeben wird.<br />

• Atemkraft <strong>und</strong> Ausatemrichtung<br />

Beim Zurückschwingen der Körperwände im Ausatem können wir wahrnehmen,<br />

wie sich der Atemraum verkleinert <strong>und</strong> verdichtet, dadurch entsteht die<br />

Ausatemkraft. Sie nimmt, je nachdem in welchem Atemraum sie entsteht, eine<br />

bestimmte Richtung mit unterschiedlicher Wirkung ein. Wir können dies<br />

spüren, wenn wir die Ausatembewegung mit unserer Sammlung bewusst begleiten.<br />

Der aufsteigende Ausatem beinhaltet eine vitale, aufrichtende Kraft <strong>und</strong> unterstützt<br />

die aufrechte Haltung.<br />

Der absteigende Ausatem ist eine sanfte, lösende Kraft <strong>und</strong> fördert das Lösen<br />

<strong>und</strong> Nachgeben von Spannungen <strong>und</strong> Festhaltungen sowie das Niederlassen<br />

auf den Boden.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 10 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Der horizontale Ausatem besitzt eine zentrierende Mittenkraft <strong>und</strong> bildet Ich-<br />

Stärke.<br />

Alle drei Kräfte wirken wieder auf körperlicher, seelischer <strong>und</strong> geistiger Ebene.<br />

Im Einzelnen geübt, fördern sie verschiedene Aspekte unseres Seins. Zusammen<br />

ergänzen sie sich in ihrer Wirkung <strong>und</strong> unterstützen den Menschen<br />

in seiner Ganzheit.<br />

• Atemrhythmus<br />

In der <strong>Atemarbeit</strong> wird eine ganz besondere Bedeutung dem Atemrhythmus<br />

beigemessen. Er besteht in der Ruheatmung aus drei Phasen, dem Einatem,<br />

dem Ausatem <strong>und</strong> der Atemruhe. Dieser Gr<strong>und</strong>rhythmus verändert sich bei<br />

Aktivität, indem die Atemruhe weg fällt. Beim Sprechen <strong>und</strong> Singen entfällt die<br />

Atempause ebenfalls, der Ausatem wird verlängert <strong>und</strong> der Einatem reflektorisch<br />

verkürzt.<br />

Wie die meisten lebendigen Rhythmen veränderbar sind, trifft dies auch beim<br />

Atemrhythmus zu. Im Gr<strong>und</strong>e gleicht kein Atemzug dem anderen. Sobald sich<br />

die Aktivität, das Fühlen, das Denken verändert, verändert sich entsprechend<br />

der Atemrhythmus <strong>und</strong> zwar im Verhältnis der einzelnen Atemphasen zueinander<br />

<strong>und</strong> das Tempo des gesamten Rhythmus'. Bei jedem Menschen geschieht<br />

dies unterschiedlich, denn jeder Mensch reagiert entsprechend seinen<br />

Anlagen <strong>und</strong> Lebenserfahrungen verschieden.<br />

Der Atemrhythmus enthält in seinen drei Phasen, Einatem - Ausatem - Atemruhe,<br />

unterschiedliche Qualitäten, Eigenschaften <strong>und</strong> Weisheiten. Er ist die<br />

Daseins-Weise, in der wir dem Menschen in der <strong>Atemarbeit</strong> vorwiegend begegnen.<br />

Im Atemrhythmus zeigt sich der Mensch in seiner Individualität, seiner<br />

Befindlichkeit, seiner Kontaktfähigkeit <strong>und</strong> Kontaktbereitschaft, wie auch<br />

in seiner Geschichte <strong>und</strong> seinem „Geworden Sein“.<br />

Der Atemrhythmus spiegelt Bef<strong>und</strong> <strong>und</strong> Befinden zugleich. Er trägt das Wesen<br />

des Menschen in sich - auch wenn es unter einer Vielzahl von Fassaden<br />

verborgen sein mag. So ist die Arbeit am Atemrhythmus Arbeit am Wesen<br />

des Menschen wie auch das eigentliche Ziel, den Menschen wieder mit seinem<br />

Ur-Atemrhythmus in Verbindung zu bringen. Der Atemrhythmus ist zugleich<br />

Medium für Diagnostik, <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> Begegnung, in der wir mit ihm in<br />

der <strong>Atemarbeit</strong> kommunizieren.<br />

Mein Atem kommt, mein Atem geht <strong>und</strong> ruht im ewigen Kreislauf <strong>und</strong> ist ein<br />

tanzender Rhythmus, wenn ich ihn zu spüren, zu leben, zu erfahren weiss.<br />

Ausschnitt aus: Der Erfahrbare Atem in seiner Substanz, Ilse Middendorf<br />

Die <strong>Atemarbeit</strong> geht noch viel weiter, es sprengt jedoch den Rahmen dieser Arbeit,<br />

weiter darauf einzugehen. Deshalb sind weiterführende Bereiche der Atemtherapie<br />

nur noch stichwortartig aufgelistet.<br />

• <strong>Atemarbeit</strong> mit Vokalen <strong>und</strong> Konsonanten<br />

• Rücken <strong>und</strong> Gelenke<br />

• Fingerkuppenarbeit<br />

• Arbeit mit den Körperhöhlen<br />

• Arbeit mit den inneren Organen<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 11 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Der Kopf in der <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Die Hände in der <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Zentrumsarbeit<br />

• Duft <strong>und</strong> Hauch<br />

• Arbeit mit Spannung <strong>und</strong> Widerstandskraft<br />

• Innerer <strong>und</strong> äusserer Atem<br />

• Arbeit mit den Knochen<br />

• Poren-Atem <strong>und</strong> Wand-Atem<br />

• Das Spiral-Motiv im bewussten zugelassenen Atem<br />

• <strong>Atemarbeit</strong> mit einem/einer Partner/Partnerin<br />

• Atemmeditation<br />

Bild: Einzeltherapie<br />

2.3. Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Voraussetzungen der <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Die Körperwahrnehmung wird in der Arbeit mit Atem <strong>und</strong> Bewegung intensiv<br />

geschult. Durch sie sind wir erst in der Lage, unseren Körper <strong>und</strong> Atem<br />

differenziert wahrzunehmen. Die Körperwahrnehmung verleiht Zugang zu den<br />

inneren Kräften <strong>und</strong> Ressourcen. So können wir durch einen guten Bodenkontakt<br />

Gr<strong>und</strong>vertrauen erfahren oder durch die Beweglichkeit im Becken unsere<br />

Lebenskraft spüren.<br />

• Mit dem zugelassenen Atem zu arbeiten, ohne willentlich einzugreifen, ist<br />

meistens das Schwierigste für die Menschen. Ungewohnte Fähigkeiten sind<br />

gefragt wie zulassen, nicht tun, sondern nur lassen <strong>und</strong> warten in Hingabe<br />

<strong>und</strong> Achtsamkeit. Wie erstaunt <strong>und</strong> ergriffen sind die Klientinnen dann, wenn<br />

sie spüren, es atmet einfach <strong>und</strong> zwar mühelos, wenn es ihnen gelingt, den<br />

Atem so zu lassen, wie er ist. So einfach <strong>und</strong> doch so schwierig ist es:<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 12 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Wir lassen den Atem kommen, wir lassen ihn gehen <strong>und</strong> warten,<br />

bis er von selbst wieder kommt.<br />

• Erst die Sammlungsfähigkeit macht die erstaunliche Wirksamkeit der einfachen<br />

Atem- <strong>und</strong> Bewegungsübungen aus. Über Hingabe <strong>und</strong> Achtsamkeit,<br />

die der Mensch sich selbst gegenüber einzunehmen lernt, kann er schrittweise<br />

Sammlungs-, Empfindungs- <strong>und</strong> Spürfähigkeiten entwickeln. Hingabe <strong>und</strong><br />

