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Ausgabe 2011 - Pfarrer- und Pfarrerinnenverein

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S. 84 KorrespondenzblattNr. 5 Mai <strong>2011</strong>gegen die Vorstellung einer … unendlichenZukunft verteidigen…« So vielMut ist da gefragt, dass dann vielleichtdoch erleichternd der fromme Gedankean eine baldige Wie derkunft Jesu Christidazwi schentritt! Gerade der Blick aufunse ren kommenden Herrn aber stärktja wie derum unseren Mut, uns in derWelt zu be währen. Und darauf kommtes allemal an: sich Mut machen lassenvon Jesus Chris tus selbst, von seinemGeist! Cosoraba hat ganz Recht, wenner bemerkt: »Die Ur sache von Mutlosigkeitmuss richtig im Inneren der Menschen<strong>und</strong> nicht im Äußeren ge suchtwerden.«Den Mut für Gegenwarts- <strong>und</strong> Zukunftsgestaltungdürfen wir zum einenvon jenen unsicht baren »guten Mächten«des Himmels beziehen, von denenDietrich Bonhoeffer in seinem zum Liedgewordenen Gedicht so ausdrucksstarkgesprochen hat. Zum andern können wiruns aber auch ermutigen lassen durchden Rückblick auf vieles, das in der150-jährigen Geschichte des Martin-Luther-Vereins sichtbar gut bis sehr gutgelaufen ist <strong>und</strong> in die Zukunft weist.Da ist – um ein herausragendes Beispielzu nennen – die aus der Gotteskasten-Arbeit hervorgegangene »EvangelischeKirche Lutherischen Bekenntnisses inBrasilien«, die nach langer Vorge schichteoffiziell 1949 gegründet wurde. Siewar über viele Jahrzehnte hin eine Kirchein der ethni schen <strong>und</strong> religiösenIsolation gewesen, hat aber seit bald40 Jahren etwa mit dem Manifest vonCuritiba (1972) <strong>und</strong> später mit »inkulturierten«Gesangbüchern <strong>und</strong> Liturgien,aber auch durch ihr gesellschaftspolitischesEngagement wichtige Schrittezur poli ti schen <strong>und</strong> kulturellen Integrationgetan, ohne dabei ihre lutherischeIdentität preiszu geben. Der Versuch derInkulturation ist hier als Teil der Strategiedes Bestehens in der Diaspora ausmeiner Sicht gelungen – keine Selbstverständlichkeit!Als ich vor einigen Jahren Brasilien besuchte,konnte ich mit eigenen Augensehen, wie die Lutheraner dort sichbemühen, aus einer Kirche deutscherEinwanderer <strong>und</strong> ihrer Nach kom men zueiner richtig einheimischen, brasilianischenKirche zu werden. Diese evangelischeKirche wird in der brasi lia nischenÖffentlichkeit als eine ernst zu nehmendeStimme gehört. Heute zählt sie r<strong>und</strong>eine Million Mitglieder, was sie immernoch eine Min derheitskirche sein lässt.Über 160 Pastoren, die im Laufe der Zeitüber die einstmals ange legte Verbindungaus Bayern nach Bra silien kamen,leisteten <strong>und</strong> leisten einen immensenBeitrag zur Arbeit <strong>und</strong> zum Auf bau derdortigen evangelisch-lutherischen Kirche.Die enge Verbindung wurde vor 30Jahren durch eine auch heute noch inKraft ste hende »Partnerschaftsver einbarung« be siegelt. Vor zehn Jahren hatdie Synode in Cuiabá unter dem Motto»Keine Ge meinde ohne Mission, keineMission ohne Gemeinde« hochge steckteGemeindewachstums ziele formuliert:Fünf Prozent jähr lich wurden anvisiert!Das hat die Evangelische KircheLuthe rischen Be kennt nisses in Bra silienzwar nicht durchgängig reali sieren können.Aber sie hat im zurück lie gendenJahrzehnt jedenfalls viele neue <strong>und</strong>beflü gelnde Er fahrungen gemacht; davonkonnte ich mich auf meiner Brasilienreiseselber über zeugen.Der Präsident des Gustav-Adolf-Werks,Dr. Wilhelm Hüffmeier, hat einst inBrasilien doziert <strong>und</strong> die dortige Befreiungstheologieaus nächster Nähestudieren können. So hat er erlebt,wie immer mehr kritische Fragen andie her kömmliche Theo logie auftauchten.Einmal warf ihm ein Student alsVertreter der da mals aus der Situationim Nordosten Bra siliens erwachsenen»Theologie der Hacke« (teologia daenxada) vor, er wisse doch als Euro päergar nicht, was Hunger sei. Was aberjener Student wiederum nicht gewussthatte, war, dass Hüffmeier ein BerlinerNachkriegs- <strong>und</strong> Blockadekind mitsechs Ge schwis tern war <strong>und</strong> sehr wohlent sprechende Erfahrungen kannte.