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Der Musiker Friedrich Nietzsche. Zugleich eine Anleitung zum ...

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Notenbeispiel 3<br />

Die Musik selbst freilich, und hier ging <strong>Nietzsche</strong> über die Anschauung der<br />

Empfindsamkeit hinaus, bedeutete ihm zunehmend mehr als ein bloßer Ausdruck des<br />

Gefühls. Im Frühjahr 1871, auf dem Weg zur Schrift Die Geburt der Tragödie aus dem<br />

Geiste der Musik, befand er gar in <strong>eine</strong>r längeren Ausführung, die weitreichende<br />

Reflexionen <strong>zum</strong> Verhältnis von Text und Musik im Volks- und Kunstlied enthält und<br />

daher im Verlauf dieser Einführung als Kommentar zu <strong>Nietzsche</strong>s Liedern noch<br />

ausführlich herangezogen werden wird: „[D]as Gefühl, die leisere oder stärkere<br />

Erregung jenes Lust- und Unlustuntergrundes[,] ist überhaupt im Bereich der<br />

produktiven Kunst das an sich Unkünstlerische, ja erst s<strong>eine</strong> gänzliche Ausschließung<br />

ermöglicht das volle sich Versenken und interesselose Anschauen des Künstlers.“ 30 <strong>Der</strong><br />

hier noch affirmativen Übernahme von Begrifflichkeiten der ästhetischen Theorie<br />

Kants setzte <strong>Nietzsche</strong> später entschiedenen Einspruch entgegen, indem er etwa in<br />

Jenseits von Gut und Böse (1886) forderte, „die Ästhetik der ,interesselosen Anschauung‘,<br />

unter welcher sich die Entmännlichung der Kunst verführerisch genug heute ein gutes<br />

Gewissen zu schaffen sucht“, „erbarmungslos […] vor Gericht [zu] führen“ 31 Dieser<br />

Passus erweist, dass <strong>Nietzsche</strong>s Kompositionen, die dem Zeitraum von 1854 bis 1874<br />

entstammen, im Lichte s<strong>eine</strong>r damaligen ästhetischen Anschauungen, nicht aus der<br />

Perspektive des Spätwerks kommentiert werden müssen. In der zitierten<br />

Aufzeichnung von 1871 schließt er jedenfalls noch an s<strong>eine</strong> schon 1862 bei dem<br />

Versuch <strong>eine</strong>r Wesensbestimmung der Musik geäußerte Überzeugung an: „Das Gefühl<br />

30 KGW III, 3, S. 382; 12[1].<br />

31 KGW VI, 2, S. 48.

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