Achtsamkeit beschreiben eine innere Haltung, die gekennzeichnet ist durch<br />

ein absichtsloses, nicht wertendes, aber dennoch waches <strong>und</strong> aufmerksames<br />

Geschehen-Lassen körperlicher <strong>und</strong> seelischer Veränderungen. In dieser<br />

Haltung überlassen wir uns einem physischen oder seelischen Prozess, versuchen,<br />

nicht manipulativ in das Geschehen einzugreifen, nehmen es dabei<br />

trotzdem wach <strong>und</strong> bewusst wahr. Die Balance zwischen diesen beiden Polen<br />

- der Kraft der Hingabe <strong>und</strong> der Kraft der Achtsamkeit - ist immer wieder neu<br />

zu finden.<br />

Im Unterschied zu anderen Atem- <strong>und</strong> therapeutischen Verfahren wird in der<br />

Arbeit mit dem bewusst zugelassenen Atem das Atemgeschehen in keiner<br />

Weise forciert. Vielmehr handelt es sich um eine übungszentrierte <strong>und</strong> ressourcen-aktivierende<br />

Methode, die über Sammlungsfähigkeit, die Ausgewogenheit<br />

von Hingabe <strong>und</strong> Achtsamkeit <strong>und</strong> das Zulassen der Atembewegung<br />

das körperlich-seelisch-geistige Entwicklungspotenzial des Menschen anspricht.<br />

Sie kann auch als Ich-Kraft verstanden werden, eine Fähigkeit, sich in<br />

besonderer Weise dem eigenen Inneren zuzuwenden.<br />

Bild: Atemtherapie mit Kindern<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 13 von 27


3. Die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong><br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

3.1. Ursprung <strong>und</strong> Definition der <strong>Craniosacral</strong>en Osteopathie<br />

Die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> ist, erst Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts, aus der Osteopathie<br />

heraus entstanden, deren Begründer Dr. Andrew Tayler Still ist (1828-1954).<br />

Sein Leitmotiv war: Der erste Gr<strong>und</strong>satz eines Arztes muss sein, das Ges<strong>und</strong>e im<br />

Individuum zu finden, denn Krankheit kann jeder finden.<br />

Der Osteopath Dr. William Garner Sutherland (1873-1954), Begründer der Cranialen<br />

Osteopathie vertiefte die Erkenntnisse <strong>und</strong> formulierte die Gr<strong>und</strong>thesen der Cranialen<br />

Osteopathie. Seine intensive Forschungs- <strong>und</strong> Pionierarbeit beruht auf der Erkenntnis,<br />

dass sich die Schädelknochen innerhalb ihrer Struktur bewegen <strong>und</strong> nicht<br />

wie bisher angenommen, verknöchert sind. Die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> beinhaltet einfache<br />

<strong>und</strong> wenig eingreifende Mobilisierungstechniken aus der Schädel Osteopathie.<br />

Der Name <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> wurde in den 70er Jahren erstmals vom amerikanischen<br />

Forscher <strong>und</strong> Osteopathen Dr. John E. Upledger während seiner Forschungsarbeiten<br />

an der Michigan Universität geprägt. Er gab als Erster seine Erkenntnisse<br />

<strong>und</strong> Lehren auch an Nicht-Osteopathen weiter.<br />

Der Name <strong>Craniosacral</strong>e Osteopathie setzt sich aus den Begriffen “Cranium“<br />

(Schädel) <strong>und</strong> “Sacrum“ (Kreuzbein) sowie aus “Osteo“, was Knochen bedeutet<br />

<strong>und</strong> “Pathos“, was Krankheit oder Leiden bedeutet zusammen. Die beiden Pole<br />

“Schädel“ <strong>und</strong> “Kreuzbein“ bilden mit dem Gehirn <strong>und</strong> den Rückenmarkshäuten<br />

(Membranen) eine Einheit, das heisst ein System, in welchem die Gehirnflüssigkeit<br />

bzw. Liquor rhythmisch pulsiert.<br />

Ein wichtiger Hintergr<strong>und</strong> dieser Arbeit ist die Annahme, dass das Gehirn sowie das<br />

Hirnwasser eine autonome <strong>und</strong> rhythmische Bewegung haben. Diese gemeinsame<br />

Bewegung von Hirn <strong>und</strong> Hirnwasser nannte Sutherland im Gegensatz zur Lungenatmung<br />

das Primäre Atemsystem oder „Breath of Life.“ Heute gibt es Untersuchungen,<br />

die belegen, dass das Hirngewebe sowie das Hirnwasser eine Eigenbewegung haben,<br />

welche unabhängig von Atmung <strong>und</strong> Herzrhythmus ist. Diese Bewegung überträgt<br />

sich auf das ganze <strong>Craniosacral</strong>e System. Die Bewegung erfasst die Hirnhäute,<br />

die einzelnen Schädelknochen, die Wirbelsäule <strong>und</strong> das Kreuzbein. Von dort überträgt<br />

sich die Bewegung auf das Skelett <strong>und</strong> das Bindegewebe <strong>und</strong> weiter auf den<br />

ganzen, zum grössten Teil aus Wasser bestehenden Organismus.<br />

Diese wellenförmige Bewegung ist am Cranium sowie am ganzen Körper palpierbar.<br />

Ist die Fluktuationswelle in einer Region nicht zu ertasten, weist dies auf eine lokale<br />

Verletzung oder Blockade hin. Die erkennende Berührung des <strong>Craniosacral</strong> Praktizierenden<br />

ist Gr<strong>und</strong>lage für das weitere Vorgehen. Die therapeutischen Ansätze reichen<br />

von deutlich manuellen Techniken bis hin zu einem subtilen Aufspüren <strong>und</strong> Begleiten<br />

der Primären Atembewegung in den Strukturen des Organismus'. Mit der befreiten<br />

Bewegung des Primären Atemsystems in allen Strukturen tritt, je nach individueller<br />

Krankheitssituation, möglicher Ges<strong>und</strong>ungsprozess ein.<br />

Für die Therapeutin ist eine vertiefte Kenntnis in Anatomie <strong>und</strong> Physiologie der Gewebestrukturen<br />

<strong>und</strong> Körperfunktionen wichtig, die Entfaltung wissender, spürender<br />

<strong>und</strong> fühlender Hände sowie die Schulung des Bewusstseins der freien Aufmerksamkeit.<br />

Der ges<strong>und</strong>e Mensch, das ges<strong>und</strong>e lebendige Gewebe <strong>und</strong> die Physiologie<br />

sind Wegweiser, um ihn in seiner Selbstheilung zu unterstützen.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 14 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

3.2. Gr<strong>und</strong>lagen der Cranialen Osteopathie<br />

Da die Wurzeln der Cranialen Osteopathie, wie schon erwähnt, die Osteopathie ist,<br />

erscheint es mir wichtig, die Prinzipien der Osteopathie als Erstes zu beschreiben.<br />

• Struktur <strong>und</strong> Funktion bedingen sich gegenseitig.<br />

• Der Körper hat selbstregulierende, selbstheilende Fähigkeiten.<br />

• Das arterielle System sowie das Nervensystem haben eine grosse Bedeutung<br />

für die Ges<strong>und</strong>heit des Menschen.<br />

• Das Muskelsystem ist nicht nur ein Halteapparat. Es reagiert sehr empfindlich<br />

auf Stress. Ein nicht richtiges Funktionieren kann eine gute Blut- <strong>und</strong> Nervenversorgung<br />

behindern.<br />

• Auch wenn sich in einem bestimmten Bereich des Körpers Krankheit manifestiert,<br />

kann über andere Bereiche des Körpers eine Heilung eingeleitet werden.<br />

Die ersten Osteopathen arbeiteten nach diesen Prinzipien <strong>und</strong> waren entsprechend<br />

erfolgreich, vor allem im Bereich der Infektionskrankheiten.<br />

Heute gibt es drei Teilbereiche innerhalb der Osteopathie:<br />

• Der Parietale Bereich beinhaltet Muskeln, Knochen, Gelenke <strong>und</strong> Faszien.<br />