Überhaupt verfügen ja West euro päeroft über eine beachtliche, nicht zu unterschätzendehistorische Erfahrung<strong>und</strong> eine auch durch die elektronischenMedien geförderte Anschauungs- <strong>und</strong>Vorstellungskraft. Dass man von ihnenlernen kann, steht ja insgesamt heutzutagekaum in Frage. Aber immer mehrZweifel werden in Brasilien <strong>und</strong> andernortslaut, ob für die Diaspora-Kirchenalles gut, för derlich <strong>und</strong> lehrenswert sei,was aus Westeuropa <strong>und</strong> insbesondereaus Deutsch land kommt. Einen solchenPauschalanspruch erhebt heute freilichkaum jemand mehr, erst nicht der Martin-Luther-Verein.Dieser Verein hältbei allen Umakzentuierungen <strong>und</strong> beiallem Verständnis für die not wen digeInkulturation des Evangeliums daranfest, dass der Geist des lutherischenBe kenntnisses über die Zeiten hinwegzu wahren bleibt. Denn er transportierteine tiefe, von Gott geoffenbarteWahrheit, die in ihrem Kern nicht demWandel der Ge schichte unterliegt. DassGott in Jesus Christus ein- für allemalMensch geworden ist, für uns gelebthat <strong>und</strong> gestorben <strong>und</strong> auferstandenist, kurz: dass in ihm allein das wahreHeil ge kommen ist <strong>und</strong> angeboten wird,daran ist nichts zu verabschieden oderzu relativieren – weder in Europa nochin anderen Teilen der Welt. Vielmehr istes gerade diese Wahrheit, die wirklichMut macht, unter den oft schwierigenBedin gun gen in dieser Welt hoffnungs<strong>und</strong>liebevoll zusammenzuhalten <strong>und</strong>bei den Men schen in Nah <strong>und</strong> Fern zusein. Mit dem un vergessenen VereinsvorsitzendenHans Roser formuliert:»Die über die ganze Welt Zer streu ten …geben die Gnade des Kreu zes weiter.«Darum gilt der einst formulierte Gr<strong>und</strong>satzder Diasporaarbeit auch heute:»Nur eine ›Konfessionskirche‹ ist Kirche<strong>und</strong> kann durch be kenntnismäßige VerkündigungKirche bauen.« Dem Martin-Luther-B<strong>und</strong> steht es gut an, unter denBedingungen der Gegenwart eine klarelutherische Konfessionalität in denweltwei ten Partnerkirchen geistlich, gedanklich<strong>und</strong> materiell zu bewahren <strong>und</strong>zu fördern. Ich finde es spannend, ausden verschiedensten lutheri schen Teilender Welt zu hören, wie bedeutsamfür die evangelischen Christen dort dieRecht fertigungslehre ist. Sie bildete dieinnere Basis für alle diako ni sche, pädagogische<strong>und</strong> sonsti ge Praxis.Natürlich hängt diese Praxis mit finanziellenMitteln zusammen. Geld ist eingro ßer Mutmacher, <strong>und</strong> der Martin-Luther-Verein beschafft immer wiederschöne Spen den summen. Dies stelltjedoch allen falls einen Teilaspekt vondem dar, worauf es für die Zukunft ankommt.Das Pekuniäre, das Materiellenutzt am Ende wenig, wenn es an derindividuellen Bereitschaft von ge eigneten,aus ge bil de ten Men schen fehlt,sich in Diaspora-Gebiete senden zulassen. Dr. Wenrich Slenczka, Dekanin Weiden, ist ein gutes Bei spiel fürsolche Be reitschaft: Noch vor Antrittseiner ersten Pfarrstelle verbrachte erals junger Mann fünf Jahre in Russland.Dort arbeitete er an der Geist lichenAka demie in St. Petersburg sowie späterals Theologischer Referent <strong>und</strong> Ausbildungsreferent für Kirchengeschichte<strong>und</strong> Syste ma tische Theologie an der Bischofskanzleiin St. Petersburg. SolcheBei spiele eines geistlichen Berufswegeshaben wir nötig.In Zeiten der Globalisierung <strong>und</strong> derreligiösen Pluralisierung braucht derMartin-Luther-Ver ein viel Mut für die

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