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Oecher - Karneval in Aachen

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<strong>Karneval</strong> im Wandel Ende des Brauchtums?Dirk von Pezold im Gespräch mit„karneval<strong>in</strong>aachen.de“<strong>Karneval</strong> unterliegt wie alle Lebensbereichee<strong>in</strong>em stetigen Wandel. Wiesiehst Du diesen Wandel und welcheKonsequenzen ergeben sich darausfür das Brauchtum <strong>Karneval</strong>?Der <strong>Karneval</strong> ist, wie man so sagt,<strong>in</strong> die Jahre gekommen. Dies hat verschiedeneGründe. Der <strong>Karneval</strong> hatden Wandel <strong>in</strong> unserer Gesellschaft wiemir sche<strong>in</strong>t nicht zur Kenntnis genommenoder ihn geflissentlich übersehen.<strong>Karneval</strong> ist eigentlich etwas, was füralle da ist. So wie sich heute der <strong>Karneval</strong>präsentiert, reduziert er sich aufe<strong>in</strong>e bestimmte Altersgruppe. Viele jungeMenschen haben an dem <strong>Karneval</strong>,den me<strong>in</strong>e Generation feiert, relativwenig Interesse. Dies bedeutet abernicht, dass sie ke<strong>in</strong> Interesse an <strong>Karneval</strong>haben. Man muss ihnen etwasanbieten, was ihren Lebensformen entspricht.Wir haben damals im AKV versucht,neben den traditionellen Veranstaltungenauch Veranstaltungen zuschaffen, die von Menschen im Alterzwischen 18 bis 25 und 25 bis 45 Jahrenbesucht werden. Diese Altersgruppenmöchten auch <strong>Karneval</strong> feiern, abere<strong>in</strong>en anderen <strong>Karneval</strong>. Mir sche<strong>in</strong>tes, dass die Zeit über den <strong>Karneval</strong>,so wie wir ihn gefeiert haben, h<strong>in</strong>weggerolltist, ohne dass wir uns Gedankendarüber gemacht haben, wie wirdas Brauchtum <strong>Karneval</strong> <strong>in</strong> die nächsteoder übernächste Generation br<strong>in</strong>genkönnen. Diese Überlegungen werdenrelativ wenig und auch mit wenigSubstanz angestellt.Das hat zu Folgeproblemen geführt, wiedem Verschw<strong>in</strong>den des Straßenkarnevals.Man konnte von Kneipe zu Kneipeziehen und war überall gerne gesehen,die Straßen waren voll, weil die Leutevon Kneipe zu Kneipe zogen.Heute „braucht“ man nicht mehr vonKneipe zu Kneipe zu ziehen, heute gehtman <strong>in</strong>s Pennzelt?Ja, das Pennzelt ist e<strong>in</strong>e Möglichkeit,aber es wäre schön, wenn es nicht diee<strong>in</strong>zige wäre. Es gibt zu wenig Kneipen,die an den <strong>Karneval</strong>stagen geöffnethaben. Das Argument ist oft, es würdezuviel <strong>in</strong> den Kneipen beschädigt. Früherhat man dies allerd<strong>in</strong>gs durch entsprechendeorganisatorische Maßnahmen<strong>in</strong> den Griff bekommen. Durch den Wegfalldes Kneipenkarnevals geht natürlichdie Basis verloren, es f<strong>in</strong>det auchke<strong>in</strong> <strong>Karneval</strong> auf der Straße statt. DasPennzelt ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong> entstehendes Vakuumgestoßen, als die Kneipen sich, auswelchen Gründen auch immer, verweigerten.Das Problem ist, dass man sichgegenseitig das Publikum wegnimmt.Wenn man so will, ist diese Entwicklungder Fluch der guten Tat!Was ist der Ersatz dafür?Ersatz kann nicht nur der Veranstaltungskarneval<strong>in</strong> den Sälen se<strong>in</strong>, das istzu wenig. Damit wird nur e<strong>in</strong> Teil der Zielgruppeangesprochen und schon garnicht, wenn es Veranstaltungen s<strong>in</strong>d,bei