• Der Viscerale Bereich ist zuständig für die inneren Organe, das vegetative<br />

Nervensystem <strong>und</strong> die hormonellen Steuerungsmechanismen.<br />

• Der Craniale Bereich umschliesst vor allem Kopf <strong>und</strong> Becken, die über die<br />

spinalen Hirnhäute, die im Wirbelkanal verlaufen <strong>und</strong> Gehirnflüssigkeit enthalten,<br />

verb<strong>und</strong>en sind.<br />

Die Gr<strong>und</strong>lagen der Cranialen Osteopathie werden von Becker, einem Schüler<br />

von W. G. Sutherland, in fünf Thesen zusammengefasst:<br />

• Die Motilität des zentralen Nervensystems<br />

Motilität ist die Fähigkeit, aus sich selbst heraus spontan Bewegung auszudrücken.<br />

Das zentrale Nervensystem bewegt sich von innen heraus - genau<br />

wie die inneren Organe - um die Achse seiner embryologischen Entfaltungsbewegung:<br />

das heisst, es wiederholt ständig die Bewegung, die es einmal gemacht<br />

hat, als es sich aus dem Keimblatt entfaltete.<br />

• Die Fluktuation des Hirnwassers innerhalb der Hirnhäute<br />

Fluktuation ist nach Websters Lexikon „Die Bewegung einer in einem natürlichen<br />

oder künstlichen Hohlraum enthaltenen Flüssigkeit“. Nach Sutherland ist<br />

es der in der Flüssigkeit enthaltene Atem des Lebens.<br />

• Das reziproke Spannungsmembransystem der Dura mater<br />

Das Membransystem der Dura mater steht unter einer ständigen physiologischen<br />

Spannung. Reziprok bedeutet, dass sich die Spannungsverhältnisse an<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 15 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

einem Ende des Systems unweigerlich auf das andere Ende auswirken. Die<br />

Dura mater (Hirnhaut) überträgt die Eigenbewegung auf die Schädelknochen<br />

<strong>und</strong> das Kreuzbein.<br />

• Die gelenkartige Beweglichkeit der Schädelknochen in ihren Nähten.<br />

Das bedeutet, die Schädelknochen bleiben bis ins hohe Alter frei beweglich.<br />

• Die unwillkürliche Beweglichkeit des Kreuzbeins zwischen den Ilien<br />

das Kreuzbein bewegt sich unwillkürlich zusammen mit dem <strong>Craniosacral</strong><br />

Rhythmus. Das setzt eine gewisse Beweglichkeit zwischen dem Kreuzbein<br />

<strong>und</strong> den Darmbeinen (Ilien) voraus. Zur Zeit Sutherlands herrschte noch die<br />

offizielle Lehrmeinung vor, dass es sich bei den Kreuz-Darmbeingelenken um<br />

Synarthrosen, also unbewegliche Knochenverbindungen, handelt.<br />

Alle Elemente dieser fünf Thesen müssen ihre Funktion erfüllen können, damit das<br />

Primäre Atemsystem als Ganzes zum vollen Ausdruck kommen kann.<br />

Mit diesen fünf Gr<strong>und</strong>thesen werden die wichtigsten anatomischen Strukturen sowie<br />

die Beweglichkeit dieser Strukturen <strong>und</strong> die Richtung der Bewegungsübertragung<br />

des <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus beschrieben: vom Hirnwasser auf die Hirnhäute <strong>und</strong> von<br />

den Hirnhäuten auf die knöchernen Strukturen. Sutherland betrachtet die Fluktuation<br />

der cerebrospinalen Flüssigkeit als erstes <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentalstes Merkmal des Primären<br />

Atemmechanismus'. Er bezog sich in seinen Abhandlungen immer wieder auf<br />

A. T. Still, der die cerebrospinale Flüssigkeit als das höchste bekannte Element,<br />

welches im Körper enthalten ist, betrachtete. Wenn das Gehirn diese Flüssigkeit<br />

nicht in grosszügiger Fülle herstellt, wird es eine eingeschränkte Funktion des Körpers<br />

geben.<br />

3.2.1 Der <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus - Ausdruck der Primär Atmung<br />

Der <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus ist mit 2.5 bis 16 Zyklen pro Minute wie auch die langsamere<br />

Mid <strong>und</strong> Long Tide Ausdruck des Lebensatems. Gr<strong>und</strong>sätzlich drückt die Primär<br />

Atmung mit ihren verschiedenen Rhythmen immer Ges<strong>und</strong>heit aus. Sie strebt<br />

immer nach dem “vollkommenen Bauplan der Existenz“, dem Ursprünglichen, der<br />

Ganzheit. Der Ausdruck der Primär Atmung ist stets auf optimale Harmonisierung<br />

des Gesamtorganismus' bis auf die Zellebene bedacht.<br />

Es gibt verschiedene Theorien <strong>und</strong> Hinweise, welche Faktoren <strong>und</strong> Strukturen an<br />

der Entstehung dieser zeitlupenmässig-langsamen Bewegungen beteiligt sind. Was<br />

die Bewegungen des <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus' entstehen lässt, wo genau oder wodurch<br />

er gesteuert wird, konnte jedoch bis jetzt nicht endgültig geklärt werden. Wahrscheinlich<br />

tragen verschiedene Einflüsse dazu bei. Die zahlreichen Behandlungserfolge<br />

<strong>und</strong> die praktischen Erfahrungen in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> sprechen für<br />

sich.<br />

• In der Inhalationsphase führen alle in der Mittellinie gelegenen Strukturen eine<br />

Rotation um eine transversale Achse aus <strong>und</strong> alle bilateralen Strukturen<br />

gehen in Aussenrotation.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 16 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• In der Expirationsphase führen alle in der Mittellinie gelegenen Strukturen eine<br />

der Inspiration gegenläufige Rotation um eine transversale Achse aus; alle<br />

bilateralen Strukturen gehen in Innenrotation.<br />

• Etwa in der Mitte des Weges zwischen Inspirations- <strong>und</strong> Expirationsstellung<br />

macht die Bewegung eine winzige Pause. Die Stelle dieses kurzen Innehaltens<br />

wird auch “neutrale Zone“ oder einfach “Neutral“ genannt.<br />

• Dann gibt es Ruhepunkte, auch Stillpoints genannt, die von selbst entstehen.<br />

Sie sind Ausdruck für eine Zeitspanne, in der der <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus<br />

ruht. Ein Stillpoint dauert meist zwischen zwanzig Sek<strong>und</strong>en <strong>und</strong> vier Minuten.<br />

Er kann aber auch kürzer <strong>und</strong> wesentlich länger dauern. Manchmal<br />

kommt der Rhythmus auch für einen oder zwei Zyklen kurz zurück, um dann<br />

gleich wieder in einen Ruhepunkt zu gleiten.<br />

Stillpoints geschehen von alleine, zum Beispiel wenn der Mensch komplett<br />

entspannt ist, in der Meditation oder in Tiefschlafphasen. Zudem können sie<br />

therapeutisch eingeführt werden.<br />

3.2.2. Die Qualitätsmerkmale des <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus' (CSR) sind:<br />

• Stärke: Der CSR kann eher zaghaft <strong>und</strong> kaum spürbar sein, im Gegensatz zu<br />

einer sehr kräftigen Bewegung, die nach innen <strong>und</strong> aussen führt. Die Stärke<br />

ist nicht mit der Weite oder Häufigkeit zu verwechseln.<br />

• Amplitude/Bandbreite/Weite: Der CSR kann einen grossen, weiten Bereich<br />

der Aussen-Innen-Rotation aufweisen oder im Gegensatz dazu einen eher<br />

schmalen, eingeschränkten Bereich. Dann gibt es Menschen <strong>und</strong> Körperzonen,<br />

deren CSR eindeutig mehr Flexion oder Extension aufweist.<br />

• Symmetrie rechts-links/Ebenmässigkeit: Der CSR kann auf beiden Körperseiten<br />

gleichmässig oder auf einer Seite eingeschränkt sein. Wir nehmen<br />

die Symmetrie der Bewegung rechts <strong>und</strong> links der Mittellinie wahr.<br />

