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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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In Baden-Württemberg wurden von<br />

1945 bis 15. 3. 1961 in 684 Verfahren<br />

insgesamt 1508 Beschuldigte verfolgt. In<br />

585 Fällen erfolgten rechtskräftige Verurteilungen,<br />

teilweise zu lebenslangem<br />

Zuchthaus, teilweise zu langjährigen<br />

Zuchthaus- und Gefängnisstrafen. In<br />

267 Fällen erfolgte Freispruch aus Rechtsgründen<br />

durch die ordentlichen Gerichte.<br />

In anderen Fällen mußte das<br />

Verfahren entweder aus tatsächlichen<br />

oder aus rechtlichen Gründen (Amnestie,<br />

Verjährung) schon durch die Staatsanwaltschaft<br />

eingestellt werden.<br />

In Bayern waren in der Zeit von 1945<br />

bis 15. 3. 1961 insgesamt 2013 Verfahren<br />

mit 6232 Beschuldigten anhängig. Davon<br />

wurden 1986 Personen entweder zu<br />

lebenslangem Zuchthaus oder zu langen<br />

Zuchthaus- und Gefängnisstrafen verurteilt.<br />

In 696 Fällen erfolgten Freisprüche<br />

durch die ordentlichen Gerichte.<br />

In den übrigen Fällen mußte das Verfahren<br />

aus tatsächlichen oder rechtlichen<br />

Gründen durch die Staatsanwaltschaft<br />

eingestellt werden. Ähnlich liegen die<br />

Verhältnisse in den übrigen Ländern der<br />

Bundesrepublik.<br />

Schon diese wenigen Zahlenangaben<br />

zeigen wohl mit aller Deutlichkeit, daß<br />

die deutsche Justiz, sobald sie wieder<br />

aktionsfähig war, sich um die Verfolgung<br />

der nationalsozialistischen Gewaltverbrecher<br />

intensiv bemüht hat.<br />

Es wurde bereits ausgeführt, daß es<br />

sich bei den vorerwähnten Verfahren vorwiegend<br />

um solche Straftaten gehandelt<br />

hat, die im Gebiet der Bundesrepublik<br />

begangen worden waren. Die in den von<br />

der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten<br />

durch die Gestapo und den SD<br />

begangenen Straftaten waren nach Art<br />

und Umfang nicht allgemein bekannt geworden.<br />

Ferner gingen die deutschen<br />

Strafverfolgungsbehörden zunächst davon<br />

aus, daß diese Straftaten entweder<br />

durch die alliierten Gerichte in Nürnberg<br />

oder durch die nach dem Kontrollratsgesetz<br />

Nr. 10 gebildeten Militärgerichte<br />

und durch die Gerichte der Länder,<br />

in denen die Straftaten begangen worden<br />

waren, restlos abgeurteilt worden seien.<br />

Notizen 441<br />

Erst durch die Ermittlungen in einem<br />

im Jahre 1958 vor dem Schwurgericht<br />

Ulm/Donau im Lande Baden-Württemberg<br />

durchgeführten Prozeß gegen<br />

ehemalige Angehörige der Geheimen<br />

Staatspolizei und des Sicherheitsdienstes<br />

(SD) Tilsit wurde die Erkenntnis gewonnen,<br />

daß die Alliierten in Nürnberg und<br />

die bereits erwähnten Militärtribunale<br />

nur einen Teil der im Ausland begangenen<br />

Straftaten erfaßt und gesühnt hatten.<br />

Gerade die im vorgenannten Ulmer Prozeß<br />

gewonnenen Erkenntnisse veranlaßten<br />

die Justizminister der deutschen Bundesländer,<br />

auf einer Konferenz in Bad<br />

Harzburg im Oktober 1958 in einen Gedanken-<br />

und Erfahrungsaustausch zu<br />

treten. Die bei dieser Konferenz angestellten<br />

Überlegungen führten zu dem<br />

Ergebnis, daß nur durch eine zentrale<br />

Aufklärung eine restlose Erfassung der<br />

von den nationalsozialistischen Gewalthabern<br />

im Ausland in den Jahren 1939<br />

bis 1945 begangenen Verbrechen möglich<br />

sei. Da die Justizhoheit infolge des<br />

föderalistischen Aufbaus der Bundesrepublik<br />

bei den einzelnen Ländern liegt,<br />

konnte zur Aufklärung und Verfolgung<br />

solcher Straftaten eine zentrale Staatsanwaltschaft<br />

nicht geschaffen werden.<br />

Dagegen war es möglich, eine gemeinsame<br />

<strong>Institut</strong>ion ins Leben zu rufen.<br />

Diese mit Richtern und Staatsanwälten<br />

besetzte Stelle sollte die systematische<br />

Erforschung solcher im Ausland begangenen<br />

Taten durchführen und das Ergebnis<br />

ihrer Nachforschungen an die jeweils<br />

zuständige Staatsanwaltschaft zur weiteren<br />

Durchführung der Strafverfolgung<br />

abgeben. Die Justizminister der deutschen<br />

Bundesländer schlossen eine Verwaltungsvereinbarung<br />

über die Errichtung<br />

der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen<br />

zur Verfolgung nationalsozialistischer<br />

Gewaltverbrechen ".<br />

Nachdem diese Verwaltungsvereinbarung<br />

die Zustimmung sämtlicher bundesdeutscher<br />

Landesregierungen gefunden<br />

hatte, wurde am 1. 12. 1958 in Ludwigsburg,<br />

Baden-Württemberg, die Zentrale<br />

Stelle errichtet.<br />

Diese Dienststelle, die in sich ein

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