denen man 30,-, 50,-, oder gar 85,-Euro E<strong>in</strong>tritt zahlen muss.Wo bleibt der Volkskarneval, wenn mansich für das gezahlte E<strong>in</strong>trittsgeld nurunterhalten lassen will?Das ist das Thema! <strong>Karneval</strong> kannman sich nicht „machen lassen“! <strong>Karneval</strong>muss man selbst machen, <strong>Karneval</strong>muss man leben und erleben! Das„gefüttert werden“ von engagierten Profis,deren Auftritte als Programm verkauftwerden, hat mit unserem <strong>Karneval</strong>nichts mehr zu tun. H<strong>in</strong>zu kommt, dass<strong>Karneval</strong> und Dialekt, unser Öcher Platt,untrennbar zusammen gehört. Wennman Platt nicht verstehen oder nichtsprechen kann, fehlt natürlich auch e<strong>in</strong>Element, was früher noch zum <strong>Karneval</strong>dazu gehörte.Die schönsten Lieder zum Mits<strong>in</strong>gen s<strong>in</strong>ddie Lieder auf Öcher Platt. Öcher Plattspricht und hört man mit dem Herzenund <strong>Karneval</strong> ohne Herz gibt es nicht!Ist zum Beispiel die „Carnevale“ des AKV,obwohl dort „Kostümzwang“ herrscht,e<strong>in</strong> Vorreiter des Party-<strong>Karneval</strong>s?Dar<strong>in</strong> sehe ich ke<strong>in</strong> Problem, handeltes sich doch hier um e<strong>in</strong> Beispieldes generationspezifischen <strong>Karneval</strong>s,wie ich ihn e<strong>in</strong>gangs schon erwähnte.Carnevale ist das typische Beispiel füre<strong>in</strong> Angebot an e<strong>in</strong>e altersspezifischeZielgruppe. Wenn es dort neben karnevalistischenProgrammelementenauf der Bühne e<strong>in</strong>em DJ gel<strong>in</strong>gt, <strong>Karneval</strong>sliederzu spielen, dann ist dies fürmich e<strong>in</strong>e <strong>Karneval</strong>sveranstaltung diegenau die Gruppen anspricht, die wireben genannt haben.Sommerkarneval, e<strong>in</strong> Begriff, der immermehr kontrovers diskutiert wird. Es gehtum die wachsende Tendenz, den <strong>Karneval</strong>über den Aschermittwoch „h<strong>in</strong>auszu retten“. Ist <strong>Karneval</strong> immer undüberall zu feiern?Es mag se<strong>in</strong>, dass es e<strong>in</strong>e Frage desAlters ist, aber ich habe damit Schwierigkeiten.Ich weiß nicht, ob die Menschheitmittlerweile zu dumm ist, ihre eigenenFeste zu organisieren. Den Versuch,<strong>Karneval</strong> über den Aschermittwoch h<strong>in</strong>ausauszudehnen, halte ich für fragwürdigund es ist gewiss nicht der richtigeAnsatz. Dies ist für mich der verdeckteVersuch, über den Aschermittwoch h<strong>in</strong>ause<strong>in</strong>e karnevalistische Fete zu feiern.Regionale, jahreszeitlich orientierteVolksfeste, haben ihre regionale Bedeutungund Berechtigung, s<strong>in</strong>d aber ke<strong>in</strong><strong>Karneval</strong>.Die zeitliche Begrenzung des <strong>Karneval</strong>smit se<strong>in</strong>em Ende am Aschermittwochund dem Zusammenhang mitdem christlichen Kalender gerät immermehr <strong>in</strong> Vergessenheit.Wie oft erkennt man heute, dassBrauchtum und Traditionen schon deshalbnicht mehr e<strong>in</strong>gehalten werden, weildie Menschen sie nicht mehr kennen.Wenn man die Leute befragt, stellt manfest, dass sie mit diesen D<strong>in</strong>gen nichtvertraut s<strong>in</strong>d und kaum noch wissen,warum dieses oder jenes Fest gefeiertwird. Man kennt Halloween und er<strong>in</strong>nertsich kaum an St. Mart<strong>in</strong>.20

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