• Frequenz/Zyklen pro Minute/Häufigkeit: Der CSR bewegt sich, wie schon<br />

erwähnt, in einem Zyklus von ca. 6 -12 x pro Minute.<br />

Findet ein Ebenenwechsel statt, kann anstelle von 6 -12 Zyklen pro Minute<br />

auch die so genannte Mid Tide mit 2 - 3 x pro Minute palpiert werden.<br />

3.3. Verschiedene Behandlungsansätze der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong><br />

Die Craniale Osteopathie hat sich seit ca. 1935, die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> in den<br />

letzten 25 Jahren stetig weiterentwickelt. Unterdessen sind verschiedene Behandlungsansätze<br />

in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> bekannt. Sie alle fördern langsame<br />

Rhythmen von 2 bis 14 Zyklen pro Minute <strong>und</strong> ein ausgeglicheneres <strong>Craniosacral</strong><br />

System. Wie bei anderen Methoden gibt es unterschiedliche Herangehensweisen,<br />

die zum Ziele führen.<br />

• Der biomechanisch-strukturelle Behandlungsansatz arbeitet vorwiegend<br />

mit verschiedenen direkten <strong>und</strong> indirekten Lösungstechniken. Er orientiert<br />

sich an der Biomechanik von Sutherland <strong>und</strong> somit an der Auflösung von Ein-<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 17 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

schränkungen/Dysfunktionen im Bereich von Rumpf, Kopf <strong>und</strong> Extremitäten.<br />

Dies geschieht ausführlich am Bindegewebe <strong>und</strong> besonders auf der Knochen-<br />

<strong>und</strong> Membranebene des <strong>Craniosacral</strong> Systems.<br />

• Mit dem strukturell-funktionellen Behandlungsansatz wird zwar noch<br />

strukturell behandelt. Es findet jedoch kein aktives Testen der Bewegungseinschränkung<br />

statt. Das System wird nicht mit der Grenze der Einschränkung<br />

konfrontiert. Stattdessen gilt die Aufmerksamkeit des Behandlers vorwiegend<br />

den freien Bewegungen <strong>und</strong> Rhythmen, welche Vitalität <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

ausdrücken. Diese zeigen den Weg des “Einfachen“, des “Möglichen<br />

an Bewegung“. Das raumgebende, nicht-invasive Lauschen der sich zeigenden<br />

Bewegungen hilft, dass das <strong>Craniosacral</strong> System sich oft selbst ausgleicht.<br />

Nach der Entspannung erfolgt gleichzeitig von selbst eine neue Balance<br />

der Ganzkörpermatrix mit ihren Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkten (Fulkren).<br />

• Der biodynamische Behandlungsansatz orientiert sich neben dem <strong>Craniosacral</strong><br />

Rhythmus, mit 6 - 12 Zyklen, vorwiegend an noch langsameren Rhythmen.<br />

Besonders diese werden als Ausdruck der Primär Atmung, des Lebensatems<br />

verstanden. Die strukturelle Behandlung, das aktive Finden <strong>und</strong> Auflösen<br />

von Dysfunktionen, ist hierbei kein zentrales Thema.<br />

In der Mid Tide (mit ca. 2 - 3 Zyklen pro Minute) verändert sich die Wahrnehmung<br />

insofern, dass unter anderem beim sensitiven Lauschen das Unterscheiden<br />

der Körperstrukturen von Haut, Bindegewebe, Knochen, Dura mater<br />

kaum mehr möglich oder wichtig ist. Stattdessen wird der Körper als Ganzes,<br />

als “Flüssigkeitskörper“ wahrgenommen. Der Körper wird dann vermehrt über<br />

diese Ebene in seiner Selbstregulation bis auf die Zellebene unterstützt. Der<br />

Flüssigkeitskörper ist mehr als das Fliessen des Liquors <strong>und</strong> der Körperflüssigkeiten.<br />

Er bezieht zusätzlich die “Biosphäre“/Aura, das gesamte bioelektrische<br />

Feld im <strong>und</strong> um den Körper mit ein.<br />

Besonders in den Bewegungen der Mid Tide <strong>und</strong> Long Tide ist oft eine darin<br />

sich manifestierende Kraft wahrnehmbar. Die Mittellinie <strong>und</strong> das Wissen über<br />

unsere embryologische Entwicklung werden in den “innewohnenden Behandlungsplan“<br />

mit einbezogen, der sich zeigt, je mehr das “Neutrale“ sich vertieft.<br />

Die Long Tide, 1 Zyklus in 100 Sek<strong>und</strong>en, durchströmt unseren gesamten<br />

Planeten. Sie haucht allem Lebendigen den Lebensatem ein <strong>und</strong> ist mit fortgeschrittener<br />

Erfahrung sowohl ausserhalb als auch im Körper wahrnehmbar.<br />

Die Craniale Osteopathie wird ständig weiter entwickelt durch neue Erkenntnisse<br />

<strong>und</strong> Erfahrungen. In ihrer Einfachheit <strong>und</strong> Komplexität umfasst sie jetzt schon dicke<br />

Bücher. Es gäbe noch vieles zu erläutern <strong>und</strong> aufzuzählen, was jedoch den Rahmen<br />

dieser <strong>Diplomarbeit</strong> sprengen würde.<br />

Wie bei einer Frucht empfehle ich der Leserin, nicht nur über die Frucht, den Atem<br />

oder die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> zu lesen, sondern sie auch zu kosten. Wenn wir eine<br />

Frucht essen, wissen wir mehr über sie <strong>und</strong> ihren Geschmack, als wenn wir viele<br />

Bücher davon gelesen hätten. Genau so können wir den Atem kosten, wenn wir uns<br />

ihm hinwenden in der Einzel- oder Gruppenarbeit. Das gilt ebenso für die <strong>Craniosacral</strong><br />

<strong>Therapie</strong>, dann erst können wir die wohltuende <strong>und</strong> tief greifende Entspannung,<br />

Zentrierung, Lebendigkeit, Leichtigkeit, Weite <strong>und</strong> vieles mehr wahrnehmen<br />

<strong>und</strong> kosten.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 18 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

4. Gemeinsame Ansätze <strong>und</strong> Unterschiede dieser beiden <strong>Therapie</strong>n<br />

4.1. Gemeinsamkeiten in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Beide basieren auf einer ganzheitliche <strong>Therapie</strong>form, die den Menschen als<br />

Wesenseinheit von Körper, Seele <strong>und</strong> Geist betrachtet, wobei die Wirkung auf<br />

allen drei Ebenen über die <strong>Therapie</strong>sitzung hinaus geht.<br />

• Das <strong>Craniosacral</strong> System hat wie das Atmungssystem ein eigenes physiologisches<br />

System mit rhythmischer Eigenbewegung. Sie haben sowohl einen eigenen<br />

wie auch gemeinsamen Rhythmus.<br />

• Ein lebendiger Rhythmus, <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus oder Atemrhythmus, dient<br />

als “Diagnose“ <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong>instrument.<br />

• Salutogenetische Betrachtungsweise, das heisst: Förderung <strong>und</strong> Stärkung<br />

der Selbstheilungskräfte <strong>und</strong> der persönlichen Entwicklung bei ges<strong>und</strong>en wie<br />

kranken Menschen.<br />

• Die <strong>Therapie</strong>n eignen sich für Kinder, Erwachsene <strong>und</strong> betagte Menschen.<br />

