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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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380 Siegfried Bahne<br />

Korsch und der „Kommunistischen Politik" getrennt hatte. Die Hauptursache dieser<br />

Trennung von Korsch, der als „neuer Lenin" und „mißglückter Ledebour" beschimpft<br />

wurde, waren - abgesehen von persönlichen Differenzen — Meinungsverschiedenheiten<br />

in der Gewerkschaftsfrage. Von Anfang an unterhielt die neue<br />

Gruppe engere Beziehungen zur KAPD, und auf der Sitzung des Zentralausschusses<br />

der „Entschiedenen Linken" Anfang Juni 1927 in Berlin wurde schließlich einstimmig<br />

die Verschmelzung mit dem „revolutionären Vortrupp des Proletariats",<br />

der KAPD und der AAU, beschlossen 81 .<br />

Das Motto der Politik der Schwarz-Gruppe lautete: „Alle Macht den Räten!"<br />

Sie betrachtete sich ebenfalls als neue „Zimmerwalder Linke", wollte Liebknecht<br />

und Rosa Luxemburg nachfolgen und die Spartakustraditionen wieder aufnehmen;<br />

sie vertrat den revolutionären Rätegedanken und plädierte <strong>für</strong> die Gründung einer<br />

neuen „revolutionären Arbeiterpartei, in der proletarische Ehrlichkeit und Lauterkeit<br />

und das Mitbestimmungsrecht der Arbeitermassen" die „Korruption" eines<br />

„diktatorischen Bürokratenklüngels" ersetzen sollten. Die Gruppe forderte, die<br />

„Anti-Gesetzlichkeit" von jedem proletarischen Kämpfer zu verlangen und lehnte<br />

Lenin ab 82 .<br />

Neben dem Rätegedanken als der Grundlage ihrer Politik hatte die „Entschiedene<br />

Linke" mit anderen ultralinken Gruppen auch die Ablehnung jeder Gewerkschaftsarbeit<br />

gemeinsam. Sie erklärte, eine Revolution sei noch niemals auf dem<br />

Weg über eine Eroberung der Gewerkschaften, vielmehr stets durch den Kampf<br />

geschlossener rücksichtsloser Minderheiten zum Erfolg geführt worden. Deshalb<br />

müsse eine „machtvolle", auf dem Räteprinzip aufgebaute Organisation, eine<br />

„Union der Betriebsorganisationen" geschaffen werden, die sich zum Ziel setze,<br />

wirtschaftliche Kämpfe zum „Kampf um die politische Macht der Arbeiterklasse"<br />

auszuweiten 83 .<br />

Die „ultralinken" Kommunisten seien die Erben der von Liebknecht, Rosa<br />

Luxemburg und Lenin begründeten kommunistischen Bewegung, so erklärte die<br />

Schwarz-Gruppe. In der Einschätzung der Sowjetdiktatur stimmte sie völlig mit<br />

der Korsch-Gruppe überein: Das „entartete" Sowjetrußland unter der Führung<br />

des „Renegaten" Stalin sei eine „aufstrebende bürgerliche Diktatur"; die Politik<br />

dieses Staates trage einen völlig „unproletarischen Charakter" und lasse keine<br />

81 Entschiedene Linke (zit. EL), Jg. I (Berlin 1926), Nr. 17/18, 19, II, Nr. 9, 10. - Die<br />

Zs. wurde „fast nur" aus den Diäten von Schwarz finanziert; sie stellte im Juli 1927 ihr<br />

Erscheinen ein.<br />

82 EL I, Nr. 15/16, 17/18, 19, II, Nr. 6: „Die Leninsche Broschüre ,Der Radikalismus,<br />

eine Kinderkrankheit des Kommunismus', ist ein Dokument da<strong>für</strong>, mit welchen elenden<br />

Argumentationen die bolschewist. Erfahrungen, die in Wirklichkeit nicht existierten, dem<br />

Weltproletariat begründet wurden."<br />

83 EL I, Nr. 15/16, 17/18, 19, 20, II, Nr. 4, 9. Die EL erklärte, daß „der reformistische<br />

und konterrevolutionäre Charakter der Gewerkschaften mit ihrem Wesen in Verbindung<br />

steht."

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