B E R L I N E RA N T I -M O B B I N G - F I B E L16 Das Staffelrad 25als Methode gegen <strong>Mobbing</strong>Das Staffelrad ist eine sehr aufwändige undzugleich sehr effektive Methode. Beim Staffelradwerden die Täter vor den Gesprächenvereinzelt. Das heißt, Sie müssen sich alsLehrer gut organisieren.In einem <strong>Mobbing</strong>fall beginnen Sie wie beider Farsta-Methode mit genauen Recherchen,bis Sie sicher sind, wer die Täter sindund was sie <strong>tun</strong>. Falls Sie es zum Beispiel mitdrei Haupttätern zu <strong>tun</strong> haben, könnenSie wie folgt vorgehen:Vereinbaren Sie mit drei Kollegen, dasssie jeweils einen Täter für die gesamte Dauerder nötigen Gespräche in ihren Klassenbetreuen und beaufsichtigen.Während Sie mit dem einen Schülersprechen, dürfen die anderen beiden Täterkeinen Kontakt miteinander haben. Sieholen also die drei Täter aus ihrer jeweiligenKlasse und vereinzeln sie. Dann bitten Sieden Ersten zum Gespräch.Am besten ist, Sie führen das Gesprächentlang dem Gesprächsbogen der Farsta-Methode! Rechnen Sie mit Ausflüchten undRechtfertigungen, aber bleiben Sie fest! Siedulden kein <strong>Mobbing</strong> und für <strong>Mobbing</strong> gibtes keinen Grund. Häufig wissen die Täternicht, was der eigentliche Auslöser war undauch nicht, wann es angefangen hat. Es wareinfach da und ist es noch!Fordern Sie vom ersten Täter eine Zusageein, sofort damit aufzuhören! Verlangen Sieeine sichtbare Verhaltensveränderung unddie Unterstützung gegen <strong>Mobbing</strong>! Wenn25 Das Staffelrad ist eine gute Methode bei Gruppengewalt.Ich nutze sie hier als Mittel gegen <strong>Mobbing</strong> in abgeänderterForm.Das Original ist nachzulesen bei Ed Watzke: ÄquilibristischerTanz zwischen Welten, Bonn 1997, S. 62 ffSie diese Zusagen glaubwürdig erhaltenhaben, ziehen Sie das ehemalige Opfer hinzuund lenken Sie das Gespräch im Sinn desFriedens und des Ausgleichs. „Du kannst dichjetzt entschuldigen und sagen, wie du dich inZukunft verhalten möchtest!“, oder ähnlich.Dann wird dieser Täter wieder zurückgebrachtin die Betreuung und Sie müssen dieselbeProzedur noch zweimal durchführen.Wenn Sie es für nötig erachten, können Siezum Abschluss noch einmal alle Betroffenenan einen Tisch holen, ihnen für die Kooperationdanken, Kontrolle ankündigen undZuversicht für die nächste Zeit verbreiten.Eine schwierige Phase ist die Reintegration.Sie muss behutsam geplant werden. Natürlichahnen alle übrigen Schüler, warum plötzlichdie drei Haupttäter aus der Klasse geholtworden sind und warten gespannt auf derenRückkehr. Deshalb ist es wichtig, alle Betroffenenwieder sanft in die Gemeinschaft einzubetten.Lassen Sie sie selbst entscheiden,was der Klasse mitgeteilt werden soll.Diese Gespräche verlaufen meistensstockend, aber in der Regel versöhnlich. Fastimmer kommt der Vorwurf an das Opfer, eshätte doch alles selbst regeln können ohneLehrer. Hier sind Sie gefragt! Erklären Sienoch einmal, wie gemein <strong>Mobbing</strong> funktionier<strong>tun</strong>d dass dieser Wunsch ein Mythos is<strong>tun</strong>d dem Opfer eine Mitschuld zuschreibenwill! Bleiben Sie fest!Beobachten Sie nun offen das Verhalten derBeteiligten und erkennen Sie prosoziale Veränderungenan! Wichtig ist es, bei Gelegenheitdie Klasse(n) generell über <strong>Mobbing</strong>aufzuklären. Die Möglichmacher müssen inihrer passiven, aber wichtigen Rolle besondersthematisiert werden.23
B E R L I N E RA N T I -M O B B I N G - F I B E L17 No Blame Approach(Vorgehen ohne Schuldzuweisung)Dies ist eine sanfte Methode und gut fürGrundschulklassen geeignet.1 Gespräch mit dem OpferWenn ein Kind schikaniert wird, Eltern verständigen,Einverständnis für das Gesprächeinholen. Mit dem betroffenen Kind überdessen Gefühle sprechen und betonen, dasssie normal sind. Nicht die Vorfälle einzelnbesprechen, aber herausfinden, wer mitmacht.2 Gespräch in der kleinerenGruppeGespräch mit einer Unterstützergruppe oderder Klasse. Täter und Mitläufer sind dabei.Jedoch in Abwesenheit des schikaniertenKindes. Gespräch über dessen verletztenGefühle und dass die Reaktionen des Kindesverständlich sind. Keine Details nennen.In unserer Klasse gibt es ein Kind, dem gehtes schlecht. Wer weiß, wen ich meine?Wie, glaubt ihr, fühlt er/sie sich?Sammeln und nachhelfen an der Tafel:• traurig• keine Lust zur Schule zu kommen• heult• wütend• findet sich doof• einsam• ...3 Verantwor<strong>tun</strong>g übertragenDie Lehrerin würdigt das Einfühlungsvermögender Gruppe/Klasse. Wem ist es schon malähnlich gegangen? Wie war das für dich?<strong>Was</strong> könntet ihr <strong>tun</strong>, damit sich das ändert?Vorschläge einholen zur Verbesserungder Lage des betroffenen Kindes, aber keineVersprechen abverlangen. Zum Beispiel• mit ihr/ihm spielen,• mal Eis essen gehen,• mal Radiergummi ausleihen,• mich zu ihr/ihm setzen,• in die Mannschaft wählen,• ihr/ihm mal in Mathe helfen,• sie/ihn abholen.Verantwor<strong>tun</strong>g für die Problemlösung wirdder Gruppe übertragen.Lehrerin: Ich sehe schon, ihr kriegt das hin!4 Nachberei<strong>tun</strong>gNach einer Woche spricht man mit allenbeteiligten Schülerinnen und Schülern einzeln– auch mit dem Opfer – und erkundigtsich, wie sich die Dinge entwickelt haben.Viel Anerkennung aussprechen (Lobbingstatt <strong>Mobbing</strong>!). Dann der Klasse für dieneue Situation danken und Respekt vor dersozialen Leis<strong>tun</strong>g zum Ausdruck bringen.24