Die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> ist zusätzlich sehr wichtig für Babys, weil deren<br />

noch frei bewegliche Schädelknochen während den ersten Lebensjahren über<br />

die Dura zusammengehalten werden.<br />

• Sie zählen als wertvolle Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung in schwierigen Lebenssituationen,<br />

chronischen Krankheiten sowie als effiziente Ges<strong>und</strong>heitsprohylaxe.<br />

• Die Kontraindikationen sind bei beiden <strong>Therapie</strong>formen im Wesentlichen identisch,<br />

nämlich bei Krankheitsbildern wie:<br />

• Akute Verletzungen im Bereich des zentralen Nervensystems.<br />

• Akute Entzündungen im Bereich des zentralen Nervensystems.<br />

• Zeichen von akuten <strong>und</strong> chronischem Hirndruck.<br />

• Kopfschmerzen, Tinitus, Schwindel, welche nicht neurologisch abgeklärt<br />

wurden.<br />

• Menschen mit Neigung zu Psychosen <strong>und</strong> schweren Angstneurosen.<br />

• In Phasen akuter physischer oder psychischer Entgleisung.<br />

• Bei Hyperchondrie (eingebildete Krankheiten).<br />

• Bei beiden Körperarbeiten wird mit grosser Sorgfalt, Achtsamkeit <strong>und</strong> Wertfreiheit<br />

der Persönlichkeit des Klienten <strong>und</strong> der Präsenz des Primären oder<br />

Sek<strong>und</strong>ären “Lebensatems“ begegnet.<br />

• Die Therapeutin pflegt eine mühelose Arbeitsweise <strong>und</strong> begleitet wertfrei mit<br />

freier Aufmerksamkeit den “Lebensatem“ in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> bzw. in<br />

der <strong>Atemarbeit</strong> den “Lungenatem“, unterstützt durch ihre persönliche Erdung<br />

<strong>und</strong> ihr Körperbewusstsein.<br />

• Das wichtigste Werkzeug in beiden <strong>Therapie</strong>n sind hörende, wissende, fühlende<br />

<strong>und</strong> spürende Hände, verb<strong>und</strong>en mit einem guten anatomischen/physiologischen<br />

Wissen.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 19 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

4.2. Unterschiede in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

In dieser <strong>Diplomarbeit</strong> zähle ich nur einige der vielen Unterschiede dieser beiden<br />

<strong>Therapie</strong>formen auf, die mir in diesen drei Jahren besonders aufgefallen sind ohne<br />

Anspruch auf Vollständigkeit.<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> (CST) <strong>Atemarbeit</strong> / Atemtherapie (AT)<br />

• Neuzeitliche <strong>Therapie</strong>, die erst seit<br />

knapp 100 Jahren bekannt ist mit<br />

rasanter Verbreitung ab den 70er<br />

Jahren.<br />

• Das Primäre Respiratorische System<br />

(PRS) ist das erste sich entfaltende<br />

physiologische System des<br />

Embryos. Der CSR fängt im embryonalen<br />

Stadium an <strong>und</strong> endet erst<br />

einige St<strong>und</strong>en nach dem Verlassen<br />

des Leibes.<br />

• Der PRI = der Primär Respiratorische<br />

Impuls (der CSR ist gemeint)<br />

ist gegenüber anderen Rhythmen<br />

im Körper wie Atem <strong>und</strong> Herzschlag<br />

übergeordnet.<br />

• Das Primäre Atmungssystem bildet<br />

sozusagen die Basis für das innere<br />

Milieu des Organismus'.<br />

• Deshalb reagiert der CSR weniger<br />

sensibel auf innere <strong>und</strong> äussere<br />

Einflüsse, er ist stabiler, vergleichbar<br />

mit den Gezeiten von Ebbe <strong>und</strong><br />

Flut (Mid <strong>und</strong> Long Tide).<br />

• In der CST steht die ungehinderte<br />

Ausbreitung des CSR im gesamten<br />

Körper im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

• Die <strong>Atemarbeit</strong> wird seit über 2000<br />

Jahren in allen Kulturen mehr oder<br />

weniger gepflegt.<br />

• Bei der Geburt beginnt offiziell die<br />

Lungenatmung mit dem ersten Einatem<br />

<strong>und</strong> endet mit dem letzten<br />

Ausatem beim Verlassen des Leibes.<br />

Intrauterin trainiert das Zwerchfell<br />

allmählich ab dem 3. Monat seine<br />

Bewegung, <strong>und</strong> der Fetus atmet<br />

Fruchtwasser. (<strong>Diplomarbeit</strong>:<br />

Atemrhythmus Craniorhythmus, Beatrice<br />

Dürler)<br />

• Der Atemrhythmus des Sek<strong>und</strong>ären<br />

Atmungssystems ist dem CSR untergeordnet.<br />

• Das Sek<strong>und</strong>äre Atmungssystem<br />

wirkt als Bindeglied zwischen den<br />

wechselnden äusseren <strong>und</strong> inneren<br />

Einflüssen mit dem relativ stabilen<br />

inneren Milieu.<br />

• Der Atemrhythmus hingegen reagiert<br />

sehr sensibel auf äussere <strong>und</strong><br />

innere Einflüsse, er passt sich<br />

seismografisch jeder Situation an,<br />

wie die Meereswellen, die vom<br />

Wind getrieben werden.<br />

• In der AT steht die ungehinderte<br />

Ausbreitung der Atembewegung im<br />

ganzen Körper sowie die Verbindung<br />

zum eigenen Ur-<br />

Atemrhythmus im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 20 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> (CST) <strong>Atemarbeit</strong> / Atemtherapie (AT)<br />

• In der CST wird präziser <strong>und</strong> gezielter<br />

an den verschiedenen Körperstrukturen<br />

gearbeitet wie: Knochen,<br />

Faszien, Flüssigkeit, energetischer<br />

Kontakt innerhalb der Gelenke<br />

<strong>und</strong> Suturen, Gehirn, Nervenbahnen<br />

<strong>und</strong> dem vegetativen NS.<br />

• Die Klientin kann passiv sein <strong>und</strong><br />

die <strong>Therapie</strong> wirkt unabhängig von<br />

ihrem jetzigen Körperbewusstsein.<br />

• Die CST ist eine sehr sanfte Methode,<br />

die bei kritischen Klientinnen<br />

den Eindruck hinterlassen könnte,<br />

dass die Therapeutin nichts tut.<br />

• “Diagnose“ <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> haben die<br />

gleichen Ansätze.<br />

• Arbeitsprinzip: Auffindung <strong>und</strong> Mobilisation<br />

von Läsionsmustern oder<br />

Dysfunktionen mit den Händen. So<br />

verschmelzen <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> Diagnose<br />

in den Händen der Therapeutin,<br />

die mit freier, neutraler Aufmerksamkeit<br />

die jeweilige Struktur<br />

begleitet <strong>und</strong> bei Bedarf feinste Impulse<br />

hinein gibt.<br />

• Ich finde, in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong><br />

könnte die Gefahr bestehen,<br />

nach Symptomfreiheit der Menschen<br />

zu trachten <strong>und</strong> dabei zu<br />

übersehen, dass vielleicht für eine<br />

längere Wegstrecke “Krankheit“ für<br />

diesen Menschen lehrreich <strong>und</strong><br />

heilsam wäre.<br />

• Die Cranio Therapeutin kommuniziert<br />

in wertfreier Aufmerksamkeit<br />

mit dem CSR, den Körperstrukturen<br />

• In der <strong>Atemarbeit</strong> wird vor allem am<br />

Zwerchfell, Beckenboden, Muskeln,<br />

Gelenken, Rücken, Organen <strong>und</strong><br />

am Kopf gearbeitet, wobei nur mit<br />

wenigen Schädel- <strong>und</strong> Gesichtsknochen<br />

gearbeitet wird. Zudem<br />

wird nur indirekt an der Flüssigkeit,<br />

den Faszien <strong>und</strong> den Nervenbahnen<br />

gearbeitet.<br />

• Die Therapeutin ist auf ein Minimum<br />

an Offenheit <strong>und</strong> Bereitschaft der<br />

Klientin angewiesen, dass sie sich<br />

ihrem Atem schrittweise hinwendet.<br />

• Durch Bewegung, Druck, Dehnung<br />

<strong>und</strong> Sammlung der Therapeutin<br />

wirkt die Atemtherapie meistens<br />

physisch spürbarer für die Klientin.<br />

• “Diagnose“ <strong>und</strong> <strong>Therapie</strong> haben<br />

zum Teil gleiche als auch verschiedene<br />

Ansätze.<br />

• Auffindung <strong>und</strong> Stärkung des Ges<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> der Ressourcen, um<br />

dadurch dem “Kranken“ Macht <strong>und</strong><br />

Kraft zu entziehen. <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong><br />

Diagnose mit allen Sinnen der Therapeutin;<br />

vor allem jedoch mit den<br />

Händen.<br />

• In der AT geht es primär nicht darum,<br />

die Symptome weg zu haben,<br />

sondern über eine wohlwollende<br />

Hinwendung zum eigenen Körper<br />

<strong>und</strong> Atem herauszufinden, was das<br />

Wesen des Menschen braucht.<br />

Dadurch nehmen die Symptome<br />

meistens ab <strong>und</strong> die Menschen<br />

können besser mit der Krankheit<br />

umgehen.<br />

• Die Atemtherapeutin kommuniziert<br />

während der <strong>Therapie</strong> in Sammlung<br />

<strong>und</strong> Achtsamkeit mit dem Atem,<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 21 von 27


<strong>und</strong> dadurch mit dem ganzen Wesen<br />

des Menschen, das sich dahinter<br />

verbirgt.<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

dem Gewebe <strong>und</strong> dadurch mit dem<br />

ganzen Wesen des Menschen, das<br />

sich dahinter verbirgt.<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> (CST) <strong>Atemarbeit</strong> / Atemtherapie (AT)<br />

• Helferinnen <strong>und</strong> Helfer während der<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> sind:<br />

• Feinste Berührung<br />

• Beobachtung mit unseren Händen<br />

• Anatomisches Wissen <strong>und</strong> bildliche<br />

Vorstellung<br />

• Bewegung, mit den Händen hinein<br />

geben <strong>und</strong> “automatisch“ mitgehen<br />

• Geduld.<br />

• Erstverschlimmerungen sind häufiger<br />

<strong>und</strong> intensiver.<br />

• Die <strong>Therapie</strong>dauer ist in der Regel<br />

über eine kürzere Zeit <strong>und</strong> der <strong>Therapie</strong>abstand<br />

ist länger.<br />

• Geringe Auswahl von Selbsthilfen<br />

sind mir bekannt.<br />

• Die Kenntnisse in Anatomie, Physiologie<br />

sind weniger umfassend,<br />

dafür wird der Schädel, das ZNS<br />

<strong>und</strong> PNS sehr differenziert studiert.<br />

• In der CST ist für die Menschen nur<br />

die Einzeltherapie möglich.<br />

• Helferinnen <strong>und</strong> Helfer während der<br />

<strong>Atemarbeit</strong> sind:<br />

• Der Atem gilt als roter Leitfaden<br />

während der ganzen <strong>Therapie</strong><br />

• Beobachtung <strong>und</strong> Wahrnehmung<br />

mit allen Sinnen <strong>und</strong> vor allem mit<br />

unseren Händen<br />

• Anatomisches, psychologisches,<br />

pathologisches <strong>und</strong> psychosomatisches<br />

Wissen<br />

• Angepasste Impulse über Bewegung,<br />

Druck, Dehnung, Sammlung<br />

usw. geben<br />

• Geduld.<br />

• Erstverschlimmerungen sind meistens<br />

weniger stark, wenn die Klientin<br />

ihre eigenen Grenzen in der<br />

<strong>Atemarbeit</strong> nicht überschreitet.<br />

• Die <strong>Therapie</strong>dauer ist in der Regel<br />

über längere Zeit <strong>und</strong> der <strong>Therapie</strong>abstand<br />

ist eher kürzer oder zyklisch.<br />

• Eine grosse Vielfalt von geschätzten<br />

Selbsthilfen in Atem <strong>und</strong> Bewegung<br />

stehen mir zur Verfügung.<br />

• Die Kenntnisse in Anatomie, Physiologie,<br />

Psychologie <strong>und</strong> Psychosomatik<br />

sind umfassender, den<br />

ganzen Menschen betreffend.<br />

• In der AT ist für die Menschen sowohl<br />

die Einzel- als auch die Gruppentherapie<br />

möglich oder diverse<br />

Tageskurse.<br />

• Die Gruppenarbeit bereichert <strong>und</strong><br />

motiviert den Einzelnen über den<br />

Austausch verschiedener Eigenerfahrungen<br />

<strong>und</strong> bekommt dadurch<br />

einen tragenden Charakter.<br />

• Spassvolle <strong>und</strong> trotzdem wirkungs-<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 22 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

volle <strong>Atemarbeit</strong>en lockern <strong>und</strong> motivieren<br />

die Teilnehmer(innen) in der<br />

Gruppenst<strong>und</strong>e auf.<br />

5. Gegenseitige Befruchtung der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> der<br />

<strong>Atemarbeit</strong><br />

Da in der heutigen Zeit die körperliche Bewegung oft zu kurz kommt, finde ich es<br />

sehr wichtig, die Menschen dafür zu motivieren. Ich spüre dies bei der <strong>Atemarbeit</strong><br />

wie bei der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong>, wer durch Spazierengehen, Sport, turnen usw.<br />

die Bewegung pflegt oder eben nicht.<br />

• In der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> kann ich wie schon erwähnt Blockaden einfacher<br />

<strong>und</strong> effizienter lösen <strong>und</strong> mobilisieren. Bleibt jedoch die Klientin in ihren<br />

alten Verhaltensmustern <strong>und</strong> Gewohnheiten gefangen, kann hingegen mit Hilfe<br />

der Atemtherapie mit gezielt eingesetzten Atem-, Haltungs- <strong>und</strong> Bewegungsübungen<br />

besser gearbeitet werden.<br />

Bei Mario (10 Jahre alt) war dies besonders wichtig. Denn vor lauter denken vergass<br />

er das Atmen. Dadurch entstand eine Leere in seinem Kopf. Sein Gehirn ist, auf<br />

Gr<strong>und</strong> seiner habituellen M<strong>und</strong>atmung, mit Sauerstoff unterversorgt. Wenn er dann<br />

bei den Prüfungen ins Nachdenken kam <strong>und</strong> das Atmen vergass, hatte das negative<br />

Folgen auf seine Schulleistungen, obwohl er mit Interesse lernt.<br />

Das Üben einer physiologischen Sitzhaltung mit gutem Bodenkontakt, aufgerichtetem<br />

Oberkörper <strong>und</strong> ausschliesslicher Nasenatmung sind unabdingbar für einen<br />

freien Atemfluss. Spielerische Atemübungen, die Mario's Interesse <strong>und</strong> Ehrgeiz wecken,<br />

sind bei ihm wie allgemein bei Kindern wichtig. Mit der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong><br />

konnte ich den schwachen <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus erfolgreich dynamisieren, nachdem<br />

ich craniale, sacrale <strong>und</strong> kaudale Blockaden <strong>und</strong> Einschränkungen in den verschiedenen<br />

Gewebestrukturen wieder mobilisierte. Erstaunlich schnell verbesserten<br />

sich dann seine Schulleistungen.<br />

• Menschen mit Ermüdungs- <strong>und</strong> Erschöpfungs-Symptomen kann ich in der<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> effizienter bei der Regeneration unterstützen, ohne aktiven<br />

Beitrag von ihnen, als in der <strong>Atemarbeit</strong>. Nach der Behandlung tritt bei<br />

einigen eine verstärkte entspannte Müdigkeit auf, wobei andere fast während<br />

der ganzen Behandlung schlafen <strong>und</strong> sich danach erholt <strong>und</strong> erfrischt fühlen.<br />

In der <strong>Atemarbeit</strong> lernen die Menschen zusätzlich noch Schritt um Schritt ihre<br />

eigenen Grenzen besser wahrzunehmen, ihre Ressourcen gezielter zu verwalten<br />

<strong>und</strong> über den Atemrhythmus können sie ein Gleichgewicht zwischen<br />

Geben - Empfangen <strong>und</strong> Ruhen finden. So bietet die <strong>Atemarbeit</strong> passive wie<br />

aktive Arbeitsmöglichkeiten an <strong>und</strong> ist besonders geeignet für Menschen, die<br />

ernsthaft an sich arbeiten wollen.<br />

• Martina (ca. 55 Jahre) litt unter einer schweren Erschöpfungsdepression, einem<br />

Hyperventilations Syndrom, verb<strong>und</strong>en mit starker Atemnot <strong>und</strong> chronischen<br />

Beschwerden seit ihrer Jugend. Sie sprach sehr gut auf die Kombination<br />

dieser beiden <strong>Therapie</strong>formen an, obwohl sie zu Beginn starke Erstverschlimmerungen<br />

verspürte, die nach <strong>und</strong> nach geringer wurden.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 23 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Für Martina war es ganz wichtig, täglich am Atem arbeiten zu können. Ein verbessertes<br />

Körperbewusstsein, Lebensfreude <strong>und</strong> ein neu gesteigertes Selbstvertrauen<br />

sind das Resultat ihrer täglichen Arbeit, unterstützt durch die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong><br />

<strong>und</strong> Atemtherapie.<br />

Mit Hilfe der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> konnte ich ebenfalls effizient strukturelle Blockaden<br />

lösen <strong>und</strong> die frei gewordenen Strukturen im Körper wieder integrieren <strong>und</strong> dynamisieren<br />

durch die Begleitung des Cranial Rhythmischen Impulses (CRI). Dank<br />

der strukturellen <strong>und</strong> biodynamischen CST kann der Atem wieder freier fliessen <strong>und</strong><br />

umgekehrt unterstützt der freiere Atemfluss den <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus.<br />

• Menschen mit einem Burn-out Syndrom kann ich ebenfalls optimaler unterstützen<br />

<strong>und</strong> begleiten mit beiden <strong>Therapie</strong>formen, als nur mit einer. Die beiden<br />

Systeme unterstützen sich, indem je nach Situation <strong>und</strong> Blockierung das<br />

Primäre Atemsystem das Sek<strong>und</strong>äre Atemsystem trägt <strong>und</strong> intensiviert oder<br />

umgekehrt.<br />

Wenn ich bei Emanuel nicht weiterkomme in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong>, wende ich<br />

mich der <strong>Atemarbeit</strong> zu, um den sehr schwachen CSR (kaudal) in Fluss zu bringen.<br />

Zum Beispiel durch aktives Bewegen der Beine, oder ich lade ihn ein, den Ausatem<br />

mit einem “schschsch“ bewusst zu begleiten, oder fordere ihn auf, seine Hände auf<br />

den Bauch zu legen, um die Atembewegung wahrzunehmen. Schon nach kurzer<br />

Zeit spüre ich, wie der CSR mehr oder weniger ins Fliessen kommt. Entsprechend<br />

der Befindlichkeit von Emanuel arbeite ich intensiver mit der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong>,<br />

<strong>Atemarbeit</strong> oder kombiniere beide miteinander.<br />

Einfache Bewegungs- <strong>und</strong> Atemübungen helfen ihm, im Alltag seinen Körper besser<br />

zu spüren <strong>und</strong> zu entspannen. Der Atem, mit seinem physiologischen Rhythmus,<br />

wird ein ganz wichtiger Lehrer, Begleiter <strong>und</strong> Helfer für ihn. Die zu Beginn stark quälende<br />

Atemnot <strong>und</strong> Enge tritt nur noch selten <strong>und</strong> in einem geringen Ausmass auf.<br />

Anstelle der chronischen Schlafstörung, von nicht schlafen können bis höchstens<br />

wenige Minuten, kann Emanuel seit Monaten wieder mehrere St<strong>und</strong>en in der Nacht<br />

schlafen. Das vegetative Nervensystem ist weniger gereizt <strong>und</strong> ausgeglichener.<br />

Auch übernimmt er wieder mehr Verantwortung. Seit fast einem Jahr, nach dem<br />

Schwangerschaftsurlaub seiner Partnerin, übernimmt er die Betreuung seines kleinen<br />

Sohnes sowie verschiedene Aufgaben im Haushalt, während der Berufstätigkeit<br />

seiner Partnerin. Dies sind erstaunliche Fortschritte <strong>und</strong> Leistungen, die nun wieder<br />

möglich sind. Dank seiner ausdauernden <strong>Therapie</strong>- <strong>und</strong> Arbeitsbereitschaft.<br />

• Menschen mit Panikattacken profitieren ebenfalls erfolgreich von diesen beiden<br />

<strong>Therapie</strong>formen. Mit der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> kann ich effektiver Spannungen<br />

<strong>und</strong> Blockierungen lösen, um die Selbstheilungskräfte wieder ins<br />

Fliessen zu bringen. In der <strong>Atemarbeit</strong> wird intensiv am F<strong>und</strong>ament <strong>und</strong> am<br />

Vertrauen gearbeitet. Schritt um Schritt lernen diese Menschen bewusst auf<br />

ihren Atem zu achten, ruhig <strong>und</strong> rhythmisch weiter zu atmen in jeder Situation,<br />

auch wenn Ängste aufsteigen wollen. Die Hinwendung zum Atem mobilisiert<br />

ihre eigenen Ressourcen <strong>und</strong> lenkt sie gleichzeitig von den Ängsten ab,<br />

bis sie so gestärkt sind, dass die Ängste verblassen. Dadurch wird ihr Selbstvertrauen<br />

in ihre eigenen Fähigkeiten <strong>und</strong> Kräfte positiv <strong>und</strong> erfolgreich gestärkt.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 24 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Eindrückliche Erfahrungen konnte ich bei einer Klientin mit starken Zwangsneurosen<br />

gewinnen. Einerseits sind die Verspannungen von Kopf bis Fuss<br />

recht gross. Deshalb arbeite ich gerne lösend <strong>und</strong> stabilisierend mit der <strong>Craniosacral</strong><br />

<strong>Therapie</strong>, die Gabriela als sehr wohltuend, entspannend <strong>und</strong> belebend<br />

empfindet. Andererseits hat die <strong>Atemarbeit</strong> für sie eine zentrale Bedeutung<br />

im Alltag. Der Atem ist für sie wie ein Seil, an dem sie Halt <strong>und</strong> Freiheit<br />

findet <strong>und</strong> gewinnt. Den Alltag kann sie nun auch in schwierigen Situationen<br />

bedeutend besser <strong>und</strong> gelassener bewältigen. Ich bin erstaunt über die positive<br />

Entfaltung, die differenzierte Körperwahrnehmung <strong>und</strong> die ausdauernde<br />

Arbeit am Atem, die Gabriela pflegt. Sie kommt zweimal im Monat in die <strong>Craniosacral</strong><br />

<strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> dazwischen in die Gruppenst<strong>und</strong>e, wo sie tiefe <strong>und</strong><br />

schöne Erfahrungen in Atem <strong>und</strong> Bewegung erntet.<br />

• Die Eigenerfahrungen in der <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> sind ebenfalls wertvoll für<br />

mich <strong>und</strong> bestätigen mir, wie wichtig die Bewegung ist. Einige Projekte konnten<br />

erfolgreich bearbeitet werden, andere hingegen benötigen ein Annehmen<br />

<strong>und</strong> weiter Arbeiten. Ein wichtiger Gr<strong>und</strong> ist unter anderem die mangelnde<br />

Bewegung, wenn ich zu lange am PC sitzen muss für diverse Arbeiten.<br />

Dadurch kommt die ausgleichende Bewegung im Alltag zu kurz. Seit einigen<br />

Tagen nehme ich mir wieder mehr Zeit für einfache Atem-, Dehnungs- <strong>und</strong><br />

Körperübungen. Beim Nachspüren nehme ich einen weiten <strong>und</strong> kräftigen <strong>Craniosacral</strong><br />

Rhythmus wahr. Zuerst spürte ich ihn nur in den Beinen <strong>und</strong> im Becken<br />

mit dem Atemrhythmus zusammenschwingen <strong>und</strong> dann am ganzen<br />

Körper. Von Tag zu Tag steigert <strong>und</strong> verfeinert sich die Wahrnehmung. Mein<br />

Körper <strong>und</strong> meine Zellen schwingen wie in einem Crescendo, wenn Atembewegung<br />

<strong>und</strong> <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus für eine Weile miteinander schwingen.<br />

Diese Erfahrungen spornen mich an, die <strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> die <strong>Atemarbeit</strong><br />

weiter zu vertiefen. Nun gilt es meinen eigenen Weg zu finden mit der eher lösungsorientierten<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> der ressourcenbetonten Atemtherapie. Zur<br />

Zeit sammle ich, unter anderem, weitere Erfahrungen für Selbsthilfeübungen in Form<br />

von Dehnung, Bewegung <strong>und</strong> Atem, die den Atemrhythmus/die Atembewegung mit<br />

dem <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus/der <strong>Craniosacral</strong> Bewegung in ein gemeinsames<br />

Schwingen bringen können.<br />

An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich, bei allen Klientinnen <strong>und</strong> Klienten<br />

(meinen besten Lehrmeisterinnen <strong>und</strong> Lehrmeistern), bedanken. Denn nur dank<br />

ihrer <strong>Therapie</strong>bereitschaft, Vertrauen <strong>und</strong> Offenheit konnte ich diese Erfahrungen<br />

gewinnen, um in Zukunft weiter darauf aufbauen zu können.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 25 von 27


6. Glossar<br />

<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

• Craniale Osteopathie:<br />

Zur Zeit Sutherlands wurde die craniale Arbeit die Cranial Osteopathy oder Osteopathie<br />

in the Cranial Field genannt.<br />

• <strong>Craniosacral</strong>e Osteopathie/<strong>Craniosacral</strong> Movement <strong>Therapie</strong> CSO/CMT:<br />

Die Craniale Osteopathie nach W. G. Sutherland <strong>und</strong> R. Becker bilden die Gr<strong>und</strong>lage<br />

der CSO / CMT <strong>und</strong> schliessen sowohl den biomechanischen wie auch den biodynamischen<br />

Ansatz mit ein.<br />

• Cranial Rhythmischer Impuls CRI:<br />

Dies beschreibt die Bewegung von Hirnwasser <strong>und</strong> Hirngewebe, welche sich auf die<br />

weiteren Strukturen des <strong>Craniosacral</strong> Systems, das heisst Hirnhäute <strong>und</strong> Knochen<br />

überträgt. Im Text wird diese Bewegung auch als <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus genannt.<br />

• Dura mater:<br />

Drei Hirnhäute umschliessen das Hirngewebe <strong>und</strong> das Rückenmark, die äusserste<br />

Haut wird Dura mater genannt. Dura bedeutet hart oder fest <strong>und</strong> mater bedeutet<br />

Mutter. Diese Haut ist sehr derbe <strong>und</strong> zugfest <strong>und</strong> ist ungefähr so dick wie ein Fingernagel.<br />

• Fluktuation:<br />

ist die Bewegung einer Flüssigkeit, welche sich in einem natürlichen oder künstlichen<br />

Hohlraum befindet <strong>und</strong> durch Palpation oder Perkussion beobachtet werden<br />

kann.<br />

• Fulkrum:<br />

Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt.<br />

• Hirnwasser (Liquor):<br />

Gehirn <strong>und</strong> Rückenmark schwimmen im Liquor. Somit befindet sich das Hirngewebe<br />

im Zustand der Schwerelosigkeit, welche eine Eigenbewegung des Gehirns erleichtert.<br />

• Salutogenese:<br />

Anstatt nach Ursachen von Krankheiten zu suchen, forscht die Salutogenese nach<br />

den Kräften <strong>und</strong> Wirkungen, die den Menschen ges<strong>und</strong>erhalten.<br />

• Still Point (Ruhepunkt):<br />

Es gibt Ruhepunkte, die von selbst entstehen: Von Zeit zu Zeit steht der <strong>Craniosacral</strong><br />

Rhythmus still. Wir nennen dies Ruhepunkt, auch Stillpunkt. Zudem ist es möglich,<br />

einen oder mehrere Ruhepunkte von aussen einzuladen/auszulösen.<br />

• Tide:<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 26 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

Sutherland hat die Bewegung des Hirnwassers mit den Gezeiten Ebbe <strong>und</strong> Flut verglichen<br />

<strong>und</strong> nannte sie oft einfach “The Tide“. Die langsame Bewegung des Hirnwassers<br />

wird deshalb auch als Long Tide bezeichnet.<br />

7. Literaturverzeichnis<br />

• Daniel Agustoni (2006). <strong>Craniosacral</strong> Rhythmus. Praxisbuch zu einer sanften Körpertherapie.<br />

Klösel Verlag Deutschland.<br />

• Beatrice Dürler. <strong>Diplomarbeit</strong>: Vergleichende Darstellung des primären respiratorischen<br />

Mechanismus in der Craniosakralen Osteopathie <strong>und</strong> des Atemrhythmus.<br />

• Norbert Faller (2006). Atem <strong>und</strong> Bewegung. Theorie <strong>und</strong> 100 praktische Übungen.<br />

Springer Wien New York.<br />

• Katrin Fischer, Erika Kemmann-Huber (1998). Der bewusste zugelassene Atem.<br />

Theorie <strong>und</strong> Praxis der Atemlehre. Urban <strong>und</strong> Fischer - München - Jena.<br />

• Torstem Liem. 4. Auflage 2005. Kraniosakrale Osteopathie. Ein praktisches Lehrbuch.<br />

Hippokrates Verlag Stuttgart.<br />

• Ramraj Ulrich Löwe. 2. Auflage 2006. <strong>Craniosacral</strong>e Heilkunst. Aurum.<br />

• Rudolf Merkel. Manual 1 bis 6 <strong>Craniosacral</strong>e Osteopathie/<strong>Craniosacral</strong> Movement<br />

<strong>Therapie</strong>.<br />

• Waltraud Riegger-Krause (2004). Jin Shin Jyutsu. Die Kunst der Selbstheilung<br />

durch Auflegen der Hände. Südwest Verlag Deutschland.<br />

• GZM Netzwerk 40 GZM - Praxis <strong>und</strong> Wissenschaft - 6. Jg. 1/ 2001<br />

Anmerkung: Dieser Artikel ist ein Auszug aus einem Buchbeitrag von Rudolf Merkel<br />

in dem Sammelband: “Auf die Welt gekommen“. Die neuen Baby <strong>Therapie</strong>n.<br />

Thomas Hams (Hrag.) Leutner Verlag Berlin 2000.<br />

• Andrew Taylor Still. 2. Auflage 2007. Der Natur bis ans Ende vertrauen! Gedanken<br />

zur osteopathischen Philosophie mit einer Einleitung von Christian Hartmann.<br />

Jolandos Verlag Deutschland.<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 27 von 27


<strong>Craniosacral</strong> <strong>Therapie</strong> <strong>und</strong> <strong>Atemarbeit</strong><br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Edeltraud Brunschwiler Seite 28 von 27

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